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Full text of "Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft"

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Zeitschrift 


der 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 


XXVIII. Band. 
1876. 


Mit elf Tafeln. 


© Berlin, 1876. 
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung) 


Marien -Stzasse No. 10. 


Inhalt. 


A. Aufsätse. Seite 
Fr. Prsrr. Mt. Blanc-Studien. Ein Beitrag zur mechanischen 
Geologie der Alpen. . i 


E. Laores. Die Quarz-Porphyre der Umgegend von Ilmenau . 22 
H. Mascuz. Clinoceras n. g., ein silurischer Nautilide mit ge- 


lappten Scheidewänden. (Hierzu Tafel I). . . 49 
C. Ranuezspenc. Ueber die Zusammensetzung des Leukophans 

und des Melinophans . . 97 
G. Berenor. Notizen aus dem russischen Grensgebiete nörd- 

lich der Memel . . . 64 
W.C. Brössen. Ueber neue Vorkommnisse ‘von Vesuvian und 

Chiastolith in Norwegen . . 69 
K. A, Zitret. Ueber einige fossile Radiolarien aus der nord- 

deutschen Kreide (Hierzu Tafel II.) . . . . 75 


E. E. Scamp. Die Kaoline des thüringischen Buntsandsteins . 87 
Prarz. Ueber die Bildung des Schwarzwaldes und der Vogesen. 


(Hierzu Tafel III.) . . . 111 
Heas. Crepner. Die Küstonfacies des ‘Diluviums in der säch- 
sischen Lausitz . . 133 
L. Mern. Der Bernstein der norddeutschen Ebene auf zweiter, 
dritter, vierter, fünfter und sechster Lagerstätte . . . 181 
L. Meyn. Ueber das verkieselte Coniferenholz des norddent- 
schen Diluviums und dessen Ursprung , . . . 19 


Ta. Kusrcur. Island’s Vulcanlinien. (Hierzu Tafel IV.) . . 203 
F. v. Czensui. Zur Frage über das Alter der in den Umgebun- 

gen von Omsk vorkommenden Schichten. (Hierzu Tafel V.) 217 
K. J. F' Sreexsraur. Ueber das Eisen von Grönland . . . 225 
C. Bamuecssenc. Ueber Aérinit und Ginilsit . . . 234 
Hevsten. Ueber das Vorkommen von Nickel- und Cobalterzen 

mit gediegenem Wismath an der Crête d’Omberenza im 


Canton Wallis. (Hierzu Tafel VL). . 238 
O. Luspacxe. Def Glaukophan und die Glaukophan-führenden 
Gesteine der Insel Syra. (Hierzu Tafel VII) . . 248 


Ant. Kocu. Geologische Beschaffenheit der am rechten ‚Ufer 
gelegenen Hälfte der Donautrachytgruppe (St Andrä Vise- 
grader Gebirgsstock) nahe Budapest. (Hierzu Tafel VIII) 293 

Faan. Rormen. Notiz über ein Vorkommen von fossilen Kä- 


fern (Coleopteren) im Bhat bei Hildesheim . . 350 
Feno. Rogues. Ueber ein Vorkommen von Culmschichten mit 
Posidonomya Becheri in Portugal . . 354 


A. v. Gaoopecx. Ueber die Lagerungsverhältnisse des Ober- 
harzer Diabaszuges und das Auftreten von Posidomyen- 
schiefern des Culm südöstlich von demselben. . . . . 361 


iV 


Seite 

H. Rosensuscu. Einige Mittheilangen über Zusammensetzung 
und Structur granitischer Gesteine . . 369 

J Born. Ueber eine neue Berechnung der Quantiäten der Ge- 
mengtheile in den Vesuvlaven . . 439 


C. Sravckmann, Notiz über das Vorkommen des Serpulits der 
Oberen Purbeckschichten im Vorort Linden bei Hannover 445 
A. Hacrar. Notiz über ein nenes Vorkommen jüngerer Devon- 
petrefacten in anscheinend sweifellosem Spiriferen - Sand- 
stein am Oberen Grumbacher Teiche nördlich von Zeller- 
feld im Hannöverschen Oberharze. . . 448 
Cuemens Scactiten. Verbreitung der Cephalopoden in der oberen 
Kreide Norddeutschlands . . . Be are te ee Oe 
J. Lempeac. Ueber Silicatamwandlangen er ee ee eet 8 AG 


Fr. Prarr. Mt. Blanc-Studien . . 673 
Eenst Katxowsky. Das Glimmerschiefergebiet von Zschopau 
im sächsischen Erzgebirge. (Hierzu Tafel X.) . . 682 


Cu. De La Vattke-Potssin und A. Renann. Ueber die Feldspath- 
und Hornblende - Gesteine der französischen Ardennen. 
(Hierzu Tafel XI) . . . 2 2 2 0 . . . . . . . 750 


B. Briefliche Mittheilungen 


der Herren Tu. Woırr (geologische Untersuchung der Provins 
Loja, hierzu Tafel IX.), Leesivs (Bildung von Schwarzwald 
und Vogesen), Laspaynus (Bau der Vogesen und des 
Schwarswaldes), K. A. Lossen (Granitapophysen von 
Porphyrfacies und mit Sphaerolithen im Hars) . J91 
der Herren Bunnens (Actinocamaz quadratus auf Wollin), 
A. Sreuzusa (Hornblende- und se kei: im Sesia- 
thale, M. Rosa) . . . 2 2 . . . a (à en Eee 002 


C. Verhandlungen der Gesellschaft... . . 159. 415. 626. 775 


Zeitschrift 
der G 2. 
Deutschen geologischen Gesellschaft. 
1. Heft (Januar, Februar und März 1876). 








A. Aufsätze. 


1. Mt. Blanc - Studien. 
Ein Beitrag zur mechanischen Geologie der Alpen. 


Von Herrn Fa. Prarr in Erlangen. 


Wenn man auch nur die Lagerungsverhältnisse der ge- 
schichteten Gesteine in den Alpen ins Auge fasst, erkennt 
man schon die volle Berechtigung des Ausspruches von GOMBEL, 
welcher dieselben als das Schmerzenskind der Geologie be- 
zeichnete. Wo man an dieselben herantritt und sich mit ihnen 
beschäftigt, immer ist es eine, wenn auch noch so freudig 
unternommene, doch von Schmerzen begleitete Arbeit. Es ist 
geradeso als ob alle Räthsel der ganzen Geologie hier in der 
riesigsten Lapidarschrift einem vor Augen gestellt wären, zu- 
gleich aber auch in der anziehendsten Weise vorgelegt. 

An mannigfachen Versuchen zur Lösung dieser Räthsel 
feblt es nicht, aber die immer neu sich wiederholenden sind 
der beste Beweis, dass keine der bisherigen vollständig be- 
friedigt. Vielleicht liegt der hauptsächlichste Grund darin, 
dass sie meist beabsichtigen, eine Theorie fur die Bildung des 
Alpengebirges im Ganzen zu geben, und dass dadurch dieselben 
so allgemein wurden, dass sie im besonderen Falle wenig zu 
dessen Erklärung leisteten. So richtig auch eine allgemeine 
Theorie sein mag, so ungenügend ist sie, wenn der specielle 
Fall nicht aus ihr sich völlig erklären lässt, und je grösser die 
Zahl dieser besonderen, der Erklärung noch harrenden Fälle 
gegenüber den befriedigend erklärten ist, desto geringer wird 
das Vertrauen auf die Leistungsfahigkeit jener Theorie werden 
müssen. In diesem letzteren Falle befinden sich alle Theo- 


Zeits. d. D. geol. Ges, XXVIII, 1. 1 


2 


rieen uber den Bau der Alpen und es dürfte sich wobl sehr 
vielen, die sich damit beschaftigten, die Frage aufgedrangt 
haben, ob es nur aberhaupt rathsam und moglich sei, gegen- 
wärtig nach einer solchen zu suchen, und ob es nicht vielleicht 
förderlicher sei, einzelne Fälle möglichst genau zu untersuchen 
und zu sehen, ob fur diese irgend eine Erklärung gefunden 
werden könne. Dann wird sich daran wohl die Frage reihen, 
ob diese auch noch far den einen oder anderen weiteren Fall 
passe. Wie gross auch dann noch die Gefahr sei, die stets 
mit dem Verallgemeinern verbunden ist, davon werden wir im 
Folgenden einen neuen Beweis finden. 

Unter den verschiedenen, ein kleines Gauze far sich bil- 
denden Massen der Alpen, die Stuper sehr passend als 
„Centralmassen* bezeichnete, ist kaum eine andere zu finden, 
welche auch räumlich so isolirt sich zeigte, wie der Gebirgs- 
stock des Mt. Blanc. Durch die beiden Langsthaler der Arve 
und Dora, und die Querthaler von Montjoie und Val Ferret 
im Osten, und zwei kleine Nebenthaler im Nordosten und 
Sadwesten ist derselbe so abgeschieden von allen anderen 
Gebirgsketten, dass er nur in vier Jochen, im Nordosten, 
Sudosten ond Sudwesten einen schmalen Zusammenhang mit 
anderen Theilen der Alpen erkennen lasst. Auch eine ober- 
flächliche Betrachtung der geologischen Verbaltnisse zeigt eine 
gewisse Selbstständigkeit dieser Masse, indem wir an derselben 
einen centralen Kern von Alpengranit (Protogin) wahrnehmen, 
der von krystallinischen Schiefern umgeben ist und mit Aus- 
nahme weniger Stellen noch eine Bekleidung jüngerer sedi- 
mentarer Bildungen zeigt. 

So zu Detailstudien von Natur besonders günstig gestaltet, 
hat er mehr als irgend ein anderer Gebirgsstock die Aufmerk- 
samkeit der Geologen erregt und wir haben seit den einge- 
henden Untersuchungen Saussure's über denselben noch eine 
grosse Reihe von Arbeiten über den geologischen Bau dieses 
Königs der Alpen erhalten, die genauesten und ausgedehn- 
testen in der neuesten Zeit von A. Favre in seinen Recherches 
géologiques dans les partie de Ja Savoie etc. und von GERLACH 
in der Schrift „Das sudwestliche Wallis“. 

Durch diese Arbeiten ist uns zunächst vollständig das 
Material bekannt geworden , aus dem sich dieser Koloss auf- 
baute und auch in die Lagerungsverhältnisse so viel Licht 
gebracht worden, als es bei den ausserordentlichen Schwierig- 
keiten, mit denen gerade die Untersuchung dieser verknüpft 
ist, erwartet werden kann. 

Fassen wir die "Resultate dieser Untersuchungen kurz zu- 
sammen, so können wir seinen Hauptzugen nach folgendes 
Bild der geognostischen Verhältnisse des Mt. Blanc entwerfen. 


3 


Der Kern des Berges besteht in einer Längenausdehnung 
von ca. 24 Kilometern und in einer Breite von ca. 8 Kilo- 
metern aus Protogin. Auf der Nord- und z. Th. Ostseite 
folgt auf denselben Gneiss, während die ganze westliche Hälfte 
von dem Dome du Gouté an Glimmerschiefer zeigt, die Sud- 
seite vom östlichen Ufer des Miagegletschers an weder Gneiss 
noch Glimmerschiefer erkennen lasst. Nur wenig unter- 
brochen, wahrscheinlich nur durch Geröll verdeckt, zeigen sich 
rings um diese Masse von krystallinischen Gesteinen wohl- 
geschichtete Kalke, mit untergeordneten Lagen von Thon- 
schiefer, Dolomit und Sandsteinen. Nicht sichtbat sind diese 
der Juraformation angehörigen Kalke nur auf der Nordseite 
und ia geringer Ausdehnung auch auf der Sudostseite. 

Was nun die Lagerungsverhaltnisse dieser Massen betrifft, 
so sind dieselben zum Theil sehr einfach, zum Theil höchst 
complicirt und rathselhaft. — 

Sehen wir von den nur sehr spärlich hie und da auf- 
tretenden massigen Hornblende- und Feldspathgesteinen ab, so 
sind alle übrigen deutlich geschichtet. Der Protogin, der nur 
in dem von dem Gipfel nach Nordost sich erstreckenden Theil 
der centralen Axe zum Vorschein kommt, zeigt durchgängig 
eine sehr steile, fast verticale Schichtenstellung, die sowohl 
nach dem Chamouni- wie nach dem Dorathale hin eine we- 
niger steil geneigte wird. Wo nun Gneisse oder krystalli- 
nische Schiefergesteine vorkommen, schliessen sie sich in ihren 
Lagerungsverhaltnissen unmittelbar an den Protogin an, und 
auch die Kalke und Schiefer schiessen auf’der Nord- wie 
Südseite unter die krystallinischen Gesteine ein, fallen da wie 
dort einwärts gegen das Innere des Berges. 

Man bat aus diesen Beobachtungen den Schluss gezogen, 
dass der Mt. Blanc ein sehr deutliches Beispiel für die Fächer- 
structur (structure en éventail) darbiete, und verschiedene Theo- 
rieen far dieselbe, d. h. uber die Art und Weise, wie sie eut- 
standen sei, aufgestellt. Alle diese Theorieen laufen darauf 
hinaus, dass der Protogyn entweder im festen Zustande ein- 
gedrängt worden sei oder im flüssigen Zustande eingedrungen 
sei und die schiefrigen Gesteine und Kalke auf die Seite ge- 
schoben habe. Sie haben ferner das Gemeinschaftliche, dass 
sie die Lagerungsverhältnisse aller sedimentaren Gesteine, 
‘aberhaupt die Structarverhaltnisse des ganzen Stockes als etwas 
Einbeitliches durch einen, wenn auch vielleicht etwas länger 
fortgesetzten Act mechanischer Einwirkung erklären wollen. 

Das steht nun ausser allem Zweifel, dass die Lagerung, 
wie wir sie jetzt sehen, nicht die ursprüngliche ist, sondern 
dass bedeutende Veränderungen stattgefunden haben, und wenn 
wir den folgenden Durchschnitt, Figur 1, wie ihn Favre 


1* 





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t. 18. f. 1. des erwähnten Werkes mittheilt, den wir hier ganz - 
genau auf !/, reducirt geben, betrachten, ergiebt sich dies 
auch auf einen Blick und die Facherstractur, das Eindringen 
des Granits, die durch Seitendruck erzeugte Faltung der Kalk- 
schichten a und a erscheinen als die einfachste Erklärung 
dieser Schichtenlage. Favre adoptirt die von Lory far an- 
dere Gegenden aufgestellte Theorie, nach welcher ein starker 
Seitendruck und zwar von aussen nach innen, also nach der 
Achse des Mt. Blanc zu die äusseren Schichtenlagen bin- 
schiebend gewirkt habe. Nach derselben wurde der Granit 
aus der Tiefe durch diesen Seitendruck im festen Zustande 
heraufgepresst und der Kalk gefaltet, der Granit hatte seine 
Schichtung schon vor seinem Erscheinen an der Oberfläche 
($ 599.). 

Eine nähere Erläuterung dieser Theorie giebt Favre nicht, 
und wir können daher dieselbe eigentlich nur als eine Ver- 
muthung bezeichnen, die sich hinsichtlich der wirksamen Ur- 
sache jeder Discussion insofern entzieht, als gar keine genannt 
wird. Denn die Aussage, es habe ein seitlicher Druck statt- 
gefunden ohne irgend welche nabere Angabe, ob von einer 
oder von welcher Seite aus, ob von beiden, wodurch derselbe 
hervorgerufen worden sei, können wir nicht näher vom mecha- 
nischen Standpunkte aus prüfen. Aber das können wir wohl 
sagen, dass wir keine Kraft kennen, welche ein derartiges 
Hereinschieben tiefer liegender Gesteine zwischen jüngere in 
so grosser Machtigkeit zu erzeugen im Stande wäre, und ver- 
weise ich wegen einer näheren Begründung dieses Ausspruches 
auf meine Allgemeine Geologie. 

Ich würde den öfter von mir selbst ausgesprochenen 
Grundsätzen widersprechen, wenn ich Thatsachen nicht an- 
erkennen wollte, die sich nicht erklären lassen. Aber es ist 
eben die Frage, ob diese Theorie von der Erzeugung der 
Fächerstructur and der Faltung der sedimentaren Gesteine als 
eine Thatsache anzusehen sei. 

Diese Frage war es, die mich im verflossenen Sommer an 








5 


den Mt. Blanc führte; zugleich drängten sich mir mehrere 
damit im Zusammenhange stehende andere Fragen auf, die 
ebenfalls die Beobachtung beantworten sollte. Denn ich glaube, 
dass wenn es sich um die Erklärung von Thatsachen und um 
die Aufstellung einer daraus abgeleiteten auch für andere Fälle 
anwendbaren, also mehr oder weniger allgemeinen Theorie 
bandelt, nicht genau und oft genug die Beobachtungen an- 
gestellt werden können. Mit anderen Worten, das was erklärt 
werden soll, muss vor Allem ganz sicher constatirt sein. 

In unserem vorliegenden Falle ist daher vor Allem die 
Frage aufzuwerfen: 1. Sind wir berechtigt, von dem Stocke 
des Mt. Blanc zu sagen, dass ihm Fächerstructur zukomme, 
so dass dadurch das seinen ganzen Bau beberrschende archi- 
tectonische Gesetz ausgedrückt werde? Vergegenwartigen wir 
uns die Angaben über das Fallen und Streichen der Schichten, 
wie sie Favre selbst macht, so müssen wir entschieden diese 
Frage mit Nein beantworten. 

Gehen wir vom Col de Balme aus und umkreisen den Mt. 
Blanc von Nordost uber Ost und Sud, so finden wir, dass von 
diesem bis zum Col de la Seigne am sudwestl. Ende fast aus- 
nabmslos die Schichten, sei es der Kalke, sei es der Schiefer, von 
der Achse des Berges nach aussen abfallen. Nur am Col de 
Ferret und am Gletscher des Mt. Dolent findet sich auf eine kurze 
Strecke ein Einfallen gegen das Innere, ebenso am Mt. Fréty. 
Vom Brenvagletscher an westlich bis zum Miagegletscher 
fehlt der Kalk, die Glimmerschiefer am Brouillardgletscher 
fallen noch steil südlich, an den Felswanden des Miage- 
gletschers nach NNW mit 70°. Von da weiter westlich bis 
zum Col de la Seigne liegen die sedimentären Gesteine, wieder 
vom Berge abfallend, auf den krystallinischen, und diese nor- 
male Lagerung findet sich auch bis zum Col de Fours. Die 
Nordwestseite lässt theilweise ein Einfallen der Schiefer und 
Kalke unter die krystallinischen Schiefer, theilweise auch wieder 
eine normale Auflagerung auf denselben erkennen, was Favre 
durch mehrfache Faltung erklären zu können glaubt. Doch 
weichen, wie für viele Punkte, die Angaben verschiedener 
Beobachter von einander ab. Gewiss ist dies weniger auf 
Fehler der Beobachtung zurückzuführen, als darauf, dass 
die Schichtenlage eine öfters wechselnde und nicht constant 
ist. Im Chamounithale selbst zeigt sich die Ueberlagerung des 
Kalkes nur an wenig Punkten, in der Nähe des Endes der 
Mer de Glace, sonst ist der Kalk selten sichtbar, doch fallen 
am Fuss der Aiguille du Midi und weiter nach Osten die hier 
vorhandenen krystallinischen Schiefer unter den Protogin ein, 
so dass dieser Theil, der in einem zur Achse des Berges senk- 





6 


rechten Schnitt mit dem Mt. Fréty auf der Südseite des Berges 
liegt, noch am besten die Facherstructur reprasentirt. 

Diese flüchtigen Angaben zeigen, dass nur der kleinste 
Theil des Berges wirklich eine deutlich ausgebildete Fächer- 
structur besitze, dass der grössere entweder die normale Auf- 
lagerung oder eine sehr unregelmässige Schichtenfolge erkennen 
lasse. 

Gehen wir nun näher noch auf den Theil des Berges 
ein, für welchen diese Fächerstructur noch am entschiedensten 
behauptet wird und untersuchen wir dieselbe hier näher. Wir 
stellen uns auch hier wieder eine Frage, nämlich 2. Ist die 
Architectur in diesem Theile so regelmässig, wie wir sie mit 
dem Begriffe der Facherstructur uns verbunden denken müssen? 

Die von zahlreichen Beobachtern angegebenen !aten uber 
Streichen und Fallen der Schichten scheinen allerdings dafur 
zu sprechen. Bei genauerer Prüfung derselben reichen sie 
aber doch nicht aus, um unsere in dieser Beziehung rege ge- 
wordenen Zweifel zu beseitigen. Sie sind alle ganz allgemein 
gehalten und offenbar schon von der Theorie der Fächer- 
stellung ausgehend gemacht, um diese zu bestätigen, nicht 
systematisch, um dieselbe gu prüfen. So giebt ForBss nur 
an, die Schichten fielen nordwestlich gegen den Berg ein, und 
zwar etwas gekrümmt, so dass in der Höhe eine Schicht 38° 
geneigt sei, weiter unten 50°. Er gab auch einen Durchschnitt 
durch diese Partie des Mt. Blanc, qui montre avec une grande 
evidence la structure en éventail de cette chaine (Favre). Das 
ist ganz richtig, aber wie weit diese Zeichnung der Wirklich- 
keit entspreche, das ist es, was eben nicht bewiesen ist. 
Favre selbst giebt nur ($. 572) an, dass ohne Zweifel die 
Schichten alle einwärts nach Nordwest fallen und etwas 
später sagt er in demselben Paragraphen, man bemerkt auf 
dem Wege auf den Mt. Fréty, dass die Kalkschichten dieses 
Berges mit mehr oder weniger schiefrigen Schichten ab- 
wechseln und unter den Mt. Blanc nach Nordwesten ein- 
schiessen mit einer Neigung von 60° oben und 40° unten, 
Und von den bis zum Col du Géant folgenden heisst es nur, 
„die allgemeine Neigung der Schichten ist ungefähr 65° nach 
Nordwesten“. 

Man könnte nun daraus schliessen, die Neigungsverhalt- 
nisse bewiesen so augenscheinlich und klar diese Structur, 
dass es gar keiner genaueren und an verschiedenen Stellen 
vorgenommenen Untersuchung mehr bedürfte und eben des- 
wegen gebe keiner, der hier den Berg untersuchte, weitere 
Daten. Dass dieser Schluss nicht richtig sei, das geht schon 
aus der Thatsache hervor, dass SAUSSURE von der „situation 
generale“ der Schichten der Südseite des Berges, wenigstens 





j 7 


der untersten, sagt, „elle est verticale à quelques degrés près 
dont elles s’appuient contre la montagne“, obwohl er auch 
wieder an anderen Stellen eine Neigung der Schichten von 
35 — 47° gegen das Innere des Berges angiebt. Ebenso hat 
SHARPE später gegenüber FoRBEs die Anschauung von SAUSSURE 
vertreten. 

So evident ist also diese Fächerstructur doch nicht, dass 
sie nicht eines Beweises durch eine grössere Zahl von Beob- 
achtungen bedürfte, wiewohl, wenn man den Mt. Fréty besteigt, 
in den Schlachten, welche denselben durchfurchen, aus einiger 
Entfernung die Schichtenlage der Kalk- und Schiefermassen 
alle ganz zweifellos nach Innen zu fallend sich zu erkennen 
geben. Es schien mir daher nicht überflüssig, von dem Fusse 
des Mt. Fréty an bis auf den Grat des Col du Géant die 
Schichtenlage genau zu beobachten, um auf diese Weise sichere 
Anhaltspunkte fur die Construction eines Durchschnitts zu 
erhalten. Nach diesen Beobachtungen, die jedesmal mit gleich- 
zeitigen Hobenbestimmungen mittelst eines “GoLpsoamip’schen 
Aneroides verbunden waren, ist die Figur 2 entworfen. Ich 





Figur 2. 


bemerke zu diesem Durchschnitte noch das, dass derselbe 
durch die geneigten Linien nicht die wirkliche Neigung der 
Schichten, d. h. den grössten Neigungswinkel derselben, son- 
dern nur die Durchschnittslinie derselben mit dem Schnitte 
darstellt, wie sie aus der Beobachtung des Fallens und Strei- 
chens an dieser Stelle durch eine einfache Construction ge- 
fanden wird. Die Richtigkeit der Beobachtung vorausgesetzt, 


8 


wurde also unsere Figur genau die Schichtenlage veranschau- 
lichen, wie sie auf der Schnittflache, die senkrecht auf der 
Längsachse des Gebirgsstockes steht, in der Natur sich zeigen 
wurde. 

Bei der Reduction des beobachteten Streichens ist die 
Declination der Magnetnadel genau zu einer Stunde angenom- 
men worden.*) Danach erhielt ich folgende Werthe: 


Mt. Fréty bis zum Col du Géant. 


Höhe. Streichen h. Fallen in Graden. 
1580 M. 2 Kalk 86 (83!) einwarts 
1710 „ 2 Kalk 55 (40) „ 
1960 ,, 2 Schiefer 50 (351) ss 
2068 4, 1% Schiefer 40 (30)  » 
2088 » 3! Kalk 4500)  » 
2091 ,, 34 Gneiss 45 (20) à 
2247 ,, 31 Protogin 50 (244) „ 
2804 „ 3 — 2718) „ 
2848, 14 — 80() „ 
3375 „  _ 67(21) ,, 


bé 
COON SU Ot 


Bei der sehr grossen Neigung der Schichten ist die Beob- 
achtung des Streichens und Fallens keine schwierige, da der 
Weg naturlich nicht in einer geraden Linie ansteigt, so sind 
die Beobachtungspunkte auch nicht alle in einer geraden 
Linie. Wer aber den Col du Géant und den Weg auf ihn 
auch nur vom Thale aus betrachtet hat, wird sich überzeugt 
haben, dasa es eigentlich nur ein sehr schmaler Rucken ist, 
auf dem der Zugang in ganz kurzen Windungen möglich ist; 
namentlich oberhalb des Pavillon hat man, will man nicht deu 
Schnee betreten, was, wie der vor wenig Jahren hier durch 
Abrutschen erfolgte Tod dreier Engländer mit einem Führer 
zeigt, weder rathsam, noch für einen Geologen vortbeilhaft ist, 
nur einen schmalen Grat für das Steigen frei. Ich bemerke 
ferner, dass die angegebenen Aufnahmen nicht etwa aus einer 
viel grösseren Zahl mit bestimmter Tendenz ausgewählte sind, 
sondern alle, die ich eben vornahm. Sie sind nicht so gleich- 
massig vertheilt, als ich selbst wünschte; aber man hat eben 
in der Natur die Sache nicht so in der Hand, als man es gern 
hatte, Geröll, Rasen u. dergl. machen auch in den grösseren 
Höhen Beobachtungen an vielen Punkten unmöglich. Um die 
Construction der Figur 2 darnach prüfen zu können, bemerke 


*) Nach den von Kaut mitgetheilten Declinationsskizzen dürfte das 
für den Mt. Blanc gegenwärtig genau zutreffen. 


9 


ich, dass die Richtung des Schnittes in h. 10} verlaufend an- 
genommen ist. Auf eine in- dieser Richtung verlaufende senk- 
rechte Ebene — unsere Schnittflache — projicirt, erhalten wir 
für die Fallwiukel 1 — 10 die Grössen, welche oben in Klam- 
mern neben die beobachteten hingesetzt sind. 

Man sieht aus diesen Angaben, wie aus der Zeichnung, 
dass von einer regelmässigen Anordnung, wie wir sie mit dem 
Begriffe der Fächerstructur verbinden, doch nicht wohl die 
Rede sein könne. Man könnte nun freilich einwenden: die 
angegebenen Beobachtungen stellten nur locale Störungen der 
allgemeinen regelmässigen Fächerstructur dar, es seien nur 
Ausnahmen von der Regel. Aber wie will man diese Regel 
hier nachweisen, wenn alle Beobachtungen nichts von einer 
solcher zeigen? doch nicht aus dem Umstande, dass anderswo, 
z. B. am St. Gotthard, die Fächerstructur sich wohl ausge- 
bildet finde? Wie wenig Regelmässigkeit auch an diesem Berg- 
theile, dem Mt. Fréty, herrscht, das giebt sich noch deutlicher 
zu erkennen, wenn man an seinem Fusse, am linken Ufer der 
Dora, gegen den Brenvagletscher sich hinwendet. Kurze Zeit, 
nachdem man das Dorf Entreves verlassen, etwa in der Mitte 
zwischen diesem und dem linken Ufer des Brenvagletscher, 
fallen die Kalkschichten, die hier in kleineren und grösseren 
Wasserrissen gut entblosst sind, schon nicht mehr gegen das 
Innere des Berges ein, sondern regelmässig dem Thale zu, 
auch das Streichen derselben weicht von dem in dem Durch- 
schnitte gefundenen nicht unerheblich ab. Vier Beobachtungen 
in der Richtung nach dem Brenvagletscher hin, alle in ziem- 
lich gleicher Höhe (1430 M.) ergaben folgendes Streichen und 
Fallen: 1) Str. h. 2 Fallen 80° nach O. 2) Str. 15, F. 76° 
nach ©. 3) Ebenso. 4) Str. 122, F. 78—80° nach O. 

Diese Thatsachen machen es wohl erklärlich, warum, wie 
wir oben erwähnten, SAussure und SHARPE das Einschiessen 
der Schichten unter die krystallinischen Gesteine nicht an- 
erkannten. 

Gehen wir von diesem Punkte gerade uber das Flusschen 
unterbalb des kolossalen Schutthaufens, den der Brenvagletscher 
in dasselbe vorgeschoben, so finden wir hier zunächst die 
gleichen Kalkschichten an der Kapelle N. D. de Guérison, 
die 1818 von dem Gletscher zerstort wurde, mit fast dem- 
selben Streichen, das aber nur kurze Zeit anhalt und sowohl 
thalaufwärts als -abwärts sich rasch nicht unerheblich ändert. 
Am Wege von der ca. 1500 M. hoch gelegenen Kapelle nach 
Courmayeur, nur wenig Schritte von der Biegung des Weges 
abwärts, streichen die Schichten b. 1 und fallen unter 60° 
nach O., wenig weiter aufwärts ist das Streichen des Kalkes 
15, das Fallen 75° nach O., noch etwas weiter aufwärts kom- 


10 


men Schiefer mit Kalken wechselnd; hier beobachtete ich an 
zwei nur 20 Schritte von einander entfernten Stellen das Strei- 
chen 41 und 4: am Schiefer, das Fallen betrug 85° und 60° 
nach Südost, ersteres gegenuber dem Brouillardgletscher in 
einer Höhe von 1520 M. Von der erwähnten Ecke an der 
Kapelle thalabwärts zeigte sich das Streichen 2°, das Fallen 
65° nach O. und etwa 1 Kilom. thalabwarts am Wege, in 
einer Höhe von 1430 M. an dem Kalke ersteres in h. 3%, 
während das Fallen mit 65° nach SO statthat. Noch weiter 
thalabwarts, wo die Dora sich bereits nach Suden gewendet 
hat, gerade bei den Bädern vor Courmayear, kommen aber- 
mals Schiefer mit einem Streichen zwischen 5+ und 6, ihr 
Fallen beträgt 54—60° nach Süden. Dieser Stelle gegenüber, 
am linken Doraufer, streichen die Schichten des Mt. de la 
Saxe h. 3 mit einem Fallen von 40° nach SO.; das Fallen 
wird aber weiter aufwärts in derselben Schichtenreibe allmalig 
ein steileres. 

Ich begnuge mich mit diesen Angaben, aus denen 80 
viel mit Sicherheit hervorgehen wird, dass von einer Regel- 
massigkeit in der Schichtenlage des Mt. Blanc, von einem 
allgemeinen in derselben sich zu erkennen’ gebenden Gesetze 
keine Rede sein kann, und wenn man doch einmal von einem 
Gesetze in dieser Beziehung reden wollte, man dasselbe als 
das Gesetz der Gesetzlosigkeit bezeichnen müsste. Es war 
mir wegen Ungunst des Weiters nicht möglich, an der nord- 
lichen resp. nordwestlichen Seite des Mt. Blanc. Untersuchun- 
gen vorzunehmen, aber selbst nach den im Ganzen sehr spar- 
lichen Angaben über Fallen und Streichen und nach den 
Durchschnitten, die Favre grösstentheils nach eigenen Unter- 
suchungen giebt, ist eine Regelmässigkeit auch hier nicht zu 
finden, und ich zweifle nicht im Geringsten daran, dass eine 
genaue systematische Untersuchung der Schichtenlage auch 
auf dieser Seite das Gesetz der Unregelmässigkeiten nach- 
weisen wurde. Auch für diese Seite finden wir dieselben 
Widersprüche in den Angaben der Beobachter über ein und 
dieselbe Stelle, so dass z.B. der eine behauptet, die Schichten 
fielen dem Thale zu, der andere, sie fielen gegen den Berg 
ein (cfr. Favre $.519). Favre selbst, der eifrige Vertheidiger 
der Facherstructur , erwähnt Schichtenlagen, die ganz und 
gar nicht zu derselben passen und von ihm als Ausnahmen 
bezeichnet werden ($. 539, 575), indem sie von dem Berge 
abfallen. Dieselbe Schichtenlage erwähnt Saussure mehrmals 
(Bd. III. pag. 85, 87) östlich von der Aig. da Midi an der 
Aig. du Blaitiere und du Plan. Gerade diese Gegend würde 
in die Verlängerung unseres Durchschnitts Fig. 2 bis Cha- 
mouni fallen. Als weiteren Beweis für die Unregelmässigkeit 
der Schichtenlage gebe ich hier (Figur 3) einen von Favre 








11 








Col.de Prariou 
Veza 










4 
t 
N 
! Pavillon St Servale 
N de Bellevue : 
; ‘ . 
2 $ Mi WR = i + = ; 
BP fh) oi ren - - : 






Fiscal x 
Wi. ca ‘ak a 


Figur 3. 


(1.19. f. 2.) gezeichneten Durchschnitt in verkleinertem Maass- 
stabe. Hier bezeichnen ca, gy Dolomit und Gyps, j, j', j” 
Kalke und Schiefer der Juraformation, d dolomitischen Kalk- 
stein, ak Sandstein, ar Schiefer, a schwarze, glimmerige Sand- 
steine, wahrscheinlich der Steinkohlenformation angehörig, 
S krystallinische Schiefer, Gr Protogin. Von dem Schichten- 
system j” giebt Favre an, dass es stark gewunden sei. Ver- 
gleicht man die Aufeinanderfolge der Schichten am Fusse des 
Berges mit der unter der Mitte des Berges, so sieht man 
sofort, dass bier auch mit der von FAYRE angenommenen durch 
die punktirte Linie angezeigten Faltung doch noch keine 
Ordnung geschaffen wird. Aber selbst wenn das wäre, würde 
damit die Fächerstellung als Grundgesetz nicht wohl verein- 
bar sein. 

Bei dieser Gelegenheit dürfte es wohl am Platze sein, 
über Durchschnitte der Art im Allgemeinen einige Bemerkungen 
beizufügen. Wo die Verbältnisse einfach und klar vorliegen, 
und auf grössere Entfernungen Streichen und Fallen sich gleich 
bleiben, da ist es natürlich auch ziemlich gleichgiltig, wenn 
man einen Durchschnitt liefert, wo man denselben verlaufen 
lasst, und ob man in dem einen Schnitte Strecken vereinigt, 
die in Wirklichkeit nicht in einem solchen liegen. Aber auch 
hier muss man die einzelnen Theile wenigstens als durch 
parallele, dieselben Winkel mit der Streichungslinie der ganzen 
Kette bildende Schnitte erhalten darstellen. Wenn aber, wie 
bei dem Mt. Blanc Streichen uud Fallen oft auf ganz kurze 
Strecken wechselt, da geht es nicht an, auf einem Durch- 
schnitte Theile des Gebirges zusammenzustellen, die in Wirk- 
lichkeit nicht in einem Schnitte liegen können. Man erhält 
dann natürlich ein ganz falsches Bild. Das gilt für eine 
grössere Zabl der von Favre vom Mt. Blanc gelieferten 
Schnitte, namentlich auch von dem grossen (Maassstab !/, 0) 
angefertigten Durchschnitte durch die Mt. Blanekette. Ver- 


12 


binden wir die auf demselben als in einem Schnitte liegend ver- 
einigten Punkte durch gerade Linien, so erhalten wir die Fig. 4 
gezeichnete Zickzacklinie, wo die Punkte B, C, A. d. M., M. BI. 





Figur 4. 


M.Fr., Ch, Cr, Brevent, Chamouny, Aig. du Midi, Mt. Blancgipfel, 
Mt. Fréty, Mt. Chetif und Cramont bezeichnen, AA die Richtung 
der Langsaxe des ganzen Gebirgsstockes. Dasselbe gilt auch fur 
den II. Durchschnitt, Fig. 3, dessen einzelne Punkte (Ger- 
vais, Prariou, Col de Voza etc.) durch die Buchstaben G,P, V. 
etc. bezeichnet, ebenfalls in einer schief gegegen die Achse A 
gerichteten Zickzacklinie liegen (Fig. 5). Man kann natürlich 
auch einen solchen im Zick- 
zack verlaufenden Durchschnitt 
anfertigen, dann muss man 
aber auch auf demselben die 
Verhältnisse der Schichten- 
lagen so eintragen, wie sie 
sich auf demselben allein zei- 
gen können, weil ausserdem 








13 


ein ganz falsches Bild entsteht. Wahrend ein richtig nach 
den Thatsachen construirter Darchschnitt diese erganzt, unsere 
Vorstellung berichtigt und den Weg zu neuen Beobachtungen 
klar vorzeigt, beeintrachtigt ein falscher die Beobachtungen, 
giebt eine unrichtige Vorstellung und halt oft von weiteren 
nothigen Untersuchungen ab. 

Dass dieses umsomehr Geltung habe, je verwickelter die 
Verbaltnisse des Gebirgsbaues an einer Stelle sind, bedarf 
wohl kaum eines Wortes, 

Doch kehren wir wieder zu dem Mt. Blanc zurück, so 
bleibt uns noch die so schwierige Frage, wie diese seine eigen- 
thumlichen Lagerungsverhältnisse erzeugt worden sein mögen. 
Wir hatten von denselben nachzuweisen gesucht, dass sie nicht 
auf ein allgemeines Gesetz zurückzuführen seien, womit jedoch 
das nicht ausgeschlossen sein soll, dass nicht gewisse Lage- 
rungsverbaltnisge öfter wiederkebren, und dass unter denselben 
auch die sogen. Fächerstructur auftrete. Wenn wir auf diese 
Weise ein einheitliches architectonisches Gesetz leugnen, so 
verzichten wir damit zugleich auch auf eine der Gesammt- 
erscheinung der Schichtenlagen zu Grunde liegende Ursache, 
und auf eine das Ganze gleichmässig bewegende mechanische 
Kraft. 

Hier haben wir uns daher zunächst gegen die Ansicht 
zu wenden, welche wohl als die in unserem Falle am haufig- 
sten angenommene zu bezeichnen ist, dass das Eindringen 
des Granits als die gestaltende Ursache anzusehen sei. Wir 
konnen diese Theorie in dem vorliegenden Falle durch den 
Hinweis auf eine Thatsache als unhaltbar bezeichnen, die un- 
seres Wissens zuerst von A. Favre bekannt gemacht wurde, 
namlich das Vorkommen von Conglomeratlagen mit zum Theil 
kopfgrossen Rollsteinen der krystallinischen Gesteine unter 
dem jurassischen Kalke auf der Sudostseite des Mt. Blanc, 
beide vom Berge abfallend gelagert, die auf das Entschiedenste 
beweisen, wie dies auch GerLACH mit Recht hervorhebt, dass 
diese krystallinischen Gesteine des Mt. Blanc alter sind, als 
die auf ihm liegenden sedimentaren Bildungen. Von einem 
späteren, nach Ablagerung derselben erst erfolgten Platz- 
ergreifen des Granits kann daher keine Rede mehr sein. 
Wenn es sich also um die Erklärung der abnormen Lagerungs- 
verhaltnisse der Gesteine des Mt. Blanc handelt, müssen wir 
die Frage so stellen: Wie sind die sedimentären und kry- 
stallinischen Gesteine in diese nicht ursprüngliche Stellung 
versetzt worden? Wir mussen uns nach einer Ursache um- 
sehen, die beide zugleich in ihrer Stellung alterirte. Welche 
Ursache mag das wohl gewesen sein? 


14 


Ich glaube, wir werden uns die Beantwortung dieser Frage 
fur diesen, wie fur manchen anderen Fall erleichtern, wenn 
wir uns im Allgemeinen zuerst die verschiedenen, bei Scbich- 
tenstorungen in Betracht kommenden Factoren vergegen- 
wärtigen. 

Offenbar ist die jetzige Lagerung einer gestörten Schichten- 
reihe abhängig oder richtiger das Resultat von drei Factoren: 


1. von der ursprünglichen Lage; 

2. von local erzeugten, an verschiedenen Stellen einer 
Schichtenreihe in verschiedenem Grade wirkenden Verän- 
derungen; 

3. von allgemeinen , die 'ganze Schichtenreihe gleich- 
massig betreffenden Störungen. 


Was die erstere betrifft, so ist dieselbe insofern von 
Wichtigkeit, als der Effect der activ einwirkenden Factoren 
ein wesentlich verschiedener sein muss, je nachdem die Schich- 
ten verschieden gelagert waren. Es stelle z.B. Figur6 zwei 





Figur 6. 


Schichtensysteme dar, eines A muldenformig, ein anderes B 
gewölbeartig abgelagert, so wird cine in beiden Fallen gleich 
starke und gleich gerichtete Kraft, die seitwarts in der Rich- 
tung des Pfeiles wirkt, nothwendig eine ganz andere Wirkung 
haben und es lässt sich so eine grosse Mannigfaltigkeit von 
verschiedenen Folgeu einer und derselben Kraft auf verschieden 
gestellte Schichtenreihen construiren. 

Der zweite der oben genannten Factoren, die local er- 
zeugten Störungen, sind ausschliesslich auf die Wirkungen des 
Wassers zurückzuführen. Man schreibt denselben gewöhnlich 
nur eine geringe Bedeutung zu. Ich möchte ibnen einen be- 
deutend grösseren, ja in manchen Fallen den grössten Einfluss 
vindiciren, sie hie und da als den einzigen Factor gelten 
lassen. Schon a priori lässt sich der Einfluss des Wassers, wel- 
ches die Schichtensysteme durchdringt, als ein sehr bedeu- 
tender erschliessen, sowie wir nur annehmen, dass es ausser- 
ordentlich lange Zeiträume sind, durch welche das Wasser 
namentlich die älteren Schichtensysteme angreift. Es muss 
also auch eine sehr bedeutende Auszehrung der Schichten nach 


15 


und nach stattgefunden baben. Da aber das Wasser nirgends 
und in keinem Gesteine gleichmässig dasselbe durchzieht, da 
es überall und in allen Gesteinen gewissen Richtungen leichter 
folgeu kann, als anderen, so muss diese Verdünnung der 
Schichten auch eine ungleichmässige sein, es müssen 
daher auch die Folgen dieser Thatigkeit, das Nachsinken der 
ihrer Unterstützung beraubten oberen Schichten in ungleicher 
Weise erfolgen. Auf diese Weise erzeugte Schichtenstörungen 
werden daher in der Regel keine Gesetzmässigkeit und keine 
Gleichheit des Fallens und Streichens auf grössere Strecken 
erkennen lassen. Dass die auf diese Weise erzeugten Schich- 
tenstörungen nicht unerheblich sind, dafür dürften sich bei 
genauer Betrachtung und Untersuchung der Gebirge wohl 
mehr Beispiele und Beweise auffinden, als man gegenwärtig 
vielleicht zugestehen möchte. Ich habe schon vor mehreren 
Jahren auf ein Beispiel dieser Art hingewiesen, nämlich die 
Schichtenstörungen im fränkischen Jura (diese Zeitschr. Bd. XX. 
pag. 339). Hier finden sich ausgedehnte Schichtenreihen zum 
Theil von sehr steiler Lage, bei denen eine andere Ent- 
stehung derselben als durch die Wirkung des Wassers ganz 
undenkbar ist. 

Es ist selbstverständlich, dass derartige Störungen nur 
als oberflächliche, d. b. nicht die ganze Dicke der Erdrinde 
durchsetzende anzusehen und unter allen Umstanden nur als 
eine bald anhaltende, bald plötzlich ruckweise auftretende, 
aber jedenfalls sehr lang fortgesetzte Bewegung aufzufassen 
sind. Ich glaube, dass sich auf diese Weise die merkwürdigen, 
auch nur auf kurze Strecken und oft nur wenige über einander 
liegende Schichten beeinflussenden Biegungen leichter erklären 
lassen. Es ist mir bis jetzt noch nicht möglich gewesen, ent- 
schieden auf experimentellem Wege in ähnlicher Weise wie 
bei dem Eise eine gewisse Plasticität der Gesteine nachzu- 
weisen, wenn schon eine sehr geringe Biegung an einigen sich 
bemerklich machte. Die bis jetzt. von mir vorgenommenen 
Versuche sind allerdings erst einige Monate im Gange, und 
ich glaube, dass vielleicht nach der drei- und vierfachen Zeit 
eber ein numerisch nachweisbares Resultat erzielt werden 
durfte. Unter allen Umständen sind ja die Erscheinungen an 
manchen Gesteinen von der Art, dass wir mit Nothwendigkeit 
eine gewisse Plasticitat, Biegsamkeit und Dehnbarkeïit anzu- 
nehmen gezwungen sind, wir mögen über die Ursache der 
Störungen Annabmen machen, welche wir wollen, und dass 
die Dauer der Einwirkung der mechanischen Gewalt von dem 
grössten Einflusse sei, das geht eben aus meinen Versuchen 
über die Plasticität des Eises (Pocg. Ann. Bd. 155, pag. 169) 
hervor. Ebenso glaube ich aus meinen bisherigen Versuchen 


16 


den Schluss ziehen zu mussen, dass noch so starker, aber 
kurze Zeit wirkender Druck bis zu 18000 Atmospharen eine 
bemerkbare Gestaltveranderung eines Gesteines nicht erzeugt. 
Wir konnen daher auch Biegungen der Schichten nicht wohl 
auf eine einmal, plotzlich und kurze Zeit wirkende Kraft, wenn 
dieselbe auch noch so gross angenommen wird, zuruckführen. 
Die durch die auszehrende Wirkung des Wassers in Thätig- 
keit gesetzte Schwere kann aber eine nach den Umständen 
unausgesetzt, lange Zeiträume hindurch wirkende Kraft werden 
und so ebensowohl Lage- wie Formveränderung und zwar an 
verschiedenen Schichten in sehr verschiedenem Betrage er- 
zeugen. Da sie es ist, welche auch die Bewegung des Wassers 
erzeugt, so können wir die Schwere als die einzige beständig 
Orts- und Lageveränderung von Theilen der Erdrinde erzeu- 
gende Kraft bezeichnen. 

Als dritten Factor hatten wir allgemeine, die gauze 
Schichtenreihe gleichmässig betreffende Störungen erwähnt. 

Wenn wir unsere Gebirge, Alpen, Jura, Pyrenäen u. a. 
betrachten, so kommen wir hier unwillkarlich zu dem Schlusse, 
dass ein- oder mehrmals das ganze Gebirge gleichzeitig in 
allen seinen Schichten einer gleichmassigen Bewegung aus- 
gesetzt gewesen sei, welche eine Aufstauchung und Faltung 
im grossartigsten Maassstahe bewirkte; wie in der Bewegung 
erstarrte ungeheure Wellenzuge stellen sich nach dieser Be- 
trachtung vor allem die Alpen dar. Am schärfsten und be- 
stimmtesten hat dieser Anschauung Suggs in seiner Schrift: „Die 
Entstehung der Alpen“ Ausdruck gegeben. Diese Bewegung, 
deren Ursache zu verfolgen jetzt kein Grund vorliegt, hat vor- 
zugsweise in lateraler Richtung oder schief nach oben und seit- 
lich wahrscheinlich von innen nach aussen gewirkt. Wie tief 
hinab sie gegriffen, lässt sich nicht sicher bestimmen. Dass die- 
selbe je nach der Verschiedenheit der Gesteine und ihrer ursprung- 
lichen Lagerung eine Verschiedenheit in der Wirkung zur Folge 
hatte, ist selbstverständlich, aber dennoch ist das Gemeinsame 
überwiegend und deutlich hervortretend. Und das ist es eben, 
was uns die Veränderungen der zweiten Art von denen der 
dritten leicht unterscheiden lasst. Bei den letzteren hat die 
verandernde Kraft in gewaltiger Ausdehnung gleichzeitig von 
unten her, so zu sagen mit breiten Händen, ganze Schichten- 
systeme angefasst, bei jenen bald da, bald dort an einzelnen 
Punkten wie mit einer Fingerspitze hier einige Schichten ge- 
hoben , dort etwas gesenkt oder gerückt, und dadurch, was 
wohl als das charakteristischste Merkmal dieser Art von Wir- 
kung zu bezeichnen ist, den Parallelismus offenbar parallel 
abgelagerter Schichten oft auf ganz kurze Strecken aufgehoben. 

Es kann nun als die Aufgabe des Geologen, wenn es 


17 


sich um die Entrathselung der Schichtenstellung handelt, das 
bezeichnet werden, dass er ermittele, welchen Antheil an der- 
selben jeder der drei Factoren gehabt habe, die wir eben näher 
bezeichnet haben. Wer das zugesteht, wird auch sofort damit 
übereinstimmen, dass jeder einzelne Fall einer ganz beson- 
deren Untersuchung bedarf und dass bei Beurtheilung desselben 
die Veränderungen, welche ein Gebirgstheil als Glied eines 
grösseren Ganzen mit diesem erlitt, von.den individuellen wohl 
zu unterscheiden sind. Darin liegt auch nun das Zugeständ- 
niss, dass wir in verschiedener Weise bei Erklärung der Schich- 
tenstörungen verfahren können, und es ist vom rein theore- 
tischen Standpunkte aus ganz gleichgiltig, welchen Weg wir 
einschlagen. Wenn wir namlich die Schichtenstörung § als 
erzeugt ansehen von der ursprünglichen Lagerung U, den local 
erzeugten Störungen L und den allgemeinen A, also S = 
U + L + A ist, so erscheint es allerdings ganz einerlei, 
welches dieser drei Glieder wir zuerst bestimmen. In der 
Praxie wird sich aber die Sache doch etwas anders gestalten, 
indem es sich hier darum handelt, welches der drei durch die 
Beobachtung der gegenwärtigen Verhältnisse am ersten erkannt 
und bestimmt werden kann. Es wird sich dabei in den 
meisten Fällen darum drehen, ob wir mehr die localen oder 
die allgemeinen Störungen von grösserem Einflusse finden, für 
deren Unterscheidung uns die obigen Kriterien beider Merk- 
male an die Hand geben. Trotzdem wird dabei dem freien 
Ermessen und der verschiedenen Auffassung ein leider nur allzu 
grosser Spielraum bleiben und fur Vermuthungen ein weites 
Feld frei stehen. Betrachten wir die Verhältnisse unbefangen, 
so werden wir zugestehen müssen, dass wenn einmal über- 
haupt in einem bestimmten Falle locale Störungen sich deutlich 
zu erkennen geben, es am sichersten sein durfte, zu sehen, 
wie weit man mit der Annahme, dass diese allein gewirkt 
haben, komme und dass man erst, wenn man mit diesen 
nicht ausreicht, allgemeine. herbeiziehe. 

Geben wir von diesen Grundsätzen bei der Erklärung der 
Architectur des Mt. Blanc aus, so werden wir zunächst zu 
constatiren haben, dass in der That solche locale Störungen 
in beträchtlichem Grade stattgefunden haben. Ich glaube, dass 
ein Blick auf die pag. 8 mitgetheilten Thatsachen und unsere 
Figur 2 ohne Weiteres das Vorhandensein solcher darthut. 
Ganz dieselbe Erscheinung eines auffallend raschen Wechsels 
im Streichen und Fallen findet man auch das ganze Thal 
hinauf bis zum Col Ferret, an dem Mt. de Saxe fallen die 
Schichten ebensowenig constant nach SO gegen den Berg ein 
als am Mt. Blanc, auch hier beobachtet man zuweilen das 

Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIII. 1. 9 


18 


entgegengesetzte, der Neigungswinkel wechselt zwischen 45 
und 80°, das Streichen zwischen h. 112 und 2. 

Wir haben schon oben erwähnt, dass gerade dieses be- 
sonders abnorme Verhältniss in der Schichtenlage, die Ueber- 
lagerung des Kalkes .durch die krystallinischen Gesteine nur 
in beschränktem Maasse auftrete, und dass in grösserer Aus- 
dehnung eine normale Ueberlagerung ‘der letzteren durch die 
sedimentären Gesteine stattfinde, die nur in stark geneigter, 
hie und da auch in schwach gekrummter Lage angetroffen 
werden. Wir haben daher dreierlei verschiedene Schichten- 
lagen zu erklären: 


1. Die steil geneigte, zum Theil nach aussen überhän- 
gende der centralen Massen krystallinischer Gesteine. 

2. Die mehr normale nur, steile Stellung der sedimen- 
tären Schichten, die jünger als 1 sind. 

3. Die ganz abnorme Ueberlagerung der letzteren an 
einzelnen Stellen durch die ersteren. 


Was das erste betrifft, so glaube ich, dass diese Massen 
schon vor der Ablagerung der Juraformation in senkrechter 
Stellung sich befunden haben, dass sie inselartig aus dem 
Meere emporragten, aus dem sich die Gesteine derselben ab- 
setzten. Als ein sprechendes Zeugniss dieser ihrer senk- 
rechten Stellung können wir die Aiguilles rouges (Fig. 1) an- 
führen, deren aus verticalen Gneissschichten bestehender Gipfel 
fast vollkommen horizontale Schichten der Trias- und Jura- 
formation angehorig trägt. Die Frage, wie die Gneiss- und 
Granitschichten diese verticale Richtung erhalten haben, kon- 
nen wir hier fuglich übergehen. Es genügt uns hier der 
Nachweis, dass sie vor der Ablagerung der triassischen und 
jurassischen Bildungen in dieser Stellung schon vorhanden 
waren und auf einem Durchschnitte von Norden nach Suden 
muldenformige Vertiefungen oder Rinnen bildeten, in die sich 
die genannten mesozoischen Bildungen einlagerten; der Kamm 
des Mt. Blanc blieb von ihnen frei. 

2. Die steile Schichtenstellung dieser sedimentären Bil- 
dungen begann nach ihrer Ablagerung durch die Auszehrung 
der Schichten, welche mit dem Zeitpunkte ihren Anfang nahm, 
in dem dieselben Festland geworden waren. Wie weit dabei 
eine ungleichmässige Hebung, welche diese Schichten ins 
Trockne brachte, mitwirkte, lässt sich nicht bestimmen. Wirkte 
dieselbe gleichmassig, nur von unten nach oben diesen Theil 
der Erdrinde bewegend, wie es die Schichtenlage auf der 
Aiguille rouge wahrscheinlich macht, so wurden wir die in 
normaler Lagerung, aber mit steiler Neigung, auf den krystal- 
linischen Gesteinen liegenden Kalk- und übrigen Schichten als 





19 


durch Senkung in dieselbe gelangt anzunehmen haben, wie 
in Figur 7 d nach D gelaugte. Die unter dem Kalk lie- 
genden, mit Dolomit oder Rauchwacke wechselnden, zum Theil 
sehr bedeutenden Gypslager begünstigen diese Lagenverände- 
rangen in hohem Grade. Das ganz Regellose in denselben, 
der rasche Wechsel im Fallen und Streichen der Schichten 
hat, wenn wir sie auf eine solche nothwendig ungleichmässig 
wirkende Ursache zurückführen, nichts Befremdendes. Ich 
glaube aber auch, dass sich selbst | 

3. die ganz abnorme Ueberlagerung des Kalkes durch 
die krystallinischen Gesteine, die facherartige Stellung der 
letzteren, auf dieselbe Ursache zurückführen lässt. Es stelle 
Figur 7 einen Durchschnitt durch die Kette des Mt. Blanc und 


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das Val Ferret dar, unmittelbar nach der Ablagerung der Jura- 
schichten. Nebmen wir an, dass die tieferen Lagen bei b 
stark ausgezehrt wurden, oder dass überhaupt in verticaler 
Richtung die Schichten sich mebr verdannten und gegen b 
nachsanken, so dass schliesslich die Schicht a nach b gelangte, 
so mussten dieselben, da bei b ein viel geringerer Raum zwi- 
schen den Massen A und B ihnen frei steht, in der Richtung 
der Pfeile nach beiden Seiten einen ungebeueren Druck aus- 
aben.*) Derselbe musste ebensowohl auf die sich senkenden 
Schichten wie auf die angrenzenden von A seine Wirkung 
aussern, auf die ersteren durch eine Knickung und und Um- 
biegung der Theile c und d; die letzteren, die wir als senk- 
recht stehend angenommen haben, werden, wenn sie auch nur 
um einen sehr geringen Betrag in der Linie bf zusammen- 
gedruckt wurden, dadurch eine etwas schiefe Stellung, den 
Anfang einer Facherstellung angenommen haben. Sowie aber 
nur der Anfang zu einer solchen gegeben war, musste die 


*) Maccrr hat in seiner Arbeit „Ueber vulcanische Kraft“ näher 
diesen Druck berechnet und {tir den tangentialen Druck T einer sich 


senkenden Gesteinsmasse vom Gewichte P gefunden T = = » wo r 


2 
den Erdradius bedeutet, 
2* 


Schwere dieselbe in demselben Maasse vollkommener machen, 
als die fortschreitende Auszebrung der Schichten diese seit- 
liche Bewegung begunstigte. Ob und wie weit eine gewisse 
Plasticitat der krystallinischen Gesteine zu dieser Fächerstellung, 
oder richtiger zu diesem Ueberhängen derselben beiträgt, dar- 
über lässt sich nach den bisherigen negativen Resultaten der 
Versuche in dieser Richtung nichts Sicheres aussagen; doch 
glaube ich, dass es kaum einen Geologen geben dürfte, welcher 
nicht eine solche, wenn auch nur in sehr geringem Maasse, 
bei anhaltender Einwirkung einer Kraft, zugestehen würde. 
Wir können durch Herbeiziehen dieser das Fehlen einer Er- 
scheinung erklären, die wir obne dieselbe wohl wahrzunehmen 
erwarten durften, nämlich das Fehlen von freien Zwischen- 
raumen an den oberen Enden der Schichten, wo sie mit den 
benachbarten divergiren. Nehmen wir nämlich an, dass diese 
Stellung nachträglich erzeugt wurde, es sei durch welche Ur- 
sache es wolle, so müsste ein Klaffen an den oberen Enden 
ab wie zwischen a u, b Figur 8 stattfinden. Die Pia- 
sticitat der Gesteine kann diese Lücke da ausfullen, 
wo es nicht durch den Druck der übrigen Schichten 
geschehen kann. 

Indem wir so auch diese Ueberlagerung der Kalke 
durch die krystallinischen geschichteten Gesteine er- 
zeugt durch ein Nachsinken der Schichten der letzteren 
durch die Schwere annehmen, welche sie zwingt, 
ihrer weichenden Unterlage nachzusinken, führen wir 

| diese ebenfalls auf eine local und ungleich wirkende 

Figur 8, Ursache, die Thatigkcit des Wassers, zurück, und 

eben damit auf eine, die auch auf sie ungleich 
wirkt. Dass aber auch bei diesen Gesteinen eine solche un- 
gleiche Wirkung angenommen werden muss, das zeigt die 
ungleichmässige Lage, in der wir auch diese finden. Dass 
diese Unregelmässigkeit bei ihnen weniger stark hervortritt, 
als bei den sie umlagernden sedimentären Bildungen, findet 
seine hinreichende Erklärung in dem Umstande, dass sie von 
anderen umhullt ‘und in senkrechter Stellung sich befanden, 
also in Verhältnissen, die einer nachträglichen Schichtenstörung 
einen engeren Spielraum darbieten, als eine ganz oder nahezu 
horizontal liegende Schichtenreibe. 

Es werden wohl alle Geologen in thesi zugeben, dass 
man, so lange es möglich ist, mit einer wohlbekannten, un- 
ablassig vor unseren Augen wirkenden Kraft geologische Er- 
scheinungen zu erklären, nicht nach einer anderen unbekannten 
und dunklen sich umsehen soll. In praxi wird es aber immer 
schwierig bleiben, zu entscheiden, wie weit eine solche zur 
Erklärung eines bestimmten Falles ausreiche, Ob meine Er- 





: 21 


klarung der Schichtenstörungen am Mt. Blanc durch die Tha- 
tigkeit des Wassers ohne eine der plutonischen Kräfte zu 
Hülfe zu nehmen, als eine Ueberschätsung jener anzusehen 
sei, das wird wohl nur von denen entschieden werden können, 
welche eine genaue Kenntniss dieses Gebirgsstockes besitzen. 
Wie diese Entscheidung auch ausfallen möge, die Wahrheit wird 
sie sicher zu bestärken dienen, dass die localen, durch locale 
Wirkungen erzeugten Störungen im Baue der Alpen eine sehr 
bedeutende Ausdehnang und einen tiefgreifenden Einflass haben 
and sicher viel mehr Beachtung verdienen, als ihnen bis jetzt 
geschenkt wurde. 





2. Die Quarz-Porphyre der Umgegend von Ilmenau. 
Von Herrn E. Laurer in Berlin. 


Die Quarz - fübrenden Porpbyre, welche in vorliegender 
Arbeit behandelt sind, gehören der engeren Umgebung von 
limenau an und zwar vor Allem dem Gebiete zu beiden Seiten 
der Ilm. Links davon wurde dasselbe abgeschlossen durch 
die Sectionsgrenze des Messtischblattes Ilmeuau, so dass 
die Arbeit die Porphyre nahe Ilmenau selbst umfasst, die 
der Sturmbheide, der Umgebung des Schwalbensteins, die des 
Rumpelsberges, Buntschildskopfes, Hirschkopfes und der Wil- 
helmsleite. Die zur rechten Seite der Ilm zu Tage tretenden 
Porpbyre sind hier nur bearbeitet bis zum Kickelhahn und 
Grossen Erbskopf im Osten und bis Stützerbach im Süden. 
Bei der Aufsuchung des Materials war mir Herr Hofrath 
E. E. Scaxip in freundlichster Weise behilflich, wofur ich ihm, 
als sein früherer Schuler, meinen wärmsten Dank ausdrücke, 
wie auch für seine gütige Unterstützung bei der weiteren Be- 
arbeitung der gesammelten Gesteine. So war es mir auf drei 
grösseren Excursionen schon möglich, das Material zusammen 
zu tragen, bis auf Weniges, was ich durch mehrere kleiuere 
hinzufugte. 

Der erste Ausflug führte zunachst nach dem Grenzhammer, 
woselbst ein Porpbyr mehrfach azoische Gesteine durchbricht, 
dann nach dem Kienberg zu dem von v. Fritsch beschrie- 
benen Porphyrgang im Porphyrit.*) Ich verfolgte denselben 
eine Strecke weit und kebrte über Obrenstock zu dem dem 
Grenzhammer gegenuberliegenden Porphyrfels des Burgsteins 
zuruck. 

Die zweite Excursion ging vom Porphyrbruche, nahe dem 
Ilmenauer Felsenkeller aus uber das Porphyrmassiv der Sturm- 
heide und das Rothliegende des Schwalbeasteins, worin ich 
in mehrfachem Wechsel mit Tuffen Porphyre antraf; weiter 
gelangte ich zum Heidelberge und auf die Porphyrerhebungen 
des Rumpelsberges, Buntschildskopfes, dann nach Monchshof. 
Auf meinem Wege nach dem Hirschkopfe wieder Rothliegendes 
und Porphyre beobachtend, beendete ich die Tour in Manebach. 


*) Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1660. 


23 


Den südlichen Theil des Gebietes nahm ich von Mane- 
bach aus vor. Ich wanderte aber die Wilhemsleite, Porphyre 
und Porphyrite antreffend, und kam hinunter nach Meyers- 
graod, dem bekannten Fundorte jener metamorphosirten Feld- 
spathe, von da nach dem Kabenthale und nach Stutzerbach. 
Hier tritt bei der Papiermühle ein Porphyr zu Tage, den ich 
weiter verfolgte. So gelangte ich uber den Grossen Erbskopf 
mit seinem eigenthumlichen Porphyr nach dem Kickelhahn. 
Den Porphyr desselben beobachtete ich auf meinem Heimwege, 
der mich nach dem Grossen Herrmannstein mit seinen ma- 
lerisch sich aus der Umgegend erhebenden Porphyr -Klippen 
führte; diesen folgend kam ich zum Ausgangspunkte zurück. 

An diese grösseren Excursionen schlossen sich noch 
mehrere kleine Ausflüge an. Das gesammelte Material wurde 
gutigst durch Herrn Hofrath Scumm vermehrt durch hierher 
gehörige Gesteine vom Furstenberg, Sachsenstein, Schneekopf 
und einer Bauk im Rothliegenden bei Manebach, welche mit 
in Untersuchung genommen warden. Die bearbeiteten und 
beschriebenen Gesteine befinden sich im mineralogischen Mu- 
seum zu Jena. 


LEONHARD sagt in seinem vorzuglichen Werke über die 
Quarz-fabrenden Porphyre: „Wer je in einer Porphyrgegend 
gewandert ist, dem wird es nicht entgangen sein, wie oft jeder 
Berg, ja jeder Fels neue Abänderungen, neue Eigenthumlich- 
keiten bietet, wie das namliche Gestein hier dicht, bart und 
fest erscheint, dort weich und erdig, an einem Orte porös, wie 
einmal zahlreiche Einmengungen sich finden, um wieder nach 
kurzer Strecke gänzlich zu verschwinden.* — So ist es auch 
mit den Ilmenauer Porphyren. Wenn auch die Abanderungen 
nicht so rasch und plötzlich auftreten, so hat doch jeder Berg 
einen ausserlich abweichenden Porpbyr aufzuweisen. Sei es, 
dass ein Wechsel der Farbe auftritt, da ein compactes, dort ein 
cavernöses Gestein, sei es, dass hier die Einsprenglinge zahl- 
reicher und grösser werden, als an anderen Orten. So tritt 
beispielsweise ein rascher Wechsel der Farbe auf bei dem 
Porpbyre des Grenzhammers und dem des Burgsteins. Ersterer 
ist violett, letzterer nur wenige Schritte entfernt, rotblichbraun. 
Aus dem gelblich- und grauvioletten Porphyr des Kickelhahns 
erhebt sich der röthlichbraune Porphyrfels des Gr. Herrmann- 
steins, auch ist ersterer cavernos, letzterer dicht und bert. 
Eine Abänderung in Bezug auf das Zahlreicherwerden der 
Einsprenglinge bietet sich der Beobachtung dar an dem Gang- 
porphyr des Kienberges, der, wie Gang-Gesteine gewöhnlich, 


24 


_ an den Saalbändern kleinere Einsprenglinge besitzt, als in der 
Mitte. Wie v. Frırsch*) schon angiebt, liegen an der Grenze 
der Porphyrstöcke häufig graue Grenzvarietäten. Ich traf die- 
selben besonders im Schortethale. 

CREDNER**) unterscheidet funf Porphyrvarietäten auf dem 
Thüringer Walde. Die Porphyre von Ilmenau gehören sicher 
mehreren derselben an. Die grobkrystallinischen gleichen denen 
von Friedrichsroda und vom Inselsberge sehr. 

Die Zeit des Hervortretens der Ilmenauer Porphyre er- 
folgte nach Cagpner, v. Corra u. A. hauptsächlich in der Periode 
des Rothliegenden. Eine Eintheilung in jüngere und ältere, 
untere und obere Porphyre, wie sie in anderen Districten ge- 
geben, ist hier nicht möglich, wenn auch in engeren Grenzen 
solche Altersunterschiede denkbar sind. So ist sehr wahr- 
scheinlich der Gr. Herrmannstein ein Durchbruch späterer Zeit 
durch das Massiv des Kickelhahn-Porphyr. 

Die Ausdehnung und Grenzen der Porphyr-Kuppen und 
Gänge habe ich nur selten verfolgt. Ein Bild hiervon wird 
die demnächst von Herrn Somap aufgenommene Karte von 
Ilmenau geben, auch wird der Text zu derselben die geolo- 
gischen Verhältnisse betonen, die ich nur wenig beobachten 
konnte. Vorhanden ist schon eine geognostische Karte der 
Umgegend von Ilmenau von v. Frirscx. 

Bei der Bearbeitung habe ich Tscuzauax’s Eiatheilung 
befolgt und die Porphyre mit deutlich ausgeschiedenem Quarze 
als Quarzporphyre, die kieselsäurereichen, obne erkennbaren 
Quarz als Felsitporphyre unterschieden. 


Die Quarzporphyre. 


Die Quarzporphyre von Ilmenau enthalten in einer dichten 
Grundmasse deutlich ausgeschiedene Krystalle von Quarz und 
Feldspath , zuweilen auch Glimmer. Die Ausscheidung des 
Quarzes ist oft nicht so scharf begrenzt, dass man Flächen 
erkennen kann und dann tritt er in abgerundeten, oft erbsen- 
grossen Kornern auf. Feldspath herrscht bei makroskopischer 
Betrachtung an Zahl und Grösse den übrigen Einsprenglingen 
gegenuber vor. 

Der Durchschnitt des Quarzes ist vorwaltend rhombisch, 


*) Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1860. 


##) Cagpner, Versuch einer Bildungsgeschichte Thüringens, und 
Cazpuer, Geogn. Verhältnisse Thüringens, 








25 


oft stellt er sich auch als Sechseck dar, besonders gut ausge- 
bildete Krystalle desselben kann man an dem quarzreichen 
Porphyre des Rumpelsberges beobachten. Somit scheint der 
Quarz in den hiesigen Porphyren vorwiegend als doppeltsechs- 
seitige Pyramide vorzukommen. Von Fritscu”) giebt an, 
dass auch noch kurze Säulenflachen sich zu dieser Form ge- 
sellen. Mir ist es nicht gelungen , dieselben zu beobachten. 
Auf jeden Fall sind Säulenflächen der Quarze, wie an denen 
anderer Pophyrdistricte selten (Auersberg), und es scheint dies 
eine Eigenthamlichkeit der Porphyre zu sein. Lop. v. Buca 
wies gerade darauf hin in Rezug auf die Porphyre des Tha- 
ringer Waldes. Corta**) fand in den Porphyren bei Tharand 
auch nur Dodecaéder des Quarzes, ebenso Couex***) in den 
Porphyren des Odenwaldes. Die Farbe des Quarzes erscheint, 
wie schon LasPsyrssf) richtig bemerkt, auch hier in Folge 
der Brechung und des Reflexes sehr dunkel, beinahe schwarz, 
öfters grun- auch blauschwarz, an anderen Stellen rauchgrau 
und licht. Manchmal kommen an ein und demselben Stücke 
alle Farben vor. Vollkommen wasserhell nnd farblos tritt er 
nicht aus der Gesteinsmasse bervor. Auf. den Bruchflächen 
bat er den bezeichnenden Fett- und Glasglanz. 

Mikroskopisch betrachtet, zeigt der Quarz zahlreiche, un- 
regelmässig verlaufende Sprünge und eine Menge von Ein- 
schlüssen. Vor Allem finden sich in demselben Grundmasse 
und durch Glasmasse erfüllte zahlreiche Hohlräume. Die 
Grundmasse dringt meistens von den Seiten her in die Kry- 
stalle ein, erscheint aber auch mitten in denselben in zer- 
rissenen , unregelmässigen Partieen. Die Glaseinschlüsse tre- 
ten verschieden , meist jedoch mit rhombischen Begrenzungen 
auf und lassen häufig die ersetzte doppeltsechsseitige Pyramide 
des Quarzes erkennen. Diese Einschlüsse sind immer durch- 
sichtig, meist farblos, doch zuweilen auch grünlich und gelblich 
gefarbt. Fast in jedem Glaseinschlusse liegt eine Luftblase, 
zwei oder noch mehr wurden nie beobachtet. In der Regel 
liegt dieselbe in der Mitte des Einschlusses , weniger haufig 
an der Aussenflache. In einem Quarze des Porphyrs, nahe 
dem Ilmenauer Felsenkeller, beobachtete ich, ausser einer 
Menge kleinerer, acht grössere Glaseinschlusse. Reich an den- 
selben ist auch der Porphyr des Buntschildskopfes, in wel- 
chem diese Einschlüsse besonders durch ihre Grösse auffallen. 
Ich habe die Einschlüsse fur Glasmasse genommen, da die 


*) Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1860. 
**) Corra, Geogn. Verhältnisse Thüringens. 
*e*) Couen, Dyas des Odenwaldes. 
+) Lasrerazs, Porphyre von Halle; Zeitschr, d. d. geol. Ges. 1864. 


26 


Blaschen keine Ortsveranderung zeigen (allerdings habe ich 
keine Erwärmung des Objectes vornehmen können).  Oefters 
liegt, wie schon erwähnt, das Bläschen auch an der Aussen- 
seite. Ferner zeigten sich in vielen Fällen die Glaseinschlüsse 
bei gekreuzten Nicols lebhaft, doch anders gefärbt, als der sie 
umgebende Quarz. Die Einschlüsse selbst haben eine feine 
Umgrenzung, die der Bläschen ist breit und dunkel, so dass 
in der Mitte nur ein heller Punkt bleibt. Dagegen könnte 
der Umstand, dass ich keinen Einschluss mit mehr als einem 
Bläschen beobachtete, nach ZinkeL fur den flüssigen Zustand 
sprechen.*) Bei einigen Quarzen zeigen sich die Beobachtun- 
gen von CoHEn bestätigt, die er an den Porphyren des Oden- 
waldes machte. Es treten zahlreiche Partieen auf, die von 
einem helleren Rande umzogen sind, ob sie Gasporen oder 
Flussigkeitseinschlasse sind, ist nur bei sehr starker Ver- 
grösserung zu entscheiden. Die Quarze enthalten ausser die- 
sen Einschlüssen fast regelmässig dunkle Eisenoxydverbindon- 
gen (Opacit) Zum grossen Theil sind diese Eisenglanz, da 
sie an den Rändern durchscheinend werden, auch rubinrother 
Eisenglimmer tritt zahlreich auf. Das Eisenoxyd erscheint 
oft als sechsseitige Tafel, seltener als ein Complex von an- 
einander gereihten Krystallen und noch weniger häufig in 
trichitahnlicher Form. 

Die Feldspathe sind nur selten rein. Quarz, Eisen- 
glanz, auch Grundmasse kommen in denselben häufig vor. 
Oligoklaskerne in Orthoklasen habe ich nicht beobachtet. 
Neben frisch glänzendem Orthoklas kommt aber wohl häufig, 
wie anderwarts beobachtet, matter, weisser, weicher und kaoli- 
nisirter Oligoklas vor. ‘Aus den meisten Analysen geht tri- 
kliner Feldspath hervor und wurde derselbe auch in einigen 
Schliffen bemerkt. 

Der Feldspath ist durchsichtig oder trab und milchig ge- 
farbt, in manchen Krystallen wechseln beide Zustände, was 
auf LASPEYRES’s Ansicht führen könnte, dass man es dann mit 
einer allmaligen Umwandlung des Orthoklases zu thun habe. 
Ich werde mich TscHermax anschliessen und von undurchsich- 
tigem und durchsichtigem Feldspathe reden, den Namen Sa- 
nidin hier nicht gebrauchen. 

Die Farbe des Feldspathes ist meist fleischfarbig, auch 
gelblich und weiss, immer aber ist sie heller als die der Grund- 
masse. Auf den Spaltungsflächen tritt je nach dem (rade 
der Verwitterung stärkerer oder schwacherer Perlmatter- 
glanz auf. 

Was die Krystallform der Feldspathe anbelangt, so ist 


*) Zinxez, Mikrosk. Beschaffenheit der Mineralien. 


27 


ihre Beobachtung sehr erschwert dadurch, dass sie sich nicht 
leicht von der Grundmasse trennen lassen. In dem grob- 
krystallinischen Porphyr vom Kienberg kommen grosse Feld- 
spathe vor, die fast durchweg Karlsbader Zwillinge sind, Eben- 
dieselben finden sich, nur im Gegensatz za diesen noch frische- 
ren stark verwittert in Meyersgrund, wo sie leicht aus der 
Grundmasse herauszunehmen sind, zahlreich auch bereits aus- 
gefallen gefunden werden können. SENFT giebt von diesen an, 
dass sie zum Theil hohl, zum Theil in eine kalkige Thon- 
masse umgewandelt sind. Sie sind schon an anderen Orten 
beschrieben und in vielen Sammlungen vorhanden. Ganz aus- 
gezeichnet schön ausgebildete Feldspathkrystalle mit scharfen 
Kanten und glatten Flächen fanden sich beim Zerschlagen 
eines Gesteinsstackes vom Burgstein. Dieselben zeigen die 
Flächen oc Px, x P, OP, 2P x. Im Durchschnitt treten 
rectanguläre Figuren auf, meist von beistehender Form. 


Fe) 


Der Glimmer tritt als Gemengtheil bedeutend zurück. 
Tafelformige Krystalle mit hexagonaler Umgrenzuug sind nur 
in wenigen hiesigen Porphyren zu sehen. Sie erscheinen dann 
mehr oder weniger zersetzt und haben tombakbraune, auch 
chloritäbnliche Farbe. Oft sind sie ganz durchsichtig, meist 
aber dunkel. Eisenglanz ist ein gewöhnlicher Einschluss in 
denselben. | 

Pinit-ähnliche Mineralien mit grüngelber Farbe und Wachs- 
glanz (Viridit) finden sich oft in der Grundmasse vor. Das 
Vorkommen von Hornblende, wie es v. Fritsch angiebt, mag 
sich mehr auf die Porphyrite beschränken, in denen ich sie 
mehrfach antraf. 

Phosphorsäure wurde in mehreren Porphyren von mir 
nachgewiesen, allerdings nur in geringen Mengen. Trotzdem 
habe ich unter dem Mikroskop den Apatit als voraussichtlichen 
Trager derselben nicht oder nur unsicher erkennen können. 

Die beim Aufschliessen mit Soda erhaltene Kieselsäure 
wurde auf Titansäure geprüft, doch ist von derselben in den 
Porphyren keine “Spur vorhanden, während sie in den Por- 
pbyriten der hiesigen Gegend häufig auftritt. 

In Bezug auf die Beobachtangen der Grundmasse, 
möchte ich mich im Allgemeinen denen von Congn anschliessen, 
da ich glaube, bei vielen Gesteinen Aehnliches gefunden zu 
haben. Ein Umstand beweist sich hier wieder vor Allem, dass 
der Kieselsäuregehalt der Grundmasse stets zu gross ist, als 
dass sie nur aus Feldspath bestände, dagegen zu gering, um 





nn ne ae 


28 


nur unreiner Quarz zu sein. In der Grundmasse zeigt sich oft 


eine vorzügliche Fluidalstructur mit Sphäriten, weiteres habe . 


ich noch erörtert an dem Porpbyr des Schneekopfes (pag. 34). 
Mehr wage ich hier nicht zu sagen, da diese Beobachtungen 
bereits geubtere Forscher nur gründlich machen können. Noch 
will ich hier anschliessen, was VogeLsana uber die Porphyre 
de: Ilmenauer Umgegend angiebt.*) Er rechnet dieselben zu 
den Felsogranophyren, „in denen der Felsit gewöhnlich an 
Masse vorwiegend und zu Cumuliten oder Felsosphäriten ver- 
dichtet ist, während in lichten Flasern eine granitische Kor- 
nung oft mit grossen Opacit- und Ferritaggregaten zu beob- 
achten ist. Die meisten zeigen, der flaserigen Färbung ent- 
sprechend, auch eine Fluidalstructur durch eingelagerte, zu 
Ferrit umgewandelte Trichiten oder Mikrolithen.“ 


Der Porphyrgang des Kienberges. Dieser Gang 
durchbricht in einer ziemlichen Breite den Porphyrit des Kien- 
berges. Schmaler wird er im Schortethal, wo man’ ibn wieder- 
findet in der Nahe der ersten Schneidemuhle. Zugleich neh- 
men hier die Einschlusse an Häufigkeit und Grösse zu. In 
einer intensiv rothbraunen Grundmasse liegen zahlreiche, röth- 
liche Ortboklase, meist sehr deutlich ausgebildete Karlsbader 
Zwillinge, die vorzüglich spaltbar sind und auf den Spaltungs- 
flächen Perlmutterglanz besitzen. Ausser diesen, dem An- 
scheine nach noch ziemlich frischen oder doch nur schwach 
angegriffenen Orthoklasen bemerkt man weiss gefärbte, mehr 
verwitterte Feldspathe (Oligoklase). Neben diesen Einschlüssen 
liegen in der Grundmasse grosse, oft erbsgrosse, fettglanzeude, 
meist schwarz erscheinende Quarze. Was diesen Porphyr ganz 
besonders auszeichnet, ist eben die Grosse der Einschlasse, 
die in dem ganzen Porphyrdistricte von Ilmenau nur in diesem 
Gang so sehr hervortreten. Die Grösse der Feldspathe über- 
schreitet mitunter zwei Zoll. Wie schon oben erwähnt, kom- 
men die grössten Einsprenglinge in der Mitte des Ganges vor, 
während nach den Saalbandern hin sie kleiner werden. Grund- 
masse sowohl wie Feldspath sind durchsetzt von einer Anzahl 
makroskopisch wohl erkennbaren Schüppchen von Eisenglaus. 
Daneben tritt ein grünes, unbestimmt begrenztes Mineral, schon 
makroskopisch erkennbar, in dem Porphyre auf, dessen Par- 
tieen in den Dünnschliffen unter dem Mikroskop noch an 
Häufigkeit zunehmen. Die Vergleichung der Grundmasse mit 


*) Voczısang, Die Krystalliten, heranegeg. von Zisxet. 








29 


dem Feldspathe bestätigt die schon bekannten Beobachtungen.*) 
Der Feldspath wurde herausgelesen und analysirt, ebenso die 
Grandmasse, möglichst frei von Feldspath und Quarz. Nach 
den Analysen enthalt 


der Feldspath die Grundmasse 

Kieselsaure . . 61,93 Kioselsäure. . 73,91 
Thonerde. . . 19,43 Thonerde . . 7,59. 
Eisenoxyd . . 1,91 Eisenoxyd . . ‘ 5,20 
Kalkerde . . . 0,09 Kalkerde . . 0,80 
Magnesia. . . 0,37 Magnesia . . 0,58 
Kali . . . . 13,79 Alkalien nicht bestimmt. 
Natron . . . 1,74 Glahverlust. . 1,67 
Glübverlast . . 1,28 


Das spec. Gewicht 


des Feldspathes = 2,526 
der Grundmasse = 2,546 


Der Kieselsauregehalt der Grundmasse ist demnach be- 
deutend grösser, während die Thonerde aber die Halfte ge- 
ringer in derselben auftritt, ale im Feldspath, aus dem ubrigens, 
trotz seines noch frischen Aussehens, kieselsaures Kali bereits 
ausgelaugt ist. Eisenoxyd ist selbstverstandlich in der braun- 
rothen Grundmasse reichlicher enthalten, 

Nahe dem Felsenkeller von Ilmenau durchbricht 
Porphyr Porphyrit und ist derselbe bier durch einen ziemlich 
grossen Steinbruch an der Chaussee aufgeschlossen, und da- 
rin eine interessante Erscheinung in der Absonderung sicht- 
bar. Der Porphyr ist in Platten geschichtet, und diese zer- 
fallen in poly&drische Säulen, welche in ungewöhnlicher Weise 
parallel den Schichtungsflächen laufen, nicht wie in der Regel 
senkrecht dazu. Das Gestein besitzt eine röthlichbraune, ins 
Violette spielende Farbe. Dem Ausseben nach zu urtheilen, 
zieht sich dieser Porphyr von da weiter, die Höhen der Sturm- 
heide und des Buntschildskopfes bildend; auf der ent- 
gegengesetzten östlichen Seite abnelt ihm das Gestein des 
Burgsteins, dessen chemische Untersuchung jedoch ver- 
bietet, es hierher zu stellen. Ferner sieht demselben ein 
Porpbyr ähnlich, der ala Einlagerung im Rothliegenden 
des Schwalbensteins auftritt. 


*) Leonaanp, Die Quarzporphyre. 


30 


An Eiusprenglingen sind in der Grundmasse Feldspathe 
und dunkel erscheinende Quarze makroskopisch zu erkennen. 

Der Feldspath erscheint theils perlmutterglanzend, theils 
weiss und matt. Die Grösse der Krystalle reicht bis zu 
3,5 Mm. Im Durchschnitt treten vorwiegend rectanguläre 
' Figuren auf. 

Die mikroskopische Untersuchung lasst an Einscblüssen 
ausserordentlich reiche Quarze erkennen. Ein solcher höchst 
interessanter Quarz wurde in einem Schliffe des Porphyrs aus 
dem Bruche nahe dem Felsenkeller beobachtet. Derselbe be- 
sitzt eine Grosse von 1,25 Mm. und enthält eine Unzahl von 
Einschlassen. Auch treten hier die von Conen an den Oden- 
walder Porphyren beobachteten in ihrem Wesen undeutlichen 
Punkte hervor, welche in zwei Reihen den Krystall durch- 
ziehen. Fünf grössere Einschlusse mit Luftblasen heben sich 
besonders hervor. Ihre Grösse ist 0,055 Mm., 0,059 Mm. 
und 0,047 Mm. Ausserdem schliesst der Krystall zahlreiche 
Krystalle und Körner von opakem Eisenoxyd ein. Grössere 
Einschlüsse finden sich uberdies noch in den Quarzen der 
Porphyrgesteine des Buntschildskopfes und Schwalbensteins. 
Der Feldspath dieser Porphyre zeigt sich unter dem Mikroskop 
theils undurchsichtig, tbeils durchsichtig, trikline Feldspathe 
konnte ich auch oft sehr deutlich beobachten, besonders häufig 
in dem Gestein des Buntschildskopfes. 

Accessorisch kommt Glimmer vor und ein grünes wachs- 
glänzendes Mineral in unregelmässigen Partieen ( Viridit), 
haufig im Porphyr vom Felsenkellerbruche. Ä 

Wie schon oben erwähnt, ist die Structur dieser Porphyre 
eine geschichtete, das Gestein des Bruches nahe dem Felsen- 
keller ist in poly&drische Säulen zerkluftet, deren Lagerung 
schon oben besprochen. 

Die Mikrostructur dagegen ist bier mehr, dort weniger 
deutlich spharolithisch. Besonders gchon ist dies zu beob- 
achten in den Schliffen des Porphyrs der Sturmheide. Um 
eine Anzahl von Eisenglanzkörnern lagert sich die Grundmasse 
in kugeligen Schalen. Tas Eisenoxyd ist radial und tangen- 
tial eingestreut und verleiht dem Ganzen eine schöne Zeich- 
nung. In den Schliffen vom Felsenkellerbruche ist diese 
Structur durch trube Feldspathmasse angezeigt, in deren Mitte 
gewöhnlich ein Eisenglanzkrystall zu liegen pflegt. 








31 


Die Bausch- Analyse des Porphyre nahe dem Felsen- 
keller gab: 


Procente. Sauerstoff. 

Kieselsaure . . 71,97 38,38 38,38 
Tbonerde. . . 12,47 5,82 6.92 
Eisenoxyd . . 3,68 1,10 : 
Magnesia. . . 0,26 0,10 
Kali . . . . 8,52 1,45 1,85 
Natron... 1,17 0,30 
Manganoxyd 
Kalkerde Spuren 
Phosphorsäure 
Glühverlust . . 0,9 

99,62 


Es ergiebt sich somit der Sauerstoffquotient 


RO + R! 0? 
ote = 0,23. 


Ein hierber gehoriges Gestein tritt anter dem Sachsen- 
steine auf. Es besitzt eine rothliche Grundmasse, in welcher 
lichtere Partieen und ein hell graugrünes Mineral liegen, wel- 
ches im Hunnschliffe beobachtet, in gewundenen Streifen und 
Flecken auftritt. Der Quarz ist sehr zahlreich nnd in grösse- 
ren Körnern eingesprengt und erscheint dunkel und rauchgrau, 
neben ibm liegen hellfarbige, röthliche Feldspatbe. 


Die Bausch-Analyse gab: 


I, II. 

Kieselsaure. . . 87,64 89,88 
Thonerde 7.30 3,24 
Eisenoxyd | Tr : 1,80 
Manganoxyd . . Spur Spur 
Kalkerde 1,12 
Magnesia . . nicht best. 1,04 
Alkalien | 

Glühverlust . . — 0,73 


Der hohe Kieselsauregehalt rubrt nicht von der sauren 
Beschaffenheit der Grundmasse her, sondern von den haufigen 
secundaren Einschlussen von das Gestein durchziehenden feinen, 


32 


mit Quarzkrystallen ausgefüllten Spalten und Hohlraumen, 
weshalb auch zwei Analysen gemacht wurden. 

Ebenda kommt auch ein bandartig gestreifter Porphyr 
vor, bei welchem der Quarz in deutlichen Krystallen erkenr- 
bar und in das Gestein durchziehenden Adern auftritt. Das 
ganze Aussehen des Gesteins ist tuffartig und stark verwittert. 
In der rosenrothen, gelblich und braunlich gebänderten, 
hornsteinartigen, oft von stark gewundenen Streifen durch- 
zogenen Grundmasse liegen harte, kugelige Absonderungen. 
Hellgrüne Partieen (Viridit?) sind nicht selten. Unter dem 
Mikroskop bemerkt man trüben und durchsichtigen, oft zersprun- 
genen Feldspath und eine Menge durchsichtiger, kugeliger 
Ausscheidungen, in denen ein dunkles Korn von Eisenglanz 
zu liegen pflegt. Diese Kugeln entsprechen den makroskopisch 
beobachteten und sind meist der bandartigen Structur gemäss 
in Reihen geordnet. Ausserdem tritt Glimmer und mit Ein- 
schlüssen versehener Quarz auf. 


Die chemische Untersuchung ergab: 


Kieselsaure . . 85,07 
Thonerde, . . 10,34 
Eisenoxyd . . 3,48 
Kalkerde . . . 0,20 
Magnesia. . . 0,12 
Glühverlust . . 0,68 
Alkalien . . nicht bestimmt. 


Spec. Gewicht = 2,52 bei 14° R. 


Einen Uebergang gewissermaassen zu den Felsitporphyren 
bildet der Porphyrfels des Grossen Hermannstein. In 
einer rôthlichen, violetten oder braunlichen Grundmasse liegen 
zahlreiche, kleine, rothliche Feldspathe und Eisenglanzschuppen. 
Daneben tritt der Quarz hier in so kleinen Krystallen auf, 
dass sie makroskopisch kaum oder nur schwer zu erkennen 
sind, doch bemerkt man dieselben bei geringer Vergrösserung 
schon deatlich. Das Gestein ist in Platten gesondert und 
zeigt oft zu dieser Schichtung Parallelstructur, welche beson- 
ders an den unteren Klippen zu beobachten ist. Dabei erkennt 
man neben dieser Structur schon mit blossem Auge kugelige 
Absonderungen bis zu einigen Millimetern gross, so dass die 
Schlifflächen rogensteinartig aussehen. 








33 


Die Bausch-Analyse dieses Gesteins gab: 


Procente Sauerstoff 


Kieselsaure .. 76,55 40,82 40,82 
Thonerde ... 10,40 4,85 5.60 
Eiseuoxyd... 2,53 0,75 ; 
Kalkerde ... 1,31 0,37 
Magnesia ... Spar : 
Kai...... 8,32 141 ( 221 
Natron..... 1,68 0,43 


Phosphorsäure. Spur 
Glühverlust .. 0,86 


: . 101,65 
tn 
Der Sauerstoffquotient BOIEYnD 0,19. 


,  8i0* 
Spec. Gewicht = 2,55. 


Auf diesen Porphyr habe ich schon zu Anfang hinge- 
wiesen, da er eine ausserst interessante Erscheinung bietet. 
In seiner chemischen Zusammensetzung stimmt er mit dem 
im Folgenden beschriebenen Felsitporphyr des Kickelhahns 
nabezu überein, während er physikalisch anders erscheint. Er 
ist dicht und äusserst hart, so dass er beim Anschlagen mit 
dem Hammer zahlreiche Funken giebt und sich demnach wie 
eigentlicher Felsitfela verhalt. Dagegen ist der umliegende 
Kickelhahoporphyr ein leicht brockelndes Gestein. Es kann 
dies, sowie das plotzliche Hervortreten der steilen Klippen 
aus dem grossen Massiv zu der Annahme führen, dass die 
Felsen des Grossen Hermannsteins, die sich in einer Richtung 
bis hinab auf die Manebacher Chaussee ziehen, als ein spa- 
terer Durchbruch anzusehen sind. 

Auch seien an dieser Stelle jene schönen, schon öfter 
beschriebenen, doch noch nicht mikroskopisch untersuchten 
Porphyrkugeln des Schneekopf*) angeführt. Diese 
Kugeln finden sich in Wallnuss- bis Kinderkopfgrösse. Auf 
ihrer Oberfläche besitzen sie ein fast rogensteinartiges Aus- 
seheo. Zerschlägt man dieselben, so tritt beinahe regelmässig 
in denselben eine Geode von Quarzkrystallen auf, oft Amethyst, 
umschlossen von Hornstein und Chalcedon. Diese Drusen- 
raume besitzen vorwaltend eine tetraödrische Gestalt, sind 
baufig mit feinem Eisenrahme und Manganerz überzogen und 
lassen an der Fortsetzung ihrer Ausfüllungen in feinen Spalten 
bis an die Aussenflache ihre Entstehung erkennen. Die Ku- 


*) Kauc v. Nivpa, Kansten’s Archiv 1838. 
Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIII. 1. 3 


34 


geln müssen schon gebildet gewesen sein, ehe die Kieselsaure 
durch die Spalten eindrang. Die Grundmasse des Porphyrs 
ist braunroth und enthalt Quarze und Feldspathe deutlich aus- 
geschieden. Die Feldspathe sind zum Tbeil nicht mehr frisch, 
ja sie lassen sich haufig mit dem Messer leicht ritzen. Nach 
Innen zu wird die Masse dichter, indem die Einschlüsse 
kleiner und sparlicher werden. Bei der mikroskopischen 
Untersuchung von zahlreichen Dünnscbliffen bemerkt man in 
der Grundmasse Gruppen von unregelmassig und sechseckig 
begrenzten Kornern von Eisenglanz, Quarz mit Einschlassen, 
durchsichtige und undarchsichtige Feldspathe, die oft fremde 
Beimengungen enthalten. Dazu kommt noch rother Eisen- 
glimmer und ein nicht gut bestimmbares bellgrines Mineral, 
welches in unregelmässig begrenzten Partieén eingemengt ist; 
sehr wahrscheinlich ist es das, was VOGELSANG Viridit nennt. 
Trichite treten hier äusserst zahlreich auf und zeichnen da- 
durch diesen Porphyr von den übrigen hier beschriebenen aus. 
Die Grundmasse zeigt in sehr dunnen Schliffen sebr deutliche 
Fluidalstructur, die besonders um ausgeschiedene Krystalle 
herum deutlich sichtbar wird, auch die Richtung der Trichite 
betheiligt sich daran. Bei sehr starker Vergrösserung er- 
scheint die Grundmasse netzförmig, indem hellere Theile von 
maschenförmigen trüberen Partieen umschlossen werden. Be- 
merkenswerth ist es, dass man in den Schliffen keine sphäro- 
lithische Structur bemerkt, höchstens sehr schwache Andeu- 
tungen derselben. In einem Dunnschliffe, der so angefertigt 
war, dass er erlaubte, den Porphyr von der Mitte der Kugel 
nach Aussen hin zu studiren, zeigt sich dentlich, dass die 
Chalcedon- und Hornstein-artigen Ausscheidungen keinen Ein- 
fluss auf die Unterlage äussern, da sie sich scharf in zackigen 
Linien von derselben abgrenzen. Bei gekreuzten Nicols er- 
scheint der Chalcedon und Hornstein nicht homogen, indem 
sich wie gewöhnlicher Quarz aussehende Kérner durch ihn 
hindurchziehen. 

Eine Bausch-Analyse der Porphyrmasse dieser Kugeln gab: 


Kieselsaure . . . 77,67 
Thonerde .... 8,91 
Eisenoxyd. ... 5,67 
Kalkerde .... 0,56 
Magnesia .... 0,25 
Manganoxyd .. Spar 
Phosphorsaure . Spar 
Glahverlust... 0,72 
Alkalien. .... 6,22 a. d. V. 


100,00 


35 


Im Anschluss an diese Porphyre mochte ich noch die 
Analyse eines tuffartigen Porphyrs vom Schwalben- 
stein erwähnen, der sich von hier in der Richtung nach 
Elgersborg erstreckt. Derselbe hat eine licht bräunlich rothe 
Färbung und schliesst zablreicbe, etwa 2 Mm. grosse, dunkel- 
braune Kuügelchen ein, so dass er ein pisolithisches Ansehen 
erhalt. Sonst erkennt man in der Grandmasse deutliche, 
schwarz erscheinende Quarze und weissen, matten und mürben 
Feldspath. Sein spec. Gewicht ist 2,57 bei 142,5 R. 


Er enthalt in 100 Theilen : 


Kieselsaure . . . . . 77,54 
Thonerde, incl. Eisenoxyd 14,17 
Manganoxyd 

Kalkerde 
Magnesia 
Glubverlust . . . . . 0,59 
Alkalien . . . . . . 770 ad. V. 


100,00 


Spur 


Vom Schwalbensteine aus begegnet man nach dem Heidel- 
berge zu im wiederbolten Wechsel mit Tuffen des Rotbliegen- 
den Porphyrtuffen und Psammiten, unter denen besonders 
in der Nahe des Rumpelsberges sich einer interessant 
entwickelt. Derselbe besitst eine nach einer Richtung zellig 
porös durchzogene Grundmasse, in welcher Feldspathe und 
Quarze deutlich hervortreten. Die Hohlräume, welche dem 
Ganzen ein bimsteinartiges Ansehen geben, sind meist mit 
kleinen Quarskrystallen begleitet, die oft mit Manganerz 
überzogen sind. 

Der Porphyr vom Rumpelsberg bildet eine Decke von 
beträchtlicher Ausdehnung. Er besteht aus einer röthlich 
violetten, lichtfarbenen Grundmasse, in welcher Krystalle und 
Körner von fettglanzendem Quarze liegen, die meist dunkel, 
mitunter auch rauchgrau erscheinen und mehrere Millimeter 
gross werden. Der Feldspath ist gelblich, meist undeutlich 
begrenzt und porös. Ausgezeichnet ist dies Gestein besonders 
dadurch, dass in ihm zahlreiche schwarze Glimmerblattchen 
auftreten. Die mikroskopische Untersuchung von Dünnschliffen 
desselben ergiebt baufigen, durchsichtigen Feldspatb und tom- 
bakbraunen Glimmer, der meistens als langgezogene, sechs- 
seitige Tafel vorhanden ist. Die Quarze sind sehr reich an 
Einschlüssen und vor Allem stark zerrissen. Punkt- und 
mikrolithabnliches Eisenoxyd durchzieht das ganze Gestein. 


3* 


36 


Eine Bausch-Analyse dieses Porphyrs gab: 


Procente Sauerstoff 


Kieselsaure . . 78,38 41,80 41,80 


Thonerde. . . 12,61 5,82 6.46 
Eisenoxyd . . 1,80 0,54 | : 
Magnesia 7 ee e 0,16 0,06 1 33 
Kali. . .-. . 17,72 197 | - 


Natron . . . Spur 
Phosphorsaure . Spur 
Glühverlast . . 0,90 


101,57 
2 8 
Mithin ist der Sauerstoffquotient cat = 0,18. 


Spec. Gewicht = 2,53 — 2,57 bei 12° R. 


Auf dem Rücken der Wilhelmsleite tritt ein Por- 
phyr auf, welcher dem des Rumpelsberges sehr ähnlich sieht, 
doch mehr verwittert ist. Seine Grundmasse besitzt eine hell 
grauviolette Farbe. In derselben liegen ausser etwa erbs- 
grossen, meist hellfarbigen Körnern und Krystallen von Quarz 
stark verwitterte Feldspathe, die zum Theil bereits ausgefallen 
sind und grosse Hohlräume’ hinterlassen haben, meist von bei- 


stehender Form. 0 Oft ist an ibrer Stelle noch ein braunes, 


eisenhaltiges Verwitterungsproduct zurückgeblieben. 
Eine Bausch-Analyse gab: 


Kieselsaure ... 79,95 
Thonerde , ... 10,35 
Eisenoxyd.... 3,68 
Kalkerde .... 1,03 
Magnesia .... 0,09 


Alkalien..... 2,96 a. d. V. 
Glübverlust . . . 1,94 
100,00 


Im Rotbliegenden aber Manebach liegt eine hochst 
eigenthamliche Porpbyrbank. Das Gestein besitzt eine felsi- 
tische Grundmasse von sehr heller, graugelber, auch ins Vio- 
lette spielender Farbe. In derselben liegen glänzende, sich 
nur wenig aus dem hellen Gestein hervorhebende und spärlich 
eingestreute Feldspathe; daneben bemerkt man eine Menge 
kleiner, bis 1 Mm. grosser Quarze mit vorwiegend rhom- 


37 


bischen Querschoitten. Beim Anschlagen giebt dieser Porphyr 
einen muscheligen Bruch mit scharfen Kanten. Dünnschliffe 
desselben, unter dem Mikroskop betrachtet, lassen eine Grund- 
masse erkennen, die sich ganz wie trüber Feldspath verhält. 
Von Einschlüssen ist in derselben etwas zerfressener, gelber 
Glimmer eingestreut und nur wenig Eisenoxyd. Dagegen ist 
die gleichmassige Grundmasse von lichtgelben Flecken durch- 
zogen, die unregelmässig begrenzt sind, und deren Färbung 
sich auch bei starker Vergrösserung nicht auf mechanisch bei- 
gemengtes Eisenoxyd zurückführen lasst. Durch dies Ver- 
balten erinnert der Porphyr an das von CoHEN beschriebene 
Gestein des Wagenbergs. 
Eine Bausch-Analyse des Gesteins gab: 


Kieselsâure . . . . . 83,33 
Thonerde inel. Eisenoxyd. 10,99 
Manganoxyd . . . . . Spur 
Magnesia. . . . . . (0,25 
Alkali. . . 2 . . . 0,54 ad. V. 
Glühverlust . . . . . 0,49 

100,00 

Spec. Gewicht = 2,60 bei 14°,4 R. 


Der am Grenzhammer bei Langewiesen zu Tage tre- 
tende Porphyr wurde von dem ihm gegenüber liegenden des 
Burgsteins der Farbe nach oben unterschieden, und doch ist 
in der chemischen Zusammensetzung nur wenig Unterschied. 
Vor Allem ist letzterer, wie schon seine dunklere Farbe ver- 
muthen lässt, etwas eisenhaltiger. Auch ist das Gestein nahe 
dem Grenzhammer in viel ausgedehnterem Grade in Schichten 
gesondert, so dass es sicht leicht in dunne Platten zerschlagen 
lasst, die wieder senkrecht zur Schichtungsfläche zerkluftet 
sind. In der hell graublauen Grundmasse liegen spärlich ein- 
gemengte, kleine, lichtfarbene Quarze und ebensokleine Feld- 
spathe. In den Dünnschliffen des Gesteins bemerkt man 
ausserdem Eisenglanz und wenig unregelmässig begrenzten 
Glimmer, dabei eine Neigung zu sphärolithischer Stractur, die 
sich in der Anordnung von milchigtruber Feldspathmasse deut- 
lich macht. — Seine chemische Zusammensetzung gab: 

Procente Sauerstoff 
Kieselsaure . . . 77,11 41,12 41,12 
Thonerde . . .. 10,60 4,09 | 4.39 
9 


Eisenoxyd ... 1,02 0,30 
Magnesia 0,24 0,07 
Kali ..... . 11,36 1,92 2,02 
Natron . .... 0,12 0,03 








38 


2 8 
Der Sauerstoffquotient un = 0,16. 


Spec. Gew. = 2,59. 


Die chemische Untersuchung des Porphyrs des gegenüber 
liegenden Burgsteins gab: 


Kieselsäure . . . 76,91 
Thonerde . . . . 10,52 
Eisenoxyd. . . . 1,63 
Eisenoxydul . . . 0,73 
Kalkerde . . . . 0,24 
Magnesia . . . . Spar 
Alkalien . . . nicht bestimmt 
Giühverlust . . . 1,52 


Noch habe ich eine Bausch-Analyse der Grundmasse des 
Porphyrs von Meyersgrund vorgenommen. Es zeigt sich hier, 
wie man schon früher an anderen Fällen beobachtet, dass die 
Verwitterung der Grundmasse nicht so weit vorgeschritten, als 
die der Feldspathe, die oben bereits beschrieben. 


Die Bausch-Analyse gab: 


Kieselsäure. . . . 72,77 
Thonerde . . . . 13,18 
Eisenoxyd . . . . 38,04 | 16,22 
Kalkerde . . . . 2,30 
Magnesia . . . . Spur 
Alkalien. . . . . 4,77 a. d. V. 
Glühverlust. . . . 93,56 
Phosphorsäure . . Spur 
Kohlensâure . . . 0,38 


Eine Aufschliessung mit saurem schwefelsauren Kali gab 
Eisenoxyd + Thonerde = 15,66 pCt. und zeigt, wie unzu- 
lassig dieses Verfahren ist, wenn es zu Thonbestimmungen 
angewandt wird. 


Die Felsitporphyre. 


Unter den Felsitporphyren verstehe ich also Porphyre, 
deren Kieselsäuregehalt viel höher ist, als der des Feldspaths, 
die jedoch mit blossem Auge keinen Quarz erkennen lassen; 
in manchen Fällen ist er unter dem Mikroskope im polari- 


39 


sirten Lichte noch bemerkbar. Das ganze Gestein ist vielmehr 
durchdrungen von gewissermaassen einfiltrirter Kieselsaure. 
Es gehört nach der Grundmassenbeschaffenheit hierher das, 
was VogELSang als Felsopbyre bezeichnet. Auch bei der 
starksten Vergrösserung sieht man nur trübe felsitische Par- 
tieen, von eingestreuten Eisenverbindungen (Ferrit, Opacit) 
unterbrochen. Oft treten kugelige Gebilde auf von felsitischem 
Aussehen (Globospharite, Felsospharite). 

Das grosse Porphyrmassiv des Kickelhahns, wel- 
ches eich bis auf die Kammerberger Chaussee hinunterzieht, 
besteht aus einem solchen Felsitporphyr. In demselben treten 
die schon oben beschriebenen Klippen des Grossen Hermann- 
steins auf. Jenseit des Thales begegnet man demselben Ge- 
stein wieder auf der Höhe des Hirschkopfes. 

In einer entweder gleichmässig felsitischen oder piso- 
lithisch und geflossenen Grundmasse liegeu gelbe, verwitterte 
neben weissen, ebenfalls angegriffenen Feldspathpartieen, mit- 
unter kirschrother Eisenglimmer neben schwarzem Eisenglanz. 
Dann und wann treten noch kleine chloritische Glimmer- 
blatteben hinzu. Die mikroskopische Untersuchung lässt nur 
ausserst wenig Quarz erkennen, trotzdem ein hober Kiesel- 
sauregehalt aus der Analyse hervorgebt, In den Schliffen 
finden sich zahlreiche ausgefressene Stellen, an deren Ränder 
meist gelbes Eisenoxyd liegt und welche sich haafig noch als 
die Hohlräume ausgewitterter Feldspath- und Glimmerkrystalle 
zu erkennen geben, manchmal enthalten Schliffe die angegrif- 
fenen Feldspathe noch in eigentbümlich zelliger Beschaffenheit. 
Glimmer und Quarz, wo sie erkannt werden, haben meistens 
krytallinische Begrenzungen. In den Quarzen finden sich dann 
auch nicht selten Einschlusse von Grundmasse und glasiger 
Beschaffenheit. Neben undurchsichtigem Feldspath tritt auch 
durchsichtiger auf. Besonders darch die Lagerung der Feld- 
spatbpartieen und des eingestreuten Eisenoxyds tritt deutlich 
die mikro-sphärolithische Aggregation hervor, wodurch im Schliffe 
oft schöne Bilder entstehen, indem sich schnurförmige Trichite 
um ein Centrum radia) gruppiren und so Dendriten - abnliche 
Figuren zustandebringen. Die graue Farbe der Grundmasse 
wird noch derch rubinrothen Eisenglimmer unterbrochen, der 
beben opakem , nur an den Kanten durchscheinendem Eisen- 
glane häufig auftritt. 

Eine.Bausch-Analyse des Gesteins ergab folgende Zablen, 
denen ich nochmals die Zusammensetzung des Porphyrs vom 
Grossen Hermannstein gegenüberstellen möchte, da letzterer 
nahezu dieselbe Zusammensetzung besitzt. Er ist glimmerfrei 
und enthalt daher auch nur eine Spur Magnesia, während der 
gimmerreichere davon 0,8 pCt. euthält. 


40 


Das angewandte Gesteinastack ist von der vom Kickel- 
habnsthurme aus nach dem Grossen Hermannstein hinabfüh- 
renden Waldallee und zwar ist es in der Nähe dieser Klippen 
entnommen. 


Kickelhahnporphyr. 
Procente Sauerstoff 

Kieselsaure . . 76,58 40,84 40,84 
Thonerde . . . 9,04 4,22 5.13 
Eisenoxyd. . . 3,04 0,91 | ? 
Kalkerde . . . 1,97 0,56 
Magnesia . «© + 0,80 0, 4 391 
Kali. . . , . 6,09 1,36 ; 
Natron. . . . 38,77 0 
Phosphorsäure . Spur 
Glühverlust . . 0,60 


RO + R'O! 


or — = 0,20. 


Der Sauerstoffquotient 
Spec. Gewicht = 2,53. 


Porphyr des Grossen Hermannsteins. 


Kieselsaure .„ . . . 76,55 
Thonerde . . . . . 10,40 
Eisenoxyd . . . . . 2,53 
Kalkerde . . . . . 131 
Magnesia . . . . . Spor 
Kali. . . . . . . 8,32 
Natron . . . . . . 41,68 
Phosphorsäure . . . Spar 
Glübverlust 0,86 


101,65 


Auch mit gefleckter Grundmasse treten Porphyre in der 
Ilmenauer Umgegend auf, so am Haiderthalskopf. Solche 
Porphyre sind schon anderwarts beobachtet, doch besitsen die 
Flecken gewöhnlich scharf begrenzte Umrisse, während dies 
bier nicht der Fall ist. Auch hier zeigt es sich deutlich, dass 
die Färbung nicht durch Verwitterung, sondern nur durch un- 
gleichmassige Vertheilung des Eisenoxydes bedingt ist. In 
den Dünnschliffen ist allerdings in den dunkleren Partieen 
eine auffallend grössere Anhäufung von Eisenoxyd nicht zu 
seben, doch ergiebt sie die chemische Untersuchung. Der 
Porphyr des Haiderthalskopfes besitzt eine dem Feldspath 


41 


abnelnde  felsitische Grandmasse von röthlichgelber Farbe, 
welche darchzogen ist von blauen Flecken. Oft erinnern 
entstehende Zeichnungen an Figuren des Feldspathes. Das 
Gestein enthält zahlreiche Hohlraume ausgewitterter Feldspath- 
krystalle. Quarz ist makroskopisch nicht zu erkennen und 
tritt selbst in den Dunnschliffen bei starker Vergrösserung 
nar undeotlich auf. Die Grundmasse erscheint emailleartig 
geflossen und schliesst trabe, kugelige Absonderungen (Cumu- 
liten), verwitterte Glimmerblattchen und sechseckige Quer- 
schnitte von opakem Eisenoxyd ein, daneben lichtbraune, haar- 
und baschelformig gruppirte, trichitabnliche Bildungen. Die 
chemische Zusammensetzung der verschiedenartig gefärbten, 
abgesonderten Partieen lässt doch eine ziemliche Ueberein- 
stimmung erkennen, die dunkleren Partieen enthalten heinahe 
1'/, pCt. mehr Eisenoxyd. 


Lichte Partieen. 
Procente Sauerstoff 


Kieselsäure . 75,40 40,21 40,21 
Thonerde. . 12,05 5,23 5 54 
Eisenoxyd 1,06 0,31 En 
Kalkerde . 0,81 0,23 | 
Magnesia . Spur 9 59 
Kali 7,23 1,40 ; 
Natron . . . 3,85 0,99 
Glühverlust . . 0,31 
101,51 
2 a 
Der Sauerstoffquotient ren = 0,20. 
SiO 
Dunkle Partieen. 
Procente 
Kieselsaure 75,39 
Thorerde . 11,21 
Eisenoxyd . 2,43 
Kalkerde , «+ + 0,91 
Magnesia . 0,36 


Kali 
Natron : 


Glabverlast 


. nicht bestimmt 


Die folgenden Porphyre sind bandartig gestreift und er- 


scheinen vorsuglich geflossen. 


Meist geht die Streifung parallel 


der Schichtangsflache. Die so entstehenden Linien sind oft eigen- 


thümlich gewunden. 


Die verschiedene Färbung der einzelnen 


42 


Lagen rührt hier wieder, wie bei den gefleckten Porphyren, 
auch von verschiedener Menge Eisenoxyd, auch wohl von 
verschiedenen Oxydationsstufen und Zustanden desselben ber. 
Unter dem Mikroskop erkennt man deutlich die: linear ange- 
ordneten Einlagerungen. 

Von fast gleicher Zusammensetzung wie die des Porphyrs 
vom Haidertlialskopfe tritt ein Gang auf zwischen dem 
Furstenberg und Zibersberg. Eine braunrothe Grund- 
masse ist in Streifen mit blass fleischrothen Partieen durch- 
zogen. In dieser gestreiften Grundmasse liegen glänzende 
Zwillinge, wie auch milchigbläuliche Krystalle von Feldspath. 
Bei mikroskopischer Betrachtung von Schliffen sieht man noch 
Glimmer und auch spärliche, im polarisirten Licht deutlichere 
Quarze, die in Reihen eingelagert sind; ebenso ist das Eisen- 
oxyd in schnurformigen Aggregaten eingestreut. | 


Die Untersuchung seiner chemischen Bestandtheile gab: 


Procente Sauerstoff 

Kieselsaure . . 75,96 40,51 40,51 
Thonerde. . . 10,98 5,09 5.71 
Eisenoxyd . . 2,09 0,62 = 
Kalkerde . . . 0,38 0,11 
Magnesia. . . 0,18 0,07 
Kali . . . . 494 0 
Natron . . . 6,15 0 
Glühverlust . . 1,30 


102,98 
RO + R?O? 
Si O* 
Spec. Gewicht = 2,59 bei 10° R. 


= 0,17. 


Der Sauerstoffquotient 


Dicht bei der Stützerbacher Papiermuble geht 
ein Porphyr zu Tage, welcher plattenformig abgesondert und 
mit den Absonderungsflächen parallel gestreift erscheint. Es 
wechseln Lagen von graublauer Grundmasse, worin kleine, 
gelbliche Feldspathe und schwarze Schuppen von Eisen- 
rahm, mit Lagen von gelblichen und röthlichen Feldspath- 
ahnelnden Partieen. Unter dem Mikroskop erscheint die 
Grundmasse wie trüber Feldspath, in welchem Eisenglanz 
eingemengt ist. 





43 


Die Bausch - Analyse dieses Gesteins führte zu folgender 
Zusammensetzung : 
Procente Sauerstoff 

Kieselsaure . . 78,19 41,70 41,70 
Thonerde. . . 11,06 5,16 
Eisenoxyd . . 1,91 0 
Eisenoxydul. . 0,37 0,08 | 
Kalkerde. . . 0,42 0 ri 
Magnesia . . 0,11 0, 
Kali... . 6,48 1,1 1,83 
Natron . . . 2,20 0,5 
Glühverlust . . 0,51 


101, 


? 8 
Der Sauerstoffquotient rm = 0,18. 


Spec. Gew. = 2,55. 


Diesem Porphyre ähnlich ist der, welcher das Massiv des 
Grossen Erbskopfes bildet, dessen Grundmasse unter dem 
Mikroskope sich ganz so verhalt, wie die eben beschriebene. 
Mit der Loupe vermag man in dem Gestein äusserst kleine 
und stark glänzende Quarzkörner zu erkennen. 

Weniger deutlich gestreift und mehr gleichfarbig ist der 
Porphyr, welcher den Spathgang im Schortethal 
sum Flossberg begleitet. Er erscheint gebändert durch 
einen linearen Wechsel von helleren und dunkleren Partieen. 
Seine Farbe ist blaugrau. An Einsprenglingen beben sich aus 
der Grundmasse etwa erbsengrosse, röthlich gefärbte, daneben 
hellere, oft zum Theil ausgewitterte Feldspathe hervor. Wenig 
Interesse bietet die mikroskopische Untersuchung eines Dünn- 
schliffes dieses Gesteins, indem man in demselben nur lichtere 
und trabere Theile und Streifen truber Feldspathmasse wahr- 
nimmt, in derselben Eisenoxydkorner. 

Die Bausch-Analyse dieses Gesteins gab: 

Procente Sauerstoff 


Kieselsaure . . 71,81 38,29 88,29 
Thonerde. . . 13,59 118, 7.50 


Eisenoxyd . . 8,86 1,15 
Manganoxyd 

Kalkerde . Spuren 

Magnesia 

Kali . . . . 7,16 1,22 \ 9 4] 
Natron . . . 4,60 1,19 | | 


Glühverlust . . 0,64 
101,66 


44 E 
RO + R'O! 
SiO' 

Spec. Gewicht = 2,53 bei 12° R. 


Mitbin der Sauerstoffquotient = 0,26 


Eine Uebersicht über die untersuchten Porphyre wäre 
etwa in folgender Weise gegeben: 


A. Eigentliche Quarzporphyre (Porphyre mit deutlich aus- 
geschiedenem Quarz). 


1. mit grosskrystallinischen Ausbildungen: 
Kienberg. 
Meyersgruud. 

2. mit kleinkrystallinischen Ausscheidungen : 


a. mit dunkler meist rothbrauner Grundmasse: 
‘ Bruch am Felsenkeller. - 
Sturmheide. 
Sch walbenstein. 
Buntschildskopf. 
Schneekopf. 


b. mit lichterer Grundmasse: 


a. mit grösseren Quarzkrystallen: 
Rumpelsberg. 
Rücken der Withelmsleite. 
Unter dem Sachsenstein. 


8. mit kleineren Quarskrystallen: 
Grenzhammer. 
Bank im Rothliegenden bei Manebach. 
Grosser Hermannstein. 
Bandartiger Porphyr unter dem 
Sachsenstein. 


B. Felsitporphyre (Porphyre mit makroskopisch nicht erkenn- 
barem Quarze). 


1. gleichmassige Felsitmasse : 
Kickelkahn. 


2. gefleckte Felsitmasse: 
Haiderthalskopf. 


3. bandartig entwickelte Felsitmasse: 
Nähe der Papiermuhle bei Stützerbach. 
Grosser Erbskopf. 
Fürstenberg — Zibersberg. 
Spatbgangporphyr im Schortethal. 





45 


Die Porphyre der Ilmenauer Umgegend sind an vielen 
Stellen reich an Gängen von Flussapath und Schwerspath, mit 
letzterem sind meistens Manganerze verbunden, die bergman- 
nisch abgebaut werden, auch Eisenerze kommen vor. Es ist 
klar, dass diese Gangbildungen Ausfüllungen späterer Spalten 
sind, da ihre Bestandtheile höchstens in Spuren in dem Gestein 
selbst gefunden werden. Schwefelsaure Baryterde konnte nicht 
einmal in Spuren in einem analysirten Porphyr (Burgstein) 
nachgewiesen werden; interessant ist auch das vollständige 
Feblen der Titansaure in den Porphyren, während dieselbe in 
den Porphyriten hiesiger Gegend häufig auftritt. (Im Uebrigen: 
siehe v. Farrsom, Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1860.) 


Ich füge noch eine Zusammenstellung der Gesteins- 
analysen in tabellarischer Uebersicht bei: 


(siehe umstebend.) 


Anhang. 


In die Untersuchung wurden noch zwei Gesteine hinein- 
gezogen, welche sich durch dieselbe als Porphyrite erwiesen. 
Schon ihre dunkel braunrothe Farbe unterschied sie von den 
übrigen Gesteinen. Von v. Fritsch wurden sie als Quarz- 
Porpbyre angegeben (siehe dessen Karte). 

Das eine Gestein von der Wilhelmsleite lässt in einer 
dunklen Grundmasse eine Menge kleiner Feldspathe und we- 
niger zahlreiche Glimmerblattchen erkennen. Ebenso verhält 
sich das andere, das am Abhange des Hirschkopfes 
pach Manebach zu hervortritt, nur enthalt es grössere Feld- 
spathe und grünliche Partieen zahlreicher eingeschlossen. In 
den Dünnschliffen bemerkt man bei beiden Gesteinen zahl- 
reiche Glimmerblättchen, welche sehr oft stark verwittert sind 
und dadurch zerfressene Umrisse bilden. Sie sind vorwal- 
tend broncefarbig. Trikline Feldspathe, wie sie auch aus 
der chemischen Untersuchung hervorgehen, sind sehr deutlich 
bemerkbar. Ausserdem begegnet man oft säulenförmigen 
Krystallen von schon zersetzter Hornblende, vielleicht kann 
man kleine Nadelchen als Apatit deuten. 


46 
Fundort. 8i O? | Al?05| Fe? 03; MnO Ce *0 | 
Spathgangporphyr im | | 
Schortethal 71,81! 13,59! 3,86 Spur 
Steinbruch beim I!me- | 
nauer Felsenkeller 71,97| 12,47| 3,68 Spur 
Kienberg. = 
1. Grundmasse . 73,91| 7,59) 5,20; — 0,80 
2. Feldspath. ; 61,93| 19,43| 1,91 0,09 
Haiderthalskopf. 
1. dankle Partieen. 75,39! 11,21] 2,48) — 0,91 
2. lichte Partieen . 75,40 | 12,05} 1,06} — 0,81 
Zwischen Furstenberg 
ung Zibersberg 75,96 | 10,98| 2,091 — 0,38 
Grosser Hermannstein .| 76,55 | 10,40} 2,53| — 1,31 
Kickelhahn. 16,58 9,041 3,04) — | 1,97 
Burgstein . 16,91! 10,60] 1,63 NE 0,24 
Grensbammer . 77,11} 10,52; 1,02| — — 
Taffartiger Porphyr am | 
Schwalbenstein 71,54 14,17 Spur 
Kugelporpbyr d. Schnee- 
kopf . . 77,67| 8,91| 5,67 a 0,56 
Nahe der Papiermahle | eO = 
von Stütserbach . | 78,19) 11,06) 1,91 0,37 0,42 | 
Rumpelsberg . 78,38 | 12.61; 1,80] : — — | 
Rücken der Wilbelme- 
leite . . 19,95! 10,85) 3,68) — 1,03 
Bank im Rothliegenden 
bei Manebach . .| 83,33 10,99 Spur | — 
Bandartiger Porphyr un- | | 
ter dem Sachsenstein .| 85,07 | 10,54! 3,48) — 0,20 
87,64 7,30 Spur |unbest. 
Porphyr ebendaher . | 89,88| 3,24! 1,80| Spur | 1,12! 
Verwitterter Porphyr \ 79.77| 1318! 3.04! — 2,30 | 
von Meyersgrund . : : ? | | 


































Glüh- 
Mg 20 | K 20 Na 10 Pp? O° ak. 
Spur 7,16! 4,60 ? 0,64| 101,66 
. 
0,26, 8,52| 1,17; Spur | 0,95] 99,62 
0,58 | nicht bestimmt; ? 1,67 — 
0,87] 13,79| 1,74; — 1,28| 100,54 
0,36 nicht bestimmt = 
Spur 8,23 3,85 ? | 0,31 | 101,51 
0,18| 4,94, 615, 2 | 1,30| 101,98 
Spur | 8,32] 1,68) Spur | 0,86) 101,65 
0,80! 6,09] 3,77) Spur | 0,60; 101,29 
Spur nicht bestimmt . 1,52; — 
0,24| 11,36] 0,12; ? 0,49! 100,94 
Spur nicht bestimmt 0,59; — 
0,25 | nicht bestimmt | Spur | 0,72 — 
0,11; 6,48] 2,20; ? 0,51} 101,25 
0,16; 7,12! Spur | Spur | 0,90} 101,57 
0,09 nicht bestimmt 1,94 — 
0,25 nicht bestimmt 0,49; — 
— nicht bestimmt 0,68 — 
unbest. nicht bestimmt — 1 — 
1,04| nicht bestimmt 0,73; — 
| = 
Spur | nicht bestimmt| Spur us; 4 38 








hältniss. 


0,26 
0,23 


48 


Die Bausch-Analysen dieser Porphyrite ergaben: 


Wilhelmsleite. 


Kieselsaure . , . . . 60,63 
Thonerde . . . . . . 12,74 
Eisenoxyd . .e. . . . 10,89 
Kalkerde . . . . . . 2,61 
Talkerde . . . . . . 0,78 
Kali. . . 2 2 . . . 6,08 
Natron. . . . . . . 6,10 
Glühverlust . . . . . 41,74 


Hirschkopf. 


Kieselsaure . . . . . 59,63 . 
Thonerde . . . . . . 13,84 
Eisenoxyd . . . . . . 12,84 
Kalkerde . . . . . . 9,28 
Talkerde . . . . . . 0,69 


Kali 
Natron . + . nicht bestimmt 
Gluhverlust 

Be — 


Die Anregung zu dieser Arbeit gab eine im Sommer 1873 
von Herrn Geh. Commerzienrath Dr. FRRBER in Gera mit Zu- 
stimmung der philosophischen Facultät zu Jena gestellte Preis- 
aufgabe. Die Arbeit, welche ich mit dem Motto: „Arbeit: ist 
Leben* einlieferte, erbielt zu meiner Freude in der am 20. Juni 
vorletzten Jahres erfolgten Preisvertheilung den ausgeschriebenen 
Preis von Einhundert Thalern. Ich fühle mich dadurch Herrn 
Dr. Fenser und Herrn Hofrath E. E. Schmp zum grössten 
Danke verpflichtet. 








49 


3. Clineceras*) n. g,, ein silurischer Nautilide 
mit gelappten Scheidewinden. 


Von Herrn H. Mascxe in Göttingen. 
Hierzu Tafel I. 


Io den silurischen Diluvialgeschieben der Provinz Preussen 
finden sich orthocerasäbnliche Gehause eines Nautiliden von 
kleineren Dimensionen, welche dem Sammler dadurch auf- 
fallen, dass binter der Wohnkammer fast immer nur wenige 
Septa vorbanden sind, während der übrige Theil des Kammer- 
kegels mit Kalkspath oder Bergmasse ausgefüllt ist, obne 
dass Sparen der hier vorhanden gewesenen Septa sichtbar ge- 
blieben waren. 

Die in den betreffenden Geschieben mitvorkommenden 
Versteinerungen gehören der unteren Schichtengruppe des Si- 
lars, ausnahmsweise dem oberen Silur an. Es fanden sich 
namlich in hellgrauem Kalkstein Reste von Asaphus und En- 
doceras ; in einem hellgelblichgrauen Geschiebe von sehr feinem 
Korn dergleichen von Asaphus, Lichas, Proetus, Ciphaspis, 
Sphaerexochus, Acidaspis, Platystropkia, Porambonites, Bellero- 
phon u. a. m.; ferner in dunkelgrauem Kalkstein Asaphus 
rimulosus und Orthoceras trochleare; in schwärzlichgrauem, sehr 
krystallinischem Gestein Jilaenus centaurus; in roth nnd gran- 
lichblau geflasertem , sowie in braunrothem Kalkstein Bruch- 
stucke der Schale von Asaphus. 

Erstere Geschiebe deuten durch Gesteinscharakter und 
Versteinerungen auf ihre Abstammung aus nordrussischen 
Schichten, letztere auf Schweden, speciell Oeland, hin. 

Mit den silurischen Geschieben kommen ausser solchen 
krystallinischer Gesteine besonders viele vor, welche glauko- 
nitischen Kreideschichten, vom Cenoman bis Senon, angehört 
baben, deren ursprüngliches Lager bis jetzt aber weder in 
Russland oder Schweden, noch auf Bornholm oder Rügen ge- 
funden worden ist. 

Da nun auch die Brachiopoden der silurischen Geschiebe 
Ostpreussens bei aller Ashnlichkeit mit den gleichen Species 





*) xAlvety xépac. 
Zeits. d.D. geel. Ges. XXVIII. 1. 4 


50 


aus dem Silur der russischen Ostseeprovinzen doch einen ab- 
weichenden Habitus zeigen, so kann als wahrscheinlich ange- 
sehen werden, dass die in Rede stehenden Diluvialgeschiebe 
aus Schichten herstammen, welche bei Austiefung des Ostsee- 
bettes zwischen Oeland und dem Klint zertrammert und zer- 
streat wurden. 

Nachstehende Charakteristik von Clinoceras ist entworfen 
nach vier Exemplaren mit Wohnkammer und Kammerkegel, 
wovon nur zwei bis zum hinteren etwas defecten Ende Septa 
haben, nach fünf weniger vollständigen Bruchstücken und drei 
Steinkernen von Wohnkammern. 

Die meisten Exemplare sind vom Verfasser in der Um- 
gegend von Königsberg in Preussen gesammelt; für vier der- 
selben, welche aus anderen Sammlungen herrühren, kann mit 
Sicherheit nar Ostpreussen als Fundort angegeben werden. 

Kennzeichen. Die gekammerten, symmetrischen Gehäuse 
sind schief kegelförmig gestaltet, die Siphonalseite ist gerade oder 
concav, die drei anderen Seiten sind mehr oder weniger con- 
vex gekrümmt. Ihr Querschnitt ist anfangs kreisrund, wird 
aber allmalig queroval bei etwas mehr deprimirter Siphonal- 
seite. Hinter dem etwas trichterförmigen, an den schmalen 
Seiten wellig vorgezogenen Mundrande hat die Schale der 
Wohnkammer eine breite Einschnurung, in welcher und in 
deren Nahe sich ungleiche Querrunzeln auf der sonst glatten 
Schale ausbilden. Die Länge der Wohnkammer beträgt etwa 
2/), von der des ganzen Gehäuses. Am hinteren Ende zeigt 
der Steinkern derselben den schmalen Eindruck des Annulus 
fast unmittelbar vor dem letzten Septalrande und parallel zu 
diesem. Beide haben in der Mitte der Siphonalseite einen 
stumpfwinkligen Sattel, zu welchem das Septam sich oft bis 
an den Sipho faltet, die anliegenden Loben sind flach gerun- 
det, verstärken trotzdem aber die Wölbung des Septums derart, 
dass sie tangential zur Schale wird. Noch vor der Mitte der 
schmalen Seiten liegen zwei wenig markirte Lateralsattel, von 
welchen aus die Naht fast gerade zur Antisiphonalseite geht, 
um mit dem kleinen Normallinienvorsprung zu endigen. Der 
dunne Sipbo durchzieht die Septa an der geraden oder con- 
caven Seite in einer Entfernung von !/, bis !/, des Median- 
durchmessers; die Sipbonalscheide bildet zwischen den kurzen, 
nach binten convergirenden Siphonalduten langeiformige Arti- 
culationen. Die ein oder mehrmals gefalteten Septa stehen dicht, 
sind stark gewolbt und haben ibre grösste Höhe im Kreuzungs- 
punkt der Durchmesser. Die sehr schmalen Septalränder ver- 
dicken sich von ihrem Vorderrande zu einem Wulst. 

Der Wachsthumewinkel beträgt für die Wobnkammer zwi- 
schen den Breiteseiten 6 bis 15°. 





51 


Die Abmessungen eines der grossten Exemplare, welches 
mit dem abgebildeten zu derselben Species gehört, sind: 
Durchmesser der Siphonaldute der drittletzten Kammer 1,5; 
desgl. der zugehörigen Articulation der Siphonalecheide 1,8; 
Entfernung der Axe des Sipho von der nächsten Seite 3,4; 
Hohe der drittletzten Kammer 1,7; Hohe der Wölbung 4,2; 
ihr Durchmesser in der Medianebene einschliesslich der Schale 
13,8; derselbe in der Breite gemessen 15,3; Länge der Wohn- 
kammer 40; des Kammerkegels 70; ganze Länge 110 Mm.; 
Dicke der Schale auf der drittletzten Kammer 0,2; in der 
Einschnurung 0,7; des Septums dieser Kammer 0,1 Mm. 

Mit Hilfe des an der Antisiphonalseite befindlichen Normal- 
linienvorsprungs erscheint es möglich zu untersuchen, nach 
welcher Seite des Thieres die Schale gekrümmt ist. Bei Nau- 
tilus pompilius bilden sich an der Spindelseite durch Verdickung 
des Conchiliolinbelegs, welcher vom Annulus rückwärts auch 
anter den Septalrandern durchgeht, in der Perlmuttersubstanz 
dieser, kleine Stege aus, mit dem Profil einer Eisenbahnschine, 
welche auch oberflächlich sich als Längswulste und Rinnen 
bemerklich machen und in der Medianebene sattelartige Vor- 
sprunge erzeugen. 

Die vertieften Linien neben und in dem Normallinienbande 
auf den Steinkernen fossiler Nautiliden haben zur Veranlas- 
sung ähnliche Conchiliolinstege, denn der staubartige Ueberzug 
auf der inneren Seite der Schale so vieler Orthoceren, von 
dessen linearen Verstärkungen sie herrühren, stammt aus dem 
geringen Kalkgehalt des ursprünglichen Conchiliolinbelegs. 

Da nun bei Clinoceras der Normallinienvorsprung an der 
convexen Seite liegt, also entgegengesetzt, wie bei Nautilus 
pompilius, so krummt sich sein Gehäuse exogastrisch. | 

Als Probe der Richtigkeit des gefundenen Resultates mag 
noch eine andere Schlussfolge von den gleichalterigen, aber 
exogastrisch gewundenen, perfecten Lituiten aus, bier vorge- 
nommen werden. Bei diesen und einer Gruppe der regulären 
Orthoceratiten (cfr. Orth. dimidiatum) bildet in der Mitte der 
Columellar- resp. Siphonalseite das sogen. „depöt organique“ 
(BaRRANDE’s) in den Kammern Längswände, welche bis zum Sipho 
reichen und in denen hin und wieder noch Reste der (?Con- 
chiliolin-) Masse erhalten geblieben sind, auf welcher sich 
dasselbe abgesetzt hat. Diese Langswande und die Normallinie 
schliessen sich in ihrem Vorkommen gegenseitig aus; niemals 
kann man erstere in einem Zusammenbange mit letzterer auf- 
finden und umgekehrt. Ihrer constant gleichen Lage in der 
Medianebene und selbstständigen Ausbildung für jede einzelne 
Kammer wegen, muss man sie für vicarirende Organreste 
halten. Da nun bei den perfecten Lituiten die Längs- 


4* 


§2 


wände resp. ihre Incrustation an der entgegengesetsten Seite 
liegen, als der Trichterausschnitt, so befanden sie sich an der 
Ruckenseite des Thierkorpers und conform mit ihnen auch die 
Normallinie; nach gewöhnlichem Sprachgebrauch aber an der 
Bauchseite der Schale. 

Die Bildung von Species vollzieht sich bei Clinoceras in 
der Art, dass mit der grösseren Depression des Querschnitts 
die Lebhaftigkeit der Lobenbildung und die Excentricität des 
Sipho zu-, die Kammerhöhe abnimmt, während bei Gehäusen, 
welche nur an der Siphonalseite etwas deprimirt sind, Loben- 
bildung und Krümmung schwächer werden, der Sipho mehr 
nach der Mitte rückt und die Siphonalscheide in den ver- 
haltnissmassig hohen Kammern kaum anschwillt. 

Bruchstücke der Gehäuse letzterer Species sind von sol- 
chen regulärer Orthoceratiten in kleineren Abmessungen schwer 
zu unterscheiden, doch fehlt Clinoceras die Punktirong der 
unteren Schalenschicht. Von den Wohnkammern derjenigen 
regulären Orthoceratiten, welche ebenfalls eine Einschnürung 
haben, cfr. Orth. demissum, sind die von Clinoceras nur durch 
den Siphonalsattel unterschieden, der jedoch leicht übersehen 
werden kann, so dass sich einige der deprimirten von ihnen 
als hierher gehörig ausweisen dürften. 

Clinoceras bat auch Beziehungen zu denjenigen Ormoceras- 
Arten, welche die Normallinie und stark wellige Nähte haben 
und deshalb von Mc. Coy als Lowxoceras getrennt worden sind. 
Querprofil, Wölbung der Septa, Lage des Sipho, Wachsthums- 
winkel sind fast gleich; doch hat dieses einen perlschnurför- 
migen, weiten Sipho und keinen Siphonal-, sondern nur den 
minutiosen Normalliniensattel an der Antisiphoualseite, auch 
schwingen sich die Nähte entgegengesetzt. 

Grössere Aehnlichkeit, besonders in der ausseren Form, 
besteht mit p’Orsicny’s Aploceras mit subcentralem Sipho, 
dem jedoch die Einschnurung und die Faltung der Septa fehlt. 

Unter den in einer Ebene aufgerollten Nautiliden bat Cü- 
noceras nur Verwandte an den Climeniae arcuatae und denjenigen 
Arten von Nautilus der Gruppe Moniliferi, bei welchen Ein- 
schnürungen und wellige Septalränder vorkommen, die nach 
Quexsrenr ebenfalls zwei vertiefte Parallellinien auf dem Stein- 
kern zurucklassen. 

In Bezug auf das häufige, mehr-oder minder vollständige 
Fehlen der Septa im Kammerkegel scheint Clinoceras mit 
PorrLock’s Kolecoceras übereinzustimmen. Auch schon bei 
J. Ta. Kiem in: „Descriptiones tabuloram marinorum“ ist 
t. 3. f. 3. der Durchschnitt eines wahrscheinlich hierher ge- 
horigen Gehäuses gegeben. Dass die Septa schon während 
der Lebensdauer des Cephalopoden sollten verfallen sein, ist 





53 
mindestens unwahrscheinlich. Sie sind wohl erst nach dem 
Tode des Thieres, als das Gehäuse tiefer einsank, durch die 
Expansion der eingeschlossenen Luft zugleich mit dem schwa- 
cheren Hinterende abgesprengt und herausgeworfen. 

Es sind nun noch die beiden Gehäuse zu besprechen, die 
in den Kammern eine kryptokrystallinische Auskleidung durch 
eine hornigkalkige Masse, BARRANDE’s ,dépôt organique“, ha- 
ben, durch welche ihre fast vollständige Erhaltung ermög- 
licht ist. Die Bildung dieser Auskleidung während der Lebens- 
dauer der Cephalopoden wird mit Unrecht immer noch be- 
zweifelt, wozu jedoch die Erklärung, welche BarkAnpE dafür 
gegeben hat, wohl am meisten beigetragen haben wird. Nach 
demselben ist das ,dépot organique“ ein spontanes Erzeugniss 
des Organismus, müsste also in gleich grossen Gehäusen der 
gleichen Species gleichmässig vorschreiten und es darf in kei- 
nem Gehäuse ganz fehlen. Es giebt nun aber Orthoceren- 
gehäuse ohne ,dépôt organique“ und von den beiden in Rede 
stehenden hat gerade das kleinere ein stärker ausgebildetes, 
als das grössere, ein Umstand, der darauf binweist, dass in 
letzterem die Bildung desselben im Verhaltniss zur Lebensdauer 
später begann, als in ersterem. Da nun BaARRANDE fur keines 
der von ihm dieserhalb besprochenen Gehäuse die Unverletzt- 
heit testirt und unter ca. 300 Nautilidengebäusen, welche vor- 
liegen, augh keins befindlich ist, in welchem das ,dépot orga- 
nique® bei anverletztem Hinterende vorkommt, so steht der 
Annabme nichts entgegen, dass seine Bildung erst begann, 
nachdem und weil eine Verletzung des Nucleus und der An- 
heftestelle des Sipho in demselben oder der hinteren Kammer 
überhaupt stattgefunden hatte. Durch die Rückwärtsbewegung 
kam gerade der am wenigsten widerstandsfähige Theil der 
Cephalopodengehäuse in die Gefahr, durch einen Zusammen- 
stoss verletzt zu werden. Anbohrungen kommen zwar bei den 
vorliegenden Exemplaren nur im ,dépôt organique“ und auf der 
Wohnkammer vor, werden aber auch am Kammerkegel nicht 
gefehlt haben. War aber auf irgend eine Weise eine Verletzung 
des Nucleus vorgekommen, so fallten sich zuerst die hin- 
teren und allmalig mehr und mehr Kammern durch Infiltration 
von dem freiliegenden Septum aus mit Wasser, an welches 
dann der Sipho, vielleicht in erhötem Maasse, die Ausschei- 
dungen abgab, welche sonst zur Siphonalscheide verwendet 
wurden. Aus der so entstandenen Lösung setzten sich die 
festen Bestandtheile an den gleichartigen Kammerwänden und 
der Siphonalscheide ab und bildeten eine allmalig an Dicke 
zunehmende hornigkalkige Incrustation, an deren Bildung die 
Lebenstbätigkeit aber nur indirect betheiligt war. 

Es ist nun zwar möglich, dass bei einigen Genera ein 





54 


natürlicher Verfall des Nucleus eintrat, aber immerhin wird 
auch bei ibnen die Bildung des ,dépôt organique“ erst begon- 
nen haben nachdem das Gehäuse schon eine gewisse Grösse 
erreicht hatte. 

In der Form der Verstopfungsringe und Abkammerungen 
des Sipho kommt das ,dépôt organique* bei Clinoceras nicht 
vor; aber auch fur sie oder erst recht far sie gelten dieselben 
Annahmen. 

Wenn der Nucleus eine geschützte Lage hatte, wie bei den 
centrisch eingerullten Nautiliden, konuten Verletzungen nicht 
häufig vorkommen, bei ihnen fehlt das ,dépôt organique“ denn 
auch fast ganz; häufiger schon kommt es bei den perfecten 
Lituiten vor, deren Spiralen sich cyclocentrisch einrollen und 
deren Nucleus an dem ziemlich weiten Nabel frei genug liegt. 

Die Bildung der Septa hat wohl auch kaum stattgefunden, 
wie für Barranpe’s Erklärung der Bildungsweise des ,dépdt 
organique“ vorausgesetzt werden muse: auf der Haut des hin- 
teren Korpersackes und in unmittelbarer Berührung zu der für 
die neue Kammer ausgeschiedenen Luft, sondern die erste 
Anlage ist jedenfalls innerhalb jener Haut erfolgt, in welcher 
sie so lange biegsam blieb, als der Annulus noch fortruckte. 
Die auch bei fossilen Scheidewänden noch erhalten gebliebene 
„structurlogse Membran“ ist wohl als der abgestossene Rest 
jener Haut zu betrachten. Eindrücke, wie von Gefässen, kom- 
men auf einem Septum zu Clinoceras und anch sonst hin and 
wieder vor, dieselben könnten jedoch auch von aufgelagert 
gewesenen Cryptogamen herrahren; ebenso ist es noch frag- 
lich, ob die spinnwebefeinen, in der Projection gerade verlau- 
fenden und fast rechtwinklig dichotomirenden Canalchen, von 
welchen viele Septa durchzogen sind, als Gänge bohrender 
Thierchen oder von Cryptogamen angesesehen werden müssen 
oder ob sie bei der Bildung der Septa functionirten. 

Sollten die vorstehenden Beobachtungen und Schlussfol- 
gerungen Bestätigung finden, so würde die Bezeichnung: ,dépôt 
organique“ aufzugeben sein und vielleicht durch „anormale 
Siphonalausscheidung* mit ibren Abänderungen als „Ver- 
stopfungsring* (Barranpe), ,Abkammerung* (Haut) und 
»Kammerincrustation® za ersetzen sein. 

Von den vorbandenen fünf Species ist für die abgebildete 
das vollständigste Material vorhanden; auch steht sie etwa in 
der Mitte zwischen den mit tieferen und ganz flachen Satteln 
versehenen. Als Name wird vorgeschlagen : Clinoceras dens 
n. sp. e.n. g. Taf. I. Fig. 1 bis 1k. 

Das am hinteren Ende im Querschnitt kreisrunde, am 
Mundrande im Verhältniss von 9 zu 10 deprimirte Gehäuse 
hat eine bauchigconische Form mit einer schwachen Krüm- 











53 


mung nach der Siphonalseite zu, Die Einschnürung der Wohn- 
kammer verbreitert sich an den flachen Seiten fast um das 
Doppelte; in und neben derselben ist die Schale schwach 
rauslich, sonst glatt und nur unter der Lupe zeigen sich sehr 
feine, nicht immer parallele Anwachsstreifen. Von der Ge- 
sammtlange kommt auf die Wohnkammer der dritte Theil. 
Der Eindruck des Annulus ist gleichmässig 0,5 Mm. breit und 
liegt in gleicher Entfernung vor dem letzten Septalrande. Er 
hat bei seinem Vorrücken parallele Riefen auf der Schale 
erzeugt, welche sich in gleicher Weise auf den Steinkernen 
der Kammern markiren. Der 1,5 Mm. dicke Sipho darch- 
bricht die Septa im vierten Theil des Durchmessers an der 
concaven Seite. Die stark gewölbten Septa haben die Form 
von Calotten eines Ellipsoids. Die Nähte bilden über dem 
Sipho einen stumpfwinkligen Sattel und vor den schmalen 
Seiten zwei flachrunde Lateralsattel. Die Form der hinteren 
Spitze des Gehäuses und die des Thierkorpera sind un- 
bekannt. 

Fundort: Königsberg i. Pr. in Geschieben des Diluvium, 

EicuwazD hat in der Lethäa Rossica einen Orthoceras 
deliquescens aufgestellt und beschrieben, der, wenn er, wie aus 
der Zeichnung hervorgeht, deprimirt, nicht comprimirt ist, wie 
die Beschreibung angiebt, hierhergehôren dürfte. Auch Sar- 
Man's Orthoceras demissum scheint eine abgeschwächte Form 
zu sein. 

In Figur 2 bis 2b ist ein Bruchstück von Loxoceras 
(Mc. Cor) abgebildet, um die zum grössten Theil auf Clinoceras 
passende Diagnose Mc. Coy’s richtig zu stellen. Das Exem- 
plar stammt aus einem hellgelblichgrauen Geschiebe (Wesen- 
berger Schicht Fr. Scumipt's?). 

Fandort: Konigsberg i. Pr. 


Erklärung der Abbildungen. 


Tafel I. 


Figur 1. Seitenansicht eines Steinkerns von Clinoceras dens mit 
fünf erhalten gebliebenen Scheidewänden. Die blasser schattirte Spitze 
ist hypothetisch ergänzt. Bei A.n. befindet sich der Eindruck des An- 
nulus. Zwischen den Septalrändern sind die Riefen sichtbar, welche dieser 
auf der Schale verursachte. S.t.r. sind die gelappten Septalränder, wo 
sie abgeblättert sind, haben sie auf dem Steinkern eine vertiefte Doppel- 
linie zurückgelassen. Bei Sch. ist ein Stück der Schale mit dem Mund- 
saum vorhanden. 


56 


Figur 1a. Ansicht von der concaven oder Siphonalseite, welche im 
Sinne des Thieres die Bauchseite ist, ; 

Figur 1b. Construirter Längsschnitt nach einem Anschliff. 

Figur ic. Form des Mundsaums in der Projection (wenig ergänzt), 
Lage der Einschnürung zu demselben und zum Sipho. 

Figur 1d. Querschnitt am Hinterende, wo der Bruch beginnt. 

Figur 1e. Schematischer Durchschnitt, um die Form der Articu- 
lationen des Sipho, der Septa und Septalränder zu zeigen, bei zweimaliger 
Vergrösserung. Die Linie a. S. giebt die bei dem besprochenen kleineren 
Exemplar von der „anormalen Siphonalausscheidung als Incrustation der 
Kammern“ erlangte Grenze an. 

Figur 1f. Abgewickelter Annulus oder auch Naht. S.s. Mitte der 
Siphonalseite; N. Normallinienvorsprung an der Antisiphonalseite. 

Figur 1g. Von der Antisiphonalseite her abgewickelter Annulus. 

Figur 1h. Links Oberflächenseichnung der Schale, in der Mitte 
Querdurchschnitt des erhaltengebliebenen Stückehens derselben bei vier- 
facher Vergrösserung. 

Figur 1i. Wabrscheinliche Scalptur der inneren Schalenschicht bei 
etwa zehnmaliger Vergrösserung. 

Figur 1k. Normallinienvorsprung an der Antisiphonalseite, desgl. 
durch die Längsstreifen charakterisirt. 

Figur 3. Ansicht eines Bruchstücke von Ormoceras (Subgenus 
Lozoceras Mc. Coy) von der Antisiphonalseite, mit der wegen Unter- 
schneidung zum Theil abgesplitterten Normallinienleiste und deren Vor- 
sprung. 

Figur 2a. Ansicht eines Septums, der Siphonaldute und der An- 
schwellung des Sipho in der Projection. 

a Figur 2b. Von der Siphonalseite her abgewickelter Annulus oder 
aht. 

Figur 2c. Normallinienleiste und Vorsprung bei viermaliger Ver- 
grösserung. 





67 


4. Ueber die Zusammensetzung des Leukephaus 
und des Melinophans. 


Von Herrn C. Ramwetsperc in Berlin. 


EsMARK nannte Leukopban ein Mineral aos dem Zirkon- 
syenit Norwegens, und zwar von Lammö bei Stockö an der 
Mündung des Langesundfjords. Die ersten Angaben über seine 
krystallographischen Verhältnisse gab WALLMARK, welcher drei 
Spaltangerichtungen bemerkte, die auf ein nabe rechtwinkliges 
Prisma führen, welches er indessen für eingliedrig hielt. Das 
Mineral gewann dadurch an Interesse, dass A. ERDMANN im 
Jahre 1840 dasselbe als eine Verbindung von Fluornatriam 
und einem Silicat von Beryllerde und Kalk erkannte. *) 

Die Form und das optische Verhalten des Leukophans 
sind später von Des CLoizmaux**), Grea***) und Lanef) 
untersucht worden; indessen ist es erst E., BERTRANDTf) ge- 
glückt, durch Messungen an Krystallén die Constanten festzu- 
stellen. Demnach krystallisirt das Mineral zweigliedrig 
und bildet Combinationen eines Rhombenoktaéders mit den 
drei zugehörigen Paaren und der Hexaidfläche a, nebst einigen 
anderen Formen. Das Axenverhältniss ist a:b:c = 0,9827: 
1: 1,2907. 

Die vollkommenste Spaltbarkeit entspricht der Endflache; 
doch scheint noch eine andere nach dem zweiten oder dritten 
Paar vorbanden zu sein. Nach Des CLoizzaux ist die Ebene 
der optischen Axen die Axenebene bc; ihre Mittellinie, welche 
negativ ist, ist also die Axe c, und der Axenwinkel etwa 75°. 

Im Jahre 1852 beschrieb Songsrerfff) ein -gelbes Mi- 
neral, gleichfalls aus dem norwegischen Zirkonsyenit, welches 
anfänglich für Wöhlerit gehalten wurde, nannte es Melino- 
phan, und theilte eine vorläufige Analyse R. Riogrer’s mit, 


*) Beazeuus, Jahresb. 21. pag. 168. 
*) Manuel de Min. 
*) Phil. Mag. IV. Ser. 9. pag. 510, 
+) Tscazawax, Min. Mittheil, 1871. 2. 
++) Ann. d. Mines. III. Ser. 1873. 
ttt) Journ. f. prakt. Chemie 55. pag. 449. 


58 


nach welcher es dieselben Bestandtheile wie der Leukophan, 
jedoch viel Thonerde und wenig Fluornatrium entbielte. 

Der Wunsch, die chemische Natur beider Mineralien zu 
vergleichen, bewog mich im Jahre 1856 zu einer wiederholten 
Analyse, für welche ich das Material 1855 von SagMmann in 
Paris erhalten hatte. *) | 

Für den Leukophan bekam ich damals fast dasselbe Re- 
sultat wie A. Erpmann. Dagegen erwies sich Ricarer's Ana- 
lyse des Melinophans als ganz unrichtig, denn die angebliche 
Thonerde war Beryllerde, und die Mengen von Fluor uud 
Natrium fanden sich weit grösser, als Ricarer angegeben 
hatte. Die Berechnung der Analysen, wobei die Beryllerde 
als ein Sesyuioxyd galt, ergab für beide Mineralien ziemlich 
übereinstimmende Resultate, welche in einer gemeinsamen 
Formel ihren Ausdruck zu finden schienen. 

Es ist mir nie zweifelhaft gewesen, dass meine damaligen 
Versuche die Frage, in welcher Beziebung die Zusammen- 
setzung des Leukophans und des Melinophans zu einander 
stehen, ob beide wirklich gleich seien oder nicht, durchaus 
nicht mit der erforderlichen Schärfe gelöst haben, schon des- 
wegen nicht, weil die Analysen merkliche Verluste aufzu- 
weisen hatten, und es aus Mangel an dem seltenen Material 
unmögliob war, die Versuche mit dem Melinophan zu wieder- 
holen. Es konnte dies erst geschehen, als durch Herrn 
Wessky’s Gefälligkeit jenem Mangel abgeholfen war. So ist 
eine neue Reibe von Analysen dieser Mineralien entstanden, 
deren Resultate ich mir hier vorzulegen erlaube. 

Ueber den Gang der Analysen dürfte wenig za sagen sein, 
nur möchte ich daran erinnern , dass die Bestimmung des 
Fluors und des Siliciums naturgemäss nicht die Schärfe er- 
reichen kann, wie die des Berylliums, Calciums und Natriums. 
Der Kalk wurde nach Abscheidung der Kieselsäure aus der 
schwach sauren Flüssigkeit durch oxalsaures Ammoniak, und 
sodann die Beryllerde durch Ammoniak gefällt. Diese wurde 
mit sacrem Kalisulfat geschmolzen, die Auflösung mit Ammo- 
niak und Salmiak längere Zeit gekocht, und so auf ihre Rein- 
heit gepraft. ‘Wenn dabei ein geringer eisenhaltiger Rückstand 
blieb, so vermochte ich doch nicht, Thonerde sicher darin 
nachzuweisen, glaube vielmehr, dass ein wenig Beryllerde bei 
Gegenwart von Eisenoxyd der Auflösung sich entzieht. 


*) Poec. Ann. 98. pag. 257. 





59 


A. Leukophan. 


No. 1. ist A. Espmann’s Analyse, No. 2. bis 5. rühren 
von mir her. 


1. 2. 3. 4. 5. 
Fluor. . . . 617 657 6,53 697 6,9 
Kieselsaure . . 47,82 47,03 47,07 49,70 


Beryllerde . : 11,51 11,73 12,25 11,25 12,40 
Kalk . . . . 26,01*) 23,61 23,52 22,92 23,68 
Natron . . . 10,20 11,26 10,27 
Kali... . 031 0,30 0,30 


Oder 
Fl... . . 6,17 6,57: 6,53 697 691 
Bi... . . 22,81 22,00 22,00 23,20 


Be. . . . . 4,24 4,82 4,51 4,14 4,57 
Ca... . . 18,57 16,86 16,80 16,37 16,91 
Na (K) . . . 7,72 . 8,50 1,11 


Hieraus berechnen sich folgende Atomverhältnisse: 


ls 2 3. 4 5. 
‚Fl. . 32,5 34,6 34,4 36,7 36,4 
Si. . 79,7 78,6 78,6 82,9 
Be. . 454 463 48,3 444 49 
Ca. . 46,4 42,1 42 40,9 42,3 
Na. . 33,6 37 33,8 


Es ergiebt sich danach, dass Fl: Na = 1:1 ist. 

Ferner sind ohne Frage auch Be:Ca = 1:1, und wenn 
ich elwas mehr von jenem gefunden habe, so ist der Grand 
eine gewisse Menge Eisen, welches vielleicht Calciam vertritt. 

Die Hauptfrage ist das Atomenverhaltniss jener beiden 
Elemente und des Siliciums, welches sich ergiebt. 


‘Allein diese Proportionen dürften wohl an und für sich 
nicht entscheidend sein. Denn in No. 1 ist der Kalk offenbar 


* Worin 1,01 Manganoxydul. 


60 
zu hoch bestimmt; ferner ist es sehr wahracheinlich und in 
der Art der Analyse begrundet, dass die Beryllerde etwas 
Kieselsaure enthalt. Letztere wurde von mir in der letzten 


Analyse durch Prüfung aller übrigen Bestandtheile möglichst 
genau bestimmt. Geht man nun von der weit zuverlässigeren 


Kalkbestimmung aus, und setzt Ca:Be = 1:1, so wird 
(Ca, Be):Si ebenfalls = 1:1, denn man hat dann 
R: Si 
in 2 = 1,07:1 
4 = 1,04:1 
5 = 1,02:1 


Der Leukophan besteht demnach aus Fluornatrium und 
einem Silicat von Beryllium und Calcium, letztere im Ver- 
bältniss gleicher Atome. Das Silicat könnte man, da R:Si 
fast = 1:1 ist, fur ein normales halten, allein der Ueberschuss 
an R, so gering er auch sein mag, zwingt doch, das einfuche 
Verbaltniss zu verwerfen. Auch lasst sich leicht darthun, 
dass jede unter dieser Annahme berechnete Formel mehr als 
50 pCt. Kieselsäure verlangt, d. h. etwa 1 pCt. mehr als das 
Maximum der (in 5) gefundenen. Wenn man nun R:Si = 
15:14 = 1,7:1 annimmt, so trägt man nicht nur den That- 
sachen möglichst genau Rechnung, sondern setzt auch, wie 
wir sehen werden, den Leukophan in eine Beziehung zum 
Melinopban, wie eine solche bei der qualitativen Gleichheit 
beider von vornherein erwartet werden durfte. 

Es bleibt noch übrig, die relativen Mengen des Fluorars 
und Silicats festzustellen. Nun ist das Atomverhaltniss 


SZ NO = 


Na aus No. 3. 


Das Mittel ist 1:2,6, d. h. 1:2,5 = 2:5. 
Sonach würde dar den Leukophan die Formel 


6 Na F1 + R' Si Of 
folgen, welche auch 


. 3 
6Neri+ {RG où | 


geschrieben werden kann, und in der R = Be:Ca = 1:1 ist. 


61 


Gefunden 
14 Si 392 SiO? 49,35 49,70 in 5 


300 CaO 24,68 23,68 in 5 
138 Na 20 10,93 10,47 in 3 


15 Be = 70 BeO 11,16 11,25 in 4 
= 688 102,81 101,67 


Wie schon bemerkt, möchte ein wenig Eisenoxydul, wel- 
ches in der Beryllerde steckt und Kalk vertritt, der Grund 
sein, dass meine Analysen jene etwas zu hoch, diesen zu 
niedrig bestimmt erscheinen lassen. 


B. Melinophan. 

Krystalle sind nicht bekannt. Die blättrigen Massen sind 
nach Des ÜLoizEaux optisch einaxig, negativ, und möchten 
sich, da Spuren dreifacher Spaltbarkeit in einer Zone vorhanden 
sind, auf das sechsgliedrige System besiehen. 

Rıcatzr hat 2,3 pCt. Fluor, 3,5 Natron, 2,2 Beryllerde 
und 12,4 Thonerde angegeben. 

Meine Analysen sind hier zusammengestellt. 


1: 2. 3. 4. D 
Fluor . . . 573 543 6,39 
Kieselsäure . 43,66 41,40 44,32 42,50 
Beryllerde. . 13,31 13,81 13,84 14,04 13,62 
Kalk . . . 26,82 29,05 29,93 30,10 30,56 


Natron. . . 8,55 7,21 
Kali. . . . 1,40 0,59 
Oder 
Fl... . 5,73 5,43 6,39 
Si . . . . 20,37 19,32 20,68 19,85 


Be . . . . 4,90 5,09. 5,10 5,17 95,02 
Ca. . . . 19,16 20,75 21,38 21,50 21,83 
Na... . 6,384 5,35 
Kg: ee ee ce. 41,16 0,50 


Demnach sind die Atomverhaltnisse: 


1. 2. 3. 4. 5. 
Fl . . 30,2 28,6 33,6 
Si . . 72,8 69 73,8 70,8 
Be . . 52,5 54,5 54,6 55,4 53,8 
Ca . . 47,9 51,9 53,4 53,8 54,6 
Na. . 27,6 ' 23,3 
K . . 3 1,3 


62 


Auch bier ist, wie beim Leukophan, Fl: Na(K) = 1:1, 
und die Alkalibestimmung in 4 gewiss zu niedrig. 

Ferner ist gleichfalls Be:Ca = 1:1, und die Kalkbestim- 
mung in 1 nicht richtig. 

Sodann verhalten sich 


Be, Ca: Si 
1,44:1 (Ca = 52,5) 
2] 


ou tl ti 
Se 


© 
er 
© 
u | 
Il 
Lou 
or 
bd 


Dies unterscheidet den Melinophan vom Leuko- 
phan, denn sein Silicat ist 
R Si Of 

an on {B88 


d. b. es besteht aus gleichen Molecülen normaler und Halbsilicate. 
Die Atome von Na (K) von 1 verhalten sich zu dem 
Mittel der R in 2—5 = 1:3,5 = 2:7, wahrend dies Ver- 
bältniss im Leukopban = 1:2,5 = 2:5 war. Dies ist ein 
zweiter Unterschied beider. 
Die Formel wird demnach 


6 Na Fl + TR! 8i? 07 
oder 
R Si 0! 
6NaFl+ 7=} Re si oF | 


Ist K: Na = 1:9, 80 erfordert sie: 


Gefanden 

6Fl — 114 =F 5,83 5,73 in I 
14 Si 392 SiO? 42,95 42,50 in 5 
10,5 Be 97,9 BeO 13,60 13,62 in 5 


5 Be = 
10,5 Ca = 420 CaO 30,07 30,10 in 4 


5,4 Na = 124,2 Na°O 8,56 8,55 in 1 

0,6 K 234 KO 1,44 1,40 in 1 

49 O = 784 102,45 101,90 
1955,5 


Leukophan und Melinophan sind also, wie ihre Form, 
Structur und optischen Eigenschaften im Voraus zu erkennen 


63 


geben, zwei verschiedene, wenngleich chemisch sehr ahnliche 
Mineralien. Beide bestehen aus Fluornatrium und einem 
Beryllium-Calciumsilicat, welches als eine Verbindung von nor- 
malem und Halbsilicat (Bi- und Singulosilicat) aufgefasst 
werden kann, von denen im Leukophan das erstere sehr über- 
wiegt. 
Verwandelt man in den Formeln 
Leukophan = 6 Na F1 + R' Si“ O* 
Melinophan = 6 Na F1 + R'! Si 0 


das Natrium in sein Aeq. von R, das Fluor in das von O, so ist 


Leukophan = R!! Si* Off = RP? Si’ 07 
Melinophan = R Si 0% = R Si? 0% 


oder 
Leukophan Melinopban 
en Si 0° 2R Si 0°| 
3B? Si 0) 5 R? Si Of f 


Diese Beziehung zwischen beiden ist sicherlich keine 
zufällige. 


64 


5. Notizen aus dem Russischen Grenzgebiete nördlich 
der Memel. 


Von Herrn G. Berexpr in Berlin. 


Die folgenden Notizen gehören einem seiner Zeit dem 
Herrn Handelsminister erstatteten Berichte über eine im Som- 
mer 1869 ausgeführte geognostische Bereisung des russischen 
Grenzgebietes an und wurden damals von mir nicht des Wei- 
teren veröffentlicht, weil dieser Theil der Reise-Ergebnisse ein 
durchaus nur negativer war und ich trotzdem im Stillen immer 
hoffte, in der Folge bei Fortsetzung der Specialkartenaufnahmen 
langs der Grenze doch noch hier oder da einen Punkt älteren 
anstehenden Gebirges zu entdecken. Da sich inzwischen diese 
‘ Hoffnung nicht erfüllt hat und die damals gewonnenen An- 
schauungen doch geeignet sind, falschen Vorstellungen über 
die Lagerungsverhältnisse des älteren Gebirges unter der sie 
verbullenden Decke und darauf irrthamlich gegründeten Hoff- 
nungen resp. Enttäuschungen gelegentlich neuer in Aussicht 
genommener Bohrungen vorzubeugen, kann ich nicht nmbin, 
dieselben nachträglich bekannt zu geben. Ich hoffe, dass auf 
mein Freund, Prof. Grewincx in Dorpat, damit einverstanden 
sein wird und es gerechtfertigt findet, dass auch die zu be- 
rübrenden, für die Geognosie Ebst-, Liv- und Kurlands sehr 
unbedeutenden, dieses letztere Terrain selbst eigentlich gar 
nicht betreffenden Aenderungen seiner geognostischen Karte 
vom Jahre 1861 fur die preussischen Grenzbezirke einiges 
Gewicht gelegt wird. 

Der Haupttheil der zum grossen Theil in Gemeinschaft 
mit GREWINGK ausgeführten Reise, beziehentlich der Resultate 
derselben, wurde beiderseits*) schon früher der Oeffentlichkeit 
übergeben. 


— 





*) G. Bensaot, Ein geologischer Ausflug in die Russischen Nachbar- 
gouvernements. Königsberg 1869. — G. Berenor, Das Auftreten vou 
Kreide und von Tertiär bei Grodno, Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1870. — 
C. Grewixcx, Zur Kenntniss ostbaltischer Tertiär- und Kreidegebilde. 
Dorpat 1872. 








65 


Das von Nimmersat, nördlich Memel längs der russisch- 
preussischen Grenze einerseits und dem kurischen Haff resp. 
dem Memel - Delta (Tilsiter Niederung) andererseits bis zum 
Memelstrome oberhalb Tilsit, bei Ragnit und Ober - Eisseln 
sich erstreckende höhere Terrain ist ein durchschnittlich ca. 
nur 2 bis 3 Meilen breiter und angefabr 15 Meilen langer 
Streifen, den man füglich als Memeler Plateau bezeichnen 
kann, der aber von einem etwas weiteren Gesichtsponkte aus 
als die sudwestlichste Abdachung, als der Rand des grossen 
russischen Plateaus von Samogitien zu betrachten ist. 

Eine Anzahl verhaltnisemassig kleiner, bei Hochwasser 
jedoch, wie namentlich in jedem Frühjahre, aber auch schon 
nach wenigen Regentagen gewaltig angeschwollener und reissen- 
der Flüsse fuhrt die ansehnlichen Wassermassen dieses weiten 
Plateaus binab und durchfurcht das genannte Memeler Plateau 
in engen aber tiefen Thalern. Ich nenne innerhalb der be- 
zeichneten Grenzen nur, von Norden beginnend, die Dange (spr. 
Danje), die Minge (spr. Minje) oder auch Minia mit ihren 
Nebenflüssen Wewirsze und Tenne, die Sziecze und die Jura 
oder Jur. 

So tiefe, meist steilrandige Einschnitte, wie sie sich hier 
bieten, scheinen natargemass am ersten geeignet, wenn die 
bedeckenden Diluvialschichten nicht von zu grosser Machtigkeit 
sind, Aufschlusse der nächstliegenden älteren Formation oder 
Formationen zu gewähren. Mein Augenmerk war daher bei 
den geologischen Kartenaufnahmen in’jener Gegend stetig auf 
etwa in den Thalwanden sich bietende Entblossungen ge- 
richtet. Dennoch war es nur möglich an einer einzigen Stelle, 
im Thale des kleinen, ca. 1 Meile nördlich Memel in die Dange 
fallenden Purmalle-Baehes überbaupt ältere und eben auch nur 
Schichten des Braunkoblengebirges zu entdecken, wie ich be- 
reits fraber iu einer kleinen Abhandlung”) angeführt habe. 

Von den in Fortsetzung der russischen Karten als nächste 
Unterlage zu erwartenden paläozoischen Gesteinen und zwar 
speciell dem Devon, zeigten sich nirgends Spuren. 

Ich begann daher die auf Kenntniss der jenseits der Grenze 
gelegenen Aufschlusspunkte und womöglich auf Entdeckung 
neuer derartiger Punkte gerichtete Reise in die russischen 
Nachbargouvernements im Sommer 1869 mit Verfolgung einer 
hiersuf besüglichen Notiz GUMPREOHT’s. 

Derselbe sagt in seinem im Jahre 1854 dem Kgl. Ministerium 
erstatteten handechriftlichen „Bericht uber eine Bereisung der 
Provinz Preussen“, dass er bei seinen Nachforschungen nach 


*) Lagerung und Verbreitung des Tertiärgebirges im Bereiche der 
Provinz Preussen. Königsberg 1867. 


Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIII. 1. 5 





66 


den rothen Sanden und Thonen dea Devon von dem damaligen 
Grenzkommissarius in Tilsit, Prasident LauterBacu, in Er- 
fahrung gebracht habe, dass bei Bajohren, unfern des Dorfes 
Deutsch-Crottingen (Kr. Memel) und dicht an der Grenze sich 
ein aus so hochrother Masse bestehender Berg befiude, dass er 
Jedem auffalle. ,,Isf dieses richtig, fahrt Guuprecur fort, so 
„hat man mit umsomehr Grund in dem Berge devonisches 
„Terrain zu sehen, als nach den Angaben des verstorbenen 
„polnischen Ober-Berghauptmanns ULLMann sich rothe Sande 
„und Thone, die unzweifelhaft devonisch sind, auf dem ganzen 
„nördlichen Theil des Gouvernements Kowno bis hart an die 
„preussische Grenze verbreiten und selbst noch unmittelbar an 
„der Grenze bei Garsden anstehen.“ 

Ich untersuchte daraufhin die Nachbarschaft der Grenze 
zunächst bei Crottingen uud namentlich bei dem angeführten 


Dorfe Bajohren, wohin Gumprecat der damaligen ungünstigen : 


Grenzverhältnisse halber seine Reise nicht ausgedehnt hatte, 
glaube auch mit Gewissheit den beschriebenen hochrothen 
Berg in einem Theile des steilen östlichen Thalrandes der 
Dange bei Bajohren erkennen zu dürfen, fand aber hier, wie 
in der weiteren Umgebung nur Diluvialschichten, von denen 
der Obere Geschiebemergel meist die Oberfläche bildet und 
bei seiner in der Memeler Gegend überhaupt und auch in 
anderen Theilen der Provinz häufig sehr grell rothen Farbe 
den betreffenden Irrtbum veranlasst haben mag. 

Es ist diese in verschiedenen Niveaus des Diluviums 
wiederkehrende, aber ganz besonders dem oberen und obersten 
Diluvium angehorende rothe Farbe westlich der Weichsel so 
gut wie unbekannt in diesen Bildungen und so eigenthumlich 
für Ostpreussen, ja ins Besondere Littauen, dase der Schluss 
nahe liegt, wir haben es hier mit einer localen Beeinflussung 
durch hochrothe Farben der das Material einst liefernden 
älteren Gesteine und zwar eben wahrscheinlich des nach Nor- 
den zu ja in dieser Hinsicht bekannten Devons zu thun, mit 
welchem dadurch gerade eine fruhere Verwechselung möglich 
wurde. 

Auch bei dem kleinen Grenzstadtchen Gareden (Gorshdi), 
gut zwei Meilen südlicher, dem ich mich als nächstbezeich- 
netem Punkte auf russischer Seite demnächst zuwandte und wo 
das Mingethal einen verbaltnissmassig breiten und tiefen Ein- 
schnitt macht, konnte ich trotz wiederholter Nachforschungen 
Nichts, das Zutagetreten von devonischem Gestein Bekunden- 
des entdecken und überzeugte mich an den sich bietenden Auf- 
schlassen der Thalgehange nur von der ziemlich regelmässigen 
Lagerung des Diluviums in dessen Unteren (blauen) Geschiebe- 
mergel das Thal noch einschneidet. 











67 


Denselben Punkt bei Garsden oder Gorshdi giebt auch 
die Gaewincs’ sche geognostische Karte von Liv-, Ehst- und 
Kurland als Fundpurkt fur unterlagerndes und zwar Mittel- 
Devon an und es ist daher fur Klärung der Verhältnisse von 
besouderer Wichtigkeit, dase auch Prof. Gagwinex, der Garsden 
etwas später besuchte und mit dem ich die Freude hatte, die 
Reise hernach zum grossen Theile in Gemeinschaft zu machen, 
die gleiche Ueberzeugung gewonnen hat, Derselbe hatte seine 
dortigen geognostischen Reisen diesmal über die Grenzen der 
Ostseeprovinzen hinaus ausgedehnt, weil ihm daran lag, diesen 
and einige andere in seiner Karte nur nach den älteren An- 
gaben und nach Handstücken, die sich in dortigen Sammlungen 
befinden, als devonisch aufgenommenen Punkte selbst zu sehen, 
su ergänzen oder zu berichtigen. 

Die folgenden, auf diese Punkte bezüglichen Notizen sind 
daber als vollständig ident mit den Ansichten Grewinox’s, 
dem ich sogar einige der Angaben selbst verdanke, zu be- 
trachten. 

Es sind ausser Garsden die Orte: Wirshinta, Kule a. d. 
Monté und Medingaeui oder Medingiany a. d. Minis (Minge). 
An keinem der genannten Punkte fand sich anstebendes Devon, 
vielmebr überall gleichmassig die Thalgehange bis in grössere 
Tiefe bildende Diluvialschichten. Bemerkenswerth erschien 
nur ein bei Garsden liegender riesiger Kalksteinblock mit recht 
guten Eisschliefen. Unter den fossilen Einschlüssen desselben 
liessen sich erkennen Spirigerina prisca, eine glatte Terebratula 
and viel Corallen, namentlich Cyatophyllum. Der Block ge- 
hört entschieden der Silurformation, wahrscheinlich dem Ober- 
Silar, an und mag seiner Zeit auch Anlass zu der ersten Nach- 
richt von dem Auftreten von Uebergangsgestein gegeben 
haben, da bereits bedeutende Quantitaten davon gebrochen sind. 

Die einzige Andeutung, dass trotzdem das Devon viel- 
leicht in einiger Tiefe die nächste Unterlage des Diluvium 
bilde, fand GREWINGK an einem neuen bisber nicht erwähnten 
und ein paar Meilen von den nächsten der genannten ent- 
ferntem Orte, in dem dem Fürsten Ocınskı gehörigen Gute 
Retowen. In einem zur Anlage eines Brunnens seiner Zeit 
gestossenen Bohrloch war man hier in 63 Fuss Tiefe in einen 
rothen Sand gekommen, den Grewinex für devonischen, und 
zwar der charakteristischen, im Diluvium allerdings mehr auf 
die thonig-kalkigen Bildangen beschränkten rothen Farbe nach, 
welche unscheinbare, bei dem Bohrloche sich noch findende 
Spuren zeigten, sogar far wahrscheinlich dem Ober-Devon an- 
gehörig erkennen zu können glaubte. Der Punkt bleibt jeden- 
falle äusserst zweifelhaft und würde eine Bedeutung nur erst 
erlangen, sobald irgend ein unzweifelhafter Punkt anstehenden 


5% 


68 


Devons in dem in Rede stehenden Grenzdistrikt hier oder 
anderweitig gefunden worden. 

Im Uebrigen zeigten sich aber, auch im weiteren Verlauf 
der Grenze, ebenso auf russischer Seite keine der gewünschten 
Aufschlusse. So bilden die steilen Abhänge bei Wewirszan 
am Flüsschen gleichen Namens, besonders in der Nähe des 
Vorwerks Trepikall, ein ziemlich hohes aber entschiedenes 
Diluvialprofil. Ein gleiches gilt von den nächsten nennens- 
werthen Aufschlüssen in der Nähe oberhalb Szeleli. Auch die 
Thalgehange der Jura unterhalb dieses Städtchens bis Tau- 
roggen und 80 wieder zur preussischen Grenze geben keine 
andere Auskunft. 

Der grossen russischen Heerstrasse nach Nordosten noch 
weiter ing Innere zu folgen, lagen gar keine Andeutungen 
irgendwelcher Art vor, zumal auch grössere Thaleinschnitte 
in dieser Richtung nicht vorhanden sind, die Chaussee sich 
vielmehr beständig ziemlich auf der Wasserscheide hält. 

Das, wie Eingangs schon angedeutet, durchaus negative, 
aber immerbin nicht unwichtige Ergebniss dieses Theils der 
Reise beziehentlich dieser Zeilen ist somit, dass sammt- 
liche genannte Punkte anstehenden älteren Ge- 
steins in der Nähe der preussischen Grenze von 
den Karten zu streichen sind; bei dem genannten Re- 
towen vielleicht ein Fragezeichen für Oberes Devon zu setzen 
ist und als zur Zeit nächster Punkt anstehenden 
älteren Gesteins jenseit der Grenze nur ein Auftreten 
von Mittel-Devon bei Libau*) einerseits und von Braun- 
kohlen-Formation mit darunter erbohrter Kreide**) 
bei Pulwerk-Gesinde an der Lehdisch, einem kleinen 
Nebenflüsschen der Windau, andererseits, beides in stark 
10 Meilen geradliniger Entfernung übrig bleibt. 


*) Grewinck, Geol. v. Liv- und Kurland pag. 7, oder Archiv der 
naturf. Gesellsch. zu Dorpat Ser. 1. Bd. II. 1861 pag. 483. 

**) Gaewincx, Zur Kenntniss ostbaltischer Tertiär- und Kreidegebilde. 
Dorpat 1872 pag. 7 u. 13. 


6. Ueber neue Vorkommnisse von Vesuvian und 
Chiastolith in Norwegen. 


Von Herrn W. C.. BröcseEr in Christiania. 


Auf der Früblings- Excursion, welche Herr Prof. KseRuLr 
gewöhnlich mit den Studirenden der Mineralogie alljäbrlich 
unternimmt, hatte ich Gelegenheit, zwei neue, durch eigen- 
tbumliche Verhältnisse ausgezeichnete Vorkommnisse von Ve- 
suvian und Chiastolith aufzufinden. Einige kurze Bemerkungen 
mögen hier’ auf Veranlassung des Herrn Prof. KjeruLr, wel- 
cher mir gütigst alles eingesammelte Material zur Verfügung 
stellte, mitgetheilt werden. 


I Vesuvian bei Drammen. 


Wenn man am Wege von Drammen nach den Gruben bei 
Konerad die Grenze des Drammengranits und eine schmale 
Zone von barten Schiefern mit dichtem Granat überschritten 
bat, trifft man dicht am Wege schwachfallende Schichten eines 
unreinen, durch und durch veränderten Gesteins, welches Ve- 
suvian, theils in wohlausgebildeten Krystallen, theils krystal- — 
linisch derb, umschliesst. 

Das Vesuvian - fübrende Gestein ist von gelblichweisser 
oder schmutzigweisser Farbe, sehr feinkörnig, zerfallend, durch 
seine ganze Masse schwammähnlich mit Hohlraumen erfüllt, 
welche von ausgewitterten organischen Resten (fast aus- 
schliesslich verschiedenen Arten von Korallen) herrühren. Die 
Hoblungen, welche also als Abdracke der äusseren Oberfläche 
der Versteinerungen aufzufassen sind, treten durch einen dunk- 
leren, braun gefärbten Ueberzug immer scharf und deutlich auf 
dem belleren Gestein mit charakteristischer Form hervor, selbst 
da, wo — es ist dies der gewöhnliche Fall — die feineren 
Structuren völlig verwischt sind. Mit Sicherheit kann nur 
Halysites catenularia Linné bestimmt werden, dessen Roh- 
ren, von der Schichtung ganz unabhängig, kreuz und quer 
das Gestein in grosser Menge durchsetzen; andere grössere 
Höblungen sind auf mehrere zahlreiche Cyathophylliden (dar- 
unter vielleicht Omphyma sp., Streptelasma sp. u. 8. w.) zu 


70 


deuten. Ferner wurde ein Abdruck nach einem Brachiopoden | 
u. 8. w. bemerkt. | 

Auf den Wänden der erwähnten Hohlräume und nament- | 
lich in den langen, den Cyathophylliden angehörigen Röhren 
sind oft schöne scharfeckige Vesuviane auskrystallisirt, deren 
spiegelnde Flächen beim Zerschlagen der Handstucke erglanzen. 
Die Krystalle sind nur klein, höchstens 1 Cm. gross, von 
olivengrüner Farbe, halb durchsichtig bis durchscheinend, 
flachenarm, in ihrer Ausbildung vollkommen ähnlich einer von 
v. ZEPHAROVICH in seinen „Studien über den Idokras* abgebil- | 
deten Combination von Monzoni und von Predazzo.*) Unsere 
Krystalle zeigen gewöhnlich folgende Combination: oo P, P, 
co Poo, 8P, 3P3, Poo und oP (bisweilen fehlt Poo), sie 
sind stets aufgewachsen, daher nur an einem Ende ausgebildet, 
scheinen doch immer ein wenig mehr als die von Predazzo 
nach der Richtung der Hauptaxe ausgedehnt zu sein, zeigen 
aber ganz wie die letzteren die Flächen von P in der Endigung 
berrschend, die Basis o P fast verschwindend. Beigefügte Fig. 1 





stellt eine Hohlung von einem Cyathophyllum dar, auf deren 
Wandungen mehrere Vesuvian - Krystalle aufgewachsen sind. 
Fig. 2 (siehe nebenstehend) zeigt die gewöhnliche (‘ombination 
derselben. Während demnach unsere Krystalle denen von 
Predazzo sehr äbnlich sind, weichen sie in ihrer Ausbildung 
von dem nur wenige Meilen entfernten, wohl bekannten Ve- 
suvian-Vorkommnisse „Hamrefjeld* in der Nähe von Ekernsö 
erheblich ab. Die Krystalle sind vorzüglich glänzend und 
spiegelnd. Die angestellten Messungen stimmten mit den bis- © 
her angenommenen Daten überein. 


*) v. Zepuarovich, „Krystallographische Studien über den Idokras“. 
Bes. Abdr. aus d. Sitzungsber. d. k. k. Akad. d. Wiss. Wien 1864 t. 10. 
f. 59. u. 60, 











Re Be Oe en a es Pe D Fee wo C7 


Figur 2. 


Die beschriebenen Krystalle sind nur in den Höhlungen, - 
welche nach dem Verschwinden der Cyathophylliden zurack- 
blieben, gut ausgebildet; es kommen selbst hier nur wenige 
in jeder Hobluog vor; krystallinisch-körniger, oliven- bis gras- 
gruner Vesuvian füllt kleinere Poren und Höhlungen des Ge- 
steins aus, z. B. die Röhren von Halysites. 

Der Vesuvian scheint nur auf sehr wenige Schichten des 
porösen, sehr umgewandelten Gesteins beschränkt zu sein. 
Diese Schichten, welche, nach Mittheilung des Herrn Prof. 
K,eruLr, von einem Diabasgang durchsetzt sind, werden wie- 
der von barten Schiefern überlagert. Ein wenig höher hinauf 
stehen Schichten eines marmorähnlichen Gesteins mit den- 
selben Versteinerungen an. 

Mit dem Vesuvian kommt auch byacintbrother Granat in 
kleinen Krystallen (selten) vor. Wie ehemaligen Hohlungen 
sind aber hier völlig von grauem, durchsichtigem, mittelkör- 
nigem Kalkspath erfallt. In diesen Schichten wurde auch ein 
Exemplar von Spirifer sp. (vielleicht e/evatus Dam.) gefunden. 
Das geologische Niveau des Vesuvian-fubrenden Stratum muss 
demnach der Silur-Etage 7 oder 8 KsznuLr's gleich zu setzen 
sein. Höber hinauf wurden auf einer Excursion im Jahre 1873 
Fossilien aus KssruLr’s Etage 8 gefunden. 

Die schönsten Handstücke wurden von den Herren Stud. 
SonoLz und Tuomassen gefunden. Das bekannte Vorkommniss 
Hamrefjeld bei Ekerns6, welches früher von v. ZEPHAROVICH nach 
brieflicher Mittheilung der Herren Kızruur u. Ta. Dan beschrie- 
ben ist, wurde auf derselben Excursion besucht. Der Vesavian 
kommt hier auf und zwischen den Schichtflächen des Matter- 
gesteins mit gelbem Granat in kleinen (bis 8 Mm. messenden) 





72 


Krystallen nebst Skapolith und Kalkspath vor. Das Gestein | 
selbst, welches einen schmalen Saum von Silur in der Hohe | 
des schroffen Hornblendegranitfelsens Hamrefjeld bildet, ist — 
vielleicht nur als eine ungeheure Scholle aufzufassen; ähnliche, 
obwohl kleinere Bruchstücke sind in der That auch auf der 
unersteiglichen hohen Felswand zu sehen. 

Beide Vorkommnisse haben Mehreres gemein: die umge- 
wandelten Schichten des Muttergesteins befinden sich in der 
unmittelbaren Nabe von Granit, an beiden sind die Krystalle 
auf den Wänden von Hoblungen, die durch die lösende Kraft 
des Wassers entstanden und die Räume früherer organischer 
Reste einnehmen , ausgebildet. An beiden Vorkommnissen 
setzt auch durch die Vesuvian-fuhrenden Straten ein Diabas- 
gang, welcher indess mit der Entstehung der Krystalle wohl 
in keinem ursprünglichen Zusammenhange sicht. Gegen eine 
solche Verbindung spricht einerseits die im Vergleiche zu den 
betreffenden Gängen sehr bedeutende Ausbreitung der Vesavian- 
Lagerstätten und andererseits die Thatsache, dass bei tausend 
anderen, die Silurschichten Cbristianias durchsetzenden Gängen 
keine Vesuvian-Vorkommnisse sich finden. Diese sind vielmehr 
an den Contact mit dem Granit gebunden. 


II. Chiastolithschiefer bei Ekern. 


Westlich vom See Ekern (auf dessen östlichem Ufer auch 
das Vesuvianvorkommniss in Hamrefjeld belegen ist) ungefähr 
1 Kilom. nordwestlich vom Granit des Gunildkollens*) habe 
ich folgendes Profil aufgenommen: 


nn RER 
3 ee m een a 


2’ 2 = 
Gn 
See Ekern 


Gn = Gneiss. Figur 3. 


Gneiss ist das Grundgebirge. Die mit 2 bezeichneten 
Schichten scheinen dem in der Umgegend Christianias un- 
mittelbar auf dem Grundgebirge ruhenden Alaunschiefer (Kyr- 


*) Siehe übrigens: Kırauır, Geologie des südlichen Norwegens. 
Christiania 1857, PI, V., Profil von Gunildrud nach Fiskeim, wo die 
Chisstolith-führenden Schichten des obenstehenden Profils bei Bagstevold 

. zu suchen sind. 








13 


ruLr's Etage 2). zu entsprechen; dies wird durch die Auffindung 
zwar undeutlicher, doch aber bestimmbarer Exemplare von 
Agnostus pisiformis Lin. in den überlagernden Schichten be- 
stätigt. Die Straten von 3 erweisen sich durch ihre Gra- 
ptolithen: Graptolithes Hisingeri Can. (sagittarius His.) and eine 
andere Form, vielleicht Diplograpsus folium Hıs.*) als dem 
altesten unter dem Orthoceratitenkalk liegenden Graptolithen- 
schiefer (Ksenur’s Etage 3) angehorend. Die Schichten 2 
bestehen aus einem schwarzen bis schwarzblauen, mehr oder 
minder vollkommen schieferigen Thonschiefer ohne Fossilien, 
hie und da mit ganz kleinen, nur wenige Millimeter langen, 
in Buscheln zusammengebäuften glänzenden Chiastolithen durch- 
spiekt; in den mit 2’ bezeichneten, sehr deutlich schieferigen 
Schichten mit Agnostus pisiformis Lin. war auch keine ®pur 
von Chiastolithen zu entdecken, 

Die Schichten 3 bestehen aus einem deutlich schieferigen, 
blauschwarzen Thonschiefer mit den erwähnten Graptolithen. 
Der Chiastolith ist in glänzenden, scharfkantigen, '/, bis ?/, Mm. 
dicken und oft 1 Cm. langen Prismen ausgebildet; ihre Härte 
verrath sich schon durch Funken beim Schlagen. Auf Bruch- 
flächen schwach fettartiger Glasglanz. Auf dem Bruche und 
namentlich auf geschliffenen Durchschnitten nimmt man wahr, 
dass die Mitte oft aus einem schwarzen Kern besteht; auch 
Spuren des bekannten Kreuzes sind bisweilen zu sehen. 

Die Krystalle sind nicht ganz gleichmassig im Schiefer 
vertheilt, sondern vorzugsweise in grösserer Menge längs den 
Schichtflachen ausgebildet; in Bezug auf diese letzteren sind 
sie in allen möglichen Richtungen auskrystallisirt, zeigen aber 
doch in mehreren Handstucken grosstentheils eine einiger- 
maassen parallele oder nur schwach geneigte Lage gegen die- 
selben. 

Zwischen diesem Gewimmel von Chiastolithen trifft man 
nun, obwohl selten, verwischte, aber doch unverkennbare Ab- 
drücke von Graptolithen, bisweilen mit einem Anflug von Eisen- 
kies, weicher, infolge der Verwitterung, durch seine Rostfarbe 
die Umrisse des Fossils auf der blaaschwarzen Oberfläche des 
Gesteins deutlich hervorhebt. Die Chiastolithe sind natürlich 
ganz unabhängig von den Graptolithabdrücken auskrystallisirt 
und zeigen sich dadurch mit Sicherheit als eine erst nach der 
Ablagerung der Schichten erfolgte Bildung, Diese Krystalli- 
sation geschah unter Umständen, welche die Spuren der Fos- 


*) Die gefundenen Species sind wenigstens mit diesen Namen von 
norwegischen Geologen bezeichnet und schon als dem unteren Grapto- 
lithenschiefer zugehörig aufgeführt, sind aber in der That vielleicht zu 
anderen Species zu rechnen. 


74 


’ silien nicht zu zerstören vermochten, sie steht hier, wie fast 
überall, wo Chiastolithschiefer vorkommt, in irgend welcher 
Beziehung zu dem in der Nähe auftretenden Granit (Gunild- 
kollen’s Granit). 

Chiastolithschiefer mit Fossilien wurde schon 1838 durch 
Hrn. Poumon von Salles de Rohan*) aus der Bretagne be- 
schrieben; ein zweites Vorkommen in gleicher Art ist indess 
bisher nicht bekannt geworden. 


*) Bull. de la soc. géol. de France X. pag. 227 ff. 


75 


7. Ueber einige fossile Radiolarien aus der 
norddeutschen Kreide. 


Von Herrn Kant A. Zırrer in München. 
Hierzu Tafel II. 


Durch ausdauernde, vierzig Jahre lang fortgesetzte Be- 
mühungen hat Esrensera in Ablagerungen von verschiedenstem 
Alter einen fruber ungeahnten Reichthum an Ueberresten win- 
zig kleiner Lebewesen nachzuweisen vermocht. Sein umfang- 
reiches, in dem Atlas der Mikrogeologie und in anderen 
Schriften mit naturwahrer Treue bildlich dargestelltes Material, 
wird stets, selbst wenn die fortschreitende wissenschaftliche 
Erkenntnisse manchen der abgebildeten Reste eine andere Deu- 
tung unterlegt hat, die Grundlage für alle mikrobiologischen 
Forschungen in der Geologie bleiben. 

Die jüngst veröffentlichten Tabellen*) geben eine Ueber- 
sicht der erstaunlichen Menge fossiler, in marinen und lim- 
nischen Bildungen von EHRENBERG seit 1835 beobachteter mi- 
kroskopischer Organismen. Betrachtet man in diesen Namens- 
listen die Seiten, welche den Polycystinen gewidmet sind, 80 
findet man dort 326 Nummern verzeichnet. Die überwiegende 
Mehrzahl derselben, namlich 278, stammt aus dem tertiären 
Radiolariengestein der Insel Barbados, die anderen vertheilen 
sich auf wenige Localitäten aus verschiedenen Theilen der 
Erde. Nachat Barbades haben die Nicobaren die grösste 
Menge von fossilen Radiolarien geliefert (über 100), nach 
ihnen kommen Caltanisetta in Sicilien mit 24 Arten, 
Aegina in Griechenland mit 11 Arten, Simbirsk bei Kasan 
(11 Arten), Morro de Mijellones an der Grenze von Chile 
and Bolivia (7 Arten), Richmond, Petersburg und Pis- 
cataway in den Vereinigten Staaten von Nord - Amerika 
(6 Arten), die Bermudas-Inseln (5), Oran in Afrika (4), 
Zante in Griechenland (3) und endlich Lublin in Polen (3).**) 


®) Abhandl. der k. Akad. der Wissenschaften zu Berlin 1875. 

**) Diesen Fundorten ist noch Thistedt in Jütland beizufügen, wo 
Herr Stud. Gorrscus in oligocänem Cementstein eine Radiolarien-Art, 
vermischt mit zahlreichen Diatomeen, entdeckte. 


76 


Während EHRENBERG ursprünglich geneigt war, den Poly- 
cystinen von Barbados, von den Nicobaren, von Caltanisetta 
und von Lublin ein cretacisches Alter zuzuschreiben , erklart 
er in seiner neuesten Publication sämmtliche Polycystinen- 
haltige Ablagerungen fur tertiar und befindet sich damit auch 
besser als früher im Einklang mit den aus Lagerung und an- 
deren geologischen Momenten gewonnenen Ergebnissen. Nur 
über das Alter des schiefrigen Mergelgesteins von Lublin in 
Polen, welches EHRENBERG mit einem grossen Inoceramus zu- 
gesandt erhbielt*), scheinen mir weitere Untersuchungen wan- 
schenswerth, da sowobl die darin enthaltenen Foraminiferen, 
als auch der mitgeschickte Jnoceramus (von dem freilich nicht 
gesagt wird, dass er aus demselben Gestein herrührt) einiges 
Bedenken gegen dessen tertiären Ursprung hervorrufen. 

E. HagoxeL's classische Monograpbie der Radiolarien**) 
fügt den von EurEenBerG beschriebenen fossilen Formen keine 
weiteren aus älteren Ablagerungen bei. HAECKEL ist sogar 
geneigt anzunehmen, „dass die Radiolarien in der Tertiarperiode 
überhaupt zum ersten Mal auftreten“ ‘(1. c. pag. 191), da sich 
nicht einseben liesse, „warum die Kieselschalen der Radiolarien, 
welche meistens viel grösser, als die Mehrzahl der Diatomeen, 
und weniger zerbrechlich, als die Mehrzahl der Polythalamien 
sind, nicht ebenso gut in jenen älteren Schichten erhalten sein 
sollten.“ 

An Spuren von mesozoischen Radiolarien fehlt es ubrigens 
nicht. Es hat z.B.  Waacen beim Aetzen von verkieselten 
Brachiopoden und Spongien aus dem oberen Jurakalk von 
Muggendorf einmal eine 1 Mm. im Durchmesser grosse Gitter- 
kugel, die wahrscheinlich der Gattung Cenosphaera angehörte, 
aufgefunden. Was Stück ist leider, ehe es einer Beschreibung 
unterzogen wurde, verloren gegangen. 

Noch ältere, allerdings nicht sicher bestimmbare Reste 
von Radiolarien hat GoümBeL***) unter der Bezeichnung Di- 
ctyocha aus obertriasischem Kalkstein von St. Cassian in Tyrol 
beschrieben. Von W. J. Soruast) endlich wird das Vor- 
kommen vou Polycystinen im Upper Greensand von Cambridge 
erwahnt, aber eine nahere Beschreibung der daselhst beob- 
achteten Formen ist Herr SoLLas noch schuldig geblieben. 

Diesen durftigen Nachweisen vortertiärer Radiolarien kann 
ich das Vorkommen einer Anzahl wohl erhaltener Formen aus 


*) Abhandlungen 1. c. pag. 121. 
**) Die Radiolarien. Berlin 186%. 
###) Jahrb. der k. k. geol. Reichsanst. 1869. Bd. XIX. pag. 179. t. V. 
f. 23. 24. 
+) Geological Magazine 1873. Vol. X. pag. 272. 





77 


der norddeutschen Kreide beifügen. Bei der Untersuchung von 
Coeloptychien aus Vordorf bei Braunschweig, aus Haldem in West- 
falen und aus Lemforde im Hannoverschen behandelte ich zahl- 
reiche Exemplare dieser schönen Schwammkörper mit verdunn- 
ter Sulzeäure, um damit das Gerüste und die freien Kieselgebilde 
theils vom Nebengestein zu befreien, theils zum Zweck einer mi- 
kroskopischen Prüfung zu isoliren. In dem aus kleinen Sand- 
partikelchen, Kieselnadeln, Fragmenten der Spongienkörper und 
Glaakonit-Steinkernen von Foraminiferen bestehenden schlam- 
migen Aetzrückstand befanden sich auch in ziemlicher Menge 
Radiolarien. Diese letzteren kamen am reichlichsten aus der 
weissen Mukronatenkreide von Vordorf zum Vorschein, fanden 
sich aber auch in einzelnen Coeloptychien aus dem gelblichen 
Kreidemergel von Haldem in Westfalen. Eine Form erhielt 
ich ferner aus der Quadratenkreide von Coesfeld, sowie eine 
andere aus der oberen Kreide von Krakau. 

Auffallend ist die Armuth an Diatomeen, von denen sonst 
die Radiolarien meist begleitet werden. Es sind mir in sammt- 
lichen Präparaten nur je ein Exemplar von Navicula und von 
Triceratium zu Gesicht gekommen. 

Die 6 nachstehend beschriebenen Radiolarien - Arten ge- 
hören alle zu den bekannten Gattungen Diciyomitra Zitt. 
(Eucyrtidium Eurse. pars), Dictyocha ExrBc., Ceno- 
sphaera Eurse. und Stilodictya Ennpa. Es befinden sich 
somit unter denselben keine neuen ungewöhnlichen Typen ; 
im Gegentheil: es schliessen sich sammtliche Arten sehr eng 
an bereits bekannte, tertiäre oder lebende Formen an. 


Genus: Dictyomitra Zi. 
(ötazunv, Netz; utrpa, Mütze.) 
(Syn. Lithocampe Hasck. [non Eunsc.]; Eucyrtidium Euuse. pars.) 


Die Zutheilung der 8 nachstehend beschriebenen Radio- 
larien zu einer neuen Gattung erfordert eine Rechtfertigung, 
da dieselben nach EHRENBERG zu Eucyrtidium, nach HazcKEL 
zu Lithocampe gehören würden. Indem ich bezüglich der zwei 
letztgenannten Gattungen auf die ausführlichen Erörterungen 
HakcKEL’s*) uber die Begrenzung von Lithocampe und Eucyr- 
tidium verweise, will ich nur bemerken, dass EHRENBERG in 
seiner neuesten Publication über fossile Polycystinen **) das 
bereits im Jahre 1838 aufgestellte Genus Lithocampe aufrecht 
erhalt und als typische Art desselben L. radicula hervorhebt. 
Ausser dieser sind nur noch zwei andere Arten (L. clava und 





*) Die Radiolarien pag. 312. | 
**) Abhandlungen d. Berliner Akademie 1875 pag. 76. 





78 


ampullacea) mit Fragezeichen angeführt. Lithocampe radicula 
Ennze.*) ist zugleich die erste durch Beschreibung and Ab- 
bildung veröffentlichte Polycystine und hat als solche gewiss 
ein Anrecht unter ibrem ursprünglichen Namen in der Lite- 
ratur erhalten zu bleiben. EHRBNBERG charakterisirte 1838 
(l. c. pag. 128) die Gattung Lithocampe folgendermaassen: 
„Loricae siliceae articuli in adulto in serie simplici recta cy- 
lindrica dispositi, apertura sub apice, laterali.* 

Die vermeintliche seitliche Oeffnang uuter dem Gipfel be- 
ruht, wie dies HagokkL überseugend nachgewiesen hat (Rad. 
pag. 174), auf einer optischen Täuschung und existirt weder 
bei Lithocampe, noch bei irgend einer anderen Gattung, wo- 
durch die ganze Gruppe der Lithochytrina Enrsa. hinfallig 
wird. Nach Entfernung dieses Merkmals begreift also die 
ursprüngliche Diagnose solche kieselige Gittergeraste in sich, 
deren Glieder in einfacher, gerader Reihe angeordnet sind. 
Dazu würden aber ausser Lithocampe radicula und zwei anderen 
bereits 1838 beschriebenen Lithocampe-Arten (L. lineata und 
solitaria) auch alle später entdeckten Formen der Haroxev’- 
schen Gruppe der Stichocyrtiden, also auch die Arten -reichen 
Gattungen Eucyrtidium, Podocyrtis, Lithornithium, Pierocodon 
etc. gehören. 

EHRENBERG, welcher noch 1844 und 46 mehrere Sticho- 
cyrtiden unter dem Namen Lithocampe beschrieben hatte, zer- 
legte im Jahre 1847**) in einer classificatorischen Abhand- 
lung die ebemalige Gattung Lithooampe in verschiedene Genera 
und liess unter dem früheren Namen von 12 Arten nur die 
älteste L. radicula stehen. Lithocampe selbst erhielt jetzt fol- 
gende Diagnose: „Testae stricturae plures, postremo articulo 
integro, appendicibas mediis nullis, apertura simplici.* Mit 
Ausnabme des letzten Merkmales passt Alles auf Lithocampe 
. radicula; die Mündung jedoch ist bei dieser, wie aus den Abbil- 
dungen ersichtlich, verengt und übergittert. Dieser Umstand ver- 
anlasste HagcKEL, die von EHRENBERG als typische Art bezeich- 
nete Form von Lithocampe auszuschliessen und der Gattung 
nur die Arten mit weiter Mündung, wie Lith. antarctica, lineata, 
punctata etc. zuzutheilen, obwohl Enrensgre dieselben aus- 
drucklich von Lithocampe entfernt hatte. 

Im vorliegenden Falle scheint es mir den Regeln der 
Terminologie besser zu enteprechen, wenn man von der zwei- 
ten incorrecten Diagnose absieht und zur Feststellung von 
Lithocampe auf die älteste, von EHRENBERG auch stets als 


*) Abhandl. der Berliner Akad. 1838. t. 4, f. 11. Mikrogeologie 
f 23. 


meat 





t. 22. 
**) Monatsber. der Berl. Akad. pag. 40. 


79 


typisch bezeichnete Art zuruckgebt. Dies ist aber Lithocampe 
radicula. Besitzt dieselbe freilich eine übergitterte Mündung, 
so fallt damit das einzige Unterscheidungsmerkmal von der 
im Jahre 1847 aufgestellten Gattung Lithocory thium Enso. 
weg und letztere muss demnach als Synonym von Lithocampe 
gestrichen werden. Die neuestens abgebildeten Gehäuse von 
Litkocampe und Lithocorythium*) lassen in der That keine 
Differenzen erkennen, welche eine generische Trennung recht- 
fertigen könuten. 

Für die oben erwähnten, von HaEcKEL zu Lithocampe ge- 
stellten Arten, sowie fur eine grosse Anzahl ähnlicher Ge- 
bause hatte Ennenpene 1847 die Gattung Eucyrtidium ge- 
grandet und folgendermaassen diagnosticirt: 

„Iesta duabas pluribusve stricturis articulata, corporis 
utroque fine arctato, appendicibus postremis mediisque nullis, 
frontis acaleo nullo aut simplici.“ 

HaxcksL hat nun gezeigt, dass das Merkmal „an beiden 
Enden verengt* bei vielen Eucyrtidien EHRENBERG’s nicht zu- 
uift, denn häufig ist das untere Segment kaum verengt, 
manchmal sogar glockenartig erweitert und mit einfacher weiter 
Oeffuung versehen. Davon abgesehen begreift die Diagnose 
sammtliche von Harckez bei Lithocampe und Eucyrtidium 
erwähnte Arten in sich. 

Bei der sehr grossen , schon jetzt bekannten Auzahl von 
Eucyrtidien hält HazoKeL eine weitere Zerlegung derselben in 
Gruppen für wünschenswerth. Ja sich indess die von Jos. 
MoLLer vorgeschlagene Trennung nach der drei- oder vier- 
fachen Theilung der Centralkapsel praktisch nicht durchführen 
lasst, so schlägt FHAEcKEL vor, das Vorhandensein oder Fehlen 
eines oder mebrerer Gipfelstacheln zur Errichtung von zwei 
Grappen zu verwerthen, von denen Eucyrtidium die mit 
Gipfelstachel gekronten, Lithocampe die vollkommen unbe- 
waffneten Formen enthalten sollen. (Radiol. pag. 314.) 

Nach der früheren Auseinandersetzung ist meiner Ansicht 
nach der Name Lithocampe für eine andere Gruppe von 
Polycystinen zu reserviren. Will man darum die beiden von 
Hasoxez vorgeschlagenen Genera beibehalten, so muss Litho- 
campe durch einen anderen Namen ersetzt werden. 

Nachdem nun die neuerdings von EHRENBERG publicirten 
Abbildungen von Cycladophora und Calocyclas**) die 
Verschiedenheit dieser Genera von Eucyrtidium und Litho- 
campe Hack. (non Enrsa.) ausser Frage stellen durften, so 
schlage ich für Lithocampe Haxcx. den Namen Dictyomitra 





*) Ennenpenc, Abhandl. der Berl. Ak. 1875. t. 4. f. 2—6. 
*) Lc. 1875. 4 18, f.1 8. 


80 


vor. Die Gattungscharaktere hat E. HarckeL (I. c. pag. 312) 
festgestellt, wie folgt: 

„Gitterschale mehrgliedrig, durch zwei oder 
mehrere ringförmige Querstricturen in drei oder 
mebrere, übereinander liegende, ungleiche Glie- 
der abgetheilt, obne alle Anhänge und ohne 
Gipfelstachel, mit einfacher, weiter, nicht über- 
gitterter Basalmundung.“ 


Dictyomitra polypora Zitt. Taf. II. Fig. 1. 


Gitterschale kegelförmig, aus 8 bis 10, vom Gipfel zur 
Basis allmälig an Grösse zunehmenden Segmenten bestehend. 
Quereinschnürungen mässig vertieft; die einzelnen Segmeute 
gewölbt. Die ganze Schale gleichmässig von runden Löchern 
durchbrochen, die auf jedem Segment in 4 bis 5 Querreihen 
stehen. Erstes Segment klein, glockenförmig, oben abge- 
rundet, die folgenden erheblich breiter ala hoch, letztes Seg- 
ment am grössten, an der Basis kaum verengt, am unteren 
Rand mit winzigen Zacken versehen. Mündung weit. 

Diese Art steht Dictyomitra (Eucyrtidium) articulatum 
Enrse. (Monatsber. 1873 pag. 226., Abhandl. t. 11. f. 2. 3.) 
aus Barbados so nahe, dass ich die specifische Unterschei- 
dung für etwas fraglich halte. Immerhin ergeben sich aus 
Eurengeng’s Beschreibung und Abbildung einige kleine Diffe- 
renzen, welche vorläufig eine Trennung rathsam erscheinen 
lassen. Bei der Form aus dem tertiären Polycystinen - Mergel 
aus Barbados wird die Gitterschale gegen unten breiter, als 
bei unserer Art, ihre Segmente sind etwas stärker gewölbt, 
die Nähte mehr vertieft und die runden Löcher etwas weiter 
auseinander gerückt, weniger zahlreich und meist nur in drei 
oder vier Reihen gestellt, während bei D. polypora atets vier, 
an den unteren Segmenten sogar fünf und sechs Reihen vor- 
handen sind. Auf der Gitterschale zwischen den Löchern ragen 
überdies bei der Kreideart ganz kurze Spitzen hervor, welche 
nur bei starker Vergrösserung an den Seitenrändern des Ge- 
häuses bemerkbar sind. Aehnliche kleine Fortsatze bilden 
auch am unteren Rande des letzten Segmentes einen ganz fein- 
gezackten Saum. 


Maasse in Millimetern: 


Ganze Länge des Gehäuses vom Gipfel 

bis zur Basis . . . . 2 . . . 
Höhe des obersten Segmentes. . . . (0,026 ,, 
Höhe des zweiten Segmentes. . . . (0,018 ,, 
Breite des zweiten Segmentes . . . 0,040 ,, 


81 


Hohe des letzten Segmentes . . . . 0,040 Mm. 
Breite des letzten Segmentes . . . . 0,104 ,, 


Untersuchte Stucke: 8. 


Vorkommen: Aus der Mukronatenkreide von Haldem 
in Westfalen und Vordorf bei Braunschweig. 


Das Taf. II. Fig. 1 in 270facher Vergrösserung abgebil- 
dete Exemplar stammt aus einem Coeloptychium sulciferum von 
Vordorf. 


Dictyomitra multicostata Zirr. Taf. II. Fig. 2, 3. 4. 
(In 270 facher Vergrösserung). 


Schale zackerhutformig, aus 8 bis 10 ganz allmalig an 
Grösse zunehmenden, durch vertiefte Quereinschnurungen ge- 
trennten Segmenten bestehend; mit zahlreichen, von der Spitze 
bis zur Basis des letzten Segmentes verlaufenden erhabe- 
nen Längsrippen, deren vertiefte Zwischenräume mit grubi- 
gen ovalen Eindrücken versehen sind. Diese Vertiefungen 
scheinen nur ausnahmsweise die Schale zu durchlöchern. 
‚Oberstes Segment klein, knopfformig, die übrigen von gleicher 
Form, regelmässig an Grösse zunehmend. Schlusssegment an 
der Basis ganz schwach verengt mit weiter, runder Oeffnung. 
Am unteren Rand ragen die Radialrippen als ganz kurze 
Spitzen etwas hervor. 

Diese ausgezeichnete Art lässt sich ohne Schwierigkeiten 
an ihren kräftigen Längsrippen von sämmtlichen bis jetzt be- 
kannten Dietyomitren und Eacyrtidien unterscheiden. Sie 
kommt sowohl bei Vordorf, als auch bei Haldem haufig vor 
und ist in der Regel vortrefflich erhalten: Zuweilen finden 
sich übrigens auch Exemplare mit zerbrochenem Schluss- 
segment (Fig. 4) und an solchen erscheinen dann die Rippen 
wie freie fadenartige Anbange. Auffallend ist die dichte Be- 
schaffenheit des Gehäuses, indem die grubigen Vertiefungen 
nur ausnahmsweise die Wand durchbohren. EHRENBERG hat 
ubrigens (Abhandl. 1875. t. 10. f. 7. 8. 14.) zwei Eucyrtidien 
abgebildet, bei denen die Locher ebenfalls nur sparlich vor- 
handen sind. 


Maasse in Millimetern: 


Ganze Länge vom Gipfel bis zur Basis 0,195—0,218 Mm. 
Höhe des obersten Segmentes . . . . . 0,015 ,, 
Höhe des zweiten Segmentes . . . . . . 0,020 ,, 
Höhe des letzten Segmentes . . . . . . 0,050 ,, 


Leits. d.D. geol. Ges. XXVIII. 1. 6 








82 


Breite des letzten Segmente . . . . . . 0,105 Mm. 
Breite des Zwischenraume zwischen zwei Rip- 
pen auf den unteren Segmenten . . . 0,019 ,, 


Untersuchte Stucke: etwa 20. 


Vorkommen : Mukronatenkreide von Haldem und 
Vordorf; obere Kreide von Trajanowice bei Krakau. 


Dictyomitra Ehrenbergi Zirr. Taf. II. Fig. 5. 
(In 340 facher Vergrösserung.) 


Gehäuse birnformig, aus drei sehr ungleichen, durch 
mässig vertiefte Querstricturen geschiedenen Segmenten be- 
stehend. Gipfelsegment halbkugelig, unbewaffnet; zweites 
Segment doppelt so breit als hoch, convex; Schlusssegment 
über ?/, der ganzen Länge einnehmend, bauchig aufgetrieben, 
gegen unten zu einem kurzen und weiten Hals verengt, im 
Ganzen einer umgekehrten Urne vergleichbar. Mundung weit, 
einfach. Die Schale ursprünglich durch runde Löcher gleich- 
mässig gegittert. 

Das einzige aus Vordorf stammende Exemplar dieser 
kleinen, eleganten Art ist zwar im Umriss sehr scharf er- 
halten, allein die Schale selbst scheint verändert zu sein, 80 
dass über deren Verzierung und insbesondere über die Verthei- 
lung der Löcher in derselben nur einzelne Stellen Aufschluss 
gewähren. Dictyomitra Ehrenbergi steht D. (Eucyrtidium) Mon- 
golfieri und pyrum ExnBo. nahe, unterscheidet sich aber von 


beiden sehr leicht durch die aus 3 Segmenten bestehende Schale. 


Bei D. Mongolfieri ist überdies das untere Segment noch 
grösser und gegen unten allmäliger verengt als bei der vor- 
liegenden Art; überdies zeichnet sich die im Polycystinen- 
Mergel von Barbados so gemeine Art durch Längsrippen aus. 


Maasse in Millimetern: 
Ganze Länge vom Gipfel zur Basis . . 0,110 Ma. 


Hohe des obersten Segmentes . . . . 0,014 ,, 
Grösste Breite des obersten ne . 0,023 „ 
Hohe des zweiten Segmentes. . . . 0,018 ,, 


Grösste Breite des zweiten Segmentes. . 0,044 ,, 
Hohe des dritten Segmentes . . . . . 0,076 ,, 
Grösste Breite des dritten Segmentes . . 0,073 ,, 
Durchmesser der Mündung. . . . . . 0,038 „ 


Vorkommen: Mukronatenkreide von Vordorf bei 
Braunschweig. 


83 


Dictyocha trigona Zırr. Taf. II. Fig. 6. 
(6a in 100fucher, 6b in 340facher Vergrösserung.) 


Skelet aus drei gleich langen, fast geraden, in einer Ebene 
gelegenen, zu einem gleichseitigen, an den Ecken mit kurzen 
stacheln versehenen Dreieck zusammenstossenden Kieselarmen 
bestehend, welche in ihrer Mitte ein wenig eingebuchtet sind 
und von da je einen kurzen Arm schräg nach innen und oben 
absenden. Diese drei kurzen Aeste vereinigen sich und bilden 
die Kanten einer sehr niedrigen, auf der dreieckigen Basis 
stebenden Pyramide. 

Die Stellung der Gattung Dictyocha Exnnse. ist bekannt- 
lich noch sebr problematisch. EHRENBERG rechnet sie zu den 
Polygastern (Diatomeen), wofür sich in der 'That mehrfache 
Grunde hervorbeben lassen; Jon. MOLLER und HarcKEL da- 
gegen, welche diese zierlichen Gerüste”suweilen mit organischer 
Protoplasmasubstanz erfüllt sahen, stellen sie zu den Radio- 
larien und zwar in die Gruppe der Acanthodesmiden. 

Die vorliegende Art ist eine der einfachsten Formen von 
Dictyocha. Sie steht der miocänen D. triommata EHRBG. aus 
Polierschiefer von Hollis Cliff in Virginien (Mikrogeologie 
t. 33. XV. 11.) ungemein nahe. Nach der Abbildung in der Mikro- 
geologie sind indess bei dieser die Hauptarme der dreieckigen 
Basis, sowie die Kanten der niedrigen Pyramide breiter, etwas 
convex und vereinigen sich in abgerundeten Ecken, so dass 
die drei Oeffnangen des Gerastes (wenn dasselbe von oben 
betrachtet wird) randlich, bei D. trigona dagegen rhomboidisch 
erscheinen. 


Maasse in Millimetern: 


Länge der 3 Hauptarme (ohne oe) . . 0,075 Mm. 
Lange der Spitsen . . . . + 0,008 „ 
Grösster Durchmesser der Oeffnung in der 

langen Diagonale des Rhomboides . . 0,030 ,, 


Vorkommen: Quadratenkreide von Coesfeld in West- 
falen (sehr selten). 


Genus: Cenosphaera Expse. 


Diese Gattung wurde im Jahre 1854*) aufgestellt und 
folgendermaassen cbarakterisirt: „E Polycystinoram classe. 
Testula capsularis, globosa, cellulosa, silicea, clausa, nuclee 


*) Monatsberichte der Berl. Ak. pag. 237. ä 
#s 


84 
destituta = Haliomma sine nucleo. Aperturae defectu ab Hali- 
formide differt.‘ 

In dem Atlas zu den Polycystinen von Barbados*) sind 
3 Arten von Cenosphaera abgebildet, eine andere C. Plutonis 
wurde schon früher in der Mikrogeologie t. 35. B. B, IV. t. 20. 
dargestellt. 

HazcKBL stellt (l. c. pag. 533) Cenosphaera EuR»G. zu 
Collosphaera Mouu., fügt jedoch bei, dass die Gattung ebenso 
gut in die Familie der Ethmosphaeriden oder Cladocciden ge- 
hören könne, da sich bei fossilen Formen natürlich nicht ent- 
scheiden lässt, ob dieselben von einer monozoen oder einer 
polyzoen Gattung (Collosphaera) herrühren. 

Bei den fossilen Radiolarien wird man wegen des Man- 
gels an wichtigen Merkmalen häufig auf eine natarliche Classi- 
fieation verzichten und zu einer künstlichen Gruppirung der 
allein der Beobachtung zugänglichen Kieselgehause seine Zu- 
‘flucht nehmen müssen. HazcksL hat diesem Bedürfnisse auch 
durch ein vortreffliches ,kunatliches* System der Radiolarien 
entsprochen. Die Gattung Cenosphaera EHRBG. wird darin, 
da ibre Zutheilung zu Collosphaera doch immerhin etwas ge- 
wagt sein dürfte, ibren Platz unter den Monosphaeriden und 
zwar zwischen Heliosphaera und Ethmosphaera finden. 


Cenosphaera radiata Zirr. Taf. II. Fig. 7 und 8. 
(In 340 facher Vergrösserung.) 


Gitterkugel sehr dickschalig, mit runden, entfernt etehen- 
den, in Zonen geordneten Löchern, ohne Stacheln oder An- 
hänge, aber mit etwa 10—12 ziemlich breiten, flachen, ebenen 
Radialrippen versehen, zwischen denen sich schwach vertiefte 
Felder von beinahe doppelter Breite befinden. 

Von den bis jetzt bekannten Cenosphaera - Arten lässt sich 
die vorliegende durch ihre entfernt stehenden, verbaltniss- 
mässig wenig zahlreichen Locher, sowie durch ihre flachen 
Radialrippen auf den ersten Blick unterscheiden. 

Ich betrachte das Fig. 7 abgebildete, aus dem Kreide- 
mergel von Haldem stammende Exemplar als Typus dieser 
Art, bin übrigens geneigt, auch das beträchtlich kleinere Stuck 
aus Vordorf (Fig. 8) dazu zu rechnen, obwohl sich bemerkens- 
werthe Differenzen zwischen denselben hervorheben lassen. 
Ein Theil dieser Verschiedenheiten dürfte sich indess auf die 
Zeichnungen zurückführen lassen, denn obwohl dieselben mit- 
telst Camera lucida angefertigt sind und also in den Conturen 


*) Abhandl. der Berl. Ak. 1875. t. 3. f. 1—3. 











85 


eine absolute Genauigkeit besitzen, so mussten die feineren 
Details doch theilweise ergänzt werden, da bei der dickscha- 
ligen Beschaffenheit dieser winzigen Körperchen manches bei 
einer 300fachen Vergrösserung dunkel und unklar blieb. Die 
auf Fig. 8. dargestellte Oeffnung halte ich nach der Beschaffen- 
heit der Ränder für einen Bruch. Wäre dieselbe eine Mün- 
dung, so würde die Gitterkagel überhaupt nicht zu Cenosphaera, 
sondern vielleicht eher zu Pylosphaera Eursa. oder Haliphor- 
mis EHRBG. gehören, obwohl die sonstigen Merkmale wenig 
mit diesen beiden, ungenügend bekannten Gattungen überein- 
stimmen. 


Maasse des Fig. 7 abgebildeten Exemplars in 
Millimetern: 


Durchmesser der Kugel . . 0,117 Mm. 
Durchmesser der Locher . . 0,010 „ 


Vorkommen: Mukronatenkreide von Haldem und 
Vordorf. 


@ 


Stylodictya Ilaeckeli Zrrr. Taf. II. Fig. 9. 


Gitterscheibe kreisrund, aus zwei flachconvexen Uhrglas- 
formigen, von Löchern durchbohrten, in der Mitte ein wenig 
eingesenkten Deckplatten und einer aus concentrischen Ringen 
gebildeten Centralscheibe bestehend. Die 6—8 concentrischen 
Kammerkreise rucken gegen die Peripherie der Scheibe etwas 
weiter auseinander, als in der Nähe der Centralkammer, deren 
Durchmesser etwa dem mittleren Absiand zwischen zwei con- 
centrischen Ringen entsprich}. Die Radialbalken verlaufen 
bald geradlinig vom Centrum nach dem Rande, wo sie als 
kurze Stacheln hervorragen, bald sind sie in ebenso viele ein- 
selne Stucke, als Riuge vorhanden sind, zerlegt. Einzelne (6—8) 
Radialbalken verdicken sich am Rande etwas und bilden 
Stacheln, die doppelt und dreifach so lang als die übrigen 
werden. Die Locher der Deckplatten sind rundlich oder un- 
regelmässig polygon, in ibrer Grösse ungefähr dem Zwischen- 
raum zwischen zwei Radialbalken eines Ringes entsprechend. 

Diese schöne, in mehreren wohlerhaltenen Exemplaren 
vorliegende Art, steht St. multispina Hagcx. am nächsten, 
unterscheidet sich aber von dieser durch die viel grösseren 
Löcher der Deckplatten, sowie durch eine beträchtlichere 
Anzahl von Radialbalken, von denen die meisten nur als kurze 
Spitzen hervorragen, während bei St. multispina alle in gleicher 
Länge entwickelt sind. Die lebende Art erreicht überdies 
grössere Dimensionen. 


se 


Maasse in Millimetern: 


Durchmesser der Scheibe. . . 0,147 Mm. 
Breite der Centralkammer . . 0,008 
Durchmesser der Deckplatten- 

locher . ie Bee ch 


99 


0,006 ,, 


Vorkommen: Im Mukronatenmergel von Haldem und 
Vordorf. 


87 


8 Die Kaoline des thüringischen Buntsandsteins, 
Von Herrn E. E, Scamw in Jena. 


L Auffindung des Kaolins im thüringischen Buntsandsteine. 


Vor geraumer Zeit — etwa vor hundert Jabren — ent- 
deckte der Candidat der Theologie MAcHELRıpr den Kaolin- 
Gehalt in einigen Buntsandsteinen Thüringens und erwies 
seine Brauchbarkeit zur Porcellan - Fabrication. Er gründete, 
wie J.C. W. Voiar*) berichtet, die erste thüringische Porcellan- 
Hütte zu Volkstedt, welcher bis zum Jahre 1800 diejenigen 
zu Wallendorf, Limbach, Rauenstein, Ilmenau, Breitenbach, 
Gotha, Blankeuhayn, Kloster - Veilsdorf, Schleitz, Schney, 
* Eisenberg und Tettau und nachher noch mehrere andere nach- 
folgten. In allen diesen Hatten hörte jedoch der ausschliess- 
liche Gebrauch des Buntsandstein - Kaolins, wenigstens zur 
Herstellung der Porcellan - Masse selbst nach und nach auf, 
weil ohne Zusatz auswärtiger Kaoline keine schöne Waare 
erhalten wurde. Dagegen erwies sich der thüringische Bunt- 
sandstein-Kaolin für sich sehr brauchbar zur Anfertigung der 
Kapseln und später von Chamotte-Waaren und als Zusatz zur 
Papiermasse. 

Damit schon ist Anlass genug gegeben zu einer genaueren 
Untersuchung des thuringischen Buntsandstein - Kaolins und 
seiner Beziehungen zu anderen Kaolinen. Eine solche fehlt 
aber trotzdem noch immer. 

Zu diesem allgemeinen Anlass kam für mich noch ein 
besonderer hinzu, zufolge der mir übertragenen geognostischen 
Aufnahme einiger Buntsandstein - Gebiete, innerhalb deren 
Kaolin - führende Glieder mächtig eutwickelt sind. Dazu ge- 
hören vornamlich die Umgebungen von Eisenberg, Osterfeld 
und Ilmenau. 


Hl, Eunderte des Kaolins im thüringischen Buntsandstein. 


Als Fundorte mächtiger Schichten-Folgen Kaolin - reicher 
Gesteine innerhalb der Buntsandstein - Formation Thüringens _ 
sind mir bekannt geworden: Eisenberg, Osterfeld und 


*) Voicr, Kleine mineral. Schriften. Th. 2 p. 130. Weimar 1800. 





OR eit Re Ene er : 


88 


Weissenfels, der Abhang der Haide, gegenuber Uhl- 
stedt, Martinrode, Steinheide und Gleina. 

Bei Eisenberg sind Kaolin- Graben links neben der 
Chaussee nach Königsbofen und Zeitz, am Abhange jenseits 
des Mühlbachs, seit langer Zeit in Betrieb, während diejenigen 
in der Richtung gegen Gösen, etwa 400 Schritte zur Rechten 
der Chaussee nach (sösen und Naumburg, erst vor einem Jahr- 
zehnt eröffnet wurden. Das hieraus gewonnene Material wird 
nicht nur in Eisenberg selbst zur Porcellan- und Chamotte- 
Fabrication verwendet, sondern auch roh verführt, namentlich 
nach Zwickau. 

Die Kaolin-Gruben bei Osterfeld liegen an einem Ab- 
hange dem Städtchen nördlich gegenüber, kaum 400 Schritte 
davon entfernt, gebören aber nicht mehr zu der Flur desselben, 
sondern zu derjenigen des benachbarten Dorfes Lissen. Sie 
sind erst seit einigen Jahren eröffnet und werden an Ort und 
Stelle zu Chamottewaaren verarbeitet. 

Bei Weissenfels liegen Kaolin - Gruben unmittelbar am 
östlichen Ende der Stadt, rechts neben der Chaussee nach 
Lützen und Leipzig. Sie lieferten zwar ehedem das Material 
für eine Porcellan - Fabrik am Orte selbst, werden aber fur 
diesen Zweck schon lange nicht mehr in Anspruch genommen. 
Reiner findet sich der Kaolin auf der Sohle des 140 Fuss 
tiefen Steinbruchs des Maurermeisters IRMER, ohne hier be- 
sonders beachtet zu werden. 

Vielleicht ist es nicht zufallig, dass die Fundorte des 
Kaolins bei Eisenberg, Osterfeld und Weissenfels in einer 
Linie, die von SSW nach NNO streicht, liegen. 

Die Kaolin-Gruben am Abhange der Haide gegenüber 
Uhlstedt, der nächsten Station der Saalbahn unterhalb 
Rudolstadt, liefern das Material zur Herstellung der Kapseln 
für die Ublstedter Porcellan-Fabrik. 

Die Kaolin - Gruben von Martinrode sind über den 
flachen nördlichen Abhang des Buntsandstein - Ruckens ausge- 
breitet, welcher unmittelbar dem Fusse des Thüringer Waldes 
bei Elgersburg und Ilmenau vorliegt. Sie werden lebhaft be- 
trieben, namentlich für den Bedarf der Porcellan-Fabriken von 
Stutzerbach, Ilmenau und Plaue. 

Der Sandberg bei Steinheide ist eine längst bekannte 
und vielfach besprochene Scholle von Buntsandstein, .welche 
auf dem Rücken des südöstlichen Thüringer Waldes unmittelbar 
der Grauwacke aufgelagert ist. Das auf ihm gebrochene Ge- 


- stein wird in vielen benachbarten Massenmühlen für die Por- 


cellan-Fabrication verarbeitet und auch roh in grossen Massen 
weithin ausgeführt. Ich habe diesen Fundort nicht selbst auf- 
gesucht, sondern den aus dem gepochten Sandstein abge- 





schlammten rohen Kaolin aus der Porcellan-Fabrik des Herrn 
SCHIERHOLZ in Plaue erhalten. 

Nordostlich Gleina bei Kôstritz fallt eiu Kaolin-haltiger 
Sand eine Verwerfungskluft zwischen unterem Bantsandstein 
und Zechstein aus. Technische Verwendung hat derselbe bis- 
jetzt nicht gefanden. 

Bei Osterfeld liegt noch ein andeter Fundort Kaolin - hal- 
tigen Gesteins, namlich in der Umgebung der rothen Mühle 
zwischen dem Städtchen und dem hart daran anstossenden 
Pitsschendorf; dieser Fundort ist so eigenartig, dass ich 
ihn erst hier auffahre. Technische Bedeutung hat er noch 
nicht gewonnen. 


M. Geegnostischer Herisont der Funderte des Kaelins 
im thüringischen Buntsandstein. 


Theilt man die Formation des Buntsandsteins nicht in der 
bisher ublichen Weise nur in die Schichtenfolge der bunten 
Mergel oder des Rothes, und diejenige der eigentlichen Sand- 
steine, sondern trennt man nach Maassgabe der am Südrande 
des Harzes besonders deutlich entwickelten Verhältnisse noch 
die oberen Sandsteine, die meist dickbänkig sind und denen 
bunte Letten nar untergeordnet sind, von den unteren Sand- 
steinen, die meist dünnplattig bis schieferig sind und mit denen 
bunte Letten ziemlich gleichmassig wechsellagern — eine 
Trennung, die an vielen Stellen sehr augenfällig und überall, 
wenn auch mitunter schwierig, durchführbar ist —; nimmt man 
also drei Unterabtbeilungen der Buntsandetein - Formation an, 
namlich oberen Buntsandstein, vollkommen entsprechend dem 
Roth, mittleren und unteren; so gehören die oben auf- 
geführten Fundorte Kaolin-führender Gesteine, 
alle, mit Ausnahme der zwei letzten, der mitt- 
leren Abtheilung an. 

Die Zugehörigkeit der Kaolin -fubrenden Schichten bei 
Eisenberg zu dem mittleren Buntsandstein ist unzweifelhaft, 
trotz der gerade hier eingetretenen Störung der Lagerungs- 
Verbaltnisse an der NO - Seite einer nahe vorbeistreichenden 
Verwerfungsspalte, an deren SW-Seite unterer Wellenkalk in 
tieferem Niveau ansteht, als eigentlicher Buntsandstein. Die 
Gruben neben der Chaussee nach Königshofen insbesondere 
zeigen das Streichen der Kaolin-führenden Schichten nach 10 h. 
bei einem Fallen von 10—15° nach SW. Diese Gruben sind 
nicht tief und lassen die volle Machtigkeit der Kaolin - führen- 
den Schichten nicht ermessen ; jedoch kann dieselbe nach den 
in einem Wasserabführungs-Schachte gewonnenen Aufschlüssen 
nicht unter 20 Meter betragen. Nur 500 Schritte östlich von 


diesen Gruben steben Standsteine in einem Steinbruche an, 
welche — wie gewöhnlich — carbonatisch camentirt sind und 
zwar in einzelnen Bänken so vollkommen, dass sie dicht und 
fest genug werden, um sogar als Pflastersteine verwendbar 
zu sein. Diese Sandsteine haben unzweideutig das Aussehen 
des mittleren Buntsandsteins. Da sie das gleiche Fallen und 
Streichen mit den Kaolin-führenden Schichten zeigen, mussen 
sie sich im Liegenden der letzten befinden. Knapp unter 
ihnen werden die Sandsteine schiefrig und wechsellagern 
häufig mit Letten. Damit treten, ebenfalls ganz unzweideutig, 
die Kennzeichen des unteren Buntsandsteins hervor, der dann 
weiter gegen O., zu beiden Seiten des in den Eistergrund 
mundenden Thals aushält. Die Kaolin - führenden Schichten 
können demnach nicht hoch uber der Grenze zwischen dem 
mittleren und unteren Buntsandstein liegeu. Vie Schichten 
in den Gruben zwischen Eisenberg und Gösen streichen eben- 
falls in 10 h. und fallen nach SW, aber viel ungleichförmiger 
and stärker; im Mittel beträgt der Fallwinkel: 60°, nimmt aber 
nach der Tiefe zu, während an der Oberfläche selbst eine 
Umkippung statthat; die Machtigkeit lässt sich hier nicht er- 
messen. Wahrscheinlich sind diese Schichten eine stetige 
Fortsetzung der vorigen; wo nicht, so liegen sie vielmehr 
höher als tiefer. 

Die Lage der Gruben bei Osterfeld lässt keinen Zweifel 
über die Zugehörigkeit der in ihnen aufgedeckten Schichten zu 
dem mittleren Buntsandstein und zwar seinen oberen, ja sogar 
obersten Regionen ubrig, obgleich sich hier zwei Störungs- 
ursachen geltend machen; namlich erstens die allgemeine He- 
bung der Trias-Schichten am Rande der Thüringer Mulde, und 
zweitens die locale, am NO-Rande einer in der Riehtung der 
Längsaxe der ersten nahe vorbeistreichenden secundäreo 
Schichten-Mulde, ‘die jedoch mit Kluftungen und Verwerfungen 
nicht verbunden ist. Die bunten Mergel des oberen Bunt- 
sandsteins stehen suf der Sohle des Steiubach - Grundes bei 
Osterfeld und an den Abhangen desselben so an, dass die in 
Frage stehenden Sandsteine, wenn auch nicht unmittelbar, so 
doch knapp unter ibnen folgen müssen. 

Die Kaolin - führenden Schichten bei Weissenfels treten 
knapp über dem Saalspiegel hervor mit sehr flachem, west- 
lichem Einfall. Da saalaufwärts gewöbnliche, d. b. carbona- 
tisch-camentirte Sandsteine mit allen Kennzeichen des mitt- 
leren Buntsandsteins und mit grosser Mächtigkeit darüber 
liegen, saalabwärts wenigstens zur Linken der Saale unzweifel- 
haft unterer Buntsandstein darunter hervortritt, so müssen diese 
Kaolin- führenden Schichten der unteren Grense des mittleren 
Buntsandsteins wenigstens sehr nahe liegen. 


91 


Der Kaolin-führende Buntsandstein des Abhangs der Haide 
gegenüber Uhlstedt gehört ganz entschieden der mittleren Ab- 
theilang der Formation an; diese steht an den steilen Abhängen 
die Saale auf- nnd abwärts an; in sie ist das Thal der Orla 
tief eingeschnitten. 

Die Kaolin - Gruben von Martinrode befinden sich am 
flachen Abhange im Süden eines Thalgrundes, jenseits dessen 
ein steiler Abhang oberen Buntsandstein und darüber unteren 
Muschelkalk zeigt. Demnach gehören sie zu den obersten Re- 
gionen des mittleren Buntsandsteins, wenn nicht etwa eine 
Verwerfungskluft entlang dem Thalgrunde die Schichten der 
beiderseitigen Abhänge verrückt haben sollte. Wie Gruben, 
welche ich im Betrieb fand, waren nicht tief. 

Der geognostische Horizont der Schichten des Sandberges 
bei Steinheide ist nicht exact bestimmbar. 

Das Gestein von der rothen Mühle zwischen Osterfeld 
und Pitzschendorf zeichnet sich durch seine rothe Farbe aus, 
Sein Anstehen ist nicht immer zu erkennen, wenn es nicht 
eine Anschürfung, wie ich sie zum Zwecke einer Grundgrabung 
vorfand, entblöst. Schon die rothe Farbe weist auf den oberen 
Buntsandstein hin und in der That folgen uber ihm die diese 
Abtheilung bezeichnenden Letten und Mergel. 

Der Sand von Gleina fallt eine Kluft aus, die sich längs 
einer Verwerfung zwischen Schichten des unteren Buntsand- 
steins und des oberen Zechsteins vom Eleonorenthale bei 
Kostritz bis zur Steinschäferei bei Seifahrtsdorf hinzieht. Er 
entstammt also, wenn er nicht eine junge Einschwemmung 
sein sollte, höchst wahrscheinlich dem unteren Bantsandstein. 


IV. Ber Kaelin von Eisenberg. 


Ihren Ausgang nahmen meine Untersuchungen von den 
kaolinischen Vorkommnissen bei Eisenberg und zwar im Be- 
sonderen von den Vorkommnissen der Gruben zwischen Eisen- 
berg und Gosen. 

Diese Gruben entblössen einen vielfachen Wechsel von 
Thonen, d. h. Kaolinen, thonigen Sandsteinen und Sandsteinen, 
die durch thoniges Cament einen mässigen Zusammenhalt ge- 
wonnen haben. Nie herrschende Farbe aller dieser Gesteine 
ist die weisse; doch fehlen ockrige Streifen und Flammen 
nicht und zwei schwache Zwischenschichten stechen von den 
übrigen durch lebhaft rüthlichgelbe Färbung ab. 

Ich wählte aus diesen Gesteinen einen Thon aus, der 
unmittelbar so, wie er aus der Grube kommt, zur Anfertigung 
von Chamottewaaren verwendet und deshalb auch vorzugs- 


weise als Chamotte-Thon bezeichnet wird; man darf ibn 
fnglich als kaolinischen Thon oder Kaolin bezeichnen. 

Dieses Gestein fühlt sich fettig an, ist vollkommen homo- 
gen und rein-weiss. Mit Wasser darchtraukt, giebt es einen 
äusserst zähen Teig. In vielem Wasser schlammt es sich 
allmalig bis auf einen sehr geringfügigen Rückstand auf und 
setzt sich aus ihm verbaltnissmassig schnell, sehr gleichmässig, 
und ganz vollständig wieder ab, so dass das Schlammwasser 
nach 24 Stunden wieder ganz klar geworden ist. Das Auf- 
geschlammte wurde nach der Zeit seines Absatzes in drei 
Partieen gesondert, diese Sonderung aber machte nur erkeunt- 
lich, dass ein sehr anbedeutender Unterschied in der Feinheit 
des Korns statthabe und dass zwischen dem Gröbsten und 
Feinsten ein stetiger Uebergang sei. 

Der nicht aufechlammbare Rückstand trocknete auf dem 
Boden einer Porcellanschale zu einer schimmernden Haut zu- 
sammen. Seine weitere Untersuchung konnte lediglich eine 
mikroskopische sein; zu einer chemischen war sein Gewicht 
zu gering, obgleich vom rohen Gestein mehrere Pfunde in 
Arbeit genommen waren. 

Die mikroskopische Untersuchung dieses Ruckstandes 
ergiebt als seine vorwaltenden Gemengtheile Blatter und 
Schollen, als untergeordnete gekrummte, breite und gerade, 
schmale secheseitige Prismen. 

Die Blätter haben eine Breite, selten über 0,1 Mm., meist 
eine geringere. Ihr Umfang ist gewöhnlich vollig abgerundet, 
häufig zugleich eingekerbt, sehr selten theilweise geradkantig 
und am allerseltensten regelmässig sechsseitig. Sie sind klar 
bis bestäubt und trübe; mit zunehmender Trubung ziehen sich 
die Kerben weiter in die Mitte herein und lassen den Begion 
eines Zerfalls in kleiuere Blätter wahrnehmen. Die klaren 
Blatter sind farblos, die truben gelblich bis braunlich. Zwi- 
schen den Nicols erhellen und verfinstern sich alle Blätter, 
wie die Jeeren Stelleu des Gesichtsfeldes ohne Farbenwandlung, 
ausgenommen faltig - verbogene Stellen. Damit ist natürlich 
nicht angezeigt, dass sie gar keine Doppelbrechung besitzen; 
vielmehr geht daraus hervor, dass ihnen einaxige Doppel- 
brechung eigen ist, dass die Blattfläche rechtwinklig gegen die 
eine Axe steht und dass sie sehr dunn sind. Die Form und 
das optische Verhalten dieser Blatter stimmen mit denjenigen 
des Glimmers überein, der ja auch den meisten Gliedern des 
Buntsandsteins makroskopisch reichlich beigemengt ist. Und 
doch dürfte, wie spätere Untersuchungen (s. Kaolin von Oster- 
feld) klarlegen werden, eigentlicher Glimmer darunter gar nicht 
vorkommen , sondern lediglich seine wasserreichen, mouoxyd- 
armen, den Uebergang zu Kaolin vermittelnden Zersetzungs- 





93 


prodacte. Seien die Blatter deshalb nur als glimmerartige 
bezeichnet. 

Die Schollen sind von nahe gleichem Durchmesser mit 
den Blättern. Ibr Umfang ist uneben und unregelmässig bis 
auf sebr wenige gerade Kantenstücke, in denen ebene Flächen 
zusammenstossen; sie sind demnach fast nur von Bruchflachen 
begrenzt. Die meisten sind klar - farblos, einige bräunlich- 
getrubt, wenige schwach-durchscheinend und braun; alle sind 
cavernos. Aber die Cavernen sind sehr klein, gewöhnlich ab- 
gerundet, selten ausgestulpt oder geschwänzt; ihr Saum ist 
dunkel aber nicht breit. Nur in sehr wenigen Schollen erkennt 
mann lineare Einlageruugen. Die Schollen brechen das Licht 
sehr deutlich doppelt und färben sich zwischen den Nicols 
lebhaft und bunt; namentlich gegen die Ränder hin treten 
irisirende Bänder hervor. Danach bat man die Schollen für 
kantige Trummer gemeinen Quarzes zu halten. 





Se) 
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Figur 1. Figur 2. 
Die gekrümmten, breiten Prismen — Fig. 1 u. 2 — sind 


zwischen den Blättern und Schollen zahlreich zerstreut; sie 
erreichen eine Breite bis zu 0,08 Mm. und eine Länge bis 
zum Fünffachen davon. Sie sind unzweifelhaft sechsseitig und 
ohne Ausnahme quer gestreift oder gefurcht; die Querstreifen 
und Furchen sind selten ganz gerade, meist flachwellig. Die 
Krummang der Prismen ist nach Richtung und Stärke sehr 
mannigfaltig bis zum Schleifen- und Hacken-förmigen; stärkere 
Krommung ist mit Aufblätterung verbunden. Ihre Masse ist 
trübe aber nicht farbig; ihre Doppelbrechung ist deutlich, ihre 
Färbung zwischen den Nicols wohl ebenfalls, aber nur matt. 
Der Form nach steben sie den wulstigen Aggregaten des 
Chlorits oder der chloritischen Mineralien namentlich des Ver- 


94 


miculits sebr nahe; ihrer chemischen Zusammensetzung nach 
sind sie jedenfalls Silicate, und zwar nicht leicht durch Salz- 
saure zersetzbare. Da ich dieselben Gebilde allen Kaolinen 
des tburingischen Buntsandsteins beigemengt gefunden habe, 
will ich sie der Kürze wegen als Mikrovermiculite bezeichnen. 
Sehr wabrscheinlich sind dieselben schon vor langer Zeit aus 
dem Kaolin von Aue bei Schneeberg von EHRENBERG ®) be- 
schrieben und dargestellt, aber anders aufgefasst worden. 
Gerade, schmale Prismen zeigen sich viel sparsamer als 
die gekrummten, breiten zwischen den Blättern zerstreut. Die- 
selben sind auch viel kleiner, geradezu mikroskopisch. Ihre 
Breite beträgt nämlich im ungefabreo Mittel 0,01 Mm., sie 
erreicht nicht ganz 0,02 Mm., sie sinkt aber unter 0,003 Mm. 
Ihre Lange ist das Vier- und Fünffache der Breite. Sie sind 
sechsseitig mit theils spitzer, theils stumpfer, theils gerader 





Figur 3. Figur 5. Figur 4. 


Endigung. Die spitze Endigung — Fig. 3 — schliesst sich 
abgerundet an die Säule an und ist krystallographisch nicht 
bestimmbar; die stumpfe Endigung — Fig. 4 — ist als Rhom- 
boéder wohl erkennbar. Gerade Endigungen — Fig. 5 — 
d. h. ebene Geradendflachen, sind mir nur bei kleinen Kry- 
stallen zur Anschauung gekommen und zwar stets ziemlich 
deutlich combinirt mit dem vorigen Rhomboéder. In der Axe 
des grössten solchen Prismas, das ich aufgefunden habe, 
— Fig. 3 — sind zwei dunkelbraune Stäbchen eingeschlossen. 
Wo Brechung und Spiegelung nicht stört, sind diese Krystalle 
klar, farblos bis blass grünlich-blaulich. Sie brechen das Licht 
deutlich doppelt und färben sich zwischen den Nicols ziemlich 


*) Siehe Pocc. Ann. Bd. 39. pag. 104. t. 1. f. 1. 


95 


lebhaft. Die Aebnlichkeit der Form dieser Krystalle und des 
Turmalins ist augenfallig. Ueber ihre stoffliche Aehnlichkeit 
mit Turmalin vermag ich nur zu sagen, dass sie ein in con- 
centrirter, siedender Salzsäure unlösliches Silicat sind. Der 
Kurze wegen will ich sie als Mikroschörlite bezeichnen. Sie 
sind noch allgemeiner verbreitet als die Mikrovermiculite nicht 
nur durch die eigentlich kaolinischen Buntsandsteine, sondern 
auch die Letten der unteren, wie der mittleren Abtheilung 
der Buntsandstein - Formation. Ein Vorkommniss in einem 
Letten der unteren Schichten des mittleren Buntsandsteins von 
Harpersdorf, zwischen Gera und Roda, kann ich nicht uner- 
wabnt lassen, ohne die Uebersicht der Formen unvollständig 
zu lasseu. Mikroschörlite sind in diesen Letten recht haufig, 


Lif 


Figur 6. 


aber klein. Unter den kleinsten — Fig. 6 — erscheinen Säulen 
unter 80 bestandigem Winkel zusammenstossend, dass man in 
iboen Zwillinge vermuthen muss. Die Winkel, unter denen 
der Zusammenstoss oder die Verwachsung statthat, scheinen 
60° und 120° zu sein. 

Wird vom Absatz der aufschlammbaren Theile des 
Tkones das Schlammwasser abgegossen, so trocknet er bald 
aus und hat lufttrocken wieder nach kurzer Zeit dieselben 
Eigenschaften, wie vor dem Schlämmen. Derselbe unter- 
scheidet sich — wie zu erwarten war — von dem Unauf- 
schlammbaren wesentlich nur durch die Grösse des Kornes. 
Glimmer - ähnliebe Blätter und Quarzschollen werden um so 
seltener, eine je später gesunkene Probe in Untersuchung ge- 
nommen wird. Die Mikrovermicalite und Mikroschorlite treten 
mehr und mehr zurück, je feiner das übrige Korn ist und in 
dem zuletzt Gesunkenen sucht man danach vergebens. Dafür 
stellt sich neben kleineren Blättern und Schollen von sonst 
gleicher Beschaffenheit mit den schon beschriebenen nicht auf- 
schlammbaren eine Mannichfaltigkeit noch kleinerer schuppiger 
Gebilde als Stufen stetig fortschreitender Umbildung und Zer- 
theilang ein. Diese Umbildung und Zertheilung beginnt — 


wie schon oben erwähnt wurde — mit Einkerbung des Randes, 
schreitet so fort, dass die Kerben sich Innen hineinzieben, 
erweitern und verzweigen, und endet mit dem Zerfall zu schup- 
pigem Gries. 

Die Dichte dieses Abgeschlammten aus dem Chamotte- 
Thon ergiebt sich nach pyknometrischer Bestimmung bei 15° C. 
zu 2,50. 

Es ist — wie bereits angedeutet wurde — sehr wenig 
hygroskopisch; lufitrocken verliert es bei 100° C. nicht mehr 
als 0,36 bis 0,64 pCt. am Gewichte, 

Schon bei dunkler Rothgluth einer Platinachale als Unter- 
lage giebt es seinen Gehalt an gebundenem Wasser voll- 
ständig ab. 

Bei der Temperatur der Löthrohr-Flamme schmilzt es nicht. 

Mit Säuren braust es nicht auf, giebt aber doch eine 
Spur von Kalkerde an sie ab, die ihm wohl als Carbonat 
beigemengt war. 

Concentrirte Schwefelsäure greift es stark an; aber auch 
nach Abdampfung der Säure und Auslaugung des trocknen 
Abdampfungs-Ruckstandes zuerst mit Wasser, dann mit einer 
wässrigen Lösung von koblensaurem Natron bleibt ein Rest 
von mehr als 80 pCt., in dem noch viel unzersetztes, wasser- 
haltiges Thonerde-Silicat enthalten ist. 

Kalilauge nimmt noch mehr aus ihm auf; der ungeloste 
Rest mindert sich bis nahe 60 pCt., ist aber auch dann noch 
lange nicht Thonerde- und Wasser - frei. 

Ueberhitzte Schwefelsäure zersetzt es fast vollständig, 
d. h. soweit, dass wenn man es mit der zehnfachen Menge 
eines Gemisches von 3 Vol. gewöhnlicher Schwefelsäure und 
1 Vol. Wasser in eine abgeschmolzene Glasröhre verschliesst 
und etwa 9 Stunden lang einer Temperatur von 150 bis 180° C. 
aussetzt und nachher mit Wasser und kohlensaurer Natron- 
Lösung auslaugt, ein Rückstand von 26,4 pCt. bleibt, der nur 
noch 1,4 pCt. Thonerde mit etwas Eisenozyd enthalt. 

Die Gesammt-Zusammensetzung für alles Aufschlammbare, 
es mag früher oder später gesunken, d. h. gröber oder feiner 
sein, ist die gleiche. Sie kommt auf folgende Zahlen hinaus. 
Möge es deshalb schlechthin als Chamotte - Thon bezeichnet 
werden. 


Zusammensetzung des Chamotte-Thons von 
Eisenberg: 
Kieselsaure . . . 59,51 pCt. 
Thonerde . . . 26,02 ,, 
Eisenoxyd . . . 455 ,, 
Wasser . . . . 949 „ . 


99,57 











97 


Dazu treten noch so geringe Mengen von Kalkerde, Talk- 
erde, Kali und Natron — sie erreichen im Einzelnen nicht 
0,01 pCt. —, dass man sie als blosse Spuren ausser Be- 
rechnung lassen darf. 

Die Partial - Analyse mittelst uberhitzter Schwefelsäure 
u. 8. w. ergab ferner: 


Unzersetzter Rest . . 26,42 pCt. 
Kieselaaure . . . . 33,74 „ 
Thonerde . . . . . 24,96 
Eisenoxyd. . . . . 4,55 ,, 
Wasser. . . . . . 9,49 


99 
99,16 pCt. 


Das darch Schwefelsäure aufgeschlossene Silicat führt zu 
dem Sauerstoff-Verhaltniss in: 


Kieselsaure Thonerde u. Eisenoxyd Wasser 


4,1 : 3 : 1,94 


Rundet man dieses Verhaltniss und zwar mit sehr .ge- 
ringer Abweichung von dem unmittelbaren Ergebniss der Ana- 
lyse ab, so erhält man: 


4:3 : 2 
oder die Formel: 
R, O, + 2 SiO, + 2 HO 


d. i. diejenige des Kaolins von Aue bei Schneeberg und vieler 
anderen Fundorte. 

Dieser: Chamotte- Thon ist demnach ein echtes Kaolin- 
Fossil, welches, abgesehen von einer sehr geringen Beimengung 
solcher Silicate, die ausser Thonerde mit Eisenoxyd und Wasser, 
auch Kalk- und Talkerde, Kali uud Natron enthalten, nahe 
aas drei Viertheilen eigentlichen Kaolins und einem Viertheil 
Quarzstaubs gemengt ist. Diese beiden Gemengtheile jedoch 
können durch Schlammen nicht weiter von einander getrennt 
werden. 

Die röthlich-gelben Thone derselben Grube, aus welcher 
der eben beschriebene Chamotte - Thon herstammt, sind sehr 
feinkornig; sie balten stark zusammen und sind auch unter 
Wasser schwer zerdrückbar. Mit Salzsäure brausen sie nicht 
auf, Beim Schlammen und unter dem Mikroskop verhalten 
sie sich sehr Ahnlich dem Chamotte - Thon. Jedoch sind die 
Quarzschollen vielmehr eckig- als uneben-begrenzt; ihre Ober- 
fläche ist überdies haafig krystallinisch überkrustet; die Krystall- 


Leits. d. D. geol. Ges. XX VIII. 1. 7 





98 


kruste ist farblos und klar und lässt Quarzformen deutlich 
erkennen, wenn auch nicht so allgemein und in dem Grade, 
wie es bei vielen nicht kaolinischen Buntsandsteinen der Fall 
ist. Die Glimmer-artigen Blätter bieten keinen Unterschied. 
An sie schliessen sich in gleicher Weise Schuppen und Gries 
an. Auch die Mikrovermiculite feblen nicht. Als Ursache der 
Färbung zeigen sich opake Splitter — doch wohl von Roth- 
eisenstein. 

Die thonigen oder vielmehr kaolinischen Sande und Sand- 
steine derselben Grube saugen Wasser begierig auf und zer- 
fallen dann. In Wasser aufgeschlammt hinterlassen sie eine 
beträchtliche Menge weissen Sandes, der aus (Quarz mit mi- 
kroskopischen Cavernen besteht. Die einzelnen Quarzkörner 
haben theilweise von unebenen Bruchflächen gebildete Aussen- 
seiten, theilweise sind sie von einer farblosen, klaren, krystal- 
linischen Quarzkruste eingenommen, In dem Aufgeschlammten 
und zwar dem Feinsten davon, welches als Porcellanmasse 
verbraucht wird, finden sich ausser den beim Chamotte - Thon 
aufgeführten Gemengtheilen noch kleine, aber rundum ausge- 
bildete Quarzkrystalle. Nimmt man an, der kaolinische Ge- 
mengtheil in dieser Porcellanmasse stimme chemisch überein 
mit demjenigen des Chamotte - Thons, so muss derselbe viel 
mehr vorwalten, da der Wassergehalt der ganzen Masse bis 
uber 12 pCt. beträgt. 

Das Gestein der Kaolin- und Chamotte-Gruben neben der 
Chaussee von Eisenberg nach Konigshofen und Zeitz ist weiss 
und sehr murbe; es saugt so begierig Wasser auf und wird 
dann so schlüpfrig, dass unterirdischer Abbau unmöglich ist 
und der Bergmann von schwimmendem Gebirge reden würde. 
Das Gestein ist jedoch nach der Grösse und Menge der in 
ihm enthaltenen Quarzkorner sehr ungleichformig, namentlich 
in Bezug auf seine Fettigkeit und Magerkeit, Penwindang and 
Feuerbestandigkeit. 

In der Voraussetzung, dass die zwei Gruben bei Eisen- 
berg, wie- sie zu einer Ablagerung gehören und technisch das 
gleiche Verhalten darbieten, auch mineralogisch - chemisch und 
-mikroskopisch miteinander übereinstimmen, habe ich eine 
eingehende Untersuchung der Vorkommnisse in den letzten 
Gruben nicht unternommen. 


Y. Die übrigen Kaoline des thüringischen Buntsandsteins. 


Die specielle Untersuchung der übrigen Kaolin - Gesteine 
des thüringischen Buntsandsteins, namentlich ihre chemische 
Analyse, habe ich Herrn Dr. HeroLp aus Manster überlassen, 
der sie mit grosser Sorgfalt und Umsicht und zwar guten 





99 


Theila im Laboratorium des unter meiner Leitung stehenden 
mineralogiechen Instituts der Universitat Jena ausgefubrt und 
in seiner Promotionsschrift*) veröffentlicht hat. Dieser Schrift 
entnehme ich die HsnoLp’schen Resultate, soweit ich sie für 
meinen lithologisch-geologischen Zweck brauche, unter Hinzu- 
fügung des weiter Nöthigen. 


1. Die Kaoline von Osterfeld, 


Die Wände der über 20 Meter tiefen Grube bei Osterfeld 
zeigen einen Wechsel von fetten bis mageren und rauhen, 
meist sehr mürben Gesteinen, von Thonen, sandigen Thonen, 
thouigen Sanden und Sandsteinen. Die thonigen Gesteine 
walten jedoch vor den sandigen sehr vor und die rauhen Sand- 
steine treten nur ganz untergeordnet auf. Die Farbe aller 
Gesteine ist ein meist sehr reines Weiss. Das ganze Vor- 
kommen schliesst sich in aller Beziehung sehr nahe an das- 
jenige von Eisenberg an. 

Von Osterfeld wurden sechs Proben in Untersuchung ge- 
nommen. Sie sind mit J. bis VI. bezeichnet nach dem Grade 
ihrer Fettigkeit. Die Proben I. und II. sind sebr leicht zer- 
reiblich and zerfallen im Wasser schnell zu einem plastischen 
Brei. Die übrigen Proben zeigen mehr Zusammenhalt. Die 
Probe III. ist zwar trocken nicht mehr leicht zerreiblich, saugt 
aber begierig Wasser auf und lasst sich zu einen immer noch 
plastischen Brei zerdrucken. Die Probe IV, ist zwar leicht 
zerreiblich, fablt sich aber kaum noch fettig an; trotzdem giebt 
sie, in Wasser zerdruckt, noch einen ziemlich plastischen Brei. 
Die Probe V., obgleich ebenso leicht zerreiblich wie IV., fühlt 
sich weniger fettig an und giebt, unter Wasser zerdrückt, 
einen wenig plastischen Brei. Die Probe VI. bietet bereits 
mehr Zusammenhalt, fühlt sich mager an, saugt nur wenig 
Wasser ein und giebt, in Wasser zerdruckt, einen mehr klum- 
pigen als plastischen Brei. Die Farbe der Proben I. bis V. 
ist gelblichweiss, der Probe VI. schneeweiss. 

Die Menge des leicht aus dem durch Zerdrucken mit 
Wasser entstandenem Breie Aufschlammbaren beträgt bei: 


I. II. I TI. V. VI. 
86.6 78,6 69,5 46,0 46,2 15,6 
Procente. 
Das Nicht- bis Schwer - Aufschlammbare ist von so ver- 
schiedenem Korne, dass es sich noch leicht in je drei Par- 


*) Ueber die Kaoline des mittleren Buntsandsteins in Thüringen. 
Jena 1875. 
7 # 


100 


tieen sondern lasst: in groben, feinen und feinsten Sand. Der 
grobe Sand besteht ganz aus Brocken eines gemeinen, d. b. 
cavernösen Quarzes mit sehr wenig Milch-Quarz, namentlich 
bei I. und II., vermengt. Die feinen und feinsten Sande, na- 
mentlich der feine Sand von III., bestehen aus einem Gemenge 
von Quarzbrocken mit silberweissen, schimmernden Blättern. 
Um diese letzten für sich zu bebalten, construirte ich eine 
kleine Stauche, ähnlich derjenigen, welche von den Bergleuten 
des Thüringer Waldes zur Sonderung des nur von Mangan- 
Erzen dann uberzogenen Porphyrs und der Porphyr - haltigen 
Manganerze angewendet wird. Ich hing eine Ubrschale mittels 
einer langen Spirale aus Klaviersaite in Wasser auf, füllte 
die Uhrschale mit dem Sande und versetzte sie durch An- 
ziehen der Spirale in vertical - schwingende Bewegung. Dabei 
wirbelte sich der Sand in gewünschter Weise so auf, dass die 
rundlichen Quarzkörner rasch auf die Uhrschale zurückfielen, 
die breiten Blatter aber länger suspendirt blieben, allmälig 
über den Rand der Uhrschale hinausgetrieben wurden und sich 
auf dem Boden des Wassergefässes sammelten, ch noch 
immer mit Quarzkornern vermengt. 

Das Leicht-Aufschlammbare oder der robe Kaolin ist von 
gleicher Beschaffenheit wie der Chamotte-Thon von Eisenberg. 
Mikrovermiculite und Mikroschôrlite feblen ebensowenig in 
ibm, wie im feineren Sande. 

Die Dichte der rohen Kaoline von Osterfeld betragt aus 
den verschiedenen in Untersuchung genommenen Proben: 


. m. DE Iv. V WI 
2,56 2,50 2,64 2,58 2,59 2,51 


Ihre Gesammt - Zusammensetzung sellt sich folgender- 
maassen heraus: 


I, II. III. IV. V. VI. 

Kieselsäure 47,6 49,1 49,5 54,2 49,4 47,6 
Thonerde..... 35,6 34,6 34,4 31,3 35,1 36,6 
Eisenoxyd . ... 1,3 14 16 14 14 1,0 
Eisenoxydul . .. 0,3 04 04 04 08 0,9 
Kalkerde..... 15 19 06 05 07 0,8 
Talkerde..... 03 06 08 03 03 0,6 
Kall 0.030 02 03 04 02 05 0,4 
Natron...... 00 02 00 00 00 0,2 
Wasser...... 12,9 11,3 12,5 11,8 11,5 12,3 
99.7 99,8 99,7 99,6 99,7 100,4 


101 


Nach Behandlung mit überhitzter Schwefelsaure (siehe 
oben bei Eisenberg) und Digestion mit Wasser und nachher mit 
einer Lösung von koblensaurem Natron hinterblieb als unauf- 
geschlossener Rest bei: 


. m. IM. IV. 1 V VWI 
6,4 10,3 12,6 17,4 10,4 6,9 


Procente und davon war Kieselsäure, die ohne erheblichen 
Fehler als Quarz in Rechnung gebracht werden kann, bei: 


IL m m. IV V VI 
5,9 10,0 11,1 17,1 91 6,2 


Procente. Berechnet man nach Abzug dieser freien Kiesel- 
saure den Rest derselben als gebundener und nimmt dazu unter 
Vernachlässigung des Eisenoxydes und des Eisenoxyduls, der 
Kalk- und Talkerde, des Kalis und Natrons, die ja sammtlich 
nur in geringfügiger Menge gefunden werden, die Thonerde 
und das Wasser, so erhalt man folgende Verhältnisse zwischen 
den Sauerstoff-Gehalten bei: 


L m. ILE IV. Vv. Vi 
der Kieselsaure .. 4,1 3,9 4,0 4,1 4,1 3,9 
der Thonerde ...3 3 3 3 3 8 
des Wassers....2,1 1,0 2,2 2,1 1,9 2,0 
Diese Verhältnisse kommen demjenigen: 
4:3:2, 
welches dem typischen Kaolin eigen ist, uber Erwarten nahe. 
Die breiten Blatter, welche, wie oben beschrieben wurde, 
aus dem feinen und feinsten Sande, wenn auch nicht ganz 
rein, mechanisch ausgesondert werden können, hinterlassen 
nach Aufschliessung mit uberhitzter Schwefelsäure u. 8. w. 
einen Rest von 45,18 pCt., welches aus 45,00 Kieselsäure, 
0,14 Thonerde und 0,03 Talkerde besteht, also ohne erheb- 


lichen Fehler ale Quarz in Rechnung gestellt werden kann. 
Danach ist die Zusammensetzung derselben: 


Kieselsaure . . . 27,3 pCt. 
Thonerde . . . 15,7 ,, 
Eisenoxyd . . . 23 „ 
Kalkerde. . . . 05 „ 
Talkerde. . . . 02 „ 
Kali 7. 5 2 AT x 
Natron . . . . Spar — 
Wasser . ; 
Quarz. . . . . 452 „ 


> 
= 


102 


Im aufgeschlossenen Antheil ist das Sauerstoff-Verhähliniss 
zwischen: 


Kieselsaure Sesquioxyden Monoxyden Wasser 


2,4 : 3 : 0,3 : 21 


Nimmt man also das Wasser als basisches und vereinigt 
es mit den Monoxyden, so erhalt man sehr genau ein Singulo- 
silicat, entsprechend der Formel: 


5 (2 RO + SiO,) + 2 (2 R, O, + 3 SiO,), 


welche Gliedern der Glimmergruppe verwandt ist. Allein dieser 
aufschliessliche Antheil ist doch viel wahrscheinlicher ein Ge- 
menge, als eine homogene Masse. Dass fertiger Kaolin ein 
Gemengtheil sei, ist kaum zweifelhaft, aber eine Berechnung 
auf dieser Grundlage ist zu unbestimmt, um weiter ausgeführt 
zu werden. Vorläufig genügt es, die genetische Verwandt- 
schaft des Kaolins zum Glimmer wie durch die Form, so 
auch durch die Zusammensetzung begrundet zu haben. 


2. Der Kaolin von Steinheide. 


Der rohe Kaolin von Steinheide ist makroskopisch nicht 
wesentlich verschieden von dem Eisenberger und Osterfelder. 
Mikroskopisch erscheint er als ein Gemenge von Quarzkornern 
und glimmerartigen Schuppen; Mikrovermiculite und Mikro- 
schörlite sind jedoch in ihm nicht aufzufinden. Seine Dichte 
ist 2,58. Seine chemische Zusammensetzung, nach der oben 
beschriebenen Methode bestimmt, ist die folgende: 


A. Durch überhitzte Schwefelsäure nicht aufgeschlossen: 
Quarz mit etwas Silicat . . 7,2 pCt. 


B. Durch überhitzte Schwefelsäure aufgeschlossen: 


Kieselsaure . . . 41,9 pCt. 

Thonerde. . . . 34,5 „ 

Eisenoxyd . . . 1,2 ,, 

Eisenoxydul . . . 06 „ 
: 6 


Kalkerde . 1,6 ,, 
Talkerde . + “0,9: à: 
Kali . . . . . 04 u 
Natron 0,2 ,, 


Wasser . | | 12,1 „ 
100,3 pCt. 








103 


Berechnet man das durch uberhitste Schwefelsaure auf- 
schliessliche Silicat mit Rücksicht allein auf Kieselsaure, Thon- 
erde und Wasser, so erhält man das Sauerstoff-Verhaltniss: 


4,2:3:2 


sehr nahe ubereinstimmend mit dem Eisenberger, Osterfelder 
und dem typischen Kaolin von Aue. 


3. Die Kaoline von Weissenfels. 


Der Kaolin-Sandstein am ostlichen Ausgange von Weissen- 
fels, welcher knapp uber der Saale in hohen Felsenwanden 
austeht, ist grobkörnig, ziemlich bundig, weiss. Nach Be- 
bandlang mit verdünnter Salzsaure, die unter eben bemerk- 
barem Aufbrausen etwas Eisenoxyd und Thonerde, Kalk- und 
Talkerde aus ihm aufnimmt, zerfallt er und lässt sich leicht 
zerdrucken. Das zerdruckte Gestein giebt beim Schlammen 
einen körnigen schmutzig- weissen Rückstand. Derselbe lässt 
unter dem Mikroskop nur Quarzkörner erkennen, die innerhalb 
einer fast immer ringsum geschlossenen, völlig klaren Kruste 
einen cavernosen Kern einschliessen. Die klare Kruste ist 
deutlich drusig-krystallinisch, aber nirgends dick. Neben diesen 
Quarzkörnern werden nur selten glatte, braune Körner be- 
merkt. Das Aufgeschlämmte oder der rohe Kaolin setzt sich 
langsam aber vollständig aus dem Wasser ab. Er stimmt in 
Allem mit denen von Eisenberg und Osterfeld überein, na- 
mentlich aber in seinem mikroskopischen Verhalten; auch Mikro- 
vermiculite und Mikroschorlite finden sich vor. Seine Dichte 
ist 2,60. Im Ganzen ist seine Zusammensetzung: 


Kieselsäure . . . 53,2 pCt. 
Thonerde . . . . 318 ,, 
Eisenoxyd. . . . 11 ,, 
Kalkerde . . . . 10 „ 
Talkerde . ... 03 » 
Kali. . + + 0,5 
Wasser... . 11,8 ,, 


Fast dieselben Zahlen bietet der rohe Kaolin von Oster- 
feld IV. Man darf daher voraussetzen, dass auch die Zu- 
sammensetzung des eigentlichen oder reinen Kaolins in ihm 
dieselbe sei, wie dort, d. h. diejenige des typischen Kaolins 
von Aue. 


104 


Das Kaolin - Gestein des Inmer’echen Steinbruchs ist ein 
sandiger Thon, der beim Schlammen recht viel Quarzkôrner 
absetzen lasst. Der aufschlammbare rohe Kaolin verhält sich 
zwar mikroskopisch ebenso wie der ( hamotte-Thon von Eisen- 
berg, namentlich fehlen ihm weder Mikrovermiculite, noch 
Mikroschörlite, aber seine chemische Zusammensetzung ist 
eine andere. Im Ganzen ist sie die folgende: 


Kieselsaure . . . 57,5 pCt. 
Thonerde . . . . 30,3 „ 
Eisenoxyd . . . 29 „ 
Kalkerde . s. 4 
Talkerde . . © 
Kali... + +, + ©, 
. « 6 
9 


Wasser 


Leider wurde mit diesem Kaolin eine Aafschliessung durch 
Schwefelsaure nicht im abgeschmolzenen Glasrohre bei höherer 
Temperatur, sondern in offener Schale bei der zum Abdampfen 
bis zur Trockne erforderlichen Temperatur vorgenommen. 
Nach Behandlung der eingetrockneten Masse zuerst mit Salz- 
säure und dann mit einer Lösung von koblensaurem Natron 
blieben 32,7 pCt. ungelöst, welche noch 2,7 pCt. Thonerde 
enthielten. Man begeht also einen Fehler, wenn man das 
Wasser ganz mit der aufgeschlossenen Kieselsäure und Thon- 
erde zusammenrechnet, und das aus dieser Zusammenrechnung 
bervorgehende Saterstoff-Verhältniss ist nur eine Annäherung 
an die Wahrheit. Dasselbe ist: 


Kieselsaure Thonerde Wasser 
4,1 : 3 : 1,4 


Dieses gleicht bezuglich der Kieselsaure and der Thon- 
erde nahe genug den bisher vorgekommenen, bietet aber 
weniger Wasser. Will man zu 


4:3:15 


abrunden, so fuhrt diese Abrundung zu einfachen Zahlen, 
entfernt sich aber umsomehr von der Wahrheit, als des Was- 
sers von vornherein eher zu viel ale zu wenig eingerechnet ist. 

Weissenfels wird als Fundort noch eines anderen wasser- 
haltigen Thonerde-Silicates, des Kollyrites aufgeführt, welcher 
jedoch ein vom Kaolin so abweichendes Verhalten dar- 
bietet, dass eine nähere Beziehung zwischen den Fundorten 
beider nicht zu erwarten steht. Ich selbst habe den Kollyrit 








105 


weder aaffinden, noch in Erfahrung bringen können, wo er 
fruaher aufgefunden wurde, Die Sammler, die ihn besessen, 
oder in den Handel gebracht haben, sind längst verzogen oder 
verstorben. 


4. Kaolin von Gleina. 


Der sandige Thon von Gleina ist hellgelb, fühlt sich sehr 
fettig an, saugt Wasser begierig ein und giebt damit einen 
sehr plastischen Teig. Beim Schlammen sondert sich ein 
feiner Sand ab, der mit vielen schon makroskopisch gut er- 
kennbaren, silberglänzenden Schuppen gemengt ist. Das Auf- 
geschlämmte sinkt langsam als sehr feiner Thon nieder, dessen 
Dichte 2,71 ist. Unter dem Mikroskop bietet er dieselben 
Erscheinungen wie der Chamotte-Thon von Eisenberg. Er ist 
ungewöhnlich reich an Mikroschörliten, weniger an Mikrover- 
miculiten. Aus diesem Grunde führe ich ihn hier mit auf, 
obgleich weitere Untersuchungen von ihm nicht vorliegen. 


5. Kaolin von der rothen Mühle bei Osterfeld. 


Der Thon von der rothen Mühle zwischen Osterfeld und 
Pitzschendorf hat eine sehr lebhaft - rothe Grundfarbe, welche 
durch weisse Flecken, Adern und Flammen wenig unterbrochen 
wird. Er lässt einen Uebergang zu den bunten Mergeln des 
Röthes, wie in der Farbe, so auch in einem gut nachweis- 
baren Carbonatgehalte erkennen. 

Dieser Thon ist recht plastisch. Beim Schlämmen hinter- 
lasst er nur wenig — gegen 14 pCt. — Quarzkôrner und Glim- 
mer -artige Blatter. Der abgeschlammte Theil lässt die ge- 
wöhnlichen Form - Elemente, auch Mikroschörlit und Mikro- 
vermiculit, erkennen. Seine Dichte ist 2,65. Er besteht aus: 


Quarz mit etwas Silicat 15,3 pCt. 
Kieselsaure . . . . 37,2 „ 


Sd 


Koblensaure . 


- 


Thonerde . . . . . 312 „ 
Eisenoxyd . . ss “6,9: «5 
Eisenoxydul 12: à 
Kalkerde 0,9 „ 
Talkerde 0,3 „ 
Kali. 0,6 ,, 
Natron . 0,3 „ 

Wasser . 5,3 

0,9 

1 


8 


106 


Unter Quarz mit etwas Silicat ist in diesem Falle wiederum 
der darch Eindampfen mit Schwefelsaure bis zur Trockne nicht 
zersetzte Rest in Rechnung gebracht. Berechnet man das zer- 
setzbare Silicat nur mit Rücksicht auf Kieselsaure, Thonerde 
und Wasser, so erhält man das Sauerstoff-Verbaltniss zwischen: 


Kieselsaure Thonerde Wasser 
4,1 : 3 : 1 


Das ist wiederum für die beiden ersten dasjenige des typischen 
Kaolins, jedoch mit balb so viel Wasser. 


6. Kaolin von Martinrode. 


Das Kaolin-Gestein von Martinrode ist schneeweiss, mager 
und schwer zerreiblich; es lasst sich aber doch noch unter 
Wasser zu einem plastischen Brei zerdrücken. Beim Schläm- 
men hinterlässt es einen körnigen Quarzsand mit Glimmer- 
artigen Blättchen. Das Aufgeschlammte oder der rohe Kaolin 
besteht aus mikroskopisch klareu bis trüben, breiten bis schma- 
len, meist in griesiger Auflösung begriffenen Blättern und aus 
Gries. Seine Dichte ist 2,65. Mit Salzsäure entwickelt es 
etwas Kohlensäure. Es ist zusammengesetzt aus: 


Quarz mit etwas Silicat 25,3 pCt. 
Kieselsäure . . . . 40,4 ,, 
Thonerde . . . . . 22,0 ,, 


Eisenoxyd . 1595 
Kalkerde ren ee: Se 
Talkerde . . . . . 0,8 ,, 
Kali . din “OSB ge 
Natron . e ea, A 
Wasser. . . . . . 6,7 „ 
Kohlensaure . 1,3 


99 


100,2 pCt. 


Auch in diesem Falle ist die Aufschliessung nur durch 
Abdampfen mit concentrirter Schwefelsäure Lis zur Trockniss 
bewirkt worden, und bei den 25,3 p(t. des nicht Aufgeschlos- 
senen befinden sich 4,3 pCt. Thonerde. Die Hinzufügung des 
ganzen Wassergebalts zum aufschliesslichen Antbeile kann 
deshalb nur zu einer Annäherung an die Wahrheit führen. 
Diese findet ibren Ausdruck in dem Sauerstoff- Verhältniss 
zwischen: 

Kieselsaure Thonerde Wasser 


6,3 : 8 : 17 





107 


Dieses aber weicht in jeder Hinsicht von dem dem 
typischen Kaolin eigenen ab. 


7. Kaolin von Uhlstedt. 


Das Gestein, aus welchem die Uhlstedter Porcellanfabrik 
ihren Kapselthon bezieht, ist ein gelber, mager anzufublender, 
sehr murber, thoniger Sand, der das Wasser weder begierig 
aufsaugt, noch damit einen plastischen Brei giebt. Beim 
Schlammen binterlasst es sehr viel gelben Quarzsand. Der 
abgeschlammte Thon hat die Dichte von 2,64 und verhält sich 
mikroskopisch wie derjenige von Martinrode. Nach derselben 
Methode wie dieser letzte untersucht und berechnet, stellt er 
sich ihm sehr nahe; er besteht aus: 


Quarz mit etwas Silicat 22,5 pCt. 
Kieselsaure . . . . 36,5 „ 


Thonerde . 22,8 4, 
Eisenoxyd . 43 5, 
Kalkerde 1:1 5; 
Talkerde 10: 5 
Kali . 1,2: >; 
Natron . 0,4 ,, 
Wasser. . . 9,1. =; 
Kohlensäure 13 „ 


100,2 pet. 


Das beim Quarz verbliebene Silicat wird durch 1,6 pCt. 
darin vorfindlicher Thonerde und weniger Talkerde angezeigt. 
Dem aufschliesslichen Antheile entspricht das Sauerstoff - Ver- 
haltniss zwischen: 


Kieselsaure Thonerde Wasser 


5,5 : 3 : 233 


welches ebenfalls dem fur Martinrode geltenden nahe steht. 


VL Die Kaolinite des thüringischen Buntsandsteins. 


Die durch blosses Ausschlammen aus Gesteinen der thu- 
ringischen Buntsandstein - Formationen gewonnenen, zur Por- 
cellan- und Chamotte-Fabrication, auch als Zusatz zur Papier- 
masse verwendbaren thonigen Substanzen wurden bisher als 
Kaoline, oder bestimmter als rohe Kaoline bezeichnet. Die 
vorstehenden Untersuchungen haben erwiesen, dass dieselben 
Gemenge sind von eigentlichem Kaolin mit Quarzstaub, dessen 


108 


Betrag in keinem Falle beträchtlich unter 6 pCt. und über 
26 pCt. vom Gunzen ausmacht, während Silicate wie Glimmer 
(verwitterter), Mikrovermiculit und Mikroschörlit in ganz unter- 
geordneter Weise beigemengt sind. Die rohen Kaoline sind 
also immerhin noch Gesteine, die eigentlichen Kaoline hin- 
gegen haben Anspruch auf mineralogische Selbstständigkeit. 
Um diesen Unterschied zu fixiren und um den Sprachgebrauch 
der Techniker zu belassen, wie er ist, empfiehlt sich die An- 
nahme des von Saranik gemachten Vorschlags, dem eigent- 
lichen Kaolin als Mineralart, den Namen Kaolinit beizulegen. 

Die Kaolinite des thuringischen Buntsandsteins sind wohl 
geeignet, die Charakteristik dieser Mineralart oder Gruppe von 
Mineralarten wesentlich fester zu stellen. 

In Betreff der äusseren Form schliessen sich die far diese 
Kaolinite erhaltenen Resultate eng an diejenigen an, welche 
schon 1836 von EHRENBERG*), und in neuerer Zeit mit beson- 
derem Nachdruck von JonnsTon und BLaxg**) und von 
SAFARIK***) fur andere Vorkommnisse und Fundorte gegeben 
wurden. Diese Kaolinite bestehen aus ebenen, sehr dünnen, 
sehr kleinen Blättern, die durch Abnahme ihres Durchmessers 
in Gries und Staub übergehen. Sie haben jedoch nur sehr 
selten krystallinische, d. h, geradkantige Umrisse; meistens 
sind die letzten krummlinig, eingerissen und abgerandet. Wenn 
Naumannf) diese Formen als kryptokrystallinisch, A. Knopf) 
als isomorph oder homöomorph mit Glimmer bezeichnet, 80 
finde ich beides nicht zutreffend; dieselben sind pseudomorph. 
Die Gesammtheit meiner Untersuchungen lässt mich in diesen 
Blattchen nicht sowohl krystallinische Neubildungen, ale viel- 
mehr mechanische und chemische Trummer früher vorhandener 
Krystalle und zwar von Glimmer erkennen. 


Die klaren und breiteren Blätter dieses Kaolinits — die 
jedoch noch nicht ganz in reines Thonerde - Silicat - Hydrat 
übergegangen sind — zeigen Doppelbrechuog mehr oder we- 


niger deutlich, die truben und kleinen lassen nichts mehr 
davon wahrnehmen. Und dieses optisch - indifferirende Ver- 
halten sehe ich als das dem Kaolinit eigenthamliche an. 

Die Dichte der thuringischen Kaolinite muss diejenige des 
gemeinen, d. h. cavernösen Quarzes sein, mit dem sie bei 
nahe gleichem Volumen das gleiche Senkungs-Vermögen haben. 

Für ihre Härte vermag ich nicht ein Maass zu geben. 


*) Puce. Ann. 39. pag. 103. 
**) Sıruısan, Journal (2) 42. pag. 35t. 
*%%) Sitzungsber. d. k. böhm. Ges. d. Wiss. in Prag. 1870, Januar- 
Februar, pag. 24. 
+) Elemente der Mineralogie, 9. Aufl. pag. 348. 
++) N. Jahrb, f. Mineralogie u. s. w. 1859. pag. 594. 








109 


Ihre makroskopische Weisse, Mattigkeit und Undurch- 
sichtigkeit geht mikroskopisch in Farblosigkeit bis grauliche, 
gelbliche und bräunliche Färbung über und in Klarheit bis 
staubige Trubung. 

Alle thüringischen Kaolinite sind zwar Thonerde-Silicat- 
Hydrate, aber weder das Verhaltniss zwischen Thonerde und 
Kieselsaure, noch dasjenige zwischen Silicat und Wasser ist 
immer dasselbe. Die meisten und darunter gerade diejenigen, 
welche von der Technik bevorzugt werden, nämlich diejenigen 
von Eisenberg und Osterfeld, aus den Sandsteinen von Weissen- 
fels und Steinheide haben die Zusammensetzung des typischen 
Kaolinits von Aue. Der Kaolinit aus dem Thone von Weissen- 
fela enthält nur drei Viertheile so viel Wasser, und endlich 
derjenige aus dem Thone von Pitzschendorf nur halb so viel. 
Der chemische Bestand dieser Mineralien findet seinen Aus- 
druck in den Formeln: 


a, 2 Al, O, + 4 SiO, + 4 HO 
9, 2 AL O, + 4 SiO, + 3 HO 
~, 2 AL O, + 4 SiO, + 2 HO 


Die Analysen der Kaolinite von Martinrode und Uhlstedt 
fabren nicht ebenso einfach zu Formeln, beide sind nahe: 


Al, O, + 3 SiO, + 2 HO 
oder der leichteren Vergleichung wegen: 
à, 2 Al, O, + 6 SiO, + 4 HO 


Ist es demgemass ganz unzweifelhaft, dass die Kaolinite 
des thüringischen Buntsandsteins verschiedenartig sind, so er- 
scheint es doch unnötbig, diese Verschiedenartigkeit durch be- 
sondere Namen zu fixiren, so lange Glimmer, Chlorit und 
andere Namen in Gebrauch bleiben, mit denen man Gruppen 
von nahe verwandten, aber doch nicht identischen Mineralien 
belegt. Es mag umsomehr genügen, die Verschiedenartigkeit 
durch ein vorgesetztes a, 3, , 6 anzudeuten, als dieselbe noch 
nicht auf alle sonst für constitutiv angesehenen Merkmale be- 
grundet ist. 

Dass nun der a-Kaolinit Thüringens der typische ist, 
dass der 6 - Kaolinit zum Razumoffskit in demselben Verhalt- 
niss steht wie der B- und 7-Kaolinit zum a-Kaolinit springt 
in die Augen. ° 


110 


Vil. Ursprung der Kaolinite des tbäringischen Buntsandsteins. 


Durch die vorstehende Darlegung der Verhaltnisse der 
thüriugischen Kaolinite hoffe ich die Ansicht begründet za 
haben, dass dieselben durchaus nicht krystallinische Neubil- 
dungen sind, oder in ihrer Entwickelung begriffene Krystalle, 
sondern vielmehr Trümmer fruberer Krystalle in mechanischem, 
wie in chemischem Sinne. Steht aber das fest, so kann nicht 
wohl ein weiteres Mineral, oder eine weitere Gruppe von 
Mineralien als Ursprung in Betracht gezogen werden, ausser 
dem Glimmer, Dafür spricht vornehmlich die Untersuchung 
der Blätter aus dem feinen und feinsten Sande, der aus dem 
Kaolingestein von Osterfeld, namentlich aus III., ausgeschieden 
werden kann, Kein Mineralog und Mikroskopiker würde An- 
stand nehmen, diese Blatter, wenn sie ihm ohne Angabe des 
Vorkommens und Fundortes vorgelegt wurden, für Glimmer 
zu erklären. Ihre chemische Zusammensetzung ist derjenigeu 
eines Kali-Glimmers wenigstens verwandt. Scheidet man aus 
ihr alle Thonerde mit derjenigen Menge von Kieselsäure und 
Wasser aus, welche zur Bildung des 1 - Kaolinits erfordert 
wird, so bleibt ein Trisilicat von Kali und Wasser, welches 
noch entfernt werden müsste, um die Kaolinisirung zu voll- 
ziehen. Und diese Entfernung kann man recht wohl dem 
Durchzuge des Wassers anheimgeben. 

In welchem genetischen Verhaltniss, namentlich bezüglich 
der zeitlichen Aufeinanderfolge B- und „-Kaolinit zu dem 
a-Kaolinit stehen, und ferner in welchem die Reihe der a-, 
3- und 7-Kaolinite zum ö-Kaolinit steht, muss vorläufig un- 
erledigt bleiben, 

Schliesslich kann ich nicht ungesagt lassen, dass ich 
Mikrovermiculit und Mikroschörlit nicht ebenfalls als ausge- 
machte Trummerbildungen ansehen kann; in ihnen könnten 
auch Neubildungen vorliegen. 








111 


9, Ueber die Bildung des Schwarzwaldes und der 
Vogesen. 


Von Herrn Ptatz in Karlsruhe. 
Hierzu Tafel III. 


Im 27. Bande dieser Zeitschrift (pag. 83 bis 104) liefert 
Herr Lepsıus einen Beitrag zur Geologie der oberrbeinischen 
Gebirge (Ueber deu bunten Sandstein in den Vogesen, seine 
Zusammensetzung und Lagerung), in welchem die bisherigen 
Ansichten uber die Bildung von Schwarzwald und Vogesen 
als unhaltbar verworfen werden. Der Autor resumirt am 
Schlusse seiner Abbandlung seine Meinung dahin: 


„dass sowohl die auf den äusseren Abdachungen der Vogesen 
„und des Schwarzwaldes, als die in der Rheinebene liegen- 
„den Schichten der Trias und des Jura nur Reste sind von 
„den durch eine nachjurassische Hebung zerrissenen Forma- 
„tionen, und dass vor diesem Zeitpunkte diese Ablagerungen 
„uber den ganzen Raum des südwestlichen Deutschlands in 
»concordanter Lagerung und in ununterbrocherer Reihen- 
„folge ausgebreitet lagen.“ 


Bisher haben sämmtliche Geologen, welche sich mit 
Untersuchungen im Schwarzwald und in den Vogesen beschäf- 
tigten, die von E. pe Beaumont aufgestellte Ansicht getheilt, 
dass die Entstehung beider Gebirge in die Zeit des bunten 
Sandsteins falle, indem nach Ablagerung des sogen. Vogesen- 
sandsteins längs zweier ungefähr nordnordöstlich streichender 
Spalten eine Hebung erfolgt sei, und dadurch die beiden pa- 
rallelen Gebirgsrucken dem Meere enthoben worden seien. Es 
wurde ferner aus den Lagerungsverhältnissen geschlossen, 
dass in relativ sehr neuer Zeit, am Schlusse der Tertiarperiode, 
eine zweite Hebung den beiden Gebirgen ihre jetzige Höhe 
gegeben und zugleich die Schichtenstörungen innerhalb des 
Rheinthals und in den niedrigen Hügelketten, welche die 
beiderseitigen steilen Gebirgsabhänge begleiten, erzeugt habe. 

In einer kleinen Abhandlung (Geologie des Rheinthals)*) 


— — 





*) Verhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins in Karlsruhe, 
VI. Heft 1873 pag. 152 — 212. 





112 


habe ich die Entstehung des Rheinthals in folgender Weise 
dargestellt (pag. 17 u. 18): 

»Mitten in die Zeit der Sandsteinbildung, als schon die 
angeschwemmten Sandmassen ein ziemlich gleichformiges, wohl 
nicht hoch über dem Meere gelegenes Niveau hergestellt hatten, 
aus dem nur der südliche Schwarzwald und die Vogesen als 
flache Berginseln hervorragten, fallt das bedeutendste geolo- 
gische Ereigniss, welches dem Lande sein bis heute bewahrtes 
Relief gegeben hat: die Bildung des Rbeinthals. 

An den beiderseitigen Gehangen entstanden von Sudsud- 
west nach Nordnordost laufende parallele Spalten ; das zwischen 
ihnen liegende Stück blieb in seiner Lage, während die rechts 
und links liegenden Theile über das frübere Niveau erhoben 
wurden. 

In dem liegengebliebenen Theile ging die Gesteinsbildang 
ohne Unterbrechung weiter, während auf dem gehobenen Fest- 
land die jüngeren Schichten fehlen, 

Die inneren Grenzen dieser Festländer sind jetzt noch 
durch den Steilabsturz der beiden Gebirge deutlich bezeichnet; 
an vielen Stellen sind die Klüfte noch deutlich erhalten, bald 
als einfache, bald als mehrfache Linien, in welch letzterem 
Falle ein treppenformiger Absturz entstand. 

Die äusseren Grenzen sind durch das Auftreten der jun- 
geren Gesteine bezeichnet; auf der Ostseite verlief die Grenze 
in der Linie Nogold, Freudenstadt, Villingen, Bonndorf, auf 
der Westseite über Luxeuil, Epinal, Rambervillers, Saarburg 
und Zweibrücken nach Saarbrücken. 

Was östlich und westlich von diesen Greuzlinien lag, blieb 
ebenfalls in ungestörter Lage; die Hebung nahm also beider- 
seite von innen nach aussen an Energie und Wirkung ab und 
musste somit die vorher horizontalen Sandsteinschichten nach 
aussen neigen. Es fand also eine drehende Bewegung um zwei 
parallele Axen statt. 

Nach dieser Hebung waren also zwei parallele Gebirge 
mit steilem Abfall nach innen, sehr sanfter Neigung nach 
aussen, entstanden. 

Das östliche Gebirge — der Schwarzwald — erstreckte 
sich nach Norden bis in die Gegend von Mittelbach, Langenalb, 
Neuenburg und Pforzheim, hier durch einen deutlichen, wenn- 
gleich nicht sehr steilen Absatz von dem nicht gehobenen 
Theile geschieden. Ebenso wurde der den Urgebirgskern des 
Odenwaldes umgebende Sandstein gehoben; zwischen beiden 
blieb eine von Ettlingen bis Wiesloch sich erstreckende Mulde. 
Auf der Westseite bingegen wurde die ganze Erstreckung von 
Belfort bis zum Steinkohlengebirge bei Saarbrücken gehoben, 


113 


so dass die ostlichen und westlichen Gewasser durch einen 
Landstreifen getrennt waren, 

Die stärkste Hebung fand am südlichen Theile statt, das 
ganze Terrain senkt sich beiderseits gegen Norden. 

Unter der begründeten Voraussetzung, dass die nicht ge- 
hobenen Theile in ihrer ursprünglichen Lage blieben, lässt 
sich die Grosse der Hebongen der Kluft auf der Innenseite 
annabernd bestimmen. 

1. Bei Villingen liegt die obere Grenze des Sandsteins 
bei 2200 Fuss Höhe, der bunte Sandstein ist dort nur 
200 Fuss mächtig, das Grundgebirge geht also bis 2000 Fuss; 
4 bis 5 Stunden westlich liegen Sandsteinbänke auf Granit in 
3000 Fuss Höhe, die Hebung beträgt somit hier 1000 Fuss. 

2. Im oberen Kinzigthal liegt die Grenze des Grund- 
gebirges bei 1666 Fuss, am Mooswald, westlich davon, bei 
2100 Fuss, woraus sich eine Hebung von 434 Fuss ergiebt. 

3. Im oberen Murgthal steigt das Grundgebirge bei 
Baiersbronn auf 1933, am Kniebis auf 2400 Fuss, die He- 
bung beträgt also 367 Fuss. 

Die Zeit der Hebung fallt in die Ablagerungszeit des 
bunten Sandsteins und zwar, nachdem die Masse desselben in 
der mittleren Gegend, z. B. im Murgthal, eine Dicke von ca. 
1000 Fuss erreicht hatte.“ 

Ich habe ebendaselbst auf einer Tafel die successiven 
Veränderungen , welche in der Bodengestaltung im Laufe der 
geologischen Perioden eingetreten sind, durch ideale Quer- 
profile darzustellen versucht, 

In der Wissenschaft gilt weder Autorität noch Majoritat; 
jede Theorie muss sich der Kritik unterwerfen. Ob aber die 
neue Theorie berechtigt und den Thatsachen mehr entsprechend 
ist, als die alte, mögen die folgenden, auf zahlreichen und ge- 
nauen Beobachtungen fussenden Betrachtungen lehren. 

Ueber die Zugehörigkeit des Vogesensandsteins zur Bunt- 
sandsteinformation ist wohl in Deutschland kein Zweifel. Die 
Beweise hierfür sind übrigens nicht im Schwarzwald und den 
Vogesen, sondern weiter nördlich zu finden, wo die ununter- 
brochen von Süden her fortsetzenden Schichten dem Zech- 
stein aufgelagert aind. Im Oberrheingebiet könnten nar die 
Schichten des oberen Rothliegenden als Landfacies des Zech- 
steins angesehen werden. *) 

Innerhalb des bunten Sandsteins hat Lepsius fur die Vo- 
gesen, wie Eck**) für den Schwarzwald, eine Zone von Con- 





*) VoceLcersanc, Geologische Beschreibung von Triberg und Donau- 
eschingen (statist. Beiträge Heft 30) pag. 65. 
“*) Leonnann, N. Jahrb. 1875 pag. 70. 


Leils. d. D. geol. Ges. XXVIII, 1. 8 





114 


glomeratbanken als weit verbreitet nachgewiesen, nach welcher 
eine obere und untere Abtheilung unterschieden wird. Con- 
glomeratbanke sind im Schwarzwald an vielen Stellen bekannt; 
ob sie überall in demselben Horizont auftreten, ist noch näher 
zu ermitteln, in welchem, Falle sie einen werthvollen Anhalt 
für die Sonderung der mächtigen Sandsteinmasse abgeben 
werden. Bis jetzt sind dieselben aber nur in unmittelbarer 
Nähe des Grundgebirges bekannt geworden. 

Lepsios giebt an, dass die zunächst uber den Conglomerat- 
bänken liegenden Schichten dieselbe petrographische Beschaffen- 
heit haben, wie die darunter liegenden; ebenso ist es am 
Schwarzwald. Es ist daher misslich, diese Zone als Etagen- 
abtheilung zu verwenden, wenn sie auch innerhalb des unteren 
Buntsandsteins einen guten Horizont abgiebt. 

Besser eignet sich zur Scheidung die von SANDBERGER") 
beschriebene dolomitische Zone mit Carneol, welche von Ler- 
sıus auch in gleicher Stellung bei Mutzig im Elsass (l. c. 
pag. 96) nachgewiesen wurde. Diese Bank liegt am West- 
fusse der Vogesen überall über dem Vogesensandstein **), ist 
überall am Nordrande des Schwarzwaldes verbreitet, auch am 
Ostrande von REGELMANN***) gefunden worden, ebenso am 
Sud- und Ostabhang von VoeELaBsAne t+), ScHILLtt) und 
ScuatcH?fff) nachgewiesen worden. Sie liegt überall über 
dem typischen Vogesensandstein; erst uber derselben treten 
die Petrefacten-fabrenden Thonsandsteine auf, sie scheidet also 
zwei petrographisch wie paläontologisch wohl charakterisirte 
Zonen, wie sie selbst durch den constanten Dolomitgehalt 
zwischen den zwei fast absolut kalkleeren Etagen eigenthum- 
liche Zustande während ihrer Bildung vermuthen lasst. 

Diese Zone kann nicht mit der ebenfalls dolomitischen 
Zone an der Basis des Vogesensandsteins verwechselt werden, 
wie dies Lepsius in der Anmerkung pag. 96 meint; dieser 
Irrthum rubrt wohl davon ber, dass am Südrande des Schwarz- 
waldes der bunte Sandstein überhaupt eine sehr geringe Mäch- 
tigkeit besitzt. Die dolomitische Zone von Mutzig ist identisch 


*) Verhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins in Karls- 
rube, Heft 1 (1864) pag. 20 ff. 
2 D’Aacuıac, Histoire des progrès de la Géologie, Bd. VIII, 
pag. 142. 
”*) RaGeLuann, Trigonometrische Höhenbestimmungen etc. in Würt- 
temberg. Jahrbücher für Landeskunde, Jahrgang 1873 pag. 38. 
T) Vocsıegsang, Geolog. Beschreibung v. Triberg—Donaueschingen 
1872 pag. 67. 
+t) Scuitt, Geolog. Beschreibung von Waldshut etc. 1866 pag. 48. 
ttt) ScuaLch, Beiträge zur Kenntniss der Trias 1873 pag. 15. 








115 


mit der Carneolbank am Schwarzwald und wird auch wohl 
noch weiter am Ostraude der Vogesen gefunden werden. 

Aus diesen Grunden wurde auch auf den neueren, von 
der grossherzogl. badischen Regierung herausgegebenen geo- 
logischen Karten (Sectionen Triberg-Donaneschingen und For- 
bach-Ettlingen) diese Zone als Grenze zwischen oberem und 
unterem Buntsandstein angenommen. 

Gehen wir nun zur Discussion der Lagerungsverhältnisse 
und der geologischen Folgerungen über, suchen wir also die 
Frage zu entscheiden: wann sind Schwarzwald und 
Vogesen entstanden? so haben wir für die Entscheidung 
der Frage folgende Kriterien: 

l. die geographische Verbreitung der Formationen; 

2. das Auftreten von Dislocationsspalten ; 

3. die Discordanz der Lagerung. 

Es steht ausser Zweifel, dass die Gebirge nicht, wie wohl 
früber angenommen wurde, das Product einer raschen ein- 
maligen Hebung gewesen sind; speciell für das Oberrhein- 
gebiet lasst sich eine Reihe von Niveauveränderungen in ver- 

_schiedenem Sinne nachweisen, wie ich in meiner oben er- 
wähnten Arbeit entwickelt habe. Es sind dies aber Boden- 
bewegungen, welche das ganze Gebiet in gleichem Sinne 
ergriffen und keine Gebirgabildungen zur Folge hatten. Grosse 
partielle Niveauveränderungen sind hingegen am Schlusse der 
Tertiärzeit vor sich gegangen und es kommt nun darauf an, 
die Wirkungen der beiden Hebungen zur Buntsandsteinzeit und 
zur Tertiarzeit von einander zu trennen. 

Die Annahme einer alten Hebung (während der Buntsand- 
steinperiode) gründet sich zunachst auf das Fehlen aller jun- 
geren Formationen auf den Hochflachen des Schwarzwaldes 
und der Vogesen. Luepsius behauptet nun pag. 101: ,,Ferner 
„überlagern die jüngeren Formationen in der That den Vo- 

"„gesensandstein auf der Höhe der Gebirge sowohl in den 
„Vogesen wie im Schwarzwalde.(* 

Wäre diese Behauptung richtig, 80 ware damit die E. DE 
Braunont'sche Theorie definitiv beseitigt; allein dem ist nicht 
also. Noch Niemand hat auf der Hobe der beiden Gebirge 
Muschelkalk oder Jura gefunden; jede geologische Karte giebt 
darüber Aufschluss, ebenso die zahlreichen Profile in den Wer- 
ken von Dausrés, KÖOHLIN-SCHLUMBERGER, SANDBERGER, VOGEL- 
GBSANG u. A. Ueberall beginnen die jüngeren Formationen 
erst in einer Entfernung von ca. 4 Meilen vom Steilabfall der 
inneren Seite in einem beträchtlich tieferen Niveau als die 
Hohe des Gebirges selbst. Sie bilden topographisch wie geo- 
logisch die Grenze des eigentlichen Gebirges; die von ihnen, 


8* 


116 


speciell vom Muschelkalk, gebildeten Plateaus werden nicht 
mehr zum Schwarzwald und den Vogesen gerechnet. 

Die von Lepsius zur Begründung seiner Ansicht ange- 
führten Profile sind nur aus den Hugelregionen am Fusse des 
Gebirges entnommen, beweisen also für die Hauptfrage nichts 
und werden später ihre Würdigung finden. Zur Erklarung 
seiner Theorie müsste man also die Erosion zu Halfe nehmen, 
es müsste von der im Ganzen 20 Meilen breiten Zone zwi- 
schen Epinal und Donaueschingen, oder zwischen Nancy und 
Freudenstadt, der Muschelkalk, ebenso der Jura auf nahezu 
die doppelte Breite spurlos verschwunden sein. Nimmt man 
an, dass die Erosion solche Wirkungen hervorgebracht habe, 
dass diese, gegen 1000 Meter mächtigen, aus den festesten 
Kalksteinen bestehenden Formationen in einer fast horizon- 
tulen Lage spurlos weggewaschen worden seien, dann muss 
man jeden Versuch aufgeben, frühere Zustände, insbesondere 
die ursprüngliche Ausdehnung der Formationen, ermitteln zu 
wollen. Mit demselben Recht könnte man die ganze Reihe 
der secundären und tertiaren Formationen uber dem nieder- 
rheinischen Schiefergebirge, dem Centralplateau von Frank- 
reich, dem Harz, Thuringerwald, Böhmerwald, kurz uber jedem 
beliebigen älteren (sestein voraussetzen und damit jede Terrain- 
veranderung im Laufe der geologischen Perioden wegleugnen. 

Ist es schon schlimm, dass die Annahme einer Erosion 
in diesem Betrage zu so bedenklichen Folgerungen führt, so 
lasst sich noch dazu an vielen Stellen direct nachweisen, 
welche Wirkungen durch Erogion wirklich hervorgebracht wor- 
den sind: wo namlich eine Formation einmal unbedeckt zu 
Tage ausgebt und in der Nähe von jüngeren Schichten be- 
deckt ist. 

Am Nordostrande des Schwarzwaldes ist der unbedeckte 
Buntsandstein bis zu 335 Meter mächtig*), in den Bohr- 
locbern von Dürrmenz und Ingelfingen, wo er vom Muschel- 
kalk bedeckt ist, 400—440 Meter. Da nun in Süddeutschland, 
speciell am Schwarzwaldrande, die Mächtigkeit der Formationen 
mit zunehmender Entfernung vom Gebirge zunimmt, und die 
beiden Bohrlöcher ziemlich weit vom Gebirge entfernt liegen, 
so kann nicht einmal diese Differenz auf Rechnung der Erosion 
gesetzt werden. Ebenso ist am Sudostrande des Schwarz- 
waldes die geringe Mächtigkeit des bunten Sandsteins (11 bis 
30 Meter) fast dieselbe, wo er auf grosse Strecken freiliegt, 
ale da, wo er von Muschelkalk bedeckt ist; sie ist also eben- 
falls urspranglich. Sehen wir ja doch am Sudrande des 


*) Siehe die früher citirte Arbeit von Reezımann, welche zahlreiche 
Messungen enthält. ® 





117 


Schwarzwaldes, wo zahlreiche Erosionsthaler durch den Muschel- 
kalk und Buntsandstein bis tief in den Granit und Gneiss aus- 
gewaschen warden, diese Formationen auf den zwischenliegen- 
den Bergracken noch erhalten. 

Der Dinkelberg am Sudwestrande des Schwarzwaldes 
besteht der Hauptsache nach aus Muschelkalk, welcher our 
stellenweise von schwachen Ablagerungen jüngerer Forma- 
tionen (Keuper und Jura) überdeckt ist. Dieselbe Formation 
fallt von hier gegen Süden und bildet den Boden des Rhein- 
ihals aufwärts von Basel, wo sie durch Bohrlöcher aufge-. 
schlossen ist. Hier im Thale lasst sich die Wirkung der 
Erosion klar übersehen, da hier die obereu Schichten theilweise 
fehlen, während an den nicht angegriffenen Stellen die Mach- 
tigkeit nahezu der auf dem unbedeckten Plateau gleich ist. 

Ebensowenig vermochte die Erosion den Lias am Fusse 
des Jura, wo er auf weite Strecken freiliegt, zu entfernen, 
und da, wo wir eine frühere zusammenhängende Liasdecke 
annehmen mussen, in der Mulde zwischen Schwarzwald und 
Odenwald, haben sich zahlreiche Reste dieser wenig ‘mach- 
tigen Formation erhalten. Hier also, wo wegen der ursprüng- 
lichen Muldenbildung die Wirkung des Wassers sich in er- 
hohtem Maasse geltend machen musste, konnte nicht einmal 
diese höchstens 100 Meter mächtige Schichtenreihe gänzlich 
entfernt werden, und selbst wenn wir hier noch den Lias von 
den Schichten des Jura überdeckt denken, konnte seit der 
Kreidezeit nicht einmal ein Theil des Schichtencomplexes ent- 
fernt werden, der an der für Wasserwirkung ungünstigsten 
Stelle, auf einem breiten Plateau, auf Hunderte von Quadrat- 
meilen spurlos verschwunden sein soll. Dass aber Kreide- 
bildungen in diesem Terrain vorhanden gewesen sein sollen, 
diese Annahme ist für ganz Südwestdeutschland absolut un- 
statthaft. 

Da nun das Fehlen der Kreidebildungen in Südwest- 
deutschland zur Annahme einer vortertiären Hebung zwingt, 
so wird durch die Negation der älteren Hebung die Erklärung 
der Lagerungsverbältnisse um nichts erleichtert. Sie erklärt 
insbesondere nicht die Bildung der Steinsalzlager auf der 
Aussenseite von Schwarzwald und Vogesen, welche auf ein 
Zuruckweichen des Meeres schon während der Muschelkalk- 
periode deuten. 

Man ist daber wohl berechtigt, das Fehlen der jüngeren 
Formationen auf den Höhen des Schwarzwaldes und der Vo- 
gesen für ein ursprüngliches, in der Erhebung dieser Theile 
über das Meeresniveau begründetes zu erklären. ” 

Derselbe Schluss ergiebt sich aus der Beschaffenheit der 
steilen Abhänge, welche die östliche und westliche Begrenzung 





tis 


des Kheintbales bilden. Beiderseits verlaufen Verwerfungs- 
spalten, welche eine mebrfach gebrochene Linie bilden. Die 
Stellen, wo diese Linien ihre Richtung ändern, sind jedesmal 
durch besonders starke Zerspaltung und durch Verschiebungen 
nach mehreren Richtungen ausgezeichnet, während an den- 
jenigen Strecken, wo die Bruchlinie geradlinig verläuft, nur 
eine einzige Spalte vorhanden ist. Es sind also stellenweise 
mehrere, theils parallele, theils sich kreuzende Spalten vor- 
handen. 

Es kommt hier nun zunächst auf die Altersbestimmung 
der dem Gebirge zunächst liegenden, zugleich ausgedehntesten 
Spalte an, welche wir als Hauptspalte bezeichnen wollen. 

An dieser stossen nun alle jüngeren Formationen stumpf 
ab, die discordante Lagerung ist hier ganz evident, keine jun- 
gere Gesteinsschicht überschreitet dieselbe. Spricht schon 
diese Erscheinung sehr für die Entstehung der Hauptspalten 
vor Ablagerung des Muschelkalks, so lässt sich auch noch der 
directe Beweis fur das Alter derselben fuhren. 

Zwischen Mutzig und Weissenburg springt die Spalte 
plötzlich um 3 Meilen gegen Westen zurück und erzeugt so 
. eine Bucht, welche mit Trias, Jura und Tertiärschichten aus- 
gefüllt ist. Diese Schichten erstrecken sich weit nach Osten 
über die Verbindungslinie Mutzig-Weissenburg, bei Seltz bis 
an den Rhein und bilden ein niedriges, das Sandsteinplateau 
bei Weitem nicht erreichendes Hügelland. Wäre nun die Spalte 
junger als Trias und Jura, so müsste sie diese Formationen 
in ihrem Verlauf schneiden und ganz dieselben Verwerfungen 
erzeugen, wie zwischen Muschelkalk und buntem Sandstein. 
Lepsius zeichnet auch auf Taf. VI. eine solche Verwerfungs- 
linie zwischen Mutzig und Weissenburg als Verbindung des 
südlich und nördlich liegenden Stückes der lauptspalte. Diese 
Linie durchschneidet den Keuper und Lias bei Kienheim und 
das grosse Tertiargebiet von Lobsann und Sulz, ohne dass 
hier eine Dislocation zu finden wäre. Auch die Profile f. 49 
und 52 von DausR£g, welche diese Linie durchschueiden, be- 
weisen, dass hier eine Verwerfung nicht existirt; die Schichten 
liegen in fast horizontaler Lage bis weit gegen den Rhein hin. 

Die Hauptspalte schneidet somit entschieden nicht in die 
jüngeren Formationen ein; ob sie im Sandstein, tief unter der 
Oberfläche fortsetzt, ist natürlich nicht zu ermitteln. Jeden- 
falls aber ist sie alter als die in dem Busen zwi- 
schen Mutzig und Weissenburg abgelagerten Ge- 
steine, also alter als der Muschelkalk. 

Gang ebenso liegen die Verhältnisse am Westrande des 
Schwarzwaldes: auf dem Plateau keine Spur von jüngeren 
Schichten, am Rande die Verwerfungskluft, welche alle jün- 





119 


geren Schichten abschneidet. Zum Theil liegen diese der Kluft 
angelagerten Schichten noch fast horizontal, wie =. B. am 
Schönberg bei Freiburg, der in isolirter, von dem Grundgebirge 
durch ein Thal gesonderter Masse von 600 Meter Höhe die 
ganze Schichtenfolge vom Buntsandstein bis zum weissen Jura 
enthalt. Ebeuso grenzen an den unteren Buntsandstein fast 
horizontale Muschelkalkechichten bei Landeck (nahe Emmen- 
dingen), Heimbach und Nordweil, während meistentheils die 
Sehichten durch spätere Hebungen in geneigte Lage gebracht 
worden sind. 

Far die Hauptspalte lasst sich also der Beweis ihres 
hoben (vorjurassischen) Alters mit aller Sicherheit führen, die 
in solchen Fragen überhaupt zu erlangen ist. Es liegt nun 
nabe, auch die am Rande der Gebirge, und zwar vorzugsweise 
am Fusse der Vogesen, vorkommenden parallelen Spalten für 
gleich alt zu erklären. Allerdings durchschneiden sie ein mit 
jungeren Formationen (einschliesslich des Jura) bedecktes Ge- 
biet, in welchem die Schichten concordant aufeinander liegen. 
Daraus folgt aber zunächst nur, dass die von diesen Spalten 
durchsetzten Gebiete nicht mit der Hauptmasse des Gebirges 
gehoben wurden. Allerdings nöthigen die jetzigen Lagerungs- 
verbaltnisse, wie sie in zahlreichen Profilen von DAuBREr, 
Köcauın, Hocanp u. A. dargestellt sind, zu der Annahme, 
dass hier noch jarassische Dislocationen stattgefunden haben, 
allein hier liegt die einfachste Erklärung sofort zor Hand: 
dass diese Bewegungen vorzugsweise längs der schon beste- 
henden Spaltungen stattgefunden haben. 

Die von Lepsius auf Taf. VI. gezeichneten, aus DAUBRÉE 
und KöckLin entnommenen Profile beweisen daher für die 
Frage nach der Zeit der Hebung gar nichts; sie durchschneiden 
lediglich die Hugelregion am Fusse des Gebirges, also den 
bei der supponirten ersten Hebung nicht gehobenen Theil, in 
welchem später bedeutende Dislocationen stattfanden. Bei der 
starken Ueberhöbung der Profile, und da diese nicht bis sur 
Wasserscheide auf der Hohe des Gebirges darchgreifen, kön- 
ven sie freilich den Localunkundigen auf die Meinung bringen, 
dass sie, wie Lepsius selbst pag. 102 zu Fig. 5 angiebt, die 
höchsten Theile des Gebirges betrafen, besonders da in diesem 
Profil die Granitmasse westlich der Spalte (893 M.) im Ver- 
haltniss zu den übrigen Höhen am die Hälfte zu niedrig ge- 
zeichnet ist. Mit ausgezeichneter Deutlichkeit tritt aber die 
Unbedeutendheit dieser Hügelregion der ganzen Gebirgemasse 
gegenüber in den exacten Profilen von Dauprän bervor, welche 
das ganze Vogesengebiet durchschneiden, so insbesondere in 
Fig. 48, 58, 108 und 49, von welch letzterem: Lepsius einen 
Theil in seiner Fig. 8 wiedergiebt. Es ist unbegreiflich, wie 


120 


man die im Profil 5 gezeichneten, kaum 200 Meter hohen 
Hügel, welche am Fusse des 12 — 1300 Meter hohen, steil 
abfallenden Kammes liegen, zu den höchsten Theilen des Ge- 
birges rechnen kann! 

Diese Profile bestätigen also nur die alte Annahme, dass 
zwischen Schwarzwald uud Vogesen, ebenso wie im Raume 
ausserhalb dieser Gebirge, die Gesteinsbildangen anunter- 
brochen fortdauerten; sie beweisen nicht, dass auf den Hohen 
solche erfolgten. Dass in dem nicht gehobenen Theil keine 
Discordanz der Schichten beobachtet wird, steht mit der An- 
nahme einer älteren Hebung nicht im Widerspruch, sondern 
beweist nur die langst bekannte Thatsache, dass im Rheinthale 
während der Periode des Muschelkalks und Keupers und des 
Jura keine gewaltsamen Dislocationen stattfanden. 


Während so die innere Grenze der gehobenen Theile durch 
die Bruchlinien ganz scharf bezeichnet ist, findet auf den 
äusseren Seiten der Gebirge, mit Ausnahme der Gegend von 
Epinal am Westfusse der Vogesen, eine solche scharfe Be- 
grenzung nicht statt; sanft fallen die breiten Gebirgeracken 
nach Osten und Westen in die umgebenden Plateaus von 
Schwaben und Lothringen ab, ohne dass eine Zerreissung 
stattgefunden hätte; der liegen gebliebene und der gehobene 
Theil stehen noch (mit obiger Ausnahme) in ununterbrochenem 
Zusammenhang. Hier, an der Stelle, wo die jüngeren Schich- 
ten sich auf die alteren auflagern, wo somit das Ufer des ge- 
hobenen Theils sich befinden musste, ist eine Discordanz der 
Lagerung allein zu erwarten. 

Da die Neigung des Buntsandsteins nach Aussen, d. h. 
nach Westen in den Vogesen, nach Osten im Schwarzwald, 
nur sehr gering ist, so kann a priori eine Discordanz von 
beträchtlicher Grösse nicht erwartet werden. Sie wird be- 
schränkt sein auf den verhaltnissmassig schmalen Streifen, in 
welchem der obere Buntsandstein und untere Muschelkalk zu 
Tage tritt. War hier wirklich nach Ablagerung des Vogesen- 
sandsteins ein altes Ufer, so werden von hier nach Aussen 
hin die jüngeren Schichten an Mächtigkeit zunehmen. Erwagt 
man ferner, dass die vermuthete Hebung an den meisten 
Stellen ohne Bruch, also langsam und stetig, erfolgte, so wer- 
den auch die einzelnen Schichtengruppen, speciell des Muschel- 
kalks nicht vollkommen concordant aufeinander liegen. Hier 
freilich, an der Basis der gehobenen Massen, mugste die Ero- 
sion mit besonderer Stärke wirken. Es ist somit wahrschein- 





121 


lich, dass die jetzigen Formationsgrenzen nicht mehr ganz mit 
dem alten Ufer zusammenfallen und möglich, dass der ganze 
Uferstreifen, an welchem die Discordanz der Lagerung allein 
zu erwarten ware, ganz verschwunden ist. 

Bei so schwacher Schichtenneigung, wie sie an den 
Aussenrändern unserer beiden Gebirge herrscht, kann nur in 
seltenen Fallen das Auge die ungleichförmige Lagerung klar 
erkennen. Doch sind solche Stellen am Schwarzwalde be- 
kannt und theilweise beschrieben. 

Ungleichformige Auflagerung des oberen Bantsandateins 
auf dem unteren wurde von VOoGBLGESAng am südlichen Rande 
des Schwarzwaldes bei Donaueschingen und Königsfeld 
aufgefunden. Im 30. Heft der statistischen Beiträge (Geo- 
logische Beschreibung der Umgebungen von Triberg und Donau- 
eschingen pag. 72) wird unter anderen eine Stelle folgender- 
maassen beschrieben: 

„Im Schachen (Berg bei Königsfeld) stossen die rothen 
„Schieferletten an die weissen Kieselsandsteine des sumpfigen 
„Rothwaldes, während der Abhang unter dem Brücklewalde 
„rechts und links der Strasse nach Neuhausen aus Wellen- 
„dolomiten bestebt, die am Waldtrauf, in mehreren sogen. 
„Leimgruben aufgeschlossen, gleichfalls hart an die Kiesel- 
„sandsteine anstossen.‘* 

Hier ist also der obere Buntsandstein sammt den untersten 
Wellendolomiten dem älteren Kieselsandstein ungleichförmig 
angelagert; die Grenzfläche ist der Schichtung nicht parallel. 
Da nun Verwerfungsspalten in diesem Gebiet nicht vorkommen, 
so kann diese Lagerung nur durch eine zwischen der Bildung 
des älteren und jüngeren Bontsandsteins eingetretene Bewegung 
des Bodens erklärt werden. 

Noch genauer ergiebt sich die Lagerung der Gesteine aus 
den von VOGELGESARG ausgeführten Hohenbestimmungen*) der 
Grenzdächen der verschiedenen Schichtengruppen und deren 
Eutfernungen. Derselbe fand auf diese Weise folgende Fall- 
winkel: | 


Unterer Buntsandstein bei Eisenbach 1° 44’ = 8  pCt, 
Be bei Kirnach . 1° 40' = 2,91. 
Wellenmergel bei Dürrbeim . . . 1° 18’ = 291 5 
Anbydritgruppe (obere m) bei 
Dürrheim . . . + . O° 56’ 20” = 1,65 ,, 


Die Discordanz der Schichten ist somit exact bewiesen. 





*) Vocetcesanc, Gutachten über die Erbohrung von Steinsalz bei 
Donaueschingen. 1 





122 


Die Punkte, aus denen diese Fallwinkel abgeleitet war- 
den, liegen sammtlich nahe an dem Ausgebenden der einzelnen 
Schichtengruppen, ia dem westlichen Flügel der Mulde, in 
welcher das Steinsalz bei Durrheim abgelagert ist. Die älteren 
Schichten fallen also hier stärker gegen Osten als die jun- 
geren und bilden somit den Boden und die Umgrenzung des 
Beckens, in welchem das Steinsalz abgesetzt wurde. 

Diese Mulde ist somit älter als das darin abgelagerte Stein- 
salz; ibre Existenz fordert aber auch ein die Mulde begrensen- 
des Ufer, somit ein altes Festland. Da nun dieses Salzlager 
an vielen Punkten am Ostrande des Schwarswaldes nachge- 
wiesen ist, so muss derselbe in seiner ganzen Erstreckung 
schon vor der Maschelkalkzeit Festland gewe- 
sen Sein. 

Am Nordrande des Schwarswaldes senkt sich der bante 
Sandstein, welcher bei Baden und Gernsbach dem Rothliegen- 
den concordant aufgelagert ist, nach Norden und verschwindet 
bei Durlach unter die Thalaohle, aus welcher er wieder mit 
Sudfallen zwischen Wiesloch und Heidelberg emporsteigt and 
so eine Mulde bildet, in welcher stufenweise um so jüngere 
Schichten auftreten, je näher man dem Mittelpunkt der Mulde 
kommt. Die jüngsten hier aufgeschlossenen Schichten gehören 
der Zone des Ammonites Murchisonae Sow. an. 

Die Lias- und Juraschichten des Muldencentrums liegen, 
wie von Fraas*) dargethan wurde, in einer Versenkang, die 
durch Verwerfungsspalten begrenzt ist. Fraas hat die Zeit 
dieser Dislocation als der Tertiärzeit angehörig bestimmt und 
ebenfalls die Bildung dieser Senkung von der älteren Bildung 
der Mulde überhaupt gesondert. Es ergeben sich also hier 
zwei getrennte Bewegungen, eine ältere aufsteigende und die 
spätere partielle Seukung. Die geographische Verbreitung der 
Formationen deutet nun auf.ein Ruckschreiten des Meerufers 
von Süden nach Norden, wodurch die Verbreitung der jan- 
geren Sedimente immer mehr beschränkt wurde, bis nach Ab- 
lagerung der Schichten des braunen Jura das ganze Gebiet 
dem Meere enthoben war. Wir werden also den Beginn dieser 
Emersion aus den Lagerungsverhältnissen der ältesten Schich- 
ten, welche an der Muldenbildung Theil haben, also des 
Muschelkalks und bunten Sandsteins, und zwar am Ausgehen- 
den der einzelnen Etagen, zu ermitteln haben. 

Der Südflugel dieser Mulde wird von dem Alb- und 
Pfinztbal durchscbnitten, welche bei Ettlingen und Durlach in 


#) Faaas und Derruer, die Juraversenkung bei Langenbrücken (N. 
Jahrb. für Mineralogie 1859). 


123 


das Rheinthal ausmunden, Zahlreiche Aufschlusse ermöglichten 
bier die genaue Bestimmung der Schichtenlage. 

Bei so schwachen Schichtenneigungen, wie sie hier vor- 
kommen, ist diese Bestimmung mit Compass und Gradbogen 
nicht auszuführen. Sie ist insbesondere für den Muschelkalk 
nicht geeignet, dessen unebene Schichtenflachen das genaue 
Anlegen des Gradbogens hindern und in dessen Gebiet ab- 
porme und ganz locale Neigungen, verursacht durch partielle 
Senkangen, Auswaschungen und Abrutschungen, äusserst häufig 
sind. Das wahre mittlere Streichen und Fallen ist also hier 
aus der Beobachtung kleiner Flachenstucke überhaupt nicht 
zu erkennen. 

Es wurde daher an möglichst vielen Punkten die absolute 
Höhe der Formationsgrenzen gemessen und hieraus nach der 
von mir in den Verbandlungen des naturwissenschaftlichen 
Vereins zu Karlsruhe von 1869, Heft HI. (Die Triasbildungen 
des Tauberthals, pag. 99 ff.) mitgetheilten Methode die Lage 
der Schichtenebenen bestimmt. Die Hohenmessungen geschaben 
mit einem vorzüglichen Aneroidbarometer von ELLior in Lon- 
don, Eigenthum der grossherzogl. Oberdirection des Wasser- 
und Strassenbaues , das von Prof. Jonpan mit dem Normal- 
barometer des Polytechnikums verglichen worden war. Indem 
hierbei an möglichst viele Punkte von bekannter Hobe ange- 
schlossen wurde, deren die topographische Karte von Baden 
eine grosse Anzahl enthält, konnten die Messungen controlirt 
und die zwischen zwei bekannten Punkten liegenden Punkte 
darch Interpolation berechnet werden, wodurch auch ohne 
correspondirende Beobachtungen Resultate gewonnen wurden, 
welche durchschnittlich auf 1 bis 1,5 Meter genau sind. Diese 
Genauigkeit ist zur Bestimmung der Schichtenlage vollkommen 
ausreichend, wenn die drei Punkte, aus denen die Lage der 
Schichtenebene bestimmt wird, binreichend weit auseinander 
liegen. Ein Fehler von einem Meter in der Höhe macht 
namlich bei 1000 Meter Entfernung nur einen Unterschied von . 
3 Minuten 25 Secunden, ein solcher von 100 Meter in der 
Lange von 10 Min., wenn der Neigungswinkel ca. 1'/, Grad 
betragt; da nun die Punkte in der Regel 3—4 Kilometer von 
eirander genommen wurden, so sind die Neigungswinkel auf 
etwa eine Minute sicher. 

Das Pfinzthal läuft von seinem Ursprung bei Ittersbach 
an fast geradlinig nach Norden, der Hauptrichtung des Gebirges 
parallel, bis es sich bei Berghausen rasch nach Westen um- 
biegt und bei Durlach in die Rheinebene mundet. Dieselbe 
Richtung hat das bei Ettlingen mündende Albthal. Beide 
Thaler durchschneiden ein schwach gegen Norden gesenktes 
Plateau, welches eine Vorstufe des weiter südlich sich steiler 


124 


erhebenden Schwarzwaldes bildet und dem südlichen, nach 
Norden fallenden Flügel der Mulde zwischen Schwarzwald und 
Odenwald angebort. Zahlreiche Verwerfungsklufte durch- 
schneiden diese Mulde, sind also jedenfalls jüngeren Alters 
und kommen hier nicht in Betracht. Im unteren Theile des 
Pfinzthals wie im Albthal sind solche Verwerfungen nicht vor- 
handen, hier ist also die Untersuchung der älteren Zustände 
nicht durch spätere Ereignisse gehindert. 

In diesem Gebiet ist die charakteristische dolomitische 
Zwischenbildung (die Carneolbank SAnpBERGER’s) an mehreren 
Punkten aufgeschlossen, deren Hohenbestimmung folgendes 
Resultat lieferte: 


Busenbach . . . . 224,1 M. 
Wolfartsweier 

unterer Steinbruch . 173,8 ,, 

oberer Steinbruch . 224,1 ,, 
Grunwettersbach 

östlich des Dorfs . 234,1 ,, 

westlich des Dorfs 241,0 ,, 
Matschelbach . . . 172,5 ,, 
Sôllingen . . . . . 150,8 ,, 
Grôtzingen . . . . 128,0 ,, 
Wilferdingen. . . . 167,7 ,, 


Letzterer Punkt kann zur Bestimmung der Schichtenlage 
nicht benutzt werden, da er in dem dislocirten Gebiete liegt. 

Aus diesen Zahlen ergiebt sich zunachst, dass die höchsten 
Punkte: Busenbach, Grunwettersbach und Wolfartsweier, nahe 
am westlichen Rande des Plateaus liegen, wie denn auch die 
Oberfläche dieses Plateaus gegen den Westrand hin auffallend 
böher erscheint als in der Mitte. Diese Auftreibung setzt sich 
von dem höchsten Punkte, Grünwettersbach, weit nach Süden 
fort, iet in dem auf derselben Linie liegenden Edelberg bei 
Ettlingen noch merklich und kann bis zum Eichelberg, am 
Ausgange des Murgthals, also auf die ganze Erstreckung des 
bunten Sandsteins, verfolgt werden. Von Grunwettersbach aus 
fallen die Schichten nach Norden und Osten ab; der längs 
dem Steilabfall des Plateaus ins Rheinthal sich hinziehende 
Sattelrucken endigt bier in einem Kugelsegment, an welchem 
die Schichten gegen Nordwesten mit 2° 47’ (4,86 2) in 
h. 11*), gegen Nordosten mit 0° 34’ (0,99 pCt.) in b. 5 und 
gegen Osten mit 3° 56’ (6,87 pCt.) abfallen. In an 
Entfernung vom Rücken fallen die Schichten ziemlich regel- 


*) Sämmtliche Asimuthe sind auf den wahren Meridian redueirt. 





125 


massig in h. 11 mit 30—50 Minaten (0,8 bis 1,5 pCt.) gegen 
Norden, bis die Bank bei Grotzingen sich unter die Thalsohle 
einsenkt. 

Das beste Bild der Lagerung erhalt man, wenn aus den 
gegebenen Punkten die Oberflache der betreffenden Schicht 
durch Streichlinien in gleichen Verticalabstanden, also durch 
Horizontalcurven, construirt wird, Auf diese Weise warden 
die Curven von 160, 180 und 200 Meter absoluter Hobe be- 
stimmt, welche sich als ziemlich regelmassige elliptische Bogen 
ergaben, deren grosse Axe gegen Nordosten gerichtet ist. *) 
Auf der westlichen Seite ist der Abfall weit steiler als auf der 
östlichen. Die Curve von 200 Meter z. B. biegt sich bei 
Grünwettersbach mit einem Radius von 1700 Meter nahezu 
in einem Halbkreis, ohne dass in dieser Gegend ein Schichten- 
bruch bemerklich ware. Für die obere Grenze des Buntsand- 
steins (einschliesslich des Röth) sind zahlreiche Aufschlüsse 
vorhanden, welche in folgender Tabelle enthalten sind: 


Langenalb . . . . , . 390,0 M. 
Langensteinbach . . . . 210,6 ,, 
. Auerbach . . . . . . 271,5 ,, 

Hermannewald. . . . . 23592 „ 
Obermutschelbach. . . . 238,6 ,, 
Untermutschelbach 

Westseite . . . . . 222,4 „ 

Ostseite . . 2 . . 2354 „ 
Dietenhausen . 241,2 ,, 
Wilferdingen am Buchwald 225,0 ,, 
Darmsbach. . . . . . 221,9,, 
Sôllingen . . . . ... 1924 „ 
Stapferich . . . . . . 232,1 ,, 
Rittnertwald . . . 205,0 ,, 
Rosengarten bei Durlach . 203,1 ,, 
Durlach, Weg nach Hohen- 

wettersbach a ee. cae OO: as 
Grotzingen 

am Thurmberg . . . 142,7 ,, 

im Dorf... . . 149,5 ,, 

am Bergwald . . . 1472 ,, 
Busenbach . . . . . . 259.1 „ 


Verbindet man diese Hohen, so ergiebt sich, dass die 
Grenzfläche sehr regelmässig in b. 14/, nach Nordnordost fallt. 





*) Diese Streichungslinien sind auf dem Kärtchen Fig. 1 Tai. IH. 
dargestellt, 





126 


Im südlichen Theil beträgt die Neigung nur 30 - 40 Min. oder 
1 pCt., in der Nähe von Durlach hingegen fallen die Schichten 
stärker ohne Richtungsanderung mit 3° 12’ oder 5,6 pCt. Der 
tiefste Punkt liegt am Nordabbang des Thurmbergs (Kirsch- 
berg), von wo aus die Schichten wieder schwach nach Norden 
steigen, aber weiter nördlich wieder das normale Nordfallen 
annehmen. Der obere Buntsandstein bildet somit eine flache, 
ostwestlich streichende Mulde, deren Sudflügel stärker fallt als 
der nördliche. In der Muldenaxe liegt die Ausmundung des 
Pfinzthals. Dasselbe Thal, dessen Oberlauf durch Dislocations- 
spalten bedingt ist”), ist auch in der Richtung seiner Unter- 
laufs, wo es reines Erosionsthal ist, durch die Lagerung der 
Schichten beherrscht. 

Die aequidistanten Streichlinien **), welche aus diesen 
Höhenzahlen construirt werden können, bilden ein System 
nabezu gerader und paralleler Linien, welche in der Nahe der 
Verwerfung, die das linke Ufer des Pfinzthals bei Dietenhausen, 
Auerbach und Wilferdingen begleitet, etwas unregelmassig wer- 
den, was sich aber aus Mangel an Aufschlussen nicht genau 
darstellen lasst. - 

Die beiden Grenzflächen des oberen Buntsandsteins sind 
also hier durchaus nicht parallel. Die untere ist gewolbt, die 
obere nahezu eben. Die Ursache, welche die Wolbung des 
unteren Buntsandsteins hervorbrachte, hat somit vor der Ab- 
lagerung der oberen Etage gewirkt, es muss also zwischen 
der Ablagerung beider Etagen eine, wenn auch schwache, Be- 
wegung eingetreten sein. 

Wegen der unebenen Grundfläche ist die Mächtigkeit des 
oberen Buntsandsteins veränderlich; sie beträgt bei Busenbach 
35 M., sinkt von bier in nörglicher Richtung auf 22 M. bei 
Durlach und 21,5 M. bei Grötzingen (einschliesslich des 
Röth), während sie weiter östlich, von dem Sattel der Carneol- 
bank entfernter, bei Matschelbach und Stupferich auf 50—60 M. 
steigt. Durch den Absatz des oberen Buntsandsteins wurden 
somit die Unebenheiten der Unterlage nahezu ausgeglichen. 
Sehr regelmässig nimmt hingegen die Mächtigkeit des Roth 
von Süden nach Norden zu; sie beträgt bei Langenalb, nabe 
der Pfinzquelle 1 M., bei Wilferdingen 2, bei Sollingen 5,5 
und bei Grötzingen 6 M. An allen diesen Punkten ist der 
Roth noch von Wellendolomit überlagert und nur an künst- 


*) Pratz, Geognostische Beschreibung der Sectionen Forbach-Ett- 
lingen (statist. Beiträge Heft 33) pag. 29 ff. 

**) Siehe Fig. 2 auf Taf. III., welche die Streichlinien der Bunt- 
sandsteingrenze, sowie das muthmassliche Ufer des Muschelkalkmeeres 
darstellt, 


127 


lichen Anbrachen entblosst, von Erosion ist also hier nicht 
die Rede. 

Die Grenzflache zwischen Wellendolomit und Wellenkalk 
ergiebt sich aus folgenden Pankten: 


Stupferich . . . . . 271,4 M. 
Durlach, Weg nach "Hokenweitsrebach : + 2001, 
Thurmberg, Weg am Hirschgrund. . . . 197,0 ,, 
Grötzingen, Weg nach dem Berewelt: . + 19,0 ,, 
Bergwald, Westabhang . . .-. . . 165,8 „ 
Hopfenberg bei Berghausen . . . . . . 206,2 ,, 


Aus der Vergleichung dieser Punkte ergiebt sich, dass 
im gänzen Bereich derselben (etwa 7,5 Kilom. directe Ent- 
fernung) die Grenzflache ganz regelmässig in h. 10%/, mit 
46 — 50 Minuten (1,4 pCt.) nach Nordwesten fallt; die Un- 
ebenheiten der oberen Buntsandsteinfläche sind durch den 
Wellendolomit vollständig ausgeglichen; die Mulde des unteren 
Pfozthals ist verschwunden. In der Axe dieser Mulde (bei 
Durlach und Grötzingen) ist daher die Mächtigkeit des Wellen- 
dolomits grösser. Während sie bei Stupferich 38,3 M. beträgt, 
steigt sie bei Murlach auf 47,8, bei Grotzingen auf 49 M. und 
sinkt am Westabhang des Bergwaldes, wo der bunte Sand- 
stein wieder höher liegt, ‘auf 18,1 M. herab. Die Ursachen, 
welche die Mulden- und Sattelbildungen im bunten Sandstein 
erzeugten, wirkten somit vor der Ablagerung des Wellen- 
dolomits. Es haben also auch vor der Ablagerung dieser 
Etage Bodenbewegungen stattgefunden. 

Die südliche Grenze des Wellendolomits liegt bei Langen- 
alb, 17,12 Kilom. südlicb von Durlach, wo derselbe 3 M. 
mächtig ansteht. Da er hier nicht bedeckt ist, so ist es un- 
gewiss, ob diese Zahl die ursprüngliche Machtigkeit angiebt. 
Wenige Kilometer weiter nordöstlich, in der Gegend von 
Grafenhausen, ist derselbe vom Wellenkalk überlagert und so 
noch in derselben Richtung weiter. Seine Mächtigkeit beträgt: 


bei Grafenbausen . . 13,8 M. 
am Kesselberg . . . 21,6 „ 
bei Ellmendingen . . 45,6 ,, 
bei Stupferich . . . 41,7 „ 
bei Hohenwettersbach 55,8 „, 
bei Grötgzingen . . . 47,8 ,, 


Die Zunahme der Mächtigkeit nach Norden ist also hier 
klar. Wo derselbe nicht überlagert ist, ist seine Mächtigkeit 
entschieden geringer, so z. B. 





128 


bei Langensteinbach . . . . 15,6 M. 
bei Obermutschelbach . , . 45,0 „, 


Untermutschelbach, 
Westseite. . . . . . 49,2,, 
Ostseite . . . . . . 29,7 ., 


Wilferdingen . . . . . . 39,9 ,, 


Diese Ungleicbheiten sind auf Rechnang der Erosion zu 
setzen, welche an verschiedenen Punkten mit ungleicher Starke 
einwirkte. 

Die Hohe der Grenzfläche zwischen Wellenkalk und An- 
hydritgruppe wurde an folgenden Punkten gemessen: 


Hopfenberg bei Berghausen. . 213,6 M.- 
Kalkofen ms - . + 284,0 ,, 
Sonnenberg ,, " « . 168,0 „ 
Grötzingen . . . . . . . 212,2 „ 
Bergwald . . . . . . . . 204,1, 
Thurmberg (Hirschgrund) . . 240,0 ,, 


Auch hier ist die Grenzflache nahezu eben, weicht aber 
in ihrer Lage bedeutend von der der unteren Grensflache ab. 
Sie fallt namlich in h. 3%, mit 1° 21’ oder 2,35 pCt. nach 
Nordosten. Die untere und obere Fläche des Wellenkalks 
weichen also in ihrer Lage bedeutend von einander ab, woraus 
sich die ziemlich veränderliche Mächtigkeit des Wellenkalks 
erklärt, welche zwischen 17,2 M. (bei Berghausen) und 38,8 M. 
(am Bergwald) schwankt. 

Fur die Bestimmung der Grenzfläche zwischen den Zellen- 
kalken der Anhydritgruppe und dem oberen Muschelkalk sind 
im unteren Pfnzgebiet nur wenige Aufschlasspunkte vor- 
handen, indem hier der obere Muschelkalk nur in vereinzelten 
Kuppen ansteht. 


Es sind dies: 


der Tburmberg, Höhe der Grenze 239,2 M. 
Bergwald bei Grotzingen . . 219,0 ,, 
Hopfenberg bei Berghausen . 256,5 ,, 
Kalkofen bei Sdllingen. . . 253,2 ,, 


Aus diesen Punkten ergiebt sich ein Fallen von 0° 59’ 
(1,7 pCt.) in bh. 10 nach Nordwesten, also abweichend von 
der Fallrichtung der Wellenkalkgrenze, hingegen in naher 
Uebereinstimmung mit der oberen Grenze des Wellendolomits. 
Das Gebiet ist zu wenig ausgedehnt, um zu erkennen, ob diese 
Fallrichtung nur localer Natur ist. 








129 


Diese Lagerungsverhaltnisse lassen mit Bestimmtheit er- 
keunen, dass sowohl während der Ablagerung des bunten 
Sandsteins als während der Muschelkalkzeit in der Gegend 
von Durlach, also am Nordrande des Schwarzwaldes, langsam 
Bodenschwankungen stattfanden, welche aber nicht zu einer 
Erhebung über den Meeresspiegel führten. Das ganze hier 
beschriebene Gebiet war somit während der Muschelkalkzeit 
vom Meere bedeckt. 

Die Fauna und Flora des bunten Sandsteins deutet ent- 
schieden auf die Nahe eines Feetlandes, ebenso bezeichnet die 
sandige und mergelige Beschaffenheit der Wellendolomitregion 
diese Schiehten als Uferbildungen, und auch der süddeutsche 
Wellenkalk hat noch durch die Abwesenheit der Ammoniten, 
Encriniten und sonstigen Hochseebewohner einen litoralen 
Charakter. So führen schon die allgemeinen Verbältnisse des 
unteren Muschelkalks zur Annahme eines nahen Festlandes, 
als welches naturgemass nur das südlich vorliegende Gebirge 
angenommen werden kann. Rings um dieses Gebirge hat der 
untere Muschelkalk die gleiche Beschaffenheit, welche sich mit 
zunehmender Entfernung allmälig andert. Im Tauberthal und 
bei Würzburg kommen Ammoniten im Wellenkalk vor, und 
gleichzeitig verliert sich die sandige Beschaffenheit der un- 
tersten Etage, welche dort nur durch wenig mächtige krystal- 
linische Dolomite reprasentirt wird. 

Da sich die Muschelkalkschichten südlich bis Langenalb 
erstrecken, so muss das alte Ufer des Muschelkalkmeeres in 
dieser Gegend gesucht werden. 

Während die Neigung des Pfinz- und Albplateaus von 
Durlach bis Langenalb bei 16720 M. Länge nur 0° 31’ 40” 
oder 0,9 pCt. beträgt, erhebt sich von hier an der Boden 
schnell bis gegen 900 M. Die Steigung von Norden nach 
Süden beträgt namlich: 


von Langenalb (407,7 M.) bis zum Rücken des Hardtberges 
(534 M.) auf 2260 M. Entfernung 151,5 M. oder 
3° 50’ (6,7 pCt.); 

vom da bis zum Dobel (722,7 M.) auf 3340 M. Entfernung 
160,5 M. oder 2° 45’ (4,8 pCı.); 

vom Dobel bis zur Teufelsmüble (937,5 M.) auf 3840 M. 
Entfernung 214,8 M. oder 3° 12’ (5,6 pCt.). 


Von hier an ist der Rücken des Schwarzwaldes bis zum 
Kniebis fast horizontal. 

Berechnet man aus den früher angegebenen Hobenzablen 
das Steigen der Formationsgrenzen in der Richtung von Nor- 
den nach Süden, so schneiden die so ermittelten Linien den 


Zeits.d,D.geol. Ges. XXVIII. 1. 9 


130 


Abhang des Hardtberges bei Langenalb, ohne dessen Hohe zu 
erreichen. 

Von Stupferich bis Langenalb steigt die obere Buntsand- 
steingrenze auf 12000 M. Entfernung um 158 M. mit einem 
Gefall von 0° 45’ 30” oder 1,32 pCt., sie würde also den 
Abhang des Hardtberges 700 M. südlich von Langonalb in 
402 M. Höhe treffen. 

Die obere Grenze des Wellendolomit steigt vom Bergwald 
bei Grötzingen bis Stupferich mit 0° 48’ 30” oder 1,4 pCt.; 
diese Linie fortgesetzt warde bei Langenalb in 430 M. Hohe 
liegen und den Abhang des Hardtberges 1000 M. südlich von 
Langenalb schneiden. Da bei Langenalb die Röthgrenze bei 
390 M. liegt, so wurde sich hier eine Machtigkeit des Wellen- 
dolomits von 40 M. ergeben, wovon nur noch 3 M. übrig ge- 
blieben sind, 

In derselben Richtung steigt die obere Grenze des Wellen- 
kalks vom Bergwald (204 M.) mit 0° 49’ oder 1,42 pCt., 
würde also bei Langenalh (17740 M. südlich) 248 M. höher 
oder auf 452 M. Hobe liegen und den Ablıang des Hardt- 
berges in ca. 1250 M. Entfernung von Langenalb in 470 M. 
Hohe schneiden. *) 

Diese Verhältnisse, zusammengenommen mit dem Feblen 
des Muschelkalks und aller jüngeren Formationen, lassen mit 
aller Bestimmtheit das alte Ufer erkennen. Damit stimmt auch 
die Thatsache überein, dass bei Langenalb die Schichten des 
Roth und des Wellendolomits bei ganz geringer Machtigkeit 
fast horizontal liegen, also dem steiler aufsteigenden Hardtberg. 
an welchem leider die Schichten nicht entblösst sind, ange- 
lagert sind. 

Die obere Grenze der Anhydritgruppe steigt in südlicher 
Richtang bei Durlach nur mit 0,74 pCt., wurde also bei 
Langenalb in etwa 308 M. Höhe liegen; sie schneidet also 
das Terrain weit nördlich von Langenalb: der obere Muschel- 
kalk hat sich nicht bis in diese Gegend erstreckt. Auch diese 
Thatsache bestätigt die Annahme, dass während der Muschel- 
kalkzeit eine allmalige Vergrösserung des festen Landes, also 
ein Zurückweichen des Ufers stattfand, infolge dessen die 
einzelnen Etagen ihrem Alter entsprechend immer entfernter 
vom ersten Uferrand beginnen. 

Ganz ebenso ergiebt sich auch der Bergrucken des unteren 
Buntsandsteins, welcher sich bei Neuenburg auf 450 M. erhebt, 
als altes Ufer des Wellenkalkmeeres, während das Wellen- 
kalkplateau nur die Höhe von 360 M. erreicht und von ein- 
zelnen Kuppen der Zellenkalke überlagert ist. Auch hier be- 


*) Vergl. das Längsprofil Taf. III. Fig. 3. 





| 


131 


ginnt der obere Muschelkalk erst in etwa 5 Kilom. Entfernung 
vom bunten Sandstein. Auch das schmale Plateau zwischen 
Alb und Pfins, auf welchem, wie früher erwähnt, der untere 
Buntsandstein erbeblich höher liegt, als der östlich angelagerte 
Wellendolomit, welcher das Plateau von Langenalb bis Stupfe- 
rich überdeckt, war nicht von Muschelkalk überlagert. 

Die muthmaassliche Grenze des untersten Muschelkalks 
verläuft somit von Ettlingen in südlicher Richtung bis zum 
Hardtberg bei Langenalb, von wo sie sich nordöstlich wendet 
und bei Pforzheim in die östliche Richtung übergeht. Es 
bestand somit hier eine Bucht, deren Mittellinie mit dem 
oberen Laufe der Pfinz zusammenfallt. Im Innern dieser Bucht 
weicht auch die Gesteinsbeschaffenbeit des Wellendolomits er- 
heblich von der normalen ab. Während regelmässig der 
Wellendolomit des Schwarzwaldes aus blaugrauen, verwittert 
gelbbrannen, sandigen und dolomitischen Mergeln besteht, in 
welcben zahlreiche harte Banke von 6 — 12 Cm. Dicke und 
25—45 pCt. Quarzgehalt eingeschaltet sind*), liegen in der 
Gegend von Ittersbach bis Weiler zu unterst graue Schiefer- 
tbone, darauf 4,7 M. dickgeschichtete dolomitische Kalke, 
welche nur 2 pCt. Thon und fast gar keinen Quarzsand ent- 
halten**), wie sie ganz äbnlich an der Basis des Wellenkalks 
bei Mosbach und Würzburg vorkommen. Dieses Gestein deutet 
somit auf ein rubiges, schlamm- und sandfreies Wasser hin, 
aus welchem sich hier, im Innern einer Bucht, reinere Gesteine 
als ringe um das Gebirge absetzten. 

Es ist daher mit aller nur möglichen Sicherheit die 
Existenz eines alten Meeresufers zwischen Pforzheim, Langenalb 
und Ettlingen nachgewiesen. Die weitere Ausdehnung solcher 
Messungen wird auch für den übrigen Theil des Gebirges die 
Grenzen mit genugender Genauigkeit feststellen lassen. Be- 
sonders der Ostabbang des Schwarzwaldes bietet durch zahl- 
reiche tief eingeschnittene Thaler die schönste Gelegenbeit, 
die Lage der geschichteten Gesteine auf das Genaueste zu 
ermitteln. Für die obere Buntsandsteingrenze ist diese Lage 
bereits durch REGELMAnN für das ganze Nagoldgebiet geschehen. 
In den Begleitworten zur geognostischen Specialkarte von 
Württemberg, Atlasblatt Calw (1869), sind die Hauptresultate 
dieser Messungen veröffentlicht und auch von REGELMANN in 
einer Karte zusammengestellt, auf welcher die Lage der Grenze 


*) Sanusencrer, Geologische Karte der Umgebungen von Durlach, 
in den Verhandlangen des natuwissenschaftlichen Vereins zu Karlsruhe, 
Heft I. pag. 20. 1864. 

“*) PLarz, Geologische Beschreibung der Sectionen Forbach und 
Ettlingen pag. 26. 

g* 


132 


durch äquidistante Streichlinien dargestellt ist. Auf gleiche 
Weise wurde von demselben die Lage der unteren Grenze 
dargestellt. Aus der Vergleichuag dieser beiden Blätter, deren 
Einsicht mir vom Autor mit grosser Liberalität gestattet wurde, 
ergiebt sich, dass beide Grensflachen durchaus nicht parallel 
sind, und insbesondere die untere Fläche sehr beträchtliche 
Unebenheiten besitzt, welche mit denen der oberen Fläche in 
keinerlei Verbindung stehen. Auch diese Verbältnisse deuten 
auf Bewegungen , welche innerbalb der Buntsandsteinperiode 
und speciell vor Ablagerung der jüngsten Schichten einge- 
treten sind. 

Was für den Schwarzwald bewiesen wurde, muss auch 
für die Vogesen gelten; es ist daher der Ausspruch vollkom- 
men berechtigt: 


Schwarzwald und Vogesen haben schon vor 
Ablagerung des Muschelkalks als Festlander 
existirt. Die Entstehung des Rheinthuls fallt 
somit in die Zeit vor Ablagerung des Muschel- 
kalks. 


Sucht man die Zeit dieser Dislocation naher zu bestim- 
men, so muss vor Allem daran erinnert werden, dass eine 
Bodenbewegung im Betrag von 200-300 Metern nicht das Werk 
eines Augenblicks gewesen sein kann. Auch die schwache 
Discordanz an den Aussenrändern beweist eine stetige und 
ganz allmalige Bewegung. Da nun auf den Höhen des 
Schwarzwaldes an zwei Stellen die Carneolbank vorkommt: 
am Knie bis 930 M. und bei Baiersbronn in 908 M. Hobe, am 
ersteren Orte 240 M., am letzteren 275 M. uber dem Granit 
(wodurch die Identität beider Gesteine unter sich und mit der 
Carneolbank am Nordrande bewiesen wird), 80 ist die Bewe- 
gung nach Ablagerung dieser Schicht eingetreten. Man muss 
daher auch aus diesem Grunde, wie dies schon von Sanp- 
BERGER hervorgehoben wurde, die. dolomitische Carneolbank 
als Grenze zwischen dem unteren und oberen Buntsandstein 
betrachten. 

Das Vorstehende mag genügen, um die absprechenden 
Urtheile des Herrn Lersıus über die Arbeiten und Ansichten 
der süddeutschen Geologen ins rechte Licht zu stellen. Es 
wird daraus hervorgehen , dass die von sammtlichen Local- 
kundigen ohne Ausnahme ausgesprochene Ansicht eine den 
Tbatsachen entsprechende und wohlbegründete ist, die nicht 
durch einige vereinzelte Beobachtungen umgestossen wer- 
den kann. 








133 


10, Die Küstenfacies des Dilaviams in der 
sächsischen Lausitz. 


Von Herrn Hermann Cagpner in Leipzig. 


Der Gebirgszug, welcher sich, dem Grenzbezirke von 
Sachsen und Böhmen angehörend, von der politischen Grenz- 
linie dieser beiden Länder in unnaturlich ausgezacktem Verlaufe 
durchzogen, von Reichenberg iu Böhmen in westnordwestlicher 
Richtang bis in die Nähe von Stolpen und Bischofswerda 
erstreckt und sich in seinen westlichsten Auslaufern erst in 
der Gegend von Dresden verflacht, besteht aus dem Jeschken- 
gebirge, den Chrisdorfer und den Kalk-Bergen, dem Lausitzer 
Gebirge und dem bergig - hügeligen Granitplateau zwischen 
Rumburg und der sächsisch-böhmischen Schweiz einerseits und 
Bautzen, Stolpen andererseits. Das letztgenannte, wenig durch- 
wanderte, erst jetzt durch Eisenbahn-Anlagen leichter zugängig 
gemachte Granitplateau erreicht in mehreren Gipfeln über 
500 M. Meereshöhe und in dem Gebirgsstocke des Hohwaldes 
mit dem 606 M. hohen Falkenberge seinen Abschluss nach 
Westen. 

Die ganze Bodenerhebung hat je nach den geologischen 
Formationen, aus denen ihre einzelnen Theile bestehen, einen 
ausserordentlich verschiedenartigen topographischen Gesammt- 
charakter: die steile Pyramidenform des wesentlich aus Quarzit- 
schiefern aufgebauten Jeschken contrastirt auf das schroffste 
mit den grotesken Roccoccogestalten des Quadersandstein- 
gebirges von Zittau und mit den diesem aufgesetzten vulca- 
nischen Basalt- und Phonolithdomen, und beide wiederum 
ebenso sehr mit der wellig-hügeligen Granitlandschaft der Ge- 
gend zwischen Ramburg und Neustadt. 

Zum Studium der Kustenfacies des Diluviums eignet sich 
dieser Gebirgszug desbalb so vorzüglich, weil er mit seinem 
Kamme überall über das Niveau des diluvialen Wasserspiegels 
hervorragend, für eine sehr lange Strecke das südliche scharf- 
markirte Ufer des Diluvialwassers bildete. 

Und dennoch ist diese Gelegenheit noch fast gar nicht 
ausgenutzt worden, so dass unsere Kenntniss des Diluviums 
im Osten des Königreichs Sachsen noch sehr im Argen lag. 


134 


Abgesehen von den Arbeiten von Jenrzsca*) über das Quartar 
der Umgegend von Dresden, die sich bis nach Stolpen und 
Bischofswerda, also bis an die westliche Greuze unseres, oben 
umgrenzten Gebietes erstreckten, ferner von einer brieflichen 
Mittheilung des veretorbenen GIEBELHAUSEN**) über den Loss 
von Görlitz, liegt nur ein einziger Aufsatz von O. Frreprica 
vor, welcher sich auschliesslich mit dem ‘lausitzer Diluvium 
und zwar wesentlich mit dessen verticaler und horizontaler 
Verbreitung beschäftigt. ***) 

Die geologische Landesuntersuchung von Sachsen, einem 
Königreiche, welches zu mehr als zwei Dritteln von diluvialen 
Bildungen bedeckt wird, musste umsomehr das Bedarfniss 
fühlen, über die Zusammensetzung und Gliederung dea Dilu- 
vioms der Lausitz klar zu werden, als diese Formation bereits 
auf den zuerst und zwar nächstens zur Publication gelangen- 
den Sectionen der geologischen Specialkarte von Sachsen eine 
ausserordentliche Verbreitung besitzt, auch dort der Küsten- 
‘ gone des norddeutschen Dilaviums angehört und doch nur in 
ihrem Zusammenhang mit den benachbarten gleichalterigen und 
analogen Bildungen richtig erkannt werden konnte. 


I. Das Diluvium auf dem nördlichen Abfalle des Ober- 

lausitzer Granitgebirges zwischen Spree und Elbe, also 

zwischen Neustadt bei Stolpen, Sehirgiswalde, Ebersbach 
und Bautzen. 


Das granitische Bergland der Oberlausitz, welches im 
Falkenberge, dem Hauptgipfel des Hohwald - Stockes, und 
ebenso weiter östlich in verschiedenen flachgewölbten Kegeln 
zwischen Schluckenau und Rumburg eine Meereshöhe von uber 
600 M. erreicht, verflacht sich in nördlicher Richtung zu den 
weiten Thaleinsenkungen, deren eine zwischen Tautewalde und 
Bischofswerda (286 M.) von der Wesenitz, einem Neben- 
flasschen der Elbe, deren andere zwischen Ebersbach and 
Sohland (282 M.) von der Spree durchstromt wird. Jenseits 
dieser, in westnordwestlicher Richtung, also parallel dem Ver- 
laufe des Berglandes streicbenden, weiten und flachen Thal- 
mulden erhebt sich wiederum in parallelem Verlaufe eine im 


*) Zeitschr. für dig ges. Naturw. 1872. Bd. 40, pag. 1, und Neues 
Jahrb. für Min. 1872. pag. 449. 
*#) Diese Zeitschr. 1870. pag. 760. 
***) Die Bildungen der Quartär- oder Glacialperiode mit besonderer 
Rücksicht auf die stidliche Lausitz und deren Grenzlandschaften. Schul- 
programm. Zittau 1875. 





135 


Osten zweireihige granitische Bergkette, welche im Picho 
(493 M.), Czorneboh (558 M.) und Hohen Stein (542 M.) 
gipfelt, und von denen die eine bei Schirgiswalde, die andere 
weiter nördlich nach Bautzen zu von der Spree durchbrochen 
wird. Jenseits dieser Bergketten dehnt sich die in diesen 
Landstrichen noch flachhugelige norddeutsche Ebene aus, 
welche dort, wo die Spree bei Bautzen in sie eintritt, 140 M. 
Meereshöhe besitzt. 

Fassen wir diese topographischen Verhältnisse in’s Auge, 
so ergiebt es sich, dass die Gewässer des norddeutschen Dilu- 
vioms zwar die nördlieben Abhange des Oberlausitzer Berg- 
landes bedeckt haben, dass letzteres die diluviale Küste bildete, 
dass sich jedoch durch einen Meeresarm (das jetzige Wesenitz- 
und obere Spreethal) vom Festlande geschieden, ein über drei 
deutsche Meilen langes, jener Küste paralleles Granitriff (der 
jetzigen Picho - Czorneboh - Pilobog-Kette) über den Wasser- 
spiegel erhob, der sich von hier aus, nur selten inselartig 
unterbrochen, weit nach Norden, bis nach Skandinavien aus- 
dehnte. 

Die Sedimente dieser Küste der Diluvialsee wurden be- 
hufs Beantwortung folgender zwei Fragen untersucht: erstens, 
wie boch uber deu heutigen Meeresspiegel baben 
die Dilavialgewasser in der Oberlausitz gereicht? 
und zweitens, hat das dortige Diluvium eine beson- 
dere- Strandfacies erhalten und wie ändert sich die 
Ausbildung dieses Diluviums mit seiner Entfernung von der 
ehemaligen Strandlinie ? 

Aussergewöhnlich günstige Gelegenheit zur Anstellung 
ausgedehnter und zusammenbängender Beobachtungen in den 
Diluvialablagerungen jener Gegend wurde in den bei Anlage 
der Bahnlinien Schandau - Neustadt, Neustadt-Wilthen, Ebers- 
bach -Sohland und Wilthen- Bautzen nöthig gewordenen Erd- 
einschnitten geboten. 

Die Feststellung des Niveaus, bis zu welchem 
Diluvialablagerungen in jenen Territorien über- 
haupt reichen, liess sich mit grosser Bestimmtheit in den 
Einschnitten der erstgenannten Babn vornebmen. Der Höhe- 
punkt dieser letzteren liegt oberhalb Cramhermsdorf, '/, Meile 
südlich von Neustadt bei Stolpen, auf einem Granitrucken von 
415 M. Meereshöhe, von wo aus sich die Bahn in mehreren 
Carven nacb Neustadt (340 M.) hiuabzieht. Die bedeutenden 
Einschnitte und ausgedehnten Erdarbeiten am Bahnhof von 

mhermedorf beweisen, dass der Granit hier nur von seiner 
grusig-lehmigen Verwitterungskruste bedeckt ist und dass Dilu- 
vialablagerungen noch vollständig fehlen. 


136 


Gleich an dieser Stelle sei bemerkt, dass der Granit der 
Oberlausitz mit den typischen ekandinavischen Varietäten dieses 
Gesteins kaum verwechselt werden kann, Er besteht in fri- 
schem Zustande aus stets weissem Feldspath, licht graulich- 
weissem Quarz und sehr viel kleinen glänzend schwarzen 
Glimmerblättchen, verwittert ausserordentlich leicht und zwar 
bis zu 10 und mehr Meter Teufe, zerfällt dabei zu mittel- 
körnigem, braunem, schmutzigem Grus, in welchem concen- 
trisch-schalige, metergrosse Granitkugeln mit ausserordentlich 
festem und vollkommen frischem Kern als Ueberbleibsel der 
einstigen Granitmasse stecken. Wo (Geschiebe von diesem 
lausitzer Granit im Dilaviam vorkommen, sind sie mit Beibe- 
haltung ihrer äusseren Form durch und durch zu Grus ver- 
wandelt und zerbröckeln beim Herausnehmen im Gegensatz zu 
den noch vollkommen frischen skandinavischen Graniten, welche 
direct daneben liegen. 

Auf dem eben genannten, einem Meeresniveau von 415 M. 
angehörigen Granitrücken von Cramhermadorf fehlt, wie ge- 
sagt, jede Andeutung von Diluvium. Anders im 
nächsten etwa 1800 M. entfernten und nördlich davon gele- 
genen grösseren Einschnitt oberhalb Polenz, wo der Hobn- 
steiner Weg die Babn in 400 M. Meereshöhe überbrückt, und 
wo sich der genannte Rücken zu dem Plateau von Neustadt 
und weiterhin zur norddeutschen Ebene zu verflachen beginnt. 
Hier tritt auf der schwach nach Nord geneigten Oberfläche 
des tief verwitterten Granits zu unterst eine metermachtige 
Bank von grobem Diluvialkies auf, welcher ausser aus ein- 
heimischen Quarz-, Basalt- und grusigen Granitgeschieben, aus 
sehr viel bis faustgrossen Feuersteinen, an rothem Feldspath 
reichen Graniten, ferner aus Gneissen, rothen Quarzporphyren, 
lichtrötblichen Dalaquarziten und Hornblendeschiefern besteht, 
die jedoch nur ausnabmsweise aber Faustgrosse erreichen. 
Dieser Kies wird 1 M. hoch von sandigem Lehm bedeckt, 
der einzelne kleine Feuersteine fuhrt, lagenweise reich an ein- 
geschwemmtem Granitgrus ist und dadurch eine Art Schich- 
tung erbalt. 

Es stebt somit fest, dass das nordische Diluvium 
in der Oberlausitz bis zu einer Meereshöhe von 
400, nicht aber bis zu einer solchen von 415 MN. 
reicht. Auf dem Granitracken von Crumhermsdorf befinden 
wir uns demgemass an einem Punkte der südlichen Grenzlinie 
des nordischen Diluviums, welches sich von hier an fast un- 
unterbrochen über das norddeutsche Flachland bis an die 
Ostsee ausbreitet. Steigen wir von hier aus, also von 400 M. 
Meereshöhe, den in Bau begriffenen Eisenbahnstrecken, also 
einer beinahe continuirlichen, mehrere Meilen langen Reihe 





137 


von Auofschlusseu folgend, hinab in die Ebene bis Bautzen 
(140 M.), so ergiebt es sich, dass der Charakter des Diluviums 
sich ändert, je mehr wir uns dem fast ausschliesslichen Ge- 
biete desselben, der Ebene, nähern. 

Fur die der alten Strandlinie benachbarte, also am höch- 
sten über dem heutigen Meeresspiegel erhabene, his etwa 
330 M. herabreichende Zone des Diluviums können im Gegen- 
satz zu dem weiter meereinwarts, also vom Strande entfernter 
zur Ablagerung gelangten, gleichalterigen Gebilden folgende 
Eigentbamlichkeiten als charakteristische Kennzeichen dienen: 

1. Das dem Strande benachbarte Diluvium ist im Durch- 
schnitt nur wenig mächtig; 

2. desbalb ist ee von der Erosion sehr stark be- 
troffen worden, so dass es nur an besonders geschützten 
Punkten, in kleineren oder grösseren Pärcellen erhalten ge- 
blieben, sonst verschwunden ist; 

3. seine ursprüngliche Ausdehnung war be- 
reits eine vielfach unterbrochene, da die Küstenzone 
an Inseln und Klippen reich war, auf deren ersteren natürlich 
überhaupt keine Dilavialablagerongen stattfanden, während die- 
selben auf den Wandungen unterseeischer Klippen nicht haften 
blieben, sondern sich kranzförmig um dieselben anlagerten ; 

4. einheimisches Material spielt eine sehr we- 
sentliche Rolle bei der Zusammensetzung der Kiese, Sande 
und Geschiebeanbäufungen, sowie auch der Lehme; 

5. die skandinavischen Geschiebe besitzen nur geringe 
Dimensionen, nämlich meist Nuss- bis Faustgrösse, selten 
erreichen oder übersteigen sie Kopfgrösse; 

6. daa Obere Diluvium, der Geschiebelehm, 
sonst die Lagerstätte oft massenhafter erratischer Blöcke, ist 
in der höchst gelegeneb Zone seiner Verbreitung meist sehr 
arm an ausserdem fast durchweg kleinen Geschieben. 

T. die Aufeinanderfolge der verschiedenartigen Glie- 
der des Diluviams ist in des Strandfacies nicht dieselbe 
wie in dem benachbarten Flachlande; so treten 

a. die Kiese öfters an der Basis der Schichtenreihe 
als im Hangenden der Sande, sehr gewöhnlich auch mit ibnen 
wechsellagernd, kurz ohne gesetzmässige Einreihung auf, wah- 
rend sie nach Jentzsoa*) bei Dresden und Leipzig die Sande, 
scharf von ihnen geschieden, stets bedecken; 

b. die Sande enthalten fast stets isolirte oder lagenformig 
angeordnete, oft sehr zahlreiche grobe Gerölle und Geschiebe, 
so dass sie sich zu Geschiebesanden ausbilden. 





*) Siehe obiges Citat. 


138 


c. Einlagerangen von plastischen, reinen Thonen, 
oder sandigen Lehmen, manchmal voll von nordischen 
Geschieben, sind gewöhnliche Erscheinungen in der Sand- und 
und Kiesetage, während sie im Leipzig - Dresdener Diluvium 
fehlen oder selten sind. 

Ein charakteristisches Beispiel dieser Facies des Dilu- 
viums treffen wir, wenn wir der sich ziemlich rasch senkenden 
Bahn von der erwähnten, 400 M. hoch gelegenen Diluvial- 
parcelle aus folgen, bereits kurz vor Neustadt, wo das Dilu- 
vium in 845 M. Meereshobe schon in viel mannichfaltigerer 
Gliederung und grösserer Mächtigkeit ausgebildet ist, als weiter 
oben nach der Strandlinie zu, und zwar von unten nach oben 
folgende Gliederung zeigt: 


a. Grober, schuttiger Kies mit sehr viel Feuerstein, mit 
im Durchschnitt faustgrossen nordischen Graniten, 
Gneissen, Quarzporphyren, Labradorporpbyren, Dala- 
quarzit, daneben ausserordentlich viel lau- 
sitzer Granit- und Basaltgeschiebe, sowie 
Gerölle von Milchquarz, Durch Sonderung des Ma- 
terials nach seiner Grosse ist eine Schichtung des- 
selben hervorgebracht, 2 M.; 

b. grober, grandiger Sand, mit sehr viel olglanzen- 
dem, trübem Quarz aus dem lausitzer Granit, 
aber auch mit Feuersteinsplittern und rotben skandi- 
navischen Feldspathbröckchen. Er wechsellagert mit 
einzelnen Lagen von grobem Kies, führt selbst iso- 
lirte Geschiebe und zeigt discordante Parallelstructur, 
2,5 M.; 

c. gelblichbrauner , fetter, plastischer Thon, nach 
unten und oben scharf an dem Sande abschneidend, 
0,7 M.; 

d. feiner Quarzsand mit Feuersteinsplittern und rothen 
Feldspathkornchen, 1 M.; 

e. discordant über den flach nach Ost einfallenden 
Schichten des Unter-Diluviums, eine schwache Decke 
von Feuerstein-fubrendem, sandigen Diluviallehm. 


Neustadt mit seinen Dilavialablagerangen liegt am sud- 
westlichen Fusse des Hobwaldes. Von hier aus fuhrt die im 
Bau begriffene Neustadt-Wilthener Babn in einer Meereshöhe 
von 375 bis 330 M. den Nordabfall des genannten Gebirgs- 
stockes entlang. Auch bier finden wir überall das oben uber 
die Uferfacies des Dilaviums Gesagte bestätigt, wie einige 
Beispiele beweiseu werden. Ein 360 M. boch gelegener Ein- 


schnitt südlich von Putzkau schliesst die untere Etage des 





139 


Dilaviams prachtvoll in 7 bis 8 M. Machtigkeit auf. Es sind 
feine, lockere, Feldspath.- führende Quarzsande, schichten- 
weise grau oder rostgelb gefärbt, mit auf das Schärfste aus- 
geprägter discordanter Parallelstractur. Sie sind reich an 
Feuersteinen, unter denen Knollen von gelber, rother, grauer 
und schwarzer Farbe besonders auffallen; auch kleine skandi- 
navische Geschiebe sind in ausserordentlich grosser Anzahl 
im Sande vertheilt oder ordnen sich zu bis 0,3 M. mächtigen 
Kies- und Gerollbanken an, welche namentlich nach oben 
zu eine vor den Sanden vorwaltende Rolle zu spielen beginnen. 
Eine Lage von lichtgrauem, plastischem, fettem Thon, 
0,3 M. mächtig, ist den Sanden zwischengeschaltet. Der 
Geschiebelebm, der das Ganze überlagert, besitzt eine 
sebr unbetraehtliche Mächtigkeit. 

Ein zweiter Einschnitt südlich von Nieder-Neukirch 
(350 M. Meereshöhe) entblösst folgende Schichtenreihe: zu 
onterst grobe thonige Sande, horizontal geschichtet , darüber 
eine haarseharf nach oben und unten abschneidende 0,3 M. 
mächtige Lage von licht grünlichgrauem, sehr fettem Thon, 
auf welchem feine eisenschüssige Sande und eine zweite 
Thonschicht von derselben Beschaffenheit wie die erste 
folgt, um wiederom durch gelb, grau und braun gestreifte, 
diesmal discordant. geschichtete, Feuerstein - führende Sande 
überlagert zu werden. Also zwei Thonschichten wechsellagernd 
mit Sanden. 

Die Erdarbeiten am Bahnhof Neukirch (338 M. 
Meereshobe) zeigen ebenfalls zwischen echten, meist mit dis- 
cordanter Parallelstructur versehenen Diluvialsanden: eine 
metermächtige Einlagerung von Kies mit faustgrossen, z. Th. 
nordischen Geschieben und direct über dieser eine Bank 
(0,5 M. mächtig) von fettem, graugelbem Thon. 

Endlich sei noch erwähnt, dass in dem Bahneinschnitte 
bei Tautewalde (336 M. Meereshöhe) zwischen discordant 
geschichteten Sanden des Unterdiluviums eine unregelmässige, 
sich bis zu 3,5 M. Mächtigkeit aufblähende Einlagerung von 
sandig-kiesigem Lehm auftritt, welche von nuss - bis faust-, 
seltener kopfgrossen und zwar z. Th. nordischen Geschieben 
angefullt ist. 

Eine ganz ähnliche Erscheinung ist durch die Ebersbacb- 
Sohlander Bahn bei Fugau in 320 M. Meereshöhe aufge- 
schlossen, wo zwischen feinkörnigen Diluvialsanden eine 1,5 M. 
mächtige Schicht von dunkelgrauem, plastischem Thon 
und unter ihr ein Lehm, reich an meist nordischen Ge- 
schieben auftritt. In derartigen Ablagerungen erblicken wir 
vollständige Analoga des „Unteren Geschiebelehms“ 





140 


der Mark, in den erwahnten Lagen von plastischem Thon 
solche des „Glindower Thons“.*) 

Wir sind bei Verfolgung der oben geschilderten Aufechlasse 
aus einer Meereshöhe von 400 M. bis zu einer solchen von 
330 herabgestiegen und gleichzeitig hat das Diluvium seinen 
Charakter allmälig geändert und zeigt jetst bereits, wenn wir 
von der unbedeutenden Menge eingemischten einheimischen 
Materials absehen, die grösste Aehnlichkeit mit der ia noch 
geringerer Meereshöhe allgemein herrschenden Ausbildungs- 
weise. Der Geschiebelehm, bis jest nur ganz local von 
grosserer Bedeutung und im Durchschnitt arm an nordischen 
Geschieben, wird jetzt reich an letzteren. Namentlich seine 
untere, direct auf den Kiesen und Sanden auflagernde Zone 
füllt sich stellenweise ganz dicht mit ihnen an, — ihre Di- 
mensionen nehmen beträchtlich zu, obwohl sie gegen diejeni- 
gen der erratischen Blöcke, wie sie in der Ebene gewöhnlich 
sind, noch immer sehr klein erscheinen, und Kopfgrösse nicht 
allzu häufig, Metergrosse sehr selten ist. Der Ursprung der 
Kiese wird jetzt ein rein nordischer; — statt wie bisher 
gemischt mit Granitgerölle und Granitgrus, sowie mit Quarzen 
und Basalten der Lausitz, tritt nun jetzt ausschliesslich skan- 
dinavisches-baltisches Material in seiner interessanten Mannig- 
feltigkeit entgegen. Es sind in den Landstrichen südlich von 
Bautzen meist lose, vollkommen lehm- und eisenhydroxydfreie, 
buntfarbige Accumulate von nordischen Geröllen. Der Gegen- 
satz zwischen ihnen und den lehmig - sandigen, durch Granit- 
gras and mulmige Granitgerölle verunreinigten Kiesen der 
eigentlichen oberlausitzer Strandfacies ist ein überraschender. 

Ausgezeichnete Aufschlüsse in dieser Ausbildungsweise des 
Dilaviums der Oberlausitz geben die zahlreichen Einschnitte 
der ebenfalls in Bau begriffenen Wilthen - Bautzener 
Bahn, deren durchschnittliche Meereshohe etwa 200 M. be- 
tragt. Aus ihnen ergiebt sich im Vergleich mit der erst be- 
schriobenen eigentlichen Strandfacies des dortigen Diluviums 
Folgendes: 

l. Wie das Diluvium der Strandzone zwischen 400 und 
300 M. Meereshöhe, also auf den Vorbergen des Oberlausitzer 
Gebirges, so gliedert sich auch dasjenige des flacheren Landes 
zwischen 300 und 200 M. Meereshöhe in zwei Abtheilungen: 
das Unter-Diluvium, vorwaltend aus Sanden und Kiesen 
bestehend, und das Ober-Diluvium, dem Geschiebelehm, 
der jene diseordant überlagert. 

2. Mit Bezug auf die weitere Gliederung der unteren 
Abtheilung ist zu bemerken, dass sich im Allgemeinen eine 


*) Lossen, diese Zeitschr. 1875. pag. 494. 








141 


atrengere Sonderung des groben von dem feinen Ma- 
teriale in der Weise geltend zu machen beginnt, dass die 
Sande weniger haufig mit grossen Geröllen und Geschieben 
vermischt auftreten, sondern reiner und gleichmässiger in ihrem 
Korne werden, während sich die Kiese zu mächtigeren Ban- 
ken concentriren. | 

3. Die Kiese bestehen ihrer Hauptmasse nach aus 
einem Accumulate von entweder vollkommen, oder wenigstens 
an den Kanten abgerundeten Gesteinsfragmenten von Sandkorn- 
bis Nussgrösse, zwischen welchen sich Geschiebe von Faust-, 
selten bis Kopfgrösse einstellen. An ibrer Zusammensetzung 
nehmen Theil: vorwaltend Quarz in allen möglichen Varie- 
taten, vom Bergkrystall bis zum dichten oder kornigen Quarzit, 
Feuerstein und Kieselschiefer, ferner die ganze Reibe skan- 
dinavischer Feldspathgesteine und unter diesen namentlich 
rothbrauner Quarzporphyr, Elfdalener Porphyr, Granite, Syenite 
und Gneisse, sowie deren Zerkleinerungsproducte, nämlich 
Feldspatb, Quarz und Glimmer. Das Material dieser Kiese ist 
also ausschliesslich ‘oder fast ausschliesslich nordischen 
Ursprungs; lausitzer Granite und Basalte und deren Gruse 
habe ich nicht beobachtet. 

4. Der Sand besteht aus dem nämlichen, nur viel fei- 
neren Materiale wie der Kies. Auch hier walten Körnchen 
von klarem, durchsichtigem, dem nordischen Granit und Por- 
pbyr entstammendem Quarz vor, daneben treten Splitter von 
Feuerstein, Brockchen von gelblichem oder röthlichem, mehr 
oder weniger zersetztem Feldspath, Glimmerblattchen und Kor- 
ner von Kieselschiefer, Magneteisen und Hornblende auf. 
Kalkpartikelchen waren nicht nachzuweisen, ebensowenig Bryo- 
zoen. Der lehmige, eisenhydroxydreiche Grus der lausitzer 
Granite, welcher im unterdiluvialen Sande der Strandzone eine 
nicht anbedeutende Rolle spielt, hat sich vollstandig verloren: 
wie die Kiese, sind demnach auch die Sande rein nordischen 
Ursprungs. 

5. Kies und Sand bilden zwar eine untrennbare, oft 
durch Wechsellagerung verknüpfte Etage (das Unter-Diluvium); 
— während jedoch in der beschriebenen Strandfacies beide 
Gesteinsarten vollkommen regellos abwechseln, also mit an- 
deren Worten Kiese bald an der Basis, bald in der Mitte der 
Sande, bald über ihnen auftreten, überlagern sie in den vom 
Strande entfernteren Ablagerungen des unteren Diluviums zwar 
nicht immer, aber doch in sehr vielen Fällen die Sande, so 
dass sich die genannte Etage in eine untere Abtheilung der 
Sande und eine obere, die der Kiese, gliedert. Dann lasst 
sich nicht selten beobachten, dass die Kiese horizontal die 
geneigten Schichten der Sande uberlagern, dass also eine 


142 


Discordanz stattfindet, — was übrigens keine grössere Beden- 
tung hat, da ja auch die einzelnen Sandbanke untereinander 
diecordante Paralleletructur aufweisen. 

6. Die Sande sind nicht selten zu dunenabniichen 
Rücken und runden, flachgewölbten Hügeln von 10, 
15 und mehr Meter Hohe aufgehäuft, die zuweilen, wie z. B. 
ein tiefer Eisenbahneinschnitt bei. Dobschütz zeigt, einen klei- 
nen, klippenartigen Kern von Granit haben, während andere 
(z. B. zwischen Bautzen und Kaina) auf dem flachen Plateau 
aufgesetzt zu sein scheinen. Die Sande dieser Diluvialbugel 
sind meist horizontal oder flachgeneigt geschichtet, und dann 
in ibren obersten Niveaus kiesig, in ihren unteren feinsandig, 
— oder aber die Schichtung ist eine so complicirte, wie sie 
eine Sandgrube direct südlich von Bautzen zeigt, wo horizon- 
tale, durch eine Anzabl Verwerfungen treppenförmig verscho- 
bene, abwechselnd weiss, gelb, grau oder braun gefärbte Sand- 
lagen discordant von mit 50 — 60° gegen Nord einfullendem, 
dünnschichtigem Sande überlagert werden. 

7. Der Lehm ist zwar meist geschiebereich , jedoch be- 
sitzen die Geschiebe durchschnittlich nur unbedeutende Dimen- 
sionen, meist nur bis Kopfgrosse. Ausserdem ist der Lehm 
sehr wenig, selten über 0,2 bis 0,3 M. mächtig, weshalb er 
von den Berggebängen, namentlich aber von den Sand- und 
Kieshageln durch die Regenwasser vollständig weggewaschen 
ist, so dass nur die erratischen Geschiebe liegen geblieben 
sind. Die Umgegend von Bautzen ist aus diesem Grunde arm 
an abbauwürdigem Ziegellehm. Nor in der Niederung der 
Spree erreicht er eine Mächtigkeit von 2,5 M. 

8. Das Diluvium, wie wir ea eben schilderten, nimmt 
bei Weitem grössere Flächen ein, als das durch die im Berg- 
lande viel wirksamere Erosion zerschnittene und zum grossen 
Theil wieder fortgeführte Stranddilurium , ja es kleidet das 
Thal der Spree bis hinab zu deren Inundationsfläche voll- 
ständig aus: bei Bautzen reicht der Geschiebelehm, unterlagert 
von Kiesen und Sanden, nur local durch Granitklippen unter- 
brochen, auf den ausserordentlich flachen Thalgehangen bie 
hinab zum Aulehm, welchen das nordische Diluvium augen- 
scheinlich unterteuft. 

Aus Obigem geht hervor, dass in dem Diluviam der 
Oberlausitz zwei Facies wahrzunehmen sind: eine eigent- 
liche Strandbildung zwischen 400 und 300 M. Meeres- 
höhe, welche sich durch die starke, oft vorwaltende Bethei- 
ligung einheimischen Materials, durch den kiesigen Charakter 
und den Geschiebereichthum der unteren Sandetage, durch 
Einlagerungen von plastischem , ebenfalls geschiebereichem 








143 


Thon von der zweiten, einem tieferen Niveau angehorigen 
Facies unterscheidet, welche sich in ihrem ganzen Habitus eng 
an das Diluviom der norddeutschen Ebene anschliesst. 


IL Das Diluvium auf dem nördlichen Abfalle des Süd- 

lausitzer Gebirges zwischen Spree und Neisse, also 

zwischen Löbau, Ebersbach, Zittau, Reichenberg und 
Görlitz. 


Die Wasserscheide zwischen denjenigen (sewässern der 
Oberlausitz, welche der Spree und somit der Nordsee tribut- 
pfichtig sind, und denen, welche der Neisse und mit dieser 
der Ostsee zuströmen, läuft von Rumburg in Bobmen in nord- 
östlicher Richtung über Ebersbach und den Kottmar zwischen 
Löbau und Herrnhat hindurch über die Jauernicker Berge 
nach der Landeskrone bei Görlitz, um sich von dort aus nach 
Norden in das Flachland zu wenden. Im Bereiche der Ober- 
lausitz gehört diese Wasserscheide einer wellig-hugeligen, we- 
sentlich aus granitischen Gesteinen bestehenden Hochebene 
an, welcher einerseits zahlreiche glockenförmige Basaltkuppen 
und felsige Phonolithkegel aufgesetzt sind, und in welche sich 
andererseits die den erwabnten beiden Stromsystemen ange- 
horigen Bache Erosionsthaler von nicht unbetrachtlicher Tiefe 
und oft grotesker Steilrandigkeit eingeschnitten haben. Die 
mittlere Hobe dieser Hochebene beträgt etwa 330 bis 350 M., 
über dieselbe erheben sich einzelne flache Bodenanschwellun- 
gen bis zu über 400 und verschiedene steile vulcanische Kegel 
bis über 500 M. Meereshöhe (so der Kottmar 580, der Spitz- 
berg 513 M.). Abgesehen von diesen eben genannten hoben 
Basalt- und Phonolithkuppen, welche über das Niveau der 
Dilnvialgewässer hinweggeragt haben, feruer bis auf die Ero- 
sionsthaler und Berggehänge, innerhalb deren das Diluvium 
durch die Thatigkeit der fliessenden Wasser wieder entfernt 
oder translocirt wurde, — also in ihrem bei Weitem grösseren 
Theile, ist die ganze von Hügeln durchzogene Hochebene vom 
Dilaviam bedeckt. Letzteres bildet jedoch eine oft und zwar : 
namentlich auf den flach gewolbten Erhöhungen des aus festem 
Gestein bestehenden Untergrundes nur so dünne Decke, dass 
sie dessen geologische Beschaffenheit wie durch einen Schleier 
bindurchschimmern lässt, ja stellenweise vollständig zerrissen 
und weggeschwemmt ist, so dass der nackte, meist granitische 
oder basaltische Untergrund daraus hervorragt. Da ausserdem 
die vom Diluvium überlagerten Gesteine einen sehr bedeuten- 
den Zuschuss zum Materiale der Diluvialablagerungen geliefert 
baben, ferner die Grusdecken der Granite, ebenso wie die 


144 


Gebilde der Braunkohlenformation geradezu einer Aufarbei- 
tung und Regenerstion durch die Diluvialgewässer unterworfen 
worden sind, 80 herrscht local eine formliche Verwachsung 
zwischen Diluvium und älterem Untergrund und eine substan- 
tielle Abhängigkeit des ersteren vom letzteren, 


Gliederung des dortigen Diluviums und Be- 
schreibuog der einselnen Glieder. 


Die Diluvialbedeckung des Löbau-Warnsdorfer Hochlandes 
zeigt analog dem markischen Diluvium*) folgende Zweiglie- 
derung: 


Oberes Diluvium: Geschiebe- führende, jedoch oft sehr 
Geschiebe-arme Lehme; 

Unteres Diluvium: Feuerstein - fübrende Sande und 
Kiese mit eingelagertem plastischem Thon. 


1. Das Unterdiluvium des Lausitzer Hochlandes wird 
an den meisten Aufschlusspunkten von vorwaltenden Sanden 
gebildet. Dieselben, stellenweise stark eisenschussig, zuweilen 
thonig oder lehmig, sind gewöhnlich so lose und schüttig wie 
frischer Dünensand, und zeigen .dann die gewöhnliche Zu- 
sammensetzung der nordischen Diluvialsande, nur dass nicht 
selten einheimische Granitgruse mehr oder weniger 
reichlich beigemengt sind. Ganz charakteristisch ist für sie die 
Führung kleiner, durch Reibung an den Kanten abgerundeter 
Feuersteinscherben, während cretacéische Foraminiferen nicht 
beobachtet wurden. 

Diese Diluvialsande besitzen überall eine ausgezeichnete 
Schichtung, welche einerseits auf Abanderungen der Farbe 
beruht, wobei weisse mit gelblichen, lichtbraune mit dunkel- 
braunen oder grell rostgelben Lagen abwechselo, — anderer- 
seits durch die verschiedene Korngrosse des lagenformig ge- 
sonderten Materials hervorgerufen werden konnen. Diese fast 
stets sehr dünne, meist ausserordentlich scharfe Schichtung ist 
entweder eine vollkommen gleichformige und regelmässig hori- 
zontale oder eine bis zu 30 und mehr Grad geneigte, ge- 
wöbnlich aber in Form der ausgezeichnetsten discordanten 
Parallelstructur ausgebildet. In den meisten Fallen offen- 
bart sich diese in dem raschesten Wechsel kleiner keilformiger 
oder flachbeckenartiger Systeme parallelschichtiger, dünner 
Sandlagen, welche scharf von denen der benachbarten Com- 
plexe abgeschnitten werden. Diese ordnungslos durcheinander 
liegenden Systeme haben fast stets so geringe Dimensionen, 


*) Losssn, diese Zeitschr. 1875. pag. 494. 





145 


dass die Wände mancher unbedeutender Sandgruben 20, 30 
und mehr dergleichen selbstständige Complexe in scharfster 
gegenseitiger Abgrenzung wahrnehmen lassen. Diese für An- 
haufungen von Triebsand charakteristischen Structurver- 
haltuisse liessen sich namentlich in den Sandgruben bei der 
Ebersbacher Kirche, beim Ebersbacher Bahnhof, bei Lobau, 
bei Ninive beobachten. Zuweilen stellt sich auch eine Com- 
bination der gleichformigen und der discordanten Parallel- 
structur in der Weise ein, dass die grosse Mehrzahl der Sand- 
lagen eine regelmassige Aufeinanderfolge bilden, wabrend ein- 
zelne zoll- bis fussmachtige Zwischenlagen, trotzdem ihre 
beiderseitigen Begrenzungsflachen denjenigen der benachbarten 
Schichten vollkommen parallel sind, auf das scharfete quer- 
geschichtet sind, also discordante Parallelstructur besitzen. 

Nur selten besteht das lausitzer Unterdiluvium aus reinen 
Sanden, sehr gewöhnlich sind vielmehr zwischen letztere mehr 
oder weniger mächtige Massen von grobem Kies und Ge- 
schieben eingeschaltet. Am häufigsten sind regelmässige, 
sich vielfach wiederholende Wechsellagerungen von einzelnen, 
meist dünnen, feuersteinreichen Kiesstreifen und Sandschichten, 
zuweilen jedoch stellen sich (so bei Ebersbach, Seifhenners- 
dorf, Ober-Oderwitz) sowohl in den oberen, wie in den un- 
teren Niveaus der Sande bis metermachtige Einlagerungen, 
noch beträchtlichere Ausfullungen von kesselartigen Vertie- 
fungen der Sande, sowie nestformige Schmitzen von grobem 
Kies and Geröllen ein. Dieselben bestehen z. B. bei Ober- 
Oderwitz vorwaltend aus einheimischem Material, namlich 
aus bis über kopfgrossen Rollstacken von lausitzer Basalt, 
Phonolith und Graniten, abgerundeten, verkieselten Braun- 
kohlenholzern, Quarz, Quarzit, Kieselscbiefern, daneben aus 
Feuersteinen und an Zahl zurucktretenden nordischen Gneiss- 
und Porphyrgeschieben. Während diese Geröllmassen unver- 
mittelt zwischen den Sanden eingelagert sind, kann auch der 
Fall eintreten, dass die letzteren nach ihrer oberen Grenze 
zu allmahlig in grobe, Feuerstein - führende Kiese übergehen. 
Endlich können auch neben den sehr baufigen und charakte- 
ristischen Splittern von Feuersteinen grössere Knollen dieses 
Gesteins, sowie nordische Geschiebe und Basaltrollstucke ganz 
isolirt in den Sanden selbst vorkommen, so dass diese die 
Gestalt des ,Geschiebesandes* annehmen. 

Alle diese Erscheinungen beweisen, dass die nach JENTZSCH 
im Leipziger und Dresdener Diluvium meist scharf geschie- 
denen Etagen des ,Glimmersandes* und Feuerstein - führenden 
Kieses in der Lausitz zu einem untrennbaren Complexe ver- 
schmolzen sind. 


Zeits.d. D. geol. Ges. XXVIII 1. 10 


146 


Aebnlich wie Einlagerungen von Geröllen und Kiesen 
können sich auch, so bei Ober - Oderwitz, Löbau u. a. 0., 
solche von gelbem oder grauem, plastischem Thon oder von 
Lehm und Letten zwischen die Sande einschieben. 

Man sieht, die Analogie zwischen der Ausbildungsweise 
dieses sudlausitzer Unterdiluviums und der im ersten Ab- 
schnitte beschriebenen Strandfacies der westlich angrenzen- 
den Oberlausitz ist gross. Für beide ist die sehr bedeu- 
tende, oft vorwaltende Beimischung von einheimischem 
Materiale, die Ausbildung der Diluvialsande als Geschiebe- 
sande, das Auftreten von Kies-, plastischen Thon- und Lehm- 
einlagerungen charakteristisch. 

Die von mir beobachtete grösste Mächtigkeit dieser Feuer- 
steine- und nordischen Geschiebe-fuhrenden Sand- und Kies- 
etage der Sudlausitz beträgt z. B. bei Ober-Oderwitz und 
Ebersbach 12 bis 15 M. 

Was die Verbreitung des unteren Diluviums auf dem in 
Betracht gezogenen lausitzer Hochlande betrifft, so ist dieselbe 
keine allgemeine, vielmehr entbebren die Gipfel der den Grund 
der einstigen lausitzer Diluvialgewasser bildenden granitischen 
und basaltischen Bergkuppen einer Bedeckung von Sand und 
Kies, welche sich vielmehr auf die Plateaus, flachen Anschwel- 
lungen und Bodeneinsenkungen, sowie deren Gehange beschrän- 
ken. Dieser Mangel an Sandbedeckungen, den die Berg- 
scheitel zur Schau tragen, ist unabhängig von deren Meeres- 
hohe und deshalb nicht etwa durch ihr ursprunglichee Ueber- 
ragen des Wasserspiegels, sondern als eine Fulge der Abla- 
gerungsweise der Sand- und Kiesmassen zu erklären. So 
trägt £. B. der granitische Kottmarsdorfer Bergrücken bis zu 
365 M. Hohe einen Mantel von zum Theil grobem, ja kie- 
sigem, Feuerstein - führendem Sand, aber welchen der Gipfel 
des Berges bis zu 407 M. Meereshöhe nackt hervorragen 
würde, wenn ihn nicht, zugleich als Beweis seiner früheren 
Wasserbedeckung, der Geschiebelebm in einer dünnen Lage 
uberzoge. Die nämliche Erscheinung wiederholt sich bei der 
grossen Mehrzahl der durch Bahn- und anderer Bauten auf- 
geschlossenen kleineren Granitkuppen. 

Besonderer Erwähnung bedürfen noch die lang gezogenen 
Hügel von Diluvialsand und -Kies, welche sich in ihren Con- 
turen dünenähnlich und durch mageren Kieferbestand gekenn- 
zeichnet, z. B. an der westlichen Seite der Eisenbahn, von 
Herwigsdorf bei Zittau über Ober-Oderwitz in ziemlich nord- 
licher Richtung 8 bis 9 Kilometer weit bis über Ninive hinaus 
verfolgen lassen, wo sie durch einen 18 M. tiefen Eisenbahn- 
einschnitt entblösst sind, meist aus feinem lockerem Sand be- 
stehen , an zahlreichen Stellen die discordante Parallelstructur 





147 


aufweisen, jedoch deshalb keine Danen sein können, weil die 
Sande mit Streifen von Kies und groben Geröllen wechsel- 
lagern. Von Geschiebelehm sind diese Sandhügel entweder 
ger nicht oder nur ausserordentlich schwach bedeckt, — daher 
auch ibr auffallig steriler Charakter. Ganz Aehnliches gilt 
von den Hogelzugen aus Diluvialsand, welche sich an die 
westlichen Gehange der Diabas- und Granitberge von Ebers- 
bach anlebnen. Vielleicht repräsentiren dieselben diluviale 
Strandanhäufungen, deren frisch aufgeworfenes, vom Wasser 
sortirtes Material temporär, also jedesmal während der Ebbe- 
zeit, der Einwirkung der Winde ausgesetzt war und anter 
dieser, falls sein Korn die genugende Kleinheit besass, eine 
Ortsveranderung vornahm und dadurch Triebsandstructur 
erhielt. 

Das höchste Niveau über dem jetzigen Meeresspiegel, in 
welchem ich den Diluvialsand und -Kies auf jenem Plateau 
antraf, betragt unterhalb Kottmarsdorf 365 M., an der Gabe- 
lang unterhalb des Bahnhofs Ebersbach 360 M., nahe der 
Güterstation Eibau 375 M., zwischen Seifhennersdorf und Alt- 
Warnsdorf etwa 360 M.; Bodenanschwellungen, welche dieses 
ungefähre Nivcau überragen, scheinen frei zu sein von Kies- 
und Sandbedeckung. 

2. Das Obere Diluvium des lausitzer Hochlandes wird 
von Geschiebelehm gebildet. Dieser überlagert die Kiese und 
Sande discordant und uberzieht, ohne an die Verbreitung der 
letzteren gebunden zu sein, in Form einer dunnen Decke das 
ganze suüdlausitzer Hochland, nur von Flüssen durchschnitten 
und von den uber 410 M. hohen vulcanischen Kuppen über- 
ragt, welche von den diluvialen Gewässern nicht überflathet 
wurden. 

Der südlausitzer Geschiebelehm ist fast stets schwer, 
sandig, nie kalkhaltig, also mergelig, wenig mächtig und na- 
mentlich auf dem eigentlichen Hochlande meist so geschiebe- 
reich, dass er nur ausnabmsweise gutes Ziegelmaterial liefert. 
Die von ibm eingeschlossenen Geschiebe sind der verschie- 
densten Natur and Herkunft. Es sind: 

a. Geschiebe von benachbarten lausitzer Gesteinen, 
also Basalt, Pbonolith, Graniten, Quarzit, welche aus Süden, 
gewöhnlich aber aus der unmittelbaren Nähe stammen. Dass 
letsteres der Fall, ergiebt sich daraus, dass die petrographische 
Beschaffenheit dieser Rollstucke meist mit derjenigen der nahe 
gelegenen Hügel übereinstimmt, dass also Basaltblöcke in 
besonderer Menge um basaltische Kuppen, — Granitblöcke 
vorzüglich massenhaft bei granitischen Hügeln vorkommen, 

b. Schwedische krystallinische Gesteine, also 
die verschiedenartigsten, aber meist durch rothliche Feldspathe 


10* 





148 


ausgezeichnete Granite, Syenite, Quarzporphyre, Feldspath- 
porphyre, Hornblendeschiefer, Gneisse, Dalaquarzite u. s. w. 

c. Gottlandische silurische Kalke, z. B. bei 
Ober-Oderwitz mit Beyrichien, Chonetes striatella, Rhynchonella 
borealis, bei Herrnbut mit Calamopora Gottlandica. 

d. Baltische Feuersteine, hie und da mit Abdracken 
von Echinoiden, Pentacrinus-Stielgliedern und Bryozoén. 

e. Nephelindolerit des Löbauer Berges findet sich in 
bis centnerschweren Blöcken an manchen Punkten der südlich 
von der genannten 446 M. hohen Bergkuppe sich ausdehnen- 
den südlausitzer Hochlande, so z. B. bei Neucunnersdorf, 
ferner bei Kottmarsdorf in 405 M. Meereshohe, einem Fund- 
punkte, der von der Heimath des Nephelindolerits durch eine 
ungefähr 8 Kilom. breite und 120 bis 130 M. tiefe Boden- 
einsenkung getrennt ist, — endlich nach Herrn A. Weiss am 
Finkenhübel bei Warnsdorf in über 20 Kilom. Entfernung vom 
Löbauer Berg. Diese Blöcke von Nephelindolerit sind augen- 
scheinlich auf die nämliche Art zu einer Wanderung nach 
Süden gezwungen worden, wie die weiter von Norden her- 
stammenden Feuersteine oder die aus noch nördlicherer Hei- 
math kommenden silurischen Kalke Wie das Gottländische 
Silur und die Baltische Kreide Untiefen, so bildete der Lo- 
bauer Berg während der Eiszeit eine Klippe, von welcher 
strandende, später durch oberflächliche Schmelzung erleichterte 
und deshalb wieder flott werdende Eisberge unterdessen ein- 
gefrorene Bruchstücke mit fortnahmen und in Gemeinsamkeit 
mit den echt nordischen Geschieben absetzten. 

Das Mischungsverhaltniss dieser vier verschiedenen 
Gebieten entstammenden Geschiebe ist ein ausserordentlich 
wechselnde. An einer Stelle walten die krystallinischen 
schwedischen Gesteine, an einer anderen die Basalte, noch 
häufiger die Granite der Lausitz vor, zu beiden gesellen sich 
Feuersteine in zuweilen geringer, oft aber erstaunlicher An- 
zahl, ebenso Quarze von augenscheinlich einheimischer Ab- 
stammung; eilurische Kalksteine sind nur auf einzelne Punkte 
beschrankt, dort aber, z. B. bei Ober - Oderwitz, ziemlich 
haufig; am seltensten sind die Lobauer Nephelindolerite. In 
manchen Aufschlussen des Lehms fehlen sowohl nordische, 
wie lausitzer Geschiebe bis auf vereinzelte Feuersteine ganz, 
in anderen tritt der Lehm gegen die Menge der Geschiebe 
zurück. 

Die Form der Geschiebe, und zwar auch der lausitzer, 
ist stets eine abgerundete, so dass auch die letzteren der 
mechanischen Thatigkeit der Wogen, wahrscheinlich also der 
Brandung an der damaligen, an Untiefen und Felsklippen 
reichen lausitzer Küste ausgesetzt waren. Die Feuersteine 





149 


besitzen zwar meist die Form an den Kanten mehr oder we- 
niger abgerundeter Scherben, stellenweise jedoch ist ihnen 
ihre ursprüngliche knollige Gestalt und weisse mehlige Ober- 
fiachenbeschaffenheit unverletzt erhalten geblieben. So bestehen 
z. B. die in der Ziegelei von Ninive bei Ober-Oderwitz aus- 
gesonderten und aufgehäuften Geschiebe mindestens zu zwei 
Dritteln aus Feuerstein - Concretionen von so auffälliger und 
bizarrer Gestalt, wie sie mir nirgends anders entgegenge- 
treten sind. 

An nordischen Granit-, Gneiss- und Porphyrgeschieben 
mehrerer Fundpunkte wurden glatt polirte Schliffflachen, 
dorchkreuzt von Frictionsstreifen , -beobachtet, welche darauf 
schliessen lassen, dass in diesen Fallen sogen. Scheuer- 
steine, also am Grunde der skandinavischen Gletscher fort- 
bewegte Moränenblöcke vorliegen. 

Die Dimensionen der Diluvialgeschiebe, und zwar na- 
mentlich der nordischen, bewegen sich in weiten Grenzen, 
dürfen jedoch im Durchschnitt und im Gegensatz zu denen der 
erratischen Blöcke der Ebene als sehr unbeträchtlich be- 
zeichnet werden. Meist findet ein Schwanken zwischen Wall- 
nuss- und Kopfgrösse statt; faustgrosse Geschiebe sind am 
hänfigsten und nur als ausnahmsweise Ueberschreitung dieser 
Grenzen ist mir bei Ober-Oderwitz in 310 M. Meereshöhe ein 
jetzt geborstener Gneiesblock von mehr als 1 M. Breite und 
Lange bekannt geworden, 

Was nun die Vertheilung der ssratisctién Blocke 

in dem Geschiebelehm betrifft, so kann es als Regel 
gelten, dass in der Richtung von oben nach unten eine allmab- 
lige Anreicherung des letzteren an Geschieben stattfindet, so 
dass sich der unterste Horizont des Lehms zu einer wahren 
Geschiebeschicht ausbilden kann, mit welcher die obere Ab- 
theilung des Jausitzer Diluvinms (der Geschiebelehm) scharf 
und discordant an den darunter liegenden Kiesen und Sanden 
abschneidet. Diese an Geschieben reichste Zone ist demnach 
etwas ganz anderes als das von LAsSPEYRES*) beschriebene 
„Steinpflaster“ der Provinz Sachsen, welches die obere Grenze 
des Geschiebelehms bildet und augenscheinlich als ein steiniges 
Residuum von ausgeschlemmtem Geschiebelehm aufgefasst wer- 
den muss. 

Die Art, wie die Geschiebe, grosse und kleine, meist voll- 
kommen isolirt in unserem Lehm eingebettet sind, schliesst 
unbedingt jede waschende und sortirende Mitwirkung der 


*) Erläut. zur geol. Specialkarte von Preussen, Blätter Petersberg, 
Gröbzig, Zörbig. 1874, 


150 


Strandwogen bei ihrer Ablagerung aus, vielmehr lehrt der 
Augenschein, — so lange man deu Geschiebelehm 
noch als eine Sedimentbildung, nicht aber als eine 
wirkliche Grundmoräne gewaltiger nordischer 
Gletscher aufzufassen geneigt ist, — dass die erra- 
tischen Blöcke auf den schlammigen Bodensatz gefallen und 
mehr oder weniger tief in die lockere, sich uber ihnen scblie- 
ssende Masse eingesunken sind, wobei neue Schlammnieder- 
schlage und Geschiebezufubr ununterbrochen fortgehen konnten. 
Daher auch die eben erwabute Anreicherung der Geschiebe nach 
der unteren Grenze der Lehmschicht zu, bis zu welcher sie sich 
einsenkten. Insoweit diese Erklarung die auf schmelzenden 
Eisbergen von Norden kommenden Geschiebe betrifft, Legegnet 
sie keinen Schwierigkeiten, solche bieten sich nur an den, 
freilich ausserordentlich zahlreichen Stellen, wo uber wallnuss- 
bis uber kopfgrusse lausitzer Geschiebe neben solchen nor- 
dischen Ursprungs im Lehm stecken. Ihre meist vollkommen 
abgerundete Gestalt ist nicht anders als durch mechanische 
Thatigkeit des Wassers hervorgebracht zu verstehen, ihr Var- 
kommen inmitten des Lehms hingegen, wie oben „angedeutet, 
nur mit Zuhulfenahme ihres Transportes auf schmelzendem Eis 
zu erklären. Beides lässt sich in Einklang bringen, wenn man 
annimmt, dass sich an den Geröllmassen des damaligen eigent- 
lichen Strandes und der zahlreichen Untiefen, sowie rings am 
die vielen basaltischen und granitischen Felsinseln der lau- 
sitzer Bucht, von welchen jede Hohenschichtenkarte jener Ge- 
gend ein anschauliches Bild giebt, zur Winterzeit und unter 
dem abkublenden Einflusse der nordischen Eisberge Grundeis 
gebildet hat, dass dieses, sobald es zu genügender Dicke an- 
gewachsen, mit den Geröllen, an denen es ursprünglich ange- 
schossen, an die Oberfläche stieg und eine Zeit lang auf dem 
Wasserspiegel herumtrieb. Hier schmolzen die Grundeis- 
schollen, so dass die in ihnen eingewachsenen Gerôlle, ebenso 
wie die von den nordischen Eisbergen herbeigefubrten, auf 
den schlammigen Bodensatz hinabsanken und sich in den Lehm 
einbetteten. Die Grösse dieser Treibeismassen kann nur eine 
sehr unbedeutende gewesen sein, gerade genügend, um mit 
den emporgezogenen Gesteinslasten eine kurze Distanz zurück- 
legen zu können. Daher ist auch das Hauptverbreitungsgebiet 
der lausitzer Geschiebe in dem Diluviallehm auf die Striche 
nahe der alten Küste beschränkt; finden sie sich hier ausser- 
ordentlich zablreich und in z. Th. bedeutenden Dimensionen, 
so nehmen sie nach dem Flachlande zu sehr rasch an Zahl 
und Grosse ab, so dass bei Gorlitz und Löbau ihr Antheil an 
den Geschiebeablagerungen bereits ein sebr unbedeutender ist. 





151 


Dasselbe bemerken bereits Peck und von Borniak*) und consta- 
tiren, dass im Dilaviallehm von Görlitz aus dem Süden stam- 
mende Basaltblöcke nur bisweilen, aber nicht haufig und Pho- 
nolithe gar nicht mehr vorkommen. Ganz Aehnliches beob- 
achtete Orra in Schlesien; auch er betont**), dass im dortigen 
Dilavium die Einmengung südlicher Granite nur von geringer 
Erstreckung sei und dass der Gabbro und Serpentin von Zob- 
ten nur in dessen unmittelbarer Nähe gefunden würden. Die 
bereits von Girarp ***) erwähnten Vorkommnisse von Geröll- 
massen südlicher Abkunft in der norddeutschen Ebene, z. B. 
am Flemming, scheinen mir nach der Beschreibung dieses 
Geologen alte, hochgelegene Elbschotter - Ablagerungen, nicht 
aber Glieder des nordischen Diluviums zu repräsentiren. 

Dass überall in der Lausitz, wo die untere kiesig-sandige 
und die obere Lehm - Etage des Diluviums vereint auftreten, 
eine discordante Ueberlagerung stattfindet, ist bereits hervor- 
gehobeu worden, ebenso die Erscheinung, dass die Verbreitung 
des Geschiebelehms nicht an diejenige der Kiese gebunden, 
vielmehr eine weit allgemeinere ist. Während die Kiese und 
Sande mantelformige Umlagerungen, flach geböschte Anlage- 
rangen an den steiler geböschten Granit- und Basaltbergen, 
Ausfullungen ursprünglicher Bodeneinsenkungen, sowie hügel- 
und dunenäbnliche Anhäufungen bilden, zieht sich der Ge- 
schiebelehm in Form eiuer ausgedehnten, dünnen Decke gleich- 
mässig aber fast den ganzen Untergrund, ganz unabhängig 
davon, ob dieser ans anstehendem Gestein oder aus lockeren 
Kies- und Sandmassen besteht. Am auffalligsten ist dabei, 
dass der Lehm die Schichten des älteren Dilaviums viel 
scharfer abschneidet ale die Oberfläche des Granites und Ba- 
saltes. Dort nämlich, wo der Geschiebelehm aber die losen 
Diluvial- Accumulate hinweg auf die Boschungen und flachen 
Scheitel der grauitischen Hohenzuge hinweggreift, findet eine 
Verknüpfung desselben mit seinem granitischen 
Untergrunde in der Weise statt, dass letzterer bis auf 
2. Th. bedeutende Tiefe in (rrus verwandelt ist, dessen obere 
Partieen von den Dilavialgewassern aufgewuhlt worden sind, 
in Folge dessen sich der Grus nach oben zu mehr und mehr 
mit Diluviallehm mischt, Feuersteine führen kann und oft ganz 
allmählig in den reinen, normalen Geschiebelehm übergeht. In 
ganz analoger Weise sind z. B. bei Zittau die meisten Thone, 
Quarzsande und kohligen Letten der Braunkohlenforma- 


a 





*) Abhandl. der naturf. Gesellsch. zu Görlitz Bd. XII. 1865. 

**) Geognost. Durchforschung des schlesischen Schwemmlandes 
1872 pag. 41. 

***) Die norddeutsche Ebene 1855. pag. 109 ff. 


152 


tion (ähnlich wie an vielen anderen Orten Deutschlands) 
aufgearbeitet und in Wechsellagerung mit Feuerstein-fubrendem 
Lehm wieder abgesetzt worden. Dort endlich, wo der Unter- 
grund aus dem in Fragmente und Blöcke zerstuckelten Aus- 
gebenden von Basalt besteht, drängt sich der Geschiebe- 
lehm, oft mit Knollen von Feuerstein und kleineren nordischen 
Geschieben, zwischen jene. Der lausitzer Diluviallebm erhalt 
durch derartige Vermischungen local einen höchst eigenthum- 
lichen Habitus. 

Das Oberdiluvium, also der Geschiebelehm, 
reicht in der Südlausitz bis zu etwa 407 M. Meeres- 
höhe. Es lässt sich dies mit grosster Bestimmtheit an den 
isolirten Kuppen jener Gegend nachweisen, welche gewisser- 
maassen als Diluvial-Pegel dienen. So bedeckt der Geschiebe- 
lehm u. A. den Kottmarsdorfer Rücken, auf dessen Oberflache 
sich noch in 407.M. Höhe zahlreiche, bis kopfgrosse nordische 
Gneiss- und Porphyrgeschiebe und noch mehr Feuersteine 
finden, während auf benachbarten Gipfeln, welche diese Hohe 
überschreiten , jede Andeutung des Diluviums fehlt. Etwa 
gleiche Meereshôhe wie bei Kottmarsdorf in der Sudlausitz, 
nämlich 400 M., erreicht, wie oben dargelegt, das Diluvium 
in der Oberlausitz bei Neustadt, so dass beide Beobachtungen 
in vollstandigem Einklang stehen. 

Wir haben in dem ersten Abschnitt dieses Aufsatzcs ge- 
zeigt, dass das Diluvium, welches sich auf dem nördlichen 
Abfalle des oberlausitzer Gebirges zwischen Elbe und Spree 
abgelagert hat, eine ganz eigenthumliche Strandfacies be- 
sitzt. Aehnlich sind, wie aus Obigem hervorgehen wird, die 
Verhältnisse auf dem eben beschriebenen südlausitzer Plateau. 

Besonders auffällig erscheinen dem wandernden Geologen 
die Strandeigenthumlichkeiten dieses Diluviums dann, wenn er, 
an sie gewöhnt, das im Norden vorliegende Flachland betritt 
und hier den Eindruck des normalen norddeutschen Diluviums 
erhält, mit seinem mächtigen zahen Geschiebelehm und seinen 
massenhaften, bis uber metergrossen, ausschliesslich nordischen 
Geschieben. 

In neueren Arbeiten über das Quartar (z.B. von J. Rora, 
die geologische Bildung der norddeutschen Ebene, Sammlung 
gem. wissenschaft. Vortr. Berlin 1870 pag. 19) wird als sud- 
liche Grenze des nordischen Diluviums, soweit sie unser Ge- 
biet berührt, meist eine in vielfachen Biegungen zwischen 
Görlitz und Dresden verlaufende Linie angenommen. Nicht 
nur, dass das Diluviam, wie in den vorigen Abschnitten ge- 
zeigt werden konnte, ausgedehnte Gebiete südlich von dieser 
Grenzlinie einnimmt, reicht es vielmehr von dem lausitzer 





153 


Hochlande in Form einer weiten Bucht noch tief zwischen die 
im Süden vorliegenden Gebirge. 

Den Hintergrund und die südliche Grenze des lausitzer 
Hochlandes bildet das Lausitzer Gebirge mit seinen schönen 
Basalt- und Phonolithdomen und den auffälligen Erosions- 
formen des Quadersandsteins, das Jeschkengebirge mit seinem 
imposanten Hauptkegel, und endlich das massige, in feinen 
Conturen den Granit und Gneiss verrathende Isergebirge. 
Zwischen den welligen Ausläufern des letzteren einerseits und 
dem Lausitzer und Jeschken - Gebirge auf der anderen Seite, 
blickt man in südôstlicher Richtung in das breite, fruchtbare 
Tbal der oberen Neisse, die über Reichenberg (379 M.), 
Kratzau (293 M.) und Grottau (274 M.) kommend, bei letzte- 
rem Orte aus ihrem Gebirgsthal in die Hochebene tritt, um 
oberhalb Zittau in 227 M. Meereshohe die Mandau aufzu- 
nehmen. 

Aus den angegebenen Meereshohen, sowie aus der oben 
dargelegten Beobachtung, dass das Diluvium auf dem benach- 
barten lausitzer Plateau bis in ein Niveau von 407 M. reicht, 
aus diesen Thatsachen war im Voraus zu schliessen, dass 
auch die Gehänge des Neissethales bis zu der genannten Höhe 
eine Diluvialbedeckung tragen wurden. In der That bestätigten 
Beobachtangen diese Schlüsse. 

Die ganze Thaleinsenkung der Neisse bis in die Gegend 
von Reichenberg in Bohmen, sowie das engere Thal der 
Schwarzen Neisse, welches sich bei Kratzau von jener ab- 
gabelt, und in das Isergebirge tief eingreift, gehört dem Ge- 
biete des Diluriums an. Feuerstein-reiche Kiese mit schwacher 
Lehmdecke finden sich an vielen Stellen der Gehänge dieser 
Thaler und auf dem nordöstlicb angrenzenden flachwelligen 
Plateau (so nach Frisprıca bei Wittig, Kohlige und Wetzwalde 
in 340 bis 380 M. Meereshôbe), und dehnen sich von hier 
aus über Zittau, Herruhut und Görlitz bis in die norddeutsche 
Ebene aus. Wir steben also hier vor einer sich unerwartet 
tief nach Süden erstreckenden Diluvialbucht. 

Die Ablagerungen derselben sind jedoch nicht in ihrer 
ursprünglichen Verbreitung erbalten geblieben, vielmehr durch 
die sich einschneidende Neisse und deren Zuflusse zu nicht 
geringem Theile wieder weggewaschen und umgearbeitet wor- 
den. In Folge der fortschreitenden Tieferlegung der Thalsohle 
dieser Gewässer fand eine Zerstückelung der Diluvialdecke 
durch Erosionszonen statt, welche in dem weiten Neissetbal 
am breitesten klaffen. Nordischer Diluvialkies und - Lehm 
treten deshalb in ursprünglicher Lagerung nur an den oberen 
Gehingen und auf den das eigentliche Flussbett begrenzenden 
Höhen und Plateaus auf, — die zwischen ihnen und der Thal- 


154 


sohle liegenden Gebange sind, ganz äbnlich wie es im Westen 
Sachsens und am Sudrande des Harzes*) der Fall ist, von 
jungdiluvialen Gebilden, nämlich von den oberen Gebieten des 
Stromes entstammenden Flussschotter- Ablagerungen 
and diese wiederum von lössäbnlichem Gebangelehm 
bedeckt, welche nach der von Aulehm gebildeten Thalsohle 
zu und zwar in 3 bis 8 M. Höhe über derselben, in Form 
einer oft ziemlich steilen Terrasse absturzen. 

Anders wie im Gebirgsthale der Neisse gestalten sich 
die Verhältnisse des Diluvioms in dem bis auf eine enge 
Durchbrachsstelle bei Rosenthal weiten, flachen Thal 
zwischen Zittau und Görlitz. Hier, wo die postdilu- 
viale Erosion eine im Vergleich mit derjenigen des Gebirgs- 
laufs der Neisse sehr unbedeutende war, sind die Thalgebñnge 
fast überall noch von nordischem Diluvium bedeckt, welches 
sogar die Thalsohle auskleiden und hier und da aus dem 
moorigen Aulehm in flachen schildformigen Rücken (so bei 
Nikrisch) hervortreten kann. 

Unberubrt von der Zeit ist jedoch auch hier die nor- 
dische Diluvialbedeckung der Thalgebange nicht geblieben, 
vielmehr meist ihres oberen Gliedes, des Geschiebelelime, be- 
raubt worden, welcher durch atmospbärilische Niederschläge 
weggeschwemmt und der Neisse zugeführt zu sein scheint. 
Die ursprünglich dieeer Lehmdecke angehörigen und in ihr 
vertbeilt gewesenen Geschiebe finden sich dann als deren 
Rückstand za einer mehr oder weniger mächtigen Schicht con- 
centrirt, eine dem „Steinpflaster“ der Gegend nördlich von 
Halle ganz entsprechende Bildung. Jedoch tritt die durch 
Wegschwemmung des nordischen Lehms entblöste untere Kies- 
und Sandetage des Diluviums an den Gehangen nur ganz spo- 
radisch zu Tage, vielmehr ist uber ihr an Stelle des Ge- 
schiebelehms durch Vermittelung der die Gehange herabrie- 
selnden atmosphärischen Wasser eine Decke von lössahn- 
lichem Gebängelehm zur Ablagerung gelaugt, dessen 
Material den höheren Niveaus entführt wurde, und welcher petro- 
graphisch vollkommen den analogen Bildungen in den Thälern 
der Mulde, Chemnitz und Zschopau**) entspricht, 

Besonders instructiv gestalten sich die geologischen Ver- 
haltnisse dieser verschiedenalterigen Quartargebilde dort, wo 
sich der nordöstliche Ausläufer des lausitzer Plateaus langsam 
zum Görlitzer Flachlande herabsenkt. Ersterer, ein plateau- 
artiger Rücken, auf dem sich der schöne Kegel der Landes- 
krone erhebt, und der eine durchschnittliche Höhe von 230 M. 


*) Eck, Erläuterungen zu Blatt Immenroda u. s. w. 1872. 
**) N. Jahrb. f. Min. 1876. pag. 18. 


155 


besitzt, ist von echtem Geschiebelehm bedeckt, der auf 
sandigem Kies auflagert, sebr zahlreiche nordische Blöcke 
(z. Th. Scheuersteine) umfasst, und z. B. in den Rausche- 
walder Ziegeleien abgebaut wird. Verlässt man das Ransche- 
walder Diluvialplateau und begiebt sich in einen der flachen, 
von ihm aus in östlicher Richtung in das Neissetbal münden- 
deu Thalgrunde, so trifft man auch hier eine Anzahl Zie- 
geleien. Der Charakter des durch sie aufgeschlossenen Lehms 
ist jedoch ein vollkommen anderer als oben auf dem Plateau. 
War der nordische Plateaulehm zahe, plastisch, geschiebereich, 
so ist der von uns jetzt erreichte Lehm locker, zerreiblich, 
von Wurzelröbrchen durchzogen und frei von (seschieben, — 
esist der Gehängelehm, der hier den petrographischen 
Charakter des Losssandes besitzt. Während jedoch die 
entsprechenden Ablagerangen im oberen Theile des Neisse- 
thales, ferner in den Thalern der Mulde und Zschopau, sowie 
in denen dea südlichen Harzrandes auf Flussschotter auflagern 
und als ein Product der Ueberfluthaug von Seiten der sich ihr 
hentiges Thalsystem einschneidenden Ströme zu betrachten 
sind, bedeckt der lössartige Lehm au den Gehängen des lau- 
sitzer Flachlandes, ähnlich wie in der-Gegend nördlich von 
Halle”), das nordische Diluviom, und zwar meist das ausge- 
schlemmte Geschiebe - Residuum des Geschiebclehms, und ist 
das Product der herabrieselnden, vom Plateau feinsandiges 
Material mit sich bringenden atmosphärischen Wasser. Die 
ganzen Gehänge, in denen sich das Rauschewalder Plateau 
nach Osten und Norden verflacht und welche z. Th. von den 
sadlichen Vorstädten und Bahnhofs - Anlagen von Görlitz be- 
deckt sind, tragen solchen lössartigen Gehängelehm. 

Genau, wie wir dies von den äquivalenten Gebilden an- 
derer Gegenden wissen, kann auch der lausitzer Gebangelehm 
local kalkhaltig sein, daun Schnecken und Lössconcretionen 
führen und dadoreh zum echten Loss werden. Ueber den 
Hauptaufschlusspunkt dieser Ablagerung hat GigBELHAUSEN **) 
in einem Briefe an Herrn Ecx berichtet. Das Liegende dieses 
typischen Losses wird von echt nordischen })iluvialsanden 
and daruber von einer kiesigen Schotterschicht, dem Stein- 
plaster, gebildet. Unter ganz den namlichen Verhaltnissen 
ist der Loss mit Helix hispida und Succinea oblonga, sowie mit 
Lössconeretionen direct neben dem Eisenbabndamm in dem 
Thalgrande aufgeschlossen, der sich von den Rauschewalder 
Höhen in nordöstlicher Richtung nach der Stadt zieht, während 
die beide genannte Lössparcellen verbindenden Ablagerungen 





+) Laspuyaus, Erläuter, su Blatt Petersberg u.s. w. 1874. 
**) Diese Zeitsehr. 1870. pag. 760. 


156 


an den mir bekannt gewordenen Aufschlüssen die kalk-, 
schnecken - und concretionsfreie Modification, also die Löss- 
sand-Facies des Gehangelehms repräsentiren. 

Die Art und Weise der Entstehung des letzteren schliesst 
natürlich die Möglichkeit nicht aus, dass er auch innerhalb 
des eigentlichen Gebietes des nordischen Diluviums local zur 
Ausbildung gelangt ist. 


Die Ergebnisse unserer Untersuchungen des lausitzer Di- 
luviams lassen sich in Kürze wie folgt zusammenfassen: 

1. Der lausitzer Gebirgszug bildete vom Jeschken bei 
Reichenberg an bis zum Hochwald bei Bischofswerda den 
südlichen Strand der nordischen Diluvialgewasser, so dass die 
Orte Grottau, Kratzau und Reichenberg in Böhmen, Zittau, 
Ebersbach, Schirgiswalde, Neukirch, Putzkau und Neustadt im 
Gebiete des Diluviums liegen. 

2. Diese Strandlinie halt ein Niveau von 400 bis 407 N. | 
Hohe aber dem jetzigen Meeresspiegel inne. 

3. Nördlich von dieser Strandlinie ragten eine Anzahl 
granitischer, basaltischer, phonolithischer und doleritischer 
Kuppen oder riffartiger Inseln über den Wasserspiegel. - Lang- 
gezogene Inseln bildeten z. B. die Granitketten sadlich von 
Bautzen mit dem Czernoboh und Picho, die Jauernicker und | 
die Königshainer Berge, solche von flacherer oder ateilerer | 
Koppengestalt der Löbauer Berg, der Kottmar, die Landes- | 
krone u. 8. w. Besonders dicht geschaart treten diese Inseln 
in der Gegend zwischen Löbau, Bautzen und Schirgis- 
walde auf. 

4. Das nordische Diluvium, welches nördlich von der 
oben angegebenen Strandlinie, nur unterbrochen von den ge 
nannten Kusteninseln, zur Ablagerung ‚gelangte , ist überall 
zweigliederig ausgebildet und zerfallt in Unteres Diluvium 
(bestebend aus Kiesen und Sanden mit local zwischengela- 
gerten Thonen) und in das discordant darüber liegende Obere 
Diluvium (bestehend aus Geschiebelehm). 

5. Jedoch weist dieses Diluvium in manchen Einzel- 
heiten eine von denjenigen der benachbarten Theile der nord- 
deutschen Ebene abweichende Ausbildungsweise und zwar die 
Gestalt einer Küstenfacies auf. Diese nimmt einen je nach 
der Steilheit des Untergrundes verschieden breiten Gürtel zwi- 
schen 400 und etwa 300 M. Meereshöhe ein, während das 
Diluviam von Görlitz und Bautzen, also des Vorlandes des 
lausitzer Granitplateaus, bereits nicht mehr der Strandzone, 
sondern der echten norddeutschen Facies angehört. 





157 


6. Die Kustenfacies des lausitzer Diluviums zeichnet 
sich aua: 


a. durch den wesentlichen Antheil, den einheimisches Ma- 
terial an seiner Zusammensetzung nimmt, was so weit 
gehen kann, dass die Sande durch aufgearbeitete, 
feuersteinfuhrende, aber sonst vollkommen reine 
Granitgruse oder Braunkohlensande und Thone ersetzt 
werden können; 

b. dadurch, dass die untere Sandetage durch Beimischung 
von groben Geschieben und durch Einschaltung von 
Geröll- und Geschiebebänken ihre Entstehungsweise 
in der Nahe des Strandes verrath; 

c. dadurch, dass die Hauptmasse der nordischen Geschiebe 
der unteren Sand- und Kies-Etage angehört, während 
der eigentliche Geschiebelehm im Vergleiche mit dem- 
jenigen des Flachlandes oft arm an Geschieben ist. 
Letztere können sogar vollständig verschwinden, so 
dase nur Feuersteine als Kennzeichen des nordischen 
Ursprungs dieses Lehms übrig bleiben; 

d. dadurch, dass die Geschiebe meist nur unbedeutende 
Dimensionen, meist Nuss- bis Kopfgrösse besitzen 
und nur selten Metergrösse erreichen. 


7. Das im uordischen Diluvium der Strandzone so ge- 
wöhnliche, oft vorwaltende einheimische Material ist in der 
Lausitz auf jene beschränkt und hat innerhalb derselben nur 
sehr geringe Entfernungen von seinem jedesmaligen Ursprungs- 
orte zurackgelegt. Der echte Geschiebelehm der Niederlausitz 
fahrt z. B. bei Bautzen und auf dem Rauschewalder Plateau 
bei Görlitz kaum andere Geschiebe als von Norden gekora- 
mene und einzelne der nachsten Nachbarschaft (Landeskrone) 
entstammende Blöcke; — sud-lausitzer Gesteine, z. B. Pho- 
nolithe sind im dortigen Geschiebelehm nicht vertreten. 

8. Es hat im Gegentheile eine Zuführung von im Norden 
der Lausitz anstehenden und diluviale Inseln und Untiefen bil- 
denden Gesteinsmateriale nach dem Süden der Lausitz statt- 
gefunden, so von silurischen Kieselschiefern der Gegend nörd- 


lich von Görlitz, von Nepbelindolerit des Löbauer Berges, 


von Phonolith nach Punkten der Sudlausitz, wo diese Gesteine 
sonst nicht zu Hause sind. 

9. An den Thalgehangen der Flüsse treten jungdiluviale, 
Auviatile und atmosphärilische Gebilde auf, und zwar in dem 
während postdiluvialer Zeiten stark vertieften Oberlauf (so an 
der oberen Neisse bei Grottau und Kratzau) Flussschotter, 
überlagert von lössartigem Gehängelehm, — in dem seit der 
Dilurialperiode fast unverändert gebliebenen unteren Laufe 


158 


hingegen (z. B. bei Görlitz) echter Loss und zwar auf dem 
durch Ausschlämmung des Geschiebelehms erzeugten Stein- 
pflaster. 

10. Die Flasssysteme sind demnach alter als das Dilu- 
vium; kleidet doch dieses die Gehänge und z. Th. auch die 
Tbalsoblen aus (Bautzen, Nikrisch). Nur im Oberlauf, also 
der Region der wirksamsten Erosion und wo sonst durch 
mächtige Diluvialablagerungen, oder noch ältere Barrieren der 
Weg gehemmt oder erschwert wurde, haben ausgedehntere 
postdiluviale Vertiefungen und Erweiterungen der-Thaler statt- 
gefunden. 





159 


B. Verhandlungen der Gesellschaft. 


es | 


1. Protokoll der Jaouar- Sitzung. 


Verbandelt Berlin den 5. Januar 1870. 
Vorsitzender: Herr Bryricu. 


Das Protokoll der December - Sitzung wurde vorgelesen 
und genehmigt. 


Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 


Herr Dr. pbil. Eve. Svepmarx in Upsala, 
vorgeschlagen durch die Herren ZırkeL, Lossen 
und LreBiscH; 

Herr H. Sreinmann in Braunschweig, 
vorgeschlagen durch die Herren Orrmer, Lossen 
und DaMmEs; 

Herr Hassencamp in Fulda, 
vorgeschlagen durch die Herren v. KOENEN, 
Beyrica und OTTMER; 

Herr Bergrath WORTTEMBERGER in Goslar, 
vorgeschlagen durch die Herren SCHLONBACH, 
Ortner und Danke. 


Der Vorsitzende theilte ein Schreiben des Herrn Renarp 
in Lowen mit, in welchem derselbe der Gesellschaft seinen 
Dank für die Aufnahme als Mitglied abstattet. 

Hierauf legte derselbe die fur die Bibliothek der Gesell- 
schaft eingegangenen Druckschriften vor und machte auf 
einige darin enthaltene geologische Arbeiten aufmerksam, 

Derselbe erinnerte daran, dass mit der heutigen Sitzung 
ein neues Geschäftsjahr beginne und dem Statut gemäss die 
Neuwahl des Vorstandes, sowie die Ergänzung dieses durch 
einen neuen Schriftführer, welches Amt früher Herr Professor 
Bauer in Königsberg bekleidete, vorgenommen werden müsse. 

Nachdem der Vorsitzende den Dank für das dem Vor- 


160 


stande von der Gesellschaft geschenkte Vertrauen abgestattet, 
wurde die betreffende Wah) durch Stimmzettel vollzogen, und 
wurden durch Majoritat folgende Herren in den Vorstand 
gewalılt: 


Herr Beyricn, als Vorsitzender, 
Herr RaMMELSBERG, 
Herr Wessxy, 
Herr Lossen, 

Herr Dames, \ „Is Schriftführer, 
Herr Weıss, 

Herr SPEYER, 

Herr HAUCHECORNE, als Archivar, 
Herr Lasarp, als Schaizmeister. 


als stellvertretende Vorsitzende, 


Der Vorsitzende theilte im Anschluss an den von Herrn 
Kayser in der vorigen Sitzung gehaltenen Vortrag mit, dass 
in den afrikanischen Wüsten durch die Sandwehen ganz ana- 
log-polirte und gefurchte Oberflächen an Gesteinen hervor- 
gebracht würden, wie solche Herr Kayser bei seinem jüngsten 
Aufenthalt in Italien beobachtet, und wurden einige derartige 
interessante Gesteinsstücke aus Egypten vorgelegt. 

Herr v. Rıcutnoren bemerkte, dass auch ihm auf seinen 
Reisen in Asien derartige Erscheinungen bekannt geworden, 
und er dabei die Beobachtung gemacht habe, dass jene Bildun- 
gen sehr verschieden seien und sich in zwei Gruppen trennen 


liessen, je nachdem sie in nassem oder trockenem Klima ent- 


standen. . | 
Derselbe theilte aus einem Schreiben*) des Herrn Frisr- 


MANTEL in Calcutta einige Resultate uber die geologischen | 


Verhaltnisse der Umgebung von Jarkand in Hochasien mit, 


welche FEISTMANTEL aus dem von SrtoLiczka dortselbst ge- | 
sammelten paläontologischen Material gewann, und gab hierzu 


einige orographische Erlauteruugen der betreffenden Gegend. 
Herr Lepsius legte der Versammlung die von ihm im 


vergangenen Jahre aufgenommene geologische Karte des west- | 
lichen Südtirol vor und fügte einige Worte der Erläuterung 


über dieselbe hinzu. Das untersuchte Gebiet umfasst die Un- 
gebung des Garda- und Idro-Sees, ganz Judicarien, Val Ren- 
dena, Val di Non und das Mendola-Gebirge, nördlich mit dem 
Ultenthal abschliessend, also im Allgemeinen die Gebirge zwi- 
schen Etschthal und Adamello-Gruppe. 

Geognostisch betrachtet, gehören diese Gebirge dem west- 


*) Siehe dasselbe unter den brieflichen Mittheilungen in Bd. XXVII 
dieser Zeitschr. pag. 945 ff. 





lichen Flügel einer Trias- und Juramulde an, welche in Form 
einer Bucht vom sudlichen Rande der Alpen tief nach Norden 
gegen die Central-Alpen einspringt. Die Basis dieser NO-SW 
streichenden Mulde bilden die krystallinischen Schiefer, welche 
westlich am Granit des Adamello, östlich an der Cima d’Asta 
und bei Recoaro auf der Oberfläche erscheinen. Auf diese 
Gneisse und Glimmerschiefer legt sich da, wo das nur local. 
mächtig entwickelte Rothliegende fehlt, unmittelbar eine in 
Südtirol weit verbreitete Quarzporphyr-Decke, welche aus der 
Umgegend von Bozen bekannt, auch überall an der westlichen 
Umwallung der Etsch - Mulde vom Ultenthal an durch Val 
Rendena und Judicarien bis zum Val Trompia hin unter der 
Trias hervortritt. In einer Mächtigkeit von 1000’ beginnt der 
Buntsandstein uber dieser Quarzporphyr-Decke die Trias-For- 
mation. Darüber lagern sich bante glimmerreiche Kalkplatten 
voller Versteinerungen, in ibren unteren Horizonten durch 
Posidonomya Clarae, ihren oberen durch Ceratites Cassianus 
charakterisirt, beide Horizonte getrennt durch ein constant 
durchlaufendes System von oolithisch aussehenden Gastro- 
poden-Banken. Diese bunten Kalkplatten wurden früher von 
Bensoxe als Roth, neuerdings von GOwBEL als Unterer Muschel- 
kalk angesprochen. Eine leicht erkennbare, überall im vor- 
liegenden Gebiet verbreitete mächtige (bis 250) Decke von 
Zellendolomit und Gyps trennt diese Kalkplatten von den bis 
600° mächtigen schwarzen Trochitenkalken darüber; diese 
werden abgeschlossen durch eine wichtige Brachiopoden-Bank, 
welche Terebrateln in Menge, Spiriferen und die ersten kleinen 
globosen Ammoniten führt. Daruber bauen sich, unmittelbar 
dem Brachiopoden-Horizont aufgelagert, die mulmigen Mergel- 
schiefer und Kalke voller Halobien und Pflanzenreste auf 
(Halobia Lommeli und Sturi, Ammonites euryomphalus etc.). 
Diese werden allmalig von den überlagernden grauen Knollen- 
kalken verdrängt, in denen sich grosse globose Ammoniten 
finden. 

Bis bier binauf in den obersten Muschelkalk greifen 
Porpbyr-Gänge und -Stöcke in grosser Menge. In Verbindung 
mit solchem in jenen Knollenkalken (Globosen-Kalken) auftre- 
tenden Porphyr steht die bekannte Pietra verde. Die Sanct- 
Cassianer-Tuffe, local mächtig anschwellend und muldenförmig 
gelagert, schieben sich an den Orten, wo sie der Vortragende 
beobachtet hat, namlich im Val Sabbia und an der Seisser 
Alpe, in regelmässiger Lagerung zwischen Muschelkalk und 
Keuper ein,. speciell zwischen die Globosen-Kalke und den 
Schlerndolomit. 

Die Keuper - Formation theilt sich in diesem Gebiete in 
zwei grosse Gruppen: eine untere, für die man, wenn sie als 


Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIIL. 1. 11 


162 


Dolomit ausgebildet ist, wie am Schlern- und Mendola-Gebirge, 
den Namen „Schlerndolomit*, wenn als Kalk, wie im Val 
Trompia und sonst in der Lombardei, den Namen ,Wetter- 
steinkalk* passend beibehalt („Hallssadter Kalk“ der Wiener 
Geologen). Die obere Keuper-Gruppe, der ,Haupt-Dolomit“ 
ist sowobl in Südtirol wie in der Lombardei als Dolomit 
ausgebildet und durch Avicula exilis, Turbo solitarius und Gyro- 
porella vesiculifera charakterisirt. Scharf getrennt sind diese 
beiden mächtigen Abtheilungen des Keuper durch die local 
auftretenden , deckenförmig gelagerten Augitporphyre (Val di 
Nov, Schleroplateau, Mendola) und die versteinerungsreichen 
„Raibler Schichten“ (mit Gervillia bipartita, Myophoria Kefer- 
steini etc.). 

Die bis 500’ anwachsenden Mergel und Kalke der Avi- 
cala contorta überlagern constant den Hauptdolomit, so dass 
die „Grauen Kalke* des Lias sich überall leicht von den 
Keuperdolomiten abtrennen lassen. 

Jura, Kreide und Tertiar constituiren den innersten Theil 
der grossen Etsch-Mulde: begianend nördlich im Val di Non, 
geben sie im Süden am Garda -See allmalig mit veränderter 
Streichrichtung in deu dem Sadrande der Alpen vorgelagerten 
Saum jüngerer Formationen über. 

Noch sei erwähnt, dass das vom Vortragenden untersuchte 
Gebiet durchgängig deutliche Spuren früherer Gletscherthatig- 
keit an sich trägt. 

An diesen Vortrag knupften sich, angeregt durch Herrn 
Beyrıon, einige Discussionen über die Schichten mit Posido- 
nomya Clarae und die Brachiopodenbänke des oberen Muschel- 
kalkes im Vergleich zu den norddeutschen Triasgebilden. 


Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 


Ve Ww. oO. 
BEYRICH. HAUCHECORNE. SPEYER. 





163 


2. Protokoll der Februar - Sıtzung. 


Verhandelt Berlin den 2. Februar 1876. 


Vorsitzender: Herr Bereich. 


Das Protokoll der Januar - Sitzung wurde vorgelesen und 
genehmigt. 


Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 


Herr Dr. O. Weerta, Gymnasiallchrer in Celle, 
vorgeschlagen durch die Herren v. SgesBacu, 
DAMES und Speyer; 

Herr Dr. Schraurr, Professor der Mineralogie an der 

Universitat in Wien, 
vorgeschlagen durch die Herren Wessky, Bryricu 
und Weiss; 

Herr Dr. Jou. Rumpr, Professor der Mineralogie und 

Geologie am Polytechnicum zu Graz, 
vorgeschlagen durch die Herren TscHERMAK, 
KARRER und BEYRICH. 


Der Vorsitzende legte die eingegangenen Druckschriften, 
sowie die literarischen Geschenke vor und gedachte des geolog. 
Inhalts derselben. 

Zu den Vorträgen ubergehend legte zunachst Herr Wessxy 
im Auftrage des Herrn Prof. v. Lasauzx in Breslau swoi von 
diesem neu benannte Mineralien vor, namlich Aérinit aus 
Spanien und Melanophlogit aus Sicilien, und gab einige 
Notizen über die chemische Zusammensetzung dieser Mineralien. 

Herr Barenpr berichtete unter Vorlegung der Bobrproben- . 
folge über die Resultate des Bohrloches bei Bischofswerder, 
und verglich dieselben mit mehreren anderen Tiefbohrungen. 
Ein ausführliches Referat wird als besonderer Aufsatz in 
dieser Zeitschrift erscheinen. 

Herr v. Docker trug Bedenken, dass die von dem Vor- 
redner als secundare Bildungen angesprochenen glaukonitischen 
Schiebten bei Bischofswerder mechanische Gebilde seien, viel- 
mehr als selbstständige Bildungen betrachtet werden müssten, 
wofur derselbe seine Gründe geltend machte. 

Herr Bzreica schloss sich dieser Ansicht an and erinnerte 
daran, dass der glaukonitische Charakter des Tertiars mit dem 
Mioean verschwinde, ältere marine Braunkohlen-führende Ge- 
steine dagegen gläukonitisch seien. 

, 11* 


164 


Hieran reibten sich, angeregt durch Herrn Kosmann, noch 
einige Discussionen uber die Diluvialbildungen der Mark be- 
zuglich des Vorhandenseins von Geschiebe-freiem and Geschiebe- 
führendem Thonmergel, und betheiligten sich daran die Herren 
BeyricH uud BERENDT. => 

Herr E. Kayser legte eine Suite von Gesteinen vor, die 
er im Frahjabr 1875 auf Lipari und Vulcano gesammelt hatte 
und sprach uber die geologische Beschaffenheit der liparischen 
Inseln im Allgemeinen und der beiden genannten im beson- 
deren. Auf beiden Eilanden ist auf eine ältere basische 
Eruptionsepoche eine jüngere saucre gefolgt. Die 
erste bat doleritische oder wohl richtiger andesitische Ge- 
steine geliefert, die nur einige 50 pCt. Kieselsäure ent- 
halten und den heutigen Eruptionsproducten des Aetna und 
Stromboli nahe stehen. Die dunkelen Gesteine sind meist 
porphyrisch, zuweilen auch mandelsteinartig entwickelt und 
enthalten in einer mehr oder weniger porenreichen, steinigen, 
nur ausnahmsweise glasigen Grundmasse Ausscheidungen von 
triklinem Feldspatb, Augit und Olivin. Die sauere Eruptions- 
epoche dagegen hat hellfarbige Trachytgesteine von hohem 
und höchstem Kieselsäuregehalt und überwiegend hyaliner 
Ausbildung geliefert. Die Trachyte treten in Verbindung mit 
weissen Bimsteintuffen auf, die Andesite zusammen mit grauen 
Tuffmassen. Das höhere Alter der basischen Gesteine geht 
sowohl daraus hervor, dass sie zum grossen Theil durch 
sauere bedeckt werden, als auch daraus, dass sie vielfach ale 
Einschlusse in den letzteren vorkommen. Auf Lipari be- 
steht der mittlere und der ganze nordwestliche Theil der Insel 
aus den älteren andesitischen Bildungen. Hier liegen die 
höchsten Erhebungen der Insel, deutliche Kratere aber sind 
kaum mehr vorhanden. Die trachytischen Bildungen nehmen 
dagegen den nordöstlichen und südlichen Theil der Insel ein, 
und hier findet man noch eine Menge ausgezeichnet erhaltener 
Kratere und Lavastrome. Auf Vulcano besteht nur der jetzige 
Hauptkegel, die sogen. Solfatara, aus saueren Gesteinen, wah- 
rend der Monte Saracenico, das alto, jenen Kegel im Süden 
und Südwesten umgebende halbkreisförmige Wallgebirge und 
der noch ältere, den südwestlichen Theil der Insel bildende 
Colle piano, eine gewaltige Vulcanruine mit sehr hochliegen- 


dem Kraterboden, gänzlich aus basischeren Gesteinen bestehen. 


Herr Weiss machte Mittheilungen, welche an die von ihm 
in dieser Zeitschrift 1873 gegebene Uebersicht der Fructi- 
ficationsweise der Steinkohlen - Calamarien . an- 
knüpften. Die damals gehegte Hoffnung, bald eine ausführ- 
lichere Darstellung über die Fructificationsorgane der Cala- 
marien folgen lassen zu können, hat sich aus dem Grunde 








165 


nicht erfullt, weil die zur Herstellung der erforderlichen Zeich- 
nungen und Tafeln ihm disponiblen Krafte allzu beschränkt 
waren. Inzwischen hat sich an weiterem Materiale manches 
Neue ergeben, das unsere Kenntniss dieser Pflanzentheile sehr 
erweitert und ergänzt, so dass der Vortragende glaubt, jetzt 
eine neue Mittheiluog hierüber schuldig zu sein, umsomehr 
als gewisse ideale Darstellungen, welche uber die Organi- 
sationsweise der Calamarienähren Bilder zu geben den Zweck 
hatten, in neuere Werke überzugeben angefangen haben. Für 
diesmal beschränkte sich der Vortragende auf diejenigen 
Aebren, welche man bisher wahl allgemein als zu Annularia 
gehörig betrachtet hat (Bruckmannia Staa. zum Theil) und 
welche in drei vorgelegten Tafeln und einigen Originalen naher 
erläutert wurden. — Die Zurechnung der sogenannten Annu- 
larienabren zur Annularia gründete sich bis jetzt eigentlich 
nur auf das Zusammenvorkommen isolirter Aehren mit iso- 
lirten beblätterten Zweigen von Annufaria. Die wirkliche Ver- 
bindung jener mit diesen ist noch niemals so bekannt gewor- 
den, dass sie unzweifelhaft geblieben sei. lagegen ist die 
Bergakademie im Besitze eines (von Herrn Maur in Ilmenau 
gesammelten) werthvollen Stückes, woran die Befestigungs- 
weise der Achren am Stengel wohl erhalten ist. Aber diese 
Verbindung ist hier eine solche, wie sie nicht zu erwarten 
war, daher die Frage vor Allem an den Beobachter herantritt, 
ob der hier vorliegende Aehren-tragende Stengel denn wirklich 
zu Annularia gerechnet werden dürfe oder nicht, vielleicht zu 
Calamites oder Asterophyllites. Das 35 Mm. breite Stämmchen 
ist am oberen Ende mit seiner Gliederung abgebrochen und 
tragt hier eine ringformige Verdickung, unter derselben sind 
schwache Langerippen vorhanden, jedoch nicht von der Schärfe 
wie bei Calamites, Dieser Umstand und namentlich die An- 
schwellang des oberen Endes des Stammgliedes lässt den 
Stengelrest wohl nicht zu Calamites zählen. Auch zu Astero- 


phyllites möchte der Vortragende ihn nicht rechnen, weil bei. 


dieser beblätterte Stengel mit Aehren bekannt sind, letztere 
aber in ganz anderer Stellung als im vorliegenden Falle. Der 
Stamm scheint in der That Annularia anzugehören, obschon 
Blätter daran nicht erhalten sind und obschon eine gleich be- 
deutende Breite und Stärke desselben bisher bei Annularia 
nicht nachgowiesen war, da namlich die von GERMAR als Ann. 
longifolia abgebildeten dicken Stengelreste, nach Ansicht der 
Originale in Halle, sehr zweifelhaft hierher gehören. Das 
obige Stück zeigt nun zwei Aehren in Verbindung mit dem 
verdickten oberen Ende des Stammcbens, die eine auf der 
einen Seite war schon längst entblösst, die andere anf der 
anderen Seite hat der Vortragende erst vor ganz Kurzem durch 


166 


Spalten des grossen Gesteinsstuckes blossgelegt. Diese zweite 
Aehre befindet sich nicht der ersteren gegenüber, sondern 
mehr zar Seite; a ausserdem an dem ringförmigen Stamm- 
ende schwache, ‘den Ring in rechteckige Felder eintheilende 
Furchen zu bemerken sind, so erscheint es sicher, dass diese 
Felder von abgefallenen Aehren herruhren, also die Stellung 
der letzteren quirlformig um den Stamm ging. 

Diese Aehren treten fast rechtwinklig vom Stamm ab: 
sie sind kurz gegliedert, wie bekannt, auch kurz gestielt, das 
Stielglied fast gleich dick mit den Axengliedern der Aebre. 
Um den anatomischen Bau dieser Aehren kenuen zu lernen, 
genügt es, ein Axenglied zu erläutern. Dasselbe ist längs- 
gerippt und gefurcht, die Rippen in verschiedener Anzahl vor- 
handen, aber die der benachbarten Glieder senkrecht uber- 
einander, nicht alternirend, wie das auch schon Rexauzr ken- 
nen gelehrt hat, Die Blätter schliessen sich an das obere 
Ende jedes Axengliedes an, von welchem sie wohl sicher ge- 
tragen werden, und hinterlassen manchmal sehr kleine kreis- 
formige Narben. Ihre Anzahl wurde vom Vortragenden stets 
grösser als die der Längsrippen gefunden, so dass er das 
Stellungsgesetz von RenauLr (in den Rillen) nicht bestätigen 
konnte. — Sehr merkwürdig ist die Art der Befestigung der 
Sporangien. Man findet namlich zweierlei Befestigungsweisen, 
welche auf den ersten Blick fast unvereinbar erscheinen. Die 
eine Art ist die schon früher vom Vortragenden beschriebene: 
unmittelbar unter dem Blattquirl ein Kreis von dreieckigen, 
abstehenden, mit der Spitze meist etwas abwärts gebogenen, 
daher rosendornformigen Trägern, welche den Sporangier 
zur Befestigung dienen. Diese Trager bestehen aus zwei 
Theilen, wovon der wichtigere der untere Rand derselben ist, 
der für sich wie ein dünnes längsgestreiftes Stielchen, dessen 
Insertionspunkt sich auch bei den abgefallenen Trägern leicht 
markirt, erscheint, nach oben aber in ein glattes, etwas con- 
vexes Feld sich ‘erweitert, wodurch jene rosendornabniiche 
Form erzeugt wird. Bei weitem iu den meisten der vor- 
liegenden Falle ist diese Form der Frachttrager vorhanden. 
Sporangien werden bei ihnen nur auf der unteren Seite der 
Trager getroffen. In anderen Fallen jedoch kommt eine an - 
dere Art von Trägern vor, die sich ganz an jene von Cala- 
mostachys anschliesst: einfache danne, längsgestreifte Stielchen, 
die senkrecht abstehen und auf beiden Seiten je ein Sporan- 
gium tragen. Sie hinterlassen ebenfalls beim Abfallen eine 
leichte Marke ibres Insertionspenktes in halber oder über halber 
Höhe des Axengliedes. Die Träger beiderlei Formen sind auf 
den Ripper befestigt. Die der letsteren Art kamen an Exem- 
plaren neben anderen mit Tragern der ersteren Art vor und 





167 


zwar an Aehren, welche in allen übrigen Eigenschaften darch- 
aus mit denen der ersteren ubereinstimmten; RENAULT beschreibt 
nur stielformige Trager an seinen Exemplaren von Autun. 
Der Vortragende hatte schon bald nach seiner ersten Mitthei- 
lung in brieflichem Verkehr über diesen Gegenstand mit Herrn 
Professor STRASSBURGER in Jena gestanden, welcher schou 
damals jene rosendornformigen Träger als aus der Verwachsung 
von stielformigen mit einem (dem oberen) Sporaugium hervorge- 
gangen deutete. Der Vortragende glaubte aber bis vor Kurzem an 
der generischen Unterscheidung beider festhalten zu müssen, und 
zwar ausser anderen Grunden besonders deshalb, weil bei den 
zahlreichen Exemplaren, die er zu uutersuchen Gelegenheit 
hatte, sich der breite Theil der rosendornähnlichen Trager 
stets glatt zeigte, nie mit jener eigenthumlichen Sculptur ver- 
sehen, welche bei guter Erhaltung die Sporangien auszeichnet. 
Nun hat wieder jenes schöne Ilmenauer Stack mit zwei am 
Stamm noch befestigten Aehren auch in dieser Frage den 
Ausschlag gegeben. Während nämlich seine erste Aebre die 
zuerst beschriebene Art der Organisation zeigt, so lässt die 
zweite Aebre sehr deutlich die andere Art erkennen, so dass 
also hier an einem und demselben Pflanzenindividaum beide 
Arten von Trägern vorkommen. Unter diesen Umständen 
bleibt gar nichts Anderes übrig, als die Erklärung von STRAss- 
BURGER als die richtige anzuerkennen, und wir haben somit 
den definitiren Entscheid über die Zusammengehörigkeit beider 
beschriebenen Arten der Fructificationsweisen. Der gestreifte 
Theil ist der eigentliche Trager, welcher sowohl auf beiden 
Seiten wohlgebildete Sporangien tragen, als auch. an seiner 
oberen Seite mit einem Sporaugium zu einem solchen dornen- 
formigen Körper verwachsen kann. — So ist auch zugleich 
der Weg zu Calamostachys gebahnt, der unsere Aehren jetzt 
sehr viel verwandter werden, ale es bisher schien, so dass 
sogar ihre Unterscheidung auf nur schwierig bei fossilen 
Pflanzen erkennbaren Merkmalen beruht. 

Herr v. Doczsr legte eine Kalkschieferplatte mit Fahrten 
aus dem Rothliegenden bei Allendorf in Schlesien vor, und 
glaubte jene mit derartigen Vorkommnissen in analogen Schich- 
ten des mittleren Frankreichs vergleichen zu müssen, welche 
als Protriton petrolei beschrieben worden sind. Es erwiesen sich 
jedoch nach dem Urtheile der anwesenden Paläontologen die 
betreffenden Fährten wahrscheinlich als dem Saurichthys lacer- 
toides Guin. angehörend. 


Hierauf wurde die Sitzang geschlossen. 


Y. W. 0. 
BEYRICH. Dames, SPEYER. 





168 


3. Protokoll der März - Sıtzung. 


Verbandelt Berlin den 1. März 1876. 


Vorsitzender: Herr Bryaica. 


Das Protokoll der Februar - Sitzuug wurde vorgelesen 
und genehmigt. 


Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten; 


Herr Mineralienhandler Stortz in Bonn, 
vorgeschlagen durch die Herren SCHLOTER, SPEYER 
uud LiEBISCH ; 

Herr stud. phil. Branco in Potsdam, 
vorgeschlagen durch die Herren Kigin, CoBEn 
und Lossen; 

Herr Dr. HrisricH FRANKE in Leipzig, 
vorgeschlagen durch die Herren ZirkeL, Wicx- 
MANN und LoSssEn. 


Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell- 
schaft eingegangenen Bucher und Karten vor und besprach die 
wichtigsten geologischen Arbeiten in denselben. 

Herr RaMMELSBERG sprach über die chemische Zusammen- 
setzung zweier norwegischer Mineralien: Leukophan und Meli- 
nophan aus dem Zirkonsyenit (abgedruckt in diesem Heft 
pag. 57). 

Derselbe überreichte als Geschenk für die Bibliothek der 
Gesellschaft die neue Auflage seines Handbuches der Mineral- 
chemie und knüpfte daran einige Bemerkungen über die Um- 
arbeitung der ersten Auflage. 

Herr Lossen sprach uber die Lage und Ausdehnung der 
Granitstöcke des Harzes und ihre Beziehungen zu den wech- 
selnden Streich- und Fall-Linien des hercynischen Schiefer- 
gebirges. Er führte die Uebereinanderschiebung der hercy- 
nischen Schiebten auf zwei Kräfte entgegengesetzter Richtung 
SO-NW und SW-NO, welche das herrschende Streichen der 
Schichten aus SW-NO, sowie das seltenere aus SO in NW 
bewirkt haben, zurück. 

Die gegenseitige Durchdringuug und Hemmung beider 
Kraftewirkungen zeigt sich zuma] in .der Umgebung und ins- 
besondere zwischen den beiden Granitstöcken des Brocken und 
Rammberg. Nur die nordwestliche Ecke des Harzes, der Ober- 
harz im engsten Sinne, sowie der südöstliche Gebirgstheil, 





169 


der Mansfelder Harz, weisen ein eonstantes Streichen der 
Schichten von SW-NO auf. Zieht man nun in Rechnung, dass 
der grösste Durchmesser (und auch die Hauptgipfelreihe) des 
westlich gelegenen Brocken-Granit von SW nach NO, der des 
östlich gelegenen Rammberg-Granit hingegen von SO nach NW 
gerichtet ist, sowie dass, nach der grösseren Breite der 
Contactringe auf der Südseite der Granite zu schliessen, die 
Granitstocke sich wesentlich gen Süd unter das Schiefer- 
gebirge verflachen, so führt dieses zu der natürlichen An- 
nahme: ein und dieselbe Kraft habe die Schichten über- 
einander geschoben und die Granitmassen emporgepresst. 

Es wurde von dem Redner des Weiteren im Einzelnen dar- 
zulegen versucht, wie bei dieser Auffassung, unter Zugrunde- 
legung des Satzes, dass aufeinander geschobene Schichtfalten 
in Verwerfungen mit überschobenem Hangenden, diese in Zer- 
reissungen mit aufgepressten Eruptivgesteinen übergehen kön- 
nen, der complicirte Schichtenbau des Harz sich, wenn auch 
noch nicht vollig, so doch in seinen Hauptgrundzugen ent- 
ziffern lasse. 

Herr Lasarp legte mit Hinweis auf die von den Herren 
Kayser und Beyrich in der December- und Januar - Sitzung 
gebaltenen Vortrage uber die durch Sandwehen bervorgebrachten 
Schlifflächen an Gesteinen, eine Ansahl aus der Thebaischen 
Wuste stammende Geschiebe vor, welche Herr Generalpost- 
meister STEPHAN in seiner Sammlung aufbewahrt; desgleichen 
ein Messerchen aus den Schweizer Pfahlbauten, und knüpfte 
hieran einige Bemerkungen uber die mutbmassliche Abstam- 
mung des Gesteins, woraus dieses Werkzeug verfertigt ist. 


Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 


Vv. W. Or. 
BEYBRICH. LossEn. SPEYER. 


Druck von J. F.8Starcke in Berlin. 


Zeitachr d Deutsch. geolGes. 1876. Tafl. 
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- TFITSCEHR.D. DEUTSCH Geo. GES 1876. Tar I 





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Seoguoltifehe Ieberfichtskarte | 


für das Vorkommen 
der 


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NE Cobalt-a Nickelerz-Lagerstätten 


an der 


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Canton Wallis. 


(Schweiz ) 











Haafsstab ¢: 20200 


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200 wo © 200 400 600. foo 1000 1200 1400 1600 1800 Meter. 





Ca} Æ#lteres Alluvinm. 
ES Glanxschiefer (n.Gerlach) — 


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Zeitschr d. Deutsch aeol Ges 1876. Taf Vil. 


Fig. 7. 





7 wae .. =. : . 
Zoisil von Syra . Gaukophan, senkrecht zur Axe geschnitten 
1: 600. ° aus dem Glaukophan- Epidot - Gestein 
VE I2O. 


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Eklogitglimmerschiefer. 


Liner ad nat del CR ee Lith.von Laue. 





Zeitschr.d. Deutsch .geol .Ges.1816. Taf IX. 


Geognostische Kartenskizze 
der ecuadorianischen Provinz 


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ses Uebrige 6 Pränsteinporph ryt, Diorit, Porphyrit, ete.- 


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Zeitschrift. 
der I 3 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 
2. Heft (April, Mai und Juni 1876). 


A. Aufsätze. 


I. Der Bernstein der norddeutschen Ebeue auf zweiter, 
dritter, vierter, fünfter und sechster Lagerstätte. 


Von Herrn L. Meyn in Uetersen. 


Die Mittheilung des Hrn. ReueteE in der Julisitzung 1875 
der Deutschen geologischen Gesellschaft über eine Bernstein- 
führende Schicht im oberen Geschiebemergel zu Neastadt- 
Eberswalde ist für die Geologen des Flachlandes der grössten 
Aufmerksamkeit werth. 

Herr Prof. Beyrica hat ohne Zweifel sogleich deren rich- 
tige Erklärung gegeben, indem er, geleitet durch den glauko- 
nitischen Sand, welcher die Bernsteinstacke umbullte, und die 
sogen. „Schicht“ bildete, das Ganze als eine, vom Geschiebe- 
mergel umwickelte Scholle des Bernstein-führenden Tertiar- 
gebirges bezeichnete. 

Die Materialien, welche der Geschiebemergel enthält, sind 
so unendlich mannigfaltig und befinden sich dabei in einem 
so wüsten Gemenge, dass eine andere Erklärung des Zusam- 
menvorkommens von glaukonitischem Sand und Bernstein gar 
nicht zulässig wäre. 

Wohl ist, wie einige schlesische Fundorte zu beweisen 
scheinen, bei der Bildung des Geschiebemergels dem Wasser 
bin and wieder Gelegenheit gegeben, den in demselben zer- 
streuten Bernstein zu sammeln, aber wenn auch Sandkorner 
und Glaukonitkörner überall im Geschiebemergel verbreitet 
sind, so kennt die Geologie doch kein ordnendes Agens, das 
diese beiden Mineralien mit dem Bernstein zusammen grup- 
piren und zwar so ablagern könnte, wie es in dem ganz selbst- 

Leits. d. D. geol. Ges. XXVIII. 2. 12 





172 


ständigen regelmassig geschichteten Tertiargebirge der Bern- 
steinformation geschehen ist. 

Möge die murbe Beschaffenheit des Gesteing, das nur 
einen schwach gebundenen Sand, keinen wirklichen Sandstein 
darstellt, Niemanden veranlassen, an der Realität des Schollen- 
charakters zu zweifeln. 

Nicht blos kommen, wie das jetzt allgemein anerkannt 
ist, zahlreiche grosse und kleine Schollen von weicher Kreide 
im Geschiebemergel vor, nicht blos habe ich an der Küste 
der Nordsee eine Scholle rothen Thonmergels aus einer un- 
bekannten Secundärformation in demselben nachgewiesen, 
welche so gross ist, dass der früher darauf umgehende Ziegel- 
betrieb noch hundert Jahre hätte fortgesetzt werden können, 
nein, auch tertiare Schollen weichen Gesteins wie diese, 
ja selbst altdiluviale Schollen habe ich in dem mittel- 
dilurialen Geschiebemergel gefunden. 

Eine tertiare Scholle schwarzen Glimmerthons mit mio- 
canen Petrefacten in solcher Lage beobachtete ich, gemein- 
schaftlich mit Herrn Gymnasiallebrer Fack in Kiel, an dem 
steilen Abbruchufer bei Labôe, der Hafenfestung Friederichsort 
gegenüber, wo die durch Wellenschlag vollig blosgewaschene 
Lagerung einen Zweifel an der richtigen Deutung des Vor- 
kommens nicht zulässt. 

Eine Scholle des alten steinfreien Diluvialmergels inmitten 
des jüngeren Geschiebemergels beobachtete ich, gemeinschaftlich 
mit Herrn Eisenbahn - Ingenieur May, an dem hohen Elbufer 
des aussersten Endes von Altona (Rainville). An dieser Stelle 
hatte vor etwa 10 Jahren ein grossartiger Erdschlipf statt- 
gefunden, durch welchen ein Haus auf einen anderen Platz 
getragen, eine schon fertige Strasse gänzlich verschoben und 
zerstört wurde, und für eine richtige geognostische Erklarung 
des Phänomens fehlten damals die Anhaltspunkte. Die ver- 
schiedenen Ingenieure, die sich daraber ausserten, sprachen 
alle nur von Quellen, ohne den dabei nötbigen Schichten- 
verband zu erörtern, ich nahm, auf benachbarte Gegenden 
gestützt, an, dass miocaner Glimmerthon im Abhange anstehen 
und dass an dessen erweichter Oberfläche die Schüttlage des 
Abhanges herunter geglitten sei. 

Bei den grossartigen Bauten des Altona - Neumüuhlener 
Elbquai, dessen Schienen - Geleise durch einen Tunnel, dem 
bedeutendsten in der norddeutschen Ebene, mit den circa 
100 Fuss höher liegenden Geleisen der Altona - Kieler Bahn 
verbunden wurden, ward das Innere des gerutschten Abhanges 
blossgelegt, und diese Scholle, die merkwurdigste, welche mir 
bisher vorgekommen, entdeckt. 

Es ist eine längst festgestellte Thatsache, dass die Haupt- 





173 


masse des Geschiebemergels aus dem älteren steinfreien 
Dilovialmergel stammt. Meistens sind auch beide von nahezu 
gleicher Farbe. In diesem besonderen Falle waren sie von 
recht verschiedener Farbe, und deshalb konnte hier die Schollen- 
begrenzung mit höchster Genauigkeit verfolgt werden, während 
ein solches Verhältnisse beider Formationsglieder zu einander, 
das ich langst vermuthet und gesacht, aber nie mit Sicherheit 
gefunden batte, sich wahrscheinlich oft wiederholt und nur 
darch die ganz gleiche Farbe beider Glieder dem Auge verbirgt. 

Ist demnach von den Secundärschichten an, bis hinauf 
zum älteren Dilavium selber, das Phanomen der Schollen 
im Bereich des Geschiebemergels erwiesen, so kann 
auch eine Scholle des echten Bernsteinsandes keine Verwun- 
derung erregen, sie giebt aber erwünschten Anlass, sich über 
die Verbreitung des Bernsteins in den jüngeren Schichten 
überhaupt, welche ja so manche abweichende Deutung erfahren 
hat, näher zu verständigen. 

Ob die Hauptlagerstätte des Bernsteins, die blaue Erde 
der mitteloligocänen Glaukonitformation, in der That die erste 
Lagerstatte des Bernsteins sei, was von einigen Seiten be- 
stritten wird, möge geologisch dahingestellt sein, geognostisch 
far den Beobachter ist sie es bis jetzt. Es soll also nicht 
gesagt sein, dass dort der Bernsteinwald gewachsen, denn es 
liegt ja eine unzweifelhafte Meeresbildung vor, das Local des 
Waldes ist nirgends hinreichend angedeutet — und manche 
Bernsteinstacke in ihr sind bereits von Meeresbewegung ab- 
gerundet — es soll nur gesagt sein, dass der identische Bern- 
stein dieser Hauptlagerstätte der Erde, vorber noch 
nicht einer älteren, sei es tertiären, sei es secundären, For- 
mation angehört hat. 

Die Vorkommnisse von Bernstein in älteren Gebirgsarten, 
mit Ausnahme vielleicht des sicilianischen , dessen Alter wohl 
noch nicht genau bestimmt ist, sind ja entweder ganz apokryph, 
oder doch so unbedeutend, so fast uberall nur auf jüngere 
Koblenflötzchen selber beschränkt, dass man sie gewiss als 
ganz zufällige Krankheitsproducte in den sonst minder harz- 
reichen Coniferen der Secundärzeit betrachten und das eigent- 
liche Zeitalter des Bernsteins erst mit der mitteloligocanen 
blauen Erde beginnen muss. 

Damit stimmt denn völlig überein die wichtige Beobach- 
tung, dass in den unteroligocanen Braunkohlengebilden trotz 
der ungeheuren Vegetation noch niemals Bernstein gefunden 
worden ist, wohl aber in jüngeren. 

Fragen wir nun nach Bernstein auf zweiter Lagerstätte, 
so ist der Fund, von welchem diese Untersuchungen Anlass 
genommen haben, ganz sicher ein solcher, allein es wird sich 


12* 





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174 


bei chronologischer Folge der jüngeren Bildungen zeigen, dass 
gerade in dem Geschiebemergel der Bernstein nur ausnahms- 
weise auf zweiter Lagerstätte liegen kann, dass er daselbst 
vielmehr meistens schon auf dritter oder vierter Stelle sich 
befindet. 

Zunächst giebt uns das Samland selber eine zweite 
Lagerstätte zu erkennen, das ist die samlandische Braun- 
kohlenformation, welche in ungestörter gleichsinniger Folge 
der Glaukonitformation unmittelbar aufgelagert, selber noch 
mitteloligocan, den hessischen Braunkohlenlagern parallel, und 
gleich diesen eine wahre Süsswasserbildung ist. 

Der in dieser Braunkohlenformation, in ihrer mittleren 
Abtheilang vorkommende Bernstein, welcher nesterweise 
im Sande liegt, ist offenbar aus der liegenden Formation 
ausgespult und hier wieder abgelagert; die zweite Lagerstatte 
ist also selber noch oligocan. 

Die bestimmenden Eigenschaften, durch welche der Bern- 
stein veranlasst wird, von seinem ersten Erscheinen an, fortan 
beständig, wie wir sehen werden, allen Formationen von jan- 
gerer Bildung sich einzuverleiben ; sind seine Unverwitterbar- 
keit gegenüber den chemischen, seine Zähigkeit gegenüber 
den mechanischen Zerstorungskraften, sein eigenthamliches 
Gewicht, demzufolge er im Wasser untergeht und im ruhenden 
Zustande an jeder Stelle liegen bleibt, im bewegten aber von 
jeder Welle, welche bis an den Meeresgrund reicht, vorwärts 
geschoben wird. Diesen Bedingungen folgend, muss er in grob- 
sandigen Strandbildungen zu Haufen zusammengeschoben, in 
thonigen oder ganz feinsandigen Bildungen willkürlich zerstreut 
sich vorfinden. 

Wenn der Septarienthon wirklich jünger wäre als die 
Bernsteinformation , wie von einigen angenommen wird, so 
müsste es Wunder nehmen, dass in demselben noch gar kein 
Bernstein gefunden ist, und er würde eine Ausnahme von 
allen nach ihm folgenden Bildungen darstellen, denn die unge- 
heure Verbreitung des Bernsteins nach Norden und Nordosten 
hin, von dem einzigen uns bekannten Centrum aus, lehrt, selbst 
abgesehen von bekannten Miocanschichten mit Bernstein, dass, 
ebe die gewaltigen Bewegangskrafte der geschiebereichen 
Mitteldiluvialzeit eintraten, mildere und gleichmässiger ver- 
breitende Kräfte thätig waren, die in Norddeutschland vorhan- 
denen Bernsteinlager zu zerstören und den Bernstein derselben 
in alle Welt hinaus zu zerstreuen. 

Herr Dr. Hipke in Bremen hat so eben alle ihm bekannt 
gewordenen Bernsteinfunde im nordwestlichen Deutschland ge- 
sammelt und in den Abhandlungen des Bremer naturwissen- 
schaftlichen Vereins veröffentlicht. 





175 


Leider sind dabei die Schichten, in denen der Bernstein 
lag, nicht fest benannt oder hinreichend charakterisirt, was 
wohl ohne Ausnahme Schuld der Quelle ist, aus welcher die 
Nachrichten stammten. 

Bei einzeloen dieser Funde ist aber doch deutlich erkenn- 
bar schwarzer miocäner Glimmerthon gemeint, doch nicht ganz 
unzweifelhaft festgestellt. 

Ich selber besitze ein Stuck Bernstein, welches während 
der Anlage der Eisenbahn bei Lauenburg im schwarzen mio- 
canen Glimmerthon gefunden wurde. 

In den maucherlei Aufschlussen des Miocan von Schleswig- 
Holstein babe ich selber niemals Bernstein gefunden, doch ist 
ja das auch in den besten Fundschichten stets nur Sache des 
Zufalls, und kommt daher fast immer nur den Arbeitern an 
Ziegeleien und Eisenbahndurchschnitten zu. Der verstorbene 
Professor FORCHHAMMER in Kopenhagen nannte aber diese 
cymbrische Miocanbildung, welche sich durch Jutland nord- 
warts und über den kleinen Belt oatwarts nach Fünen hin 
erstreckt, und die eine durchaus marine Bildung mit unter- 
geordneten, zusammengeschwemmten Braunkohlenlagern dar- 
stellt, viele Jahre hindurch „die Bernstein - führende 
Braunkohlenformation“. Ohne ausreichende Beobachtungen 
würde er diesen auffallenden Namen nicht haben wählen 
können. 

In dieser miocanen Meeresbildung liegt also der Bern- 
stein ebenfalls auf zweiter und, wenn auch ein Theil der sam- 
landischen Braunkohlenbildung gleichzeitig mit der Glaukonit- 
formation zerstört und mit aufgenommen worden, schon in 
dritter Lagerung. 

Weit wichtiger aber in dieser Beziehung, und das wahre 
Vebikel für die ausgedehnteste Verbreitung des Bernsteins ist 
der feine, schieferige Brockenmergel des unteren Diluviums, 
dessen Entstehung, da er absolut steinleer, aber petrefacten- 
führend ist, der Bildung der ihn überlagernden Geschiebe vorher- 
ging, and einer stillen Tiefseebadeckung von den deutschen 
Gebirgen bis an die skandinavischen seinen Ursprung verdankt. 

In diesem Mergel, welcher an zahlreichen Stellen der 
norddeutschen Ebene zur Gewinnung von Ziegelmaterial und 
Ackerbau-Mergel bearbeitet wird, kommt kein Steinchen, kein 
gröberes Sandkorn (die Hälfte der Substanz ist mikroskopischer 
Sand), kein Glaukonit, wohl aber eine marmorirende Kohlen- 
beimischung vor. Das einzige, was von der im nassen Zu- 
stande plastischen, im trocknen wegen des sehr geringen 
Thongehalts stäubenden Feinheit des Stoffes abweicht, sind 
die Muscheln und Schnecken einer heutigen Nordseefauna, 
Gras und Bruchstücke von Holz, welche zu kleinen, wenig 


176 


aushaltenden Flötzen gesammelt sind, deren ziemlich schwarze, 
oft scbieferige Kohle im Feuer nicht braunkohlenähnlich, son- 
dern torfahnlich riechen, und endlich Bruchstucke von Beru- 
stein, welche fast nie mit einer Verwitterungsrinde versehen, 
und wohl kaum je zu grösseren Haufen gesammelt sind. 

Dieses unterste Glied der Diluvialformation, welches ich 
von den dänischen Inseln bis nach Winschoten in Holland 
und bis in die östlichen Theile von Mecklenburg überall gleich- 
artig gelagert und gleichartig beschaffen fand, ist also eine 
wabre und weit verbreitete Hauptlagerstätte des 
Bernsteins. Je nach Beschaffenheit der Ufer, von denen 
dieser den ruhigen Meerestiefen, vielleicht mit Seetang ver- 
wachsen, zugetragen wurde, liegt er im alten steinfreien Dilu- 
vium in zweiter, dritter oder vierter Lagerstatte. 

Bei Winschoten an verschiedenen Stellen wird dieser 
Mergel als Ziegelthon gegraben und liefert Bernstein. An 
einer Stelle wurden in 15 Jahren 25 Pfund gefunden. In der 
Nähe von Bremen gehören, wie mich Herr Dr. Focks daselbst 
versicherte, die Hauptthongruben, welche Bernstein lieferu. 
dieser Formation an. Bei Lauenburg an der Elbe liegt fast 
im Niveau des Elbwassers ein scheinbares Braunkohlenlager 
in dieser Formation, ziemlich zahlreiche Bernsteinatucke ent- 
baltend, die offenbar zur Zeit der Entstehung mit deu Vege- 
tabilien zusammenschwemmten. In der Nahe von Blankenese 
und Schulau, unterhalb Hamburg, liegt ebenfalle fast unter 
dem Spiegel der Elbe ein solches Lager und auch dort wird 
Bernstein häufig genug ausgespult. Das Lager reicht hinuber 
bis auf die bannoversche Seite, woselbst es von dem Alluvium 
der Marsch bedeckt ist. Es wird daselbst auf der Luhe, bei 
Brunshausen, Graverort und anderen Stellen des Festlandes 
durch tiefgehende Schalungen als sankhaftes Treibholz los- 
gespalt, mit ibm zugleich der Bernstein, der an den Sanden 
oder Werdern der Elbe antreibt, und vormals daselbst 80 
häufig war, dass eine dieser Inseln den Namen Bernsteinsand 
erhielt. es 

Am häufigsten fand ich den Bernstein in dieser alten 
Diluvialformation vertreten bei Pahlbude an der Eider, wo 
grosse Ziegeleien und Cementfabriken darin betrieben werden. 
Zu Ruhekrug bei Schleswig wurden in einer ähnlichen Zie- 
gelei viele kleine Stücke getroffen, einst in zwei Tagen ein 
halbes Pfund. Auf Ziegeleien dieser Art wird man fast nie 
vergebens nach Bernstein fragen, auf Ziegeleien im miocanen 
Glimmerthon wird man nur selten dergleichen erhalten, auf 
Ziegeleien im Septarienthon niemals, 

Auf Mergelgruben im alten Diluvium trifft man regelmässig 
Bernstein an, auf Mergelgruben im Geschiebemergel nur selten. 





177 


Vor vielen Jahren sah ich ein weissgelbes Stuck Bern- 
stein von der Grösse und Gestalt eines Pferdekopfes, welches 
in diesem Mergel zu Wellsee bei Kiel gefunden, und nur das 
Bruchstück eines. grösseren Blockes war, den die Bauern be- 
reits zerschlagen hatten. Als ich es kaufen wollte, war es 
bereits an einen Drechsler fur 10 Thaler (!) verschleudert, der . 
es nachber hoch soll verwerthet haben. 

Da fast kein Fundort dieses Mergels angestochen wird, 
obne Bernstein zu liefern, und da er sich uber so ungeheure 
Flachen ausdehnt, so ist diese Lagerstätte die bedeutsamste 
von allen. 

Der Mergel ist io der Regel sehr mächtig, oft mehrere 
Hunderte von Fussen. Nimmt man an, dass unter jedem 
Quadratmeter bis zur grössten Tiefe nar ein Pfund gefunden 
werde, wgs in den meisten Localitäten viel zu wenig ist, so 
giebt das auf jeden Quadratkilometer 1 Million Pfunde, reich- 
lich 50 Quadratkilometer bilden erst eine Quadratmeile, und 
wie viele Quadratmeilen liegen nicht in dem oben geschilderten 
Raume! 

Das darauf folgende mittlere Diluvium, das heisst die 
beiden Geschiebemergel, sammt den ihnen untergeordneten 
oder zugehörigen Lehm-, Grand- und Sandbildungen, sind, was 
den Steininhalt betrifit, erweislich aus Skandinavien gekommen. 
Kaum dürfte es zweifelhaft sein, dass sie Moränenbildungen 
sind, welche mit dem felsigen Transportmaterial aus hohem 
Norden das aufgeraffte und zerdruckte weiche Material des 
heimischen Bodens vermengten. Die oben erwähnten Schollen 
und hundert andere Hinge sind redende Zeugen dieser Ver- 
mischung. 

Die Radien, in welchen die Hauptbewegung vor sich 
ging, lassen sich auf dem skandinavischen Felsboden durch 
die Streifung, auf dem norddeutschen Boden durch die Ver- 
breitang eigenthumlicher Geschiebe, deren Ursprungsort man 
kennt, verfolgen. Alles geht nach Suden! Und doch, so weit 
man diese Geschiebeformation in Europa verfolgen kann, 
führt sie, wenn auch sparsam, überall Bernstein, dieses leichte 
Material, ungeschieden mitten zwischen den 2 bis 8 Mal spe- 
ciisch schwereren Steinen. Mag man sich nun das Centrum 
des Bernsteins, seine originale Lagerstatte, auch weit uber 
den jetzigen Platz ausgedehnt denken — Anbaltspunkte hat 
man dafür gar nicht — so würde doch niemals die ge- 
sammte Geschiebeformation bei dem eigenthum- 
lichen Gange ihrer von Norden nach Suden gehen- 
den Bewegung Bernstein haben in sich aufnehmen 
können, wenn nicht der alte Diluvialmergel, den 
wir so eben geschildert, der Vermittler gewesen 


SEES 


178 


wäre. Die Partie von Neustadt-Eberswalde, welche erweis- 
lich eine Ausnahme bildet und erst auf zweiter Lagerstätte 
befindlich ist, liegt bedeutsam genug gerade in der von Nord- 
osten kommenden Bewegungsrichtung der Geschiebebildung, 
welche von den sudlichsten Diluvialschrammen in Schonen 


fir die südlicheren Theile gemeinsam wird. Ungeheure Flächen 


des ganzen nordwestlichen Deutschland, ganz Danemark und 
Schonen, wichtige Verbreitungsgebiete des Bernsteins liegen 
nicht in diesem von Nordosten kommenden Strahl, und kaum 
scheint mir daher noch ein Zweifel obwalten zu können,- dass 
nur durch das Mittelglied des alten Diluvialmergels die Ge- 
schiebeformation mit Bernstein versorgt werden konnte. 

Ueber den Osten Norddeutschlands bin ich in dieser Be- 
ziehung nicht durch Augenschein unterrichtet. Schon hier im 
Westen ist ein feiner, gleichmässiger, feldspathhaltiger und mer- 
geliger Sand ohne Geschiebe ein weit verbreitetes Aequivalent 
des beschriebenen Mergels. In solchem Sande scheinen weiter 
nach Osten, in Pommern und Posen, die hauptsächlichsten 
Bernsteinmassen zu liegen, auch dort würde also vielleicht 
dieselhige Formation die Rolle des Vermittlers gespielt haben. 

Mit Ausnahme eines so singulären Falles, wie desjenigen 
von Neustadt-Eberswalde, darf man daber annehmen, dass in 
den Geschiebebildungen Norddeutschiands der Bernstein min- 
destens auf dritter, vielleicht aber auch zugleich auf vierter 
und fünfter Lagerstätte befindlich ist. — Die Geachiebeforma- 
tion bedeckt ganz Norddeutschland in die nach Russland sich 
verbreiternde Ebene. Ihre Machtigkeit ist zwar sehr ver- 
schieden, doch in der Regel noch recht bedeutend, Zwischen 
dem Haufwerk von grossen und kleinen Steinen ist es sehr 
schwer, den Bernstein zu gewahren, und dennoch wird in ihr 
überraschend viel gefunden, obgleich der Boden ja nur an 
verschwindend kleinen Punkten tiefer gerührt wird, als Pflug 
und Spaten dringen. Man darf es kaun wagen mit dem 
kleinsten Procentsatze zu rechnen, obne fur diese Formation 
zu den Zahlen eines Bernsteinvorraths zu gelangen, die als 
ausserste Uebertreibung lacherlich gemacht werden könnten — 
und dennoch darf man dieses Exempel nicht von der Hand 
weisen, denn es ist durch unumstössliche Thatsachen gerecht- 
fertigt und nur eines der kleinsten Momente in der richtigen 
Auffassung von der ungeheuren Grösse und Majestät des 
Dilavialphanomens. 

Unter den Zeugen heimathlicher Beimengangen in den 
Geschiebemergeln ist in der That der Bernstein das am mei- 
sten verbreitete Product, welches von den Grenzen Russlands 
bis an die westlichsten Vorsprunge des nordischen Diluviums 
in Holland bei Steenwyk und von der Nordspitze Jutlands bei 


x mr fan Re nu a 





179 


Skagen und der schon am Fusse aufsteigender Gneiss- und 
Granitgebirge liegenden Küste Schonens, wo der Bernsteinfall 
zur Zeit des dreissigjabrigen Krieges beruhmt war, bis in die 
Thaler der deutschen Wesergebirge reichte. Bernstein ist 
selbst verbreiteter, als der ebenso unzerstörbare und in so un- 
ermesslicher Menge erscheinende Feuerstein dieser Diluvial- 
formation, und wenn man nicht zu ganz abenteuerlichen 
Vorstellungen. über eine durch nichts angedeutete ungeheure : 
Ausdehnung der normalen Glaukonitformation oder zu ganz 
unmöglichen mechanischen Huülfsmitteln, durch welche der 
leichte Bernstein dem nordischen Transportmittel, welches 
haushohe Felsenblöcke brachte, entgegengewandert sei, greifen 
will, so enthält diese Thatsache zugleich einen schlagenden 
Beweis, sowohl von der allgemeinen gleichmässigen Verbreitung 
des alten steinfreien Dituviums als Teppich der Geschiebe- 
bildungen, als auch von dem aufpflügenden Charakter 
derjenigen Diluvialbewegung, welche die Geschiebeformation 
geschaffen hat, für welche schliesslich kein anderer Träger ge- 
funden werden kann als das Eis. 

Ueber den Geschiebemergeln mit ihrem Zubehör liegt 
noch eine jüngere Geschiebebildung, welche den Namen 
Geschiebedecksand trägt und erweislich nicht aus der localen 
Unterlage zurückgeblieben ist, sondern selbstständige Ent- 
stehungsursachen gehabt hat. Ob in diesem Geschiebedecksand 
und dem ihm parallelen Geschiebedecklehm Bernstein vorge- 
kommen, ist mir zweifelhaft nach den Angaben der Fund- 
statten, obgleich der viele, einst auf dem Acker gefundene 
Bernstein darauf hinzadeuten scheint. 

Manche Fundberichte erzählen auch von kleineren An- 
bäafungen von Bernstein, welche auf dem festen Boden 
anter Moor oder unter Wiesengrund, also überhaupt unter dem 
Susswasseralluvium gefunden seien. Die würden mit Bestimmt- 
beit auf das Vorkommen im Geschiebedecksand hindeuten, 
welcher das nächste Liegende dieser Susswasseralluvionen zu 
sein pflegt, und wurden zugleich verrathen, dass der Bernstein, 
der an solchen Stellen mit Braunkohlen- und diluvialen Treib- 
bolzstacken gemengt zu sein pflegt, als sich das Diluvialland 
aus der Meeresbedeckung erhob, hie und da zusammengespult 
worden sei. Es wird immerhin wichtig sein, künftig bei den 
Fanden anter dem Moor das ganze Verhalten der Anhäu- 
fang, sowie den Untergrund des Moores besser als bisber zu 
charakterisiren, denn es ist auch ohnehin schon sehr beachtens- 
werth, dass man nirgends sonst als unter dem Moore die ur- 
sprangliche Diluvialoberfläche findet, welche von dem Men- 
schen noch nicht abgesucht und noch nicht verändert wor- 
den ist. 





180 


Da man aber uber die Entstehungsbedingungen des dilu- 
vialen Geschiebedecksandes noch so sehr im Unklaren ist, so 
wurde es eine gesuchte und uunôthige Häufung der aufeinander 
folgenden Lagerstatten des Bernsteins sein, wenn man dieses 
jüngere Diluvium als eine abermalige Stufe betrachten wollte, 
da es deren ohnehin genug giebt. 

Wichtiger erscheint mir die, so viel bekannt, gänzliche 
Abwesenheit des Bernsteins in derjenigen merkwürdigen For- 
mation, die man als das ältere Alluvium bezeichnen muss, und 
deren Hauptrepräsentant der völlig steinleere und meistens 
auch völlig thonarme, echte Haidesand ist. 

Diese durch ganz Norddeutschland, Holland und Belgien, 
sowie durch die dänische Halbinsel verbreitete Formation, in 
welcher die meisten Flusse ibr Bett ausgegraben haben, trägt 
in den Fehlen des Bernsteins einen recht wichtigen Charakter. 

Man ist uber die Art der Entstehung dieser in der Quer- 
richtung horizontalen, in der Längsrichtung schwach geneigten 
Ausfullung der Tiefen zwischen den Diluvialbugeln noch im 
Unklaren, zumal da die Ränder der Diluvialhügel gegen diese 
Ebene nur selten schroff abgeschnitien oder abgewaschen sind, 
sondern meist ungebrochen unter dieselbe hinab verlaufen. 
Mir scheint die Entstehung folgendermaassen erklärt werden 
zu müssen: Da die Oberfläche des Diluviums von Anfang an 
nicht gleich der der anderen Sedimentformationen eben, son- 
dern von Natur hügelig ist, so bildete das Diluvialland, als 
es sich allmälig aus dem Meere emporhob, jederzeit während 
dieser Hebung ein ungeheures Geflecht hügeliger Inseln und 
Halbinseln, und da das Diluviallaud nicht erst der Verwitterung 
bedurfte, um in lockeres Material verwandelt zu werden, son- 
dern seine ganze Oberfläche aus Sand oder Grand bestand, 
so war es gleich nach der Erhebung in seinem nackten, vege- 
tationslosen Zustande der Erosion durch die von allen Seiten 
ungebrochen webenden Winde ausgesetzt. Diese nun fegten 
von den Hugeln und Hochflachen den leichteren Sand vor sich 
her, jagten ihn in das unendlich verzweigte Gewässer, das 
seine Ausebnung übernahm, und daher stammt dann jenes, 
nur an den Rändern abweichende, Dunensand-ahniiche Korn 
des so wunderbar horizontalen, feldspathhaltigen Sandes. 

Bei seinem gleichmässigen feinen Korn würde er gerade 
eine recht charakteristische und geeignete Stelle für die Ab- 
lagerung von Bernstein darbieten, wenn er seine Entstehung 
der Erosion des überall bernsteinhaltigen Diluviums durch das 
Wasser verdankte. Das Fehlen des Bernsteins in den aus- 
gedebnten Haidesand-Flachen ist also ein Beweis mehr, dass 
die Theorie der Entstebung durch Wind eine grosse Berech- 
tigung hat. 





181 


Je weniger aber dieses grosse, die Diluvialinseln durch- 
Hechtende Binnenlands-Alluvium durch Bernstein charakterisirt 
ist, destomehr ist das der Fall mit dem grossen Küsten - Allu- 
vium, der Marsch mit ihrem Zubehör und den sonstigen 
litoralen Bildungen, welche durch Brandung und Strömung 
aus dem benachbarten zerstörten Diluvium entstanden sind, 
und welche, im Allgemeinen aus feinstem Sande und Schlick 
bestehend, nach der Versenkung der gröberen und schwereren 
Steine und Kiesel, von dem grobkôruigen Inhalt des Diluviums 
nor den Bernstein und die bernsteinähnlich glänzenden, harten 
und zahen Theile der Braunkohlen, die wirklichen Gagate, in 
sich aufgenommen haben. 

Wenn ein Diluvialland mit seinem ungeheuren Magma der 
mannigfaltigsten Gesteine, Sandkörnchen und suspendirbaren 
Thon- oder Mergelstaubchen durch Wogendrang zerstört wird, 
so scheidet es sich in seine Bestandtheile nach dem absoluten 
Gewichte, indem sich die Steine allmalig so tief versenken, 
als der grosse Wellengang hinabreicht, während sich der Sand 
zum Strande ausebnet, und die suspendirbaren Theile entweder 
in rabigen Buchten oder in der Meerestiefe niederfallen. Nur 
der Bernstein und der Gagat, welche im specifischen Gewichte 
dem Meerwasser so nahe stehen, werden durch den Wellen- 
schlag nicht mit versenkt, sondern fortbewegt und bleiben 
daher bei dem Sande und dem Schlick. 

Dasselbe Gesetz, durch welches also der Bernstein in der 
Tiefseebildung des alten Diluvialmergels seine allgemeine Ver- 
breitang gefunden, hat eine ebenso allgemeine Vertheilung in 
der grossen Strandbildung der Nordseeküste bewirkt, dem Sand 
und Schlick der Marschen, welche ursprünglich in einer rubi- 
gen Meeresbucht abgelagert worden sind. 

Es ist hier nicht der Ort zu untersuchen, welches zer- 
störte Land den Stoff zu der Marsch hergab, genug, dass der 
Bernstein documentirt, es habe aus den früher beschriebenen 
Schichten bestanden, genug, dass der Feldspath im Sande 
lehrt, die Schichten seien vorzugsweise diluvialer Natur ge- 
wesen, der Glimmer im Schlick dagegen zeigt, es habe auch 
der miocäne Glimmerthon seinen Theil daran. Der Bern- 
stein liegt daher in den Marschbildungen wohl nirgends an 
zweiter, fast ohne Ausnahme auf dritter, vierter, fünfter und 
sechster Lagerstatte. Wie lange er sich bei jeder neuen Ab- 
lageruag dieser Art im Meere umhergetummelt hat, das dürfte 
nicht wohl za sagen sein, dass es aber unter Umständen sehr 
lange gewesen sein mag, das kann gerade diese Lagerstätte 
lebren, Der Marschgürtel, welcher jetzt das deutsch - hollän- 
dische Festland umzingelt, ist ein einheitlicher Landstreifen. 
Das aber ist er nur durch die Macht der Menschen, vermittelst 


182 


der Eindeichungen. Ehe das Land eingedeicht wurde, hat das 
Festland nur hie oder da einen Streifen Marschland gehabt, 
der gelegentlich wieder weggerissen und anderswohin verpflanzt 
wurde. Die Hauptmasse der Marsch bestand von jeher aus 
Inseln, welche ebenfalls miteinander verwuchsen, voneinander 
gerissen wurden, entstanden, vergingen, oder versetzt warden, 
was jedesmal auch eine Umlagerung des Bernsteins 
innerbalb derselben Formation zur Folge hatte. 

So ist denn auch, was heute an diesen Küsten von Bern- 
stein aufgeworfen und gesammelt wird, nicht, wie so oft ge- 
lehrt wird, aus den in der Tiefe liegenden diluvialen Land- 
resten ausgespult — die sind längst unerreichbar für die 
Wellen, sondern er stammt aus dem Alluvium selber, der 
wieder zerstörten Marsch, den abermals umgewühlten Sand- 
watten, oder, wie an der dänischen Küste, dem schon millionen- 
mal umgewühlten und noch immer ergiebigen Sande des 
Strandes und der davor befindlichen Sandriffe. 

An der Küste Jütlands sind es besonders die drei grossen 
Nehrungen, an deren Strande der Bernstein gefunden wird, 
wahrscheinlich weil hier der Strand am flachsten ist und am 
weitesten ins Meer hinausreicht. Die Nehrungen schliessen, 
von Norden nach Süden gerechnet, den Liimfjord, den Nissum- 
fjord, den Stavningfjord, von denen die beiden letzteren als 
wirkliche Haffe, denen der preussischen Küste völlig gleich 
erscheinen. Ob der Bernstein auch innerhalb dieser Haffe, 
wie in den preussischen, sich auf einer alluvialen Lagerstatte 
finde, ist mir nicht bekannt, doch dürfte es der Natur der 
Sache nach kaum zweifelhaft sein, wenn sich auch ein Dampf- 
baggergeschäft zum Sammeln desselben, wie im Frischen Haff, 
nicht wurde bezahlen können. 

Ausser diesen Nebrungen ist besonders die Halbinsel 
Skallingen, welche der diluvialen Sudwestecke von Jutland, dem 
Blaavandshuk, angehängt ist, darch Bernsteinfall ausgezeichnet. 

Diese Halbinsel , vielleicht die absoluteste, vegetations- 
loseste Sandwüste in Europa, von einem Ende bis zum an- 
deren aus blankem, weissem Sande bestehend, durch Fluthen 
bald so, bald so hoch überschwemmt, stetiger Strömung und 
stetiger Brandung ausgesetzt, liefert den edlen Stein auf blan- 
kem Sande liegend. 

Aebnlich geschieht es auf der Insel Fano, die zwar durch 
ein tiefes Fahrwasser vom Skalling getrennt ist, sonst aber 
als dessen Fortsetzung erscheint und nur auf der geschütz- 
teren Seite etwas fruchtbare Marsch angesetzt hat. 

Auf der Insel Fanö ist der Bernsteinfund verpachtet, und 
ist es unter Anderem noch bekannt, dass im Jahre 1849 eine 








183 


alte Frau ein schönes Stuck von 4!/, Pfund Gewicht gefan- 
den hat. 

Der gewöhnliche Begleiter des Bernsteins auf der jutlan- 
dischen Küste ist Tang, den man zu durchsuchen hat, wo er 
in Streifen liegt und dadurch gewissermaassen ein Netz far 
den mit dem Wasser fortrollenden Bernstein bilde. Der 
jutlandische Fund wird tbeils in den kleinen danischen 
Küstenstadten zu zierlichen Arbeiten verbraucht, theils, na- 
mentlich in den grösseren Stücken, von jüdischen Hausirern 
aufgekauft ond dann in Hamburg verwerthet. Schon im vo- 
rigen Jahrhundert bezahlte daselbst ein Jude ein einziges Stück 
Bernstein, dae nachher nach China gebracht wurde, mit 450 
Hambarger Thalern, obgleich die Bewohner der Gegend mit 
dem wahren Werthe der Stucke selbst heute noch nicht be- 
kaunt sind, da sie ihren Fund aus unbegründeter Furcht meist 
vor Beamten und anderen gebildeten Personen verbergen. 

Die deutsche Insel Romö ist von ganz gleicher Natur- 
beschaffenheit wie die dänische Insel Fano. Auch hier dehnt 
sich bei niedrigem Wasser zur Zeit leichten Ostwinds eine 
unermessliche, ebene, weisse Sandflache ins Meer hinaus, und 
wenn vorber sturmischer Westwind gewesen ist, liegen auf 
diesem nackten Sande hin und wieder kleine Haufwerke, 
Trommer von Schiffen, Tonnen oder Korben, Braunkohlen, 
Tangbaschel, Sepiaschulpen, ganz leichte Echinitenschalen 
(aber keine Muscheln und Schnecken), Rocheneier (sogen. 
Vierbeine), dazwischen eigenthumliche schwimmende Schlacken 
(man meint, von den Azoren) und Bernstein. 

Von diesem Strande habe ich selber die Sepiaschulpen 
und Echiniten in die Dünen fliegen sehen, habe in der ein- 
samsten Pune eine jener eigenthümlichen Schlacken gefunden, 
die kopfgross und offenbar vom Winde hinaufgetragen war, so 
dass es nicht unwahrscheinlich ist, gelegentlich selbst in den 
Dünen als in der allerjungsten Lagerstätte auch Bernstein zu 
finden. 

Die Insel Sylt, die nachste in der Reihenfolge, ist durch 
vieles Andere besser als durch ihren Bernsteinfall bekannt, 
Da die Insel gegen Westen nur ein schmales Brandungsgebiet, 
vielmehr in geringer Entfernung schon tiefes Wasser hat, am 
meisten der dänischen Küste gleichend, so können die Wellen, 
die den Sand bearbeiten, keine bedeutenden Bernsteinschätze 
daraus heraufholen. Es scheint aber doch ehemals ein grö- 
sserer Bernsteinfall stattgefunden zu haben, denn schon im 
Jahre 1681 erliess der Amtman Hans v. THIENEN zu Tondern 
Namens und im Auftrage der „fürstlich schleswigholsteinischen 
Regierung“ folgenden Befehl: 





184 


„Demnach einige Zeit hero von denen Eingesessenen 
Unterthanen auff der Insull Syldt der Bernstein, so hin und 
wieder von den: Wellen zu Zeiten am Strande auffgeworffen 
und gefunden wird, an frembde Obrter heimblich verkauft 
und verbracht worden, und aber Ihro Hochfurstl. Durcbl. ein 
solches lengerhin zu verstatten, nicht gemeinet, sondern 
solchen Bernstein vor billige Bezahlung selber behalten und 
gelieffert haben wollen. Hierumb ergehet im Namen Ihrer 
Hochfurstl. Durch]. meines gnädigsten Fürsten und Herrn 
an alle und jede Eingesessenen auf Syldt dieser ausdruck- 
liche ernstliche Befehl, dass ein jeder seinen gefundenen 
Bernstein ohne Verschweigen noch Hinterhalten bey dem 
Fürstlichen Landvogten sofort einlieffern und dagegen billige 
Bezahlung von dem Fürstl. Ambt- und Landschreibern Fis- 
DERICH JORGENS erwartigen sollen.“ 


Ueber den Bernsteinfall am Strande der Inseln Föhr und 
Amrom, sowie der Inselreste des alten Nordstrand, die doch 
von ausgedehnten Watten umgeben sind, fehlt es an näheren 
Nachrichten. Die sogen. Wattlaufer oder Schlicklaufer dieser 
Gegenden, welche nach dem Zuruckziehen der Fluth das unend- 
liche Watt nach Schiffstrummern uud dergleichen mehr durch- 
suchen, machen wohl manchen guten Fund, aber die Aufkaufer 
mahnen sie unaufbörlich, das Gefundene zu verheimlichen, 
was bei diesen schweigsamen und zerstreut lebenden Menschen 
sich beinahe von selbst so macht. 

Mehr Kunde haben wir von dem äussersten Ende der 
nächsten Festlandmarsch, der Halbinsel Eiderstadt, die sich in 
eine flache Dünenkette und eine von dort aus weit in die See 
streichende Sandbank, die sogen. Hitzbank, endigt. Die Bern- 
steinsucher auf dieser Sandbank, denen man den Namen Hite- 
laufer gegeben hat, machen hier nicht selten gute und be- 
trachtliche Funde. In der Regel gehen sie aus, wenn nach 
längerem Nordwestwinde der Sturm sich mit Ostwind ab- 
stillet. Die Stellen, wo dann der Bernstein liegt, gewahren 
sie schon aus der Ferne, da auch hier sich der Bernstein zum 
Holze gesellt, welches auf der Hitzbank meistens in gelblich- 
braunen Zweigbrocken und Schiffstrammern besteht. Man 
findet viel Bernsteingrus, auch Gagatgrus dabei in braunen 
Streifen auf dem Sande — überhaupt mehr kleine als grosse 
Stucke, schon ziemlich selten Stucke, die uber !/, Pfund wie- 
gen. Man hat Nachricht von einem Stück, welches 1778 ge- 
fanden wurde, ein Pfund wog und fur 70 Thaler Hamburgisch 
verkauft wurde; von einem anderen Stuck, ebenfalls aus dem 
vorigen Jahrhundert, welches 3 Pfund 18 Loth wog, und wel- 
ches der arme Hitzläufer fur 100 Mark dahingab. 





185 


Ju Nigmann’s Handbuch der Landeskunde, welches 1799 
erschien, steht uber diesen Fundort geschrieben: 


»Die Farbe des hiesigen Bernsteins ist fast immer weiss- 
„ich und dankelgelb. Schwarze Stucke sind keine Handels- 
„waare, sondern arme Leute bedienen sich ibrer zum 
„Anzunden der Lichter, Stucke, worin Insecten befindlich 
„sind, kommen nicht selten vor, werden aber nicht als Selten- 
„heiten, sondern gleich anderen nach dem Gewichte verkauft.“ 


Selbstverstandlich können die Nachrichten über dergleichen 
Verhaltnisse nur von denen, die in der Nähe wohnen, gesam- 
melt werden, und die meisten Menschen werden dann gerade 
durch das, was sie täglich sehen und erfahren, so gleichgiltig 
dagegen, dass sie dessen Aufzeichnung versaumen. In dieser 
Beziehung ist es dankenswerth, dass der Pastor HBgINERICH 
WoLr in Wesselburen, der sich auch sonst um die locale 
Landeskunde vielfach verdient gemacht hat, in den Landes- 
berichten von 1788 ff. wenigstens von der Art und Weise des 
Bernsteinsuchens an der Küste von Norderditmarschen Bericht 
erstattet hat, wo die beiden Sandwatten Isern Hinnerk und 
Hundt sich durch den Bernsteinfall ebenso sehr auszeichnen, 
als die ibnen jenseits der Eider gegenüberliegende Hitzbank. 

Da man uber das Bernsteinsammeln an der preussi- 
schen Küste so manche Beschreibungen hat, so wird es gewiss 
lebrreich fur die Vergleichung sein, eine authentische Beschrei- 
bang des hiesigen Verfahrens mitzutheilen, umsomehr, da auch 
die Scenerie der Gegend für den Geologen von Interesse 
sein muss. 

Herr Pastor WoLr schreibt: 


„Der Strand, auf dem der Bernstein gefunden wird, geht 
„soweit hinaus, dass ein guter Fussgänger mehr als zwei 
„Standen gebraucht, um dahin zu kommen. Wenn er diesen 
„grossen Raum und insonderheit die so weit von einander ge- 
„legenen, oft durch Ströme getrennten Stellen, wo er ehemals 
„etwas fand, genau darchsuchen will, so braucht er wohl noch 
„mehr als einmal so viel Zeit und gerath in Gefahf, von der 
„schnell zuruckkehrenden Fluth, wenn nicht in jenen Stellen, 
„doch oft nicht fern vom Seedeiche, wo es insgemein am 
„tiefsten zu sein pflegt, zu ertrinken. Eine starke Con- 
„slitation, ein scharfes Gesicht in die Ferne, eine genaue 
„Kenntniss des Aussendeiches, der Fluthzeit und der wahr- 
„scheinlichen Verstärkung derselben, der zum Funde bequemen 
„Stellen (wo schwarzes, rundes, vermodertes Holz liegt) und 
„mancher Kennzeichen sind schon Eigenschaften, die nicht 
„Jeder besitzt. Allein sie sind lange nicht hinreichend und 
„Können zum Theil nicht einmal erworben werden, wenn nicht 


186 


„ausbarrende Geduld, einiges zeitliches Vermögen und ein 
„unerschrockener Muth damit verbunden wird. 

„Schon mancher, der des Aussendeichs nicht kundig war, 
„verlor, insonderheit auf dem Ruckwege, sein Leben in den 
„sogen. Flengen oder Rannen, So nennt man nämlich die 
„Vertiefungen, welche oft durch eine geringe Veranlassung bei 
„dem Ebbestrom entstehen. 

„Wenn alsdann der ganze Aussendeich mit Wasser bedeckt 
„ist, und ein Mensch nur ebenso weit noch aus demselben 
„hervorragt, dass er mit genauer Noth darin fortgehen kann, 
„so verursacht eine, auch nur um einen halben Fuss plötzlich 
„erniedrigte Stelle, weil der freie Rest des Oberleibes ein 
„Mebreres nicht leiden kann, ihm den gewissen Tod, zumal 
„wenn die auf solche Weise vergrösserte Gewalt des Wassers 
„seinen Fall beschleuniget. Eine deshalb besonders berüchtigte 
„Stelle pflegt der „Angstort“ genannt zu werden. 

„Einige Gegenden des Sandes sind so hoch, dass sie bei 
„einer gewöhnlichen Fluth nicht unterlaufen. Auf diesen wurde 
„man sein Leben retten können, müsste man nicht, um dahin 
„zu gelangen, vorher uothwendig die Rannen und Baljen 
„passiren, die gar zu leicht dem Zufluchtsuchenden verderblich 
„werden. Wer auch sonst durch eine vieljahrige Erfahrung mit 
„dem Aussendeiche sehr bekannt ist, kann dennoch auf dieser 
„meilenlangen Fläche leicht irre werden. Jeglicher Gegen- 
„stand gleicht hier dem anderen; der Mensch sieht nichts als 
„Luft und Wasser oder Sand rings um sich her, zumal wenn 
„er die Thurmspitzen und andere Merkzeichen, nach welchen 
„er sich richten wollte, wegen grosser Entfernung, oder weil 
„plötzlich ein Nebel entstand, in der Folge nicht mehr gewahr 
„wird, oder wenn der Wind, dessen Gegend er bemerkt hatte, 
„unvermerkt umgegangen ist. Der Unglückliche lauft dann im 
„Zirkel herum, sieht bald überall nichts als Wasser mehr. 
„In der Meinung, auf dem rechten Wege zu sein, entfernt er 
„sich vielleicht immer weiter vom Lande und eilt der eider- 
„städtischen Kuste zu, welcher man alsdann weit näher als 
„unseren Seedeichen ist. Der Boden wird immer niedriger 
„und er gerath nicht auf die Ursache dieser Erscheinung. 
„Allein er befindet sich am Ufer der Eider, welches nicht auf 
„einmal, sondern allmalig tiefer wird. Nur noch ein Paar 
„Schritte, und sein Fuss hat keinen Grund mehr, um dem 
„Tode ausweichen zu können. 

„Der Sammler pflegt wohl, um nicht immer wieder auf 
„dieselbe Stelle zu gerathen, wenn er einen Wagen bei sich 
„führte (zur Aufnahme des Netzes bei dem Stintfischen) — 
„denn die Sande sind an den meisten Stellen so fest, dass 
„man da, wo zur Zeit der Fluth kleine Schiffe segeln, zur 





187 


„Zeit der Ebbe mit Pferden und Wagen fahren kann — hin 
„und wieder ein wenig Stroh hinzuwerfen, dass er daran auch 
vin der Ferne ein in die Augen fallendes Merkmal habe, wo- 
„durch er aus diesem furchterlichen Labyrinth sich loswinden 
„könne. 

„Wer darch widrige Zufälle, die bei einer Reise der Art 
„so zahlreich sind, vorsichtig gemacht ist, nimmt Spaten, Beil 
„und Stricke und dergleichen Hulfegerathe mit sich. Die kurze 
„Zeit, die er noch frei war, wandte er an, um die Leitern des 
„Wagens tief in den Sand zu graben, und den Wagen daran 
„zu befestigen. Wenn dann das Wasser etwa bei einer Spring- 
„Suth hober als sonst auflauft, so kann die Gewalt desselben 
„ihn zwar heben, aber nicht fortreissen. 

„Einzelne Personen, die in solche Noth geriethen, rissen 
„oft einige besonders hervorragende Grashügel oder Bölter 
„tos und legten sie aufeinander, um sich dadurch zu heben. 
„Denn oft ist es nur eine kleine Steigung des Wassers, die 
„dem Menschen, bei dem es schon zum höchsten gekommen 
„war, die Macht benimmt, mit welcher er den Wellen noch 
„glücklich entgegenstrebte. Waren ihrer mehrere beisammen, 
89 stemmten sie oft die Rücken gegeneinander, um dem An- 
„laufe der See, die sie mit jedem Schlage zu Boden werfen 
„wollte, desto besseren Widerstand zu leisten. Hatte einer 
„etwa eine Uhr bei sich, so hing er sie — die Hohe des 
„Wassers befahl es — um den Hals, um daran die Zeit, wann 
„die Ebbe eintreten sollte, zu bemerken. Oft banden sie sich, 
„um desto sicherer zu stehen, mit ihren Strumpfbandern die 
„Arme fest aneinander. 

„Diese traurige Vorsicht war die Ursache, dass man im 
„Jahre 1781 drei Körper, Bruder und Schwester und des 
„Nachbars Tochter von 18 bis 26 Jahren nach 5 Wochen, 
„balb vermodert, wiederfand , welche auf unserem Kirchhof 
„begraben wurden. 

„Zu den Schwierigkeiten des Strandes kommt auch noch 
„die, dass an einigen Orten sich sogen. Saugsand findet. 
„Wer darauf nur etwas stille steht, sinkt bald immer tiefer 
„und kann seinen sichtbaren Untergang nicht abwenden, 
„wenn er sich nicht auf die Seite wirft, so eine grössere 
„Flache einnimmt, um desto besser getragen zu werden, und 
„nachher auf Händen und Füssen dem Verderben ausweicht. 
„Der Sand saugt Alles so stark an sich, dass ein Pfahl, der 
„einige Fuss lang und nur so leicht befestigt ist, dass er allein 
„gerade steht, in kurzer Zeit immer tiefer sinkt und endlich 
„ganz unsichtbar wird. Es sind Stellen, wo ein Pferd nicht 
„anders gerettet werden kann, als dass man starke Pfable ihm 
„unter den Bauch durchschiebt, damit, wenn das Sinken ver- 


Zeits, d.D. geol. Ges. XXVIIl. 2. 13 


188 


„hindert ist, es auf die Seite gewältet und fortgeschleppt 
„werden kann. 

„Um bei dem Bernsteinsammeln Anderen den Preis ab- 
„zugewinnen, ist es sehr vortheilhaft, wenn sich der Sammler 
„ein kleines plattes Schiff anschafft, damit er über die Sande 
„wegfahren, und sobald der Raum, welchen er durchsuchen 
„will, trocken ist, sogleich auf demselben gegenwärtig sein, 
„und auch bis auf die letzte Zeit daseibst seine Beschäftigung 
„fortsetzen könne. 

„Wer ein Pferd hat und Herzhaftigkeit genug besitzt, der 
„wartet nicht, dass der Aussendeich abtrockne, sondern reitet 
„in die Fluthen hinein, wenn sie eben anfangen zu fallen. 
„Alsdann hat er bei entstandener Ebbe desto länger Frist, um 
„auf diesem grossen Raum keinen ihm bekannten Platz un- 
„besucht zu lassen. Einige haben es zu solcher Fer- 
„tigkeit gebracht, dass wenn sie durch das klare 
„Wasser den Bernstein liegen sehen, sie ihn mit 
„Hülfe eines kleinen Netzes, das an einem hin- 
»langlichen Stiel befestigt ist, auf dem Pferde 
„sitzend, aufheben können.“ 

Durch einen glücklichen Zufall bin ich in Besitz einer 
zuverlässigen näheren Angabe uber die höchst eigenthumliche, 
vielleicht bald aussterbende Mineralgewinnung des „Bern- 
steinreitens“ an diesen alten Bernsteininseln der Phonicier 
gekommen, welche es wohl verdient, bei solcher Gelegenbeit 
erhalteu zu werden. Der Stadtpräsident von Glückstadt, Herr 
Bonz, früher Amtsrichter in Marne, erfuhr wenige Tage vor 
seinem Austritt aus dem Richteramt von meinen Studien über 
das Bernsteinvorkommen an der Küste, und da sein Amts- 
gerichtsbote, Herr Brurr, vor Jahren Bernsteinreiter gewesen, 
konnte er von diesem die zuverlassigsten Nachrichten ein- 
ziehen. Er schreibt darüber an seinen Schwiegervater, Herrn 
Dr. med. Hartmann in Marne: 

„Deinem Wunsche entsprechend, habe ich meinen alten 
Bauer heute einem articulirten Verhor über Bernsteinfischerei 
unterworfen und beeile mich, Dir das Ergebniss mitzutheilen. 

Brun hat das (reschäft vom Norddeich bei Büsum aus von 
1839 bis 1861 betrieben, in den ersten fünf Jahren ledig- 
lich zu Pferde, später mit Pferd und Fahrzeug, zuletzt allein 
mit letzterem. Anfang der vierziger Jahre war wegen dey 
hohen Bernsteinpreise die Zahl der Fischenden sehr gross. 
Nicht selten ritten 14 bis 16 Mann zu gleicher Zeit aus, und 
ihnen folgten, je nachdem das Wetter besonders günstig ge- 
wesen, Fassganger in grosserer oder kleinerer Menge, so dass 
die Anzahl der Suchenden an Ort und Stelle sich auf 30 bis 
40 Personen belief. 








189 


Die Hauptfundstelle war in den ersten Jahren die Sand- 
bank Blauort, weil dort die Bedingungen der Ablagerung des 
verschwemmten Bernsteins am günstigsten waren. Später ge- 
staltete sich durch Strömungen und Sturme hier die Eider- 
Rinne unguünstiger, indem die unterseeischen Ufer derselben 
steiler wurden. In Folge dessen mussten sich die Bernstein- 
fischer mehr eines Fahrzeuges bedienen, da sie aber Blauort 
hinaas zu Pferde nicht kommen konnten. Die Hauptfundstätte 
wurde nun die nördlich der Eider - Rinne gelegene Sandbank 
Fiegenplaat und noch später Hundsand, zwischen den beiden 
vorgenannten Sandbanken. 

Im Ganzen war immer die Eider - Rinne das günstigste 
Terrain, weil ihre Ufer noch am wenigsten steil waren. An 
anderen Rinnen, wie z. B. der Suderpiep, fand man nur zu- 
fällig ein Stück, und immerhin nur selten. Auf den hohen 
Watten traf man nur nach starkem Eisgang oder heftigem 
Nordwestwind hin und wieder Bernstein. Einmal wurd zwar 
ein Stack von melır als Pfundgewicht auf hobem Hauland ge- 
funden, doch ist dies wahrscheinlich durch eine Eisscholle 
angebracht worden. 

Wenn das Geschäft zu Pferde betrieben wurde, mussten 
die Bernsteinfischer etwa 3 Stunden nachHochwasser, also bei 
halber Ebbe, ausreiten, 80 dass die Pferde tief im Wasser 
waten und hin und wieder schwimmen mussten. Jeder Mann 
hatte ein Tau um den Leib und an dem Tau einen ziemlich 
langen, aber schmalen Spaten. 

Nach circa 2 Stunden Trabreitens im Meere war Blauort 
erreicht, dann wurde daselbst 2—3 Stunden gesucht, und dar- 
auf der Rückweg, bald nach Beginn der Fluth, angetreten. 
Das Suchen, oder vielmehr das Finden forderte Uebung und 
Erfabrang. Stets fand sich Bernstein nur da, wo 
zerstreut kleinere oder grössere Stücke ,ver- 
mulechten Holzes“ in weitem Umkreise umber- 
lagen. Die Holzstücke waren höchstens 2—3 Fuss lang bis 
herab zu wenigen Zollen, die Ausdehnung der uberstreuten 
Fläche wobl 1—2 Stunden im Umkreis. Das Holz war nie- 
mals fest, sondern 80, dass man es mit den Fingern zerdrucken 
konnte, doch von verschiedener Art. Zwischen diesen Holz- 
stacken lag der Bernstein zerstreut. Auch kleine Häufchen 
grosser Blätter und Seetang .liessen darauf schliessen, dass 
zwischen ihnen Bernstein zu finden sei. Braunkohle hat Brugr 
nicht bemerkt, scheint sie auch nicht zu kennen. 

Der Bernsteinreiter suchte, zu Pferde sitzend, das Revier 
ab und nabm, wo er ein Stück entdeckte, dasselbe mit seinem 
Spaten auf, ohne abzusteigen. Am besten waren die Stellen, 


13* 


190 


wo eine geschützte Ecke die Ablagerung begünstigte oder wo 
zwei Strömungen sich begegneten. 

Nicht Jeder konnte immer seinen Tagelohn dabei verdienen, 
durchschnittlich aber meint Bauer, babe er jährlich wohl 
400 Mark Hamburgisch (480 Reichsmark) verdient, in einzelnen 
Jahren vielleicht das Doppelte, zuweilen auch weniger. Juden 
aus Friederichstadt , seltener aus Hamburg, kamen hin und 
wieder, je nachdem das Jahr günstig gewesen war, was sie 
genau zu beurtheilen verstanden, um den Bernstein aufzu- 
kaufen. 

Jeder Bernsteinreiter verkaufte ihnen seinen Vorrath „im 
Rummel“, wenn nicht ausnahmsweise ein besonders schönes 
oder grosses Stück darunter war, Das grösste Stück, welches 
zu Bauer's Zeit gefunden wurde, wog 68 Loth, doch war es 
nicht schön, so dass es nur 60 alte Thaler (180 Mark) kostete. 
Ein anderes Stück von 64 Loth kostete 700 Mark Hamb. 
(840 Mark). Brugr selbst fand als grösstes ein Stück von 
34'/, Loth, fur welches er jedoch nur 120 Mark Hamb. 
(144 Mark) erhielt, weil es gerade in den Kriegsjahren war, 
wo der Werth bedeutend herunter ging. Anfang der vierziger 
Jahre wurde allein in einem Monat (April) für 4000 Mark 
Hamb. (4800 Mark) Bernstein gefunden. Bauer hatte diesen 
ganzen Vorrath in Aufbewahrung. Als der Jade kam, musste 
er erst nach Hamburg zuruck, um mehr Geld zu holen. Ein 
schönes Stück von 22 Loth kostete 200 Mark Hamburg. 
(240 Mark). 

Im Allgemeinen steigerte sich der Preis, so dass ein 
Stuck von 1 Loth etwa 16—24 Schilling (1,20—1,80 Mark), 
ein solches von 8 Loth etwa 40 Mark Hamb. (48 Mark) 
kostete. Der durchsichtige Bernstein galt als wenig werthvoll, 
weil er spröde und daher schlecht zu bearbeiten 
ist, der undurchsichtige eigelbe bis herab zum dunkel braun- 
gelben, der weit ,fettiger* war, auch besser brannte, war der 
wertbvollere. Durchschnittlich war, wenn der Jade kam, ein 
Werth von 1000—2000 Mark vorhanden. Das Gewicht dieses 
Vorraths kann Baver nicht schätzen, weil nach Gewicht nicht 
verkauft wurde. Die Juden sahen den Vorrath jedes Einzelnen 
an und wussten dann den Werth sehr genau zu taxiren. 
Anders freilich war der Preis bei den seltenen grossen 
Stücken. 

Der günstigste Wind für den Bernsteinfall war immer der 
Nordwest, zumal im Frübjahr. Nach starkem Eisgang brachte 
er besonders lohnende Funde; doch durfte der Sturm nicht zu 
heftig sein, nach Brurr’s Ausdruck „ein günstiger Mahlwind, 
so dass eine Mühle eben vor vollen Segeln geben konnte*. 
Bei Sturm fand sich der Bernstein an der Ostseite der letzten 


191 


Watten-Düne, sonst an deren West- oder Seeseite. Gegraben 
ist dort niemals nach Bernstein. Innerhalb der Deiche fand 
sich beim , Putten® (d.h. Aufwerfen der unter dem zähen 
Marschklei liegenden mageren Mergelerde) höchst selten 
ein Stuck. Je stärker das zerstreute Treibholz, 
desto grösser waren auch gewöhnlich die Bern- 
steinstucke. Zunweilen fand man auch ein Stuck umgeben 
von einer weichen Tanghulle. Festes Holz war niemals 
dabei. 

Noch jetzt existiren bei Busum, Norddeich, 
Hedewigenkoog, Westerdefchstrich Bernstein- 
reiter, doch in geringerer Zahl, 5 bis 6 Mann. Der 
Bernstein hat sehr erheblich abgenommen, dennoch macht 
Brugr's Schwager bei Norddeich noch jetzt als Bernsteinreiter 
sein baares Geld lediglich aus Bernstein. Bei der Bernstein- 
sache mittelst Fahrzeuges legten sich die Fischer bei der 
Rhede neben Blauort vor Anker, gingen circa 4 Standen nach 
Hochwasser hinaus auf die Watten und suchten die Fiegenplaat 
und Hundsand ab. Oft blieben sie so 8—14 Tage draussen 
in See. Noch jetzt ist Blauort die Fundstatte fur Reiter, 
Fiegenplaat und Hundsand für die Fahrzeuge. Bei Ostwind 
muss das Geschäft oft wochenlang unterbrochen werden. 

Dies ist im Wesentlichen, was ich von BRüUER erfahren 
habe. Ich bemerke, dass er ein selten zuverlässiger und am 
wenigsten zu Uebertreibungen geneigter Mann ist.“ 

Soweit der actenmässige Bericht aus den letzten März- 
lagen 1876, der für alle Freande des Bernsteins und der 
wunderbaren Rolle, die dies Mineral in der Geschichte der 
jüngeren Formationen, wie in der Geschichte des Menschen- 
geschlechts spielt, eine dankenswerthe Gabe sein wird, umso- 
mehr wenn die noch jetzt existirenden wenigen Bernsteinreiter 
um anderer dringenderer (Geschäfte willen ebenfalls das ge- 
fabrliche und zeitraubende Gewerbe werden aufgegeben haben, 
was doch wohl in kurzer Zeit der Fall sein wird. — 

Vielleicht ist nichts so sehr geeignet, die Regelmassigkeit 
und Stetigkeit des Vorkommens von Bernstein in dieser Re- 
gion zu beweisen, als die Beschreibung dieser Art des Sam- 
melns, Es kommt hinzu, dass in dieser Gegend vormals 
Jeder, der den Strand absammelte, eine jährliche Recognition 
bezahlen musste, und dass der Hedewigenkoog , welcher vor- 
mals administrativ ganz von Ditmarschen getrennt war, den 
Bernsteinfall auf seinen Sanden verpachtete, 

Auch in dieser Gegend kommt oft schwarzer Gagat mit 
dem Bernstein zusammen vor, und ich selbst besitze ein 
grosses Stuck, das dort gefunden ist, habe auch früher meh- 
tere dergleichen an Mineraliensammler verschenkt. Das mit 


A ee EEE a te ee mn m nn i 


192 


vorkommende Holz ist robrahnlich, oder, wenn es von dickeren 
Stücken oder von Schiffen stammt, völlig gerundet, auch an 
den Enden, daher es Rundholz genannt wird. Mit demselben 
ist ein schwarzes, körniges Gemengsel gehäuft, welches theils 
Braunkoblen, theils Holzbrooken enthält, und „schwarze 
Saat“ genannt wird, während man den Berustein selber 
„Stein“ nennt, zum besten Beweis, dass ausser ihm kein 
Stein auf der ungebeuren Fläche zu finden ist. 

Auch hier giebt es wenig grosse, viel kleine Stücke. 
Das grösste Stück, das der römische Ritter, welcher diese 
Gegend erforschen musste,‘erhielt, hat 10 Pfund gewogen. 

In den siebenziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hat 
ein ländlicher Künstler (horribile dictu) blos mit einem Taschen- 
messer einen Kronleuchter aus Bernstein geschnitzt. 

„Ehemals, sagt WorLr, ward der Bernstein bier lange 
„nicht so geschätzt als jetzt. Ich weiss mich aus den ersten 
„Jahren meines Hierseins zu erinnern, dass eine alte Frau 
„ein ziemlich grosses Stuck manchen Winter statt eines Lichtes 
„gebrauchte, wenn sie Abends in ibrem Hause herumging. 
„Bei dem leichten Auslischen war ein Wohlgeruch — das 
„Gegentheil, was bei einem Lichte sonst gewöhnlich ist.‘ 

Die kleinen Stücke von Nuss- und Bohnengrösse lasst 
der Sammler gewöhnlich liegen, um seine Zeit fur die besseren 
Funde nicht zu verlieren. Früber wurde an den Juden das 
Loth solcher Steine nur mit einem Schilling, gleich °/, Silber- 
groschen, verkauft. Wie die Preise jetzt sind, ist mir nicht 
bekannt, sie werden sorgfältig geheim gehalten, und die Finder 
werden von den Aufkäufern durch erfundene Gefahren des 
Verlustes immer von Neuem zur Geheimhaltung angespornt. 

Herr Pastor Woxr besichtigte einmal reichlich 700 ver- 
schiedene Stücke des hiesigen Fundes und fand darunter 500, 
welche Spuren eines kürzlich erfahrenen Bruches zeigten, die 
eine Halfte war braun, die andere gelb und nur sehr wenige 
Stücke weiss von Farbe. 

Als die Phönicier in diesen Gegenden landeten, — und 
der beste Kenner des phönicischen Treibens im Norden, 
Prof. NıLssox zu Lund behauptet es, dass hier das phönicische 
Bernsteinland ist — wurde von den Einwohnern der Bernstein 
wie Holz verbrannt. 

Dass auch norddeutsche Erdarbeiter noch heute den Bera- 
stein so verbrauchen können, lehrt ein von Herrn Dr. Harks 
erzählter Fall. 

So reichlich nun der Bernsteinfall an der Küste von 
Norderditmarschen, so gering ist er dagegen an der Küste 
von Süderditmarschen, nahe der Elbmundung. Am natürlichsten 
erklärt sich dieses dadurch, dass hier die grösste Landgewin- 


193 


nang seit vielen Jahren stattfindet, wie denn der gewaltige 
Friederichskoog und der ebenfalls sehr grosse Kaiser Wilhelms- 
koog erst in den letzten Jahrzehnten gewonnen wurden, also 
von Zerstörung und Umarbeitung keine Rede ist. 

Ueber das Vorkommen des Bernsteins an der Küste von 
Saderditmarschen schreibt mir Herr Dr. med. Hartmann ia 
Marne Folgendes: 

„Als vor der Eindeichung des Friederichskoogs 1853 bis 
1854 der grosse damalige Aussendeich, Dieoksand genannt, 
viele Tausende von Ochsen und Schaafen ernabrte, wohnte 
daselbst auf den drei grossen mit Tranken versehenen Warthen 
eine Menge von Hirten, welche nicht blos ihre Heerden ha- 
teten, sondern noch lieber nach starken Sud- und Nordwest- 
sturmen in die Watten und bohen Sande hinausgingen und 
-fabren, um Strandgüter zu suchen. Bei diesen oft mit Lebens- 
gefahr verbundenen , aber um so lieber ausgeführten Touren 
fanden sie dann öfter grosse Stücke Bernstein, die sie an 
einen damals hier wohnenden Juden verkauften, der ihnen 
auch die gestrandeten Sachen, englisches Gold, Banknoten, 
Pretiosen, Seidenzeuge, Teleskope u. 8. w. gegen baares Geld 
umsetzte. 

Beide Parteien, der Kaufmann und die Hauptstrandräuber, 
wurden bei diesem Handel wohlhabende Leate, hatten aber 
natürlich alle Ursache verschwiegen zu bleiben. Nach langen 
Jahren erfuhr ich dann zuweilen von den weniger werthvollen 
Funden, namentlich dem Bernstein, da ich dei den ehemaligen 
Hauptstrandräubern Arzt war. 

So weiss ich denn, dass oftmals Stucke Bernstein von 
der Grosse eines balben und ganzen Kinderkopfes auf den 
Watten gefunden sind, die je nach der Farbe und Qualitat für 
10—150 Mark Hamb. (12—180 Mark) verkauft warden. Die 
Hirten, richtiger Strandrauber, sonst ubrigens gutmathige und 
wahrhafte Leute, sagten, sie fanden den meisten Bernstein 
nach starken Nordwestaturmen in den kleinen ruhigen Watten- 
buchten zwischen Seetang und eigeuthumlichen Holzresten. 
Wo sie letztere sahen, suchten sie immer nach Bernstein. 

Da seit 1854 das ganze Land eingedeicht ist, und auf 
dem neuen Anwuchs nur kleinere Schaafheerden gehalten wer- 
den, die meistena den Bauern des Kooges gehören und oft den 
Hirten wechseln, ist die eigentliche Generation der Strand- 
laufer ganz ausgestorben, und ich habe seitdem nichts von 
bedeutenden Bernsteinfunden gehört, doch zweifle ich nicht, 
dass auf der etwa 1'/, Meile von Friedrichskoog entfernten 
Sandbank Burchsand, die hoch liegt, zum Theil mit Flugsand 
bedeckt ist und früher ein Hauptstrandungsort war, auch jetzt 
noch oftmals Bernstein angeschwemmt und gefunden wird. 


194 


Beutel voll kleinerer Bernsteinstücke werden noch oft dem 
hiesigen Apotheker zur Fabrication von Räucherpulver an- 
geboten.“ 

So weit der Bericht über die süderditmarsischen Watt- 
grunde, die ein eigenthumliches Seitenstuck zu den Hitzläufern 
von Eiderstedt und den Bernsteinreitern von Norderditmarscheu 
ins Leben gerufen batten. 

Es ist bekannt, dass bei der Eindeichbung des Kron- 
prinzenkoog ausser dem, was verheimlicht worden, ein Stuck 
von 24 Loth gefunden wurde, auch hat man landeinwärts 
in dem Marschboden bei Marne mehrfach Bernstein gefunden 
und faustgrosse Stücke ausgepflügt. 

Was die Bernsteinfunde im Innern des Marschlandes be- 
trifft, so darf man so gut wie allgemein annehmen, dass die- 
selben sich vorzugsweise auf einer ganz bestimmten Tiefen- 
zone halten, nämlich auf dem Niveau, welches das vormalige 
Watt einnahm, so lange es noch ohne Vegetation war und 
daber bei den Hochfluthen dem Fortrollen dea Bernsteins mit 
den Wogen, am Boden des flachen Meeres, kein Hinderniss 
entgegensetzte. Alle Berichte von Ausgrabungen des Bern- 
steins aus Eiderstedt und beiden Ditmarschen gehen dahin, 
dass die Lagerstätte desselben sich vorzüglich auf der Grenze 
zwischen dem Marschklei und der unter den verschiedensten 
Namen für Ackerbauzwecke gewonnenen mergeligen Unterlage 
oder dem Meeressande sich finde. Ist Moor oder unter- 
irdischer Wald die unmittelbare Unterlage des Marschbodens, 
so wird dessen Oberfläche zur Lagerstätte des Bernsteins, wie 
sich das auch südlich der Elbe gezeigt hat, während aus 
eigentlichem Marschboden nicht so oft bei tiefem Graben, 
sondern mehr bei dem Pflügen gelegentlich Bernstein gefunden 
wird, welcher fruher mit dem Mergel aus der Tiefe herauf- 
geworfen zu sein scheint. 

Wenn man bedenkt, dass der thonige Marschboden nicht 
eigentlich durch die gewöhnlichen Fluthen, sondern in seiner 
grössten Dicke durch die Ueberfluthungen des schon bawach- 
senen Aussendeiches entstanden ist, so erscheint ein solches 
Verbältniss in bohem Grade natürlich. Besonders lehrreich 
ist in dieser Beziehung die Grenze zwischen dem Diluvial- 
lande und der alluvialen Marsch, der alte litorale Apparat, 
In Suderditmarschen, östlicb von Marne, besteht derselbe aus 
einer vormaligen Düne, welche auch durch die Namen der 
Dörfer St. Michaelis-Donn, Warfer-Donn, Dinger-Donn, Norder- 
Donn und ähnliche als eine unverkennbare Düne bezeichnet 
wird. Ao dem westlichen Fusse dieser weit landeinwarts lie- 
genden Düne beginnt die Marsch; an ihrem östlichen Fusse 











195 


liegt das Moor, das sie vom bohen Diluviallande trennt, und 
auf dem sie theilweise ruht. 

Am westlichen Fusse der Dune, wo der Marschboden 
zunachst nur wenig mächtig ist, wird unter- demselben, also auf 
dem Moor oder der vormaligen Sandbank, gerade wie jetzt auf 
der Hitzbank vor St. Peter in Eiderstedt, der Bernstein ge- 
fanden, der theilweise auch hoch in die Dune hinein und selbst 
uber ibren Kamm binweggeweht wurde, als er auf der flach- 
geböschten Sandbank und Düne bloslag, und nun also in ihren 
beiderseitigen Abhängen sich verschuttet findet. 

An einer Stelle bei dem Norder - Donn, findet er sich so 
reichlich, dass unter Anwendung des auch in Norderditmarschen 
üblichen Namens „Stein“ für Bernstein dieses Marsch - und 
Sandland den Namen „Steinfeld“ erhalten hat. 

In der Düne liegen aber immer nur kleine Stücke. 
Grössere Stücke liegen nur in dem oben charakterisirten Ni- 
eau, Bei dem Graben des Marschmergels fand noch im 
Jahre 1875 ein Knecht daselbst ein Stack von '/, Pfund, 
das er für 18 Mark verkaufte. Ein Bauer Namens PosseL hat 
selbst gleich seinem Vater und seinem Knecht zahlreiche Stücke 
im Laufe der Jahre gefunden, aber kein grösseres als 10 Loth, 
welches er fur 17 Mark verkaufte. Der im Dünensand be- 
legene Bernstein ist gewöhnlich verwittert und schlecht, wäh- 
rend der auf und in der Patterde (dem Marschmergel) vor- 
findliche von bester Qualität zu sein pflegt. 

In der Nahe des oben genannten Steinfeldes am west- 
lieben Fusse der Sanddüne wurde vor etwa 25 Jahren in 
6 Fuss Tiefe und zwar eiwa 2 Fuss in der genannten Pütt- 
oder Bornerde ein Wallfischwirbel gefunden, der noch in dem 
Bauerbofe aufbewahrt wird. 

Herr Doctor Hartmann in Marne schreibt mir, dass als 
er vor 25 Jahren in dortiger Gegend die Armenpraxis hatte, 
er von den sogen. Tiefkleiern, d. h. den Arbeitern, welche 
jenen Mergel fördern, oftmals über ihre Bernsteinfande Bericht 
erhalten. Ein Arbeiter, welchen er damals behandelt, habe 
ihm erzählt, dass er ein Stuck Berustein von der Grösse eines 
grossen Kinderkopfes gefunden. Ein Jude habe ihm 50 Mark 
Hamb. dafür geboten, was er abgelehnt, nachher habe seine 
Mutter es aus Unkunde für 15 Mark verkauft. Der Bernstein, 
welcher auf der Scheide zwischen Moor und Marschboden 
rabt, liegt selbstverständlich in nachster Nahe der Land- und 
Süsswasserthiere, die dem Moore eingebettet sind, und dieses 
wird von den Arbeitern natürlich als ein Zusammenvorkommen 
aufgefasst uud ohne nähere Hervorhebung der Umstände weiter 
verbreitet, wodurch über die Lagerstätte des Bernsteins leicht 
Irrthümer verbreitet werden. 


196 


Derselbe liegt, wenn, wie früher beschrieben, mit Hilu- 
vium abgelagert, gelegentlich unter dem Moor, wenn mit 
Alluvium abgelagert, gelegentlich wie hier, auf dem Moor, 
aber in dem Moore findet man ihn nicht, wenn ihn nicht 
Willkür oder ein absonderlicher Zufall während der Moorbil- 
dang dahin gebracht hat. 

In der eben geschilderten Gegend ist der Bernstein 
solchergestalt neben den im Moor enthaltenen Geweihen des 
Edelhirsches und selbst neben einem Flinteteinmesser gefunden 
worden, welches beweist, dass die Gegend bewohnt war, ehe 
die Marschbildung begann. Aus denselben sich weit ins Meer 
erstreckenden Mooren und Waldresten stammt das weiche Holz, 
das den Bernstein begleitet. 

Aber auch im Meeressand unter der Marsch kommen in 
dieser Gegend die Ueberreste grosser Landthiere mit Bern- 
stein zusammen vor, denn Herr Dr. HarTMANN bat ein knol- 
liges Stück Bernstein, 37 Gramm wiegend, und ein Edelhirsch- 
geweih von 50 Centimeter Länge, welche zusammen in dem 
Meeressande unter der Marsch gefunden sind, ebenso wie neben 
dem oben erwähnten Walifischwirbel und in derselben Schicht 
der Oberschenkelknochen eines Bos primigenius gefunden wor- 
den ist. Beide Thatsachen zusammen sind gerade an dieser | 
klar zu beurtheilenden Fundstelle wohl werth, aufbewahrt zu 
werden, um ähnliche Fundberichte über das Zusammenvor- 
kommen des Bernsteins mit Ueberresten von Landsängethieren 
unter weniger klaren Verhältnissen zu erläutern. 

Jenseit der Elbe setzt sich der Bernsteinfall an der 
gleichartig gebildeten Kuste und Inselkette von Hannover, 
Oldenburg und Holland ebenso, wenn auch iu vermindertem 
Maasse, fort, woruber die sorgfältig gesammelten Nachrichten 
des Herrn Dr. Hazpxe in Bremen des Dr. Starına und des 
Herrn Venema in Holland keinen Zweifel lassen. 

Lediglich um der Vollständigkeit willen soll daber hier 
die Reibenfolge der alluvialen Fundorte von der Mündang 
der Elbe bis in die Mitte der Zujder Zee aufgefahrt werden: 


Kuechlsand, westlich von Cuxhaven. 

Aussendeich bei Wremen. 

Marschboden bei Dingen. 

Wesersand vor Weddewarden. 

Weserufer Volkers bei Blexum. 

Langlütjensand in der Wesermündung. 

Sandplate des Weserleuchtthurms vor der Mundung. 
Marschboden in der Westecke des Jahdebusene. 
Marschboden zu Wilhelmshafen. 

Marschboden der Nordwestecke von Jeverland (Schil- 
lingshörn). 


SO WN OUP Oo dO 


CS 








197 


11. Strand der Duneninsel Wangeroog. 

12. Marschboden des Karolinengroden bei Karolinensiel. 

13. Strand der Duneninsel Spiekeroog. 

14. Strand der Düneninsel Langeoog. 

15. Strand der Duneninsel Baltrum, 

16. Strand der Düneninsel Nordernei. 

17. Strand der Daneninsel Juist, 

18. Marschboden zu Larrelt bei Emden. 

19. Aussendeich bei Reide, dem in den Dollaert vorsprin- 
genden Punkte Niederlands. 

20. Strand der Düneninsel Borkum. 

21. Strand der Düneninsel Rottum. 

22. Marschboden bei Winsum, nördlich von Groningen. 

23. Strand der Düneninsel Ameland. : 

24. Marschboden der Insel Schookland in der Zujder Zee, 

25. Marschboden am östlichen Winkel der Zujder Zee 
unter Steenwyk. 


Alle diese Fundorte gehören dem Bernstein auf jüngster 
alluvialer Lagerstätte an und zeigen das Gesetzmässige der 
Verbreitung in derselben. 

Auffallend ist, dass in der Kette der holländischen Dunen- 
inseln die Zwischenglieder Rottumeroog und Schiermomikoog 
und die Endglieder Terschelling, Vlieland und Texel nicht als 
Fundorte von Bernstein genannt werden. 

An der weiteren Dünenküste Hollands wird auch nur 
Scheveningen als vielleicht geltender-Fundort erwähnt, und 
doch müsste dieser von Tausenden von Augen abgesuchte 
Strand Vieles bergebeu, wenn Vorrath vorhanden wäre. Dar- 
aus scheint doch hervorzugeben, dass trotz des Vorhanden- 
seins von Geschiebeformation auf den Inseln Urk, Wieringen 
und Texel, also bis an den äussersten Westen, das westliche 
Niederland nicht mehr aus einem noch westlicher belegenen 
zerstörten Diluviallande” gebildet ist, sondern ein wirkliches 
Deltaland von Schelde, Maass und Rhein genannt wer- 
den muss. 

Mitten in der Zujder Zee liegt noch das kleine, aus 
skandinavischem Diluvium bestehende Eiland Urk, und 
dieses ist — sehr bezeichnend für den eben gegebenen Ge- 
danken — Niederlands westlichster Fundort von Bernstein. 
Ganz ebenso ist die Düne von Helgoland weit westlich hinaus, 
mitten im Meere liegend, ein bekannter Fundort fur Bernstein, 
aber ich habe auch schon anderwärts und aus anderweitigen 
Grunden mit Sicherheit dargethan, dass bei Helgoland ein 
Gebiet diluvialen Landes zerstört worden ist, daher seine 
Umgebung im Meeresboden mit der Umgebung der anderen 


Tante a IP A min. 6 ao = a rende Matin tt Er rn nee En Wr mich - À em. à et cen en eth eee Ben nn nn En OL u 


198 


Düneninseln an der Schleswigholsteinischen und Hannover- 
Holländischen Küste für gleichartig gelten kann. 

Herr Dr. Harrke nimmt fur die ostfriesischen Inseln in 
Anspruch, dass sie die insulae glessariae des Plinius seien. 
Er beruft sich dabei auf RepsLop und v. Maak, welche aber 
beide aus den Werken aller alten Schriftsteller, die sich mit 
dem Bernsteinlande beschäftigt haben, auf die Nordfriesischen 
Inseln und die Schleswigholsteinische Kuste kommen. 

Den Wettstreit, den die Philologen schon seit mehr als 
100 Jahren uber die unklaren alten Nachrichten erhoben ba- 
ben, ein Streit, für den niemals eine gewisse Entscheidung 
kommen wird, und der, weun er entschieden wäre, unsere 
Kenntnisse nicht vermehren wurde, brauchen die Naturforscher 
nicht wieder aufzunehmen. Wahrscheinlich ist die gesammte 
Inselkette, welche beiderseitig der Elbmündung zuführt, 
das Gebiet der insulae glessariae, die vornehmsten aber unter 
denselben sind gewiss seit Alters, und noch jetzt, die Schles- 
wigholsteinischen. 

Dass bier in der That das wahre Berusteinland war, von 
woher den Festlaudvölkern der Bernstein verkauft wurde, geht 
auch daraus hervor, dass Herr Dr. HAEPKE, gestützt auf han- 
noversche und rheinländische Nachrichten, den Mangel des 
Bernsteins in den Graberfunden jener Gegenden hervorhebt, 
während in Schleswigholstein und dem anschliessenden Norden 
der Bernstein, meist als Perle, mit zu den vornehmasten 
Schmucksachen gehört. 

Die Ostecke und die Westecke der deutschen Kuste, jedes 
der beiden deutschen Meere ist Zeuge einer naturwuchsigen 
Berusteingewinnung, beide mit Hilfe des Meeres, aber im 
Binnenmeer anders als im auf- und abfluthenden Ocean, hier 
iu der ältesten, dort in der jüngsten Lagerstatte. Alle nbrigen 
Vorkommnisse der Erde sind dagegen verschwindend. Schon 
vor Jabren nannte ich in einem Lehrbuche fur Volksschulen, 
im Hinblick auf die ursprüngliche Lagerstätte, den Bernstein 
„den Preussischen Edelstein“, heute verdient er durch 
den zwiefachen Fundort und das Zerstreuungsgebiet den Na- 
men noch mehr, denn trotz seines organischen Ursprungs ist 
er durch seine zum Schmuck geeignete Schönheit, welche er 
vermöge seiner Unzerstorbarkeit in sechs- bis siebenfacher Um- 
lagerung behauptet, ein wirklicher Edelstein zu nennen. 


199 


2. lieber das verkieselte Coniferenholz des nord- 
deutschen Diluviams und dessen Ursprung. 


Von Herrn L. Meyn in Uetersen. 


Unter den versteinerten Holzern, welche im norddeütschen 
Dilaviam neben den skandinavischen Gebirgearten als Geschiebe 
vorkommen, ist besonders ein Coniferenholz bemerkenswerth, 
welches sich durch seine eigenthümliche Erhaltung von allen 
anderen Holzsteinen leicht unterscheidet. 

Die Verkieselung hat bei demselben zunächst alle Ge- 
fasse erfallt, wie das auch bei anderen verkieselten Hölzern 
der Anfang des Processes gewesen sein muse. 

Wahrend aber bei den anderen nach der Erfullung der 
Gefasse die Holzsubstanz allmalig verschwand und durch wei- 
tere Quarz- oder Opalmasse, in der Regel von anderer Farbe, 
ersetzt wurde, so dass im völlig dichten und spiegelnden 
Querschliff die Structur des alten Holzes offen vorliegt — ist 
zwar auch hier die Holzsubstanz verschwunden, aber nicht 
wieder durch Stein ersetzt worden, sondern die von Quarz 
erfüllten, dicht nebeneinander liegenden Gefässe sinterten nur 
lose zusammen, so dass sie eine Art Gerippe, oder richtiger, 
ein regelmässig angeordnetes Haufwerk von kleinen Stein- . 
kernen bilden. 

An diesen nun würde man unschwer alle Charaktere der 
vormaligen Gefässe beobachten können, wenn nicht der Quarz 
krystallinisch geworden und sich meistens in parallelen mikro- 
skopischen Krystallen nach der Richtung der Holzfaser an- 
geordnet hatte. 

Die Farbe dieser Holzquarze ist in der Regel ganz be- 
stimmt licht erbsengelb, sie sind zwar an den Kanten und 
Ecken fast immer abgerundet, aber doch lang und dünn, wie 
grosse Holzsplitter, wodurch sie, abgesehen von ihren sonsti- 
gen Charakteren, zwischen den anderen Steinen leicht ins 
Auge fallen und aufgelesen werden, um in den Häusern der 
Landleute als Curiositaten aufbewahrt, oder als Wetzsteine 
benatzt zu werden, wozu sie sich wegen ihrer Harte und ihres 
lockeren, höchst feinen Gefages vortrefflich eiguen. 

Auf den abgeriebenen und abgestossenen Euden dieser 
langen dünneren Splitter gewahrt man deutlich die Jahres- 








200 


ringe, welche meist ganz schlicht regelmassig und gleich dick, 
wie in den schlankesten Nadelholzstammen, verlaufen. 

Gar nicht selten lösen sich diese Jahresringe bei dem 
kleinsten Druck von einander ab, oder liegen schon von einander 
gelöst im Sand oder Lehm, und immer ist der Splitter auf 
zweien seiner Langseiten concentrisch mit den Jahresringen 
ausgespalten. Bei den loseren Stücken liegen die einzelnen 
Jahresringe wie flachcylindrische Blechstreifen in einander und 
klingen auch wie Blechstreifen, aber das was jetzt der festere 
Jahresring ist, war im Holze der schwammigere Tbeil, und 
da wo jetzt die Scheide, der leere Raum zwischen den Jahres- 
ringen, liegt, war einst der feste körnige Holzkörper. 

Zerfallt das Stuck nicht in lose Jahresringe, so fuhlt es 
sich ausserst raub und scharf an, rauscht wie Bimstein oder 
Schwimmkiesel, ist aber zuweilen so murbe, dass es sich zwi- 
schen den Fingern zerreiben lässt oder gar, dass es abfarbt. 

Jedem Beobachter in der norddeutschen Ebene sind diese 
unverkennbaren Splitter versteinerten Holzes bekannt, in allen 
norddeutschen Localsammlungen finden sie sich. KLöpen 
kannte deren einige 50 Stücke, GöPrPERT spricht von 28, ich 
selbst habe viele Hunderte in Schleswigholsteiu theils selbst 
gefunden, theils in Bauernhäusern gesehen. 

Schärfere botanische Charaktere wird man wohl schwer- 
lich jemals an diesen Stücken auffinden, ob sie also einer 
oder mehreren Arten des Pinusgeschlechts angehören, muss 
dahingestellt bleiben; allein keinem Zweifel dürfte es unter- 
liegen, dass sie alle einem gemeinsamen Versteinerungsprocess 
unterworfen gewesen sind, dass sie alle aus einer und der- 
selben Schicht stammen, also zu den leitenden Geschie- 
ben innerhalb unseres norddeutschen Diluviums ‚gerechnet 
werden museen. 

Einst hielt man sie für Original - Petrefacten des Dilu- 
viams. Diese Meinung ist aus vielfachen Gründen ganz haltlos. 
Man betrachtet sie jetzt mit Recht als Bruchstücke von Stam- 
men, welche auf unbekannter tertiärer Lagerstätte versteinerten. 
Da nun die skandinavische Halbinsel, aus der das übrige Ge- 
schiebe des Diluviums stammt, keine Tertiarlager hat und 
allem Anschein nach auch nie gehabt hat, so ist das verstei- 
nerte Holz eines von jenen Gemengtheilen des Diluriums, 
welche, an Ort und Stelle aufgenommen, obgleich weit spar- 
samer als Granit und Gneiss oder irgend ein silurisches und 
Kreidegestein, den Untergrund des Diluviums verrathen und 
durch gelegentliche Anhäufung für die Bestimmung desselben 
leitend werden. 

Obgleich nun das Braunkohlengebirge der Mark und die 
benachbarten gleichalterigen Schichten durch den Bergmaun 





201 


nach jeder Richtung bin untersucht wurden, so hat sich doch 
pach GÖPPERT's Zeugniss niemals und uirgends in denselben 
eine Spur dieses versteinerten Holzes gefunden, es ist daher 
ein anderes Tertiargebirge zu suchen, dem es ursprünglich 
augebort. Ich glaube dasselbe jetzt gefunden zu haben, und 
zwar in dem miocänen Braunkohlengebirge von Malliss und 
Bocup in Mecklenburg. 

An dieser Stelle liegen nämlich ausser Alaunerde und 
schwarzen Thonen, zwei kleine regelmässige Braunkohlen- 
fotze zwischen Quarzsand und Glimmersand, in schwach ge- 
neigter, sonst ungestörter Lagerung auf oligocänem Septarien- 
thon und turoner Kreide, sammtlich gleichsinnig. 

Septarienthon und Alaunerde sind in 'Tagebauten bloss- 
gelegt, die Braunkohle wird durch regelrechten Bergbau ge- 
wonnen, über die Lagerung besteht keinerlei Zweifel. 

Der Quarzsand und Glimmersand erheben sich ganz in 
der Nahe des Mallisser Wohnhauses zu einem Hügel, dessen 
Schichtung genau derjenigen des ganzen Systems in Streichen 
und Fallen entspricht, wie das in einer tiefen Sandgrube da- 
selbst zu sehen ist. 

In dieser Sandgrube nun sah ich unzählige Splitter der 
bezeichneten Art, neu zerschlagen, umberliegen, so dass kein 
Zweifel darüber blieb, dass hier ein grosser Block gefunden 
sein musse. In Folge dessen richtete ich an den früheren 
Besitzer des Hofes Malliss, Herrn SparkugL in Ludwigslust, 
zu dessen Zeiten der Block gefunden sein musste, da der Hof 
erst eben verkauft war, eine Anfrage über diesen Fund und 
erhielt folgende Antwort: 

„Es thut mir leid, dass ich Ibnen uber das fragliche 
„versteinerte Holz nur sehr Weniges mittheilen kann. Jenes 
„Holz fand sich etwa 4 Fuss unter der Erdoberfläche im 
„weissen Glimmersande. Nach den gefundenen grösseren 
„Stacken zu urtheilen, muss der Baum eine Stärke von 
„etwa 8 Zoll Durchmesser gehabt haben. Die Länge ist 
„noch weniger genau ermittelt, ich glaube aber, dass es 
„wenigstens 10--12 Fuss gewesen sind. Zweige oder Aeste 
„habe ich hierbei nicht bemerkt. Dies ist leider Alles, was 
sich über jenen Fund mittheilen kann.“ 

Zum Unglück war der Gutsbesitzer bei dem Funde nicht 
zugegen gewesen, und die Arbeiter hatten, wie dies in Nord- 
deutschland bei allen merkwürdigen Funden, auch bei kost- 
baren Alterthamern, der Fall zu sein pflegt, aus Neugierde 
das Ganze gleich zerschlagen und nach allen Richtungen ver- 
schleppt. 

Da ich aber die Grube selbst genau untersucht habe, und 
da der tertiare Sand an dieser Stelle gar keine diluviale Decke 


202 


hatte und bis an die Oberfläche in seiner Schichtung ungestört 
war, so kann über die Fundstatte, die auch von dem Guts- 
besitzer als „weisser Glimmersand* bezeichnet wird, kein 
Zweifel bleiben. 

In einem. lockeren Quarzsande kann man sich auch sehr 
wohl die eigenthümliche Art der Verkieselung vorstellen, und 
da zwischen der Ablagerung des miocänen Sandes und der 
Verarbeitung desselben in der Diluvialepoche eine relativ kurze 
Zeit verstrichen, ist es sehr wohl verständlich, dass der Ver- 
kieselungsprocess erst halb vollendet war, als das Holz seiner 
Lagerstätte entrissen wurde. Da das hier gefundene Stück 
der Oberfläche so nahe lag, so konnte auch hier die Verkie- 
selung nicht fortschreiten, und zweifelhaft daher bleibt es, ob 
man nicht in grösseren Tiefen des tertiären Sandes andere 
zum festen Holzstein_verkieselte Stücke treffen wird. 

Jedenfalls verräth das weit verbreitete Vorkommen des 
gleichartig versteinerten Holzes eine vormals weit grössere 
Ausdehnung der miocänen Braunkohlenformation, und man 
wird über die Herkunft des klaren Quarzsandes und der kleinen 
weissen Kiesel im Piluvium, die man immer auch im Nord- 
westen auf eine tertiare Bildung hat zurückführen müssen, 
sich künftig mit viel grösserer Sicherheit erklären können. 





3. Island’s Vulcanlinien. 
Von Herrn Ta. KıraurLr in Christiania. 


Aus dem Norwegischen von Herrn Anorr Guatr in Bonn. 
Hierzu Tafel IV. 


Es giebt von Island eine bewundernswerthe Karte in 4 
grossen Blättern von BJôrn Gunzauesson aus dem Jahre 
1844. Sie heisst: Carte d’Islande (Uppdrättr Islands), publiée 
par la Société littéraire d’Islande, exécutée sous la direction 
de Mr. O. N. Otsen, Copenbague, 1844. Die Karte wird 
durch zwei einander rechtwinklig schneidende Linien in vier 
Theile getheilt, welche man der Bequemlichkeit halber als 
Nordwest-, Nordost-, Sadwest- und Südost- Viertel bezeichnen 
möge. Ihr Schnittpunkt liegt am Nordende des Gletscher- 
gebirges Hofjökel, mitten im Lande. 

In der beifolgenden Kartenskizze sind die Gletacher- 
gebirge fur sich hervorgehoben. . Sie bilden hoch aufragende 
isolirte Gebirgspartieen, oft mit einer ungeheuren, maner- 
abnlichen Felswand am Fusse; oben sind sie mit den eigent- 
lichen Gletschern, Jökel, gekrönt. Ferner sind auf der Karte 
die Stellen mit schwarzen Punkten bezeichnet, wo vulcanische 
Ausbrache nachweisbar oder muthmasslich stattgefunden haben, 
indem man dort, von ihnen ausgehend, grosse und mächtige 
Lava-Ergusse, entweder in einem einzigen oder in vielen Stro- 
men, vorfindet. Ein Blick auf die Karte lehrt, dass die 
Gletschergebirge von vulcanischen Ausbruchstellen umgeben 
sind, wenn man das äusserste nordwestliche Island ausnimmt, 
von dem man überhaupt wenig weiss. Viele Gletscherberge 
eind selbst ganz unzweifelhafte Vulcane. 

Fur die weitere Orientirang sind zunächst nur zu er- 
wabnen die beiden langen Halbinseln, welche in dem Südwest- 
Viertel vortreten, nämlich die des Snefell im Norden und die 
des Reykjanness im Süden. Der grosse See bei der letzteren 
Halbinsel heisst Tbingvallavatn. Hier finden sich in der Fort- 
setzung der Begrenzungslinien des See’s die beiden meilen- 
langen Spalten oder Gjaa, die Allmannagjaa und die Hraf- 
nagjaa. Der grosse See im Nordost-Viertel heisst Myvatn. 


Leits. d. D. geel. Ges. XXVIII, 2. 14 | 


204 


Hier findet sich ebenfalls cine meilenlange, engere, und in 
einer anderen Richtung streichende Gjaa. 

Die Vertheilung der Gletscher ist folgende. Der Sne- 
fellsjokel liegt im Südwesten, der Hofsjökel mitten im Lande 
in zwei Vierteln, westlich davon der Balljökel mit den darum 
liegenden kleineren Gletschern, namlich im Norden der Eyriks- 
jokel mit seinem rechtwinkligen, ungeheuren Gebirgsfusse, im 
Westen das Gebirge Ok und der Skaldbreid-Vulcan und meh- 
rere andere. Sudlichst im Lande liegt in zwei Vierteln der 
Myrdalsjokel mit seinen Vulcanen und seiner wieder in einer 
anderen Richtung streichenden Gjaa bei Kotla. Endlich der 
grosse Vatnajokel im Sudost-Viertel. Die naturliche Beschaffen- 
heit des Landes lasst sich grösstentheils von GunLauesson’s 
Karte direct ablesen. Sie enthält nicht nur die grossen 
Gletschergebirge, sondern giebt auch wohl die allermeisten 
in die Augen fallenden Lavastrome oder Hraun an, mit den 
ihnen zugehörenden Kratern und Aschenfeldern, dann viele von 
den tiefen und laugen Erdspalten, endlich die kochenden 
Springquellen, welche Kieselsaure und Schwefel absetzen, 
namlich die Geysire und Solfataren. 

Diese letzteren Springquellen und natürlichen Werkstätten 
der Schwefelerzeugung sind Ausdruck der vulcanischen Nach- 
wirkangen und Prof. R. Bunsen hat ihren Mechanismus und 
die Gesetze, nach denen ihre Erzeugnisse entstehen, erforscht. 
SARTORIUS Vv. WALTERSHAUSEN bat mehrere sehr entscheidende 
Beweise gesammelt für den Satz, dass Island’s vulcanische 
Thätigkeit in der gegenwärtigen Periode sich auf einer be- 
stimmten Linie äussert, namlich in der Richtung, welche die 
Hekla-Linie angiebt. Die älteren und neueren vulcanischen 
Erzeugnisse auf Island wurden besonders genau von Prof. 
ZIRKEL untersucht. Endlich findet sich ein Versuch zu einer 
geologischen Karte des Landes von (. W. Pauxu in Band 7 
der Kongliga Svenska Vetenskabs Akademiens Handlingar. 

In einem Reiseberichte uber die Untersuchung eines Theiles 
von Island im Jahre 1850, der im Nyt Magasin for Natur- 
videnskaber Band 7 gedruckt ist, hat der Verfasser gelegentlich 
einige von den verschiedenen Spaltenlinien aufgezählt, 
welche in so auffallender Weise gleichzeitig ein Grundelement 
far den inneren Bau der Insel, und fur ihre vulcanische Thatig- 
keit, sowie fur ihre äusseren Gebirgsformen sind, die in hoch- 
ragenden Hohenzugen, mit tief einachneideuden Fjorden und 
hervorspringenden Halbinseln, endlich in der ganzen Kasten- 
gestaltuug, ihreu Ausdruck finden. Diese Linien, die in den 
vier beifolgenden Figuren dargestellt sind, sollen nun hier 
zunächst aufgezählt werden, namlich 








205 


1. Die den Vulcanen eigenen, neuen Spalten, welche in 
Folge eines Ausbruches unmittelbar entstehen, Fig. 1. 

2. Die älteren, grossen, offenen Spalten in Lavastromen 
und Aschenfeldern, wie sie auf GunzLaussson’s Karte ersicht- 
lich sind, Fig. 2. 

3. Die Spalten der springenden und heissen Quellen, 
namlich der Geysire und Solfataren, Fig. 3. Die Richtung 
dieser Spalten, welche sehr tief niedersetzen müssen, weil die 
in ihnen stattfindende Thatigkeit Erzeugnisse aus sehr grosser 
Tiefe mit sich führt, wird deutlich in die Augen springend, 
wenn man sich mehrere Quellenpunkte durch Linien verbunden 
denkt. Nicht selten liegen sie dann in demselben Streichen 
hintereinander, bald nur auf einer, bald auf mehreren paral- 
lelen Linien, uber deren Existenz dann kein Zweifel sein kann. 

4. Die tiefeu Spalten, welche, tief in den inneren Bau 
eingreifend, mit fruher einmal geschmolzener und in ihnen 
emporgepresster Gesteinsmasse erfüllt sind, nämlich die Gänge, 
Fig. 4. Auch sie sind dem Reisenden oft sehr auffallend, weil 
sie an vielen Orten frei hervorstehen, wie dünne Mauern. 
Man erkennt sie in allen richtigen Zeichnungen von grossen 
Gebirgsmauern in den betreffenden Gegenden Island’s wieder. 

5. Die Vulcanreihen, die auf der Karte ersichtlich sind. 

6. Die Zeitfolge der Ausbrache, die sich in einer Ta- 
belle, wie die nachfolgende, anschaulich machen lässt. 


Soweit wir über alle Theile Islands Beobachtungen be- 
sitzen, die theils von verschiedenen grösseren Expeditionen, 
theils von einzelnen Untersuchungen, worunter auch obiger 
Reisebericht, herrabren, können alle diese Spaltenlinien über- 
sichtlich in einigen wenigen verschiedenartigen Gruppen zu- 
sammengefasst werden. Die letzten vulcanischen Ausbrüche, 
von denen inzwischen Nachricht nach Norwegen gelangt ist, 
nachdem lange vorher schon der feine Bimsteinstaub am 29. und 
30. März 1875 Kunde davon gebracht hatte, von Soendmoer 
uber Romsdal und Trysil bis nach Stockholm, zeigen, dass 
die vulcanische Thatigkeit sich nicht iu einer einzigen, son- 
dern nach mehreren Richtungen hin aussert, welche ganz die- 
selben sind, wie jene von der Natur aufgewiesenen, verschie- 
densrtigen Spalten. 

1. Die Ausbruchsspalten der Vulcane. Man er- 
kennt hier zwei Richtungen, eine von Norden nach Süden, 
die andere von Südwesten nach Nordosten. Die erstere findet 
sich bei Ausbrüchen des Leirbnukr im Jahre 1725, dann der 
Krafa und zuletzt bei dem auf dem Oesterfjell, wobei auf der 
einen Seite der Spalte, längs derselben, eine Senkung erfolgte. 
Die andere Richtung, Nord 60° Ost, sab man bei den Aus- 


14° 


206 


Verschiedene Linien. 








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1720 
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1727 

53 




















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208 


brachen der Hekla in den Jahren 1300 nud 1845; ebenso 
zeigt die ganze Umgebung der Hekla, welche mit einem 
Centralrucken zwischen mehreren gleichlaufenden Seitenracken 
aufsteigt, dieselbe Richtung. 

2. Die offenen Spalten oder Gjaa auf GusLaucs- 
son’s Karte. Hier sieht man drei Richtungen; eine von Nor- 
den nach Süden, eine von Nordosten nach Südwesten, endlich 
die dritte von Nordnordwesten nach Sudsudoeten. Nach der 
ersten Richtung läuft auf GuntLauasson’s Karte die über eine 
dänische Meile lange Spalte ös:lich von Myvatn; der zweiten 
Richtung, nämlich N. 40° O., gehören die beiden gleichfalls 
meilenlangen Spaltenthäler bei dem Thingvalla Vatn, die 
Almannagjaa und die Hrafnagjaa, an, und das zwischen ihnen 
liegende Terrain, welches wenigstens noch das Nordende des 
Thingvalla-See’s einschliesst, zeigt sich eingesunken. Ebenso 
verlaufen, mit einigen Unterbrechungen uber 4 Meilen weit, 
die tiefen Spalten schrag uber die Halbinsel Reykjaness. Die 
dritte Richtnng N. 18° W. zeigt sich bei der Koetlagjaa im Sa- 
den und am Axarfjord bei Skinnastadir und Gardar im Norden. 

3. Bei den Spalten der Geysire und Solfataren. 
der noch thatigen valcanischen Nachwirkungen, sieht mau 
drei Hauptrichtangen. Die Quellen bei Reykholt, darunter 
Skribla, die bei Laugarvatn und bei Uxahver, nördlich von 
Myvatn, liegen auf N-S streichenden Spalten; die Solfataren 
bei Krisawik auf Nordost-Spalten, endlich die Quellen bei dem 
grossen Geysir auf solchen in der Richtung N. 57° W. 

4. Die Gänge bilden gleichfalls tiefgehende Spalten- 
linien, indem man sie, je nach ihrem relativen Alter, grosse 
Gebirgswände, bald hoch hinauf, bald tiefer, aber gelegentlich 
auf mehrere Tausend Fuss durchsetzen sieht. Diese 
Richtungen sind zahlreich und verwickelter. In dem erwähnten 
Reiseberichte sind sie, wie folgt, geordnet (Fig. 4): ein Gang- 
System T hat nördliche Richtung, nämlich im Tindastol bei 
Hrutafjoerdr, im Vatnadalsfjell, bei Baula, Hals und Esja; ei 
zweites System S sieht man bei Saurbaer, Hestr, Nordraardalr, 
Kalmannstunga, Hrutafjardarbals , Grimstungur und Tindastol. 
Ein drittes B findet sich bei Baula, Saurbaer, Videy und 
Hruni, Hierzu kommt noch nach Paijkull ein viertes System 
B, NNO, am Berufjord und anderen Orten. 

Dieses sind vier Hauptrichtungen, wie sie wohl jeder 
Beobachter, der mit Gängen vertraut ist, zusammenfassen wird. 

Die Gangspalten sind sehr alt, denn sie greifen tief selbst 
in den ältesten Gebirgsbau von muthmaasslich anterseeischer, 
valcanischer Entstehung ein und die geschmolzenen und auf 
den Gängen emporgepressten Massen findet man an vielen 
Orten, Schicht auf Schicht, in den Wänden der grossen Ge 





209 


birgskolosse wieder. Die Zahl der Gangrichtungen ist, wie 
gesagt, vier; es fehlt daber eine derselben unter den Spalten- 
richtungen der noch fortspielenden vulcanischen Nachwirkungen 
und der alten einmal aufgesprungenen Gjaa, denn bei ibnen 
sind es nur drei; und eine dieser letzteren fehlt wiederum bei 
den neugebildeten Spalten der jüngeren Vulcane, wo es nur 
zwei sind. Aber diese beiden Richtungen müssen sich 
jedenfalla durch die geographische Verbreitung der Vulcane 
und die Tabelle uber die Ausbruchszeiten nachweisen lassen. 

Um dieses einleuchtend zu machen, ist es nothwendig, die 
Lage der einzelnen Ausbruchstellen zu überschauen, welche 
auf der Karte mit Punkten und zum Theil mit den Anfangs- 
buchstaben bezeichnet sind. 

Der Snefellsjokel hat nach Rospgrt, welcher diesen Vulcan 
während der französischen Expedition 1835 bestieg, auf dem 
Gipfel einen Krater, dessen Erguss sich nach NW gerichtet 
zu haben scheint. Lavafelder finden sich an seinem westlichen 
Fosse im Ennisfjell. Ausserdem zeigt die Halbinsel alte 
Krater, aus denen Lava bervorgebrochen ist. Nämlich im 
Norden Hraunsfjardarvatn (Lavafjords-See), südlich zunächst 
dem Fusse des Snefell, Budaklettur, weiter östlich Rauda- 
klettur, dann ein Eruptionskrater in Haskaskard, endlich der 
Krater Eldborg (Feuerberg) an der Südküste der Halbinsel 
und ihrer Wurzel, von welchem sich um das Jahr 880 das 
Lavafeld Borgarhraun ergose. Ausserdem sind zu bemerken 
etwas weiter östlich der Krater Holmr in Hitardalr und noch 
mehr östlich im Binnenlande die beiden kleinen Kraterkegel 
Brok oder Graabrok im Nordraaensdal, südlich von der be- 
rabmten Trachytpyramide Baula and in der Nahe der ebenso 
beruhmten Fundstätte von Pflanzenresten zwischen den Braun- 
koblenlagern am Hredavatn. Fugt man noch bierzu die Nach- 
richten von einem Ausbruche in der See im Jahre 1219, an 
der Nordwestseite des Snefellsjokel, so sind dieses die deat- 
lichen Anzeichen vulcanischer Thatigkeit in diesem Theile 
Island's. Die Ausbruchstellen liegen bei 8. E. B. auf der Karte. 
Sie deuten eine Linie in der Richtung von Westen nach Osten 
an, welche derjenigen der grossen Halbinsel mit dem Snefells- 
jokel und der mit dem Reykjaness entspricht, welche beide 
die grosse Bucht begrenzen, die seit der Zeit der Entdecker 
Faxafjardr heist, als Floke mit Faxe, etwas vor 870, hier 
hineinsegelte und das Wort gesprochen wurde: Dieses muss 
ein grosses Land sein, weil die Flussmundungen so gross sind. 

Aussen vor dem Reykjaness, in sudwestlicher Richtung, 
haben im Meere viele Ausbrüche eines unterseeischen Vulcans 
stattgefunden. Zirkez führt in seiner Liste uber die Ausbrüche 
islandischer Vulcane, die meines Wissens die vollstandigste ist, 





210 


11 an, von denen der erste 1210, der letzte grossere Aus- 
bruch 1783 geschah. Bei diesem letzten wurde die Insel Nyoe 
gebildet und in Besitz genommen, aber sie verschwand bald 
wieder, Auch im Jabre 1834 wurde hier ein Ausbrach 
gespürt. | 

Wenn man von Reykjaness nach Osten geht, so folgen 
auf der Halbinsel und in das Binnenland fortsetzend die nach- 
stehenden Namen, welche wabrscheinlich Eruptionsstellen und 
auf GunLavesson’s Karte als Kegel, mit Lava von ihnen aus- 
gehend oder wenigstens in der Nähe, bezeichnet sind. Nämlich: 
Troelladyngja, welchen Namen auch ein grosser Vulcan im 
Norden des Vatnajokel führt, dann Kistafell, Hvalhnukr, Skaa- 
lafell, Thurar-hraun bei Oelfus am Sudwestende des Thing- 
valla-See’s, wo im Jahre 1000 der Ausbruch erfolgte, an dem- 
selben Tage, als Orar Trrevason’s Boten auf dem Gesetzes- 
berge bei Thingvellir predigten, um die Heiden zu bekehren 
und der Ausbruch bei Oelfus diesen ein Zeichen war, dass die 
alten Götter böse seien. Dann folgen Reihen von Kegeln mit 
Lavaströmen bei Storaborg, sudöstlich von diesem See, sowie 
bei Raudakambar, nördlich der Hekla, weiter östlich im Binnen- 
lande. Auch in dem See selbst liegt, nach RoBerr, am Sud- 
ende ein Eruptions - Krater und von bier aus führt eine Linie 
in nordöstlicher Richtung, bei den. Kegeln von Tindaskogi 
vorbei, nach dem alten Vulcane Skjaldbreid, der von alten 
Lavaströmen umgeben ist, und endlich zum Balljökel, aus dessen 
nach Nordwesten gekehrtem senkrechtem Gebirgefasse der un- 
geheure Lavastrom ausgebrochen ist, der 6!/, dänische Meilen 
lang und an der breitesten Stelle eine Meile breit ist; er um- 
fliesst den prächtigen, mit isolirten Gletschern gekrönten Ge- 
birgsstock des Eyriksjokel. Derselbe Lavastrom zeigt den 
so viel besprochenen Surtshellir, einen ungeheuren unter- 
irdischen Canal oder Höhle, entstanden durch Fortfliessen der 
Lavamasse unter der schon erstarrten Decke. Weiter nach 
Nordosten finden sich Lavamassen am Nordfusse des Hofsjokel. 
Einen Ausbruch am Balljokel oder Hofsjokel kennt man noch 
aus dem Jahre 1716. Man könnte in diesen Linien eine 
Snefelle - Linie, eine Reykjanes - Linie und eine Skjaldbreid- 
Linie suchen, doch dürfte es schwer fallen, dieselben in Wirk- 
lichkeit nachzuweisen, da fust alle diese Ausbrüche in der 
vorbistorischen Zeit der Insel geschaben. 

Ganz im Süden von Island liegt der grosse Myrdalsjokel 
mit den Vulcanen Eyafjallajokel, Myrdals- oder Solbeimar- 
jokel, dann Koetlagjaa und in derselbeu Richtung Godadals- 
jokel. Von diesen mit Gletschern bedeckten Gebirgen kenat 
man viele Ausbrache; von Koetla oder Koetlagjaa alleiu 13, 
worunter mehrere grosse, wie im Jahre 1825, in welchem die 





211 


Asche bis nach Bergen geführt wurde, und 1755, wo aie sich 
bis nach den Faeroeern ausbreitete. Der letzte Ausbruch der 
Koetlagjaa geschah 1860 und der erste wird von 894 ange- 
fabrt, so dass dieser Vulcan ab und zu in der ganzen histo- 
rischen Zeit ia Thätigkeit war, die sich über einen Zeitraum 
von 1000 Jahren erstreckt. 

Auch die ungeheure Masse des Vatnajokel im Südost- 
Viertel der Insel birgt Vulcane, wie noch die letzten Jahre 
gezeigt haben. Hier kennt man an der Sudwestseite den 
Skaptarjokel mit einem und den Sidukjökel mit zwei Aus- 
bruchen. Einer der gewaltigsten und schrecklichsten Ausbrüche 
in der Geschichte der Vulcane überhaupt war der des Skaptar- 
jokel in 1783. Derselbe sandte die Lava in zwei Armen aus, 
von denen einer 9— 10 dänische Meilen, der andere 4!/, Meilen 
lang ist. Die Asche reichfe nicht nur bis zu den Faeroeern, 
sondern der sogen. trockene Nebel, den man damals zuerst in 
Dänemark, später uber einem "Theile des übrigen Europa be- 
merkte, war, nach der Meinung von CHARLES Martins, der- 
selbe Staubregen. 

Die Koetla, welche nächst der Hekla unter den islän- 
dischen Vulcanen die gleichmässigsten Ausbrüche zeigt, liegt 
am Sudpunkte Island’s da, wo sich die Küstenlinie in einem 
Winkel bricht. Eine Linie von Koetla nacb Skaptar fällt in 
dasselbe Streichen wie die Heklalinie, und eine solche über 
die Nachbarvalcane Eyafjalla u. s. w. zeigt auf Reykjaness hin. 
Die eigentliche Spalte oder Gjaa der Koetla (ihr Ausbruchs- 
schlund) streicht nach GunLaugsson’s Karte in Nordnordwest. 
Diese Richtung weist auf den Hofsjokel, den -Balljökel und 
den Vorsprung der Halbinsel am Skagafjorde, in derselben 
Weise wie die Myvatnlinien von Oerafa im Süden nach der 
Halbinsel Melrakka im Norden und die Heklalinie auf Lange- 
Nes und die Einschnitte der Nordostkuste binweisen. Es 
scheint daher die Annahme nicht sehr kuhn, gestützt ebenso- 
wobl auf die geographische Lage als auch auf die eigentham- 
liche Rolle, welche die Koetla in der Reihe der Ausbruchs- 
zeiten spielt, dass mehrere tiefe Hauptspalten sich bier an 
diesem sadlichsten Punkte vereinigen. 

Wir kommen nun zur Heklalinie. Die Hekla im Sud- 
westviertel der Insel ist von allen Vulcanen Island’s am be- 
rubmtesten. Sie ist ein besonders ausgeprägter Spalten- 
vulcan, indem ihr Gebirge selbst die Form eines Rückens 
hat, der zwischen vielen, auf jeder Seite gleichlaufenden 
Rücken boch aufragt und indem ihre Krater oder Ausbruchs- 
stellen sich auf einer von Südwesten nach Nordosten laufenden 
und wahrend der Ausbrüche geöffneten Spalte befinden, parallel 
zur Hauptrichtung des Gebirgsrackens. Nach den Ausbruchen 


212 


schliesst sich die Spalte nach und nach mit den Kratern, so 
dass vor dem Ausbruche von 1845, bie zu dem die Hekla 
lange gerubt batte, von J. STEENSTRUP im Jabre 1839 kein 
Krater gesehen wurde, während Scuyrae im Jahre 1845 die 
Spalte offen und langs derselben 5 Krater nebeneinander vor- 
fand. Ueber die Zahl ihrer Ausbrüche scheint man nicht ganz 
einig zu sein. SCHYTHE fübrt nur 18 an, ZIRKEL dagegen 26. 
Es ist wohl möglich, dass der Hekla einige Ausbrüche zuge- 
rechnet werden, die ihr nicht mit Recht zukommen und darfte 
das namentlich von dem im Jahre 1004 gelten, der von Eini- 
gen ale der erste angeführt wird. 

Die Höhe der Hekla wird auf GunLaussson’s Karte, vor 
dem Ausbruche von 1845, zu 4961 Fuss angegeben, ich selbst 
habe sie 1860 zu 4532 Fuss gemessen. Da man vom Vesuv 
auf das unzweideutigste erfahren bat, dass die Hohe der Val- 
cane mit ihren Ausbrüchen veranderlich ist, so ist der obige 
gewiss ziemlich bedeutende Unterschied doch nicht unwahr- 
scheinlich. Der Ausbrucb, welcher in den Schriften der 
Islander als der erste anerkannt ist, geschah 1104 in dem 
grossen Sandregenwinter, der zweite fiel 1158 zusammen 
mit der grossen Dunkelheit. Diese Namen beziehen sich 
auf den Aschenfall. Zu den gewaltsamsten Ausbrüchen wer- 
den gerechnet der von 1300, bei welcbem sich der Berg auf 
einer Seite der Länge nach spaltete, dann 1693, wo die Asche 
bis nach den Faeroeern und der Westküste von Norwegen ge- 
tragen wurde, und endlich 1766, als der Fluss Rangaa von 
Bimstein verstopft wurde und die Aschensaule zu einer Hohe 
von 16000 Fuss über dem Krater aufstieg. Bei dem Aus- 
bruche 1845 brach die Spalte wieder auf und es bildeten sich 
auf ihr 5 neue Krater. Die beiden Kegel Haagaanga in dem 
Lavafelde desselben Namens liegen auf der verlängerten Linie 
der Heklakette und sind ohne Zweifel Eruptionskegel. Dem- 
nächst findet eich auf derselben Linie Troelladyngja, ungefähr 
mitten im Lande, von dem in den Listen 6 Ausbrüche auf- 
geführt werden. Ferner kennt man von Herdubreid noch weiter 
nach Nordosten wenigstens 2 Ausbruche. Diese vulcanischen 
Ausbruchsstellen liegen alle auf derselben, von Südwest nach 
Nordost verlaufenden Linie, der Heklalinie. 

Zwischen Troelladyngja und Herdubreid im Saden und 
dem Myvatn im Norden befindet sich das grösste Lavafeld 
Island’s, Odaadabraun (Verbrechenfeld), fast einen Breitegrad 
lang und einen halben breit. Es erstreckt sich südlich bis an 
den Fass von Island’s grösstem Gletschergebirge, dem Vatna- 
jokel, in dem Sudostviertel und nimmt fast die halbe Grosse 
desselben auf der Karte ein. Ueber die Ausbruche in dieser 
oden Gegend, wo sich nicht einmal Gras fur das Vieh findet, 





213 


hat man keine so genaue Rechenschaft ablegen können. Eiu 
grosser Theil der Lava rührt gewiss vom Troelladyngja ber. 

Auf mehreren Parallellinien in nordsüdlicher Richtung 
liegen die folgenden Ausbruchspunkte. Kratia, Leirhnukr und 
mebrere andere Ausbruchsstellen sieht man auf der Karte 
östlich des grossen See’s Myvatn, der bei Sommerreisenden 
durch seine grosse Menge Mücken, nach denen er benannt ist, 
in unangenehmer Erinnerung steht. Hier kennt man von Hita- 
holl, Bjarnaslag, Horsadalur, Reykjalidarsaettur, Hverfjall und 
noch von wenigstens 7 anderen benannten Punkten viele Aus- 
brache aus der Periode zwischen 1724 und 1730, dann zwi- 
schen 1748 und 1752 und endlich jetzt an einer neuen Stelle 
in den Oesterfjellen, gleichfalls im Osten des See’s, von Fe- 
broar bis März 1875 und vom 4. April 1875. Bei der Krafla, 
welche seit 1730 gerubt hat, war der Schlund Viti (Helviti) 
als Solfatara oder natürliche Schwefelbereitungs-Werkstatt nuch 
1814 in Thatigkeit, 1846 schien er am Erlöschen zu sein, 
doch gab er 1860 wieder Zeichen erneuter Thatigkeit von sich, 
als Preyer und Zirkel die Stelle besuchten. Bei der Krafla 
befindet sich auch der berühmte Obsidianberg, ein alter Strom 
einer vollkommen glasigen, schwarzen Lavamasse von Obsi- 
dian, welchen der Romer Ossipios zuerst aus Afrika mit- 
brachte und welchen die Islander Hrafntinna, Rabenstein, 
nennen. Weiter südlich befindet sich Kitteln und Dyngjufjeld, 
von dessen "Westseite ein Ausbruch im Winter 1874— 75 be- 
richtet wird. Ferner liegt wohl noch südlicher auf diesen 
Parallellinien der Aschenspeier vom 29. März 1875, dessen 
Ausbruch vom Hofe Moedradalr aus, östlich vom Dyngjufjeld, 
beobachtet wurde. Noch etwas weiter südlich, am Nordfusse 
des ungeheuren Vatnajökel, liegt zwischen dem Gletschereise 
und dem Odaadaahraun die Stelle fur die Ausbrüche, die 1864 
und dann wieder im Winter 1872—73 wahrgenommen wurden. 
Demnächst befindet sich auf dem Vatnejôkel selbst, Island’s 
höchstem Gletschergebirge, die 6000 Fuss hohe Oerefa, von 
der 5 Ausbrüche bekannt sind. Westlich davon ist der Skei- 
darsarjôkel mit 2 Eruptionen und östlich von Oerefa der Brei- 
damerkurmuli mit einem Ausbruch. Alle diese parallelen 
Linien kann man unter dem Namen der Myvatn - Linien zu- 
sammenfassen. 

Die Nachrichten uber die neuen Ausbrache, 1874 — 75, 
sprecben dentlich für das wirkliche Vorbandensein dieser 
Linien. In den Oesterfjelden waren am 10. März 1875 14 
bis 16 neue Krater auf einar nach Süden laufenden Linie 
entstanden, und am 29. März brach eine wahrscheinlich neue 
Volcanmundung auf, welche die ungebeure Menge verderblicher 
Asche ausspie. 








214 


Alle die neuen grossen Ausbruche, sei es von wirklich 
neuen oder längst verstopften Ausbruchstellen, zeichnen sich 
durch die grosse Menge Auswurfsmasse aus. Diese Stelle 
scheint da zu liegen, wo die Heklalinie und die Myvatn- 
Linien sich schneiden. Auch vom 4. April 1875 wird aber- 
mals von einem Ausbruch in den Oesterfjelden berichtet, bei 
der sich 3 Krater in einer Linie von Norden nach Süden bil- 
deten, und 300 bis 400 Fuss westlich davon war eine Spalte 
in gleicher Richtung aufgebrochen und auf der Ostseite der- 
selben war der Boden um drei Mannshöhen gesunken. 


In der vorstehenden Uebersichts - Tabelle über die Aus- 
bruchzeiten, sind diese so geordnet, dass sich dem Auge ein 
‚Zusammenhang zwischen den periodischen Ausbrüchen und 
ihren Linien darstellt. Es wurden zu dieser Zusammenstellung 
benutzt die Liste von Scuyrue uber die Ausbrüche der Hekla, 
dann ZIRKeL’s Uebersicht über alle Ausbrüche isländischer 
Vulcane, endlich die Zusammenstellung von Ropert. Hätte 
man genaue Aufzeichnungen uber alle Ausbrüche der Vulcane 
Island’s seit Entdeckung des Landes, so würde man möglicher- 
weise eine gewisse periodische Thatigkeit, die, zwar ab- und 
wieder zunehmend, doch im Ganzen sich verschob, auf 
den oben theils nur angedeuteten, theils bestimmter nachge- 
wiesenen Linien, auffinden können. Doch liegen mehrere von 
diesen Vulcanen in so wüsten Gegenden, dass eine genaue 
Aufzeichnung ihrer Ausbrüche nicht erwartet werden kann; 
daza kommt noch die sehr sparsame Bevölkerung in der 
ältesten Zeit. Konnte man aber annehmen, dass die Nach- 
richten über die Ausbruchstellen einigermaassen richtig und 
vollständig vorliegen, so kann das Factum der Aufmerksam- 
keit nicht entgehen, dass die ältesten Ausbrüche auf dem 
Westlande, die jüngsten dagegen auf dem Ostlande stattfanden. 
Und da einige bestimmte Linien auf sehr handgreifliche Weise 
auf dasselbe hinweisen, so könnte man schliessen, dass die 
vulcanische Hauptthatigkeit auf ihrer Wanderung sich in ihren 
Aeusserungen auf den nächst vorhandenen aufgebrochenen 
Linien zeigen muss, welche so deutlich die ganze Insel durch- 
setzen. 

Aus der Zeitfolge der Ausbrüche ist namlich auch er- 
sichtlich, dass sich eine Heklalinie, von der Hekla nach Herdu- 
breid, von Sudwest nach Nordost, und mehrere parallele 
Myvatolinien, vom Myvatn mit Leirhnokr und Krafla bis zur 
Oerefa, aufweisen lassen. Die Ausbruche vom Myrdalajökel 





215 


und Koetlagjaa, welche selten. mit denen der Hekla zusammen- 
fallen, scheinen dagegen wirklich auf andere Verbindungslinien 
hinzudeuten, nämlich theils von Ost nach West nach Reyk- 
janess, theils von Sudsudost nach Nordnordwest auf den Ball- 
jokel, fast genau in derselben Richtung wie die Koetla- 
spalte selbst. 

Sobald die Heklalinie am stärksten arbeitet, ruhen in der 
Regel die anderen Linien und umgekehrt, wenn eine der an- 
deren Linien stark thätig ist, raht die Heklalivie. 

Die Ausbrüche der letzten 10 Jahre weisen nicht weniger 
deutlich, als der Ueberblick aber das, was die verschiedenen 
Spaltenlinien in Island aussagen, darauf hin, dass der heutige 
Vulcanismus auf gewissen Linien am deutlichsten in zwei 
Richtungen thatig ist. 

Nämlich erstens in einer Richtung von Südwest nach 
Nordost, in der Hekla, Troelladyngja und Herdubreid liegen. 
Auch ist sie auf der Karte von Island ausgedrückt, denn die 
Hauptrichtungen der Küsten, Gebirge und Fjorde laufen ihr 
parallel, im &ussersten Nordosten Langarness, mitten im Laude 
die Einsenkung zwischen Hofsjokel und Vatnajokel, der ganze 
Lauf der Südküste, der schnurgerade Lauf der Thjorsaa, die 
grossen berühmten Spalten bei Thingvalla u. 8. w. 

Zweitens in einer Richtung von Nord nach Sud. In ihr 
liegen Krafla, Leirhnukr, Oesterfjelde, Dyngjufjeld, der Aschen- 
speier vom 29. März, die Stelle nördlich des Vatnajökel, die 
Oerefa. Dieselbe Linie wird ausgedrückt durch den Vorsprung 
der Halbinsel Melrakka im Norden, die nordsudliche Erhebung 
des Oerefajokel im Suden, die Richtung des Dyngjufjeld, den 
schnurgeraden Lauf des Flusses Skalfanda, die Myvatnspalten 
u. 8. W. 

Die Tabelle in ihrer jetzigen Gestalt erzählt uns Folgendes: 

In den ältesten Zeiten, ungefähr bis zum Jahre 1000, 
waren die westlichen Linien und die Koetla in Thatigkeit; 
demnächst erfolgte 1104 der grosse Aschenausbruch der Hekla, 
und von nun an, bis ungefabr zum Jahre 1204, blieb die 
Heklalinie thatig. Darauf erfolgt abermals eine active Periode 
der westlichen Linien, welche mit den Ausbruchen der Hekla 
und Koetla endet, von denen die der Hekla 1294 und 1300 
besonders bedeutend waren, während 1340 die ganze Hekla- 
linie sich in Thatigkeit befindet und namentlich in den Zwischen- 
pausen auch andere Linien sich regen. Wahrend Hekla nach 
1590 rabt, stellt sich wiederum Thatigkeit auf den westlichen 
Linien, mit der Koetla anfangend, ein und von 1436 bis 1554 
wird nach dieser Ruhe die ganze Heklalinie abermals thätig. 
Noch einmal kommen die westlichen Linien in Bewegung, 
1580 bis 1587, wobei Koetla wieder anfängt, bis die Hekla 


216 


abermals in eine fast 100jährige thatige Periode, von 1597 
bis 1693, tritt, dabei in ihrer Thatigkeit aber mit Koetla und 
Eyafjalla abwechselt. Wahrend nun Hekla sich in Rahe be- 
findet, zeigt sich vulcanische Thätigkeit zuerst wieder in 
den westlichen Linien und Koetla, dann erfolgen die ersten 
grossen Ausbrüche von Krafla, Leirbnukr u. s. w. auf den 
Myvatnlinien, von 1716 bis 1753, bis zu der Oerefa, wobei die 
Koetla wieder mit am längsten aushalt. Darauf kommt der 
grosse Ausbruch der Hekla von 1766, während alle übrigen 
Linien verstummen, erst 1783 treten die westlichen Linien 
zugleich mit dem grossen Ausbruche des Skaptarjökel, im Jahre 
1783, wieder in Thatigkeit. Endlich erfolgt 1845 wieder ein 
Ausbruch der Hekla, dem die Koetla abermals nachfolgt und 
dann kommt eine zunehmende Reihe von Ausbrüchen fast aber 
die ganzen Myvatnlinien. 

Es zeigt sich demnach eine periodisch abwechselnde Tha- 
tigkeit der verschiedenen Linien; dabei springt die Ausbruchs- 
thatigkeit während der ganzen Zeit oft von der Koetla auf die 
Hekla und von dieser, durch die Koetla zurück, auf die an- 
deren Vulcanlinien über. 


a 


= + 


217 


4 Zur Frage über das Alter der in den Umgebungen 
von Omsk vorkommenden Schichten. 


Von Herrn F. von Czerskı in Irkutsk. 
Hierzu Tafel V. 


‚In No. 2 des dritten Bandes der Nachrichten der sibi- 
rischen Abtheilung der kaiserl. russischen geographischen Ge- 
sellschaft ist mein „Ueberblick des geognostischen Baues der 
Umgebungen der Stadt Omsk“ veröffentlicht worden (pag. 110 
bis 118). 

Die Lagerangsverhaltnisse der in dieser Gegend vorkom- 
menden Schichten haben mich zu der Ueberzeugung gebracht, 
dass in diesen Ablagerungen zwei Schichtengruppen zu 
unterscheiden sind, deren die obere (die von Sachlaminsk) 
sich auf den stark ausgeschwemmten Schichten der unteren 
Gruppe (der von Novaja Staniza) abgelagert und die in den 
borizontalen Schichten dieser älteren Ablagerung gebildeten, 
bis 10 Klafter tiefen Thaler ausgefüllt hat. Eine solche Tren- 
nung wird durch die von mir beschriebenen Verbältnisse der 
beiden Schichtengruppen unstreitbar bewiesen, z.B. am Filusse 
Om (pag. 114 — 116), wo die Untersuchung derselben durch 
den verschiedenen petrograpbischen Charakter der vorliegenden 
Schichten beider Gruppen noch erleichtert wird, und derselbe 
sie sogar von weitem leicht zu unterscheiden erlaubt, da der 
dankelbraune, zuweilen sogar schwarzbraune, sehr plastische 
und sich gut polirende Lehm, sowie auch der graue, weiss- 
liche und zuweilen reinweisse, sehr feinkörnige, nicht selten 
abfarbende sandreiche Thon (sogar thoniger Sand) der un- 
teren Schichtengruppe, von dem verhaltnissmassig grobkornigen, 
gelben, in Ziegeltbon übergehenden Loss und vom gelben 
Sande der oberen Gruppe stark abstechen. In dem oben er- 
wähnten Artikel habe ich auch nachgewiesen, dass die meisten, 
dem Sande der oberen Schichtengruppe untergeordneten Ge- 
rolle, aus eigenthumlichen, der unteren Schichtengruppe aus- 
schliesslich eigenen Kalkconcretionen entstanden sind, in- 
dem diese ältere Ablagerung, noch bevor ihre Schichten vom 
Wasser gestört wurden, sich mit einer solehen Menge der- 


218 


gleichen Bildungen uberfallt hatte, dass sie jetzt das einzige 
locale Material zum Kalkbrennen darbieten. 

In diesen Ablagerungen habe ich mehrere Muscheln vor- 
gefunden, worunter in der oberen Schichtengruppe die Li- 
mnaeus, Planorbis, Succinea und Pupa mir bekannt waren; auch 
habe ich die von PıLLas in seiner Reisebeschreibung abge- 
bildete Muschel und die von mir in derselben Schichtengruppe 
gefundenen Knochen verschiedener Säugethiere, als Myospalar 
Laxmanni*), Elephas primigenius, Equus caballus, Bos priscus, 
nachgewiesen. Was aber die untere Schichtengruppe betrifft, so 
habe ich in ihrer Muster- Entblössung an der Nowaja Staniza, 
etwa 5 Klafter über dem Irtysch, eine ausgedehnte Zwischen- 
schicht vorgefunden, die, bis 12 und noch mehr Zoll dick, 
bloss aus Muscheln bestand, welche mit dem obenliegenden 
plastischen Lehm und einer Vermischung desselben mit Muschel- 
bruch zusammengekittet waren. Darunter habe ich keine der 
obengenannten Arten (der einzigen, die zu der Zeit mir be- 
kannt waren) gefunden; ebenso habe ich die von PauLLas be- 
schriebene Muschel nicht angetroffen, weshalb ich mich 
auf die Erklärung beschränkt habe, „in der Zahl habe ich 
vier Gattungen unterschieden, die alle, nur eine ausgenom- 
men**), auch in den Sachlamin’schen Schichten vorgekommen 
waren“ (pag. 114). Hinsichtlich der mir unbekannten Mu- 
scheln, der Autorität von PaLLas**) folgend, hielt ich sie 
für marin. 

Die meisten der von mir gesammelten Muscheln (alle, 
die in der letzten Zeit mir geblieben waren) schickte ich nach 
Petersburg an die Akademie der Wissenschaften; von dort wur- 
den sie nach Berlin dem bekannten Conchyliologen Herrn E. von 
MARTENS übersandt, dessen die Bestimmung der Species dieser 
Ueberreste betreffende Arbeitf) ich schon in Händen habe. 


*) Siehe das Bull. de In Soc. Imp. de Nat. de Moscon 1873 
No. 2 pag. 430. 

**) Ich meinte damit den Unio bituberculosus Mant., dessen 
Fundort „bei Omsk“ Herrn v. Martens unrichtig mitgetheilt wurde; was 
aber die gefundenen Abbrüche von Unio pronus Manr. betrifft, 80 
babe ich vermuthet, es seien alte Individuen des im Sande bei Omsk 
gefundenen unbeschriebenen Unio spec.? (siehe weiter) und deshalb hielt 
ich sie für einmal schon gefanden in den Sachlamin’schen Schichten, na- 
türlich ohne ganz sicher sein zu können eines Factums, zu dessen kri- 
tischer Beurtheilung ich weiter keine Hilfsmittel haben konnte, und 
dies desto mehr, da die Stadt Omsk, und kein gelehrtes Europa, meine 
Universität war. 

*#**) Russische Ueb.-Reise, Th. II. Bd. 2. pag. 119: „unstreitbar 
ein Seeproduct.“ 

+) Ein Abdruck aus der Zeitschr. d. deutsch. geolog. Gesellscb. 
Jahrg. 1874 pag. 741. 





219 


Die mir nun bekannten Benennungen der Muscheln benutzend, 
halte ich fur nothwendig, den früheren Mangel an Angaben 
von der Vertheilung derselben in den Schichtengruppen zu 
beseitigen, da eben diese mangelnden Angaben, wenn auch 
nur theilweise, ein das Alter der von mir beschriebenen Ab- 
lagerungen betreffendes Missverstandniss verursacht haben. 

Ich fange mit der unteren Schichtengruppe an: 


1. Paludina tenuisculpta Mart. 1. c. in zahlloser 
Menge; die unbeschädigten Exemplare sammt den zerbrochenen 
und Bestandtheile des sie cementirenden plastischen Lehms bil- 
den zuweilen die oben erwähnte Zwischenschicht fast in ihrer 
ganzen Dicke. 

2. Unio pronus Marr. 1. c. in grosser Menge, doch 
meistentbeils zerbrochen und zusammengedrückt, was mit allen 
zweischaligen Muscheln, die von mir an dem Orte der Zwischen- 
schicht, welchem ich nahe kommen konnte, geseben wurden, 
der Fall ist, wie ich das auch in meinem oben citirten 
Artikel erwähnt habe (pag. 114). 

3. Unio bituberculosus Mart. ]. c., blos in 7—8 an- 
vollständig erhaltenen Exemplaren, die von mir nur bei der 
zweiten Excursion an der Nowaja - Staniza gefunden wurden. 
Zwischen den zusammengedrückten Exemplaren habe ich ihn 
nicht gesucht. 

4. Ich erinnere mich einiger Exemplare einer Art kleiner 
Muscheln, von welchen ich in meinem Notizbuche geschrieben 
habe: „eine ganz kleine, einschalige Species von Omsk‘, 
Valvata oder Lithoglyphus dürfte es gewesen sein. 


Das sind die vier Species, die ich in dem citirten Ar- 
tikel erwähnt habe. Doch unter der Zahl der zusammenge- 
druckten zweischaligen Muscheln (Unio) habe ich auch Exem- 
plare von solchen Dimensionen bemerkt, welche die Grösse 
des Unio pronus übertrafen, sie zerfielen aber in concentrische 
Blätter und konnten nicht erhalten werden. Vielleicht ge- 
hörten dieselben dem der Akademie nicht ubersandten Unio sp.? 
Ein Exemplar von diesem wurde von mir an dem Ufer des 
Irtyach, unweit Sachlamina, vom Wasser schon ausgewaschen, 
angetroffen. Soweit ich mich erinnern kann, unterschied sich 
diese einzige und nicht völlig unbeschadigte Schale mit einer 
ausgeriebenen Oeffnung an ihrem erhabensten Theile, ebenso 
durch grössere Dimensionen wie auch durch einen scheinbar 
verlängerten, der Länge nach mehr ausgezogenen Umriss, 
als ibn Unio pronus hat. Ich habe noch einige Abdrücke 
einer Muschelart (Succinea?) im weissem sandigen Thon ge- 
sehen, womit die Enumeration der von mir in der unte- 
ren Schichtengruppe gefundenen Fossilien abschliesst, abge- 


Lits. d. D. geol. Ges. XX VIII. 2. 15 


220 


sehen von einem unbestimmbaren, kleinen Splitter eines 
röbreniörmigen Knochens, der in eine Concretion eingeschlossen 
war (der einzige Einschluss, der von mir beim Zerechlagen 
mebrerer Concretionen gefunden wurde). 

Die obere Schichtengruppe-der beschriebenen Ab- 
lagerungen zeichnet sich, im Gegensatz zu der unteren, durch 
einen reichen Inhalt der in ihr begrabenen Reste, die vorzüg- 
lich in ihrer unteren, sandigen Schicht mit Grus und Gerolle 
zerstreut sind, aus. Ich fand in derselben, vorzüglich im Um- 
kreise der Stadt selbst und zum Theil auch in den Entblossun- 
gen an anderen Orten, Folgendes: 1. Planorbis marginatus 
Dear., nicht selten; 2. Limnaea palustris MOLL. var. min.; 
3. Lithoglyphus constrictus Mart. 1. c.; 4. Valvate 
piscinalis Moz., häufig; 5. Melania amurensis ÜGERSTF., 
selten; 6. Cyrena (Corbicula) fluminalis MouL., beson- 
ders zahlreich und überall vorhanden, wo nur die sandige 
Schicht der unteren Schichtengroppe entblösst ist; 7. Cyclas 
asiatica Mant., zablreich; 8 Pisidium antiquum! 
9. Succinea sp.? nicht selten. in kleinen Exemplaren (junge), 
wie auch solchen, welche die Dimensionen der Succ, amphibia 
erreichen; 10. Paludina tenuisculpta Marr., bloss ca. 
20 Exemplare, nur im Umkreise der Stadt, ungeachtet der 
eifrigsten und täglichen Nachsuchungen; 11. Unio Pallasi 
Mart. |. c., in einer nicht unbedeutenden Zahl angetroffen, 
doch nar an einem Orte neben der Sachlaminskaja Staniza, 
wo diese Muscheln aus der unteren Schicht der dort ent- 
blössten oberen Schichtengrappe durch Regen ausgewaschen 
werden. Ich erinnere mich auch junger und daher kleinerer, 
immer doch sehr dicker Exemplare derselben Gattung, die 
nie von mir an anderen Fundorten angetroffen wurde. Ob 
sie sich unter den zusammengedrückten Unionen in dem ein- 
zigen obenerwähnten Fundorte der Muscheln der unteren 
Schichtengruppe, bei der Nowaja Staniza, findet — kann ich 
nicht entscheiden; 12. Unio sp.? (von mir für einen jungen 
U, pronus gehalten), ein kleines (die approximativen Diameter 
sind 30 und 15 Mm.) und dünnes, einziges Exemplar, in einer 
Musterentblössung der oberen Schichtengruppe im Umkreise 
der Festung von Omsk von mir ausgegraben und, soweit ich 
mich erinnern kann, mit anderen Muscheln an die kaiserliche 
Gesellschaft der Liebhaber der Naturgeschichte, Anthropologie 
und Ethnographie in Moskau abgeschickt (1868?). Was den 
groben , gelben Löss, der in Ziegelthon mit nicht seltenen 
Lösskindeln übergeht und die sandige Schicht der oberen 
Schichtengruppe bedeckt, betrifft, so kam in ihm nur die 
13. Pupa sp.? und die in dieser Schichtengruppe immer an- 





221 


getroffene Cyrenu fluminalis, wenn auch ziemlich selten und 
nicht an allen Orten, vor. 

An diesem Orte will ich bemerken (was in meinem oben 
citirten Artikel nicht erwähnt wurde), dass ich auf dem 
rechten Ufer des Om, 2 bis 3 Werst oberbalb der Stadt, an 
dem Orte, wo das hohe Ufer gäuzlich mit Gras bewachsen ist, 
einige graulich-weisse, kalkmergelige, abgerundete Stücke ge- 
fonden habe, die mir Gerôlle zu sein schienen. Eine nähere 
Untersuchung derselben zeigte, dass einige Theile dieser Steine 
ganz voll Abdrucke einiger gewöhnlicher Gattangen einscha- 
liger Muscheln der oberen Schichtengruppe waren, unter wel- 
chen ich zum ersten Male den Abdruck einer Species des 
Limnaeus, der Grosse und den Kennzeichen nach an L. stagnalis 
erinnernd, gefunden babe. Diese Gattung habe ich in den 
Umgebungen von Omsk lebendig gefunden, und den ihren Ab- 
druck enthaltenden Stein kann ich nur als aus der von mir er- 
wähnten (]. c.), sehr dünnen und nicht scharf abgegrenzten 
Zwischenschicht von weissem Mergel, die ziemlich beständig 
in der oberen Schichtengruppe (Löss) bemerkt wird, ab- 
stammend halten, Diese Meinung wird noch durch den Um- 
stand unterstützt, dass eben oberhalb dieses Ortes, am Flusse, 
die nicht immer deutlich hervortretende Mergelschieht als eine 
scharf begrenzte, jedoch immer danne Zwischenschicht hervor- 
tritt, welche, an verschiedenen Orten von einem Üoncretions- 
process ergriffen, in unregelmässige, spharische Knollen zer- 
fallt, ale welche auch die oben erwähnten abgerundeten Stücke 
mit Muschelabdruck wahrscheinlich gelten können. Was die 
Knochen der Säugethiere und Fische betrifft, so wurden die- 
selben von mir sowohl in der sandigen Schicht *) als im Lose 
angetroffen, niemals aber in den Schichten der unteren 
Schichtengruppe. 

Aus dem oben Besprochenen lässt sich ersehen, dass 
in dem bisherigen Zustande der Kenntniss der von mir unter- 
suchten Gegend Unio bituberculosus Mant. und Unio 
pronus Marr. für die Leitfossilien der unteren 
Schicbtengruppe der Ablagerungen von Omsk un- 
streitbar angenommen werden müssen, während für die obere 
Sehichtengruppe als Leitfossilien folgende sich 
erweisen: Cyrena fluminalis, Cyclas asiatica, Pi- 
sidium, Planorbis marginatus, Limnaea palustris, 
Melania amurensis und Pupa, die anderen sehr sel- 
ten angetroffenen, oder des Vorkommens auch in der 
unteren Schichtengrappe verdachtigen nicht gezählt; end- . 
lich auch Elephas primigenius, Bos priscus, Equus 


*) Fischreste wurden ausschliesslich im Sande angetroffen. 


15* 


222 


caballus, einige @lires und andere. Was aber das Vor- — 
kommen der Paludina tenuisculpta im Sande der oberen 
Schichtengruppe betrifft, so halte ich dieselbe far aus der on- 
teren Schichtengruppe, wo sie in unzähliger Menge angetroffen 
wird, ausgewaschen und dann nochmals in einer neueren Ab- 
lagerung begraben. Eine nähere Untersuchung der muschel- 
reichen Zwischenschicht an der Nowaja Staniza wird vielleicht 
dieses Ergebniss auch auf den Unio Pallasi ausdehnen. Hin- 
sichtlich des oben erwähnten kleinen Unio sp.?, die Zart- 
heit seiner Schale, die in einer an Grus und Gerölle reichen 
Schicht gefunden wurde, ins Auge fassend, bin ich geneigt, 
ibn (obwohl er selten) den Stammbewohnern der Gewässer, 
welche die Schichten der oberen Schichtengruppe abgelagert 
haben, anzureihen. | 
| Also, indem ich mich auf die von mir früher besprochenen 
(1. c.) Lagerungsverbältnisse der Schichten der Umgebungen von 
Omsk stütze, wie auch auf die Vertbeilung der fossilen Reste 
zwischen denselben, welcher ich das Vorliegende gewidmet 
habe, halte ich mich für berechtigt, mit derselben Ueberzev- 
gung zu wiederbolen, „dass der geognostische Bau 
der beschriebenen Orte zwei Perioden angebort“ 
(pag. 117); und die Bestimmung der Muscheln dem Artikel 
des Herrn v. Martens entlehnend, schliesse ich darnach, dass 
die obere Schichtengruppe dieser Ablagerungen 
dem Postpliocan entspricht, während die untere 
einem älteren Niveau, wahrscheinlich dem Miocan zu- 
gehört. 

Doch das Alter dieser Ablagerungen ist für Herrn von 
MARTENS noch ein Räthsel geblieben, wozu ein sehr unge- 
nugender Auszug aus meinem Artikel, welcher in einem Briefe 
vom Akademiker Herrn F. B. Scamior ihm witgetheilt und in 
seinem Artikel abgedruckt wurde, nicht unbedeutend (vielleicht 
auch am wesentlichsten) beigetragen hat. Als „das Wesent- 
lichste* fur das Vorkommen der von mir gesammelten Ma- 
scheln findet Herr Scommpt in meinem Artikel, „dass am Ufer 
des Irtysch bei Omsk sowohl ober- als unterhalb der Stadt 
weisse Mergel, darunter Sand und Grus vorherrschen. In 
beiden Schichten, besonders aber im Sande, sind die Mu- 
scheln haufig, die zuweilen auch ausgewaschen und ausge- 
bleicht am Flussufer umherliegen. Die Hauptfundorte sind die 
Staniza Sachlaminskaja, 10 Werst unterhalb Tscheremuchows- 
kaja und Nowaja, 15 Werst oberhalb Omsk.“ Hier wollen 
- wir bemerken, dass an diesem Orte sowohl die Fundorte der 
oberen als der unteren Schichtengruppe genannt werden. — 
„Die Cyrenen (Corbicula fluminalis) und die bekannten Sass- 
wasserschnecken sind häufig, die Unionen seltener. CzErsx! 








223 


ist geneigt, die letzteren nebst der Paludina fur marin zu 
balten. Mit den Susswassermuscheln sind einzelne Fischwirbel, 
Gebisse von Nagethieren und ein Mammuthzahn gefunden wor- 
den. Das Lager ist also ein durchaus neues und die über- 
sandten Muscheln gehören wahrscheinlich alle einem Ni- 
veaa an.“ 

Es kann nicht unbemerkt bleiben, dass in diesem Theile 
der Mittheilung nur das von mir über die obere Schichten- 
gruppe der Ablagerungen Geschriebene erkennbar ist, wobei 
doch unter den „Schichten“ weissen Mergels nur die oben er- 
wähnte, der Dicke nach ganz unbedeutende und zuweilen ganz- 
lich verschwindende Zwischenschicht von Mergel, die im gelben 
Loss der oberen Schichtengruppe vorkommt, gemeint sein kann. 
Was aber die untere Schichteugruppe und, was das Wichtigste 
ist, diejenigen Lagerungs - Verhältnisse betrifft, die uns in 
dieser Gegend zum Unterscheiden zwei Perioden zugehöriger 
Schichten zwingen und, wie ich wohl hoffen darf, nicht wider- 
legt werden können, von all’ dem ist kein Wort in der 
Mittheilang des Herrn Scauipr zu finden, in welcher, der 
oben angeführten, von ibm selbst geäusserten Meinung uber 
die Einheit des Niveaus der Ablagerungen von Omsk unmittel- 
mar nachfolgend, noch dieses zu lesen ist: „Ueber die Be- 
schaffenheit der Mergel- und Thonschichten, sowie über 
Mammuth- und Pferdeknochen in der Umgegend von Omsk, 
lasst sich Herr Czenskt weitläufig aus.“ Zum Schluss weist 
Herr Scumipr auf einige Seiten der Reisebeschreibung von 
Pazzas hin, welcher, nachdem er nur auf die Schichten der 
oberen Schichtengruppe gestossen war (,Sandlagen“), auch 
ganz natürlich das Vorkommen von Muscheln® (Cyrena) nebst 
Mammuthknochen in denselben Sandlagen erwähnt. 

Es versteht sich von selbst, dass eine solche Mittheilung, 
in der, wie es hier nachgewiesen wurde, die untere Schichten- 
gruppe vollig ausgelassen ist, nur zu einer Folgerung zu 
kommen erlaubt, namlich dass die Saudschicht mit ihren 
Muscheln und Mammuthknochen dem niedrigsten Niveau der 
in der Umgebung von Omsk lagernden Schichten zugehört; 
und deshalb ist es ganz klar, dass Herr v. MARTENS sich nur 
in der Weise äussern konnte, dass „wir es hier mit einem 
diluvialen Vorkommen zu thun haben“ (pag. 749). Doch das 
Vorkommen solcher (gerade die Fauna der unteren Schichten- 
grappe repräsentirenden) ansgestorbenen Arten, wie Unio 
pronus und Unio bituberculosus, die von selbst auf die 
Miocanperiode hinweisen, ins Auge fassend, fühlt sich Herr 
v. Mantens zu der Frage veranlasst: „ob nicht auch die 
hier aufgeführten sibirischen Unionen einer frü- 
heren Zeit als dem Diluviam zuzuschreiben sein 


224 


möchten, also einer andereu Schicht, als die ubri- 
gen, vorberrschend recenten Arten?“ Wir müssen die 
Beantwortung weiteren Forschungen an Ort und Stelle aber- 
lassen. 

Herr v. Martens hat also sein Möglichstes gethan, und 
hätte er nur einmal von dem von mir besprochenen Verhält- 
nisse der von Herrn Scumur genannten Schichten zu denje- 
nigen, die von ihm nicht erwähnt wurden, Kunde bekommen, 
so würde er ungesäumt die ihm Verlegenheit bereitenden 
Unionen diesen letzten zugeschrieben haben, da er ja schon 
den Unio pronus mit der Zuschrift „Nowaja-Staniza® bei der 
Hand hatte. Was aber mich selbst betrifft, so kann ich mich 
nur freuen, dass meine Sammlung endlich positive, zu den ur- 
alten Schicksalen der Baraba - Steppe sich beziehende Facta 
geliefert hat; diese Facte widersprechen der vermutheten Ver- 
bindung des Aral - Kaspischen Bassins mit dem Eismeere, 
worsuf mich schon im Jahre 1872 Herr v. MippgnporF, nach- 
dem mein Artikel nebst den Fossilien ihm zugekommen war, 
in einem Briefe aufmerksam gemacht hat. Die Untersuchung 
des Herrn v. Mippgnporr hat ergeben, dass der Loss der 
oberen Schichtengrappe der Lagerungen von Omsk („Krassik“) 
eine grosse Ausdehnung in der Baraba hat, und die Arbeit 
des Herru v. MaRTES lässt voraussetzen, dass hier keine See 
auch in einer so entfernten Periode gewesen sein konnte, als 
wahrscheinlich die miocanische, deren Schichten sich als Suss- 
wasserablagerungen erwiesen haben, 





5. Ueber das Eisen von Grönland. 


Von Herro K. J. V. Steensrrup in Kopenhagen. 


Aus dem Dänischen im Auszug übersetzt 
von C. RAMMELSBERG. 


Unter den wissenschaftlichen Funden, mit denen Prof. 
Norpesski6Lp auf seinen Polarreisen die Geologie bereichert 
hat, ist keiner von grosserer Bedeutung als der am 31. August 
1870 am Blaafjeld auf Disco in Nord-Grönland gemachte der 
grossten Masse gediegenen nickelhaltigen Eisens. Ja seiner 
energischen Bemuhung verdanken wir es, dass im folgenden 
Jahr die schwedische Regierung ein Schiff unter dem Befehl 
des jetzigen Marineministers, Freiberrn v. OTTER, absandte, 
um den ganzen Fund nach Europa überzuführen. 

NorepsskıöLn erklärte in seinem Bericht über die gronlan- 
dische Expedition von 1870*) dieses Eisen für meteorisch, indem — 
er sich auf die chemische Natur, die Form und das Aussehen 
desselben stützte. Da er an derselben Stelle vereinzelte Par- 
tieen gediegenen Eisens in dem unterliegenden Basalt ent- 
deckte, und Theile dieses Gesteins die grossen Eisenmassen 
an einzelnen Punkten wie eine Schale umgeben, so versetzte 
er den Fall des Eisens in die Zeit der grönländischen Basalt- 
erhebung, d. b. in das Ende der Kreide- oder den Anfang der 
Tertiarformation. Während er aber ursprünglich einen Fall 
von reinem Meteoreisen annahm, betrachtete er, seit Dr. 
NavcxHorr’s analytischen Untersuchungen **), einen Theil des 
am Eisen festsitzenden Gesteins als zum Fall gehörig, indem 
er sagt: „Es scheint, als ob die grossen Eisenklumpen nur 
Theile eines grossen Meteoriten wären, dessen Grundmasse, 
von einem eukritartigen Silicat gebildet wird.“ 


#) Ofversigt. Vet. Ak. Förh. 1870. pag. 973. 
**) Bibang till k. Vet. Ak. Handl. Bd. 1. No. 6. 


226 


Wenn man in einem anstehenden Gestein ein von dessen 
Gemengtheilen verschiedenes Mineral findet, and ferner an 
gleichem Fundort lose abgerundete Stucke desselben Minerals 
bemerkt, theils fur sich, theils in innigem Zusammenhang mit 
dem Gestein, so dass alle moglichen Uebergange in dieser 
Bezichung vorliegen, wie soll man ein solches Vorkommen 
deuten? Entweder ist das Mineral in dem Gestein gebildet, 
und die losen Stucke sind Bruchstücke davon, oder das lose 
wie das festsitzende Mineral sind aus der Luft in das Gestein 
gefallen und erst später durch Entblössung wieder zum Vor- 
schein gekommen. Für alle Mineralien, mit Ausnahme eines 
einzigen, wird die Antwort nicht zweifelhaft sein, und dieses 
eine ist metallisches, nickelhaltiges Eisen. Was berechtigt 
dieses eine Mineral, gleichsam eine eigene Deutung zu be- 
anspruchen ? 

Bekanntlich werden der Nickelgehalt und die Aetzfiguren 
als Merkmale meteorischen Eisens betrachtet, obgleich beide 
sich nicht immer bei wirklichen Meteoriten finden und unter 
den Hunderten wirklicher Meteoriten nur zwei oder drei aus- 
schliesslich aus Eisen bestehen.) Um jede Eisenmasse, 
welche die erwähnten Kennzeichen besitzt, für meteorisch zu 
erklären, muss bewiesen sein, dass nickelhaltiges Eisen auf 
der Erde nicht vorkommen könne, allein dies ist nicht der 
Fall, denn schwerlicb wird ein Chemiker die Möglichkeit 
lauguen, dass Eisenverbindungen durch organische Stoffe unter 
Umständen zu Metall reducirt werden können. Beispiele von 
nickelhaltigem, tellurischem Eisen giebt es auch, sie können 
aber ganz vereinzelte Fälle sein, weshalb nicht geläugnet wer- 
den kann, dass man bei einer isolirten nickelhaltigen Eisen- 
masse mehr berechtigt ist, sie für meteorisch als für tellurisch 
zu halten. Da jedoch eine, wenn auch schwache, Möglichkeit 
vorliegt, dass eine solche tellurischen Ursprungs sein kann, 80 
ist es nöthig, diesen Gegenstand sehr genau und wiederholt 
zu untersuchen. Und kaum irgendwo ist ein Zweifel mehr 
berechtigt als in Beziehung auf das grönländische Eisen. 

Sein Fundort ist bekanntlich Blaafjeld an der Südküste 
von Disco, zwischen der Laxebucht und dem Discofjord, eine 
Stelle, welche die Gronlaader nach NorpEnsKIOLD Ovifak nennen. 
Jedenfalls steht fest, dass der Fuudort zwischen zwei kleinen 
Buchten unter 69° 19’ 30” nördl. Br. und 54° 1’ 22” westl. 
L. Greenw. liegt. Blaafjeld erhebt sich hier etwa 1800 Fass, 
und ist bis zu 6—700 Fuss Höhe mit herabgestürzten Massen 
bedeckt, oberhalb aber in 13 bis 14 horizontale Banke von 
Trapp getheilt. An einem 40—50 Fuss hohen Absturz, einige 


*) Z. B. Agram und Braunau (R«.). 





227 


hundert Fuss westlich von der Fundstatte des Eisene, sind 
diese Banke am Strande entblosst, und hier sieht man, dass 
der Basalt aus drei Lagen besteht: zu unterst aus dichtem Ba- 
salt, der in einer nicht scharfen, von weitem jedoch kenntlichen 
Grenze in einen grauen oder braunen Mandelstein, und dieser 
wieder in eine nur wenige Zoll mächtige, eisenhaltige, harte 
Thonschicht übergeht. Ueber dieser liegt wiederum mit scharfer 
Grenze dichter Basalt. Der Strand ist bedeckt mit Geröll von 
Basalt, Mandelstein und Gneiss und die am Gebänge sicht- 
baren Lagen jener beiden kommen stellenweise zwischen die- 
sem Geroll zum Vorschein. In einem solchen Basaltfleck nun, 
folglich in einem Theil des Basaltlagers, kommt das Eisen 
vor, und nicht, wie NOoRDENsKIıöLD, NonpsrRüm und NAUCKHOFF 
angeben, in einem Basaltgang. Diese Ueberzeugung habe ich 
bei Besuchen der Stelle in zwei verschiedenen Jahren ge- 
wonnen. Nur nach der einen, der westlichen Seite, ist es 
bisher geglückt, lose Blöcke von Eisen oder eisenhaltigem 
Basalt zu finden, was vielleicht in der Strömung an jener 
Kuste seine Ursache hat. Uebrigens wird die Frage, ob der 
das Eisen einschliessende Basalt einen Gang oder ein Lager 
bildet, erst durch tiefe Sprengungen zu lösen sein. Allein, 
abgesehen hiervon, ist es immerhin möglich, dass Meteoriten 
in ein oder zwei Basaltgänge ebensogut wie in ein Busaltlager 
fallen konnten, und wenn man annimmt, dass das Eisen mit 
dem Basalt, oder chemisch mit ihm ausgeschieden, in die Höhe 
gekommen sei, 80 kann dies gleicherweise in einem Gang wie 
in einem Lager stattgefunden haben. Die Hauptsache bleibt 
immer die Art, wie das Eisen im Basalt vorkommt. 

Bei seinem kurzen Aufenthalt 1870 hatte NORDENSKIÖLD 
keine Gelegenheit, diesen Punkt genauer zu prüfen; er beob- 
achtete blos, dass in dem fusshohen Basaltrücken (Gang), 
16 Meter von der grössten Eisenmasse entfernt, linsenformige 
Massen und kleine Körner von Eisen eingeschlossen sind. Dr. 
Navcxmorr, der die Expedition von 1871 als Geolog beglei- 
tete, fand durch Sprengen, dass das Eisen im Basalt theils 
grössere ellipsoidische Massen, theils kleine Kugeln und Korner 
bildet. Sodann bemerkte er verwittertes Eisen als Bindemittel 
von Basaltgrus in einer Breccie, welche oben, aber auch tiefer, 
und mitunter in Gestalt schmaler Adern vorkommt. Den Basalt 
des Ganges hält er nach seiner chemischen Zusammensetzung 
für wirklichen Basalt, von dem er sich indessen doch durch 
die Gegenwart zweier accessorischer Mineralien unterscheide, 
welche besonders an den Rändern eingewachsen sind, namlich 
ein grunes, an Hisingerit erinnerndes, wasserhaltiges Eisen- 
silicat und ein gelbbraunes Schwefeleisen. 





228 


Unter den vielen Analysen Naucxnorr's von den dortigen 
Gesteinen sind fünf, welche er auf Eukrit bezieht, wegen ihres 
geringen Gebalts an Kieselsaure, des grossen Reichthums an 
Thonerde, der Beimischung organischer Substanz in einigen, 
besonders aber wegen des eingeschlossenen Nickeleisens. 
Seine Beschreibung des Vorkommens dieses Eukrits im Basalt 
ist nicht ganz klar; er nennt sie Klumpen, Schalen, Umhül- 
lungen, die vom Basalt immer durch eine rostige Rinde ge- 
trennt seien. Indem er auf jene Mineralien hinweist, hofft er 
von der Zukunft die Entscheidung über den meteorischen oder 
tellarischen Ursprung des Eisens. 

Bei einem wiederholten Besuch des Fundorts, 1871 und 
1872, fend ich das Vorkommen des Eisens im Basalt der 
Angabe NAUCKHOFF’s gemäss, aber auch, dass das Eisen da, 
wo es in grösster Menge vorkommt, den Basalt kreuz und 
quer durchsetzt, ja es ist in dünnen Haarspalten dendritisch 
abgesetzt, Natürlich ist das Eisen grosstentheils oxydirt, und 
zwar an den tiefsten entblössten Stellen in hohem Grade, und 
hier siebt man, dass auch der umgebende Basalt ein fremd- 
artiges Aussehen hat, so dass man ohne Kenntniss der ge- 
sammten Erscheinung leicht glauben könnte, jener bilde fremde 
Einlagerungen, was durchaus nicht der Fall ist. Der Basalt 
ist in der Nähe des Eisens grosskörnig, porphyrartig, und ent- 
halt Troilit, Spinell, das hisingeritartige Mineral und Grapbit, 
und so ist eine unrichtige Deutung leicht möglich. Ich hege 
keinen Zweifel, dass der sogen. Eukrit nichts als Basalt ist, 
und infolge ehemischer Umwandlungsprocesse ein anderes Aus- 
sehen hat, und bei der Gesammtanalyse ein abweichendes 
Resultat giebt. Auch ist er von dem feinkörnigen Basalt nicht 
immer sichtlich abgegrenzt, die erwähnte Breccie ist nichts 
als eine unbedeutende Oberflachenerscheinung, 

Die Art des Vorkommens bat für mich gleich anfangs ow 
die Deutung zugelassen, dass das Eisen dem Basalt angehöre, 
und diese Anschauung hat mein zweiter längerer Aufenthalt 
an Ort und Stelle nur bestärkt. Auf einer Wanderung an der 
Küste bei Assuk wurde ich auf die Rostfarbe vieler Rallsteine 
aufmerksam, doch enthielten sie kein gediegen Eisen. Ein 
Basalt, welcher die Kohlen - führenden Bildungen durchbricht, 
erwies sich bei der mikroskopischen Untersuchung ganz gleich 
dem Material jener Gerolle. In den Schliffproben zeigten 
sich Streifen, welche Kupfer metallisch fallen; es sind Eisen- 
partikel, umgeben von einem andarchsichtigen Rand. Der 
Basalt zeigt eine helle Grundmasse, worin Feldspathmikrolithe, 
einzelne grössere Krystalle von Olivin und wahrscheinlich Augit, 
sowie Graphit, auftreten. Das Eisea wurde mit dem Magnet 
ausgezogen, und durch Bestimmung des beim Auflösen ent- 











229 


wickelten Wasserstoffs ergaben sich 66,6 pCt. Eisen und 
0,4 pCt. Schwefel, weil dem Ausgezogenen Basalt anhing, das 
Material auch vor der Analyse längere Zeit an der Luft ge- 
legen hatte. Die Auflösung des Eisens zeigte Spuren von 
Kupfer und Kobalt, und schwache von Nickel; aus dem Rück- 
stand aber zog Königswasser Eisenoxyd uud Phosphorsäure 
aus. Dagegen liess sich in 200 Proben von 40 grönländischen 
Basalten kein Eisen sicher erkennen, denn eine bisweilen 
beobachtete Kupferfalllung ist begreiflich an sich nicht ent- 
scheidend. 

Es ist aber doch wenigstens das Vorkommen metallischen 
Eisens im Basalt glaubbaft dargethan, und zwar unter Um- 
standen, die seinen tellurischen Ursprung unzweifelhaft machen. 

Die Gründe, welche nächst der chemischen Nataor für den 
meteorischen Ursprung des grönländischen Eisens geltend ge- 
macht werden, sind zweierlei Art. Es gehören .hierber die 
WoMASNSTAT?TEN schen Figuren, die voll ausgeprägte Meteoriten- 
form, die Mineralien, wie Troilit, Spinell u. s. w. und jener 
angebliche koblenstoffhaltige Eukrit. 

Die Aetzfigaren beweisen an sich nichts fur den Ursprung 
des Eisens, denn sie sind Folge der Structur. Die Form der 
abgerundeten Eisenklumpen ist die aller Rollsteine, modificirt 
blos durch ihre eigenthümliche Natur. Am Strande liegen 
unterschiedlos Eisenblöcke, ÆEiscnblocke mit Basalt, Basalt- 
blocke mit Eisen und reine Basaltblocke; wie ist es denkbar, 
dass hier einst Meteoreisen in einen Gang flüssigen Ba- 
salts fiel ? 

Unter den Mineralien ist der Troilit das wichtigste, nach 
Dr. NauckHorr’s Analyse nicht Magnetkies, wiewohl dieses 
Resultat wegen der Unreiuheit derSubstanz zweifelhaft bleibt. 
Ist es aber wirklich Troilit, so kommt auch er als terrestrisches 
Mineral im Basalt vor. Spinell und das dem Hisingerit ähn- 
liche Mineral haben für die Frage keine Bedeutung. 

Wir kommen zu den Analysen Dr. Nauoxxorr's, denen 
Prof. NoRDEnsKIöLD eine so grosse Bedeutung beilegt, dass er 
auf Grund derselben seine erste Ansicht geändert bat, und 
zwar dahin: es lagen hier Theile eines grossen Meteoriten 
vor, dessen Grundmasse aus Eukrit bestand. Wir deuteten 
schon darauf hin, dass die veränderte Beschaffenheit des Ba- 
saltg in der Nahe des Eisens auf die Wirkung ungewöhnlich 
starker chemiseher Kräfte schliessen lasse. Ist es auffallig, 
dass ein Gestein da, wo sich ein so ungewohulicher Gemeng- 
theil in ihm ausgeschieden hat, ein fremdartiges Ansehen er- 
langt? Hauptsache ist die geognostische Untersuchung an Ort 
und Stelle, und nicht die Analyse von Handstücken verschie- 
dener Beschaffenheit, deren Resultate, als Ganzes genommen, 


t 


230 


bei der gemengten Natur des Gesteins verschieden aus- 
fallen müssen. Die mikroskopische Prüfung der äusserlich 
verschiedenen Proben zeigt nicht, dass die herrschenden Sub- 
stanzen, Feldspath und Augit, verschieden waren. Welche 
Zusammensetzung hat die Grundmasse? Würde der Saare- 
gehalt nicht steigen, wenn die den Silicaten fremden Stoffe 
sich abziehen liessen? Aber wesentlich auf Grund der ge- 
ringeren Menge Kieselsäure wird der Feldspath als Anorthit 
bezeichnet, und dies führt wieder zu der Bestimmung des 
Gesteins als Eukrit. Wäre der Feldspath Anorthit, so müsste 
er von Säure zersetzt werden, was nicht der Fall ist. Es war- 
den Dünnschliffe in dieser Beziehung geprüft, aber während 
Grundmasse und Magneteisen sich lösten, blieben Fehdapath 
und Augit, und gaben im polarisirten Licht die Farben fast 
mit unverändertem Glanz. Der Feldspath ist also kein Anor- 
thit, das Gestein kein Enakrit. 

Dass in der Entwickelung von Kohlenwasserstoff beim 
Erwärmen des Eisens und in der Begleitung des Schwefel- 
eisens ein Beweis gegen die eruptive Entstehung liegt, ist 
klar, aber die schwere Schmelsbarkeit des Eisens spricht allein 
schon dagegen. NORDENSKIOLD glaubt auch nicht an eine Re- 
duction aus Eisenverbindungen. 

Nachdem die Gründe dargelegt worden, aus welchen das 
Eisen dem Basalt angehört, bleibt übrig, zu erklären, wie es 
auf tellurischem Wege hierher gelangt sein kann. Entweder 
wurde es vom Gestein in die Höhe gebracht, oder durch 
ebemische Processe in ihm ausgeschieden , vielleicht hat beides 
stattgefunden. Die Consistenz der Basaltmasse konnte wohl 
ein Aufsteigen des Eisens gestatten. Man erinnere sich au 
das Vorkommen eines noch näher zu prüfenden nickelbaltigen 
Magnetkieses in einem Basaltgang bei Igdlokunguak, in Kör- 
nern, Kugeln und einer grossen Masse von 10 Fuss Länge, 
5 Fuss Breite und 4 Fuss Dicke. Der Basalt unterscheidet 
sich von dem von Blaafjeld, er enthalt viel mehr Olivin, aber 
auch er ist in der Nähe jener Einschlüsse grobkôrnig. Der 
Magnetkies spricht gegen einen meteorischen Ursprung *), er 
kann also nur mit dem Basalt aufgestiegen sein, und ebenso 
mag es sich mit den Eisenmassen von Blaafjeld verhalten. 
Vielleicht sind diese Substanzen ursprünglich in vertheilter 
Form in der Basaltmasse enthalten gewesen, und haben.sich 
später erst zu grösseren Massen vereinigt. Das Vorkommen 
des Eisens auf feinen Spalten lässt glauben, dass ein Theil 
erst nach dem Erstarren des Basalts sich gebildet habe. Zur 


*) Dies ist an sich nicht der Fall, da er in den Eukriten gerade 
sehr schön vorkommt. Re. 


D u cd u 


231 


Stutse der Ansicht, dase das Eisen aus der Reduction einer 
Verbindung durch organische Stoffe sich gebildet haben könne, 
ist an das Vorkommen von Grapbit und Eisen im Basalt von 
Assuk zu erinnern, gleichzeitig an das Auftreten des Graphits 
auch in dem Basalt von Blaafjeld. 


Im Vorstebenden habe ich den wesentlichen Inhalt der 
Abhandlung von STBENSTRUP über das grönländische Eisen 
wiedergegeben, dessen Auffindung und Untersuchung von Seiten 
NospenskıöLp’s nach dem eigenen Bericht desselben von mir 
früber mitgetheilt worden ist.*) Es haben sich mit der chemi- 
schen Untersuchung des Eisens und des Gesteins nicht blos 
schwedische Chemiker beschäftigt, sondern wir besitzen auch 
ron WÖHLER und von DAuBREE wichtige Arbeiten über diese 
Substanzen. 

So hat WönLsr”") das Eisen aus dem dunklen basalt- 
artigen Gestein geprüft, von dem er fand, dass es beim Gluben 
eine grosse Menge Kohlenoxydgas entwickelt, also Kohle und 
Sauerstoff enthält. Ganz dasselbe hatte NoRDENSKIÖLD an dem 
isolirt gefundenen Eisen beobachtet, allein in der Analyse des 
Eisens aus dem Gestein ***) (von Linpstrém) fehlt der Sauer- 
stoff. Zieht man den letzteren als (40 pCt.) Oxydoxydul ab, 
und ebenso Schwefeleisen, Chlorar und die Silicate, so enthält 
der Rest 


nach LINDSTRÖM WOHLER 





Eisen . . . 95,46 89,5 
Nickel (Co). 1,90 3,2 
Kupfer . . 0,21 Spor 
Phospbor. . 0,03 0,3 
Koble . . . 2,40 7,0 
100 100 


Auch Davwsnée hat das in dem Gestein eingeschlossene 
Eisen näher untersucht. f) Er findet, dass sich drei Substanzen 
onterscheiden lassen: 1. eine metallglanzende dunkelgraue, 
2. eine ebensolche helle und 3. vereinzelte Körner und Ku- 
geln in dem Silicatgestein. 


#) Diese Zeitschr. Bd. XXIII. pag. 738 (1871). 
#*) Poce. Ann, 146. pag. 297. 
**) A. a. O. pag. 742. 

+) C. rend. T, 74 u. 75. 





232 


Die metallglanzende dunkelgraue bis schwarze 
Masse ist blättrig, spröde, lasst sich, ohne dass geschmeidige 
Theile vorhanden wären, zu dunkelrothbraunem Pulver zer- 
reiben und ist stark magnetisch. Obwohl scheinbar homogen, 
lasst sie auf der polirten Flache in der herrschenden danklen 
Masse eine weisse, netzartig hindurchgehende, dem Schrei- 
bersit äbnliche Substanz und gelbe Korner von Schwefeleisen 
erkennen. Beim Erhitzen gehen Wasser (2,8 pCt.) und Kohlen- 
oxydgas fort; im Kohlentiegel geschmolzen, verliert die Sub- 
stanz 23,5 pCt. 

Bringt man das Wasser, 1,3 pCt. lösliche Salze (Salfate 
and Chloride von Calcium und Eisen), ein wenig Silicat und 
7,42 FeS in Abzug, so bleiben 50 pCt. Eisenoxydoxydul und ein 
Rest, der etwa 80 pCt. Eisen, 8 Nickel und Kobalt, 1 Arsen, 
0,5 Phosphor und 10 Kohlenstoff enthalt. 

Um aber die Natur dieser Eisenmassen vergleichen zu 
können, scheint es angemessener, sie im sauerstofffreien 
Zustaude, welcher wohl der ursprüngliche gewesen sein durfte, 
nebeneinander zu stellen. Dann erhalt man folgende Zahlen: 


Linpstrom WÖHLER DAuBr£e 
Eisen . . . . 95,46 93,2 88,2 


Nickel (Co, Cu). 2,11 2,0 4,7 

Phosphor. . . 0,03 0,2 0,3 

Arsen . . .. — — 0,6 

. Koblenstoff . . 2,40 4,6 6,2 
100 100 100 


Leider hat DauBr£r in den beiden anderen Varietäten des 
im Gestein enthaltenen Eisens nur das Eisen und den Kobleo- 
stoff bestimmt. 

Die helle Substanz (Typus II.) widersteht dem Pulvern 
theilweise; der metallische Theil enthalt 82,4 pCt. Eisen gegen 
2,9 Kohlenstoff. Der Verlust, etwa — 13 pCt., deatet an, 
dass auch in diesem Theil sehr viel Oxydoxydul enthalten 
sein muss. 

Die kugelförmigen Einschlusse (Typus III.) sind 
mit Silicatmasse innig durchwachsen. In ihnen kommen auf 
70,1 pCt. Eisen 4,7 Kohlenstoff. 

Auf 100 Theile Eisen kommen überhaupt an Koblenstof 


bei Linpstrim . . 2,5 

bei WOHLER. . 5 

bei DAUBRÉE . . 7 (Typus I. u. Ill.) 
3,5 (Typus IL.) 


Nach BERTHELOT wäre in dem Eisen vom Typus I. kein 
Graphit enthalten, was man jedoch bezweifeln darf, denn 


233 


Dausnée sagt, ein Drittel des Kohlenstoffs sei frei vorhanden, 
der Rest an Eisen gebunden, und auch in den Varietäten II. 
ond III. giebt er das Verhaltniss beider = 1:9 und 1:3 an. 

Davsaés spricht sich nicht entschieden für oder gegen die 
kosmische Natur des grönländischen Eisens aus, Er erinnert 
an die kohblenhaltigen Meteoriten von Alais, Bokkeveld, Kaba 
und Orgueil, in denen das Eisen ebenfalls ganz oder grössten- 
theils oxydirt enthalten ist, und an den Kohlenstoffgehalt 
mancher Meteoreisen. Obgleich ibre chemische Natur nicht 
an die Mitwirkung hoher Temperaturen bei ihrer Bildung den- 
ken lasse, sei doch an die Entstehung von Kohleneisen und 
freier Kohle bei mässigem Erhitzen von Eisen in Kohlenoxyd- 
gas zu erinnern; und wenn J)oleritmassen Braunkoblenschichten 
bei ihrem Aufsteigen durchbrachen, hätten Reductionsprocesse 
nothwendig stattfinden müssen. Aber das Eisen könne auch 
metalliscb aus der Tiefe an die Oberfläche gelangt sein, denn 
seine Gegenwart in dem inneren Theil der Erde sei in hohem 
Grade wahrscheinlich. 

TsoneRnMaKk hat mit Recht hervorgehoben, dass das Ver- 
halten der gronlandischen Eisenmassen in der Hitze kein absoluter 
Beweis gegen die terrestrische Entstehung sei, da sie und das 
Gestein möglicherweise unter einem hoben Druck bervortraten. 

Srsensraup bat die Angabe NauckHorr’s, dass das Eisen 
von Eukrit begleitet sei, durch seine Beobachtungen an Ort 
und Stelle zuruckzuweisen gesucht. TSCHERMAK findet, dass die 
mikroskopische Prufung dieses Gesteins nicht unbedeutende 
Unterschiede von wahrem Eukrit, d. h. der Meteoriten von 
Jonzac, Juvinae und Stannern zeigt, kommt aber doch zu dem 
Schluss, dass die grönländischen Funde für meteorisch gebalten 
werden müssen, 

Nun hat aber STEENSTRUP gefunden, dass der Feldspath 
nicht Anorthit sein kann, weil er von Säuren nicht wesentlich 
zersetzt wird. Dann ist also das Gestein kein Eukrit. Ueber- 
baupt sind die mitgetheilten Beobachtungen des dänischen Geo- 
logen an Ort und Stelle in hohem Grade geeignet, die meteo- 
rische Natur des Eisens in Zweifel zu stellen. 


234 


6. Ueber Aerinit und Ginilsit, 


Von Herro C. RammMecsperc in Berlin. 


Aerinit. 


Ein derbes, dunkelblanes Mineral, angeblich aus Aragon 
stammend, erscheint in seiner Masse homogen, ist aber an 
einzelnen Stellen mit einem Anflug von Brauneisenstein uber- 
zogen. Das V.-G. ist = 2,670. 

Vor dem Löthrohr entfärbt es sich und schmilzt an den 
Kanten zu einem hellen oder. dunklen Glase. 

Wird das lebhaft blaue Pulver mit Chlorwasserstoffsaure 
gelinde erwärmt, so wird es weiss und die Flussigkeit grünlich- 
gelb. In letzterer lässt sich durch Schwefelwasserstoff kein 
Kupfer, durch molybdänsaures Ammoniak keine Spur Phos- 
pborsäure nachweisen; sie enthält beide Oxyde des Eisens, 
Thonerde,.Kalk und Magnesia. Die durch Kochen mit Chlor- 
wasserstoffsäure abgeschiedene Kieselsaure ist pulverig und 
enthält noch ansebnliche Mengen von Eisen, Thonerde und 
Kalk. 

Der Gewichtsverlust bei gelindem Erhitzen, wobei die 
Stückchen gelblich oder braun erscheinen, schwankte in zwei 
Proben zwischen 10,5 und 12,0 pCt., durch Gluhen stieg er 
auf 12,07 und 13 pCt. 

Der volumetrisch bestimmte Gehalt an Eisenoxydul 
ergab sich ebenfalls etwas veränderlich, zwischen 2,66 und 
4,0 pCt. — Das Mittel mehrerer Versuche war 3,16. 


Resultat zweier Analysen: 


I. II. 
Kieselsaure . . . . 42,92 44,00 
Thonerde . . . . 15,34 15,39 
Eisenoxyd . . . . 772 8,88 
Eisenoxydul (Mn). . 3,16 3,16 
Kalk . . . . . . 15,40 13,88 
Magnesia. . . . . 2,45 2,44 
Glühverlast . . . . 12,07 13,00 


99,06 100,75 








u ul 


235 


Obgleich die Beschaffenheit der Substanz nicht fur eine 
ganz reine bestimmte Verbindung spricht, ergeben die Ver- 
suche doch im Ganzen einfache Verhältnisse, denn es ist das 
Atomverhältniss 


R:R Si R:Si H?0:Si 
I. =19:1:36 1:2 1:1 
IL = 1,7:1:35 1:21 1:1 


Unter Annahme der Proportionen 
18:1:3,6 1:2 l 51 
erbalt man die Formel 


R° RS Site OF + 18 aq. (A) 


and mit 
15:1: 3 
R? R? Si® O07! + 6 ag. (B), 
wonach 
: 2 R SiO’ 
= | = R SiO? 
B = R° 8i* 0" =| R? siot | 
Ist Fe: Al = 1:3 
Fe:Mg:Ca = 1:1:4, 
so erfordert die Rechnung far: 
A. B. 


SiO? . . 43,33 41,38 
AlO® . . 15,42 17,70 


FeO? . . 801 9,20 
FeO . . 4,33 4,14 
CaO. . 13,50 12,88 
MgO .. 2,41 2,30 
H’O . . 13,00 12,40 
100 100 


A entspricht den Versuchen besser, B ist dagegen ein- 
facher. 


Zeits.d. D.geol. Ges, XXVIII. 1. 16 : 





236 


Die blaue Farbe, welche schon bei mässigem Erhitzen 
verschwindet, rührt weder von einem färbenden Metall, noch 
von phosphorsaurem Eisen oder einer Schwefelverbindung her; 
vielleicht von organischer Substanz. 


Ginilsit. 


Mit diesem Namen findet sich ein Mineral von der 
Ginilsalp in Graubundten bezeichnet*), dessen Analyse ich auf 
den Wunsch des Herrn Prof. Fıscuer in Freiburg mit Material 
unternahm, welches Derselbe als homogen erkannt batte, da 
die älteren Angaben (50 pCt. Kieselsäure, 19 Thonerde, 17 Kalk, 
10 Eisenoxydul nach FELLENBERG) zweifelhaft sind, und zwei 
neuere Analysen, im Freiburger Laboratorium ausgeführt, das 
Mineral als ein wasser- und thonerdefreies Silicat (58 pCt. 
Kieselsaure, 22,6 Eisenoxyd, 15,4 Kalk, 3—4 Magnesia) er- 
scheinen lassen. 

Die graugelbe, derbe Masse hat ein V.-G. = 3,404. 


1. ist eine in meinem Laboratorium ausgeführte Analyse; 
2. rubrt von mir her. 
1. 2. 
Kieselsäore . . 38,75 37,83 
Thonerde . . . 4,83 7,77 
Eisenoxyd. . . 16,32 15,63 
Kalk . . . . 26,52 26,67 
Magnesia . . . 9,48 9,73 
Wasser. . . . 3,18 3,30 
99,63 100,93 


Hier ist 
R:R:Si H°0 : R - 
in 1. = 4,8 : 1: 43 1 : 3,4 
in 2. — 4,1 : 1 : 3,6 1 : 3,9 
und setzt man 4 : 1 : 3,5 und 1 : 4 


so erhalt man 

R® R? Si’ 0° + 2 aq. 
d. h. ein Singulosilicat, in welchem 
Al: Fe - 3:4, Mg. : Ca = 1 : 2 
ist. 


*) Handbuch der Universalchemie. I, Aufl. 2, 704. 























237 


Berechnet 


SiO? . . . 37,10 
AlO? . . . 7,85 
FeO? . . . 16,07 
CaO... . 26,38 
MO ... 4,42 
H’O. . . . 3,18 


100 





Das Mineral entbalt kein Eisenoxydul, und nur eine Spur 
Mangan. Mit einem bekannten stimmt es nicht überein. 

Vor dem Lothrohr rundet es sich nur an den Kanten zu 
einem dunklen Schmelz. 


16* 


238 


7. Ueber das Vorkommen von Nickel- und Cobalterzen 
mit gediegenem Wismuth an der Crète d’Omberean 
im Kanten Wallis, 


Von Herrn C. Heuster in Bonn. 


Hierzu eine geognostisehe Uebersichtskarte nebet Hühenprofil, ver- 
grössert nach der Alpenklubkarte und mit geognostischen Auftra- 
gungen von Stupen und Gearacu. (Tafel VI.) 


Nachdem der Betrieb der im Anniviers - (Eifsch-) Thale 
gelegenen Nickelerzgruben sistirt worden ist, hat der Besitzer 
der diese Gruben umfassenden Concession von Nava, Planto- 
renz, Grand Praz und Zinal in einer anderen, im oberen 
Turtmann-Thale gelegenen Concession seit dem vorigen Jahre 
einen Betrieb auf verschiedenen Nickel- und Cobalterzvorkom- 
men mit gediegenem Wismuth eröffnet, dessen Resultate 
schon jetzt ein hinreichendes Anbalten zur Beurtbeilung der 
interessanten Lagerungsverhaltnisse bieten. 

Die neu eröffneten, auf der beigefügten geognostischen 
Uebersichtskarte aufgetragenen Betriebspunkte liegen: 

1. Am Kaltberg, der nordöstlichen Fortsetzung der Crète 
d’Omberenza, einem steil aufgerichteten und bis zu 2990 M. 
Höhe über dem Meer ansteigenden Gebirgsgrat, welcher sich 
vom Turtmann - Thale, unterhalb des Turtmann - Gletscher bis 
oberhalb Ayer im Anniviers-Thale in der Richtung von Sad- 
west nach Nordost erstreckt und an dessen nôrdlichem Ge- 
hänge der Pas de Forcletta, der den Uebergang vom Turtmann- 
zum Anniviers - Thale vermittelnde Pass, durchgeht, in einer 
Hohenlage von 2500 M. 

2. In einem nur wenig tiefer gelegenen Niveau als der 
Kaltberg, am linken Gehänge des Turtmann - Thals, unweit 
des Turtmann-Gletschers. 

3. Auf der Höhe der Crête d’Omberenza,. der Wasser- 
scheide zwischen Turtmann- und Anniviers- Thal und an der 
Grenze der Bergwerks-Concessionen, welche sich im Gebiete 
der beiden Thaler erstrecken. Dieser Betriebspunkt wird mit 
dem Namen Plantorens bezeichnet und liegt 2990 M. hoch. 

4. Als neuer Aufschluss ist noch eine Schürfung bei 





239 


Zerbitzen im Turtmann - Thale im einer Hohe von 2140 M. 
zu erwabnen. 

Von der Hohe der Crête d’Omberenza, welche eine gross- 
artige und prachtvolle Rundsicht uber die Walliser Alpen und 
einen Theil der Berner Alpenkette, sowie deren Fortsetzungen 
gestattet, beherrscht das Auge auf weite Erstreckungen sowohl 
die unterbalb wie über derselben gelegenen Gebirgspartieen; 
die weit über der Waldgrenze bervortretenden, zum grössten 
Theil vegetationslosen, nackten Gebirgsgrate, welche nach 
allen Seiten steil abfallen, bieten natürliche Aufschlusse und 
eine vortreffliche Einsicht in die Lagerungsverhältnisse und in 
die ganze Structur des Gebirges unter den bedeutendsten 
Niveau-Unterschieden. Diese Verhältnisse erleichtern zwar in 
mancher Beziehung die Aufsuchung und den Betrieb der Erz- 
vorkommen, dagegen sind bei letzterem durch die Höhe der 
Lage und die Schwierigkeit des Transportes auch manche 
Hindernisse zu überwinden, welche sich während der winter- 
lichen Jahreszeit nicht beseitigen lassen. 

In geolugischer Beziehung gehören die Gesteine, in wel- 
chen die Erzlagerstätten an den bezeichneten Betriebspunkten 
vorkommen, den sogen. „Grünen Schiefern‘* an, Gesteine, 
welche sich nach Sruper’s „Geologie der Schweiz‘ und 
Gmarp'’s „Wanderungen durch den Kanton Wallis‘ an das 
aus Granit, Porphyr und Gneise bestehende Massiv der Walliser 
Centralalpen anlehnen. Die Entfernung der Betriebspunkte 
bis zur nördlichen Grenze, der Scheide zwischen Granit und 
Gneiss und den Grünen, auch als Krystallinische bezeich- 
neten Schiefern, beträgt, quer gegen die Schichten und hori- 
zontal gemessen, ca. 6—7 Kilom., während im Generalstreichen 
der Schichten nach Nordost und in der Richtung nach dem 
Visp-Thale die Urgesteine schon um einige Kilometer näher 
liegen. Dies gilt namentlich vom Kaltberge. 

Die Firnen der Hochgebirge, des Weisshornes, der Diablons, 
der Dent blanche, welche in dieser nachsten Entfernung die 
Hôben bedecken, und die Gletscher, welche sich von 
denselben auf weite Strecken herabziehen, machen ubrigens 
eine Bestimmung der Gebirgescheide schwierig und namentlich 
der bis in die Nähe des Kaltberges herabgehende Turtmann- 
Gletscher macht hier eine Grenzfeststellung unmöglich. 

Auf die krystallinischen „Grünen Schiefer‘‘, welche von 
den meisten Geologen als ein metamorphisches Gestein an- 
gesprochen werden , folgen zunächst die sogen. „Grauen 
Schiefor‘‘, welche mehr im unteren Turtmann-Thale entwickelt, 
sich schon einem rein sedimentären Gesteine anzunähern 
scheinen und denen im Rhonethal die Anthracitschiefer (STu- 
DER) aufgelagert sind. Eine genaue Grenze zwischen diesen 


240 


Grauen- und Grünen Schiefern ist nicht festgestellt; nur 
scheint so viel festzustehen, dass da, wo Nickel- und Cobalt- 
erze auftreten, nur Grune Schiefer vorbanden sind, und dass 
die Grauen Schiefer keine derartigen Erze oder wenigstens 
nur in einem untergeordneten Maasse entbalten. Das Erzvor- 
kommen ist daher wohl geeignet, in einem weiteren Umfange 
fur die Schichtenstellung zum Anhalten genommen zu werden. 

Bei der Auftragung der Gesteinsgrenzen in einem weiteren 
Umfange ist auf der beigefügten geognostischen Uebersichts- 
karte, die nach neueren Untersuchungen in den letzten Jahr- 
zehnten zusammengestellte geologische Karte der Penninischeu 
Alpen vom Bergingenieur H. GerLacH in Siders, welcher im 
Jahre 1871 bei einer Gebirgstour im Canton Wallis verun- 
- glückte und seinen geologischen Forschungen in den Walliser 
Alpen leider zu fruh entzogen wurde, zu Grunde gelegt und 
sind daher die Grunen- und Grauen Schiefer, welche auf dieser 
Karte nicht unterschieden und als den alteren metamorphischen 
Schiefern angehörige Glimmerschiefer, Talkglimmerschiefer und 
Chloritschiefer bezeichnet werden, als einem und demselben 
Gestein angeborig aufgeführt. 

Auf der geologischen Karte (Carte géologique de la Suisse 
“ von B. Srupgr und EscHER von DER Lints, Winterthur 1853) 
sind zwar die Grunen- und Grauen Schiefer als ,,schistes verts 
und schistes gris‘ unterschieden; die ersteren sind aber nur 
bis nordöstlich über Ayer im Anniviers- Thal hinausgehend 
bezeichnet, während sie nunmehr als in derselben Richtung 
uber das Turtmannthal fortsetzend zur Auftragung gelangen 
mussten, indem sie gerade zwischen diesen beiden Thalern, 
wo die Cobalt- und Nickelerz-Lagerstätten auftreten, charakte- 
ristisch entwickelt sind. 

Als die Grünen- und Grauen Schiefer umgebende jüngere, 
auf der Uebersichtskarte aufgetragene Gesteine in dem bier 
bebandelten Terrain sind nach GsRLAcH anzofubren: Quarzit, 
Dolomit und Glanzschiefer, der Trias zugerechnet, wahrend 
STUDER den Quarzit (Verucano) in das Liegende der Trias 
und den Dolomit, der allerdiags schon im Jabre 1853 heraus- 
gegebenen Karte gemäss, in die Juraformation versetzt, Glanz- 
schiefer aber nicht besonders hervorhebt. 

G'iranp in seinen ,,Geologischen Wanderungen im Wallis, 
Vivarais, Velay. Halle 1861‘ halt an der Srupgr’schen Einthei- 
Jung der Grünen- und Grauen- , einschliesslich der Anthracit- 
schiefer fest und betrachtet den Quarzit (Verucano) als dem 
bunten Sandstein der Trias aquivalent, ohne den Dolomit 
naher zu bestimmen. 

Obne auf diese vorerwahnten Gesteine näher einzugehen, 
ist bier als bemerkenswerth hervorzuheben, dass die Lagerung 


241 


der Grunen- und Grauen Schiefer mit den umgebenden Ge- 
steinen auch in dem Terrain zwischen Turtmann - und Anni- 
viers-Tbal im Allgemeinen der in dem ganzen Centralmassiv der 
Alpen beobachteten Fächerstructur entspricht, dass das Einfallen 
der Schichten daher generell ein verkehrtes, nach Süden ge- 
richtetes ist und das Generalstreichen der Schichten von Sud- 
west nach Nordost in Stunde 3 bis 5 gebt, während an den 
bezeichneten Betriebspunkten das Schichtenstreichen, wohl 
durch Sattel- und Muldenbildungen bedingt, ein hiervon ab- 
weichendes in Stunde 9 bis 11 iet. 

Die Grünen- und Grauen Schiefer sind ihrer Structur nach 
kaum zu unterscheiden; beide sind dünnflaserig und folgen in 
den dunnsten Flasern dem Schichtenstreichen und -Einfallen. 
Io der Zusammensetzung treten allerdings Verschiedenheiten 
hervor, welche sich dahin zusammenfassen lassen, dass die 
Granen Schiefer eine vorwiegend chloritisch-talkige Zusammen- 
setzuug haben, während die Grauen Schiefer sich mehr den 
Tbonschiefern mit Kalkausscheidungen nahern. Besondere 
Anzeichen, welche auf den metamorphischen Charakter der 
Grunen Schiefer schliessen lassen möchten, habe ich an den 
hierzu vorzugsweise geeigneten Stellen, da wo Erzlagerstatten 
auftreten, nicht beobachten können ; dagegen möchten sie wohl 
als das älteste geschichtete, den Graniten und Gneissen des 
Alpenmassivs aufgelagerte Gebirgsglied anzusehen sein. 

Nach den bisherigen Resultaten des Betriebes auf den 
Nickelerzgruben Grand Praz und Gollyre bei Ayer im Anni- 
viers- Thale, deren Lagerstatten auf der Uebersichtskarte in 
1600 und 1640 Meter Hohe über dem Meere verzeichnet sind, 
kommen die daselbst im Grünen Schiefer einbrechenden Nickel- 
erze (Roth- und Weissnickelkies) gangartig vor, indem die in 
Stunde 4—5 streichenden Lagerstätten hauptsächlich im Ein- 
fallen die Gebirgsschichten durchsetzen. Die Veredelung der 
Gänge ist an schwefelkiesreiche Schichten gebunden, welche 
demnach als Leiter beim Ausrichten der Erzmittel dienen und 
die Gangmasse besteht vorzugsweise aus Braunspath. (A. OssExt 
in Siders. Ueber die Erzlagerstätten im Anniviers - Thale und 
den Hattenbetrieb zu Siders. Berg-* und Hüttenmanniscbe 
Zeitung von B. Krrı und F. Wimmer, Jahrg. XXXII.) 

Wesentlich verschieden hiervon ist das Auftreten der Cobalt- 
Nickelerze an den oben bezeichneten Betriebspunkten. Das- 
selbe ist namlich lagerartig, und da auch die Erze wesentlich 
verschieden von denen im Anniviers-Thale sind, so charakte- 
risiren sich diese auch wohl fruber schon bekannten, aber 
neuerdings erst weiter aufgeschlossenen Erzvorkommen als 
einer vielleicht anderen Zone der Granen Schiefer angehörige 
Ablagerungen, welche nach den bisherigen Ermittelungen eine 





242 


grossere, wenn auch noch keine so intensive Verbreitang, wie 
diejenigen im Anniviers-Thale zu haben scheinen. 

Nach den bisherigen Aufschlüssen gehören die Erzabla- 
gerungen am Kaltberge und der Créte d’Omberenza wabrschein- 
lich einer und derselben Schieferzone an und ohne Zweifel 
wird sich ein gleiches Verhältniss ergeben, wenn die noch 
nicht weit gediehenen Aufschlüsse am Turtmann - Gletscher, 
einschliesslich des auf der Uebersichtskarte mit aufgetragenen 
neuesten Cobalt- und Nickelerz - Aufschlusses bei Zerbitzen im 
Turtmann-Thale eine weitere Einsicht in die dortigen Verbält- 
nisse gestatten. Wenn man daher die jetzigen Aufschluss- 
punkte als Grenzpunkte einer erzbaltigen Zone der Grünen 
Schiefer anseben wollte, 80 wurde sich schon ein weiter unten 
in seinem Umfange noch festzustellendes, ansehnliches Gebirgs- 
terrain herausstellen, in welchem Cobalt-Nickelerze mit gedie- 
genem Wismuth, vielleicht auch Schwefelwismuth, vorzugsweise 
abgelagert zu sein scheinen, da sich nach der Art der Erz- 
ausscheidung ein haufigeres Auftreten von Lagerstätten voraus- 
setzen lasst, so lange die Bedingungen hierzu in der Ent- 
wickelung der charakteristischen Talk - Glimmerschiefer vor- 
handen sind. 

Am ersten Betriebspunkte, dem Kaltberge zahlt man 
bis jetzt innerhalb einer etwa 50 Meter mächtigen Schicht der 
Grünen Schiefer, und zwar in der dunkelen talkigen Varietat 
7 aufgeschlosseue Erzlager oder Contactgange, welche in 
Stunde 9—10 streichen und mit 30—40 Grad nach Südwest 
einfallen. Da indess die Gange 1 und 2, vom Liegenden aus 
beginnend, nur 3 Meter, die Gänge 2 und 3 ca. 17 Meter 
von einander entfernt sind, und die übrigen Gänge in Abstan- 
den von ca. 1!/, bis 3 Meter von einander folgen, da ferner 
die aus Braunspath, Talkschiefer und Quarz bestehende Gang-, 
resp. Lagermasse den Schichten conform liegt und eine weitere 
Untersuchung der Gebirgszwischenmittel noch Erzaufschlusse 
erwarten lasst, so durfte die Ansicht, dass man es hier mit 
einer zusammengehörigen mächtigen Lagermasse zu thun hat, 
einer gewissen Begründung nicht entbehren. 

Die Lagerstatten -sind bisher nur auf verhaltnissmassig 
geringe streichende Längen von höchstens 25 Meter und auf 
die geringe Tiefe von ca 18 Meter untersucht worden, so dass 
deren Charakter sich noch nicht vollständig beurtheilen lasst. 
Auf den Gängen 1 und 2 sind die Erze einige Zoll (schwei- 
zerisch) mächtig ausgeschieden, während dieselben auf dem 
Gange 3 in derben Ausscheidungen bis zu 8 und 10 Zoll 
mächtig vorkommen und auch der Gang 4 ein dem letzteren 
gleiches Verhalten bezüglich der Erzführung zeigt. Der Gang 5 
weist Erzausscheidungen bis zu 6 Zoll Mächtigkeit nach, da- 


243 


gegen sind die Gänge 6 und 7 bisher nur einige Zoll mächtig, 
Cobaltbluthe und eingesprengte Erze entbaltend, untersucht 
worden. Die grösste streichende Aufschlusslänge ist bei den 
Gängen 1 und 2 mit 25 Meter, bei dem Gange 3 mit 15 Meter 
und bei dem Gange 5 mit 13 Meter, die grösste Aufschluss- 
tiefe bei dem Gange 3 mit 18 Meter vorhanden. 

So regelmässig auch am Kaltberge an den überall ent- 
blossten steilen Felsgehangen die Schieferschichten auftreten 
und so conform auch die Lagerstatten den Schichten zu folgen 
scheinen, so wenig Regel lasst sich bis jetzt noch in die Erz- 
fabrang bringen. Eine Continuität derselben ist meist am 
Aasgehenden durch das Auftreten von Cobaltblüthe nachge- 
wiesen; die derben Erzausscheidungen zieben sich indess nicht 
eontinuirlich fort, sind auch, wie es bis jetzt den Anschein 
bat, nicht an Querklufte, welche das Gestein häufig unausge- 
füllt durchsetzen, gebunden, dagegen kann der Braunspath als 
der Erzbringer angesehen werden, da die Erze hauptsächlich 
mit demselben in Gemeinscbaft einbrechen. Bei weiteren Auf- 
schlüssen, namentlich einer Durchquerung der Lagerstätten in 
einer grösseren Tiefe, wird sich ohne Zweifel in dem Erz- 
vorkommen eine Regel herausstellen und es werden sich, 
ähnlich wie auf den Gruben zu Ayer, die Bedingungen, unter 
welchen die edlen Erzmittel vorkommen, ermitteln lassen. In 
dieser Beziehung verdient erwähnt zu werden, dass die Grünen 
Schiefer überall da, wo sie Schwefel-Magnet- und Arsenkies 
ausgeschieden enthalten, grössere Anlagen zu Nickelerz - Aus- 
scheidungen, wie an Schwefelkies - freien Stellen, zeigen. 
Schwefelkies, wenn auch nicht in derbeu Ausscheidungen, wohl 
aber in eingesprengtem Zustande, ist in den Grünen Schiefern 
überaus häufig verbreitet und seine Anzeichen werden auf 


weite Entfernungen dadurch erkannt, dass an den Verwitte- 


rungsstellen des Gebirges sich stark braune, von Eisenoxyd- 
hydrat berrührende Stellen auf den nackten Felsen zeigen. 

Das Vorkommen von gediegenem und Schwefelwismuth, 
welches innerhalb der Lagermasse häufiger, jedoch nie in 
derberen , grösseren Partieen einbricht, ist bisher auf die 
Gange 3 bis 7 beschränkt geblieben; bemerkenswerth ist sein 
Vorkommen insofern am Kaltberge, als hier die Erze lagerartig 
vorkommen, während es zu Ayer bei gangartigen Lagerstätten 
fehlt und nur dort auch auf Contactgangen bemerkt worden 
ist, welche von den Gängen auf den Gruben Grand Praz und 
Gollyre durchsetzt werden. 

DerAufschluss am Turtmanngletscher zeigt eine 
ähnliche Lagerstätte wie am Kaltberge; dieselbe streicht bei 
sudwestlichem Einfallen gleichfalls in Stunde 9—10 und ent- 
halt bis zu 4 Zoll mächtige Ausscheidungen von Weissnickel- 





244 


kies; sie ist ca. 1500 Meter vom Kaltberge entfernt und liegt 
in einem ca. 360 Meter tieferen Niveau als die Lagerstätten 
daselbst. 

Das Erzvorkommen auf Grube Plantorenz hat 
man bisher als gangartig bezeichnet; es scheint mir indess von 
den beschriebenen Vorkornmen am Kaltberge kaum abzuweichen 
und zeigt nur insoweit einen Unterschied, als in der mächtiger 
als am Kaltberge entwickelten Lagermasse, welche sich zum 
Theil über den Gebirgsgrat, die Crête d’Omberenza , hinzieht, 
vielfach Querklüfte vorkommen, in welche sich die Lagermasse 
gangartig hineinzieht und so Veranlassung zu den sogenannten 
Bankbildungen giebt, wie sie bei den Rheinisch-Nassauischen, 
beinahe den Schichten eingelagerten Gängen sehr häufig sind. 
Im grossen Ganzen muss indess die Lagerstätte gleichfalls 
wie die am Kaltberge in Stunde 9—10 streichend und mit ca. 
35 Grad südwestlich einfallend als lagerartig und der Erzzone 
der Grünen Schiefer angehörig angesehen werden. Die Erz- 
führung der Lagerstatte ist ahnlich wie am Kaltberge; der 
Gangart gesellt sich Schwerspath hinzu; die meist in Weiss- 
nickelkies bestehenden Erze kommen indess nur nesterartig 
und wie es bis jetzt den Anschein bat, an Querklufte gebun- 
den, vor. Auch hier treten am Ausgehenden unausgefullte, 
quer gegen die Schichten gerichtete Klufte auf, welche sich in 
das Innere des Gebirges mit verminderter Mächtigkeit hinein- 
ziehen. 

Die Aufschlüsse auf Grube Plantorenz bewegen sich nur 
am Ausgehenden der Lagerstätte, welches sich, von der Crête 
d’Omberenza nach Süden steil herabziehend , auf eine grosse 
Entfernung verfolgen lasst. 

Hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung der Erze 
an den drei erwähnten Betriebspunkten lasst sich nach den 
bisherigen Resultaten der Analysen, bei welchen meist nur ein 
praktisches Interesse zur Bestimmung des Nickel- und Cobalt- 
gehaltes verfolgt worden ist, eine Formel noch nicht auf- 
stellen. Während bei den Erzvorkommen im Anniviers-Thale 
der Nickelgehalt vorwiegend ist, der Cobaltgehalt dagegen 
mehr zuracktritt und nur arsenikalische Verbindungen auftreten, 
berrscht im Turtmann-Thale im Allgemeinen der Cobaltgehalt 
vor und auch bei uberwiegendem Nickelgehalt sind neben den 
arsenikalischen noch Schwefelverbindungen vorhanden. 

Die Analyse von Roth- und Weissnickelkies aus dem 
Anniviers-Thale gemischt, nach Dr. Brauns ergab 


Nickel . . . 28,58 
Cobalt . . . 10,30 
Arsenik . . 61,12 mit etwas Eisen und Schwefel; 





245 


eine Analyse von Rothnickelkies (Kupfernickel) an 


Nickel ... 30,83 — 38,90 
Cobalt ... 8,90— 1,20 
Arsenik . . . 60,77 — 59,90 


eine solche von Weissnickelkies (Chloantit) nach Bertin: 


Nickel .. 26,75 
Cobalt... 108 | 32,08 
Eisen... 1,40 
Arsenik . . 65,02 
Schwefel . 2,99 


Die bisherigen Verkaufs - Analysen für die Erze vom 
Kalıberg ergeben hei Haudscheidung im Durchschnitt: 


Cobalt ... 7—8 p(t. 
Nickel. . ..35—4 
Wismutb .. 2—3 


Bei reinen Erzen des Kaltberg ergaben sich nach 
Aualysen von 


Dr. Brauns: 


Nickel ,,...., 17,5 

Cobalt ....... 10,5 

Arsenik 

Schwefel 72,0 

der Bergschule zu Luttich: 
Cobalt ..... 9,60 . . 13,70 
Nickel ..... 8,75 . . 41,42 
Wismuth.... 2,11 . . 0,89 
Arsenik 


Sent ++ 36:00 . . 16,20 


(sonst Eisen, Thonerde, Magnesia und unloslicher Rückstand). 


Nach Dr. Bravuns entbielt das Erz vom Tartmann- 
Gletscher: 


Arsenik 
Schwefel 








246 


Aus dem Zusammenvorkommen der Arsen- and Schwefel- 
verbindungen geht hervor, dass die Erze wahrscheinlich aus 
einem Gemisch von Glanzkobalt oder Speisskobalt mit Weiss- 
nickelkies und Rothnickelkies bestehen. Weiter fortgesetste 
Analysen werden hierüber noch nähere Aufschlusse geben. 

Da bei den Cobalt-Nickelerzen der Grube Plantorenz der 
Nickel - gegen den Cobaltgehalt vorwiegt, so stellt sich die 
auffallende Erscheinung heraus, dass die Wasserscheide zwi- 
schen Turtmann- und Anniviers-Thal einen Unterschied in den 
Gebalten der Erze bezeichnet, indem das Gebirgsgebänge des 
ersteren Thales mehr Cobalt, das des letzteren mehr Nickel 
enthalt, was wohl in der lagerartigen Natur der Erzvorkommen 
auf der einen und in der gangartigen auf der anderen Seite 
seine Begründung finden möchte. | 

Den Festlegungen der verschiedeuen Aufschlusspunkte 
auf der Uebersichtskarie gemäss ergiebt sich innerbalb der 
Grünen Schiefer eine Nickel-, Cobalt- und Wismuth-Erz - fuh- 
rende Zone von mehr als 6 Kilometer Länge in horizontaler 
Projection mit den Endpuukten Ayer im Anniviers- und Zer- 
bitzen im Turtmann - Thale, welche ihre grösste Breiten - Aus- 
dehnung von mehr als 2 Kilometer im Turtmann - Thale zwi- 
schen den Aufschlusspunkten am Turtmann-Gletscher und bei 
Zerbitzen hat. 

Der tiefste Aufschluss liegt bei Ayer (Grube Grand Praz) 
in 1600 Meter Höhe uber dem Meere, der höchste an der 
Créte d’Omberenza (Grube Plantorenz) in 2990 Meter Hohe; 
es ergiebt sich sonach am Gehänge des Anniviers - Thales die 
gewaltige Niveau-Differenz von 1390 Meter. Am Gehange des 
Turtmann-Thales stellt sich dagegen zwischen den Aufschluss- 
punkten Plantorenz (2990 Meter) und Zerbitzen (2140 Meter) 
eine zwar geringere, aber immer doch noch wesentliche Niveau- 
Differenz von 850 Meter heraus. 

Sind auch die Erzvorkommen, wie dies in der Natur der 
Nickel-, Cobalt- und Wismuth - Erzlagerstätten liegt, nicht 
massenhaft, so eröffnen die Entfernungen im Streichen und in 
der Mächtigkeit der Schichten, namentlich aber die Höhen- 
unterschiede der Vorkommen, verbunden mit der früheren 
nicht unerheblichen Förderung auf den Gruben Grand Praz 
und Gollyre und den neuen Aufschlüssen am Kaltberg und auf 
Plantorenz, Aussichten auf einen vielleicht ausgedehnteren 
Bergbau auf die augenblicklich sehr werthvollen Cobalt- und 
Nickelerze in den Walliser Alpen. 

Bei den Vorkommen in den verschiedenen Niveaus hat 
man es zwar immer mit verschiedenen Lagerstätten zu thun; 
dennoch ist durch das Auftreten der Erze in denselben Schich- 
ten der Nachweis geliefert, dass dieselben auf die angegebenen 


. m ai ies wine eigen meme À = 


247 


Niveau-Differenzen niedersetzen und ebensowenig möchte es 
za bezweifeln sein, dass die Lagerstätien auf Kaltberg und 
Plaotorenz , welche der Verwitjerung auf den höchsten Berg- 
graten getrotzt haben, im Streichen auf lange Entfernungen 
aushalten. Wäre der Zusammenhang einer Lagerstätte zwischen 
dem höchsten und tiefsten Punkte (1390 Meter Differenz) nach- 
gewiesen, 80 wurde ein bedeutenderes Niedersetzen der Lager- 
statten, als zu Przibram in Böhmen, wo man auf denselben 
Gangen eine Tiefe von 1000 Meter erreicht hat, vorhanden sein. 

In genetischer Beziehung bieten die Lagerstätten ein 
grosses Interesse, doch sind die Aufschlüsse noch nicht weit 
genug gediehen, um hierüber feste Anhaltspunkte zu gewinnen; 
nor möchte jetzt schon die Annahme gerechtfertigt sein, dass 
die Erze nicht allein bei den wahren, sondern auch bei den 
Contactgängen secundar und zwar aus nassen Lösungen nieder- 
geschlagen worden sind und dass eine Wechselwirkung in der 
Bildung mit den zahlreich in den Grünen Schiefern vorkom- 
menden Schwefel- und Arsenkiesen vorhanden gewesen sein muss. 


248 


8. Der Glaukephan und die Glankephan führenden 
Gesteine der Insel Syra. 


Von Herrn Orro Lurvecxe in Halle. 
Hierzu Tafel VII. 


Die Insel Syra im aegaeischen Meere liegt in der Mitte 
der Cycladen; sie ist der Mittelpunkt des Verkehrs jener Insel- 
gruppe und daher auch in mercantiler Hinsicht nicht unwichtig. 
Ibr Umfang betragt nach ViaLer ungefähr 25 Meilen; sie 
ist sehr gebirgig. Ihre Hohenzuge werden vorzüglich darch 
Glimmerschiefer zusammengesetzt; an einzelnen Stellen tritt 
der denselben unterteufende Gneiss zu Tage. Der Glimmer- 
schiefer hat verschiedene Einlagerungen — une nombreuse 
suite des plus belles Roches (VırL.er) — von welchen der 
Eklogit, sowie der Disthenfels schon längere Zeit bekannt 
sind. Die Hauptstadt der Insel, Hermupolis, ist durch eine 
Schlucht in zwei Theile getrennt; die obere Stadt steigt an 
dem kegelartigen Gehänge eines Bergausläufers empor. Dieser 
Berg besteht wesentlich aus Marmor, der mit Glimmer- und 
Hornblendegesteinen wechsellagert, die zum Theil in stark 
gewundenen Schichten vorkommen und Adern von Quarz und 
Siderit führen. Im Allgemeinen entspricht der Osthang der 
Berge den Schichtflachen, die etwas steileren Westhange zeigen 
die Schichtkopfe. 

Die Bergkuppen in der Nähe der Stadt bestehen fast alle 
aus diesem Marmor, der oft sonderbar zerfressen ist und in 
welchem sich Flechten geradezu einbohren; er ist etwas blau- 
lich oder grau, zuweilen pyrithaltig und führt in manchen 
Lagen viel Glaukophan. Im Südwesten der Stadt tritt der 
Marmor zurück und es treten Thonschiefer, Thonglimmer- 
schiefer und Glimmerschiefer auf, welche oft recht reich au 
Granat und Hornblende sind.*) 

Der höchste Punkt der Insel ist der Pyrgos, angeblich 
eine Hohe von 780 Meter (Expédition scientifique sur Moree II. 
pag. 70), nach den Messungen von K. v. Fritson und W. Reiss 
ist er jedoch nur 323 Meter hoch. Auf Tafel 35 desselben 
Werkes findet sich eine Abbildung von Hermupolis mit deren 
nächsten Umgebungen; auf ihr findet sich auch der Pyrgos mit 


*) Nach Privatmittheilang des Herrn Prof. Dr. v. Fuıtsce. 


249 


abgezeichnet; es ist der höchste Berg auf der linken Seite des 
Beschauers. Im Hintergrunde des Bildes, hinter dem Hafen- 
eingang der Stadt Syra sieht man die Berge der Insel Tinos; 
daran schliesst sich lioks unmittelbar hinter dem mit vielen 
Schiffen erfüllten Hafen ein Hohenzug auf Syra, welcher, un- 
mittelbar aus dem Meere aufsteigend, auf seiner Höhe das 
Kaffeehaus ,Skarbeli* trägt. Hier steht der Glimmerschiefer 
an, und weiter am Berghange hinauf finden sich die Gesteine 
als Einlagerung im Glimmerschiefer, welche ich der Güte des 
Herrn Prof. Dr. v. Fritsch verdanke. Es sind dies die in der 
folgenden Beschreibung als „Glaukophan - Eklogit, Eklogit- 
glimmerschiefer, Smaragdit-( hloritgestein, Glaukophan-Epidot- 
gestein und Omphacit - Zoisitgabbro* beschriebenen Gesteine. 

Herr Prof. v. Fritsch hat dieselben gelegentlich seiner 
Reise nach Santorin im Jahre 1866 auf Syra selbst geschlagen. 
Die übrigen unten beschriebenen Gesteine verdanke ich Herrn 
Fouqué in Paris, dem ich für die Bereitwilligkeit, mit welcher 
er mir sein Material zur Verfügung stellte, hier meinen 
warmeten Dank abstatte; besonders aber kann ich an dieser 
Stelle richt unterlassen, meinen hochverehrten Lebrern, dem 
Herrn Prof. W. Heintz und dem Herrn Prof. v Frirson den 
tiefgefühltesten Dank abzustatten für die Hingebung, mit wel- 
cher sie mich in das Studium der Chemie, der Mineralogie 
und Petrographie eingeführt baben und für die Unterstützung, 
die sie mir bei der Ausführung der vorliegenden Arbeit durch 
Ratb und That zu Theil werden liessen. 

Es sei mir zunächst gestattet, die Gemengtheile der Ge- 
steine von Syra näher zu charakterisiren, 


Kapitel I. 
Mineralogisches. 


1. Der Glaukophan. 


Der Glaukophan von Syra krystallisirt in Säulen, deren 
Flächen einen Winkel von ungefähr 124° miteinander bil- 
den. Im Glimmerschiefer der Insel Syra erreichen die Säulen 
eine Grösse von 20 Mm. und eine Breite von 7 Mm. Hier 
tritt an einzelnen Krystallen zu den beiden Säulenflächen noch 
eine dritte, welche die spitzen Säulenkanten abschneidet. Die 
Säulen sind im Glimmerschiefer häufig büschelförmig ange- 
ordnet und krumm gebogen. Der Winkel der Säule wurde 
gemessen und gleich 124° 50’*) gefunden. In den Glauko- 


*) Mittel aus 4 Messungen. 


250 


phanschiefern , welche ich weiter unten näher beschreiben 
werde, sind die Krystalle des Glaukophans bedeutend kleiner; 
die grössten erreichen hier eine Lange von höchstens 3 Mm. 
und eine Breite von 1—1,5 Mm. Auch an diesen Krystallen 
wurde der Säulenwinkel gemessen und gleich 125° 9’*) ge- 
funden; sie zeigen ebenfalls, wie die aus dem Glimmerschiefer , 
jedoch bei weitem seltener, die Abstumpfungsfläche der spitzen 
Saulenkanten. Einzelne Handstucke der Glaukophanschiefer 
und der Glaukophan - Eklogite der Westseite der Insel Syra, 
welche Herr Fougut sammelte, zeigen den Glaukophan in 80 
feinen Säulchen, dass man sie makroskopisch fast nicht mehr 
als solche erkennen kann, und dass das Gestein ein seiden- 
gläuzendes Aussehen erbält. Der Säulenwinkel des Glauko- 
phans aus einer Glaukophan - Eklogit - Varietät, welche schon 
zur Schieferung neigt und durch den hinzutretenden Glimmer 
den Uebergang zu den sogen. Eklogitglimmerschiefern ver- 
mittelt, wurde ebenfalls gemessen.**) Aus jenem Handstuck 
wurde senkrecht zur angedeuteten Schieferung eine Lamelle 
herausgeschnitten, welche die feinen Glaukophansäulchen in 
vielen rhombenartigen Durchschnitten besass; sie zeigten durch- 
schnittlich einen Winkel von 124°. Parallel mit ihrer rau- 
tenformigen Umgrenzung verlaufen in diesen Glaukophan- 
durchschnitten feine Linien, welche von Sprüngen herrabren, 
die den Glaukophan parallel seiner Säulenspaltbarkeit durch- 
ziehen. Diese Spaltbarkeit, parallel den Saulenflachen von 
124°, konnte auch makroskopisch an den Glaukophanen der 
Glimmerschiefer bemerkt werden. In dem Glaukophan-Epidot- 
gestein sind die Glaukophansäulen viel dicker als die Glau- 
kophane des Glimmerschiefers und der übrigen Gesteine, 
welche als Einlagerungen im Glimmerschiefer vorkommen und 
Glaukophan führen. Sie umschliessen hier Ompbacite, wie 
dies auch schon RosensuscH***) beobachtet hat: „Der Glau- 
kophan ist mit einem diallagartigen Smaragdit verwachsen, den 
er auch umschliesst.*“ Während der Glaukophan in den Syra- 
Gesteinen überall in kleinen Säulchen auftritt, welche alle jene 
charakteristische Hornblendespaltbarkeit zeigen, hat dagegen 
der Glaukophan-Zoisit-Omphacit - Schiefer von Syra denselben 
zum Theil in rundlichen, unbestimmt begrenzten Darchschnitten, 
welche Körnchen anzugehören scheinen. Die Enden der Glau- 
kophansäulchen sind gewöhnlich nicht von scharfen Flächen 


*) Mittel aus 15 Messungen. 
**) Mikroskopisch. 
***) Mikroskopische Physiograpbie pag. 342. 








251 


begrenzt; entweder sind sie treppenartig begrenzt, welche Form 
durch abwechselndes Auftreten der Säulenflächen und einer 
zor Saulenkante scheinbar schief aufgesetzten Fläche entsteht; 
oder die Krystalle losen sich am Ende in mikroskopische 
Saulchen auf, die unbestimmt begrenzt sind. Jene zur Saulen- 
kante schief aufgesetzte Fläche konnte an den mikroskopischen 
Saulchen öfter beobachtet, doch konnte ihre Neigung zu den 
Säalenflachen nicht festgestellt werden. Vor kurzer Zeit sind 
mir durch Herrn Dr. Hintze in Strassburg Glaukophane von 
Zermat zugekommen, welche ebenfalls die Säulenflächen und 
die Abstumpfangsflachen der spitzen Sanlenkanten zeigen; doch 
auch sie haben keine bestimmten Endflächen; nur an einem 
Krystall erscheint noch ein Querdoma von sehr rauher Be- 
schaffenheit. Die Krystalle kommen also alle in der Säule 
und dem Klinopinakoid überein; wie schon ROSENBUSCH an- 
deutet, dürfte er demnach dem moñoklinen Systeme zuge- 
rechnet werden. Optische Untersuchungen in Bezug auf Lage 
der optischen Axen und Brechungsexponenten konnten leider 
nicht ausgeführt werden, da weder der Raum, noch die dazu 
nothwendigen Instrumente vorbanden waren. Ueberall zeigt 
der Glaukophan lebhaften Glasglanz; der Querbruch ist bei- 
nahe eben bis klein muschlig und matt. Die Härte des Glau- 
kophans beträgt 6; sein specifisches Gewicht wurde von 
SCHNEDERMANN gleich 3,103 — 3,108 — 3,109 und 3,113 ange- 
geben; eine Bestimmung, welche ich vornahm, ergab 3,101. 
Sein Pulver ist blaulich-grau. Vor dem Löthrohr wird er 
schmutzig-gelb und schmilzt zu einem olivengrünen Glase, 
welches jedoch nicht magnetisch ist, wie Hausmann angiebt. 
Von Salzsäure und Schwefelsäure wird er angegriffen, aber 
nicht vollkommen zerlegt; der salzsaure und schwefelsaure 
Auszug reagirt lebhaft auf Eisen; auch im zugeschmolzenen 
Rohr wird er von Schwefelsäure, welche mit !/,, ihres Ge- 
wichts Wasser versetzt war, nicht zerlegt; obgleich er 24 Stun- 
den lang auf 210° C. im zugeschmolzenen Rohre mit Schwefel- 
säure erhitzt und diese Erhitzung noch 12 Stunden bei 300° 
C. fortgesetzt wurde, wurde er doch nicht zerlegt. Koblen- 
saures Natron und kohlensaurer Baryt zerlegen ihn voll- 
ständig; auch Borax thut dies vollständig, wobei ein starkes 
Aufschäumen, wie es SCHNEDERMANN bemerkt haben will, nicht 
beobachtet wurde. Die erste quantitative Analyse wurde von 
SCHNEDERMANN angefertigt; er erhielt für den Glaukophan fol- 
gende procentische Zusammensetzung: 


Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIII. 2. 17 








hn nn mm 


252 


Kieselsaure . . . 56,49 
Thonerde . . . . 12,23 
Eisenoxydul. . . 10,91 


Manganoxydul . 0,50 
Magnesia .... 7,97 
Calciumoxyd .. 2,25 
Natriamoxyd . . 9,28 

99,63 


Aus dieser procentischen Zusammensetzung des Glauko- 
phans berechnet RAMMELSBERG in seiner neuesten Auflage der 
Mineralchemie folgende Verhältnisse: 


R: 


woraus die Formel 


folgt. 


Na: R 
Al?; Si 


— 
—— 

— 

— 


3,3:1: 7,8, 


Na? SiQ3 
3R SiO* 
Al? Si? O° 


1:1,33 und 


Eine Analyse, welche ich angefertigt habe, giebt fur den 
Glaukophan folgende procentische Zusammensetzung: 


Kieselsaure . 
Thonerde . . 
Eisenoxydul. 


Manganoxydul. . 
Magnesia .... 
Calciumoxyd . . 


Natriumoxyd 


und daber die Formel 


. . 55,64, woraus Si . . 0,927 folgt 
.. 15,11, 4,  Al..0,293 ,, 
u. 9,9, »  Fe.. 0,187) „ 
0,45, ; Mn. . 0,007 = 
7.7, 7 Mg. . 0,192 (B= 087 
2,3, » Ca... 0,041’) „ 
.. 9,24, 9 Na. . 0,298 9 
Aus dieser Analyse folgen folgende Verhaltnisse: 
Al:Na = 1:1 
Na:R = 1:1,26 
R: Alb: Si = 2,4:2:6,3 
Na? Si 0% 
2 R SiO? 
| Al? Si? O° 


Eine nähere Untersuchung uber die Oxydationsstufe, in 
welcher sich das Eisen im Glaukophan befindet, ergab nun, 





259 


dass es sowohl als Oxydul, wie auch als Oxyd vorbanden ist. 
Folgende Analyse giebt die Verhaltnisse an, in welchen sich 
beide Oxydationsstufen im Glaukophan befinden: 


Kieselsäure . . . 55,64; hieraus folgt: a . + 0,927 

Thonerde . . .. a ‘5 ss . 0,293 

Eisenoxyd . 3,08 55 43 ee . 0,079 

Eisenoxydul . ...6,85 * » Fe . 0,049 
Manganoxydul . 0,56 9 » Mn . 0,007 es 
Magnesia .... 7,8 ss » Mg . 0,192 R= 0,282 
Calciumoxyd .. 2,4 55 „ Ca. . 0,041 
Natriumoxyd .. 9,34 ae » Na . 0,298 


Aus der procentischen Zusammensetzung folgen die Ver- 
baltuisse : 
Si: Al :Fe:kR  : Na — 
10,83 : 3,42 : 1 : 3,29 : 3,48 


oder ungefahr 
21:6 : 2: 6 : 6, 
woraus die Formel 
3 Na? SiO’ 
6 R Si O0? 
3 Al? Si? O° 
Fe? Si? 0°? folgt. 
Der Glaukophan schliesst sich also einerseits den natrium- 


und eisenreichen, andererseits aber auch den aluminiumhal- 
tigen Angiten und Hornblenden an. 


Aehnlich constituirt sind nach RAMMELSBERG die natrium- _ 


und eisenreichen Augite und Hornblenden; nach seiner Ana- 
lyse ist die procentische Zusammensetzung des Asvicosoutte 
von Gronland folgende: 


1. 2. 

Kieselsaure ..... 51,22 

Thonerde ...... Spar 
Eisenoxyd . ..... 23,75 25,37 
Eisenoxydul . . . .. 7,8 5,93 
Manganoxydul.... 1,12 
"Caleinmoxyd..... 2,08 

Magnesia. ...... 0,90 
Natron... .. x. . 10,58 

Kali ..... ». +e 0,68 
Glabverlust ..... 0,16 ° 


17* 





Se eu En Se SS Se En ee 3 


254 


woraus folgende Verhaltnisse folgen: 


1. Na:R = 1,9:1..R:R=1:1,2.. R:Si = 1:10 
2. = 2,3:1 = 11 
Diesen Verhaltnissen entspricht die Formel 
Na? SiO° 
R SiO?° 
Fe? Si? O° 


Auf eine ganz ähnliche Formel führt die v. KoBeLL'sche 
Analyse*), welche folgende procentische Zusammensetzung für 
den Arvfedsonit von Grönland giebt: 


Chlor ...... 0,24 
Kieselsäure . . . 49,27 
Thonerde .... 2,00 
Eisenoxyd. . . . 14,58 
Eisenoxydul . . 23,00 
Manganoxydul . 0,62 
Calciumoxyd .. 1,50 
Magnesia .... 0,42 
Natron ..... 8,00 


Aus der Analyse folgen die Verhaltnisse: 
Na:R=1:14..R:R= 1:33... R:Si= 1:1,0 


Nimmt man zur Berechnung der Formel Na:R = 1:1,5 
und R:R = 1:3,0, so erhält man die Formel: 


Na, SiO, 
3 R SiO, 
Fe? Si! 0%, 


eine ganz ähnliche Formel, wie sie aus SCHNEDERMANN’s und 
aus meinen Analysen fur den Glaukophan folgt. Ebenso con- 
stituirt sind die an Natrium und Eisen reichen Augite; Rax- 
MELSBERG berechnet aus einer Analyse, welche er in seiner 
Mineralchemie pag. 405 giebt, folgende Formel für den Achmit 
von Rundemir in Norwegen: 


5 Na? SiO? 
2 Fe SiO’ 
4 Fe? Si?’ O° 


*) Journal für pract. Chemie 13. 3. 91. 144. 





255 


, Auch der Aegirin von Brevig- in Norwegen lasst eine 
ganz ähnliche Zusammensetzung erkennen, RAMMELSBERG be- 
rechnet aus seiner Analyse die Formel: 


Na? Si Of 
2 R Si O° 
Fe? Si? O° 


Der Glaukophan hat also eine ähnliche Zusammensetzung 
wie die Augite und Hornblenden; er steht, wie schon oben 
bemerkt wurde, in der Mitte zwischen den natrium- und eisen- 
reichen Augiten und Hornblenden einerseits und den alumi- 
niumhaltigen andererseits; er ist also auch denselben im che- 
mischen Mineralsystem anzureihen, zumal auch seine optischen 
und krystallographischen Eigenschaften ganz mit denen des 
Arvfedsonits übereinstimmen. Wie wir schon oben gezeigt 
haben, hat RAMMELSBERG schon aus der SCHNEDERMANN schen 
Analyse eine ähnliche Zusammensetzung berechnet; aber trotz- 
dem stellt er den Glaukophan nicht neben den ihm gleich 
constituirten Arvfedsonit, sondern bringt ihn unter die Gruppe: 
„Einzelne Silicate von bestimmter Zusammensetzung“, in welche 
Gruppe er alle die Silicate von bestimmter Zusammensetzung 
bringt, welche er nicht in eine der vorhergehenden 17 Gruppen 
eingereiht bat. VirLer, welcher wobl den Glaukophan auf 
Syra zuerst beobachtet hat, hielt denselben theils für einen 
„Amphibole noire‘, theils für „Disthene“. In der Expédition 
scientifique sur Mores (pag. 66) beschreibt er den Glimmer- 
schiefer von Syra: ,,on rencontre un Micaschiste bleuätre, 
avec de nombreux cristaux d’Amphibole noire, trés-déliés et 
anlongés dans le sens des feuilles.‘“ Dieser Amphibole noire 
ist offenbar der Glaukophan, welcher überall im Glimmer- 
schiefer auf Syra vorkommt, in dicken Säulen blauschwarz 
aussieht und auch die Form der Hornblende besitzt. Weiter 
unten beschreibt er dann die Einlagerungen im Glimmer- 
schiefer*); das hauptsächlichste Gestein, welches als Einla- 


*) In der Expédition scientifique schildert Vinsar (pag. 66 ff.) diese 
Einlagerungen foigendermassen : 

„On rencontre les plus belles Roches, alternant avec les Micaschistes ; 
ce sont d’abort ceux-ci, qui, par leur mélange avec de la Diallage, du 
Disthène et des Grenats passent à l’Eklogite, Roche qui se présente sous 
mille nuances différentes, selon qu’elle contient plus ou moins de ces 
trois substances constituantes; le Mica blanc nacré s’y rencontre sou- 
veut mélangé ainsi que des parties de Feldspath blanc ou rose grenu, et 
de Amphibole verte à plus ou moins gras prismes; le Disthène est bleu 
foncé, fibreux ou bacillaire; tantôt il est confusément mélangé avec des . 
substances, tantôt il alterne avec chaucune d'elles en zones plus ou moins 
épaisses: quand il est en zones il est quelque-fois mélangé de grains 


266 . 


gerung im Glimmerschiefer vorkommt, ist der Glaakophan- 
Eklogit; derselbe besteht, wie ich unten zeigen werde, aus 
Granat, Omphacit und Glaukophan. Von Disthen ist in dem 
Gestein weder makroskopisch noch mikroskopisch « eine Spur 
zu entdecken; es kann daher Vıruer’s Disthen weiter nichts 
als Glaukophan sein, dessen kleine, hellblaue Säulchen aller- 
dings in vielen Stücken dem Disthen gleichen; jedoch charakte- 
risirt sich der Glaukophan durch seine leichte Schmelzbarkeit, 
durch seinen starken Pleochroismus, seine starke Lichtabsorb- 
tion, seine Härte und seine Säulenspaltbarkeit von 124° hin- 
langlich: Nirgends, die Paragonitschiefer von Syra ausgenom- 
men, tritt auf Syra der Disthen auf. Da nun der Disthen- 
Eklogit Virtet’s (Glaukophan-Eklogit) nach seiner Angabe 
allmalig in Disthenfels übergeht, so kann dieser natürlich auch 
nichts anderes als ein Glaukophan haltiges Gestein sein; es 
sind dies die von mir unten beschriebenen Glaukophanschiefer. 
In dem Glimmerschiefer ist der Glaukophan an einzelnen 
Stellen in ein grünes Mineral umgewandelt; dasselbe ist aus 
kleinen, grünen Säulchen aufgebaut, welche keinen Pleochrois- 
mus zeigen, wohl aber starke farbige Polarisation; sie sind 
theils parallel an einander gelagert, theils buschelformig an- 
geordnet; sie dürften wohl aus Omphacit bestehen; diese 
Erscheioung wurde in keinem der anderen Syragesteine 
beobachtet. Hingegen umschliesst der Glaukophan des 
Epidot- Glaukophan - Gesteins den Omphacit vollständig. An 
dem Zoisit- Omphacitgabbro, Varietat: Glaukophan - Zoisit- 
Omphacitgabbro kann man die. umgekehrte Beobachtung 
machen: es umschliesst hier der Omphacit den Glaukophan. 
Die Dünnschliffe des Glimmerschiefers zeigen im Glaukophan 
kleine Saulchen, deren Enden scharf rechtwinklig abgeschnitten 
sind; es sind dies abnliche Gebilde, wie sie Herr Prof. ZırkeL 
in den Thonschiefern beobachtet hat; sie zeigen weder Pleo- 
chroismus noch farbige Polarisation und sind grosstentheils 
dem Glaukophan parallel den Säulenflächen eingelagert; mehr 
oder weniger zahlreich erscheinen sie in dem Glaukophan 


d'un Grenat rouge, qui se trouve aussi au milieu da Disthene; mais 
quelquefois il est pur et forme un véritable roche de Disthène qni ont 
depuis quatre, six et huit pouces jusqu’ & un pied de puissance, s’éten- 
dent régulièrement dang toute cette formation de Roches cristailines et 
renferment ou de petits grains de Grenat, comme certaines Micaschistes 
ou des feuilles de Mica argental. Cette Roche est intéressante en ce que 
c’est le premier exemple. du moins que nous sachions, ou l’on ait encore 
cité le Dieth@ne en Roche; à la voir seule et isolée, on pourrait très- 
bien, malgré sa teinte tonte particulière, tirant toujours sur le bleu, la 
confondre avec cortaines Amphibolites noires fibreuses, que nous avons 
observées au milieu de la nouvelle ville, 





257 


aller Syragesteine, welche ich untersucht habe. Nicht ganz 
ebenso zahlreich als diese kleinen Sâalchen kommen im Glau- 
kophan rundliche, gelbgrune Fetzen eines Minerals, welches 
keinen Pleochroismus, wohl aber farbige Polarisation zeigt, 
vor; es können diese Mikrolithen einem augitischen Minerale 
zugerechnet werden. Besonders zahlreich sind sie im Glau- 
kophan des Zoisit - Omphacitgabbros (Varietat: Glaukophan- 
Zoisit-Omphacit-Gestein) vertreten; auch der Glaukophan des 
Glaukophanschiefers und des Epidot-Glaukophan-Gesteins führt 
sie; in dem letzteren sind sie an einigen Stellen kettenför- 
mig an einander gereiht (900 fache Vergresg.). Neben diesen 
Mikrolitben erscheint noch eine dritte Art; dieselben haben 
sechsseitige Umrisse, eine gelblich grüne Farbe, lebhaften 
Pleochroismus und lebhafte farbige Polarisation; sie dürften 
einer Hornblendeart zugerechnet werden. Häufiger treten diese 
Mikrolithen in den Glaukophanen des Glaukophanschiefers und 
des Zoisit-Omphacitgabbros (Varietät: Glaukophan-Zoisit-Om- 
phacit-Gestein) auf; weniger häufig zeigt sie das Epidot- 
Glaukophan-Gestein, und in den übrigen Gesteinen zeigen sie 
sich nur sehr selten oder gar nicht. Die vierte Art Mikro- 
litben, welche der Glaukophan birgt, sind lange, gelbe Saul- 
chen mit unbestimmter Endbegrenzung; Pleochroismus zeigen 
sie nicht, wohl aber starke chromatische Polarisation (Epidot). 
Am häufigsten kommen sie im Glaukophan des Glaukophan- 
Zoisit-Omphacit-Gesteins vor; weniger häufig im Glimmerschiefer. 
Alle 4 Arten von Mikrolithen zeigen sich an einzelnen Stellen 
zusammengeschaart in den parallelen Verwachsungen des Glau- 
kophans mit dem Omphacit im Glaukopban - Zoisit- Omphacit- 
Gestein. Der Glaukophan selbst zeigt starken Pleochroismus 
und starke Lichtabsorption , welche letztere Eigenschaft leicht 
za Verwechseluugen des Glaukophans mit anderen Hornblenden 
Veranlassung geben kann; daher erscheinen die Glaukophane je 
nach ihrer Lage zum durchfallenden Lichte verschiedenfarbig ; 
die Farbennuancen, in welchen sie im durchfallenden Lichte 
erscheinen, sind alle Nuancen von tiefblau bis zu einem bellen 
Gelb und röthlichen Violett. Im Smaragdit - Chlorit - Gestein 
kommt er parallel verwachsen mit dem Smaragdit vor; der 
Smaragdit ist eine dunkelgrane Hornblende, welche ebenfalls 
stark pleochroitisch ist und auch starke farbige Polarisation 
zeigt; er absorbirt das Licht ebenfalls sehr stark und zeigt im 
darchfallenden Lichte ebenso wie der Glaukophan in gewissen 
Lagen ein helles Gelb. Jene parallele Verwachsung zeigte 
nun beide Mineralien im durchfallenden Lichte hellgelb; da 
beide nach einer Säule von 134° spalten, so verliefen die 
Spaltungslinien in beiden Mineralien parallel (Figur 2) und 
man glaubte, nur eins von beiden vor sich zu haben; erst eine 





= et Ee aoe eee 2 = 


25 
gerur =” bei Weglassung des oberen, 
F Na und den Smaragdit b grün und 


as pbs À, welches das Uebergangeglied vom 
pe pe oie ja Eklogit - Glimmerschiefer * darstellt, 
“sie!” „ELBE jchen-Mikrolithen mit Hornblende-Spalt- 
rk klei Farbe; es scheinen dies Mikrolithen eines 
per vos 8 im ae re Lu ee man en 
en M1 und setzt ein Ocular ohne Nicol ein, so sieht 
= ore Niet Dreben jene kleinen Saulchen blau werden, 
man PHS) sie amgebende Glaukophan hellgelb wird; es sind 
wäbre? , Glaukopbansäulchen, welche mit ihren Hauptaxen 
dies ® jsgert sind als die grossen Glaukophane, denen sie 
ert sind. 


3. Der Zoisit. 


Der Zoisit kommt theils in rundlichen Körnchen, theils 
in Säulchen mit lebhaftem Glasglanz vor; die Säulchen zeigen 
gewöhnlich doppelte Spaltbarkeit, deren beide Spaltungsflachen 
scheinbar rechtwinklich aufeinander stehen; seine Harte ist 
die des Orthoklases. Vor dem Lothrohr schaumt er lebhaft 
auf und schmilzt zu einem wasserhellen durchsichtigen Glase; 
im Kolben giebt er nur winzige Spuren von Wasser, welches 
nur bei sehr hohen Temperaturen entweicht. Chlorwasser- 
stoffsAure zersetzt den geglühten Zoisit und schwefelsaures 
Kali erzeugt in der Lösung einen Niederschlag von Gyps. 
Seine quantitative Zusammensetzung in Procenten ist folgende: 


I IT. Mittel 


Kieselsäure . . . . . . 42,8 42,9 42,85 Si 0,716 2 
Thonerde und Spuren 

von Eisenoxyd . . . 32,8 32,4 32,6 R 0,35 1 
Calciamoxyd ..... 21,25 21,5 21,37 
Magnesia ..... .. 9,21 0,2 0205 } R 0,519 1,4 
Glühverlust (H?O) .. 2,75 2,4 2,55 


Man hat demnach die Verhaltnisse: 


H:R = 0,4:1 und 
R:R:Si = 14:1:2. 








259 


Die normalen Verhaltnisse fur die Formel des Zoisite 
und Epidots H? (Al)? Ca‘ Si® O7* nach Ramweispere! sind 
H:R = 0,5:1 und R:R:Si = 1,83:1:2; er weicht dem- 
nach nicht sehr von der typischen Zusammensetzung 

H? (Al (Fe))? Cat Si® O? ab. 

Im Dünnschliff zeigt er stets parallel seiner Hauptspalt- 
barkeit eine Streifung; die Enden der Säulen sind sehr selten 
scharf ausgebildet; parallel mit dem Streifensystem sind hell- 
gelbe, zum Theil wasserhelle Saulchen, welche an ihren Enden 
senkrecht zu den Saulenkanten abgeschnitten sind, eingelagert. 
An einer Stelle kreuzt ein anderes System von Mikrolithen 
gleicher Art dieses System von Mikrolithen, welches den 
Rissen der Spaltbarkeit parallel läuft, unter einem Winkel von 
ungefähr 30° (Figur 3). Die Mikrolithen sind weder pleo- 
chroitisch, noch zeigen sie farbige Polarisation; ausser diesen 
Mikrolithen finden sich im Zoisit noch Einschlasse von Talk, 
Chlorit und Glimmer. Der Zoisit von Syra besitzt zum Theil 
starke farbige Polarisation, zum Theil minder starke; an man- 
chen Stellen erschweren die eingewachsenen Talkblättchen die 
Beobachtung im polarisirten Lichte; er ist nicht pleochroitisch. 
Flassigkeitseinschlüsse, wie sie ROSENBUSCH*) im Zoisit von 
Gefrees beobachtete, konnten hier nicht aufgefunden werden; 
dagegen zeigt der Zoisit von Syra ebenso wie der von Ge- 
frees jene röhrenförmigen Canale, die RosenBuscH in ihm auf- 
gefunden hat; warmformig gekrümmte Röhren wurden nur 
wenige beobachtet. Im lebhaften Gegensatz zu den Zoisiten 
von Gefrees und Wustuben, welche ich vergleichsweise unter- 
suchte, stehen in Bezug auf lebhaft farbige Polarisationsfarben 
die von Sterzing; die ersteren zeigen sehr lebhaft farbige 
Polarisation, der letztere nur sehr matte. Der Zoigit von 
Sterzing zeigt ebenfalls kleine hellgelbliche Mikrolithen, welche 
nicht pleochroitisch sind, wohl aber farbige Polarisation zei- 
gen; sie dürften vielleicht den Saliten KaLkowsxy’s an die 
Seite zu stellen sein; Wasserporen und Luftporen wurden im 
Zoisit von Sterzing nicht beobachtet. Der Zoisit von Wustuben 
im Fichtelgebirge zeigt ebenfalls kleine saulenformige Mikro- 
litten, welche seiner Spaltbarkeit parallel eingelagert sind. 


3. Der Omphacit. 


Der Omphacit kommt im Gestein in Partieen von 3 bis 
12 Mm. Durchmesser vor; er besitzt hellgrüne Farbe, lebhaften 
Glasglanz und zeigt makroskopisch nur selten deutlich die 


*) Rosensusch, Mikroskopische Physiographie pag. 270. 





260 


Saulenspalibarkeit des Augits; die kleinen Saulchen, aus wei- 
chen jene Partieen des Omphacits aufgelaut erscheinen, sind 
in dieser Hinsicht schwierig zu stadiren; nur an wenigen 
Stellen konnte der Winkel der Sänlenflächen des Augits nach- 
gewiesen werden. Vor dem Löthrohr schmilzt er zu einem 
grauen Email; im Kolben giebt er etwas Wasser; seine quan- 
titative Zusammensetzung ist folgende: 


Kieselsaure . . . . 52,53 Quotient 
Thonerde ..... 4,6 

Eisenoxydul . . . . 11,8 .. Fe = 9,17 0,17 
Magnesia. ..... 16,1 .. Mg = 9,66 0,40 


Caleiumoxyd. . . . 12,8 .. Ca 
Glubverlust . . . . 1,69 


Es verhalt sich demnach Eisen zum Magnesium zum (al- 
cium wie 1: 2,36: 1,35; beracksichtigt man daher die 4,6 pCı. 
Thonerde nicht, so erhalt man die Formel 


[ (Ca Fe) Si O® 
Mg Si O° 


Der Omphacit besteht also aus isomorphen Mischungen 
von einem Calcium-Eisen-Silicat und einem Magnesium-Silicat; 
er hat demgemass eine ganz ähnliche Zusammensetzung wie 
sie RaMMELSBBRG”) aus der Analyse von Streng far deu 
Diallag der Baste im Harz ableitet; derselbe hat folgende 
Zusammensetzung: 


Kieselsäure . . . . 53.06 

Thonerde ..... 4,65 
Eisenoxydul....10,96.. Fe = 1 
Calciumoxyd. . . . 13,16 .. Ca == 
Magnesia ..... 16,05 .. Mg = 2,6 
Wasser. ...... 3,29 


s 
hand 

+ 
ot 


Aus den Verbältnissen Fe:Ca:Mg = 1:1,5:2,6 folgt 
nach RaMMELSBERG die Formel 
J (Ca Fe) Si O? 
\ Mg Si O? 
Der Diallag der Baste besteht demnach ebenso wie der 


Omphacit von Syra aus einer isomorphen Mischung eines 
Calcium - Eisen- Silicats und eines Magnesium-Silicats. 


*) Handbuch der Mineralchemie II. pag. 341. 


° 





261 


Ganz ähnlich ist auch die Zusammensetzung des Diallags 
von Piemont, welchen REGNAULT*) untersuchte; seine procen- 
tische Zusammensetzung ist folgende: 


Kieselsaure ..... 50,05 
Thonerde ...... 2,58 


Eisenoxydul. . . . . 11,98 
Magnesia ...... 15,63 
Calciumoxyd .... 17,24 
Wasser ....... 2,13 


Die Verbaltnisse der Quotienten sind hier ähnliche: 
Fe : Ca : Mg = 1:1,6:2,6, 


woraus sich obige Formel uud Folgerungen ergeben. Der 
Omphacit ist durch seine grüne Farbe und einen grünen 
Seidenglanz in den dunnsten Schliffen sofort erkennbar; er ist 
ron Sprüngen durchzogen, welche häufig seine Augitspalt- 
barkeit andeuten; in der Nähe derselben scheint er etwas 
zersetzt und es findet sich in ihrer Nähe ein gelbliches Eisen- 
oxydhydrat, welches durch Salzsäure leicht ausgezogen werden 
kann, ausgeschieden. Die schon makroskopisch im Omphaeit 
bemerkten Talkblattchen können auch mikroskopisch beob- 
achtet werden; häufig erscheint der Omphacit gelblich gefärbt; 
diese Farbung wird durch interponirte Biotitblattchen hervor- 
gerufen, welche, wenn sie mit ihrer Spaltungsfläche der Schliff- 
ebene zufällig parallel liegen, nicht auf das polarisirte Licht 
einwirken ; in allen anderen Fällen polarisiren sie farbig. Auch 
die im Zoisit so häufig bemerkten winzigen, farblosen bis 
hellgelben Saulchen finden sich bier; mit ihnen zusammen und 
fast ebenso häufig wie jene, kommen theils  schlauchförmige, 
theils knieformige Zwillingsmikrolithen von intensiv gelber 
Farbe vor; sie zeigen keinen Pleochroismus, wohl aber starke 
farbige Polarisation; die knieformigen dürften zum Theil 
Ha6az’s Rutilen (?) (Figur 9 a. b. c.) zugerechnet werden; ebenso 
haufig kommen sehr lange Mikrolithen vor; dieselben zeigen 
keinen Pleochroismus, wohl aber starke farbige Polarisation, 
verhalten sich also gerade wie die grossen Epidotsaulchen im 
Glaukophanschiefer und dürften diesem Minerale wohl zuge- 
rechnet werden. Endlich ist der Omphacit mit schwarz um- 
randeten Hornblendemikrolithen (Figur 8) ausgestattet, welche 
Pyrit kranzförmig eingelagert enthalten. 


*) Ann. Min. 3. 13, 147. 





262 


4. Der Epidot. 


Der Epidot findet sich in vollkommen ausgebildeten Kry- 
stallen nur im Smaragdit-Chloritgestein vor; im Epidot-Glau- 
kophangestein findet er sich theils in rundlichen Körnchen, 
theils in minder vollkommen ausgebildeten Saulchen. Im 
Chlorit-Smaragditgestein hat er eine Grosse von 0,5 --2 Mo; 
gewöhnlich zeigt er die Flächen Px, OP, coPoc. Der Winkel 
von Poo:OP = 116° 8'*); die Messung an einem sweiten 
Krystall gab 116° 16°**); die Flächen Poo:ocoPoo sind im 
Winkel von 128° 20° gegeneinander geneigt. Ein anderer 
Krystall zeigt die Flacben o¢P, Poo und ooPoo; nach OP 
und coPoo wurde die Spaltbarkeit beobachtet. Er besitzt leb- 
haften Glas- bis Diamantglanz; seine Harte ist 7— 7,5; vor 
dem Löthrohr schaumt er auf und giebt im Kolben Wasser. 
Eine quantitative Analyse ergab folgendes Resultat: 


Kieselsaure . . . . 38,15, woraus Si = 0,6 folgt 6 
Thonerde ..... 25,3 » Al = 0,49 „ 5 
Eisenoxyd..... 9,3 » Fe = 0,11 ,, 1 
Magnesia...... 0,24 4, Mg = 0,006 „ 0 
Calciumoxyd ... 25,1 ° „ Ca = 0,39 „ 4 
Wasser ...... 1,8 sc Oo SO Cy 2 
Si: Al: Fe:Ca:H = 6: 5:1:4:2 oder 
' = 12:10:2:8:4, 


woraus die Formel 
H* Ca® Al! Fe? Si!? O% folgt. 

RaMMELSBERG giebt in seiner neuesten Auflage der Mineral- 
chemie dem Epidot die Formel H? Ca‘ (Al Fe)® Si® 0%; die- 
selbe stimmt mit der obigen ziemlich überein. Der Epidot 
führt keine deutlichen Mikrolithen. Makroskopisch umschliesst 
er den rothen Granat. Er ist im Duonschliff nicht pleo- 
chroitisch , zeigt aber starke farbige Polarisation; auch im 
Dünnschliff konnte seine Spaltbarkeit parallel OP und coPoo 
beobachtet werden. 


*) Mittel aus 10 Messungen. 
*) Mittel aus 6 Messungen; Navmann giebt 116° 18’ an. 











263 


Kapitel II. 
Petrographisches. 


1. Der Glimmerschiefer. 


Der Glimmerschiefer von der Insel Syra, in welchem die 
folgende Suite von Gesteinen als Einlagerung vorkommt, be- 
steht aus Kaliglimmer und Quarz; accessorisch, jedoch manch- 
mal beinahe zum vorherrschendsten Gemengtheil werdend, ist 
der bläuliche Glaukophan, sehr zurücktretend rothgelber Granat, 
gelber Epidot und grüuer Chlorit Vom typischen Glimmer- 
schiefer lagen mir 2 Handstucke vor, von denen das eine aus 
der Suite des Herrn Prof. v. Fritsch stammt, während mir 
das andere von Herrn Prof. ScuoLrz ubersandt wurde; das- 
selbe entstammt der fruheren Hausmann’schen Sammlung und 
ist das Originalstack, nach welchem Hausmann den Glauko- 
phan beschrieben und welchem SCHNEDERMANN *) sein Material 
zu seiner Glaukophan - Analyse entnommen hat; beide Hand- 
stacke wurden fur identisch befunden, nur enthielt das der Haus- 
xınn’schen Sammlung etwas Epidot, welcher an dem anderen 
Hsndstucke nicht beobachtet werden konnte. Der Glimmer 
ist ein perlmutterglanzender, wasserheller bis etwas grünlicher 
Kaliglimmer, welcher, in kleine Schappchen aneinander gereiht, 
parallele Lagen im "Gestein bildet und so die Schieferstructur 
des Gesteins bedingt; er besitzt die Harte 2—3, schmilzt vor 
dem Lötbrohre leicht zu einem weissen Email, wird von 
Schwefelsäure nicht zersetzt und giebt mit koblensanrem Na- 
tron zusammen geschmolzen eine graue Schmelze; ebenso ver-. 
bält er sich gegen kohlensauren Baryt; die Barytschmelze 
wurde mit Chlorwasserstoffsaure zersetzt und mit Alkohol 
und Aether versetzt, das Chlorbarium, welches darin unlöslich 
ist, abfiltrirt und zum Filtrat Platinchlorid gesetzt; es ent- 
standen sofort kleine Kaliumplatinchloridoctaëderchen ; dieselben 
wurden auf den Tisch des Polarisationsmikroskops gebracht 
und als reguläre Octaéder erkannt; mithin ist der Glimmer ein 
Kaligliimmer. An einigen Stellen ist der Glimmer mit einem 
unschmelzbaren grünen Chlorit parallel verwachsen. Unter 
dem Mikroskop erscheint der Glimmer farblos durchsichtig 
oder gelblich gefärbt durch ein gelblich röthliches Eisenoxyd- 
hydrat, welches, amorph ausgeschieden, zwischen den Glim- 
merblättchen sich findet und mit Chlorwasserstoffsaure leicht 


*) Göttinger Gelehrt.-Anzeig. 1845, Stück 20. 





264 


ausgezogen werden kann. Der Glimmer zeigt ziemlich leb- 
hafte farbige Polarisation. Bei sehr starker Vergrösserung ist 
er scheinbar aus kleinen Säulchen aufgebaut, welche geradlinig 
mehr oder weniger parallel aneinander liegen oder in buschel- 
formig gewundenen Aggregaten angeordnet sind. Sind die 
Glimmerblattchen durch die Ebene des Praparats quer ge- 
schnitten, so erscheinen sie als Leistchen im Praparat. An 
einigen Stellen treten im Glimmer kleine, an beiden Enden 
dachformig begrenzte Saulchen als Mikrolithen auf; an anderen 
Stellen zeigen sich lange, gelbliche, an ihren Enden unbe- 
stimmt begrenzte Saulchen; beide Arten von Mikrolithen zeigen 


keinen Pleochroismas, wohl aber lebbafte chromatische Pola- 


risation. Die kleinen dachförmig begrenzten Säulchen dürften 
dem Omphacit angehören, während man die langen Säulchen 
wohl dem gelben Epidot, welcher in allen Syra - Gesteinen in 
den Dünnschliffen keinen Pleochroismus zeigt, zurechnen 
könnte. Auch in grösseren Fetzen findet sich ein hellgrunes 


-Mineral zwischen den Glimmerblattchen; dasselbe zeigt ge- 


wôbnlich zwei scharfe parallele . Begrenzungslinien der Jan- 
geren Seiten; parallel denselben zeigt sich eine Spaltbarkeit, 
die durch Sprunge angedeutet wird, welche den parallelen 
Seiten parallel laufen, an den beiden anderen Seiten ist es 
unbestimmt begrenzt, bald durch im Zickzack verlaufende, 
bald durch wellig verlaufende Linien; es zeigt keinen Pleo- 
chroismus, wobl aber deutliche farbige Polarisation ; die Fetzen 
dürften demnach einem Augit zugerechnet werden, am wahr- 
scheinlichsten wobl dem hier öfter auftretenden Omphacit. 
Zwischen den Glimmerblattchen finden sich Chloritblattchen 
eingeklemmt, welche an einigen Stellen etwas zersetzt zu sein 
scheinen. Dem Glimmer parallel verwachsen ist auch ein 
rothes Mineral, das in hexagonalen Blättchen zu krystallisiren 
scheint; bei gekreuzten Nicols ist dasselbe einfach hell und 
dunkel; es ist Haematit. 

Der Quarz kann makroskopisch leicht übersehen werden, 
da er nur in wenigen Körnchen anf dem Querbruche vorbanden 
ist. Auf dem Schieferbruche ist er nicht sichtbar, da ihn hier 
die Glimmerschüppehen umschliessen. Unter dem Mikroskop 
erscheint er tbeils in rundlichen Kornchen, theils in sechs- 
seitigen Gestalten. Die letzteren sind von einem gelblichen 
Staub durchzogen, der, in parallelen Reiben angeordnet, den 
Krystall durchzieht; bei 900 facher Vergrösserung lösen sich 
einzelne Körnchen dieses Staubes in Poren auf, die mit einer 
Flüssigkeit gefüllt sind, in welcher ein Gasbläschen sich be- 
wegt. Die Mehrzahl der Körnchen zeigt jedoch diese Erschei- 
nung nicht. Zwischen den Glimmerblattchen findet sich in 
4—5 Mm. dicken und 10—15 Mm. langen bläulichachwarzen 





265 


Saulchen, welche die Hornblendesäulen - Spaltbarkeit deutlich 
zeigen, der Glaukophan mit den oben näher geschilderten 
Eigenschaften ;häufig ist derselbe, wie ja auch die Hornblende 
in manchen Glimmerschiefern, büschelförmig angeordnet. An 
eiuzeluen Stellen tritt er in diesem Glimmerschiefer so massen- 
haft auf, dass er geradezu den Hauptbestandtheil bildet. VirLer 
beschrieb ihn als Amphibole noire. Ueberall auf den Glimmer- 
schuppeben findet sich ein rotbgelber Eisengranat in Rhomben- 
dodekaëdern; sie sind bei gekreuzten Nicols einfach dunkel 
und polarisiren nicht farbig; häufig haben sie einen schwärz- 
lichen Rand. Die Präparate sind gauz von den kleinen gelb- 
lichen sechsseitigen Durchschnitten erfullt. Sehr vereinzelt 
zeigten sich an dem Stück der Hausmann’schen Sammlung 
kleine diamantglanzende, gelbe Epidote, welche deutlich die 
Spaltbarkeit nach OP und xP>x erkennen lassen und vor 
dem Löthrohr unter Anschwellen zu einem schwarzen Glase 
schmelzen. 


2. Der Quarzitschiefer. 


Der Quarzitschiefer von Syra hat dieselben Bestand- 
theile wie der Glimmerschiefer, jedoch in anderen Proportionen. 
Das Handstück , welches mir vorliegt, verdanke ich Herrn 
Fouqué, welcher mir dasselbe freundlichst zur Beschreibung 
oberliess. Die Hauptbestandtheile sind Quarz und Mauscovit; 
die Quarzkornchen sind in parallelen Lagen von ungefähr 
1 Mm. Stärke angeordnet; zwischen den Quarzlagen finden 
sich dünne Haute von Muscovit; wegen dieser Anhäufung seiner 
Bestandtheile in parallele Lagen dürfte er zu den Lagen- 
glimmerschiefern von ZIRKEL*) zu stellen sein. Der Haupt- 
bestandtbeil, welcher wohl °/, des Gesteins ausmacht, der 
Quarz, kommt in rundlichen Kornchen von fett- bis glasglan- 
zendem Aussehen vor; er ist vor dem Löthrohr unschmelzbar 
und besitzt lebhafte farbige Polarisation; Mikrolithen und 
Flussigkeitseinschlusse scheint er hier nicht zu führen. Der 
Glimmer hat ganz dieselben Eigenschaften wie der des vorigen 
Gesteins. Zwischen seinen parallel aneinander gelagerten 
Blattchen findet sich ein lebhaft farbig polarisirendes Mineral 
mit doppelter Spaltbarkeit, welches Epidot zu sein scheint. 
Accessorisch findet sich in diesem Gestein ebenfalls der Glau- 
kopban; er zeigt hier ebenfalls die Säule von 124° und hat 
im auffallenden Lichte eine lebhaft schwarze Farbe; im Dünn- 
schliff zeigt er seine gewöhnlichen Eigenschaften, starken 
Pleochroismas, starke Lichtabsorption und starke chromatische 


*) Ziaxer, Lehrbuch der Petrographie, II. pag. 450. 


266 


Polarisation; auf den Sprüngen, welche parallel seiner Spalt- 
barkeit ihn durchsetzen, hat sich ein rothgelbes Eisenoxyd- 
hydrat abgeschieden, welches mit Salzsäure ausgezogen werden 
kann; der Auszug zeigt eine lebhafte Eisenreaction. Von Quarz- 
körnchen und Glimmer wird er förmlich durchspickt; beide 
sind — der eine in ziemlich grossen Kornchen, und der an- 
dere in parallel aneinander gelagerten Blattchen — vom Glas- 
kophan umschlossen; es scheint also, dass der Quarz und der 
Glimmer eher als der Glaukophan vorhanden gewesen sind. 
Der Glaukophan erscheint im reflectirten Lichte hier so 
schwarz wie basaltische Hornblende und ist, wenn man ihn 
nicht im durchfallenden Lichte und chemisch untersucht, nicht 
von der Hornblende zu unterscheiden; es ist daher auch nicht 
zu verwundero, wenn ihn VIRLET einfach als Ampbibole noire 
bezeichnet. 

Zwischen den Glimmerlagen und von denselben fest ein- 
geschlossen, so dass man Mühe hat, die Glimmerrinde 
zu entfernen, findet sich der Granat. Derselbe ist sehr zer- 
setzt und gewöhnlich von einem Kranze von ausgeschiedenem 
Eisenoxydhydrat umgeben; er zeigt dieselben Eigenschaften 
wie der Granat, welcher im vorbergehenden Glimmerschiefer 
beschrieben wurde; nur sind bier die Granaten bedeutend 
grösser: sie erreichen einen Durchmesser von 3 Mm. Der 
Quarzitschiefer enthalt somit dieselben Gemengtheile wie der 
weiter oben beschriebeue Glimmerschiefer ; nur treten die 
ihn zusammensetzenden Mineralien in ganz anderen Menge- 
verhaltnissen auf. Während dort der Quarz ganz zurücktritt, 
so dass er makroskopisch nur sehr schwierig zu constatiren 
ist, bildet er hier den Hauptgemengtheil des Gesteins; wab- 
rend die übrigen Gemengtheile, der Glimmer, der Glaukopban 
und der Granat im Quarzitschiefer nur sparsam sich hie und 
da zeigen, bilden sie im Glimmerschiefer beinahe die bervor- 
tretendsten Gemengtheile des Gesteine. Zwischen beiden Ge- 
steinen dürften sich auf Syra eine Anzahl Uebergangsgesteine 
auffinden lassen. 


3. Der Paragonitschiefer. 


Der Paragonitschiefer von Syra findet sich dort 
ebenfalls als Einlagerung im Glimmerscbiefer; das vorliegende _ 
Handstuck ist durch Herrn Fouqué auf der Westseite der 
Insel gesammelt. Der Paragonitschiefer von Syra ist ganz | 
ahnlich jenem schon längst bekannten Paragonitschiefer von 
Airolo, welchen jüngst Herr Prof. v. LasauLx*) beschrieben hat. 


*) v. LasauLx, Paragonitschiefer von Airolo im N. Jahrb. für Min., 
Pal, und Geol, von Leonsaapr und Geinirz 1872. pag. 863 ff. 











267 


Er führt auch dieselben Mineralien wie jener; nur hat er noch 
Dichroit, welcher in ziemlicher Menge in ihm vorkommt. Der 
Paragonit ist auch hier nur in sehr feinen Schuppchen vor- 
banden, so dass er ein fast seidenglanzendes Ansehen erhält; 
er besitzt Gypsharte. Naumann giebt in seinen Elementen der 
Mineralogie”) an: „vor dem Lothrobr ist Paragonit unschmelz- 
bar oder nur in feinen Splittern abzurunden“; auch ZIRKEL 
führt in seinem Lehrbuch der Petrographie**) au: „der Para- 
gonit unterscheidet sich vom Kaliglimmer durch seine Un- 
schmelzbarkeit vor dem Lothrobre.* Ich konnte dies leider 
nicht constatiren; ein Splitter, welcher ungefähr 2 Mm. dick 
und 3 Mm. breit war und von einem Handstucke von der 
Alp Sponda bei Faido aus der Sıor’schen Sammlung abge- 
sprengt wurde, biatterte sich vor dem Lothrobre auf und 
schmolz zu einem weissen Email; dasselbe thut der Paragonit 
von Syra. Er besitzt lebhafte chromatische Polarisation; 
zwischen seinen Blattchen hat -er wasserhelle saulenformige 
Mikrolithen, welche an den Enden dachformig begrenzt sind; 
dieselben zeigen weder Pleochroismus noch farbige Polarisation. 
Auch jene von v. Lasautx***) beschriebenen knieformigen Mi- 
krolithen finden sich vor; dagegen sind schlauchförmige Mi- 
krolithen sehr vereinzelt. Neben diesen Mikrolithen beobachtet 
man noch lange wasserhelle Mikrolithen von Cyanit und kurze 
säulenformige rhombische von Staurolith. Mit dem Paragonit 
zusammen kommt ein weisser Glimmer vor; er scheint jedoch 
in dem Paragonitschiefer von Syra bei weitem seltener zu sein 
als in dem von v. LasauLx beschriebenen von Airolo. Das Syra- 
gestein führt auch einen brannschwarzen, metallglanzenden und 
braun durchsichtigen Glimmer; vor dem Löthrohre schmilzt er 
zu einem schwarzen Glase; bei gekreuzten Nicola wird er 
einfach dunkel; es durfte Biotit sein. Nachst dem Paragonit 
tritt der Dichroit in dem Gestein von Syra am massenbaftesten 
auf; er ist glasglänzend, zeigt eine vollkommene und eine nur 
wenig angedeutete Spaltongsflache; auf dem muscheligen Bruche 
ein fettiger Glasglanz zu bemerken; vor dem Löthrohr 
schmilzt er zu einem wasserhellen Glase. Er zeigt lebbaften 
Pleochroismus; die dichroskopische Lupe zeigt eine gelbliche 
und eine bläuliche Nuance. An manchen Stellen ist er von 
Biotit durchwachsen, Der Disthen zeigt sich in langen Saul- 
chen, parallel welchen die Spaltbarkeit zu bemerken ist; ausser. 


*) VII. Auf. S. 446, F 

**) II. Bd. S. 448. 

**) Lasautx, N. Jabrb. für Min., Geol. und Pal. von LeongarDr 
und Grixirz 1872. pag. 863 ff. 


Zeits. d.D. gool. Ges. XX VIII. 2. 18 








268 


den Saulenflachen sieht man auch die von NAUMANN*) ange- 
fuhrten Abstumpfungsflachen der Saule; die Kanten der Ab- 
stumpfungsflachen. zu den Saalenflachen werden durch eine 
dritte Saule abgeschnitten; im ubrigen zeigt er die von Nav- 
MANN angeführten charakteristischen Eigenschaften. 

Der braune Staurolith kommt in den Gestalten der rhom- 


bischen Säule und deren Abstumpfungsfläche coPoo vor; an- 
dere Krystalle zeigten eine zweite rhombische Säule; vor dem 
Löthrohr ist er unschmelzbar. Unter dem Mikroskop ist er 
braun durchsichtig, pleochroitisch und wird von vielen parallelen 
Sprüngen durchzogen; als Mikrolithe führt er gelbbraune 
Nadelchen und ein gelbbraunes Mineral in scheinbar abge- 
rissenen Fetzen; er besitzt starke farbige Polarisation. Granat 
und Quarz konnten weder in dem vorliegenden Handstack 
noch im Dünnschliff beobachtet werden. 


‘4. Der Glaukophan - Eklogit. 


Das hauptsächlichste Gestein unter den als Einlagerungen 
im Glimmerschiefer auftretenden Gesteinen ist der Glauko- 
phan-Eklogit. Mit dem Namen Eklogit belegte Haur*) 
zuerst ein Gestein, welches aus grünem Diallag und rothem 
Granat besteht. Er nannte das Gestein Eklogit: „parce 
que les composans de cette roche n'étant pas de ceux qui 
existent plusieurs ensemble dans les roches primitives, tels 
que le feldspath, le mica etc. semblent étre choisis poar faire 
bande à part.“ C. v. LEONHARDT bezeichnet in seiner Charak- 
teristik der Felsarten als Eklogit ein Gestein, bestehend aus 
Diallagon und Granat, welches die accessorischen Gemeng- 
theile: Hornblende, Glimmer, Disthen, Quarz, Epidot, Chlorit 
und Magneteisen besitzt. v. HocHstErrer"") begreift unter 
Eklogit alle granatreichen Gesteine mit Hornblende oder Om- 
phacit-Smaragdit, „auch wenn die letzteren nicht so schön gran 
sind als die vom Fichtelgebirge und der Sau-Alpe.“ Während 
ZIRKEL noch in seinem Lehrbuche der Petrographie zu den 
Eklogiten bloss Gesteine rechnet, welche aus Smaragdit und 
Granat bestehen, schliesst er sich in seinem Lehrbuche aber 
die mikroskopische Beschaffenheit der Mineralien und Gesteine 
R. v. Drascuet) an. Dieser fasst unter dem Namen Eklogit 
Gesteine zusammen, welche aus Granat und Omphacit oder 


*) Naumann, Elemente der Mineralogie IX. 1874. pag 428. 
#°) Traité de Mineralogie, Paris #822. II. pag. 548. 
###) Jahrbuch der geolog. Reichsanstalt 1855. II. pag. 776. 
+) Dr. v. Daascne, Mineralogische Mittheilungen von Tscurrsar, 
1871. pag. 85 ff 





269 


Smaragdit bestehen; unter Omphacit versteht er „einen lauch- 
oder grasgrunen Augit“, unter Smaragdit „eine grasgrune 
Abart der Hornblende‘‘. R.v. Drascaz unterscheidet Omphacit 
führende und Smaragdit führende Eklogite; zwischen beiden 
existiren jedoch viele Uebergange. Zu den Omphacit-fubrenden 
Eklogiten rechnet er folgende: die Eklogite der Sau - Alpe, 
welche dem Gneiss eingelagert sind, die des Fichtelgebirges, 
welche nach GompeL dem Münchberger Gneisszuge eingebettet 
sind, den Eklogit von Gurhof in Nieder-Oesterreich und einen 
Eklogit von Corsica. Zu den Hornblende führenden Eklogiten 
rechnet er: die Eklogite vou Fattigau im Fichtelgebirge, einen 
Eklogit aus dem Departement des Hautes Alpes, den Eklogit 
von Heiligenblut in Kärnthen, den von Greifenberg in Sachsen 
und den von Haslach in Baden. Der Eklogit von Syra be- 
steht aus rothem Granat, hellgranem Omphacit und der blauen 
Horublende — dem Glaukophan; KR. v. DraAscae wurde den- 
selben wahrscheinlich zu den Eklogiten stellen, welche sowohl 
Omphaeit als Hornblende fuhren, ich ziehe es vor, ihn seines 
charakteristischen Bestandtheiles wegen Glaukophan-Eklogit zu 
oennen. Die beiden Handstucke, welche ich untersucht habe, 
stammen von verschiedenen Fundpunkten auf Syra her; das 
eine von der Ostseite, von der unmittelbaren Umgebung des 
Cafe Skarbeli, das andere von der westlichen Seite der Insel. 
Beide sind gleichmassig aus Omphacit, Glaukophan und Granat 
zusammengesetzt; accessorisch treten Muscovit, Quarz und 
Pyrit auf. Der Omphacit tritt tbeils in grünen Körnchen mit 
splittrigem Bruche, theils in kleinen Saulchen auf, welche an 
einzelnen wenigen Stellen den Augitwinkel zeigen, es kommt ihm 
eine Spaltbarkeit nach 2 Flächen zu, welche einen beinahe rech- 
ten Winkel einschliessen, haufig haben die Säulchen auch noch 
Quersprunge. Er besitzt Glasglanz und Augithärte; vor 
dem Löthrohre schmilzt er sehr leicht zu einem gelbgrünen 
Email. Unter dem Mikroskop im Dunnschliff erscheint er 
theils in gran durchsichtigen unbestimmt begrensten Partieen, 
welche von ziemlich regellos verlaufenden Sprungen durchzogen 
werden, theils zeigt er sich in Saulchen, welche entweder an 
ihren Enden treppenförmig begrenzt sind oder sich in kleine 
Omphacitsaulchen zertheilen; parallel den Seitenflachen der 
grossern Säule oo P verlaufen parallele Sprünge im Innern 
des Minerals. Parallel diesen Sprüngen sind an manchen 
Stellen kleine Saulchen, welche an den Enden durch recht- 
wioklig aufgesetzte Endflachen begrenzt sind, zu beobachten; 
sie baben farbige Polarisationserscheinungen, zeigen aber keinen 
Pleochroismus. An einzelnen Stellen häufen sich diese Säul- 
cben und machen im Vereine mit einem auf seinen Sprüngen 
ausgeschiedenen Eisenoxydhydrat den Omphacit fast undurch- 


18 * 


270 


sichtig. Neben diesen Mikrolithen finden sich im Omphacit 
kleine Theilchen von Glaukophan, welche durch ihre Spaltbar- 
keit, ihren starken Pleochroismus und die starke Lichtabsorp- 
tion hinlanglich charakterisirt sind; auch kleine grunliche Fetzen 
eines chloritischen Minerals finden sich parallel den Spaltungs- 
flachen eingelagert, sie sind bei gekreuzten Nicols einfach dunkel. 

Der Glaukophan erscheint auch in diesem Gestein in 
kleinen Saulchen; dieselben erreichen jedoch bei weitem nicht 
die Grosse der Glaukophansaulen wie sie im Glimmerschiefer 
vorkommen, sie zeigen auch hier die Spaltbarkeit parallel der 
Saule; die schief auf die Saule aufgesetzte Endflache konnte 
mikroskopisch an kleinen Saulchen auch beobachtet werden, 
doch war es nicht möglich über ihre Winkel mit den Sänlen- 
flachen in’s Klare zu kommen. Vielfach lösen sich auch hier 
die dicken Glaukophansaulchen an ihren Enden in kleine Saul- 
chen auf. Ein Präparat zeigt einen sechsseitigen Durchschnitt 
eines Glaukophankrystalls, an welchen man den Säulenwinkel 
des Glaukophans aunähernd unter dem Mikroskop messen kann, 
er beträgt ungefähr 124°; die Fläche, welche die scharfen 
Kanten der Glaukophansaule abschneidet, scheint das Klino- 
pinakoid zu sein; parallel den Saulenflachen durchziehen den 
Durchschnitt Spalten, welche die Spaltbarkeit andeuten. Kleine 
parallel den Flächen der Spaltbarkeit eingelagerte Mikrolithe fin- 
den sich auch hier; doch sind sie sehr vereinzelt; einige Mikro- 
lithen scheinen Zwillinge zu sein; ihre Hauptaxen schneiden sich 
unter 60 bis 70°. Haccz führt äbnliche Rutilmikrolithen in den 
Gabbros des Monte Rosa auf. 

Die rothen Rhombendodekaeder des Granats sind ge- 
wöhnlich nicht scharfkantig, sondern die Kanten sind mei- 
stens abgerundet und die Flächen matt; vor dem Löthrohre 
schmilzt er leicht zu einem grünschwarzen Email, welches 
unmagnetisch ist; in der Boraxperle giebt er deutlich die 
Eisenreaction. Unter dem Mikroskop zeigt er sechsseitige 
Umrisse und lasst das Licht röthlichgelb hindurch, bei ge- 
kreusten Nicols ist er einfach dunkel. Er umschliesst häufig 
ein rothes Mineral, welches in hexagonalen Blattchen zu kry- 
stallisiren scheint, dasselbe wird ebenfalls dunkel, wenn man 
die Nicols kreuzt; es scheint Hamatit zu sein. An einzelnen 
Stellen ist der Granat in ein grüngraues Mineral umgewandelt; 
dasselbe zeigt Pleochroismus und farbige Polarisation. Die 
Granaten des Glaukophan-Eklogits von der Westseite der Insel 
sind gewöhnlich in einzelne Stücke zerrissen, zwischen wel- 
chen einzelne Brocken von Glaukophan und Omphacit liegen ; 
die übrigen Zwischenräume zwischen den Granattheilen sind 
ausgefüllt durch lebhaft chromatisch polarisirenden Quarz. Als 
altestes Mineral erscheint bier also — übereinstimmend mit 





271 


den Beobachtungen v. Drasone’s — der Granat, jünger als 
derselbe scheinen der Glankophan und der Omphacit zu seiu; am 
jüngsten von allen scheint jedoch der Quarz zu sein. Andrerseits 
zeigen sich an manchen Stellen noch die vollständigen Umrisse 
des Granats, aber seine Substanz ist nur noch in einigen Par- 
tieeo vorhanden, während der übrige Theil von Quarz ausge- 
füllt ist. An einer Stelle des Präparats kann man beobachten, 
wie auch nach der Entfernung der Granatsubstans und vor der 
Anfallung der Höhlung mit Quarz die Glaukophane sich nach- 
gebildet haben; es sind hier von der Wand der entstandenen 
Hoblung aus Glaukophankrystalle entstanden und erst später 
konnte die Höhlung von Quarz wieder vollständig ausgefullt 
werden. Aehnliche Erscheinungen zeigen sich in dem Granat 
der Westseite der Insel Syra fast überall. Lange nicht so 
auffallend und hervortretend zeigen diese Erscheinungen die 
Granaten der Glaukophan-Eklogite von der Umgebung des 
Cafe Skarbeli, hier umschliesst der sechsseitige Granat den 
sechsseitigen (Juarz öfter. Der Glimmer ist stark glasglänzend 
end monotom spaltbar; er schmilzt leicht zu einem weissen 
Email; es scheint Kaliglimmer zu sein. Unter dem Mikroskop 
erscheint er wasserhell durchsichtig; er zeigt wenig farbige 
Polarisationserscheinongen, wenn seine Spaltungsfläche parallel 
der Flache des Dunnschliffs liegt; in den andern Fallen er- 
scheint er gewöhnlich in leistenformigen Durchschnitten im 
Präparat und dann polarisirt er auch lebhaft farbig. Zwischen 
seinen parallel aneinander gelagerten Blattchen scheint er keine 
Mikrolithen zu bergen. 

Ein rhombisches wenig polarisirendes Mineral kommt in 
mikroskopischen oblongen Rechtecken im Präparat vor; es 
zeigt eine Streifung parallel seiner Hauptausdehnung, es dürfte 
wohl Zoisit sein, welcher ja auch makroskopisch in vielen Ek- 
logiten vorkommt. Sehr vereinzelt zeigen sich schwarze un- 
durchsichtige Würfel von Pyrit; endlich findet sich unter den 
Mineralien, welche die früheren Hohlräume der Granaten aus- 
füllen, noch ein braunes blättriges Mineral, welches bei ge- 
kreuzten Nicols einfach dunkel erscheint; dasselbe dürfte fur 
Biotit angesprochen werden. Der Glaukophan- Eklogit vom 
Café Skarbeli ist viel grobkörniger ale der von der Westseite 
der Insel; in diesem wird das Gemenge der Glaukophan- und 
Omphacitnadelchen durch die Feinheit der einzelnen Säulchen 
fast seidenglänzend, während man in dem Glaukophan-Eklogit 
vom Cafe Skarbeli beide deutlich in Saulenform unterscheiden 
kann; umgekehrt verhalten sich die Granaten ; dieselben sind 
im Gestein der Westseite von Syra 2 bis 3 Mal so gross als 
in dem Gestein vom Cafe Skarbeli. ViRLET, welcher zuerst 
den Eklogit von Syra beschrieben hat, hielt den Omphacit für 


= eas mm nn ann. 





272 


grünen Diallag; den Glaukophan hielt er für Disthen; wenn 
man seine Schmelzbarkeit nicht berücksichtigt, gleicht er in 
seiner aussern Erscheinung allerdings etwas dem Disthen; aber 
seine leichte Schmelzbarkeit, seine Harte, seine starke Licht- 
absorption, sowie sein starker Pleochroismus und seine starke 
chromatische Polarisation unterscheiden ihn sofort von Disthen. 


5. Der Eklogitglimmerschiefer. 


Der Eklogitglimmerschiefer ist gleichsam dus Uebergangs- 
glied zwischen dem Glimmerschiefer der Insel Syra und dem 
Glaukophan -Eklogit; er enthält die Bestandtheile von beiden 
Gesteinen. Nach F, ZırkeL würden wir es bier mit einem 
sogenannten „Lagenglimmerschiefer“ zu than haben. „Lagen- 
glimmerschiefer“ nennt ZirkeL diejenigen dickschiefrigen Glim- 
merschiefer, in welchen Glimmer und Quarz sich in gesonder- 
ten Lagen angehäuft haben; auf dem Querbruch bieten sich 
dünne geschieferte Glimmerlagen abwechselnd mit Lagen vou 
feinkörnigem Quarz dar. Die Glimmerlagen treten bei dem 
Eklogitglimmerschiefer sebr schön hervor; die Glimmerblätt- 
chen haften nicht sehr fest an einander, in Folge dessen lasst 
sich der Schiefer in dieser Richtung nur allzuleicht spalten, 
was bei der Herstellung der Schliffe senkrecht zur Schieferung 
ungemein hinderlich ist; dagegen treten die Quarze in unserm 
Eklogitglimmerschiefer weniger in ganz zusammenbängenden 
Lagen als vielmehr in ellipsoidischen Massen auf; die Bestand- 
theile des Eklogits: der Glaukophan, der Granat und der Om- 
phacit sind ebenfalls parallel den Glimmerblättchen gelagert. 
Betrachtet man das Gestein makroskopisch, so erblickt man 
auf der Fläche der Hauptschieferung vorzugsweise den Glimmer 
mit dazwischen liegenden blauen Glaukophansäulchen und sehr 
zurücktretenden grünen Omphacitsäulchen; weder vom Granat 
noch vom Quarz ist auf der Hauptschieferungsfläche eine Spur 
zu entdecken; diese beiden Mineralien treten erst im Quer- 
bruche hervor. Da das Gestein immer da spaltet, wo die 
Glimmerlamellen es durchziehen, so verdeckt die Glimmerlage 
die Quarzlagen , welche durch die Spaltung des Gesteins nur 
höchst selten blossgelegt werden ; die Granaten werden auf 
der Hauptschieferungsfläche sehr selten sichtbar, da die Glim- 
merlagen sich äusserst fest um sie herumschmiegen und der 
Granat von ihnen nur schwierig befreit werden kann. Der 
Quarz tritt in ellipsoidischen Massen von Aggregaten runder 
Körnchen zwischen den Glimmerlagen auf, er besitzt Fettglans 
auf dem muschligen Bruche und ist in den Löthrohrflammen 
unschmelzbar; er ist nicht pleochroitisch, wirkt aber stark 
farbig auf das polarisirte Licht ein; er zeigt in den Duna- 


273 


schliffen dasselbe charakteristische Bild, welehes RoOSENBUSCH 
in seiner mikroskopischen Physiographie fur den Quarz aus 
dem Porphyr von Schriesheim abgebildet hat. Poren mit 
Flüssigkeitscinschlussen und beweglichen Gasblasen konnten 
nicht beobachtet werden. Einige Granaten*) schliessen ihn 
ein, er ist wahrscheinlich erst später, als das Gestein schon 
fertig war, in die Granaten hineingekommen, doch köunte er 
ja such hier schon, ehe sich die Granaten gebildet hatten, vor- 
handen gewesen sein. Ein andrer Theil eines meiner Präpa- 
rate zeigt nun, dass er erst, nachdem die Bildung der Glauko- 
phane schon fertig war, in das Gestein hineingekommen sein 
kann, Das Gestein ist wahrscheinlich, als es sich vielleicht 
noch im biegsamen Zustande befunden hat, einem seitlichen 
Drucke ausgesetzt gewesen, und durch denselben sind seine 
horizontalen Lagen auf einen kleineren Raum zusammenge- 
drängt worden, als sie früher eingenommen haben. In Folge 
dessen sind die Schichten etwas wellig gebogen worden und 
hierbei sind an vielen Stellen durch Aufblättrung derselben 
kleine Hohlräume zwischen den parallelen Lagen entstanden. 
Die Grenzen solcher Hohlräume zeigen Glaukophankrystalle **), 
welche durch jenen Druck zerbrochen worden sind; an einer 
Stelle liegt der Krystall mit dem einen Ende an der eineu 
Wand des Hoblraumes an und sein abgebrochenes zersplitter- 
tes Eade ragt in die Mitte des Hohlraums hinein; an dieses 
abgebrochene Ende passt genau das zerrissene Ende eines 
gleich dicken Glaukopbans, welcher mit seinem andern Ende 
der gegennberliegenden Wand des Hohlraums anliegt. Offen- 
bar sind beide Glaukophanstucke Theile ein und desselben 
Krystalls, welcher bei der seitlichen Pressung zerbrochen 
wurde. Der Hohlraum, welcher den zerbrochenen Krystall 
von Glaukophan enthält, ist gegenwartig mit Quarz angefullt, 
welcher offenbar erst secundar in das Gestein hineingekommen 
sein kann. : 

Der in parallelen Lagen auftretende Glimmer ist ein 
wasserhell durchsichtiger bis etwas granlicher Kaliglimmer; er 
zeigt lebhaften Glasglanz und ist etwas härter als Gyps; vor 
dem Löthrohre wird er matt und schmilzt zu einem blasigen 
weissen Email; er ist optisch zweiaxig. Unter dem Mikroskop 
zeigt er sich wasserhell durchsichtig in zum Theil viereckigen 
Durchschnitten, welche nicht sehr starke farbige Polarisation 
zeigen. Die Schnitte, welche senkrecht zur Schieferung gehen, 


*) Siehe Zeichnung 6: In der Mitte der Bildfläche der Granat mit 
Vielen Quersprüngen: bei QQ die Quarze in ihm. 

#*) Bei a der Zeichnung 6; Q bedeutet hier Quarz, Glk Glauko- 
phan und Gl Muscovitglimmer. 





274 


zeigen, dass seine leistenformige Durchschnitte zusammen- 
hangende Lamellenlagen bilden, welche einander parallel das 
ganze Gestein durchweben; an einigen Stellen nähern sich 
die Lagen einander, vereinigen sich und trennen sich spa- 
ter wieder. Die einzelnen Glimmerblättchen zeigen sich öfter 
scharf begrenzt. Diese Krystalle dürften nach Naumann die 
Combination*) OP. P und 2 P darstellen. Der Glimmer um- 
giebt überall die Granaten; zwischen seinen Lamellen finden 
sich sehr vereinzelt kleine gelbliche Nadelchen, welche keinen 
Pleochroismus zeigen und auf das polasirte Licht nicht farbig 
einwirken. Der Glaukophan tritt in kleinen Saulchen auf, 
welche grôsstentheils der Hauptrichtung der Lagerung des 
Glimmers parallel eingelagert sind; doch liegen auch manche 
quer zu dieser Richtung. Er besitzt auch hier seine Säulen- 
spaltbarkeit, starken Pleochroismus und starke Lichtabsorption. 
Parallel seiner Spaltbarkeit sind auch hier kleine gelbliche 
Säulchen eingelagert, welche keinen Pleochroismus und keine 
farbige Polarisation .zeigen; auch Omphacitfetzchen finden sich 
einzeln in ihm. Bei weitem nicht so häufig als der Glaukophan 
ist der Omphacit im Gestein; er zeigt sich in kleinen Saul- 
chen mit undeutlicher Spaltbarkeit nach der Säule des Augits; 
dieselben sind ebenfalls parallel deu Glimmerlagen eingelagert, 
liegen jedoch in diesen Ebenen wirr durcheinander, auf den 
Spaltungsflächen zeigt er Glasglanz; auf dem unebenen Bruche 
ist er matt schimmernd; vor dem Löthrohr schmilzt er leicht 
zu einem grauen Email. Auch er besitzt jene schon oft er- 
wähnten kleinen Saulchenmikrolithen, welche zum Theil paral- 
lel der Säulenspaltbarkeit eingelagert sind; an einigen Stellen 
zeigt er Pyritwürfelchen, sowie einzelne jener rundlichen gelb- 
grünen Mikrolithenfetzen. 

Die röthlichen Granaten treten in rundlichen Körnern auf; 
die Krystallform ist hier gewöhnlich nicht mehr zu erkennen; 
sie sehen aus als ob sie abgerollt wären; daher sind sie auch 
ausserlich matt, auf den Bruchflacben zeigen sie einen fettigen 
Glasglanz. Ibre Härte betragt 7,5; sie sind härter als der 
Granat von Oravicza, schmelzen vor dem Löthrohre zu einem 
schwarzen Email und geben Eisenreaction in der Boraxperle. 
Unter dem Mikroskope zeigen sie viele parallele Sprünge; 
häufig sind sie in ein gelblich grünes, polarisirendes Mineral 
umgewandelt; auch finden sich in ihnen, wie schon oben er- 
wähnt, Quarzkörner**) und Hämatit***) eingeschlossen. Sie 
sind vollständig umgeben von einem Glimmerkranze; die Glim- 


*) Siehe Figur 7. 
**) Siehe Zeichnung 5a. 
*#*) Siehe Zeichnung 5b. 





275 


merlamellen biegen sich vor dem Granat auseinander, legen 
sich parallel seinen äussern Umrissen fest an den Granat an 
und vereinigen sich an der andern Seite wieder. Auf der 
einen Seite des Granats findet sich gewöhnlich ein mit Quarz 
erfallter Raum ; wahrscheinlich deutet auch diese Erscheinung 
auf eine Verschiebnng der einzelnen Glimmerschieferlagen gegen 
einander; bei der Verschiebung hat der Granat die andern ihm 
im Wege stehenden Mineralien vorwärts geschoben und hinter 
sich einen leeren Raum gelassen, der später von Quarz erfüllt 
wurde. An einzelnen Stellen finden sich Pyritwürfel, welche 
von Eisenoxydhydrat umgeben sind. 


6. Das Omphacit-Paragonitgestein. 


Das Omphacit-Paragonitgestein steht auf der Grenze zwi- 
schen Glaukophan - Eklogit und Eklogitglimmerschiefer. Die 
Hauptbestandtheile sind Paragonitglimmer und Omphacit, ac- 
cessorisch kommt Glaukophan, Granat, Quars, Epidot, Zoisit, . 
Eisenglimmer und Calcit vor. Der hauptsachlichste Gemeng- 
theil ist der Omphacit, in welchen die übrigen Gemengtheile 
gleichsam wie in einer porphyrischen Grundmasse eingebettet 
liegen; es nimmt einen einigermassen schiefrigen Charakter da- 
durch an, dass die Omphacite, die Glaukophane und vor allen 
andern die Glimmer parallel unter sich eingelagert sind; auch 
scheinen die Glaukophane alle parallel einer bestimmten Rich- 
tung zu sein; es weichen wenigstens nur wenige von derselben 
ab. Macht man ein Präparat, welches senkrecht zu dieser 
Richtung der Längserstreckung der Glaukophane das Gestein 
durchschneidet, so erscheinen fast alle Glaukophane senkrecht 
zu ihrer Axe in rhomboidischen Gestalten und die Glimmer in 
schmalen Leistchen geschnitten. Wegen dieser angedeuteten 
Schieferung steht das Gestein*) gleichsam auf der Grenze zwi- 
schen Eklogitglimmerschiefer und Glaukophan - Eklogit. Der 
graugrune Omphacit kommt grosstentheils in Kornchen mit un- 
ebenem Bruche und Glasglanz, selten in glasglanzenden Saul- 
chen, welche die Augitspaltbarkeit zeigen, vor; er besitzt Augit- 
harte, schmilzt vor dem Löthrohre zu einem graugrünen Email, 
ist unter dem Mikroskop im Dünnschliff grün durchsichtig, 
wenig pleochroitisch und zeigt farbige Polarisation. Einerseits 
umschliesst er gelbgrane rundliche Fetzen eines Minerals, wel- 
ches keine farbige Polarisation zeigt, andrerseits längliche an 
den Enden rundlich begrenzte pleochroitische und chromatisch 
polarisirende Säulchen von Hornblende. An einzelnen Stellen 


*) Welches fast dieselben Gemengtheile wie der Eklogitglimmer- 
ıchiefer hat. 


276 


kommen Zwillinge der Hornblendemikrolitben vor; ihre Zwil- 
lingsaxe scheint der Hauptaxe parallel und die Zusammen- 
setzungsflache scheint das Orthopinakoid zu sein; die beiden 
Theile der Zwillinge polarisiren chromatisch in complemen- 
taren Farben. 

Der Glimmer tritt in sechsseitigen Tafelchen, welche mo- 
notone Spaltbarkeit zeigen, auf; ein perlmutterartiger Glasglanz 
findet sich auf ihnen; vor dem Lothrobr blättern sie sich auf 
und an den Kanten schmelzen sie zu einem weissen Email; 
wird er mit koblensaurem Baryt aufgeschlossen, und die 
Schmelze mit Salzsäure zersetzt, so zeigt die anf dem Object- 
trager verdunstete und krystallisirte Lösung Chlornatriamwur- 
felchen, welche einfach brechend sich erweisen ; versetzt man 
hingegen die salzsaure Lösung der Barytschmelze mit Alkohol 
und Aether, so fallt Chlorbarium in Krystallen aus, und die 
abfiltrirte Lösung giebt mit Platinchlorid versetzt keine Reac- 
tion auf Kalium, der Glimmer ist also ein Natronglimmer, seine 
sonstigen Eigenschaften stimmen mit denen des Paragonits 
überein. Unter dem Mikroskop ist er wasserbell durchsichtig, 
wirkt wenig auf das polarisirte Licht farbig ein, vorausgesetzt, 
dass seine Spaltungsflache beinahe der Ebene des Schliffs pa- 
rallel ist; im andern Falle polarisirt er lebhaft farbig. Pa- 
rallel mit dem Paragonit verwachsen ist ein rothes blättriges 
Mineral, welches bei gekreuzten Nicols einfach duukel ist; es 
scheint Hämatit zu sein. Weniger häufig als dieses rothe Mi- 
neral zeigt sich zwischen den Glimmertäfelchen ein augitisches 
Mineral in unbestimmt begrenzten Fetzen, welche jedoch Sau- 
lenspaltbarkeit und starke farbige Polarisation erkennen lassen. 
In noch weniger zablreichen Säulchen finden sich der Zoisit 
und der Epidot als Mikrolithen im Glimmer. Die Zoisite sind 
wasserhell durchsichtig, zeigen geringe vhromatisehe Polarisa- 
tion und lassen eine deutliche Säulenspaltbarkeit erkennen. 
Die Epidotmikrolithen sind gelblich durchsichtig, von vielen 
wirr durcheinander laufenden Sprüngen durchzogen und mit leb- 
haft farbiger Polarisation ausgestattet. Ungemein selten findet 
sich auch Chlorit zwischen die Glimmerlamellen eingeklemmt. 
Neben den perlmutterglänzenden bis glasglänzenden Glimmer- 
blattchen treten in der grüugrauen Grundmasse von Omphacit 
die dunkelblauen bis schwarzen Glaukopbansaulchen, von denen 
einzelne im Verbaltniss zu ihrer Breite auffallend lang ge- 
streckt sind und welche fast alle parallel den Glimmertafelchen 
liegen, and die rothen Granaten am deutlichsten hervor. Da, 
wie erwabnt, die Glaukophane fast alle mit ihren Hauptaxen 
parallel orientirt sind und in einem Praparat, welches senk- 
recht zu dieser Richtung aus dem Gestein herausgeschnitten 
wurde, fast sammtlich in rhomboidischen Durchschnitten er- 


277 


scheinen, konnten an ihnen die Winkel der Glaukophan- 
säulchen gemessen und bei den meisten Durchschuitten wenig 
grösser als 124° bestimmt werden. Diese rhomboidischeu 
Querschnitte der Glaukophane sind grösstentheils mit Sprun- 
gen in ihrem Innern ausgestattet, welche die Spaltungs- 
flachen*) parallel co P andeuten; sie sind auch hier sehr pleo- 
chroitisch und zeigen ein röthliches Violett (0) und helles Gelb 
(e) ala Hauptfarben. Aehnliche Farben zeigen beim Drehen des 
untern Nicole, wenn man das obere Nicol aus dem Rohre des 
Mikroskops entfernt und mit einem einfachen Oculare beobach- 
tet, kleine saulenformige Mikrolithen in den Glaukophanen; os 
sind dies kleine Glaukophane in den grösseren Glaukophan- 
krystallen , welche mit ihren Hauptaxen anders orientirt sind 
als die grösseren Krystalle. Der Granat tritt in gelbrothen 
einfach brechenden Rhombendodekaedern auf; er besitzt im 
übrigen die Eigenschaften des Granats, wie er im Glaukopban- 
Eklogit auftritt. Unter dem Mikroskop zeigt er regellose 
Sprünge, auf denen und in deren Nahe ein gelbes Eisenoxyd- 
bydrat zu bemerken ist; an andern Stellen ist er scheinbar 
verändert in ein pleochroitisches grünliches Mineral, wel- 
ches ziemlich lebhaft farbige Polarisation zeigt. Oefters um- 
schliesst er rothe Blättchen von Hamatit. Der Quarz ist ver- 
haltnissmassig sehr zurücktretend; seine wasserhellen Körn- 
chen mit fettigglänzendem muschligen Bruch schmelzen vor dem 
Lothrohre nicht und sind nicht pleochroitisch, dagegen zeigen 
sie recht lebhaft farbige Polarisation ; Mikrolithen und Wasser- 
poren mit Gasbläschen finden sich nicht in ihnen. Jedenfalls 
secundar ist der makroskopisch nicht bemerkbare Calcit; doch 
deutet schon das Aufbrausen des Gesteinspulvers beim Anfeuch- 
ten mit Chlorwasserstoffsaure auf Calcit hin; seine wasser- 
hellen lebhaft farbig polarisirenden Partieen verschwinden, 
wenn man den Schliff mit Salzsäure behandelt. 
, 


7, Der Glaukophanschiefer. 


Der Glaukophanechiefer von Syra liegt mir in drei Varie- 
taten vor; die erste Varietät besteht hauptsächlich aus feinen 
Glaukopbansäulchen mit wenig grünem Glimmer; die zweite 
zeigt hauptsächlich Glaukophan und Muskovit; und die dritte 
Varietät enthalt neben diesen beiden Mineralien noch den 
Epidot. Nach Viavet geht der Eklogit auf Syra nach und 
nach in Disthenfels aber; wie ich oben schon gezeigt habe, ist 
Disthen in den Eklogiten auf Syra nicht vorhanden, wohl aber 
der Glaukophan, welcher einen charakteristischen Bestandtheil 


*) Siehe Figur |. 





278 


der dortigen Eklogite bildet; ViateT hat also den Glaukophan 
für Distben angesehen, sein Eklogit geht daher auch nicht in 
Disthenfels, sondern in Glaukophanschiefer über. Da ich den 
Disthen auch in den übrigen Gesteinen von Syra — den Para- 
gonitschiefer natürlich ausgenommen — nicht habe auffinden 
können, dürfte demnach der von VıRLET als „Disthene-en -Roche* 
beschriebene Disthenfels nicht existiren. 

Der Glaukophanschiefer von Syra (lste Varietat) besteht 
hauptsächlich aus äusserst feinen Glaukopbannadelchen, die 
so fein sind, dass das Gestein beinahe ein seidenglanzendes 
Aussehen erhalt; zwischen den gewundenen Lagen dieser 
Glaukophannädelchen liegen äusserst feine Lagen von grünem 
Glimmer. Die Glaukopbannadelchen liegen fast alle in paral- 
lelen gewundenen Ebenen; sie zeigen unter dem Mikroskop 
ibre charakteristische Spaltbarkeit, starke Lichtabsorption, star- 
ken Pleochroismus und nicht minder starke farbige Polarisation. 
Der Glimmer ist grün, lebhaft glasglänzend und zeigt starke 
farbige Polarisation; zwischen den beiden Mineralien findet 
sich haufig ein gelbgrünes Mineral in rundlichen pleochroitischen 
Fetzen, welche lebhaft polarisiren; es ist vielleicht Hornblende. 
Auch braune unbestimmt begrenzte Partieen eines braunen 
Glimmers sieht man an einzelnen Stellen. Nur an einer 
Stelle konnte im Schliff ein rhombisches wasserhell durch- 
sichtiges Mineral mit vollkommener Saulenspaltbarkeit beobachtet 
werden, seine Spaltungsflächen scheinen einen beinahe rechten 
Winkel mit einander zu bilden; es hat nicht sehr starke 
farbige Polarisation und dürfte wohl Zoisit sein. 

Die andere Varietat des Glaukophanschiefers ist der 
Muskovit - Glaukopbanschiefer. Er stellt ein Zwischenglied 
zwischen dem typischen Glimmerschiefer von Syra und den 
Eklogiten dar; durch Zurücktreten, respective gänzliches Ver- 
schwinden des Quarzes, durch Zurücktreten des Muskovits 
‘und starkes Ueberhandnehmen des Glaukophang entsteht aus 
dem Glimmerschiefer von Syra dieser Muskovitschiefer; andrer- 
seits kann man ihn sich aus den Eklogiten hervorgehend 
denken durch Verschwinden des Omphacits und starkes Ueber- 
bandnehmen des Glaukophans und des beim Eklogit nor 
accessorischen Muskovits. Der Muskovit tritt in kleinen vier- 
eckigen perlmutterglänzenden gypsharten Blattchen auf; die 
meisten Blättchen liegen parallel zu einander, treten jedoch 
nie in susammenhangenden Lamellen auf; vor dem Löthrohre 
echmilzt er unter Mattwerden zu einem weissen Email; von 
koblensaurem Baryt wird er aufgeschlossen und giebt lebhafte 
Kalireaction, der Glimmer ist demnach ein Kaliglimmer. Unter 
dem Mikroskop zeigt er lebhafte Polarisation. 

Zwischen den Glimmerlamellen, welche grosstentheils 





279 


nicht unter einander zusammenbängen, finden sich die Glau- 
kophane, welche mit ihren Hauptaxen zum grossen Theil 
parallel den Glimmerlamellen angeordnet sind; sie haben eine 
Lange von 2—4 Millimeter und sind 0,5—1 Millimeter breit; sie 
haben im reflectirten Lichte eine beinahe schwarze Farbe und 
zeigen sich im durchfallenden Lichte je nach ihrer Lage zu 
demselben, entweder blau oder violett oder auch hellgelb 
durchsichtig ; sie verleugnen also auch hier ihren starken 
Pleocbroismus und ihre starke Lichtabsorption nicht. Die 
beiden Säulenflächen , zu denen nur selten das Klinopinakoid 
binzutritt, haben eine Kante von 125,9’*); parallel der Säule 
zeigt sich auch hier eine sehr vollkommene Spaltbarkeit. Als 
Nebengemengtheil finden sich im Gestein Pyrit- Würfel und 
-Pentagondodekaeder, welche alle mit einer dicken Rinde von 
gelbrothem Eisenoxydhydrat versehen sind; dieses Eisenoxyd- 
bydrat überdeckt auch in gelbbraunen Lagen die Schieferflachen 
des Gesteins. 

Ganz ähnlich construirt ist die dritte Varietat des Glau- 
kophanschiefers, welche ausser den beiden Hauptgemengtheilen, 
dem Muskovit und dem Glaukophan, auch noch accessorisch 
Epidot führt. Wabrend der Glimmer im vorigen Gestein mehr 
zarücktritt und er keine zusammenhängende Lagen bildete, ist er 
hier eben so stark entwickelt als der andere Hauptgemengtheil, 
der Glaukophan; während aber beim vorigen Gestein der 
Glaukophan die Schieferstructur bedingte, erbalt dieser Glau- 
kopbanschiefer seine Schieferstructur wesentlich durch die in 
parallelen Lagen angeordneten Glimmerblättchen. Der acces- 
sorische Bestandtheil, der Epidot, ist theils regelmässig parallel 
den Glimmerlagen eingelagert, theils durchsetzt er das Gestein 
in regellos gelagerten Leisten. 

Der Glimmer ist derselbe Muskovit, welchen das vorige 
Gestein auch führte; sehr häufig, ja fast regelmässig sind seine 
in parallele Lagen angeordneten Blattchen parallel verwachsen 
mit einem rothen blättrigen Minerale, welches auf das po- 
larisirte Licht farbig einzuwirken scheint; an andern Stellen 
findet sich dieses Mineral auch in kleinen Nädelchen zwischen 
den Glimmerlamellen; es scheint Gothit zu sein. Hier finden 
sich auch Mikrolithen, welche knieformige Gestalt besitzen, wie 
sie Hacer **) aus den Gabbros des Monte Rosa beschrieben 


®) Mittel aus 13 Messungen; der Krystall spiegelte jedoch nicht sehr 
vollkommen und waren die Bilder sehr unsicher. 


**) Dr. RB. Hacce, Mikroskopische Untersuchungen über Gabbro und 
verwandte Gesteine. 











280 


bat; er halt sie fur Rutil; auch v. Lasauzx®) hat ähnliche 
Korper zwischen den Lamellen der Paragonite von Airolo 
gefunden. Die Glaukophane finden sich zwischen den Glimmer- 
lagen; ihre llauptaxen haben zum grössten Theil eine be- 
stimmte Richtung, Wie die Mikrolithen der Fluidalstructur 
liegen auch hier die Glaukophane einander ziemlich parallel, 
im Gegensatz zu den unregelmässig und zum Theil sogar 
buschelförmig angeordneten Glaukophanen im gewöhnlichen 
Glimmerschiefer von Syra. Auch bier zeigt das Mineral seine 
Haaptcharaktere deutlich; seine Harte, seine starke Lichtab- 
sorption, sein Pleochroismus und starke chromatische Polari- 
sation gestatten eine Verwechselung mit andern Mineralien nicht. 
Ebenso zeigt er jene kleinen gelblichen, weder pleochroitischen 
noch stark farbig polarisirenden kleinen Säulchen, auch jene 
Fetzen eines Säulenspaltbarkeit zeigenden Minerals, welches 
nicbt pleochroitisch ist, wohl aber lebhafte farbige Polarisation 
erkennen lasst **); endlich fehlen gelblichgrune, dachformig be- 
grenzte Säulchen, welche ziemlich starken Pleochroismus und 
starke farbige Polarisation zeigen ***), nicht. Der Epidot kommt 
in rauben ziemlich dicken (3 Mm.) Leisten, welche einen 
ziemlich matten Glasglanz und deutliche Spaltbarkeit parallel 
O P u. co P oo zeigen, vor; an andern Stellen zeigt er 
die Flächen OP. o Poo.P oou. P; lange dünne Säulchen 
zwischen den Glimmerblattchen gehören ebenfalls diesem Mine- 
rale an; er zeigt lebhafı farbige Polarisation. Auch dieser 
Glaukophanschiefer zeigt accessorische Pyrit-Warfelchen. Alle 
drei Glaukophanschieferhandstucke sind durch den Herrn Fouqut 
auf der Westseite der Insel Syra gesammelt. 


8. Das Glaukophan-Kpidotgestein, 


Das Glaukophan-Epidotgestein wechsellagert auf Syra mit 
den Eklogiten und Glaukopbanschiefern. Seine Hauptbestand- 
theile sind blauer Glaukophan und gelblicher Epidot, acces- 
sorisch treten zu jenen hinzu Ompbacit, Zoisit und ein 
reguläres rothes, granatäbnliches Mineral. Das Gestein hat 
eine körnige Structur; in einer weissen Grundmasse, die einen 
Stich in’s gelbliche hat, liegen Glaukophane und unbestimmt 
begrenzte Körnchen jeues rothen Minerals. Die weisslich- 
gelbliche Grundmasse ist kramelig, weil sie aus lauter kleinen 
Körachen und Säulchen von Epidot zusammengesetzt wird; 


*) Neues Jahrbuch für Min. Geologie und Palaeontologie v. Leon- 
Bann und Geinitz 1872. v. Lasauux, Mikromineralogische Beiträge 
S. 897. ff. 

**) Augitmikrolithe. 

***) Hornblendemikrolithe 


281 


jene Kornchen zeigen einen lebhaft glasglanzenden bis diamant- 
glänzenden muschligen Bruch; sie sind barter als Quarz und 
vor dem Löthrohre schwellen sie lebhaft an und schmelzeu 
zu einem schwarzen Email. Sie besitzen einen Kieselsäure- 
gehalt vou 37.1 Procent. Die Körnchen bestehen demnach 
aus Epidot. Unter dem Mikroskop bemerkt man zwischen 
den Kornchen von Epidot auch hie und da Saulchen, welche 
die Spaltbarkeit nach 2 Flächen, die unter dem Winkel von 
115° zusammenstossen, zeigen; dieselben zeigen ausserdem 
quer zu jener Spaltbarkeit noch Quersprunge und wenig Pleo- 
chroismus, aber desto stärkere farbige Polarisation. Spärlicher 
als diese Epidotsäulchen finden sich Zoisitsäulchen in jener 
Grandmasse; auch sie zeigen ihre characteristische Spalt- 
barkeit nach der Säule, doch tritt auch die Spaltbarkeit nach 
einer Absonderungeflache, welche ziemlich senkrecht za den 
Saulenflächen steht, scharf hervor; er wirkt nur wenig auf das 
polarisirte Licht ein. Der Glaukophan ist typisch ausgebildet, 
jedoch wechseln bier seine Krystalle bedeutend an Grösse; sie 
sind bier viel dicker als in dem Glimmerschiefer, in den Eklo- 
giten und den Glaukophanschiefern; sie haben hier öfters 
Kerne von Ompbacit. Unter dem Mikroskop bemerkt man 
bier an einigen Stellen eine Umwandlung des Glankophans in 
ein grünes Mineral, welches nicht sehr stark farbig polarisirt. 
Auch lange Saulchen von Epidot umschliesst er; dieselben 
polarisiren deutlich farbig. Ausserdem finden sich auch hier 
jene gelblichen kleinen Saulchen, welche weder farbig polarisiren 
noch pleochroitisch sind, und gelbgrüne Hornblendemikrolithen. 

Das rothe lebhaft glasglänsende Mineral, welches auch 
in dem Smaragdit-Chloritgestein wiederkehrt, dürfte wohl fur 
Granat angesprochen werden; sein lebhafter Glasglanz, sein 
Bruch and seine Härte sprechen sehr dafür, nur sejne Un- 
schmelzbarkeit dagegen. Da es sehr mit den übrigen Mine- 
ralien verwachsen ist, liessen sich grössere Mengen zu einer 
quantitativen Analyse nicht herausfinden; es konnte jedoch 
constatirt werden, dass es Kieselsaure, Eisen, und Thonerde 
enthalt. Es bricht das Licht einfach. 

Der Glimmer besitzt monotome Spaltbarkeit, lebhaften 
Glas- bis Perlmutterglanz ; er polarisirt nicht sehr stark farbig. 
Als Einschluss tritt er sowohl im Glaukopban als in der 
Epidotgrundmasse auf. An sehr vereinzelten Stellen finden 
sich Chloritblattchen mit ibm parallel verwachsen. Dieses 
Epidot-Glaukophangestein geht durch Aufnahme des Omphacits 
in Glaukophan-Omphacit-Epidotgestein aber, der Epidot tritt 
nun immer mehr zurück, so dass er schliesslich makroskopisch 
nicht mehr bemerkt werden kann und das Gestein nur noch 
aus Glaukophan und Omphacit besteht; diese sammtlichen 


282 


Uebergange konnten sehr schon an einem Handstuck vom Café 
Skarbeli bemerkt werden. Die untere Seite jencs Handstücks 
zeigt sich ala typisches Glaukophan - Epidotgestein, während 
die obere das Omphacit-Glaukophangestein repräsentirt. VIRLET 
hat wahrscheinlich die Grundmasse dieser Gesteine, den Epidot, 
für Feldspath gehalten. Unter der „roche*), qui se présente 
sous mille nuances différentes, selon qu’elle contient plus ou 
moins de ces trois substances constituantes*, bat er offenbar 
auch dieses Gestein mitbegriffen; als die drei substances con- 
stituantes fuhrt er dann den Glimmer, den Feldspath, den 
grünen, Amphibol (Omphacit) und den Disthen (Glaukophan) auf. 


9. Der Omphacit-Zoisitgabbro. 


Die drei folgenden Gesteine dürften wohl am besten unter 
dem Namen Omphacit - Zoisitgabbro zusammengestellt werden; 
es müsste demnach der Glankophan der beiden letzten, nämlich 
des Omphacit - Zoisit- Glaukophangesteins und des Omphacit- 
Zoisit - Glaukophanschiefers als Nebengemengtheil aufgestellt 
werden. Der Omphacit-Zoisitgabbro wechsellagert ebenfalls 
ala Einlagerung in den Glimmerschiefern mit den vorgehend 
und nachfolgend beschriebenen Gesteinen. Das Gestein ist 
ebenfalls ein grobkorniges und besteht aus Zoisit und Om- 
pbacit; accessorisch treten Talk, Epidot, Glimmer, Tar- 
malin und Calcit hinzu, Der Zoisit bildet gleichsam die Grund- 
masse des Gesteins; er ist grösstentheils in Körnchen, aber 
auch vielfach in Saulen mit lebhaftem Glasglanz vorhanden, 
so wie er eingangs beschrieben wurde; in dieser Zoisitgrund- 
masse findet sich der Omphacit gleichsam wie der Feldspath in 
der Grundmasse des Porphyrs eingelagert; seine Eigenschaften 
wurden schon oben näher geschildert; die beiden Mineralien 
führen jene im mineralogischen Abschnitt dieses Aufsatzes ge- 
schilderten mikroskopischen Einschlüsse. 

Das ganze Gestein durchzieht in einzelnen Blättchen, wel- 
che dem blossen Auge als perlmutterglanzende Flecken er- 
scheinen, der Talk ; seine Härte betragt 1; er ist unelastisch, 
vor dem Löthrohr blättert er sich auf und schmilzt in äusserst 
feinen Flittern an den Kanten zu einem grauen Email. Als 
Einschluss ist er sowohl im Zoisit als auch im Ompbacit vor- 
handen, zwischen seinen parallelen Blättchen finden sich kleine 
mikroskopische Nädelchen, wie sie ZIRKEL aus den Thon- 
schiefern und v. Lasautx aus den Paragonitschiefern beschrie- 
ben hat. Der Epidot kommt theils in kleinen gelben, diamant- 
glänzenden Körnchen mit muschligem Bruche, theils in kleinen 





*) Viacer: Expedition scientifique sur Morée II. pag. 67. 





283 


Säolchen vor, die deutlich die Spaltbarkeit parallel oo P oo 
und OP zeigen. Seine gelbe Farbe, die vielen ihn durch- 
ziehenden regellosen Sprünge, sowie seine doppelte Spaltbar- 
keit und starke farbige Polarisation cbarakterisiren ihn hin- 
langlich, so dass er auch unter dem Mikroskop leicht erkannt 
werden kann. 

Der Turmalin tritt in dicken, schwarzen sechsseitigen 
Saulen mit muschlichem Bruche auf; vor dem Löthrohr schmilzt 
er leicht zu einem schwarzen Glase. Pyrit kommt in Warfeln 
und Pentagondodekaödern vor; meistens ist er durch Zer- 
setzung in Eisenoxydhydrat übergeführt und farbt dann die 
angrenzenden Mineralien gelb. 

Der Chlorit tritt in weichen (seine Härte ist geringer als 
1,5) grünen, glasglaozenden und unelastischen Blättchen auf; 
an den Kanten schmilst er vor dem Lotbrohre zu einem 
schwarzen Email. 

An vereinzelten Stellen zeigt sich ein metallischer glan- 
ıender schwarzer Glimmer; es ist optisch einaxiger Magnesia- 
glimmer. 

Der Calcit verrath sich makroskopisch nur durch das 
Brausen des Gesteinspulvers in Salzsäure. Unter dem Mi- 
kroskop erscheint er in jenen Zwillingslamellen, die schon von 
Oscxarz beschrieben sind. Er scheint wesentlich ein secun- 
dares Mineral im Gestein zu sein. 

Vielfach erscheinen die beiden Hauptgemengtheile mit 
Epidot und Talk in so kleinen Partikelchen wirr durcheinander, 
dass eine graue Masse entsteht, die sich unter dem Mikroskop 
in jene Mineralien auflöst. 

VIRLET erwabnt dieses Gestein in seiner Beschreibung der 
Insel Syra nicht oder er rechnet es zu jenen Uebergangsge- 
steinen von Eklogit zu Disthenfels, welche Glimmer, Feld- 
spath, Diallag und Disthen in den verschiedensten Mengen 
entbalten ; in diesem Falle hätte er den Zoisit far Feldspath 
genommen. Durch Aufnahme von Glaukophan geht dieses 
Gestein in das folgende (slaukophan - Zoisit- Omphacitgestein 
über. 


10. Das Glaukophan-Zoisit-Omphacitgestein. 


Das Glaukophan-Zoisit-Omphacitgestein von Syra kommt 
dort in verschiedenen Varietäten vor, theils grobkornig, theils 
weniger grobkörnig und endlich schiefrig durch parallele Lagen 
von Muskovit. 

Die grobkörnige Varietät zeigt die Bestandtheile in grös- 
sern Partieen; der Zoisit tritt in Partieen kleiner parallel an- 
einander gereihter Saulchen auf, welche eine Breite von 


Laits. d. D. geol. Ges. XXVIll.2. 19 


284 


40 Millimeter und eine Lange von 10 Millimeter erreichen; 
noch grösser sind die Omphacit- und die Glaukophanpar- 
tieen, welche das Gestein zusammensetzen; auch grössere 
Nester von Muskovit kommen vor. Die kleinkörnigere Varie- 
tat zeigt diese Partieen höchstens 10 Millimeter breit und 
4 bis 5 Millimeter lang. Beide Varietäten stimmen jedoch in 
ihren Bestandtheilen vollkommen uberein. Da, wo der Glau- 
kophan in der grobkornigen Varietät allein in grössern Par- 
tieen vorkommt, wo er nicht mit dem Omphaeit parallel ver- 
wachsen ist, erscheint er in äusserst feinen, parallel aneinan- 
der gelagerten Nädelchen, wodurch das Gestein an jenen 
Stellen Seidenglanz annimmt. Das kleinkörnige Gestein zeigt 
jene parallelen Verwachsuugen des Glaukophans und des Om- 
phacits viel weniger als das grobkornige. Die Zoisitpartieen, 
welche ebenfalls, wie schon erwähnt, aus parallel aneinander ge- 
lagerten Zoisitsaulchen zusammengesetzt sind, zeigen deutlich eine 
vollkommene Spaltbarkeit und eine minder vollkommene; quer 
zur ersten Spaltbarkeit durchsetzen das Mineral durchgehende 
Sprünge. Im Schliff zeigt es die im mineralogischen Theil *) 
erörterten Eigenschaften. Nur zeigt es hier verschiedenartigere 
Mikrolitheu als dort. Hellgrüne Theilchen eines Saulenspalt- 
barkeit verrathenden Minerals, welches stark farbig polarisirt, 
durften wobl dem Omphacit zuzurechnen sein ; daneben treten 
wasserhelle Fetzen des Muskovits auf; sie sind häufig der 
Grund, wesshalb der Zoisit an verschiedenen Stellen desselben 
Krystalls verschiedenfarbige Polarisation zeigt. Lange gelbe 
Epidotnadeln durchspiessen ihn an manchen Stellen; durch ihre 
Länge und ihre starke farbige Polarisation sind dieselben wohl 
hinreichend charakterisirt. 

Der Ompbacit zeigt fast immer deutlich seine Spaltbar- 
keit nach der Säule und führt, wie überhaupt alle Gemeng- 
theile dieses grobkörnigen Glaukophan-Zoisit-Omphacitgesteins, 
sehr zahlreiche Mikrolithen, besonders aber sind sie häufig 
in den parallelen Verwachsungen des Glaukophans mit dem 
Omphacit. Gewöhnlich kommen hier sowohl im Glaukophan 
wie im Omphaci‘ dieselben Mikrolithen vor. Häufig haben 
dieselben alle eine gleiche parallele Richtung in beiden Ge- 
mengtheilen; ja in eiuigen Fallen behalten die Mikrolithen so- 
gar diese Richtung in Krystallen bei, die ganz verschiedene 
Lage zu einander haben. In diesem Falle kommt man leicht 
zu der Vermuthung, dass die Mikrolithen, lange bevor der 
Glaukophan und der Omphacit da waren, vorhanden gewesen 
sind. Die Mikrolithen, welche in den parallelen Verwach- 


*) Seite 259 ff. 


285 


sungen von Glaukophan und Omphacit vorkommen, sind schon 
oben *) naher charakterisirt worden. 

Der Glimmer ist Muskovit; sach er kommt, wie schon 
bemerkt in Nestern im Gestein vor; er ist stark glasglänzend, 
besitzt die Härte 2 und schmilzt unter Aufschäumen zu einem 
weissen Email, er umschliesst hier ebenfalls kleine Nadelchen, 
wie sie der Omphacit-Zoisitgabbro zwischen den Talkblätt- 
chen fuhrt**). Auch Chlorit und schwarzer Glimmer erscheinen 
hier wie im Omphacit-Zoisitgestein; ebenso verhält sich in 
diesem Gestein der Epidot und Turmalin. 

In dem kleinkörnigen Gestein erscheint der Omphacit an 
einzelnen Stellen in sehr starken glasglänzenden langen Säulen, 
welche eine viel bellere grüne Farbe zeigen als die grössern 
Partieen des Ompbacits; man könnte versucht sein, jene 
langen hellgrunen Säulchen in dieser Gesteinsvarietät fur 
Strablstein zu halten; sie zeigen jedoch nur sehr wenig Pleo- 
chroismus. Die schiefrige Varietät des Glaukopban-Zoisit- 
Omphacitgesteins ist vor den andern durch parallele Lagen 
vou Muskovit, welche das Gestein durchziehen, charakterisirt ; 
aus diesem Grunde enthält dieses Gestein auch mehr Glimmer 
als die vorigen. Der Muskovit findet sich in sehr gewunde- 
nen Lagen im Gestein; er besitzt seine gewöhnlichen schon 
oben beim Eklogitglimmerschiefer ***) angegebenen Eigen- 
schaften. Er ist ganz derselbe, welcher dort beschrieben 
wurde, auch bier zeigte er Kalireaction. Seine leistenformigen 
Durchschnitte polarisiren lebhaft farbig; von den zwischen die 
Glimmerlamellen eingeklemmten Nadelchen konnte nur wenig 
bemerkt werden; sie wurden nur an 2 Stelleu im Schliff be- 
merkt; an der einen erschienen die sonst geraden rectangularen 
Nädelchen gebogen. In einigen Fällen sind die Glimmer- 
leistchen buschelformig gruppirt und somit auch hierdurch an 
die Glimmernester des vorigen Gesteins erinnernd; an andern 
Stellen sind die Glimmerlamellen gespiesst durch Epidot. 
Parallel mit dem Glimmer verwachsen ist der grüne, stark 
glasglanzende Chlorit, dessen Harte viel geringer als die des 
Gypses ist; vor dem Löthrobre brennt er sich gelblich weiss 
uud schmilzt am Rande zu einem schmutzig-blaulichen Email; 
im Dannschliff trat er sehr wenig hervor. Zwischen den hin 
und her gebogenen Glimmerlagen finden sich die übrigen 
Mineralien in äusserst kleinkörnigem oder saulenformigem Zu- 
stande, sie sind wirr durcheinander gewachsen und nicht sehr 
fest an einander haftend, so dass das Gestein etwas krumelig 
ist und der Zerstörung wahrscheinlich keinen grossen Wider- 
stand entgegensetzen kann. Auch hier findet sich der Glau- 


*) Seite 201. *#) Seite 282. ##*) Seite 273. 
19* 


286 


kophan mit dem Omphacit parallel verwachsen. Die Gemeng- 
theile zeigen ganz die beim vorigen körnigen Gestein be- 
schriebenen Eigenschaften, nur zeigen sich die Mikrolithen nicht 
so massenhaft, wie sie das grobkörnige Gestein enthalt. Der 
Epidot lässt in einigen Fallen die Formen P . P ©. P > 
und OP erkennen. Der Zoisit hat auch hier wie der von 
Sterzing in Tyrol nur geringe farbige Polarisation. 

Accessorisch kommt noch in diesem Gestein der Quarz 
vor, jedoch nur in geringen Partieen. Häufiger tritt der durch 
seine keilformigen Dorchschnitte charakterisirte Titanit auf; 
er umschliesst an einigen Stellen sechsseitige Omphacitsaulen. 
Auch jenes im Epidot-Glaukophangestein vorkommende rothe 
granatartige Mineral findet sich an wenigen Stellen in winzigen 
Kôrnchen. In vielen Stücken erinnert dieses Gestein an den 
Eklogitglimmerschiefer; doch unterscheidet es sich von ihm 
dadurch, dass es den Muskowit nicht so massenhaft wie der 
Eklogitglimmerschiefer führt, dass die Glimmerlamellen viel 
dünner sind und dadurch das Gestein auch lange nicht so 
leicht parallel der Hauptschieferung spaltet wie jenes; auch 
enthält es ja noch Zoisit und — wenn, auch bloss accessorisch — 
Epidot , während der bloss accessorisch in ibm auftretende 
Quarz sehr zurucktritt. 


11. Das Smaragdit-Chloritgestein. 


Das Smaragdit- Chloritgestein bestebt hauptsächlich aus 
Smaragdit, einer grünen Hornblende und aus Chlorit. Der 
Glaukophan, der Omphacit, Glimmer, Granat und der Epidot 
treten mehr zurück. 

Der Smaragdit kommt in dem Gestein in dunkelgrünen 
Saulchen vor, weiche eine Spaltbarkeit nach der Säule er- 
kennen lassen; doch ist der Winkel, unter welchem die Säulen- 
flächen zusammenstossen, nicht zu ermitteln; das Mineral be- 
sitzt lebhaften Glasglanz und die Härte 6; vor dem Löthrobre 
schmilzt er sehr leicht zu einem graugrünen Glase; er ist 
sehr stark dichroitisch und hat eine starke farbige Polarisation. 
Schon makroskopisch bemerkt man in ihm Chlorit, Granat, 
Epidot und Glaukophan als Einschlüsse. Der Chlorit ist ge- 
wôbnlich mit seiner Hauptspaltungsfläche parallel einer Säulen- 
fläche des Smaragdits eingewachsen; der Granat und Epidot 
scheinen regellos mit ihm verbunden zu sein; dagegen ist der 
Glaukophan parallel mit ihm verwachsen; die Zusammen- 
wachsungsfläche scheint die eine Saulenflache und die Drebangs- 
axe die Normale zur Säulenfläche zu sein. Die Zeichnung 2 
zeigt einen senkrechten Durchschnitt eines solchen Zwillings. 
a ist Glaukophan, b Smaragdit und c ist ein mit dem Sma- 








287 


ragdit b nach demselben Gesetse verwachsener Smaragdit. 
Ao manchen Stellen wiederholt sich diese parallele Verwachsung 
sebr oft. Bei schwacher Vergrösserung erscheint der Sma- 
ragdit von einem feinen Staub durchschwärmt; bei stärkerer 
Vergrösserung lösen sich diese Staubpartikel in kleine gelbe 
Saulchen auf, welche sämmtlich parallel der Saulenspaltbarkeit 
eingelagert sind; sie zeigen weder Pleochroismus noch farbige 
Polarisation. Auch der Epidot findet sich im Smaragdit als 
Mikrolith vor, theils in langeu Säulchen theils in breiteren, 
deutlich doppelte Spaltbarkeit zeigenden Partieen; beide Arten 
der Epidotmikrolithen zeigen lebhafte farbige Polarisation. 
Auch Calcitpartieen finden sich im Smaragdit vor; fast ebenso 
haafig wie der Calcit finden sich spitzkeilformige Titanite, 
welche nicht sehr stark farbig polarisiren. Der Chlorit ist 
lebhaft glasglänzend, grün, monotome Spaltbarkeit zeigend und 
onelastisch ; an dem Rande schmilzt er vor dem Löthrohre zu 
einem schwarzen Email und wird gelblich weiss gebleicht; er 
giebt im Kolben Wasser. Bei gekreuzten Nicols ist er einfach 
dunkel; er lasst wenig Mikrolithen erkennen; aber an den 
wenigen Stellen, wo sie auftreten, geschieht dies in Schaaren; 
es sind lange Epidote, dachformig endigende Säulen von Horn- 
blende und unbestimmt begrenzte Blattchen, welche polarisiren 
und wahrscheinlich einem Glimmer angehören. Einzelne Magnet- 
eisen-Körner finden sich ebenfalls. 

Der Epidot kommt im Gestein in 0,5—2 Millimeter grossen 
Krystallen vor; dieselben sind gewöhnlich schon krystallisirt 
und zeigen die Flachen: co P, Poo OP a. wo P oo, wie dies 
schon Seite 262 näher auseinander gesetzt wurde. Das rothe 
Mineral kommt in rundlichen Körnchen vor; sie besitzen 
muschligen Bruch und lebhaften Glasglanz; ihre Harte ist 
grösser als die des Quarzes; vor dem Löthrohre sind sie 
unschmelzbar. Unter dem Polarisationsmikroskop erweisen sie 
sich als regular; wahrscheinlich ist es ein granatähnliches 
Mineral, es ist ganz dasselbe, welches auch im Epidot-Glau- 
kophangestein accessorisch vorkommt. Der Glaukophan tritt 
theils in blauen Saulchen, welche jedoch meistens im reflec- 
tirten Lichte tief schwarz erscheinen, auf; er ist mit dem 
Smaragdit verwachsen, wie schon oben erwähnt wurde; zum 
Theil kommmt er auch in blauen Fetzen vor, welche sich 
durch ibre starke Absorption des Lichtes und den starken 
Pleochroismus sofort als Glaukophan zu erkennen geben. Er 
führt dieselben Mikrolithen wie der Smaragdit. Der Omphacit 
unterscheidet sich vom Smaragdit durch die hellgrüne Farbe 
und den Mangel an pleochroitischen Erscheinungen; er tritt 
nur untergeordnet auf und zeigt ganz dieselben Eigenschaften, 
wie sie schon vom Ompbacit des Omphacit-Zoisitgabbros be- 








288 


schrieben wurden; er führt hier ebenfalls Epidotmikrolithen. 
Noch untergeordneter und an vielen Stellen gar nicht wahr- 
nehmbar ist der Muskovit, welcher meist mit dem Chlorit 
verwachsen ist. Ueber das ganze Präparat verstreut finden 
sich spitzkeilformige Titanite. Das Gestein findet sich in der 
Nahe des Kaffeehauses Skarbeli. 


12. Hornblendc-Chloritgestein. 


Ein ganz ähnliches Gestein ist das Hornblende-Chloritge- 
stein der Westseite der Insel; es besteht aus grüner Hornblende 
und Chloritschuppen ; accessorisch finden sich Magneteisen, 
Omphacit und Epidot. Dieses Gestein ist viel feinkorniger 
als das vorige; während das vorige Verwachsungen von Sma- 
ragdit mit Glaukophan von 15 Millimeter im Durchmesser 
zeigte, kommt der Smaragdit bier in langen Säulchen, die 
höchstens 3 Millimeter breit werden, vor. Auch die Chlorit- 
blattcben des vorigen Gesteins waren viel grösser als es hier 
die feinen Chloritschuppchen sind. Häufig finden sich Om- 
phacit, Epidot and Glaukophan zwischen den Chloritschuppchen 
eingeklemmt. 

Die Hornblende ist hier in langen Säulen, welche die 
Formen oo P u. © Roo zeigen, vorhanden; sie zeigt starken 
Pleochroismus und starke farbige Polarisation; auch in sehr 
kleinen mikroskopischen Säulchen findet sie sich; dieselben 
sind öfter buschelformig angeordnet; an vielen Stellen fuhrt 
sio schwarze Magneteisenoctaëder. Der Epidot kommt in 
langen Nädelchen vor, die die gewöhnlichen Eigenschaften 
zeigen. Auch der Omphacit bietet nichts Neues und Abweicheudes 
dar; er gewährt dasselbe Bild wie beim Ompbacit-Zoisitgabbro. 
Zwischen den Chloritblattchen findet sich ein weisses, wasser- 
hell durchsichtiges Mineral, welches deutliche Spaltbarkeit nach 
einer Säule zeigt; es scheint ein rhombisches Mineral zu sein; 
es ist nicht pleochroitisch; wahrscheinlich ist es Zoisit. In 
grossen Partien finden sich die Magneteisenoctaëder. An vielen 
Stellen ist es innerlich umgewandelt in Göthit; dann ist es 
roth durchsichtig; an anderen Stellen umschliesst es Chlorit. 

Sowohl den Glimmerschiefer als auch jene Einlagerungen 
in ihm überdeckt auf Syra ein körnig krystallinischer Kalk, 
welcher Glimmer und schön ausgebildete Saulchen von der 
Form oo P und © R oc von Glaukophan enthält. Dieser 
krystallinische Kalk muss also noch zu jener Zeit gebildet 
sein, als die Bedingungen für die Glaukophanbildung noch 
vorhanden waren; es muss demnach dieser Kalk von dem- 
selben Alter wie der Glimmerschiefer sein. 








289 


Aus dem bisher Gesagten und Beobachteten ergiebt sich nun, 
dass der Glaukopban, dessen Stellang zum chemischen Mineral- 
system bisher bloss Dana in seinem System of Mineralogy 
richtig geahnt hatte, seiner chemischen Zusammensetzung nach 
der natriumreichen Hornblende, dem Arvfedsonit, den natrium- 
und eisenreichen Augiten, dem Achmit und dem Aegirin an die 
Seite zu stellen ist; seine Zusammensetzung entspricht der Formel: 

3 Na, Si O° 
6R Si O° 
3 Al? Si? O° 
Fe? Si? 0°, 
wo R an die Stelle von Fe, Mn, Mg und Ca gestellt ist; 
vor dem Lötbrohr schmilzt er zu einem unmagnetischen Email; 
seine Harte ist gleich der der Hornblende; sein specifisches 
Gewicht 3,101— 3,113, sein starker Pleochroismus , seine 
starke Lichtabsorption und seine Krystallgestalten weisen ibn 
unmittelbar an die Seite der Hornblenden. Sein Auftreten als 
Gemengtheil der Gebirgsarten ist dem der Hornblende ganz 
analog; so vertritt er in den Glaukophaneklogiten den sonat 
in andern Eklogiten auftretenden grünen Smaragdit; so bildet er 
den Amphiboliten sehr ähnliche Glaukopbanschiefer, welche 
man vielleicht mit dem analogen Namen „Glaukophanite* be- 
legen könnte; ganz analog der Hornblende ist ferner sein 
Auftreten als accessorischer Gemengtheil der Glimmerscbie- 
fer auf Syra; dieses Auftreten des Glaukoplians ist dem 
der Hornblende so ähnlich, dass ibn VırLer einfach mit der 
schwarzen Hornhlende verwechselt hat. Andrerseits hat VIRLET 
den Glaukophan des Glaukophaneklogits für Disthen gehalten. 
Der Zoisit von Syra hat eine chemische Zusammensetzung, 
welche der Formel H? (Al? Fe’)? Ca* Si® O?% entspricht; vor 
dem Lothrobr schaumt er lebhaft auf und schmilzt zu einem 
wasserhellen Glase; seine Härte ist gleich der des Orthoklases, 
er besitzt Glasglanz er spaltet nach 2 Flächen, welche beinahe 
rechtwinklig auf einander stehen und zeigt starke chroma- 
tische Polarisation. 
Dem Omphacit von Syra kommt die chemische Formel 
{ (Ca Fe) Si O, 
Mg Si O, 
zu; vor dem Lothrohre schmilzt er za einem grauen Email; 
er besitzt Augithärte und Augitspaltbarkeit und Glasglanz, 
ist sebr wenig pleochroitisch und zeigt sehr lebhafte chromatische 
Polarisation. 

Der Epidot von Syra isi vollkommen identisch mit 
dem von der Sau- Alpe; er hat eine chemische Zusammen- 
setzung, welche der Formel: H* Ca® Al! Fe? Si!? 05° ent- 


À De OO GE D u RE En D © oe, i eee ee EE 


290 


spricht; vor dem Lothrohr schaumt er auf und schmilzt zu 
einem schwarzen Email; er zeigt die Flächen P oo, OP, ooP oc, 
coPu.P, von denen die 3 ersten am häufigsten sind; nach 
OP a. co P oo ist er spaltbar; er hat lebhaften Glas- bis Diamaot- 
glanz; ist wenig pleochroitisch und polarisirt stark chromatisch. 

Der Glaukophaneklogit bestebt aus den Hauptgemengtheilen: 
Glaukophan, Ompbacit und Granat und den Nebengemeng- 
theilen, dem Muskovit und Quarz, der Glaukophanoklogit reiht 
sich den Eklogiten v. DRASOHE’s an, welche den Uebergang bilden 
von den Hornblende führenden zu den Omphacit fuhreuden, 
da er jedoch den fur Syra so charakteristischen Bestandtheil, 
den Glaukophan enthält, so habe ich keinen Anstand genommen, 
ibn Glaukophaneklogit zu nennen. Ein Theil des mikroskopisch 
auftretenden Quarzes der Eklogite ist junger als der Glau- 
kophan. Der Glimmerschiefer tritt in Syra in 2 Varietäten 
auf; erstens als eigentlicher Glimmerschiefer, welcher aus paral- 
lelen Lagen von vielem Muskovit und wenig dazwischen liegen- 
dem Quarz besteht; er fubrt als accessorische Bestandtheile 
zahlreiche grosse Glaukophansaulen und sehr viele kleine 
Granaten; und zweitens als Quarzitschiefer, welcher aus vielen 
parallelen 1 Mm. dicken Quarzlagen besteht, zwischen welchen 
dünne Muskovithautchen eingeklemmt sind; die accessorisch 
auftretenden Glaukophane und Granaten finden sich nur sehr 
vereinzelt; zwischen beiden Glimmerschiefern finden sich auf 
Syra wahrscheinlich zahlreiche Uebergänge. 

Die Gemengtheile des Glaukophaneklogits und des Glimmer- 
schiefers vereinigt in sich der Eklogitglimmerschiefer; er besteht 
aus dünnen parallelen Lagen von Muskovit, zwischen denen 
sich zahlreiche ellipsoidische Quarzpartien eingelagert haben; 
zwischen den dünnen Glimmerlagen finden sich auch die 
Hauptbestandtheile des Glaukophaneklogits: der Glaukophan, 
der Omphbacit und der Granat; ein Theil des Quarzes ist 
hier ebenfalls jünger als der Glaukophan. Dem Glaukopban- 
eklogit sehr ähnlich ist das Omphacit - Paragonitgestein; es 
besteht aus Omphacit, Paragonit, Glaukophan , Granat und 
Quarz; doch erhält es durch die gleichsam in einer Grund- 
masse — dem Omphacit — parallel za einander eingelagerten 
Glaukophane und Paragonite eine Art von Schieferung; un- 
regelmässig in der Grundmasse sind dagegen die Granaten 
und Quarze eingelagert. 

Der Glaukopbanschiefer ist dasselbe Gestein, welches 
Vır.er für Disthéne en Roche, fur Distbenfels hielt; er 
besteht aus parallelen Lagen von Glaukophan, welche durch 
weissen oder grünlichen Muskovit mehr oder weniger von ein- 
ander getrennt sind; accessorisch findet sich in ihnen Epidot 
und Hamatit; nach VIRLET auch Granat; einige führen 80 





291 


wenig Glimmer, dass sie ganz analog dem Amphibolit werden; 
man könnte sie daher wohl mit dem Namen „Glaukophanit“ 
belegen. 

Als Uebergangsgesteine zwischen dem Glaukophan-Eklogit 
und dem Glaukophanit führt ViıpLer Gesteine an, welche 
Glimmer, Feldspath und Diallag führen; es sind dies jedenfalls 
die Gesteine, welche ich als Omphacit- Zoisitgabbro und als 
Epidot-Glaukopbangestein, beschrieben habe. Der Zoisit-Om- 
phacitgabbro bat ale Gemengtheile den Omphacit und den 
Zoisit; die Structar ist kornig. Accessorische Gemengtheile 
des Gesteins sind Talk, Muskovit, Epidot, Turmalin and Calcit. 

Das Epidot-Glaukophangestein ist ein korniges Gemenge 
von Epidot und Glaukophan; Nebengemengtheile sind: Om- 
phacit, Zoisit und Granat. 

Aehnlich wie der Zoisit-Omphacitgabbro zusammengesetzt 
ist das Glaukophan-Zoisit-Omphacitgestein; seine Hauptgemeng- 
theile sind Glaukophan, Zoisit und Omphacit. Aus denselben 
Bestandtheilen bestebt der Glaukophan-Zoisit-Omphacitschiefer ; 
nor sind die Gemengtheile in kleinern Kornchen vorhanden und 
zwischen dunne Glimmerlagen eingeschaltet. Das Smaragdit- 
ehloritgestein besteht aus einem körnigem Gemenge von Sma- 
ragdit und Chlorit mit den Nebengemengtheilen Glaukophan, 
Epidot und Granat. Ein ähnliches Gestein ist das Hornblende- 
Chloritgestein, es besteht aus einem körnigen Gemenge der 
Hauptgemengtheile, aus grüner Hornblende in langen Säulen 
und grünem Chlorit mit vielen Magneteisenoctaöderchen und 
wenig Omphacit und Epidot. Der krystallinische Kalk, welcher 
den Glimmerschiefer von Syra wie eine Decke bedeckt, fuhrt 
Glimmer und Glaukophan und gehört daher gleichfalle der 
Glimmerschieferzone an. 


m nn 


292 


Erklärung der Abbildungen. 


Tafel VIL. 


Fig. 1. Glaakophan, senkrechter Durchschnitt zur Hauptaxe ; a bloss 
die Säule oO P seigend, b die Sänle und das Brachypinakoid zeigend; 
in beiden Figuren ist durch Linien, welche || zur Säulenfläche verlaufen, 
die Spaltbarkeit angedeutet. 

Fig. 2. Eine Zwillings- Verwachsung von Glaukophan und einem 
Smaragditzwilling b/c. 

Fig. 3. Omphacit - Zoisitgabbro von Syra; die obere Hälfte der 
Figur zeigt den Zoisit mit Mikrolithen, welche theils parallel seiner Spalt- 
barkeit, theils parallel einer Fläche eingelagert sind, welche mit der 
angedeuteten Spaltungsfläche ungelähr einen Winkel von 30° bildet; die 
untere Hälfte der Zeichnung zeigt den Omphacit und ein aus kleinen 
Mikrolithen aufgebautes Talkblättchen. 

Fig. 4. zeigt einen Glaukophan sonkrecht zur Axe geschnitten; der- 
selbe ist gelb durchsichtig, während die ihn umgebenden ungefähr mit 
ihrer Hauptaxe der Präparatebene parallel liegenden Glaukophane blau 
und blau violett aussehen; an der rechten und linken Ecke des grossen 
Krystalle und zwischen den wohl erhaltenen Glaukophanen G der linken 
obern Ecke zeigt sich ein grünes Umwandlungsproduct des Glaukophans. 

Fig. 5. zeigt einen Durchschnitt durch den Eklogitglimmerschiefer ; 
Gm = Glimmer; Q = Quarz; Gl = Glaukophan: Hm — Hämatit 
Om == Omphacit; der in der Mitte des Bildes liegende runde grosse 
Krystall, welcher den Hämatit Hm = b und die Quarze q einschliesst, 
ist Granat. 

Fig. 6. zeigt einen Durchschnitt desselben Gesteins, welcher die 
durch den Gebirgsdruck zerquetschten Glaukophane Gik = a und den 
Quarz, welcher die durch den Seitendruck entstandenen Hohlräume des 
Eklogitglimmerschiefers erfüllt hat, zeigt. 

Fig. 7. Muskovit von Syra. 

Fig. Sa. Epidotmikrolith aus dem Omphacit des Zoisit-Omphacit- 
gabbros. 

Fig. 8b. Ilornblendemikrolith ebendaher. 

Fig. 9 a. b. c. Mikrolithen aus Omphacit. 

Fig. 10. Durchschnitt durch einen Epidotkrystall senkrecht zur 


Makrodiagonale, die Flächen OP, P oc. u. 3 P' und die Spaltbarkeit 
|| OP u. oo Po zeigend. 


293 


9, Geologische Beschaffenheit der. am rechten Ufer ge- 
legenen Hälfte der Donautrachytgruppe*) (Sct. Andrä- 
Visegrader Gebirgssteck) nahe Budapest. 


Von Herro Dr. Anton Koca in Klausenburg. 


(Auszng aus einer der ung. Akademie d. Wiss. im Novemb. v. J. vor- 
gelegten grösseren Arbeit.) 


Hierzu Tafel VIII. 


Einleitung, Grösse und (Grenzen des Gebietes, 
Literatur darüber. 


Im Jahre 1871 machte ich es mir zur Aufgabe, den ge- 
oannten der ungarischen Hauptstadt nahe gelegenen Trachyt- 
stock eingehend zu studiren, und verwendete, unterstützt durch 
die angar. Akademie d. Wiss., die Sommermonate der Jahre 
1871, 1873 und 1874 auf eine möglichst genaue geologische 
Aufnahme dieser Trachytgrappe und zum Einsammeln des 
Untersuchungsmateriales, welches sich auf 650 Stuck Gesteine 
und Mineralien und auf 1500 Stück Versteinerungen beläuft. 
Nach der Bearbeitung dieses reichen Materiales und der zabl- 
reichen Beobachtungen im Felde, beschrieb ich die genannte 
Trachytgruppe monographisch und legte diese Arbeit, welcher 
eine bis ins kleinste Detail ausgearbeitete geologische Karte, 
drei geognostisch colorirte Ansichten der Trachytgruppe, 40 Ab- 
bildangen im Texte, 4 Tafeln mikroskopische Zeichnungen 
von Trachytdunnschliffen, ein geologisches Specialkartchen der 
hochat interessanten Trachytkoppe Csödi bei Bogdäny, und 
drei Tafeln Abbildungen schöner Felegruppen beigefügt sind, 
der ungar. Akademie d. Wiss. als Specialbericht uber meine 
ausgeführten Arbeiten vor. 

Was die Lage, Grösse und Grenzen dieses Trachytstockes 
betrifft, so liegt derselbe gerade in dem Knie der Donau, zwischen 
dem Marktflecken Sct. Andrä in Südosten und der Stadt Gran 
im Nordwesten; die Donau bildet also nördlich und östlich 
die natarliche Grenze, während sich südlich jene Linie als 


*) Diese Benennung wurde von Prof. Dr. J. SzaBé in Vorschlag 
gebracht. 


294 


Grenze darbietet, bis zu welcher die Trachytformation zu- 
sammenhängend sich ausdebnt, Diese Linie ist auch in der 
Oberflächen-Gestaltung ziemlich deutlich gegeben, nämlich ic 
den beiden Bachen ,Szt. Léleker Bach“ und „Pilischer Wasser“, 
welche von dem Sattel zu den drei Buchen, mittelst welcher 
der Trachytstock mit dem Pilischer Gebirge zusammenhängt, in 
entgegengesetzter Richtung hinabfliessend die südliche Grense 
des Trachytstockes bezeichnen, obzwar über diese Grenze 
hinaus hie und da vereinzelte Spuren der Trachytformation 
noch vorkommen. Der Flacheninbalt des beschriebenen Ge- 
bietes beträgt beilaufg 5 (] Ö. Meilen, der grösste Durch- 
messer in ost-westlicher Richtung beträgt 4 Meilen, in nord- 
südlicher Richtung nur 2!/, Meilen. 

Die über dieses Trachytgebirge bereits erschienene Lite- 
ratar ist ziemlich ausgedehnt. In F. S. Beupant’s „Voyage 
minéralogique et géologique en Hongrie pendant l'année 1818“ 
finden sich nur wenige Angaben, da B. selbst blos in Vise- 
grad war. Erwähnt wird darin auch, dass M. Tsomson und 
Esmapok vor ihm dieses Trachytgebirge besuchten und be- 
schrieben. Nach Brupant erschien 40 Jahre lang nichts Be- 
merkenswerthes über dieses Trachytgebirge, bis Prof. K. Peters 
im Auftrage der k. k. geol. Reichsanstalt die Uebersichts- 
aufnahme durchführte und seine beiden Berichte darüber ver- 
öffentlichte (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 1857 H. 2. und 
1859 H. 4.), welche die Grundlage zum richtigen Verständniss 
des Gebirges bilden. Im Jahre 1866 erschien Dr. Gumo 
Stacae’s Bericht über die geol. Specialaufnahme der ganzen 
Donautrachytgruppe (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 1866 
H. 3.), in welchem bereits alle Bildungen des Gebirgsstockes 
ziemlieb eingehend beschrieben sind, die Trachyte aber noch 
nach unwesentlichen äusseren Eigenschaften in Typeu und 
Varietäten getrennt werden. Ich konnte sehr werthvolle Daten 
aus diesem Berichte und der bezuglichen geol. Specialkarte 
des Gebirges als Grundlage für meine Studien benutzen. 
In demselben Jahre erschienen von Freih. Erw. SOMMARUGA in 
seinen „Chemischen Studien“ (Jahrb. d. k. k. geol. R. A. 1866 
S. 477), Analysen von fünf Trachyten, und von J. BERKiTE 
in den „Math. Term. Lup. Közremenvck“ der ung. Akademie 
d. Wiss. Analysen von zwei Trachyten unseres Gebirges, 
welche benutzt werden konnten. Kleinere auf unseren Trachyt- 
stock bezügliche Mittheilungen machten fernerhin M. v. Hanrxex 
und Prof. Dr. J. Szasé, welche in mehreren ihrer Arbeiten 
zerstreut sind, Ich selbst war im Sommer des Jahres 1868 
durch die k. ung. geol. Anstalt mit der geol. Specialaufnahme 
des südlichen Randes unseres. Trachytstockes betraut und be- 
richtete darüber in den Mittheilungen der k. ung. geol. Anstalt 





295 


(Pest 1872 I. B. 3. Heft). Ferner erschien von mir die 
kurze Beschreibung der interessanten Csddikoppe bei Bogdäny 
(Foldtani Kozlony 1871 S. 205) und drei vorläufige Berichte 
über meine Specialuntersachungen an die ungar. Akademie. 


Uebersicht des geologischen Baues der Gebirgsgruppe. 


Ich übergehe die Beschreibung der oro- und hydro- 
graphischen Verbaltnisse des Gebirges, da in den Berichten 
des Prof. K. Perens und Dr. G. Sracue und auch in meinem 
oben erwähnten Berichte, genügend darüber geschrieben wurde; 
erachte es aber für zweckmässig, der eingehenderen Beschrei- 
bung der Trachyte und der Sedimentär-Bildungen eine kurze 
Uebersicht seines geologischen Baues als Resultat meiner 
Forschungen voraus zu schicken. Der Kern des Gebirges 
ist mit wenigen Ausnahmen aus 'Trachyt und dessen Trommer- 
gesteinen, Trachyt-Conglomeraten, -Breccien und -Tuffen auf- 
gebaut; der massige Trachyt tritt aber gegen seine Trümmer- 
bildungen so untergeordnet an die Oberfläche, dass seine 
oberflachliche Ausdehnung nur einige Procente gegen die Aus- 
breitang seiner Frummerbildungen ausmacht, Die verschiedenen 
Typen und Varietäten des Trachytes treten am häufigsten an 
dem nördlichen und südlichen Rande des Gebirges aus der 
Halle ibrer Trummergesteine heraus; am südlichen Rande 
hebt er sich wirklich aus seiner Hülle empor, während am 
nördlichen Rande seine Aufschliessung nur dem Durchbruche 
der Donau und den tiefen Einrissen der Bäche zu verdanken 
ist, die Höhen aber überall nur durch Breccien eingenommen 
werden. Die Gliederung der Trammergesteine des Trachytes 
und darnach die Ausscheidung und Bezeichnung auf der Karte 
ist sehr schwierig, indem die Conglomerate, Breccien und 
Tuffe vielfach mit einander wechsellagern; doch versuchte ich, 
wenigstens annähernd, diese Gliederung durchzufübren und in 
meiner Karte einzutragen. Die ‘Trachytvarietaten der Gebirgs- 
gruppe und die entsprechenden Trümmergebilde sind die 
folgenden. (Siehe Tabelle auf folgender Seite.) 

Inmitten des Gebirgsstockes findet sich der diluviale Löss 
und Nyirok *) als Decke der Trachytformation nur untergeordnet, 
so z. B. in den Hochmulden von Szt. Läszlö und der Bucsina, 
bei Domös auf der Bergfläche Körtoelyes puszta. 


*) Plastischer rother Thon aus der Verwitterung der Trachyte hervor- 
gegangen, besonders in der Hegvallya weit verbreitet und durch Prof. 
J. 8zas6 in die Literatur als besondere Bildung eingeführt, welche ge- 
wöbnlich die Basis des diluvialen Löss bildet und sehr reich an Säuge- 
thier-Knochen ist. 


296 


eee ee reer ae err e eer eer See —————— É- 


Trachytvarictäten. 





1. Labrador-Biotit-Granat-Trachyt. 

2. Labrador-Biotit-Granat-Trachyt 
mit wenig Augit (Uebergangs- 
Varietat). 

3. Labrador-Amphibol-Trachyt. _ 





4. Labrador - Amphibol-Augit- 
Trachyt. 





5. Labrador-Amphibol-Biotit-Tra- 
chyt. 

6. Labrador - Augit- Magnetit-Tra- 
chyt mit sehr wenig Amphibol 
(Uebergangs-Varietät). 

7. Labrador - Augit- Magnetit-Tra- 
chyt (Doleritische Trachyte). 














Trünmmergrsteino der Trachvivarieliten, | Geologisches Alter. 








Feine Tuffe des Labrador-Biotit-Granat-Trachytes. 








Untere Le 
Leytha- {= 
Bildung. is 
Keine besondere Trummergesteine. E à 
Gemengte Breccie des Labrador-Biotit-Granat- und En 
| des Labrador-Amphibol- Augit-Trachytes. | | Mittlere ‘se 
Feine Breccien und Tuffe des Labrador-Amphibol- Levibac à 
Augit-Trachytes. Bide is ca) 
Grobe Breccien und Conglomerate des Labrador- & Le 
A mphibol-Augit-Trachytes. = 
Reibungsbreccien des Labrador - Ampffibal - Biotit- Obere Ley- » 
Trachytes. ee. tha-Bild. 
Breccien und Tuffe des Labrador-Amphibol-Magne- 
tit-Trachytes. Sarmatische 
Stufe 


E. Suess's. 











Feiner, geschlemmter Trachyttuff mit Blattabdrücken | Pontische Stufe 





und Lignitflötzen. HocHSTETTER’s. 
Trachyttuff-haltiger Mergel mit Lössschnecken und | Quaternäre Bil- 
Knochen des Ursus spelaeus GoLDF. “dung. 


_Trachytgerölle und -Grus.  lAlluviale Bildung. 


297 


Die Randhugel der Gebirgsgruppe bestehen vorherrschend 
auch aus Trummergebilden des Trachytes, aber die flacheren 
und sanfteren Theile derselben sind überall mit Loss bedeckt; 
an mehreren Stellen tritt auch noch eraptiver Trachyt hervor. 
Am östlichen, westlichen uud südlichen Rande des Gebirgs- 
stockes aber kommen in den Gründen der Bache und Wasser- 
risse, ferner auch an steileren Gehängen tertiäre- und am 
Graner Festungsberge sogar secundare Bildangen zum Vor- 
schein. Das tiefste Glied der aufgeschlossenen tertiären Bil- 
dungen findet sich auch bei Gran und gebort noch dem 
Eocan an; darüber folgt der unteroligocane „Kleinzeller Tegel“ 
par an einigen Stellen am östlichen und westlichen Rande 
entblosst; der oberoligocane Tegel mit Cyrena semistriata 
und Sand mit Pectunculus obovatus treten an vielen Stellen 
in grösserer Ausdehnung hervor; den unter-neogenen Sand 
mit Anomya costata Eicaw., ferner Trachytmaterial enthaltende 
kalkige, thonige und sandige Schichten mit tief - neogenen 
Versteinerungen findet man am häufigsten an der Oberfläche. 
An den südlichsten und nördlichsten Euden des Gebirgsstockes 
sind fernerhin die Korallen- und Nulliporenkalke der Leytha- 
stufe anf kleinen Flächen entwickelt. Endlich erwähne ich 
noch unter den recenten Bildungen Kalktuff, welcher sich an 
einem Punkte ablagert. 


Eingehendere Beschreibung der oben erwähnten Trachyt- 
varietäten. 


1. Labrador-Biotit-Granat-Trachyt, 


a) Makroskopische Untersuchung. Im frischen 
Zustande ist die reichliche Grundmasse dieser Trachytvarietät 
dicht, etwas fettig glänzend, rhyolitbisch, besitzt am gewöhn- 
lichsten eine grunlichgraue Farbe, ist aber auch hänfig rothlich 
und leberbraun oder grünlichgrau-leberbraun gefleckt und ge- 
streift, und kommt seltener auch in schwarzgrauer Farbe vor, 
welche Abänderung am meisten rhyolithisch ond dem Pech- 
steine ähulich ist. Im verwitterten Zustande ist dieser Trachyt 
graulich weiss, rostgelb und roth, oder weiss und rothfarbig 
gefeckt, geadert, gebändert, gestreift, hat den rbyolitischen 
fettigen (slanz verloren und ist feinporös oder auch blätterig, 
raub und matt, wie gewöhnlich die Trachyte sind. Etwas 
abweichend ist die Grundmasse des Trachytes vom Csédiberg 
bei Bogdany, indem diese eine dunkel olivengrüne Färbung 
besitzt, dabei, trotzdem der Trachyt durch tiefe Steinbrüche er- 
öffnet ist, rauhporôs und matt ist, im verwitterten Zustande 
aber ganz erdig wird. 


298 


In solch einer Grundmasse sieht man ausgeschieden: 
a) weisse glänzende gestreifte Plagioklas-Kryställchen von 
1—4 [[] Mm. Grösse gleichmässig aber ziemlich spärlich; 
B) schwarze oder |tombackbraune oft hexagonale Blattchen 
und Schüppchen von Biotit 2 bis 6 Mm. breit, ziemlich 
häufig, die Blättchen alle nach einer Richtung gelegen, wo- 
durch eine ausgezeichnet schiefrig-plattige Absonderung des 
Trachytes entsteht; 7) dunkelrothe bis schwarze durchscheinende 
bis undarchsichtige Krystalle oder blos gerandete Korner von 
Granat, welche ] bis 5 Mm. im Durchmesser erreichen und 
gleichmassig, aber sehr sparlich in der Grundmasse eingebettet 
sind, sich gewöhnlich ziemlich leicht berauslösen lassen oder 
von selbst aus dem verwitternden Gesteine herausfallen und 
dann ihre negative Gestalt mit glänzenden Flächen zurück- 
lassen. 

Der Granat zeigt immer die Flachen 202.00 0., wo- 
bei oo O sehr untergeordnet auftritt und oft nur durch die 
Combinationsstreifen auf den Flächen von 20 2 sich verrath. 
Die am schönsten entwickelten und grössten Krystalle fand 
ich am Alten Kalvarienberge bei Szt. Keresst. Im Trachyte des 
Csédiberges bei Bogdäny konnte ich nur gerundete Korner finden. 

Was den ausgeschiedenen Plagioklas anbelangt, konnte 
nur so viel davon herausgelost werden, um die Aafschliess- 
barkeit durch Salzsäure und eine qualitative Prüfung auf Al, O, 
und CaO versuchen zu können. Nach längerem Digeriren 
in warmer concentr. Salzsäure blieb ein Si O, Pulver zurück, 
und aus der Lösung konnte ich eine genugende Menge von 
Al, O, und CaO fallen. Dieses Verhalten und die Prüfung 
des Plagioklases nach Prof. J. Szaso’s Methode*) weisen 
ziemlich sicher auf Labrador hin. Was die Menge des aus- 
geschiedenen Labradors im Verhältnisse zur Grundmasse be- 
trifft, so versuchte ich mit Hulfe der von mir vereinfachten 
Deussse’schen mechanischen Methode selbe zu bestimmen und 
fand z. B., dass im Trachyte des Csödiberges die Grundmasse 
sammt Biotit and Granaten 97°/,, der Labrador aber nur 3°/, 
ausmachen. 

Das spec. Gewicht bestimmte ich an 7 Stücken von 
verschiedenen Fundorten und fand ale Grenzen 2,43 — 2,58 
und als mittleren Werth: 2,49. 

b) Die chemische Zusammensetzung des Labrador- 
Biotit-Granat-Trachytes vom Csödiberge bei Bogdäny ist nach 
Freib. Erw. Sommaruga’s Analyse die folgende: 


*) Siehe darüber Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanstalt. Wien 1873. 
und „Ueber eine neue Methode die Feldspathe auch in Gesteinen zu be- 
stimmen von Dr. Joser Szasd“ Budapest 1876 Franklin-Verein. @ 


299 


Spec. Gew. ..... 2,548 . . . O-Proc 
81 OS Lies 65,36 .... 34,86 
ADO a 15,62 .... 7,29 
FeO ....... 5,75 
CeO 56 3.453% 3,94 
MO ....... 0,46) .... 8,99 
KR O° a eae ey 6,07 
Na, Oo eG 1,42 

Glubverlust...... 1,19 

99,84. 


Sauerstoffqnotient = 0,323. 


Nach dem Sauerstoffquotient stimmt die chemische Zusam- 
merisetzung dieses Trachytes mit jener der Dacite uberein, in wel- 
chen bekanntlich ziemlich viel freie Si O, in Form von Quarz- 
körnern ausgeschieden ist, während hier keine Spur davon vor- 
banden ist. Da wir den spärlich ausgeschiedenen Feldspath 
als Labrador bestimmten, dessen Si O,-Gehalt höchstens 56°/, 
beträgt, und der Si O,-Gehalt des ebenfalls spärlichen Bioti- 
tes höchstens 42°/, ausmacht, so folgt, dass die grosse Menge 
der Si O, sich in der reichlichen Grundmasse befindet und 
dieselbe wegen des kleineren Si O,-Gehalts der ausgeschiedenen 
Gemengtheile noch etwas grösser sein muss, als die für 
das ganze Gestein gefundene Menge von 65,36°/,. Der grosse 
Si O,-Gebalt der Grundmasse wird sich in der mikroskopischen 
Beschaffenheit derselben kundgeben. 


c) Mikroskopische Untersuchung. Trachyt des 
Csödiberges. Bei 150 facher Vergrösserung löste sich die 
Grundmasse am besten auf. Sie besteht aus kleineren und 
grösseren, bald regelmässigen, bald unregelmässigen, wasser- 
hellen, beinahe einschlussfreien Feldern, Krystalldarchschnitten, 
Mikrolithen, und aus einer einschlussreichen, graalichen, durch- 
sichtigen Masse, welche jene mit einander verbindet und damit 
zusammenfliesst. Die wasserhellen, einschlussarmen Felder, 
Durchschnitte und Mikrolithe zeigen zwischen gekreuzten Ni- 
cols ein bläuliches Licht, sind also doppeltbrechend; einige 
regelmässigere Felder und Mikrolithe zeigen sogar zwei auf 
Zwillingsverwachsung hinweisende Farben, Diese Krystall- 
durchschnitte und die Mikrolithe sind gewöhnlich langgestreckte 
Rechtecke, deren zwei parallele lange Seiten ziemlich scharf 
hervortreten, die beiden Enden aber in dem gräulichen Magma 
der Grundmasse zerfliessen. Kaum irre ich, wenn ich diese 
Gebilde für Orthoklas - Ausscheidungen halte, Die gräuliche 
gegen die Orthoklas - Ausscheidungen zurücktretende Masse, 
welche sich auch durch viele Einschlüsse und färbende Flecken 

Zeits, d. D. geel. Ges. XX VIII. 2. 20 


300 


unterscheidet, bleibt in jeder Stellung zwischen gekreuzten 
Nicols dunkel, ist also eine wirkliche glasige Basis. 

In der Grundmasse, aber besonders in der Glasbasis 
fallen folgende Gebilde in die Augen: a) Viridit®) bildet 
grau- oder ol-grune unregelmässige Flecken, welche besonders 
die Glasbasis erfüllen und die wasserhellen Orthoklas-Felder 
und -Schnitte bald dichter bald lockerer umrabmen. Scharfe 
Grenzen zeigen die Viriditflecken nie. 8) Opacit*) vollig 
undurchsichtige grüulich-schwarze formlose Flecken, Tupfen und 
Pünktchen, welche bald mehr, bald weniger dicht die ganze 
Grundmasse erfüllen. Am dichtesten sind sie an den Biotit- 
schnitten und um diese herum ausgeschieden, ausserdem auch 
dort, wo auch der Viridit dichter vorkommt, Wegen der Un- 
durchsichtigkeit und der dunklen Farbe könnte man diese 
Flecken flüchtig betrachtend für Magnetit halten, was sie 
aber nicht sind, da bei auffallendem Lichte der bezeichnende 
Metallglanz fehlt. Die Menge dieser beiden Substanzen ver- 
ursacht die eigenthümliche grüne Färbung des Trachytes. 
Welche Verbindungen die beiden Substanzen sind, dass konnte 
ich sicher nicht ermitteln, aber aus der Verwitterang und der 
Einwirkung der Salzsäure zu schliessen, sind sie wahrschein- 
lich Eisenoxydulsilicate, Durch die Verwitterang namlich wird 
die frische grüne Farbe des Trachytes blass und verliert sich 
gänzlich und es entsteht die schmutzig gelbbraune Farbe des 
Eisenoxydhydrates. Wenn auch dieses aus dem Gestein sich 
entfernt, wird dasselbe lichtgrau und geht in eine erdige, 
kaolinische Masse über. Die mikroskopische Untersachung des 
verwitterten Gesteines zeigt nun deutlich, dass anstatt des 
Viridit und Opacit Eisenoxyd-Flecken erscheinen, was durch 
Oxydation jener nur in dem Falle geschehen konnte, dass sie 
wirklich Eisenoxydulverbindungen waren. Aber auch die Ein- 
wirkung der Salzsäure zeigt dasselbe. Der Dunnschliff des 
frischen grünen Gesteines wurde durch Einwirkung warmer 
Salzsaure nach wenigen Stunden blass, die Viridit- Flecken 
echwanden gänzlich, die Opacit- Flecken grösstentheils, und 
die Salzsäure wurde zu einer gelben Lösung, aus welcher 
Fe, O, reichlich gefallt werden konnte. Der doppeltbrechende 
Theil (Orthoklas) der Grandmasse und die gräuliche Glaabasis 
erlitten dadurch keine Umänderung. 

Bei 350 facher Vergrösserung scheidet sich die doppelt- 
brechende wasserhelle Substanz (Orthoklas) noch mehr von 
der lichtgrauen einschlussreichen Glasbasis ab. Die Mikrolithe 
treten besonders gut bervor, sind stellenweise ziemlich dicht 


*) Im Sinne, wie VoceLsang diese Bezeichnungen aufstellte. Siehe 
„Die Krystalliten S, 110. 


301 


ausgeschieden und liegen quer durcheinander, zeigen also keine 
Fluidalstructur an. Die Glasbasis dagegen ist ausser den 
Viridit nnd Opacitkörnern dicht erfüllt mit winzigen Luft-. 
blaschen- und Canalen-ahnlichen Gebilden, welche ganz und 
gar den Globuliten und Longoliten VogELsang’s entsprechen, 
also Anfänge der Krystallisation andeuten. 

Die aus der Grundmasse ausgeschiedenen grösseren Ge- 
mengtheile sind die folgenden: 

a) Labradorit, den man makroskopisch nachweisen 
konnte, findet sich deutlich auch mikroskopisch. Die grössten 
and ein Theil der kleineren Feldspathschnitte zeigen schöne 
Zwillingsstreifen. 8) Etwa die Hälfte der mittelgrossen und 
der grösste Theil der ganz kleinen Krystallschnitte zeigen nur 
eine Interferenzfarbe oder höchstens auf einfache Zwillinge 
hinweisende Complementarfarben; es mussen also diese ebenso, 
wie die krystallinische Substanz der Grundmasse, für Orthoklas 
erklart werden, um so mehr, da durch die chemische Analyse 
eine 80 bedeutende Menge von Si O, nachgewiesen ist. Die 
Feldspathschnitte sind im Allgemeinen wasserhell, mit wenigen 
Spaltungsrichtungen versehen, oft aber mit concentrischen 
Wachsthumsstreifen. Unter den wenigen Einschlüssen fand ich 
nor Partikelchen der Glasbasis vertreten. 7) Biotit sieht 
man in hell grünlich-braunen Längs- und gelblich-braunen Quer- 
schnitten ziemlich wenig. Die Schnitte sind im Allgemeinen aus- 
gefressen, oft zerbrochen und gewaltsam entzwei gerissen; sie 
sind von Opacitkornern umgeben und bedeckt, Trotzdem lässt 
sich die parallele Streifung der Langsschnitte und der auffallend 
starke Dichroismus stets beobachten. Als Einschlusse enthalt 
der Biotit kleine Bruchstücke des Feldspathes, oder man sieht 
grössere Labradorschnitte im Biotit halb eingewachsen. Diese 
Umstände weisen bestimmt darauf hin, dass aus dem feuerflüssi- 
gen Gesteinsmagma zuerst der Feldspath sich ausschied, und nur 
dann, als dieses Magma bereits zahflussiger wurde, krystalli- 
sirte auch der Biotit, wobei die dünnen Blätter auf grösseren 
Widerstand stossend theils beschädigt, theils zerrissen wurden 
und zugleich Bruchstücke vonFeldspath einschlossen. à) Granat 
konnte in Dunnscbliffen nicht hergestellt werden, da er nach 
Erreichung einer gewissen Grenze sich stets herausbröckelte. 
Aber auch an etwas dickeren Schliffen ist er genügend durch- 
sichtig, am beobachten zu können, dass er ziemlich haufig 
kleine weisse Feldspathstacke einschliesst, und dass durch die 
Risse und Spalten die Grundmasse nebst Biotit tief in die Kry- 
stalle eindringt. Diese Beobachtung stimmt nicht mit der An- 
gabe Freib, Erw. SomMaRuGAa’s überein, nach welcher der Feld- 
spath Granatkörner einachliessen soll und folglich können darauf 
basirte Folgerungen auch nicht statt haben. Aus meinen Beob- 


20° 


302 


achtungen scheint vielmehr zu folgen, dass die Krystallaus- 
scheidung des Granates in der erstarrenden Grundmasse zuletzt 
geschah oder dass er schon fertig in die feuerflüssige Masse 
des Trachytes hinein kam, worauf besonders am Csödiberg die 
gerundete Form der Granate hinweisen wurde. Auch Somma- 
RuGA halt diese Ansicht fur möglich. 

In der Ausbildungsweise etwas verschieden zeigen sich 
die am südlichen Rande des Gebirgsstockes, besonders zwischen 
Pomäz und Szt. Kereszt, mächtiger hervortretenden und deutlich 
rhyolitischen Labrador-Biotit-Granat-Trachyte. Bei 
75 facher Vergrösserung sieht man eine gelblichgraue durch- 
scheinende Grundmasse erfullt mit langen rechtwinkelig vier- 
eckigen, wasserhellen Mikrolithen , mit spärlich zerstreuten 
winzigen Magnetitquadraten und mit lichtbräunlichen Flecken, 
welche bei auffallendem Lichte milchweiss sind. Schon bei 
dieser Vergrösserung bemerkt man zwischen gekreuzten Nicols, 
dass die Basis, in welcher jene kleinen Gemengtheile aus- 
geschieden sind, ein vollkommenes Glas ist, da es in jeder 
Stellung dunkel bleibt. In dieser Basis sieht man ferner noch 
quer durcheinander liegende Fadchen und Pünktchen. Die 
Mikrolitbe zeigen zwischen gekreuzten Nicole eine Interferent- 
farbe oder zwei complementäre Farbenstreifen, und darften 
kaum etwas anderes, als Orthoklas sein. Die im durchfallenden 
Lichte braunlichen, bei auffallendem Lichte aber milchweissen 
Flecken sind Folgen der Verwitterung, wodurch die Grundmasse 
theilweise angegriffen und kaolinisirt wurde. Bei 450 facher 
Vergrösserung erweisen sich die winzigen Pünktchen und Fadchen 
der Basis als Gebilde, welche den Globuliten ond Longuliten 
VoGELsane’s ganz ähnlich sind. Die braunlich erscheinenden 
kaolinisirten Flecken zeigen bei dieser Vergrösserung eine 
körnige Structur. 

Unter den in dieser Grundmasse ausgeschiedenen makro- 
skopischen Gemengtheilen treten besonders die schönen farbig- 
gestreiften Zwillingskrystalle des Labrador, ferner die braun- 
gelben Langsschnitte des Biotit’s mit den dichten Spaltungs- 
linien hervor. Die Sanidin-Mikrolithe sind am dichtesten aus- 
geschieden und indem sie die grösseren Gemengtheile umfliessen, 
verleihen sie dem Gesteine eine ausgezeichnete Fluidalstractur. 
Die Biotittafeln liegen alle in einer Richtung, in jener nämlich, 
in welcher auch die Massenbewegung geschah , und folglich 
sieht man in einem Dünnschliffe entweder Längs- oder blos 
Querschnitte. Einige Biotitschnitte enthalten als Einschlasse 
Feldspath-Krystallchen und -Bruchstücke, während der Labrador 
nur wenig Glasmasse und Luftporen einschliesst, überhaupt 
eine seltene Reinheit aufweist. Granat konnte ich in Duno- 
schliffen nicht erhalten. Aus Allem geht hervor, dass zuerst 





303 


der Labrador, dann der Biotit sich aus dem feuerflüssigen 
Trachytmagma ausschied, diesen folgte erst die Ausscheidung 
der Ortboklas - Mikrolithe, welche sammt der noch flüssigen 
Grundmasse die beiden ersteren umflossen. Der Granat kam 
vielleicht auch bier von Aussen in die zabflussige Grundmasse, 
da er sich — wie bereits erwähnt wurde — sehr scharf da- 
von ablöst, hier aber recht deutliche Krystalle bildet. 

d) Zeolithbildungen im Trachyte des Caddiberges. 

1. Chabasit kommt in den Hoblungen und Spalten des 
verwitterten Trachytes zu Krystalldrusen aufgewachsen vor; 
die Krystallindividuen bedecken sich mehrfach und bilden 
stellenweise eine 5—8 Mm. dicke krystallinische Kruste. Die 
Verwitterung des Trachytgrundes ist so weit vorgeschritten, 
dass der Labrador entweder ganz verschwunden oder nur als 
Kaolin vorhanden ist. Biotit und Granat ist noch frisch. Die 
Farbe des Trachytes ist schmutzig gelblichgrau (hauptsächlich 
aus dem ersten und grössten Steinbruche) oder nur schmutzig 
grau, oder endlich noch bläulichgrau, dem frischen Gesteine 
abnlich, aber auch in diesem Falle ist der Feldspath kaolinisirt 
oder gänzlich herausgewittert. 

In dem am meisten verwitterten Trachyt scheint der Cha- 
basit auch etwas angegriffen zu sein, denn hier ist er undurch- 
sichtig, gelblichweiss und neigt zum Perlmutterglanz. Sehr 
baufig finden sich rosarôthlich gefärbte durchscheinende und 
durchsichtige Chabasitdrusen, deren Individuen auch grösser 
und besser entwickelt sind, und wovon man häufig ziemlich 
grosse krystallinisch-köruige Stücke sammeln kann. Der Glas- 
glanz ist gut ausgesprochen , aber zuweilen doch auch in 
Perlmutterglanz übergehend. 

Am schönsten sind die wasserbellen Chabasitkrystalle, 
welche auf dem bläulichgrauen, ziemlich frischen Trachyt auf- 
gewachsen vorkommen, bei vollkommener Durchsichtigkeit reinen 
Glasglanz besitzen und häufig mit Kalkspath vergesellschaftet sind. 

Nur an zwei Exemplaren sah ich deutliche einfache Kry- 
stelle, die übrigen sind Durchwachsungs-Zwillinge. Bei einem 
ist das R allein ausgebildet, die Flächen mit den federartigen 
Combinationsstreifen versehen. Bei dem zweiten Exemplare 
bemerkte ich noch an den Seitenecken das — 2R; an den 
Zwillingen kommt dazu noch das — !/;R. Endlich auf dem 
grössten Zwillinge zeigte sich noch ein Scalenoëder an den 
beiden Seiten des —'/,R. Die Durchwachsungs-Zwillinge zeigen 
alle die letztere Combination. Da die Flächen alle sehr ge- 
streift und die Individuen nicht gleich gross sind, ferner die 
Dorchwachsung auch nicht immer volkommen central ist, er- 
scheineu die Zwillinge sehr verwickelt und gleichen einer von 
sehr zahlreichen Flächen glänzenden Rosette. 





304 


Die Grösse der Krystalle ist verschieden. Die gelblich- 
weissen undurchsichtigen haben eine Kantenlänge von 1—2 Mm., 
die rosafarbigen erreichen die Länge von 3 Mm.; die schönen 
wasserhellen R haben eine Kantenläoge von 5 Mm., endlich 
der Durchmesser der Zwillinge ist oft 10 Mm. Der Chabasit 
des Csédiberges wetteifert also auch in der Grosse der Kry- 
stalle mit den ausserungarischen Chabasiten. 

Das spec. Gew. fand ich nach drei Messungen bei 20° C 
2,056, also etwas kleiner, als bei den übrigen Chabasiten. 

Chemische Analyse. Ich analysirte den Ch. im La- 
boratoriam der Klausenburger Universität; Si O,, Al, O,, CaO 
CI Na + CIK bestimmte ich direct. H, O bestimmte ich 
indirect durch den Glühverlast und bekam auf diese Weise 
weniger, als die Differenz der gefundenen Bestandtheile ergab. 
Ich nabm das Mittel dieser Resultate. Das feine Pulver des 
Minerales trocknete ich nicht besonders, denn bekanntlich ver- 
liert der Chabasit bei 100°C. im Luftbade getrocknet einige 
Procente seines Wassergehaltes. Während namlich das in freier 
Luft getrocknete Pulver durch (lühung 19,8 verlor, hatte das 
im Luftbade bei 100°C. getrocknete Pulver durch das Glahen 
nur 16,68 °/, verloren, der Verlust beträgt also 3,12°,. Es 
nähert sich dieses Resultat dem Ergebnisse EnGELHART's (siehe 
RaMMELSBERG: Viertes Suppl. der Mineralchemie 1859 S. 82.), 
der den Chabasit des Basaltes von Annerode bei Giessen 
analysirte und fand, dass derselbe bei 100° C. 4,74°/, verlor, 
was 3 Atomen entspricht. 


Das Ergebniss meiner Analyse ist: 


Al, O, 18,53 
Ca O .. 1,80 
(2Na, O + K, 0) . : | ‚96 Glübverlust Differenz 
H, O° . 20, ‚77 (Mittel) 19,79 21,75 
99,02 | 


CI K und Cl Na wurden nicht getrenut, 2Na, O + K, O 
aber aus dem Grunde berechnet, weil in der Flammenreaction 
das Na sehr stark sich zeigte, K nur untergeordnet war. Indem 
wir dieses Ergebniss mit den Resultaten der bisherigen Ana- 
lysen von Chabasiten vergleichen, sehen wir, dasa unser 
Chabasit in die Gruppe der Calcium - Chabasite gehört und 
dass er in Betreff des Si O,-Gehaltes gerade an der Grenze 
der Si O,-reicheren UE 20/0) und der Si O,-armeren (49-- 
46°/,) Varietäten steht. 

2. Desmin sitzt in nselies prismatischen Krystallen 
oder seltener in Gruppen von 2—4 Krystallen auf dem Cha- 





305 


basit. Die Seiten sind gut ausgebildet und glanzend, besonders 
ist der Perlmutterglanz der Fläche oc P x auffallend; die 
beiden Enden aber sind matt, uneben und findet man selten 
bestimmbare Individuen. Ursache davon ist die parallele Ver- 
wachsung mehrerer Individuen, wodurch auch die Garbenform 
entsteht. An den best ausgebildeten, im Durchschnitte 3 Mm. 
langen und ] Mm. dicken Krystallen beobachtete ich folgende 
Flächen: > P co. 50 P co. P. OP. 

Farbe, Glanz und Durchsichtigkeit stimmt mit dem zugleich 
aufgewachsenen Chabasit überein; wo letzterer etwas angegriffen 
ist, ist auch der Desmin undurchsichtig. An einem Exemplare 
fand ich den Desmio auch in kagelförmiger Nachabmungsgestalt 
mit radialfaseriger Structur. | 

8. Kalkspath kommt in weissen, gelblicben oder graven 
durchscheinenden Krystallindividaen einzeln oder in Gruppen 
aufgewachsen vor, ist aber seltener, als die beiden Zeolithe. An 
den Krystallen fand ich folgende Gestalten: a) 2R (dessen 
Endkante mit dem Anlegegoniometer gemessen nahe 79° ergab) ; 
6) 2R.—R; +) 2R.—R.2Rn; und 5) sehr kleine spitze 
mRn zu Gruppen dem Chabasite aufgewachsen. 

Paragenetische Beziehung und Genesis dieser 
Mineralien. Im schmutzig gelblichgrauen Trachyte des 
ersten Steinbruches (am westlichen Abhange der Kuppe) kommt 
Chabasit allein vor. In dem schmutzig grauen Trachyte des 
am südlichen Abhange gelegenen oberen Steinbruches haben 
sich auf den Chabasit Desmin-Krystalle abgesetzt, woraus 
deutlich hervorgeht, dass Desmin sich später aus der Lösung 
absetzte, als der Chabasit. In demselben Steinbruche findet 
man ferner auf weniger verwittertem Trachyt Chabasit in Gesell- 
schaft von Kalkspath, oft ist Kalkepath fur sick allein aus- 
geschieden. Die Folge der Ablagerung ist nicht dieselbe. An 
einigen Stücken finder sich der Kalkspath unten, und der Cha- 
basit darauf gelagert; in den meisten Fällen aber findet das 
Umgekehrte statt und an mehreren Stücken bemerkt man, dass 
beide sich zugleich neben einander ablagerten, woraus man 
schliessen muss, dass bei diesen keine bestimmte Aufeinander- 
folge stattfand. 

Nach dem Gesagten fallt es nicht schwer die Entstehung 
dieser Zeolithe und des Kalkspathes zu erklären. Dass die- 
selben nachträglich, in Folge der Verwitterung des Trachytes 
entstanden, zeigt zweifellos der Umstand, dass sie nur nahe 
der Oberfläche — höchstens bis zu einer Tiefe von 4—6 Metern — 
im verwitterten Gestein vorkommen. Der mit grösster Wahr- 
scheinlichkeit nachgewiesene Labradorfeldepath des Trachytes 
enthalt aber alle jene Verbindungen, welche zur Bildung des 
Chabasites, Desmins und Kalkspathes nothwendig waren, ond 


306 


nur die Einwirkung des C O,-haltigen Wassers braucht man 
in Rechnung zu bringen, damit man den bei der Verwitterung 
des Labradors and Neubildung der genannten Zeolithe statt- 
gefundenen chemischen Process erkläre. Das C O, - haltige 
Wasser zersetzte den Labrador allmalig und führte die Al- 
kalien, den Kalk und einen grossen Theil der Si O, im ge- 
Jôsten Zustande aus, um sie in den Spalten und Höhlungen 
des Trachytes als neue wasserhaltige Silicate wieder abzusetzen, 
und zwar als Chabasit, dann nach dem Verbrauche der Alkalien 
als Desmin und endlich den überschüssigen Kalk an C OQ, ge- 
bunden als Kalkspath; ein kleinerer Tbeil der Si O, aber 
verband sich mit der zurückgebliebenen Thonerde und mit 
Wasser zu Kaolin, welcher in Form des Labrador’s zarackblieb. 

e) Absonderung und Verbreitung des Labrador- 
Biotit-Granat-Trachytes. Die Absonderung dieser 
Trachytvarietät scheint überall eine mehr-minder dicke tafel- 
formige za sein, denn dies wird schon durch die in einer 
Richtung gelegenen Biotitblattchen bedingt. Die an der Ober- 
fläche herumliegenden Stücke des Gesteines sind ohne Aus- 
nahme mehr oder weniger dünne Platten, welche sich gewöbnlich 
noch weiter in der Plattungsrichtung spalten lassen. Die 
kleineren Stücke von verwitterten dünnen Platten sehen oft 
wie Scherben von Dachziegeln aus, worauf sich auch der 
Name einer Kuppe (Cserepeshegy d. i. Scherbenberg) am Ein- 
gange des Szt. Léleker Thales beziebt. Blos an einer Kuppe, 
am Bogdänyer Csödiberge, ist der Trachyt durch tiefe Stein- 
brüche wohl aufgeschlossen, so das sman nicht nur die Abson- 
derung des Gesteines, sondern auch den Bau der ganzen Kuppe 
gut beobachten kann; da ist es aber auch eine der schönsten 
Structuren im Grossen, über welche bisher berichtet wurde. 
Die regelmässig schön gewölbte, in NW.—SO. Richtung etwas 
verlängerte Kuppe ist aus concentrisch sich umhullenden Schalen 
des Trachytes aufgebaut, deren Dicke 1 bis 2 Meter beträgt. 
Diese concentrischen Schalen sind durch ein radiales Spalten- 
system durchsetzt, so dass also jede Spalte die Oberfläche der 
Schalen nahe senkrecht trifft, folglich gegen den Mittelpunkt 
der Kuppelwölbung convergirt. Ich nenne sie: concentrisch- 
schalige Absonderung mit radialem Spaltungs- 
systeme. Was die Ursache dieser besonderen Absonderung 
betrifft, so erkläre ich mir diese durch Einwirkung zweier Factoren 
entstanden. Der eine ist der mächtige Druck, welcher nach- 
weislich durch die der Kuppe einst auflagernden oberoligocanen 
Schichten — nun zum grössten Theil denudirt — auf die 
Oberfläche der heissflüssigen Trachytmasse ausgeübt wurde, 
wodurch bei langsamem Erstarren die, auf die Richtung des 
Druckes senkrecht stehende concentrisch-schalige Absonderung 





307 


entstehen musste; der zweite Factor ist die mit der Abkühlung 
verbundene Contraction der Gesteinsmasse, welche an der 
Oberfläche der Kuppe beginnend, hier Spalten erzeugen musste, 
die mit der allmäligen Erstarrung des Trachytes sich gegen 
den Mittelpunkt der Kuppe ausdebnten. 

Möglich, dass auch andere Kuppen dieser Trachytvarietat 
eine gleiche Absonderung besitzen, direct beobachten kann 
man es aber nur hier. 

Dass diese Trachytvarietat wirklich in beissflussigem Zu- 
stande emporgedrungen ist, dafur finden sich handgreifliche 
Beweise in der Umgebung des Csödiberges, am Babiberge bei 
Gran und am Alten Kalvarienberge bei Szt. Kereszt, wo die 
oligocanen Schichten vielfach gehoben, aufgerichtet, gebrochen, 
sogar uberkippt, dann deutlich gebrannt, dadurch gebartet und 
dunkel gefarbt wurden, bei Gran eine oligocane Braunkohle 
sogar in Koks verwandelt wurde. Am südlichen und westlichen 
Fosse des Csôdiberges tritt der Trachyt ferner noch an 
10 Stellen zwischen den emporgerichteten und gebrannten oli- 
gocanen Tegelschichten hervor, ein deutlicher Beweis, dass 
das feuerflussige Gestein auch in Form von Gängen in die 
gehobenen Schichten hineindrang; auch konnte ich nachweisen, 
dass die Richtung der Gänge vom Caddiberge aus radial ver- 
lauft; ihre Zahl ist wenigstens 4, wovon der westlichate 
sich gabelt. 

Was endlich die Verbreitung dieser Trachytvarietat 
betrifft, so tritt sie blos am südlichen Rande des Gebirgsstockes 
massenhaft auf, indem sie den Gebirgskamm zwischen Pomäz 
und Szt. Kereszt ausschliesslich, zwischen Szt. Lelek und Gran 
aber eine Reihe von einzelnen Kuppen bildet. Am östlichen 
Rande bildet sie blos die öfters erwähnte Kuppe des Csödi- 

' berges bei Bogdäny und am nördlichen Rande einen: ganz 
kleinen Durchbruch bei Visegrad. 


2. Labrador-Biotit-Granat-Trachyt mit etwas Augit. 


a) Makroskopische Untersuchung. Das Gestein 
besteht beinabe nur aus einer dichten Grundmasse, in welcher 
die Gemengtheile sehr spärlich zerstreut und in kleinen Indi- 
viduen ausgeschieden sind. Die Grundmasse des frischen 

' Gesteines ist mattglänzend, dunkel- oder lichter graugrün, dabei 
_ gefleckt oder gestreift. Ausgeschieden sieht man wasserhelle 
Labrador-Kryställchen , glänzend schwarze Punkte von Biotit 
und Augit und, sehr selten, auch ein kleines Granatkorn, ins- 
| gesammt in sehr untergeordneter Menge, Das etwas verwitterte 
| Gestein besitzt eine hellere oder dunklere, roth- oder gelbbraune, 
dichte, matte Grundmasse, in welcher der weisse Labrador, 


308 


und die schwarzen Punkte des Biotit und Augit etwas dichter 
ausgeschieden erscheinen. Granat bemerkte ich nicht. End- 
licb sammelte ich in grosser Menge Stücke, deren dichte 
Grundmasse entweder blassdunkelaschgrau, oder aschgrau und 
rothlich gesprenkelt und gestreift ist, einen perlitischen Glanz 
besitzt oder auch matt wird. Auch hier sind die oben ge- 
nannten Gemengtheile in sehr kleinen Partikelchen spärlich 
eingestreut und scheint der Granat gänzlich zu fehlen. Den 
Feldspath bestimmte ich nach der Methode Prof. Szano's als 
Labradorit; eine genügende Menge zur Analyse konnte nicht ber- 
ausgelöst werden. 

Interessant ist in dem letzt erwähnten grauen Trachyte 
die bäufige Ausscheidung von Hyalit. Das Mineral bildet 
an den Wänden, den Rissen und Spalten einige Mm. dicke 
Krusten und dünnere Ueberzuge mit der bezeichnenden Brombeer- 
ähnlichen Nachahmungsgestalt. Die Farbe ist wasserbell oder 
gelblich, auch ockergelb, dabei immer durchsichtig, oder end- 
lich ganz rauchgrau und blos durchscheinend. An einigen Exem- 
plaren schliesst die Hyalitkruste kleine erdige Bruchstückchen 
des Gesteines ein, zum Beweis, dass die Bildung des Hyalites 
eine Folge der Zerklüftung und dann der Zersetzung des 
Trachytes war und dass die Zerklüftung noch während der 
Bildung sich wiederholte. Uebrigens enthalten auch die übrigen 
Farbenabanderungen dünne Hyalitüberzüge, aber viel seltener 
und in kleinerer Menge. ‘ 

Die Grenzen des spec. Gewichtes sind: 2,363—-2,496, 
und das Mittel nach 4 Bestimmungen ist: 2,492. 

b) Chemische Zusammensetzung. Alle Eigen- 
schaften und Umstände weisen auf ein saueres Gestein hin und 
dies ist auch durch Freib. Erw. Sommaruga’s Analyse der 
grauen Abänderung dieses Trachytes erwiesen; a. zw.: 


Spec. Gew. ..... 2,414 O. 
81:0, ae 68,63 ... 36,6 
Al Oy eee es .. 14,48 ... 6,75 
16.0 ee 4,11 
CaO ....... 2,19 
MgO ....... 0,18)... 2,79. 
Ke Oe ak eas 4,77 
N2,0: u..4. 8.00: 1,42 

Gluhverlust . . . .. 4,35 

100,13 


O. Quotient: 0,261. | 


Wir sehen also, dass diese Trachytvarietat eine hobe 
Acidität besitzt, in welcher Beziehung sie sogar die Dacile 


309 


mit freier Si O, (Quarz) übertrifft und den typischen rhyo- 
lithischen Trachyten sich zugesell. Die Modification des 
Trachytes ist jedenfalls eine rbyolithische zu nennen, ob zwar 
sie im Habitas des oft verwitterten Gesteines nicht immer 
destlich ausgesprochen ist. 

c) Mikroskopische Untersuchung. Unter dem Mi- 
kroskope betrachtet, zeigte die Grundmasse ziemlich dieselbe 
Beschaffenheit, wie die bereits beschriebene Varietät des La- 
brador-Biotit-Granat-Trachyt. In der braunlichgrauen, durch- 
scheinenden Glasbasis bemerkt man bei stärkerer Vergrös- 
serang ebenfalls die Longulit- und Globulit-artigen Gebilde; 
bei schwacher Vergrösserung schon die in grosser Menge aus- 
geschiedeneu Sanidinmikrolithe, welche eine deutliche Fluctua- 
tion zeigen. Ausser den deutlich gestreiften Labradorkrystallen 
siebt man auch hie und da kleinere einfarbige Feldspathschnitte, 
welche auf Orthoklas hinweisen. Augit bildet gelblichgrune 
darchseheinende Schnitte von ganzen Kryställchen oder von 
deren Bruchstücken, und kommt hänfiger vor als der Biotit, 
erkenntlich durch seinen auffallenden Dichroismus. Auch Mag- 
netit-Kryställchen und -Korner sieht man bie und da. 

d) Absonderung und Vorkommen dieser Varietät. 
Diese Trachytvarietät kommt blos bei Set. Kereszt, am Percs 
Berge vor, wo sie durch mehrere tiefe Wasserrisse gut entblosst 
ist. Die Absonderung ist dicktafelig oder plattig; nur die graue 
Abanderung bildet formliche Banke. Zugleich mit dieser Varietat 
kommt au demselben Berge auch der reine Labrador- Biotit- 
Granat-Trachyt vor und zwar beide lagerförmig über einander, 
so dass man bier auf Lavastrome schliessen muss, um so mehr, 
da selbst harte Tuffe und Breccien mit den massigen Trachyt- 
banken wechsellagern. Zuunterst liegen dicktafelig abgesonderte 
Labrador-Biotit-(sranat-Trachytströme mit Tuff- und Breccien- 
lagern dazwischen, darauf folgt der graue Labrador-Biotit- 
Augit- Trachyt mit Hyalit in dicken Banken, und oben, nahe 
dem Kamme des Berges folgt wieder dünntafeliger, dunkel- 
grauer Labrador-Biotit-Granat-Trachyt. 

Aus diesem Verhältniss des Vorkommens ist deutlich er- 
sichtlich, dass beide Varietäten dieses saueren oder rhyoli- 
tbischen Trachytes das Ergebniss mehrerer nach einander fol- 
gender Ausbrüche waren, wobei sie als Lavaströme hervortraten, 
aber auch von Aschen- und Lapilliregen begleitet waren, welche 
mit den Laven wechsellagern. Jegliche Spuren des einstigen 
Kraters sind — wahrscheinlich durch spätere Eruptionen einer 
anderen Trachytvarietat und Ablagerungen mächtiger Breccien 
und Tuffmassen — gänzlich verwischt oder bedeckt. 

\ 


- 310 
3. Labrador- Amphibol -Trachyt. 


Diese Trachytvarietat kommt in zweierlei Ausbildangs- 
weisen vor, die ich besonders beschreiben muss; die eine 
findet sich bei Szt. Andra im Muhlbachthale durch Steiubrüche 
aufgeschlossen , ferner bei Pomaz besteht der Kl. Kartdlya- 
Berg und bei Visegrad die ziemlich ausgedehnte Gruppe des 
Agosberges daraus; die andere findet sich bei Dömös im Stein- 
graben gat entblosst. 

a) Beschreibung der ersten Ausbildungsweise, 
Die Grundmasse des stets mehr oder weniger verwitterten 
Trachytes ist röthlich dunkelgrau, oder bräunlichroth , dicht, 
matt oder flimmernd. Darin sieht man ausgeschieden: a) Gelb- 
lichweisse, stellenweise röthlichweisse kleine Körner von Feld- 
spath, darunter selteu auch grössere Krystalle. Gewöbnlich 
messen sie nur 1 Mm. im Durchmesser, einzelne erlangen 
aber auch 3—4 Mm. und zeigen überhaupt glänzende Spaltungs- 
flachen, oft mit deutlichen Zwillingsstreifen. Dieser Feldspath 
erwies sich nach SzaB6’s Methode bestimmt auch als ein La- 
brador, .b) Umgewandelter rostrother metallglänzender Am- 
phibol in dunnen Nadeln und in winzigen Partikeln zersplittert. 
Dje längsten Prismen messen nur 1'/, Mm. in der Länge und 
1/, Mm. in der Breite; sehr selten vereinzelt kommen grössere 
Säulchen vor. An den frischesten Handstücken sieht man bie 
und da theilweise noch schwarze, glänzende Krystalle, wenig- 
stens ist der Kern noch unverändert. 

Unter dem Mikroskope löst sich die Grundmasse bei 
300-facher Vergrösserung in eine bräunlichgraue Glasbasis auf, 
welche erfüllt ist: mit Globuliten und Longuliten, mit Ferrit- 
Flecken und -Punktchen, wozu hie und da auch ein Magnetit- 
körnchen sich gesellt, ferner mit winzigen Amphibolnadeln und 
-Partikelchen, welche aber ganz umgewandelt sind, eine blut- 
oder gelblichrothe Farbe haben und wegen ihrer grossen Menge 
die röthbliche Farbe der Grundmasse verursachen; endlich siebt 
man hie und da auch einige wasserhelle Mikrolitbe. Als 
grössere Gemengtheile sieht man ausgeschieden: a) Wasserhelle 
Feldspathdurchschnitte, deren grösster Theil im polarisirten 
Lichte als farbig gestreifter Plagioklas sich erweist, während 
einige der kleineren Schnitte nur eine Farbe oder die zwei 
complementär-farbigen Streife der einfachen Zwillinge zeigen, 
folglich für Orthoklas gehalten werden können. b) Am- 
phibol in Durchschnitten von ganzen Prismen und deren 
Brachstucken, sehr dicht ausgeschieden und grosstentheils so 
umgewandelt, dass sie durch das ausgeschiedene Eisenoxyd 
blutroth gefärbt sind, auf das polarisirte Licht wohl noch ein- 
wirken, aber keinen deutlichen Dichroismus mehr besitzen. 








311 


Blos der Kern einiger grosseren Krystalldurchschnitte ist noch 
upverandert braunlichroth und noch stark dichroitisch. Als 
Einschlusse kommen darin Maggetit mit Grundmasse und 
Plagioklas-Stückchen vor, auch findet man die Prismen häufig 
der Länge nach gespalten; was alles darauf hinweist, dass 
der Ampbibol zuletzt aus der zähflüssigen Grundmasse sich 
aussebied, als diese bereits grossen Widerstand leistete, und 
dass in Folge dessen die enorme Zersplitterung der aus- 
geschiedenen Krystalle stattfand und sich nur noch sehr kleine 
Krystalle bilden konnten. c) Magnetit kommt in einigen 
grösseren Durchschnitten und staubformig in der Glasbasis 
eingestreut ziemlich häufig vor. 

Die Absonderung dieser Varietät liess sich im grossen 
nicht gut beobachten, da der Trachyt nirgends tiefer aufgeschlos- 
sen ist; an der Oberfläche findet man nur kluftige dicke Tafeln. 
Im kleinen ist aber die Absonderung dieser Varietät vom 
Kl. Kartälya-Berge dennoch eigenthamlich. Die Zerklaftung ist 
namlich so stark, dass auch grössere Stücke des Trachytes mit 
einem Hammerschlage in viele Stucke zerfallen. Weil aber 
unter den Spaltungsrichtungen zwei vorwalten, und diese ein- 
ander fast unter einem rechten Winkel kreuzen, sind diese 
Absonderungsstücke rhombische oder tafelige Prismen. Zu- 
weilen entstehen auch vielseitige Säulen, so dass der Trachyt 
sebr an die Absonderungssäulen des Basaltes erinnert, obgleich 
der Maasstab hier viel kleiner ist. Die Saulen sind aber 
selten länger, als 8—10 Decim:, weil sie darch eine dritte 
Spaltungsrichtung quer durchschnitten werden. 

b) Beschreibung der zweiten Ausbildungsweise. 
Die Grandmasse des frischen Trachytes ist röthlichbraun, dicht, 
hat einen splitterigen Bruch und einen schwachen Glanz. Als 
Folge der Verwitterung zeigen sich hie und da gelbe Flecken, 
Das durch einen kleinen Steinbruch entblösste Gestein ist 
mehr weniger verwittert, besitzt eine gelblichbraune oder röth- 
lichbraune Grundmasse voller verwitterter gelblichgrauer oder 
weisslichgelber Flecken, so dass die Gesammtfarbe des Ge- 
stein’s ins Granliche oder Gelbliche hinuber spielt. Aus- 
geschieden sind: a) milchweisser, glänzender Feldspath, sehr 
klein nnd ziemlich spärlich, nach Szauö’s Methode bestimmt, 
ein Labrador; b) Amphibol in schwarzen glänzenden Säulchen 
ist häufiger und tritt sebr gut aus der Grundmasse hervor, 
indem die grössten bis 4 Mm. lang und 1'/, Mm. dick werden. 
Hie und da sind die Ränder der Amphibole bereits angegriffen, 
röthlichbraun und matt. 

Unter dem® Mikroskope sieht man eine durchsichtige 
brännlichgelbe Glasbasis dicht erfüllt mit farblosen Mikrolithen, 
Magnetitkörnern und einem amorphen bräunlichen Verwitterungs- 





312 


producte. Die Mikrolithe zeigen im polarisirten Lichte hie 
und da auch Zwillingsstreifen, sind also wahrecheinlich nur 
winzige Orthoklaskrystallchen; sie umfliessen die grösseren 
Gemengtheile in auffallender Weise und bilden somit eine sehr 
schöne Fluidalstructur. Die ausgeschiedenen grösseren Feld- 
spathdurchschnitte zeigen grösstentheils polysynthetische Zwil- 
lingsstreifen zwischen beiden Nicols, kleinere Schnitte finden sich 
aber doch darunter, welche nur eine Interferenzfarbe haben; 
also ist neben dem Plagioklase auch etwas Orthoklas zugegen. 
Der Amphibol ist nicht zu verkennen, an den Bändern ge- 
wöhnlich schon umgewandelt in eine dankelbraune undurch- 
sichtige Masse, und schliesst Stückchen des Feldspathes ein. 
Endlich sieht man noch Magnetit in kleinen Kornern und 
einigen grösseren Krystallschnitten ausgeschieden. 

Die ausgezeichnete Mikrofluidalstructar dieser Ausbildung 
des Labrador- Amphibol- Trachytes weist darauf hin, dass die 
Erstarrang hier unter andern Umständen erfolgen musste, als 
bei Pomaz, und dass das Gestein hier den umwandelnden 
Einflüssen besser widerstand, als dort. Die Absonderang 
im Steinbruche ist zerkluftet tafelig, im Steingraben selbst 
kommt es massig zerklüftet vor, ist dabei ausserordentlich 
zahe und fest. 

Eine Analyse dieser Trachytvarietät besitzen wir bisher 
noch nicht; das Gestein muss aber jedenfalls bedeutend mebr 
basischer Natur sein, als die vorher besprochenen Labrador- 
Biotit-Granat-Trachyte, indem das spec. Gewicht schon be- 
deutend höher ist. Es sind die Grenzen: 2,58—2,63 und 
das Mittel 2,6. 

Als secundäre Ausscheidung fand ich in dem ganz 
verwitterten Trachyt des „Velikibreg na Polyani* bei Sst. Andra 
Nester und Adern braungelben menilithischen Opals, wel- 
cher häufig dendritische Zeichnungen auf den Kluftflachen 
zeigt; ‚ferner fand ich im ebenfalls verwitterten Trachyt des 
Kl. Kartälya-Berges bei Pomäz kleine Schüppchen von Eisen- 
glimmer ausgeschieden. 


4, Labrador- Amphibol- Augit- Trachyt. 


Diese Trachytvarietät ist im Donautrachytstocke die am 
meisten verbreitete, obgleich hauptsächlich nur in ihren klasti- 
schen Gebilden als Tuffe, Breccien und Conglomerate, aus 
deren allgemeiner Decke das massige Gestein blos an einigen 
Stellen, und auch dann räumlich sehr beschränkt zu Tage 
tritt. Ferner findet man diese Varietät gewöhnlich nur im ver- 
witterten Zustande, wobei der Habitus sehr verschieden ist und 
wonach man leicht unzählige Subvarietäten aufstellen könnte. 





313 


Diese Umstände erkennend, war mein Augenmerk darauf ge- 
richtet, womöglich das frische , unveränderte Gestein auf- 
zufinden und es gelang mir aych dieges an zwei Stellen an- 
stehend zu treffen. 

a) Untersuchung des frischen Gesteines. Die 
Grundmasse ist dunkel bräunlichgrau , dicht, glänzend; es 
lassen sich Splitter mit durchscheinenden Kanten davon ab- 
schlagen. Ausgescbieden siebt man: a) bräunliche oder gelb- 
liche, durchscheinende glänzende Plagioklaskorner bis 2[_]) Mm. 
gross, ziemlich bäufig, auf den glänzenden Flächen Zwillings- 
streifen erkennbar; b) schwarze glänzende Nadeln und Saulchen 
son Amphibol und Augit, allgemein sehr klein nnd zer- 
splittert, die grössten zuweilen 1 Mm. breit und 4 Mm. lang, 
öfters mehrere Saulchen zu Gruppen verwachsen; dem Aensseren 
nach von einander nicht zu unterscheiden, 

Das spec, Gewicht beträgt nach Bestimmungen von 7 Exem- 
plaren verschiedener Fnndorte: 2,62. 

Die mikroskopische Untersuchung ergab folgen- 
des. Die bräunlichgraue durchscheinende Grundmasse ist apolar 
und dicht erfüllt mit wirr durcheinander liegenden schwarzen 
Pünktchen und Fädchen, hie und da darch Ferrit-Flecken noch 
mehr verdunkelt. Bei 350-facher Vergrösserung lösen sich 
diese Gebilde, wie in den fraber besprochenen Varietäten in 
Globulite und Longulite auf, dazu sich auch einzelne Feldspath- 
Mikrolithe und Magnetit-Körner gesellen. Die ausgeschiedenen 
grosseren Gemengtheile sind: a) Plagioklas (Labrador) 
mit sebr schönen Zwillingsstreifen im polarisirten Lichte, mit 
vielen Einschlüssen von Grundmasse, Luftporen, Augitpar- 
tikelchen und Magnetitkörnern bildet die grösste Mehrzahl der 
Feldspathdurchschnitte; 5) einige kleinere Schnitte zeigen im 
polarisirten Lichte blos eine Interferenzfarbe, durften also Or- 
thoklas sein. 7) Amphibol in grungelben, stark dichroiti- 
schen, meist zerrissenen und beschädigten Krystallschnitten, 
mit wenig Einschlüssen von Grundmasse, Luftporen, Magnetit 
und Feldspathpartikeln. à) Augit bellgelblich- oder grünlich- 
graue Krystallschnitte, mebr unversehrt, als die Amphibol- 
schnitte, mit Einschlasseo von häufigem Magnetit, Grundmasse 
mit Luftporen, Amphibol- und Feldspathpartikeln. ¢) Magnetit 
seltener in unregelmassigen kleinen Kornern. Amphibol und 
Angit sind ziemlich in gleicher Menge vorhanden. 

b) Das verwitterte Gestein ist stets rauhporos, be- 
sitzt eine dunkel- oder lichtasch - bis weisslichgraue Farbe, 
so dass die glänzenden Saulchen des Amphibol und Augit 
immer stark aus der lichten Grundmasse hervortreten, während 
der weisse, graue oder braunlichgelbe Plagioklas, obgleich er 
oft ziemlich grosse Krystalle und Krystallgrappen bildet, trotz 





314 


der vorherrschenden Menge nur bei näherer Betrachtung auf- 
fallt. Der Feldspath ist ohne Ausnahme getrübt, obgleich er 
häufig noch einen ziemlich starken Glanz, seine Festigkeit und 
Härte besitzt, 

An mehreren Stellen gelang es mir, aus diesem verwit- 
terten Trachyte ziemlich gut entwickelte und noch frische 
Feldspathkryställchen heraus zu lösen , besonders am 
nördlichsten Fusse des Burgberges von Visegrad. Die Grösse 
dieser tafeligen Krystalle beträgt bis 4 und 5 Mm. ia der 
Breite der Tafeln, gewöhnlich sind sie aber kleiner und nur 
durch regelmässige Verwachsung vieler kleiner Krystalle ent- 
stehen grössere Krystallgruppen. Einzelkrystalle findet man 
kaum. Herr Prof. G. vom Rita, dem ich diese Kryställchen 
vorlegte, hatte die Güte mir darüber Folgendes mitzutbeilen. 

„Die kleinen Visegrader Krystalle wiederholen mehrere 
Erscheinungen, welche ich an den vesuvischen Anorthiten 
wahrgenommen. Ohne Vergleichung und Beziebung zu den 
weit frischeren und aufgewachsenen vesuvischen Krystallen 
würde es freilich nicht möglich gewesen sein, die Formen, 
und namentlich die Zwillingsverwachsungen der kleinen Vise- 
grader Plagioklase zu deuten. Ich bestimmte an denselben 
die folgenden Flächen, 


P = (ma:æb:c); oP 

M = (%a:b:c0c)3 Po 
= (a:00b:c); ,P, © 

= (a:00b:2c); 2,P, oo 
= (na:b:2c); 2,7’ 
= (oa:b’:2c); 2'P,o 
= (a:b:xc); oP, 

= (a:b: sc); co /P 

= (a:b:c); ,P 

o = (a:b:c); P 


! 


Sys ® A M 


' 


Die Zwillingsbildungen, welche man an diesen kleinen 
Plagioklasen beobachten kann, sind ziemlich zahlreich. 

1. Gesetz: Zwillingsebene M, Drebungsaxe die Normale zu M. 

2. Gesetz: Drebungsaxe die Verticale (hierbei ist die Zwil- 
lingsebene keine krystallonomische Flache). In Folge dieses 
Gesetzes entstehen Verwachsungen, welche mit den Karlsbader 
Feldspathzwillingen die grosste Analogie haben. 

3. Gesetz: Drehungsaxe die makrodiagonale Axe. Zwillings- 
ebene auch hier keine krystallonomische Fläche. Diese Zwil- 
linge der Visegrader Plagioklase entsprechen vollkommen den 
vesuvischen Anorthit-Zwillingen. Es entsteht eine einspringende 
Kante aufM, welche aber nicht parallel geht der Kante P:M, 


ns 





gen 


315 


sondern nach vorne abwärts neigt. Hierin liegt ein cha- 
rakteristischer Unterschied zwischen dem Anorthit und dem 
Labrador von Visegrad einerseits und dem Albit andererseits. 
Bei letzterem sinkt diese Zwillingskante auf M nach hinten 
binab im Vergleich zur Kante P : M, das heisst, sie ist weniger 
steil geneigt. Endlich kommt noch ein 

4. Zwillingsgesetz an unseren kleinen Kryställchen vor, 
welches ich an den Krystallen des Anorthites vom Vesuv nicht 
beobachtet habe. Zwillingsebene P, Umdrehungsaxe die Nor- 
male auf P. Zufolge dieses Gesetzes, welches nicht beim 
Anorthit, wohl aber beim Albit vorkommt, entsteht gleichfalls 
eine Zwillingskante (einerseits aus-, andererseits einspringend) 
auf M; diese Zwillingskante lauft parallel der Kante P : M. 

Mehrere dieser Zwillingsgesetze kombiniren sich in den 
Groppen; namentlich 1 und 2, und wiederum 3 und 4. Letztere 
Combination tindet sich auch beim Albit, resp. Periklin.“ 

Nach der Szané’schen Methode erwies sich dieser Feld- 
spath ale ein Labrador, was auch die chemische Analyse be- 
stätigte. Zu diesem Behufe wählte ich die am meisten durch- 
scheinenden und glänzenden Krystalle, welche vom anhaftenden 
Gestein völlig befreit wurden, und erhielt als Resultat: 


Spec. Gew. (bei 18°C.) ... 2,663 
1. 2. 0. 
Si O, .... 50,40... — .... 27,38 
Al,O, .... 30,65... — .... 14,28 


02.0. 3: 10,99 54 = ju: 801 
NaO .... — ... 3,27 ... 0,84} 4,42 
K, O 3,36 0,57 
Glab- u. “sonst Verlust 1,69 
Summe 99,9 


O-Proportion von 
RO : Al, 0, : Si O, 
1 : 8,28 : 6,19 


Unser Feldspath steht also nahe der Zusammensetzung 
des typischen Labradors, und wenn wir noch in Betracht 
ziehen, dass die Krystalle etwas zersetzt waren, und folglich 
ein kleiner Theil der Alkalien bereits entführt wurde, so ist 
die Uebereinstimmung desto vollständiger. 

Auffallend ist die bedeutende Menge des K, O gegenüber 
dem Na, O, was ich auch mittelst der Methode SzaB6’s nicht 
nor an diesen, sondern an allen Labradoren des Gebirgsstockes 
beobachtete, und was man nach der TsonERMaK’schen Theorie 
durch die Annahme erklären kann, dass unser Labrador eine 
isomorphe Mischung von Orthoklas, Albit und Anorthit sei. 


Laits. à, D. geol. Ges. XXVIII, 2. 21 


316 


Auch vom Ampbhibol liessen sich gut ausgebildete bis 
10 Mm. lange Krystalle aus dem verwitterten Tracbyte heraus- 
lösen, an denen ich folgende Fläcben beobachtete: r (— P); 
c(3R3); p(oP); M(ooP); x(~ Px); 8(x Poo), nach wel- 
cheu mit dem Anlegegoniometer gemessen und gefunden wurde: 
M:M = 124°; M:x = 1179; c:x = 130° 

Vom Gestein selbst (aber von dem etwas verwitterten) 
besitzen wir eine von Freib. Erw. Sommaruca herrührende 
Analyse. Das Gestein stammt aus dem Blaubründl-Tbale bei 
Visegrad und wird petrographisch also charakterisirt: „Weisser 
Normal-Trachyt (Dr. Sracux’s). In der gegen die Auseschei- 
dungen zurückweichenden weissen Grundmasse sieht man weiss- 
lichen Sanidin (?) und sehr schöne Amphibolnadelo, welche 
das ganze Gestein netzformig durchziehen.“ Nach meiner 
Untersuchung ist der Tracbyt, welcher in grossen Blöcken im 
Blaubründl-Thale berumliegt, ein etwas verwitterter Labrador- 
Amphibol-Augit-Trachyt. 

Die Analyse theile ich mit: 


Spec. Gew. ..... 2,578 O 
Si O,... 57,85 30,85 
A OS al. ae ont a 16,68 1,17 
Fe O ee ‘0.07 
Ca O RE 
Mg O ...... 1,50 
KO, 3,63 a) 
N: Oo bee dee 1,81 

Glübverlust ...... 2,95 


Der O-Quotient = 0,430. 


Dieser Analyse zufolge ist also der Labrador-Amphibol- 
Augit-Trachyt schon mebr basischer Natur, als die Labrador- 
Biotit-Granat-Trachyte, was schon aus der mineralogischen 
Zusammensetzung und dem höheren spec. Gewicht gefolgert 
werden konnte. 

c) Ausser den beschriebenen Ausbildungsweisen dieser 
Trachytvarietat kommt noch eine derselben vor, die ich hier 
ebenfalls beschreiben will, namlich der rothliche Tracbyt 
des Marother grossen Steinbruches am Hosszubegy. 
Die Grundmasse des ganz frischen Gesteines aus der Mitte 
des Steinbruches ist bläulich- oder grünlichgrau, nahe zur 
Oberfläche aber besitzt sie eine rothe Färbung und finden sich 
auch Uebergangsstadien in der Farbe, nämlich grün- und roth- 
gescheckte Partieen. Die rothe Färbung dieses Trachytes ist 
hier also unzweifelhaft eine Folge der Einwirkung der Atmo- 
spharilien. Die Grundmasse ist ferner dicht, matt und bat 


' 317 


einen splitterigen Bruch. Ausgeschieden sieht man: a) Pla- 
gioklas in kleinen, graulichwejssen, etwas fettig glänzenden 
krystallinischen Körnern, welche mit der Grundmasse fest ver- 
schmolzen sind und daher sich wenig davon abheben. Nach 
SzaB0’s Methode bestimmt ist es ebenfalls Labrador. 8) Am- 
phibol und Augit in braunlichschwarsen oder rothlichbraunen, 
glanzlosen oder nur wenig glänzeuden Prismen ziemlich dicht 
eingestreut. Einzeln befinden sich darunter bis zu 2— 4 Mm. 
breite und 4— 12 Mm. lange Krystalle, deren Kern noch frisch 
schwarz ist und glänzende Spaltungsflächen besitzt. 
Das spec. Gew. beträgt 2,636— 2,653, im Mittel 2, 642. 
Unter dem Mikroskope sieht man in der durchscheinenden 
Glasbasis eine graugrüne farbende Substanz flockig und staub- 
artig zerstreut (Viridit), ferner auch Globuliten und Longuliten. 
Der Feldspath ist zum grössten Theil deutlich gestreift, man 
sieht aber auch hier einfache Krystalle oder Zwillinge, also 
wahrscheinlich Orthoklas. Der Feldspath besitzt gewöhnlich 
einen milchig trüben, kaolinisirten Kern, ausserdem viele Glas- 
einschlusse, ist also ziemlich veranreinigt. Der Amphibol 
ist zum grössten Theil in eine dunkelbraune undurchsichtige 
Substauz (Opacit) umgewandelt, welche gewöhnlich noch einen 
unveränderten, gelblichgrüunen, dichroitischen Kern einschliesst, 
Der Augit tritt untergeordnet in graugelben oder gelblichgrauen, 
kleineren durchsichtigen Krystallschnitten auf, welche einen 
kaum merklichen Dichroismus zeigen. Magnetit in grösseren 
Krystallen oder Körnern ist ziemlich hänfig. 


Auch von diesem Trachyte besitzen wir eine Analyse von 
Freib. Erw. SOMMARUGA, die ich hier beifüge: 


Spec. Gew. ..... 2,569 .... O. 


Si Op eee es . 57,41 .... 30,62 
Al; Or. 0. 19,57 .. 9,14 
FeO 6.34 Ses 9,15 

| Ca O ‘ 6,51 
MO ....... 0,56 5,11 
KO de ee eas 2,53 
Na; Os 28%; 2,20 

| Glahverlust...... 2,53 

| 100,46 


O-Quotient = 0,465. 


Es ist aus diesem ersichtlich, dass diese Ausbildungsweise 

auch in chemischer Hinsicht derselben Trachytvarietät an- 

| gehört, wie jene des Blaubründi-Thales bei Visegrad, und dass 
diese Trachytvarietät dem Si O,-Gehalte nach die Mitte zwischen 


21* 





318 


den sauern und den jbasischen Trachyten einhalt; man könnte 
sie hiernach Normaltrachyte nennen. 

Interessant und zugleich wichtig sind die Einschlüsse 
fremder Gesteine, welche sich in dieser Trachytvarietät 
ziemlich haufig vorfinden. Die eine Art Einschluss ist ein fein- 
körniger Labrador-Amphibol-Trachyt, welcher in nuss- 
bis faustgrossen , gerundeten Brocken vorkommt, sich vom 
einschliessenden Trachyt scharf absondert, oft durch eine 
gelblichgraue Thon- oder rothbraune Limonitschicht davon ge- 
trennt ist und im ganzen Gebirgsstocke verbreitet vorkommt. 
Es beweisen also diese Einschlusse, dass unter den beiden 
Varietäten der Labrador- Amphibol-Trachyt der ältere, der 
Labrador-Amphibol-Augit-Trachyt aber der jungere ist. Ferner 
faud ich bei Sct, Andra, im Labrador-Amphibol-Augit-Trachyte 
des Kapitäny-Berges, an der Strasse, welche nach Sst. Läszlö 
führt, kleine Einschlasse von Biotit-Gneiss und von Dichroit- 
Gneiss. Von letzterem sammelte ich ein Stuck, in welchem 
der Einschlass 10 Dem. lang und 5 Dem. breit war. Mit 
freiem Auge betrachtet sieht dieses Gestein aschgrau und tief 
indigoblaa gefleckt aus. Unter der Lupe bemerkt man schon 
sehr gut dunkelbraune Biotitschüppchen, einzelne metallglänzende 
Punkte von Magnetit, und in der gelblichen oder grauen glas- 
artigen, zerklüfteten Hauptmasse (Feldspatb und Quarz) in vio- 
letten und blauen Farben spielende, etwas fettig glänzende Di- 
chroitkörner und -Krystalle. Nähere Versuche überzeugten 
mich völlig, dass es wirklich Dichroit sei. Auch das Verhalten 
unter dem Mikroskop setzte es ausser Zweifel; so der ausser- 
gewöhnliche Dichroismus, indem bei Drehung des unteren Ni- 
cols sich blaa und rosa- oder rothviolette Farbentone zeigten; 
ferner die zahlreichen Einschlüsse von winzigen Oktaédern 
eines, an den dünnsten Stellen graulich durchscheinenden Mine- 
rales, welches durch H. Fiscaer”*) bereits im Freiburger Cor- 
dierite nachgewiesen und für Pleonast erklärt wurde. Dieser 
Dichroitgneiss steht seinem Ansehen nach noch am nächsten 
den sächsischen Dichröitgneissen, deren Beschreibung in Zir- 
KEL’s Lebrbuch der Petrogr. II. S. 221 ganz gut auch auf un- 
unsern Einschluss passt. 

Diese beiden Einschlusse, da weit und breit in der Um- 
gegend gar kein Gneiss hervortritt, geschweige denn ein 
Dichroitgneiss, konnten nur aus grosser Tiefe durch den 
Trachyt eingeschlossen herauïgebracht werden, sind also ein 
sicherer Beweis dafür, dass der Trachyt hier eine Gneisadecke 
durchbrechen musste, um aus dem heissflüssigen vulcanischen 


*) Kritische mikroskopische mineral, Stadien. Freiburg 1871. 


319 


Herde auf die Oberfläche zu gelangen, und dass also unser 
Gebirgsstock auf einer Gneissgrundlage sich erhebt. 

Ausser diesen Gesteinseinschlussen fand ich haufig Quarz- 
gerolle, durch die Hitzeeinwirkung zerklüftet und zersplittert, 
eingeschlossen, welche aus den tertiaren Conglomerat-Ablage- 
rungen hineingeriethen. 

Was endlich die Absonderung dieser Trachyt- 
varietät betrifft, so ist diese im Allgemeinen eine unregel- 
massige blockformige, da sich drei Hauptspaltungs- 
richtangen nahe senkrecht schneiden, und ausserdem noch 
untergeordnete Spaltungsrichtungen hervortreten. Die Ab- 
sonderungsblocke erreichen oft eine enorme Grosse und bilden 
so Einschlusse einer sehr groben Breccie, welche die meisten 
Höhen der östlichen Halfte des Gebirges einnimmt, hier im- 
posante Felsenwande und malerische Gruppen bildet, aus 
welchen durch Denudation die Trachytblöcke freigelegt an den 
Hoben und Abhängen zerstreut umberliegen. 

Der modificirte rotbe Labrador- Amphibol - Angit - Trachyt 
des Marotber grossen Steinbruches besitzt im Allgemeinen 
wohl auch eine ähnliche, namlich unregelmässig polyedrische 
Absonderung, nur sind die Absonderungsstücke nicht so enorm 
gross, und herrschen unter den Spaltungsrichtungen zwei beinahe 
senkrechte vor, wodurch die Absonderung sich der massig 
saulenformigen nabert. 


5. Labrador - Amphibol - Biotit -Trachyt. 


Diese Trachytvarietat ist hauptsächlich um Visegrad herum 
gut entwickelt und durch viele grosse Steinbrüche gut aaf- 
geschlossen. Dem Habitus nach könnte man auch hier wieder 
mehrere Subvarietäten aufstellen, ich will sie aber alle zusam- 
mengefasst beschreiben. 

a) Makroskopische Untersuchung. Die Farbe des 
Gesteines ist im frischen Zustande entweder verschieden roth, 
von rostroth bis dunkelviolett, oder dunkelbraun bis schwarz; 
im verwitterten Zustande aber wird sie schmutzig lichtbraun 
bis rothlich- oder aschgrau. Im frischen Gestein ist die Grund- 
masse dicht, matt oder flimmernd, am verwitterten aber rauh- 
poros, oft sehr ahnlich der vorigen Varietat. Bei der rothen 
Abänderung (Dr. Sraomg’s rother Trachyt) ist der in ziemlich 
grosser Menge und in grossen Krystallkörnern ausgeschiedene 
Feldspath milchweiss, undurchsichtig, hebt sich sehr von 
der Grundmasse ab und verleiht dem Gestein ein ausgezeich- 
net porphyrisches Aussehen. Namentlich gehören bierher die 
Trachyte der Apätkuter Steinbrüche, welche als Pflasterwarfel 
fur Budapest schon Jange Zeit hindurch verwendet werden. 


320 


Aus derselben Abänderung besteht auch der Calvarienberg 
bei Visegrad, auf welchen sich die Breccienmassen des Schloss- 
berges stützen. Der ebenfalls häuffge Amphibol ist ohne 
Ausnahme zu einer braunrothen matten Masse umgewandelt, 
welche die Form ganz beihielt. Der Biotit in kupferrothen 
oder tombakbraunen hexagonalen Tafeln und Schoppchen ist 
ziemlich spärlich ausgeschieden; blos im Trachyte des soge- 
‚ nannten Teufelbruches bei Visegrad kommt er häufiger vor. 

Bei der dunklen Abänderung ist der gleichfalls haufig und 
in ziemlich grossen Kornern ausgeschiedene Feldspath wasser- 
hell oder bräunlichgelb, hebt sich also aus der Grundmasse 
kaum oder gar nicht hervor; auch die ebenfalls umgewandelten 
braunen Amphibolnadeln bemerkt man kaum und nur einzelne 
glänzende schwarze Biotittafeln und -Schuppchen treten gut 
hervor. 

Den Feldspath der rothen porphyrischen Abänderung 
konnte ich behufs einer chemischen Analyse in genugender 
Reinheit und Menge herauslosen und bekam folgendes Resultat: 





Spec. Gew. ..... 2,69 
Si O, ..-. 52,64 . . 28,08 
; Al, O, ...-.... 28,69 . 13,37 
Ca O , sen brs! ss 3,23 | 
Na Or 61246 4,91 
(aus der Differenz) . . ... CS à DE 1,68 | 
Glubverlust ...... 0,87 
100,00 


Sauerstoff- Proportion 
RO: Al, O, : Si O, 
1,1 : 3 : 6,3 


Dieser Feldspath ist also auch ein Labrador, welches 
Resultat ich auch mittelst der Szapö’schen Flammenprobe so- 
wohl für diese, als auch für alle übrige Abänderungen dieser 
Trachytvarietät bekam. 

Das spec. Gewicht des Trachytes schwankt zwischen den 
Grenzen 2,57—2,66, das Mittel beträgt aber nach 9 Messangen 
nur 2,606. 

b) Chemische Zusammensetzung dieser Varietat. 
Wir besitzen davon vier Analysen, welche ich hier zusammen- 
gestellt mittheilen will. 





Si O, ... 58,76 60,58 59,91 55,75 
Al, O, ... 16,84 8,14 5,94 22,19 
Fe, O,... — 15,96 20,25 6,71 
MoO... — — — 0,77 
Fe O ... 8,43 — — — 

Ca O ... 6,84 6,90 6,58 6,27 
Mg O ... 0,94 1,85 Spor 1,47 
K, O ... 3,06 2,78 3,33 2,01 
Na,O ... 1,56 1,51 0,32 3,78. 
Glühverl. . . 2,94 2,12 2,90 1.43 


99,37 99,84 99,23 100,38 
O-Quotient = 0,412 0,376 0,356 0,545 


No. 1. Rother Normaltrachyt Dr. Stacae’s. Analysirt 
von Freih. Erw. SommaruGa (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 
Wien 1866 S. 473). Spec. Gew. 2,608. 


No. 2. und 3. Rothe Trachyte von Apätkut und einem 
anderen näher nicht bestimmten Ort bei Visegrad. Analysirt 
von Jos. Bermaru (Mathem. und Naturw. Mittheil. der ung. 
Akad. IV. Bd. 1866 8. 341). 


No. 4. Rother porphyrischer Labrador - Ampbibol - Biotit- 
Trachyt aus den Apatkuter Steinbrachen, gesammelt von mir 
und analysirt von A. LENGYEeL, Assistent am chem. Laboratorium 
der Univers. Klausenburg. 


Die Resultate dieser Analysen weichen in den Mengen 
der Si O,, Al, O,, Fe, O, und Na, O ziemlich stark von 
einander ab, und nur die Mengen des Ca O, Mg O und K, O 
sind so ziemlich übereinstimmend; dies weist mehr auf Be- 
stimmungsfebler als auf so abweichende Zusammensetzung der 
betreffenden Trachyte hin, und wenn man Zweifel gegen die 
Richtigkeit eines Theiles der gefundenen Si O,-, Al, O,- und 
Fe, O,-Mengen hegen muss, 80 gewiss gegen diejenigen der 
Analysen unter No. 2. und 3. Wenn wir nun aus diesen vier 
Analysen den Mittelwerth berechnen, so finden wir mit Weg- 
lassen der Si O,-, Al, O,- und Fe, O,-Mengen der 2. und 
3. Analyse, und indem wir das Fe O der 1. Analyse auf 
Fe, O, berechnen den folgenden: 


= pe” — SR “a ee ee ns = 


O 
SL. Os 57,25 . . 30,53 
Al Oe Sere 19,51 . . 9,09 
Be; Os 8,03 .... 2,41 ? 11,67 
Mn O : 0,77 . . 0,17 
08.0: sers Lu 6.65 . 1,90 
Mg O + 0,75. 0,30 
KO is. 2,79 . 0,47 u 
N2,0: sure 1,79: . 0,46 
Gluhverlust . .. 2,35 
99,89 


O. Quotient = 0,488. 


In diesem Falle steht die chemische Zusammensetzung des 
Labrador - Amphibol - Biotit- Trachytes ziemlich nahe der des 
Labrador - Amphibol- Augit-Trachytes und nimmt somit auch 
ziemlich die Mitte zwischen den saueren und den basischen 
Trachyten ein. 

c) Mikroskopische Untersuchung des rothen 
porphyrischen Trachytes aus den Apätkuter Stein- 
bruchen. Bei 70-facher Vergrösserung ist die Grundmasse 
grauweiss, durchscheinend, erfullt mit wirr darcheinander lie- 
genden rothbraunen Fadchen und Pünktchen, mit Gasporen und 
Magnetitstaub. Bei 300-facher Vergr. löst sie sich in beinahe 
wasserhelle Glasbasis auf, in welcher ausser den farbenden 
Stoffen Globulit- und Longulit-abnliche Gebilde sehr zahlreich 
ausgeschieden sind. Ferner bemerkt man: a) Feldspath in 
Krystallschnitten verschiedener Grösse und Gestalt, welche oft 
ziemlich rein und wasserhell sind, sehr häufig aber durch ver- 
schiedene Einschlusse getrübt werden. Darunter herrscht die 
Grundmasse mit dem rothbraunen Ferrit vor, haufig finden sich 
auch Gasporen in concentrisch schaligen Reihen geordnet, 
oder im Centrum der Krystalle zusammengehäuft. Seltener sieht 
man sehr scharfe, lange, wasserbelle Mikrolithe darin, welche 
Apatit sein dürften. Ueberhaupt sind die grösseren Darch- 
schnitte weniger rein, als die kleineren, und ausserdem noch 
mit netzformigen Sprüngen versehen. Der grösste Theil dieser 
Feldspathschnitte zeigt zwischen den Nicols deutliche Zwillings- 
bander, die kleineren Durchschnitte aber haufig nur eine Inter- 
ferenzfarbe. ß) Amphibol bildet deutliche Prismendurchschnitte, 
diese sind aber beinahe gänzlich in eine rothbraune Substanz 
(Ferrit) und in Magnetit - Körner und - Staub umgewandelt, 
welche undurchsichtig sind. Bei oberer Beleuchtung ist jene 
Substanz blutroth und ganz identisch mit der fein zertheilten 
farbenden Ferritsubstanz der Grundmasse. Es unterliegt kaum 
einem Zweifel, dass diese Substanz amorphes Eisenoxyd ist, 








323 


welches sich aus dem eisenreichen Amphibol ausschied. Im 
Trachyte des Teufelbruches sieht man noch theilweise frische 
unveränderte Amphibole. y) Biotit zeigt sich in einigen 
rothlichbraunen stark dichroitischen Durchschnitten, welche 
auch etwas angegriffen sind. 6) Magnetit in einzelnen zer- 
streut umherliegenden Krystallschnitten. ; 

Mit Salzsaure befeuchtet zeigten nur jene Feldspathe ein 
schwaches Aufbrausen, welche Kaolinflecken batten, ein Beweis, 
dass durch die Zersetzung derselben kohlensaurer Kalk sich 
absetzte. 

d) Mikroskopische Beschaffenheit des braunen 
und schwarzen Trachytes von Visegrad. In den 
Apatkater Steinbrüchen kann man deutlich den Uebergang des 
rotben Trachytes in den schwarzen beobachten; dieser schwarze 
Trachyt besitzt auch dieselbe mikroskopische Beschaffenheit, 
nur dass die farbende Substanz bier nicht roth, sondern dunkel- 
braun ist. Diese löst sich in Salzsäure leicht auf, wodurch 
die Dunnschliffe lichter und durchsichtiger werden. Die Lösung 
enthalt in grösserer Menge Eisen, woraus zu schliessen ist, 
dass wir es hier mit einer Eisenoxydulverbindung zu thun 
haben. 

Die dunklen Trachyte des Schwarzen-, des Mühlberges 
und des Levenzbaches, welche durch viele Steinbruche eröffnet 
sind, haben insgesammt die Eigenschaft, dass sie sehr schnell — 
schon in einem Jahre, wenn sie den Winter uber der Witte- 
rung und dem Frost ausgesetzt waren — zu einem gelbbraunen 
Thone verwittern und zerfallen, ferner dass sie sehr viel aus- 
geschiedenen Kalkspath enthalten und mit Säuren aufbrau- 
sen. Unter dem Mikroskope sind diese Trachyte ganz ähnlich 
dem schwarzen ‘Trachyte der Apatkater Steinbrache. Der 
Amphibol hat auch hier grösstentheils eine Umwandlung er- 
litten und nur bie und da bemerkt man noch unveränderte 
gelblichbraune dichroitische Kerne. Biotit ist sehr spärlich vor- 
banden. Die Grundmasse besteht zum Theil aus körnigem 
Kalkspath, welcher die bekannten Zwillings- und Spaltungs- 
Streifen zeigt; mit Salzsaure behandelt sieht man ihn heftig 
brausend sich auflösen und es bleiben zackige Lücken in der 
Grandmusse zurück. Auch die ausgeschiedenen Plagioklase 
brausen hie and da and weisen auf ausgeschiedenen Kalkspath 
hin. Aus all diesem ist zu ersehen, dass die kalkreiche ur- 
sprungliche Grundmasse zum Theil zersetzt ist und sich darin 
koblensaurer Kalk ablagerte. Dies ist auch Ursache, warum 
der Trachyt, der Feuchtigkeit und Kälte ausgesetzt, so schnell 
zerfallt und verwittert. 

Kalkspath-Ausscheidungen sind übrigens überall haufig 
in dieser Trachytvarietat. Am Calvarienberg durchzieht er 





nn nn na ano 





324 


stellenweise den Trachyt netzformig, in den Apätkuter Stein- 
brüchen füllt er die Spalten des Gesteins oft bis zu einer Dicke 
von 4—5 Dem. aus; im schwarzen Trachyte des Mühlberges aber 
findet man ibn am häufigsten, hier bildet er oft weithinziehende 
bis za 20 Dem. dicke Schnüre und Gänge. Deutlich krystal- 
lisirt kommt er in den Steinbrüchen der sogenannten Teufels- 
mühle und des Levenzthales vor. Am letzteren Orte sind die 
Krystalle sehr in die Länge gezogen, gerundet, nagelfôrinig, 
wahrscheinlich R5 mit 4R, oder auch abgestumpft durch R. 
Die Oberfläche ist raub, uneben und gerundet, daher nicht 
zu messen. Die Farbe der Krystalle ist gelblich, häufig sind 
sie aber mit einer braunen Kruste von Braunspath überzogen. 
Hier muss ich noch erwähnen, dass ich in dem Steinbrache 
der Tenfelsmuble auch Eisenkies im Trachyte eingesprengt 
fand. Endlich wurde vor längerer Zeit in den Steinbruchen 
des Levenzbaches auch rosafarbiger Aragonit in stängeliger 
Form gefunden. 

e) Was die Absonderungsformen dieser Trachyt- 
varietät betrifft, so ist diese in den vielen Steinbrüchen um 
Visegrad herum sehr gut zu beobachten, und fand ich folgende 
Arten vertreten. 

a) Senkrecht-tafelige Absonderung, indem die 
vorherrschende Absonderungsfläche eine verticale Richtung be- 
sitzt; ist sehr häufig und zeigt sich besondere schön ent- 
wickelt in den Apätkuter Steinbrüchen und in dem Tenfels- 
bruche. 

8) Horizontal-tafelige oder flachgewälbt-tafe- 
lige Absonderung, indem die vorherrschende Absonderangs- 
fläche horizontal liegt, oder viel häufiger sehr flach gewolbt 
sich zeigt. Diese Absonderungsart sieht man häufig in den 
Steinbrüchen des Mühlberges. 

x) Massig-saulenformige Absonderung, indem; der 
Trachyt durch zwei vorherrschende verticale Absonderungsflachen 
in dicke massige Säulen getrennt erscheint, wie dies in den 
Steinbruchen des Levenzthales zu sehen ist. 

6) Schalig-säulenförmige Absonderang — ähnlich 
jener des Stenzelberger Trachytes im Siebengebirge — fand ich 
blos in dem der Donau nahe gelegenen Steinbruche an einer 
in Verwitterung begriffenen Säule vertreten. Diese Säule hatte 
beiläufig 2 Met. im Durchmesser und es lössten sich davon 
eoncentrisch mehrere 5—8 Dem. dicke Schalen ganz verwit- 
terten Trachytes ab. Diese Absonderung ist also hier in Folge 
der Verwitterung hervorgetreten. Auch diese eine Säule wurde 
später entfernt. 

e) Kugelige Absonderung tritt auch nur in Folge 
der Verwitterung zam Vorschein und findet sich blos an 


325 


Trachytwanden, welche längere Zeit der Einwirkung der Atmo- 
spbärilien ausgesetzt waren, was in den älteren Steinbrüchen 
des Levenzthales der Fall ist. Die Oberfläche der Trachyt- 
wand besteht hier stellenweise aus horizontal neben- und ver- 
tical über einander gelagerten, weniger mehr vollständigen, 
grösseren und kleineren Kugeln, eingebettet in dem verwit- 
terten Trachyte. Wie Kugeln fallen sehr leicht heraus, und 
lassen sich oft 4—5 Schalen ablösen, bis man auf einen 
sehr festen Kern gelangt. Dieser Umstand weist darauf hin, 
dass die Erstarrung dieses Trachytes ähnlich, wie bei den 
Basalten durch Versuche nachgewiesen ist, an unzähligen uber 
und neben einander gelegenen Punkten begann, dass sich um 
die Erstarrungscentren während der Abkublung des geschmol- 
senen Gesteins allmalig neue feste Schalen bildeten, bis ‚end- 
lich die Erstarrung des ganzen Gesteines erfolgte, wodurch 
diese Kugeln fest zusammengedrängt und verschmolzen wurden, 
im frischen Gesteine also nicht sichtbar sind, durch Verwit- 
terang aber zum Vorschein kommen. 

Schliesslich muss ich noch hervorheben, dass diese Trachyt- 
varietät fur sich allein keine klastischen Gebilde besizt, sondern 
blos mit dem Labrador-Amphibol-Augit-Trachyte gemengt in 
den Breccien vorkommt. Sehr wichtig aber für die Alters- 
Bestimmung dieser Varietät ist der Umstand, dass man über- 
all, wo diese Varietat mit den Breccien des Labrador-A mphibol- 
Angit-Trachytes in Beruhrung steht, deutliche Reibungs- oder 
Eruptiv-Breecien beobachtet, so besonders am Visegrader 
Schlossberge, am Weissenberge bei der Teufelsmühle u. 8, w., 
woraus folgt, dass der Labrador- Amphibol-Biotit-Trachyt jünger 
sein müsse, als die Breccie des Labrador- Amphibol - Augit- 
Trachytes, und die Reibungsbreccie bei der Eruption des 
Labrador - Amphibol - Biotit- Trachytes sich natürlicher Weise 
bilden musste. 


6. Labrador -Augit - Magnetit-Trachyt (Doleritischer Tr.). 


Nach dem Labrador- Ampbibol - Augit-Trachyte ist diese 
die meist verbreitete Varietät in unserem Gebirgstocke und 
bildet nach demselben die höchsten und ausgedebntesten Kuppen, 
besonders am östlichen Rande und in der westlichen Hälfte 
des Gebirge». 

a) Makroskopische Untersuchung. Die dichte 
matte Grundmasse des frischen Gesteines ist entweder dunkel- 
grau oder röthlichbraun, und hat einen flachmuscheligen, oft 
splitterigen Bruch. Darin sieht man ausgeschieden: a) Glän- 
zende Tafelchen und Leisten von wasserhellem Plagioklas, 





326 


oft mit deutlichen Zwillingsstreifen, die Farbe der Grandmasse 
durchlassend und deshalb nur durch seinen Glanz auffallend. 
8) Wohl ausgebildete schwarze, mattglanzende Au git-Kry- 
stallchen, welche bis 4 Mm. lang und 1 Mm. dick werden, 
aus der Grundmasse sich oft herauslösen lassen und dann 
die negative Gestalt des Krystalls zurucklassen. Die Form 
ist die des gewöhnlichen vulcanischen Augites, oft Zwil- 
linge mit einspringenden oder gerundeten Enden. +) Metall- 
glänzende schwarze Körner von Magnetit, nur mittels Lupe 
bemerklich. 

Das minder oder mehr verwitterte Gestein ist rothlich- 
braun oder. lichtgrau gesprenkelt, der Plagioklas wird milchig 
weiss und tritt besser hervor, oder ist theilweise ausgewittert 
und, die Grundmasse wird blasig oder rauhporos. Gängzlich 
verwittert wird diese Trachytvarietät zu einer rothbraunen 
thonigen Masse. Uebrigens kommt das Gestein viel seltener 
verwittert und umgeandert vor, als die bereits beschriebenen 
Varietäten, und ist die einzige Varietät, welche sogar empor- 
ragende Felsgruppen bildet. 

Das spec. Gewicht dieser Varietat beträgt: 2,67— 2,76, 
und das Mittel aus 16 Bestimmungen ist: 2,7. 

Der Plagioklas wurde nach der SzaB6’schen Methode ge- 
prüft und erwies sich als ein der Bytownit-Reihe angehöriger 
Feldspath. Das Pulver wurde durch Salzsäure nach längerem 
Digeriren zersetzt und es erfolgte in der Lösung ein bedeu- 
tender "Niederschlag von Al, O, und Ca QO. Behufs einer 
quantitativen Analyse liess sich nicht die gehörige Menge ge- 
winnen. 

b) Chemische Zusammensetzung. Ich analysirte 
das dunkelgraue dichte frische Gestein der hohen Kuppe des 
„Dobra voda* bei Pomäz und fand folgende Zusammensetzung. 


Spec. Gew. ..... 2,689 . . . O-Menge 
Si “Ogee oie 52,44 .... 27,97 
Als Op sc eee 21,29 .... 9,92 
Fe, DO, 56 ees 14,01 .... 438 | 14,64. 
Mn O ....... 1,47 .... 0,33 
Ca Oise ME .... 0,94 
Mg O ss: . 1,02 .... 0,41 
K, O, Na, O 2,46. 


aus der Differenz...... 4,31 .... 1,11 
100,00 (auf Na, berechnet) 


Der O. Quotient = 0,612. 


Le a Ges 


327 


In Salzsäure löslich waren 28,156 Theile; io dieser Lösung 
fand ich folgende Bestandtheile, in Percenten berechnet: 


Bi. O0, . 18,13 
Fe, Oise 44,53 
AO, 14,89 
Ca 0 ess 19,14 


Mg O, K, O, Na, O 
aus der Differenz . . . . . . 93,91 


100,00. 


In diesem Resultate lässt sich die grosse Menge des 
Fe, O, leicht aus dem reichen Maguetitgehalt des Gesteines 
erklaren. Dann fallt die grosse Menge des Ca O auf, welche 
zeigt, dass die Annahme eines kalkreichen Labradorfeldspathes 
in der Grundmasse und ausgeschieden , seine Richtigkeit 
haben muss. 

c) Mikroskopische Untersuchung. Bei 70-facher 
Vergrösserung sieht man eine bräunlichgraue durchsichtige 
Grundmasse, erfallt mit kleinen dunklen fadenformigen Gebilden 
und Magnetitstaub. Bei 440-facher Vergrösserung löst sich 
die Grundmasse in eine wasserhelle Basis auf, welche im 
polarisirten Lichte ein schwaches bläuliches Licht zeigt, folg- 
lich kein vollkommenes Glas ist. In dieser Basis sieht man 
ziemlich dicht Globulit- und Longulit-artige Gebilde, hie und 
da doppeltbrechende Mikrolithe und Magnetitkörner, die von 
einem rostbräunlichen Hofe umgeben sind, welcher ziemlich 
weit in die wasserhelle Basis hineinragt, und Ursache der 
braunlichen Farbe der Grundmasse ist. Die ausgeschiedenen 
Gemengtheile sind: a) Plagioklas mit prachtvollen Zwillings- 
lamellen in grossen und kleineren wasserhellen Krystallschnitten 
ziemlich dicht. Die kleineren Durehschnitte enthalten wenig 
Einschlüsse, die grössten aber erwiesen sich als wahre Mosaike 
von kleineren reinen Plagioklasen, Augiten und von Grund- 
masse mit Magnetitkornern. Diese Zusammensetzung mag 
auch Ursache sein, dass die Szapö’sche Methode einen dem 
Anorthite sehr nahe stehenden Bytownit-Plagioklas auswies. 
Da aber schon ZIRKEL gezeigt hat (TschermaX: Mineral. Mit- 
theilungen 1871 II. H. S. 61), dass der Origiual-Bytownit als 
selbständige Species aufgegeben werden müsse, indem er aus 
Labrador und noch drei Mineralien zusammengesetzt sei, und 
wir äholiches auch in unserem Trachyte beobachteten, kann 
ich auch diesen Plagioklas nur für einen Labrador balten. 
3) Augit bildet grünlichgraue oder lichtbraune, beinahe darch- 
sichtige, regelmässige Krystallschnitte oder deren Bruchtheile, 
welche einen sehr schwachen Dichroismus, aber lebhafte Inter- 





328 


ferenzfarbe — zwischen gekreuzten Nicols — zeigen. Unter 
den Einschlassen befinden sich sehr häufig Maguetit und wenig 
Plagioklas, ein Beweis, dass Augit sich am spätesten aus der 
Grundmasse aueschied. Sehr häufig beobachtet man im pola- 
risirten Lichte einfache und polysynthetische Zwillinge, entlang 
der Zwillingsebene mit prachtvoll regenbogenfarbigen Bändern. 
7) Magnetit in regelmässigen Krystallschnitten sehr dicht 
eingestreut, unter allen Trachytvarietaten hier am häufigsten 
vorbanden. 

Als secundäre Ausscheidungen fand ich in diesem 
Trachyte sehr selten und in kleiner Menge körnigen, gräulich- 
gelben Kalkspath in Adern und Nestern; ferner in einer 
kleinen Druse auch einige deutlich ausgebildete Krystalle von 
Tridymit, beide im Gesteine des Demir kapia Thales bei 
Sct. Andra. 

Was die Absonderung dieser Trachytvarietat betrifft, 
ist diese ohne Ausnahme eine horizontaltafelige, oder plattige. 
Die Platten sind oft !/, Meter dick und werden noch dicker, 
sinken aber bis zur Dünne von einigen Millimeter herab, so 
dass das Gestein an solchen Stellen eine der schiefrigen ahn- 
liche Structur annimmt. Besonders gut kann man dies in den 
verlassenen Steinbruchen bei Sct. Andra und Domos beobachten. 


7. Labrador - Augit-Magnetit-Trachyt mit wenig Amphibol 


(Uebergangsvarietät). 


Diese Uebergangsvarietat (in den Labrador-Amphibol-Augit- 
Trachyt) besitzt im Allgemeinen alle Eigenschaften, wie die 
vorige Varietät uud ist auch mit dieser in der Natur so enge 
verbunden, dass man sie auf der Karte nicht trennen kann. 
Habitus, Auftreten, Absonderung, spec. Gewicht sind dasselbe 
hier, nur die mineralische Constitution weicht insofern ab, dass 
zu dem vorherrschenden Augite sich auch einige grosse Ampbi- 
bolkrystalle gesellen; auch mikroskopisch ist kein Unterschied 
zwischen beiden Gesteinen. Diese Uebergangsvarietat fand ich 
bei Pomaz am Koleuka-Berge anstebend, bei Domos am Szakö- 
Berge, bei Maröth am Oereghalläs-Berge und im Bilötzer 
Bache, endlich bei Szt. Lélek am Räröberge eingeschlossen in 
der Trachytbreccie. 


Berg- und Felsformen des Gebirgstockes. 


Unsere Gebirggruppe erhebt sich beinahe nach allen Seiten 
unmittelbar aus der ungarischen Ebene oder aus dem Donau- 
thale, nur gegen Süden zu trennen tief eingeschnittene Thaler 


329 


die Trachytgruppe von dem Pilis-Ofner rein sedimentaren 
Gebirge. Aus diesem Grande erhebt die Gruppe sich, von 
welcher Seite immer betrachtet, ziemlich steil, und präsentirt 
sich dem Beobachter von der Ferne, trotz der nicht sehr be- 
deutenden Höhe ihrer Hauptkuppen (der höchste Punkt Dobogoko 
bei Szt. Lélek 686 Met. u. d. Adriat. Meere und etwa 586 Met. 
über der ungarischen Ebene) als ein ansehnliches Gebirge. Die 
Formen ihrer Erhebungen und Kuppen besitzen zwar nicht den 
scharf ausgesprochenen Charakter der jüngeren Basaltgruppen, 
verlaugnen aber, sei es dass wir entweder die aus dem Stocke 
emporragenden Höhen, oder die am Rande hin und wieder 
auftauchenden niedrigen und flachen, aber sehr regelmässigen 
Koppen betrachten, ihre eruptive Natar nicht. 

Was die Berg- und Felsenformen unserer Gebirggruppe 
im Allgemeinen betrifft, kann man aussprechen, dass der 
massige Trachyt und dessen feine Trümmerbildungen nur 
gerundete Bergformen, die groben Breccien und Conglomerate 
aber sehr haufig malerisch emporragende Felsenthurme und 
-Groppen bilden. Eben darum konnte die Absonderung der 
besprochenen Trachytvarietäten nur dort beobachtet werden, 
wo dieselbeu durch Steinbruche gut aufgeschlossen sind. Die 
Ursache der Ausbildung dieser verschiedenen Bergformen muss 
man einestheils in der Natur der betreffenden Gesteine selbst, 
andererseits in der Denudation und Verwitterang suchen. Die 
in ihrer ganzen Masse gleichartigen Tracbytvarietaten und 
deren feine Tuffe und Breccien verwittern unter dem Eia- 
flusse der Atmosphärilien gleichmassig und werden durch die 
meteorischen Niederschläge gleichmässig entblösst, es ist also 
eine natürliche Folge, dass immer gerundete Formen entste- 
ben müssen, ausgenommen jene Stellen, wo fliessende Wässer 
sie anter- oder durchwaschen. Die groben Trachytbreccien 
aber, baaptsachlich die der Labrador - Amphibol- Augit- und 
Labrador-Augit-Magnetit-Trachyte, welche oft bis 2—3 Kubik- 
meter grosse Blocke einschliessen, werden durch die Atmo- 
spharilien ungleich angegriffen, das murbe Bindemittel wird 
schneller fortgeschafft, und die grossen Einschlusse ragen als 
Blöcke aus der Oberfläche der Bergabhange heraus. Solche 
grössere Trachytblöcke beschirmen dann die unter ihnen 
liegende Breccienmasse, während die ringsum liegende Breccie 
allmalig immer mehr und mehr zerstört und fortgeführt wird; 
und wenn man noch hinzunimmt, dass die Qualität, Quantität 
und Festigkeit der Bindemittel auch verschieden sind, so ist 
es leicht begreiflich, dass in langen Zeiträumen Felsenthurme 
und -Gruppen an den steilen Abhangen der Berge entstehen 
müssen. Unsere Trachytgrpppe ist an solchen malerischen 
und oft grossartigen Felsengebilden ziemlich reich und verleiht 


330 


der Gegend in landschaftlicher Beziehung vielen Reiz. In 
erster Reihe erwabne ich den Schlossberg von Visegrad mit 
seiner der Donau zugekehrten hohen Felsenmauer, bei deren 
Bildung indess die Donau selbst die Hauptrolle gespielt hat. 
Viel malerischer and instructiver noch sind die bei Pomäs am 
östlichen Rande des Steinberges, bei Domos am westlichen 
Gehänge des Gross. Keserüs und am nördlichen Abhange des 
hohen Szerkovek emporsteigenden mächtigen Felsentharme, 
-Wände und -Gruppen. 


Gruppirung, Benennung und Bezeichnung der Trachyt- 
varietäten. 


Wir hatten also alle jene Trachytvarietaten der am rechten 
Donauufer gelegenen Trachytgruppe kurz beschrieben und nach 
ihren mineralischen Gemengtheilen benannt. Ich will jetzt die 
Principien auseinandersetzen, nach welchen ich versuche sie 
einzatheilen, zu benennen und kurz zu bezeichnen. Ich be- 
trachte als Haupteintheilungsprincip die chemische Constitution, 
da die mineralogische Zusammensetzung, das spec. Gewicht 
und, wie es sich noch zeigen wird, auch das relative Alter in 
enger Beziehung damit stehen. Ich fasse alle jene Trachyte 
unter einem Typus zusammen, welche eine nahe ubereinstin- 
mende chemische Constitution besitzen. Innerhalb der Typen 
aber werden die einzelnen Varietäten nach der Mineralas- 
sociation aufgestellt. 

Was die Benennung der einzelnen Varietäten betrifft, ac- 
ceptire ich ganz Prof. SzaB0’s Princip, welches er in seinen 
zahlreichen Abhandlungen über Trachyte entwickelt hat. Zu 
den Namen des Trachytes bildet die mineralogische Zusammen- 
setzung die Grundlage, und unter den ausgeschiedenen Mineralien 
rimmt der niemals feblende Feldspath den ersten Platz ein, 
die übrigen wesentlichen Gemengtheile aber folgen nach der 
Menge, in welcher sie ausgeschieden sind. Die accessorischen 
und die mikroskopischen Bestandtheile werden bei der Be- 
nennung nicht in Betracht gezogen. Jene Trachytnamen, welche 
auf unwesentliche äussere Eigenschaften, z. B. auf die Farbe, 
Structur, auf die modificirten Zustände u. 8. w. sich beziehen, 
oder gar nach dem Fundorte des Trachytes genommen wurden, 
erschweren die Einsicht in das Wesen der Trachyte und eben 
deshalb habe ich sie absichtlich ausser Acht gelassen. Besonders 
heut zu Tage, wo man durch die vervollkommneten Methoden 
die mineralogigche Zusammensetzung der Trachyte genau be- 
stimmen kano, durfte sich kaum eine treffendere Benennung 
“ finden und es wäre auch noch nicht an der Zeit, für neue, 








331 


allgemeiner geltende kurze Namen zu sorgen, bevor der grösste 
Theil der Trachyte nicht eingehend untersucht ist. 

Fur die Beschreibung der einzelnen Varietäten der Trachyt- 
gruppen empfiehlt sich die Schreibweise Prof. SzaBd’s. Man 
schreibt namlich mit grösseren Lettern zuerst die mit freiem 
Ange sichtbaren Gemengtheile nieder, dann zwischen Klammern 
die unter dem Mikroskope sichtbaren und endlich mit kleineren 
Lettern die unwesentlichen Gemengtheile. Ich erlaube mir 
aber eine kürzere Bezeichnungsweise in Vorschlag zu bringen, 
welche auf sämmtliche Gesteine angewendet werden kann, 
und welche ich Gcsteinsformeln nennen will, da sie auf ähnliche 
Weise die mineralogische Zusammensetzung der Gesteine aus- 
drücken, wie die chemischen Formeln die elementare Zusammen- 
setzung der chemischen Verbindungen. 

Gesteinsformeln. Nach demselben Principe, wie die 
Elemente in den chemischen Formeln, wollen wir auch die für 
die Zusammensetzangen der Gesteine wichtigen Mineralien be- 
zeichnen und dabei im Auge halten, dass die Zeichen der 
Mineralien von jenen der Elemente verschieden seien. Die 
relativ wichtigeren gesteinbildenden Mineralien und deren Zei- 
chen wären also die Folgenden : 


IDE aga Rs ee Ab. Ilmenit........ Ilm, 
Amphibol ...... Amph Kyanit ........ Ky. 
Andesin ....... And. Labrador. . . ... . Lbr. 
Anorthit ....... An. Lepidolith . . . . . . Lep. 
Augit . } . Aug. Leucit ........ Let. 
Apatit ........ Ap. Limonit ..... .. Lim 
Broneit ........ Bre Magnetit . . . . . . . Mgt. 
Bastit ........ Bat Menakanit ...... Mok. 
Biotit. . . . ,..,.. Bt. Muskovit....... Msk. 
Calcedon ....... Cid. Nepbelin....... Ne. 
Calcit. . . . . .... Cal, Oligoklas ...... Olg. 
Chlorit . . ...... Chl Olivin ........ Olv. 
Diallag........ Dig. Opal ........,. Opl. 
Dichroit ....... Dehr Orthoklas OR 
Elaolith . . .. Ela. Pinit 2.404,44 Pi. 
Enstatit . . .. En Pyrit . ow Py. 
Epidot ........ Epd Quarz. ........ Q. 
Gyps...... . .. Gps Sanidin. ....... Sa. 
Grant 2.0. 4 de Gr. Saussarit . . . . . .. Saus 
Graphit. . ...... Grp Siderit . . . . . . .. Sid. 
Hauyu ; . Hn Smaragdit . . . . . . Smr. 
Hamatit ....... Ha. Sodalith ....... Sod. 
Hyperstben ..... Hy. Staurolith ...... Stau 


Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIII, 2. 


Talk ae aa Tk. | Tridymit ....... Tri. 

Titanit ........ Tit. Turmalin....... Tr. 

Topas ........ Tp. | Zirkon ........ Zrk. 
0. 8. W. 


In der Formel werden die Zeichen der mineralogischen 
Gemengtheile mittelst + verbunden, indem die wesentlichen 
den Zähler, die accessorischen den Nenner bilden. Die mikro- 
skopischen Bestandtbeile kommen zwischen einfache Klammern. 
Bei den Gesteinen mit Grundmasse wird diese mit a bezeichnet 
und gleich darauf folgen eingeklammert die mikroskopischen 
Mineralien. 

Da aber die Grundmasse, durch das Mikroskop aufgelöst, oft 
wieder aus einer Basis besteht, in welcher Krystalliten, Mikro- 
lithe und farbende Substanzen ausgeschieden sind, und da diese 
Basis entweder glasig oder nur halbglasig ist, bezeichnen wir 
diese Zustände mit v (vitriosus) und sv (semivitriosus); die 
Krystalliten ferner mit Kr. und die Mikrolithe mit Mkr. 

In der Grundmasse sieht man ferner obne Ausnahme 
amorphe farbende Substanzen, meistens nicht näher bestimmbare 
Eisenoxyd- und Eisenoxydul-Verbindungen ; diese wollen wir 
nach den Benennungen’ VogELsang’s in folgender Weise be- 
zeichnen: 

a) Viridit mit Vir. die grüne färbende Substanz, welche 
meistens ein Eisenoxydulsilicat ist; 

b) Opacit mit Ope. die dunklen undurchsichtigen Flecken, 
und 

c) Ferrit mit Fer. die rothen und rostgelben Flecken, 
beide oft näher nicht bestimmbare Eisenoxydverbindungen. 

Wenn man die relative Gewichtsmenge der mineralischen 
Hauptbestandtheile aus den specifischen Gewichten, nach der 
Haucurton’schen Methode oder nach der von mir vereinfachten 
Devesse'scben Methode berechnet, so kann man die betreffenden 
Verhältnisszahlen vor dem Zeichen der zugehörigen Mineralien 
als Coefficienten hinschreiben. Ich will hier kurz diese letzte 
Methode auseinandersetzen. 

Angenommen, dass die mineralischen Ausscheidungen in 
dem Gestein nach allen Richtungen gleichmassig sich ver- 
theilen und ausbreiten, also nicht unverhältnissmässig dunn 
sind, wie der Glimmer, welcher daher weniger in Rechnung 
“gezogen werden kann, so ist es unzweifelbaft, dass zwischen der 
Flächengrösse und dem Kubikinhalt ein annäbernd gleiches Ver- 
hältniss besteht, und man aus dem Flächenraum, welchen die 
Mineralien einnehmen, auf deren Kubikinhalt schliessen kann. 
Man schleift also am Trachyte auf einander senkrecht, oder nabe 
so, zwei Flächen an, theilt diese in [_] Cm.-Flächen ein und 


333 


bestimmt auf möglichst vielen solcher Flächen einzeln die 
Flachearaume der ausgeschiedenen Gemengtheile in [] Mm., 
was durch eine in '/, (_] Mm. eingetheilte Glasplatte, welche 
wir auf die geschliffene Oberfläche des Gesteines legen, ziemlich 
genau geschieht. Man nimmt von möglichst vielen solcher 
Bestimmungen das Mittel und berechnet einfach aus dem rela- 
tiven Flächenraum den relativen Kubikinhalt des betreffenden 
Gemengtheiles. Die Gewichtmengen kann mann dann leicht 
erhalten, wenn man die Zahlen des Kubikinhaltes mit den 
spec. Gewichten der betreffenden Mineralien und der Grand- 
masse multiplicirt Man kann aber auch blos die Volumzahlen 
benützen, diese werden annähernd auch die Gewichtsmengen 
ausdrücken, besonders wenn die specifischen Gewichte der 
constituirenden Mineralien nicht sehr von einander abweichen. 
Auf diese Weise berechnete ich für die Hauptrepräsentanten 
der Trachytvarietaten unseres Gebirges die relative Menge der 
Grundmasse, des ausgeschiedenen Feldspathes und des Amphi- 
bols, Amphibol-Augites oder Amphibol-Biotites. Wenn ferner 
das Gestein analysirt ist, kann man den O-Quotienten auch 
in die Formel hineinsetzen. Das spec. Gewicht des Gesteines 
mit ein bis zwei Decimalstellen kann auch einen geeigneten 
Platz in der Formel finden. 

Endlich können wir auch die herrschenden Structurverhalt- 
nisse darch Zahlen, welche als Exponenten gesetzt werden, 
ausdrucken, wenn wir annehmen, dass 


1. = dicht 

2. = körnig 

3. = porphyrisch 

4.= mandelsteinformig 

5. = blasig, poros, schlackig, und 
6. = schiefrig sei. 


Nach diesen Voraussetzungen würde also die Gruppirung, 
Benennung und Bezeichnung der Trachytvarietäten des Vise- 
grader Gebirges auf folgende Weise geschehen. (Siehe um- 
stehende Tabelle). 


22° 








334 











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336 


Nach denselben Principien sind auch die folgenden For- 
meln verschiedener Gesteine constrairt: 


Granit des Donegal (Irland, |7:Q-+5£Or-+ 10 Olg + +Bt|? 
nach Hauarxox’s Berechnung) 0,265 


Or +Q-+Msk Pr 
Trm. 0,255 


Granit des Fischteich- (Meeresauge-) | Or-+-Olg-+ Bt + |? 
Thales der Hohen Tatra Msk + Q0,317 


Rother Granit von Syene Q+Or+Olg+ Be |? 
in Aegypten Amph + Py +- Tit + Gr 


6 
Norberger (Schweden) Gneiss {or ee u 


Heidelberger jungerer (Gang-) Granit | 


2,64... 0,250 


| Q+ Or + Olg+ Bt + Tk |? 
Protogin des Montblanc 2,72 ...0,263 


Q+Or+Olg+Bt_ 1? 
Grauer Porphyr den Hare | Bier oe toe rs 


: Or + Olg + Amph |? 
Syenit des Blancko (Mabren) (aie eae | 
Or + Olg + Amph 2,75 |? 
Zrk 1 Tit Bt-+-Q 
Eläolith - Syenit (Miaseit) von Ditro Or-+Ela-+ Amph } 


Zirkonsyenit aus Norwegen | 





in Siebenbürgen Tit + Zrk + Bt + Tim 
Sodalith-Syenit (Ditroit) von Ditro Or+Sod-+Ela+Amph |? 
in Ostsiebenbürgen Tit+Bt-+-Zrk + Iim-} Py 


Gabbro des Radauthales bei Harzburg Lbr + Dig 3,08 N 
Ap + Py 0,648 


Aug + Lbr-+ al! 
Augitporphyr des Fassathales euch | 
Ap + Tit 0,792 
3 
Doleritischer Phonolith von Rakovac Or Amph + Bt Ne] 


in Ostslavonien sect Ang Matte) 
i 


3 
Nephelinit von Lébau in Sachsen nn 





337 


Lbr-+ Aug s(t Me 


Basalt des Detunata in Siebenburgen Olv+Q 2,78 


Let + Aug + Sod 2,83 }3 
Lava vom Strome des Granatello a (v + Mgt) 0,678 
Bt Olv +- Gps 


u. 8. W. 


Und so kann man fur jedes Gestein eine mehr oder minder 
ausführlichere Formel aufstellen, je nachdem dasselbe mehr 
oder minder vollständig untersucht worden ist. 

Ich will diesen Gesteinsformeln bei Weitem nicht die 
Wichtigkeit beilegen, welche die chemische Formeln besitzen, 
denn die grosse Variabilität der mineralischen Zusammensetzung 
der Gesteine und der Mangel eines constanten Gesetzes lassen 
es nicht zu, dass solche Formeln eine grössere Bedeutung 
gewinnen. Der Zweck dieser Gesteinstafeln ist blos der, 
der vielen Raum einnehmenden ausführlicheren Beschreibung 
der Gesteine ausweichen zu können, besonders dort, wo dies 
hinsichtlich der Raum- und Zeitersparniss erwünscht ist; wie 
z. B. in Sammlungen, in welchen die Etiquetten für eine ge- 
nauere Beschreibung wenig Raum bieten, oder bei ubersicht- 
lichen Zusammenstellungen , wo ebenfalls auf kleinem Raume 
über die betreffenden Gesteine möglichst viel gesagt werden muss. 


Bestimmung des geologischen Alters der Trachyte und der 
klastischen Gebilde derselben. 


Eine der wichtigsten Aufgaben war, die gegenseitige Ver- 
haltnisse der Trachytformation und der damit verbundenen 
sedimentären Bildungen eingehend zu studiren und mit Hilfe 
der darin begrabenen organischen Ueberreste ihr relatives Alter 
genau zu bestimmen. In der Lösung dieser Aufgabe glaube 
ich zu einem befriedigenden Resultate gelangt zu sein, unter- 
stützt einerseits durch jene günstigen Aufschlüsse, welche am 
Rande der Gebirgsgruppe in grosser Anzahl vorhanden sind, 
andererseits durch Auffindung eines reichen Materiales von 
Versteinerungen. 

Innerhalb der Gebirgsgruppe haben wir folgende der Trachyt- 
formation vorhergehende Formationsglieder. 

1. Eine kleine Scholle von ober-triassischem Dolo- 
mit, welche die Basis des Graner Festungsberges bildet. 

2. Ober-eocäner Striata- oder Tokoder Sand- 
stein, am Graner Tamäs-Berge und am Eingange des Szt. 
Léleker Thales entwickelt, am letzteren Orte in unmittelbarer 
Berabrung mit dem eruptiven Labrador-Biotit-Granat-Trachyte. 


we Weer wer www ee ze zu - 


338 


3. Unteroligocaner Tegel (Kleinzeller-Tegel), 
welcher bei Gran und Bogdäny bereits eine grössere Oberfläche 
einnimmt. Am letzteren Orte hat der Labrador-Biotit-Granat- 
Trachyt des Caödi- Berges diese Schichten an die Oberfläche 
gehoben, diesellen aufgerichtet, durcheinander geworfen und 
zum Theil hart und dunkelgrau gebrannt. 

Einige Versteinerungen, welche ich in diesem Tegel sam- 
melte, stimmen ganz mit den in der Umgebung Ofens gefundenen, 
und genau bestimmten Arten überein, wie dies aus folgender 
Liste zu entnehmen ist, wozu ich bemerken muss, dass die 
Foraminiferen der Arbeit Hantkens*) entnommen sind. 


Bogdäny. Gran. Ofen. 


Schuppen von Meletta crenata Heck. .. * * + 
Pyrula reticulata Lam. sp. . . . . . . .. + _ — 
Telling budensis Horm. ......... ._ — * * 
Lucina rectangulata Horm. ........ — * + 
» ofr. raricostata Horm. ...... — * + 
»  DBoeckki Horm. .......... + + + 
Leda cfr. perovalis vy. Komn........ + — + 
Pecten (Semigecten) unguiculus Mer. ... 5 — + 
5 5 Meyer! Horm. .... — + + 
»  Bromi Mer. ............ — + + 
Schizaster cfr. Lorioli PAv.......,. — + + 
Pericosmus budensis Pay. ......... + — + 


Und folgende Foraminiferen-Arten, welche alle im Klein- 
zeller Tegel bei Ofen auch vorkommen. (B. bedeutet Bogdäny 
und G. Gran im folgenden Verzeichnisse): 

Cornuspira polygyra Res. (G.), Haplophragmium acutitor- 
satum Hantk. (B. und G.), Gaudryina siphonella Rss. (B. G.), 
Gaudryina Reussi Haute. (G.), Clavulina Szaböi Hants. (B. G.), 
Nodosaria latejugata Goms. (B. G.), Dentalina consobrina D'Ons. 
(B. G.), D. elegans v’Ors. (B. G.), D. Verneuili n’One. (B. G.), 
D. approximata Rss. (G.), Marginulina Behmi Rss. (B. G.), 
Cristellaria gladius Pat. (B. G.), Cr. arcuata Pui. (B. G.), 
Robulina Kubinyii Hantx. (B. G.), R. princeps Rss. (B.), 2. 
arcuatostriata Hantk. (G.), R. limbosa Rss. (G.), Textilaria 
carinata p'Ors. (B. G.), Schizopora haeringensis Gous. (B. G.), 
Truncatulina Dutemplei p’Ors.(B.G.), Tr. propinqua Rss. (B. G.) 

Endlich fand ich noch folgende Pflanzenabdrücke bei Gran: 
Myrica banksiaefolia Hegr, Rhododendron budense STUR. 


4. Oligocäner Susswasserkalk mit Braun- 
kohlenflötzen ist bei Gran am Babi-Berge blos durch 


*) Die Fauna der Clavulina Szaböi-Schichten. I. Theil: Foramini- 
feren. Jahrb. d. k. ung. geol. Anstalt IV. B. Budapest 1875. 


339 


einen Kohlenscharf aufgeschlossen. Der Labrador-Biotit-Granat- 
Trachyt bat hier diese Schichten dorchbrochen, den Süsswasser- 
kalk gebrannt und die Braunkohle in Coaks umgewandelt. 


5. Oberoligocäner Cyrenentegel mit Braun- 
kohlen-Spuren und Pectunculus obovatus-Sande 
wechsellagern ohne Regel und bestimmbare Reihenfolge durch- 
einander. Diese Bildung ist ringsum am Rande der Gebirgs- 
gruppe ziemlich gut entwickelt und verbreitet, besonders bei 
Sct. Andra, Pomäz und Gran. Bei Bogdany am Fusse des 
Usödi-Berges und bei Szt. Kereszt am Alten Kalvarienberg 
sind die Schichten dieser Bildung auch durch den Labrador- 
Biotit-Granat-Trachyt stark gehoben und theilweise gebrannt. 
Ich lasse das Verzeichniss der aus diesen Schichten gesammelten 
Petrefacten folgen, mit Anmerkungen über das sonstige Vor- 
kommen der hauptsächlichsten Arten. 


. Buccinum Caronis Brose. (Im Neogen d. Wien. Beckens.) 
. Pyrula Laissei Bast. (Deutschl. Cyrenenmerg. u. Meeressand.) 
. Fusus cfr. Waeli Nyst var. (Deutschl. Meeressand.) 
. Pleurotoma cfr. belgica boLDF. do. do. 
. Cerithium margaritaceum Bruce. (Deutschl. Cyrenenmergel 
var. moniliforme GRAT. und Meeressand.) 
6. Cerithium plicatum Lam. do. do. 
a. var. intermedium SANDB. do. do. 
b. var. papillatum SANDB. do. do. 
7. Turritella Beyrichi Horm. (Eine diesen Schichten eigene Art.) 
8. 5 Geinitzi Spry. (Deutschl. Meeressand.) 
9. = vermicularis Brocc. var. (Neogen.) 
10. Natica crassatina Desx. (Deutschl. Cyrenenmergel.) 
»  Josephinia Risso (Neogen.) 
12. ,,  helicina Brocc. do. 
13. Neritina picta Fer. (Deutschl. Cyrenenmergel.) 
14. Melanopsis Hantkeni Horm. (Eine diesen Schichten eigene Art.) 
15. Bulla nitens Sanps. (Deutschl. Meeressand.) 
16. Calyptraea ornata Bast. (Deutschl. Meeressand.) 
17. Dentalium eutalis Liss& (Horner Schichten, neogen.) | 
18. Psammosolen (Siliquaria) laevigatus Spry. (Deutschl. Meeress.) 
19. Siliquaria cfr. parva Spey. do. do. 
20. Corbula carinata Dus. (Deutschl. Cyrenenmergel.) 
21. 4,  efr. longirostris Desn. (Meeressand, sabl. supérieurs.) 


CN fn © OO 


22. Panopaea cfr. Heberti Bosqu. do. do. 
23. Tellina Nysti Dssn. — do. 
24. ,, cfr. serrata Rex. (Neogen.) 


25. ,, cfr. faba Sanps. (Cyrenenmergel.) 
26. Psammobia aquitanica MEY. do. 
21. Cytherea subarata SAND». do. 


340 


28. Cytherea cfr. splendida Mer. (Meeressand.) 
29. > incrassata Sow. 
var. obtusangula Sanps. (Cyrenenmergel). 
30. Cytherea crenata Saxps. (Cyrenenmergel, Meeressand.) 
31. Cyprina rotundata A. Braun (Meeressand.) 
32. Cyrena semistriata Lam. (Cyrenenmergel.) 
33. Cardium cfr. scobinula Men. (Cyrenenmergel, Meeressand.) 
34. . cfr. Turonicum Mey. (Neogene Art.) 
BD. 4 comatulum Bronx (Meeressand.) 
36. ,,  cfr. tenutsulcatum Nyst (Meeressand.) 
37. Diplodonta cfr. fragilis A. Braun (Meeressand.) 
38. Lucina (Strigilla) undulata Lam. (Meeressand.) 
39. ,, cfr. tenuistria Hep. (Meeressand.) 
40. Nucula piligera Sanps. (Meeressand.) 
41. Pectunculus obovatus Lam. (Meeressand.) 
42. = cfr. pilosus L. (Neogene Art.) 
43. Arca diluvii Lam. (Neogene Art.) 
44. Mytilus Haidingeri Hôrx. (Horner Schichten.) 
45. Congeria Basteroti Desa. (Neogene Art.) 
46. ,, cfr. Brardii Brone. (Cyrenenmergel.) 
47. Pecten textus Pout. (Meeressand.) 
48. Ostrea cfr. lamellosa Brone. (Horner Schichten). 
49. ,, jimbriata Grat. (Sables superieurs.) 
90. 4, cfr. digitalina Dus. (Neogene Art.) 
51. Anomia costata Eıcaw., junge Exemplare. (Neogene Art.) 


Beim ersten Ueberblick dieser Liste bemerkt man das Vor- 
herrschen der fur das Oligocän bezeichnenden Molluskenarten 
schon in der Zahl der Arten (34); und noch mehr tritt dies in 
Bezug auf die Individuenzahl hervor. Unter den mehr oder 
minder sicher bestimmten 51 Molluskenarten finden sich 16 Arten, 
also 31,3%, auch in den neogenen Schichten des Wiener 
Beckens, jedenfalls aber in grösserer Individuenzahl, als hier; 
9 Arten, d. i, 17,6°/, kommen in den Horner Schichten vor; 
in den deutschen und französischen oligocanen Schichten aber 
34 Species, also 66,6°/, der gesammten Arten. 


6. Der oberste Horizont dieser oberoligocanen Bildung 
geht allmalig in eine blos aus Sand bestehende wenig mach- 
tige Schicht über, welche durch die ausserordentliche Menge 
der Anomia costata Eıcaw. gekennzeichnet ist, und aus- 
serdem nur noch Scherben mehrerer Ostrea- und Pecten-Arten 
einschliesst, folglich eine rein marine Ablagerung ist. Diese 
Schicht wurde von Dr. Stacug schon Anomiasand benannt 
und ausführlich beschrieben. Ich fand ausser der niemals 
fehlenden Anomia costata noch folgende Arten: 


341 


Ostrea digitalina Dus. 
»  crassicostaita Sow. 
»  Jimbriata (RAT. 
Pecten Malvinae Dus. 
(opercularis Lam.) 
Pecten Besseri Anprz. 

Diesen Petrefacten zufolge muss man den Anomiensand 
bereits der Neogenbildung einreihen; obgleich man ihu strati- 
graphisch von dem oberoligocänen Sande oft nicht genau 
trennen kann. 

Mit dem Anomiensande beginnt also die Reihe der neo- 
genen Schichten. Da die Lagerungsverbältnisse ganz denen 
der oberoligocanen Sande ähnlich sind, und ich nicht die 
mindeste Spur eines Trachytmaterials darin auffinden konnte, 
so ist es ausser Zweifel, dass die Ablagerung der Anomiasande 
auch noch den Trachyteraptionen vorherging. 

Am Fusse des Csödi-Berges (bei Bogdany) kann man aber 
deutlich beobachten, dass auf der ziemlich gehobenen Schicht 
des Anomiasandes die Schichten eines feinen weissen Trachyt- 
taffes (vom Labrador - Biotit- Granat- Trachyte) discordant auf- 
lagern,-ond daraus ersieht man, dass der Beginn der Trachyt- 
eruption mitten in die Zeit der Ablagerung des Anomiasandes 
fallt, dass diese Eraption eine submarine war und damit die 
Ablagerung des reinen Sandes abgeschlossen warde. 

: 7. Zwischen dem Anomiasande und den reinen Trachyt- 
breccien und -Tuffen, ziehen sich, besonders entlang des süd- 
östlichen und östlichen Randes der Gebirgsgruppe in wenig 
betrachtlicher Mächtigkeit Trachytmaterial enhaltende 
verschiedene kalkige, thonige, und sandig-schotterige 
Schichten hin, welche grösstentheils ziemlich versteinerungs- 
führend sind. Aber auch die unmittelbar darüber ruhenden 
reineren Schichten der Trachytbreccie und des Trachyttuffes 
enthalten hie und da einige Petrefacten. Unter diesen Schichten 
sind die folgenden reicher an Petrefacten. 

a) Trachytmaterial enthaltender schotteriger 
Bryozoenkalk bei Pomaz am Meseliäberge, in welchem 
bereite Prof. Perzns Amphiboltrammerchen fand. 

b) Wirkliche schotterige Trachytbreccie nordlich 
von Sct. Andra durch den ersten in die Donau einmundenden 
Wasserriss aufgeschlossen, erfullt mit ziemlich gut erkennba- 
ren, aber zerbrochenen und abgerollten Molluskenschalen. 

c) Trachytmaterial-haltiger, feiner, grauer 
Sand erfallt mit wohl erhaltenen Molluskenschalen, im Tyn- 
kovac-Thale bei Sct Andrä gut aufgeschlossen. Diesen feinen 
Sand sonderte ich durch Schlammen, dann durch Salzsäure und 
mittelst eines Magnetstabes in folgende Bestandtheile. 


342 


1) Molluskenschalen und deren Bruchstücke .... 4,5°,. 
a. in Salzsaure löslich (koblens. Kalk). 9,3, 
b. in Salzsäure unlöslich (Quarz-, Mag- 
2) Sand netit-, Amphibol-, Augit-, Granat- 
| Kornchen und -Splitter) ....... 62,2 , 
a. in Salzsäure luslich (koblens. Kalk) 2,2 , 
b. in Salzsäure unlöslich (unter dem 
3) Schlamm Mikroskope Quarz- und Feldspath- 


Splitter) nn sorte ee 21,8 „ 
100,0 %%- 

Die Summe der in Salzsaure unlöslichen Bestandtheile 84°/,. 
a a : loslichen z 16 °/,. 


d) Wechsellagernde Schichten von Tegel, sandigem 
und schotterigem Trachyt-Tuffe und -Breccie zwischen 
Bogdäny und Visegrad mit ziemlich vielen aber schlecht er- 
haltenen Petrefacten. 

Ich lasse hier die Liste der aus diesen Schichten gesam- 
melten Petrefacten — mit Anmerkungen über das Vorkommen 
der wichtigsten Arten im Wiener Becken — folgen: 


1. Conug Aldrovandi Brocc. (Grand, Niederkreutzstätten.) 
2. Ancillaria glandiformis Lam. (Grund, Niederkreutzstatten.) 
3. Terebra acuminata Bors. (Grund.) 
4. Buccinum mutabile L. (Grund, Pötzleinsdorf). 
5. Pyrula rusticola Bast. (Grund.) 
6. Cerithium doliolum. (Grund.) 
T. BR lignitarum Eıcnw. (Grund, Pötzleinsdorf, Nieder- 
kreutzstatten. ) 
8. Turritella cathedralis Brona. (Gauderndorf.) 
9. BR turris Bast. (Grund.) 
10. 5 vermicularis Brocc. (Grand.) 
11. <3 gradata Menke (Grund, Gauderndorf, Loibersdorf.) 
12. Natica Josephinia Risso (Grund, Niederkreuzetätten.) 
13. ,, millepunctata Lam. (Grund.) 
14. Gastrochaena dubia Tann. (Gainfahren.) 
15. Solen vagina L. (Potzleinsdorf, Niederkreutzstätten, Grund.) 
16. Panopaea MenardiDesx. do. do. do. do. 
17. Mactra Bucklandi Derr. (Gauderndorf.) 
18. Cardilia Deshayest Horn. (?) (Steinabrunn.) 
19. Mesodesma cornea Pout (?) (Grund, Niederkreutzstatten.) 
20. Syndosmia apelina Ren. (?) (Grund.) 
21. Fragilia fragilis L. (Grund, Niederkreatsstatten.) 
22. Tellina strigosa GugL. (Grund, Loibersdorf, Niederkreutzst.) 
23. ,, planata L. (Pötzleinadorf.) 
24. ,, compressa Broce. (Enzesfeld.) 





313 


25. Tellina Schönni Horn. (?) (Grund, Poteleinsdorf, Nieder- 
krentzstätten.) 

96. Tellina lacunosa Curmn. (Grand, Gauderndorf, Niederkreutzst.) 

27. „ crassa Penn. (Grund, Enzesfeld.) 

28. Psammobia uniradiata Brocc. (Grund.) 

29. Donax intermedia Horn. (Grund.) 

30. Grateloupia irregularis Bast. (Grand, Niederkreatzstatten.) 

31. Cytherea Pedemontana AGass. (Grand, Pötzleinedorf, Nie- 
derkreutzstätten, Gauderndorf.) 

32. Cardium cfr. multicostatum Brocc. (Grund, Niederkreutzst.) 

33 4, Atans,Brocc. (Grund.) 

34. „ ¢fr. Turonicum Mer. (Grund, Plötzleinsdorf, Nieder- 


kreutzstätten.) 
35. Cardium cfr. papillosum Por. de. do. do. 
36. Diplodonta rotundata Mont. do. do. do. 


37. Arca diluvii Lam. (Grund, Gauderndorf.) 

38. Pectunculus pilosus L. (Grund, Potzleinsdorf.) 

39. Lima cfr. inflata Cuems. (Grund, Gauderndorf.) 

40. Pecten Malvinae Dus. (Grund, Gauderndorf, Loibersdorf, 
(opercularis Lam.) Potzleinsdorf.) 

41. Pecten cfr. Besseri ANDRz. (Grund, Gauderndorf.) 

42. Ostrea crassissima Lam. (Steinabrunn.) 

43.  ,,  Gingensis ScaLoTH. sp. (Loibersdorf, Gauderndorf.) 

44. Anomia costata E1cuw. 

45. Balanus cfr. Holgeri Guin. (Eggenburg.) 

46. Cellepora globularis Bronn. do. 

47. Rosalina Viennensis d'Ors. (Baden.) 

48. Rotalina Dutemplei d’Ors. do. 

49. Nonionina communis d'Ons. do. 

50. Globigerina regularis d’ Ors. do. 


Unter den 50 aufgezählten Arten kommt die grosse Mehr- 
zahl, darunter die häufigsten und wichtigsten Arten in den 
tieferen neogenen Schichten des Wiener Beckens vor, namlich 
in den Gauderndorfer, Niederkreatzstattener, Potzleinsdorfer 
und auch in den höheren Grunder Sanden, woraus die Gleich- 
altrigkeit unserer Schichten mit jenen mit Sicherheit folgt. Die 
besprochenen Schichten gehörenn also der Mainzer Stufe K. 
MavER’s oder der unteren mediterranen Stufe E. Suss’s an, 
und das erste Auftreten des Trachyt’s fallt also mit dem Be- 
giune des Zeitalters dieser Stufe eng zusammen, 


8. Die nun folgende — aus wechsellagernden Schichten 
des Trachyttuffes und der Tracbytbreccie bestehende — sicher 
nahezu 100 Meter mächtige Ablagerung enthalt das Material 
von folgenden Trachytvarietaten: 





344 


a) Feiner weisser Tuff des Labrador-Biotit- 
Granat-Trachytes liegt überall, wo er mit den Trümmer- 
gesteinen der Trachyte in Berührung steht, zuunterst, ist also 
die älteste Bildung. Solche Stellen sind; bei Szt. Kereszt das 
Thal Siwawa voda, bei Visegrad der Steinbruch am Kl. Vil- 
lamos Berge und der südwestliche Abhang des Schwarzen- 
berges; bei Mömös die Kuppe ober der Miklés-Quelle. Daraus 
folgt also, dass der Labrador-Biotit-Granat-Trachyt unter den 
hervorbrechenden Trachytvarietäten der erste war uud somit 
der älteste ist. 

b) Darauf folgen in mächtiger Entwickelung die Tuffe 
und Breccien der Haupttrachytvarietät unserer Gruppe, näm- 
lich die des Labrador-Amphibol-Augit-Trachytes. 
Diese Tuffe und Breccien theilte ich aber auf meiner Karte 
in drei Untergruppen, welche ihrer Qualität, aber nicht ihrem 
geologischen Alter nach unterschieden werden können. 

a. Gemengte Tuffe und Breccien aus Labrador- 
Amphibol-Augit- und Labrador - Biotit-Granat- 
Trachyt bestehend, nehmen zwischen Pomäz und Szt. Kereszt 
eine grosse Fläche ein. 

8. Feine Tuffe und Breccien des Labrador- 
Amphibol-Augit-Trachytes herrschend in den niederen 
Theilen der Gebirgsgruppe. 

x Grobe Breccien und Conglomerate des La- 
brador-Amphibol-Augit-Trachytes nimmt die Höben 
der Trachytgruppe ein. 

Trotzdem war der Labrador-Amphibol-Augit-Trachyt in 
der Reibe der hervorbrechenden Varietäten nicht der zweite, 
es ging ihm noch der Labrador-Amphibol-Trachyt voran. Man 
findet namlich — wie ich schon erwähnt habe — im Labrador- 
Amphibol-Augit-Trachyte sehr haufig Einschlüsse des Labra- 
dor-Amphibol-Trachytes, woraus zweifellos ihr relatives Alter 
ersichtlich ist. Abgesonderte reine Tuffe und Breccien des 
Labrador - Amphibol-Trachytes fand ich nirgends vor, es ist 
also wahrscheinlich, dass seine Trümmer sich mit jenen der 
beiden anderen weit mehr vorherrschenderen Varietäten ver- 
mengten. 

In den oberen Horizonten der genannten mächtigen Trachyt- 
tuff- und -Breccien-Ablagernng findet man auch schon Trümmer 
des Labrador-Amphibol-Biotit-Trachytes, welcher 
für sich allein keine sedimentären Trümmerbildungen bildet; 
daraus gebt hervor, dass der Eruption des Labrador-Amphibol- 
A agit-Trachytes die des Labrador-Amphibol-Biotit- Trachyt folgte. 
Dass letztere Varietat im Contact mit den Breccien des La- 
brador-Amphibol- Augit-Trachytes Reibungsbreccien bildet, habe 
ich schon hervorgehoben. 





345 


9. Bei Pomäs, Tahi puszta und besonders bei Visegrad 
liegen auf den beschriebenen mächtigen Ablagerungen von 
Trachyttuff und -Breccien, feine kalkhaltige weisse Tuffe, 
. welche oft in beinahe reinen Kalk übergehen, die mit den 
bezeichnenden Nulliporen (Lithothamnien-) -Koollen, mit Ko- 
rallen und Molluskenschalen erfullt sind; bei Visegrad enthält 
sogar die unmittelbar darunter liegende Breccie dergleichen, 


Die aus diesen Schichten gesammelten Versteinerungen 
sind die folgenden: 


1. Turritella bicarinata Ercow. (Gainfahren, Steinabrunn.) 

2. Dentalium entalis L. (Steinabrunn.) 

3. Venus Aglaurae Brone. (Gainfahren, Steinabrunn.) 

4. Circa minima Mont. (Gainfahren, Steinabrunn.) 

5. Cardium cfr. pectinatum L. 

6 2 hians Brocc. (Grund, Enzesfeld.) 

7 En cfr. Turonicum Mey. (Grund, Grusbach, Gain- 
fahren, Enzesfeld, Steinabrunn.) 

8. Lucina columbella Lam. (Grund, Gainfahren.) 

9. 4,  Dujardini Desa. (Grand, Grusbach.) 

10. Lima cfr. inflata Cuemn. (Gainfahren, Grusbach.) 

11. Pecten latissimus Brocc. (Enzesfeld, Steinabrnnn.) 

12. ,, Leithanus Partscu. do. do. 

13. Spondylus crassicosta Lam. (Gainfabren, Steinabrunn.) 

14. Ostrea plicatula GmeL. (Grusbach, Steinabrunn.) 

15: 4,  crassicostata Sow. (Nikolsburg.) 

16. ,,  crassissima Lam. (Nikolsburg, Steinabrunn,) 

17. Balanus cfr. Holgeri Gein. (Eggenburg.) 

18. Serpula corrugata GoLpr. do. 

19. ,,  anfracta GoLpr. 

20. Ceratotrochus duodecimcostatus GoLpr. (Gainfahren, Steinabr.) 

21. Turbinolia cuneuta Mix. (Baden.) 

22. Lithophyllia ampla Rss. 

23. Heliastraea Defrancei M. Epw. 

24. ” Reussana M. Epw. Gainfahren. 

25. es conoidea Rss. Enzesfeld. 

26. Cladangia conferta Rss. Grasbach, Steinabrunn. 

27. Stylophora subreticulata Rss. (Grund.) 

28. Porites incrustans Derr. sp. (Enzesfeld, Nikolsburg.) 

29, Lithothamnium (Nullipora) ramosissimum Reuss (im Leitha- 
kalke.) 

30. Lithothamnium (Nullipora) pliocänum Güms. (?) 


Diese Fauna weist auf die eigentliche Leithabildung und 
auf die entsprechenden Conglomerate des Wiener Beckens bin, 
und da der Lithothamnien- und Korallenkalk in unserer Ge- 
birgsgruppe gegenuber den besprochenen Trachyttuffen und 


346 


-Breccien nur sehr untergeordnet auftreten, können wir kaum 
irren, wenn wir annebmen, dass auch diese letzteren in der 
Leithaperiode sich ablagerten, und dass gegen Ende dieser 
Periode am Rande unserer, aus dem Meere zum Theil erho- 
benen, Gebirgsgruppe jene kalkigen vereteinerungsfahrenden 
Schichten sich als Korallenbanke ablagerten. 


10. Ueber diesen Leithaschichten folgen wieder mächtige 
Ablagerungen von Trachytbreccien und -Tuffen, deren 
Material aber beinabe ausschliesslich Labrador- Augit- 
Trachyt ist. Versteinerungen fand ich zwar nirgends in 
diesen Breccien und Tuffen, aber den Lagerungsverhaltnissen 
zufolge gehören sie jedenfalls der Sarmatischen Stufe Surss’s 
an, welche Stufe in unserer Gebirgsgruppe durch keine andere 
Ablagerung vertreten ist. Der Ausbruch des doleritischen 
Labrador-Augit-Trachytes fällt also in den Beginn der Sarma- 
tischen Periode hinein und dauerte — aus der grossen Menge 
des aufgehäuften Materiales zu schliessen — wahrscheinlich 
bis zum Ende dieser Periode fort, wo alsdann die noch basi- 
scheren Basalte des Pester und Neograder Comitates die Rolle 
übernabmen. Die ganze westliche Hälfte unserer Gebirgs- 
gruppe nnd auch bei Pomäz ein ziemlich grosser Theil ist 
aus dieser Trachytvarietät und ihren Trummergebilden aaf- 
gebaut. 


11. In kleinen beckenartigen Vertiefungen dieser sarma- 
tischen Trachytbreccien und -Tuffe kommen bei Dömös an zwei 
Stellen sehr fein geschlemmte Tuffablagerungen vor, welche 
dünne Lignitflötze und Pflanzenreste enthalten. Einen kleinen 
Theil dieser Pflanzenreste hatten fruher schon Prof. UxGER 
und D. Stor bestimmt; Herr Bergrath Dr. STUR war so freund- 
lich auch das von mir eingesammelte Material durchzusehen 
und einige besser erhaltene'Formen zu bestimmen. Die bisher 
von hier bestimmten Arten sind die folgenden: 


1. Ptelea macroptera Kov. (Frucht.) 
(Tallyn in dem Trachyttuffe der Cerithien-Stufe.) 


2. Macreightia germanica Hzer. (Celastrus europaeus ÜNGER.) 
(Insecten-Schichten von Oeningen.) 

3. Acer decipiens Al. Br. (Cerithien-Stufe.) 

4. Acer trilobatum Heer. do. 

5. Parrotia pristina ErrinGsx. sp. (Congerien- u. Cerith.-Stufe.) 

6. Dryandroides sp. (liynitum Une.?) do. do. 

7. Cinnamomum Scheuchzeri Hzer. (Cerithien-Stufe.) 

8. Saliz recteaefolia (Ert.) Stun. (Congerien- u. Cerith.-Stufe.) 

9. Planera Ungeri Errasx. do. do. 

10. Castanea Kubinyii Kow. (Cerithien-Stufe.) 





347 , 


11. Phragmites oeningensis Al. Br. (Oeningener Stufe, Conge- 
rien- und Cerithien-Stafe.) 

12. Aspidium Meyeri Heer. (Oeningener Stufe.) 

13. Pteris oeningensis Une. do. 


Unter diesen 13 Arten kommen 8 in der Congerien-Stufe 
des Wiener und des ungarischen Beckens, oder in entsprechen- 
den jungtertiaren Bildungen vor, aber zugleich auch in den 
Schichten der Cerithien - Stufe; die ubrigen 5 Arten wurden 
bisher am häufigsten in den Cerithienschichten gefunden. Dar- 
nach lässt es sich also nicht bestimmt entscheiden, zu welcher 
dieser beiden Stufen der feine Trachyttuff mit Lignitflotzen 
gehört. Die Lagerungsverhältnisse aber und der Umstand, 
dass andere der Congerien-Stufe angehorende Sedimente in der 
ganzen Trachytgruppe nicht vorkommen — da man nicht vor- 
aussetzen kann, dass während der ganzen Congerien-Periode 
nichts zum Absatze kam —- bewegen mich dazu, dass ich 
dieses Sediment der Congerien-Stufe einreibe. 


12. Endlich bildeten sich auch noch in der quaternaren 
Periode mehr oder weniger Trachytmaterial enthaltende Sedi- 
mente dadurch, dass das Wasser das Material der älteren Tuffe 
mit sich nahm und dasselbe mit anderem Schlamm gemengt 
am Fosse des Gebirges wieder absetste. Eine Bildung solcher 
Art ist der Trachytmaterial haltige, von Kieselsäure 
durcbdrungene Mergel bei Sct. Andra, in’ welchem ich 
einen Backenzahn des Ursus spelaeus GoLDF. sammt anderen - 
Koochenbruchstucken, ferner in grosser Menge die Helix ne- 
moralis L. und eine kleine Paludina-Art fand. Eine fernere 
Bildung dieser Art ist der durch die gänzliche Verwitterung 
des Trachytes entstehende Nyirok (braunrothe zabe Thone), 
in welchem ich bei Bogdany einen Wirbel und Fussknochen- 
Bruchstücke von Bos sp. vorfand. 


Auch in der Jetztzeit findet die Fortsetzung des Abtragens 
und Wiederablagerns von Trachytmaterial entlang der Bäche 
und am Rande der Trachytgruppe statt. 


Zum Schlusse stelle ich die eruptiven und sedimentären 
Gebilde unserer Gebirggruppe behufs leichterer Uebersicht 
nach ihrem relativen geologischen Alter in folgender Weise zu- 
sammen: 


Zeits. d. D. geol. Ges. XXVILL. 1. 23 


348 









Eruptive Bildungen. 





Labrador - Biotit - 
Granat - Trachyt 
ohne und mit Au- 


git. 


Labrador -Amphi- 
bol-Trachyt. 

Labrad.-Amphib.- 
Augit-Trachyt. 

Labrad.-Amphib.- 
Biotit-Trachyt u. 
dessenReibungs- 
breccie. 


Labr.-Aug. Magn.- 
Trachyt (dolerit. 
Tr.), rein, od. mit 
wenig Ampbibol 
(Uebergangs-Va- 
rietät). 


Sedimentäre Bildungen. 


Hauptdolomit . . . A 
Tokoder od. Striata-Sandstein 
Kleinzeller Tegel . 
Pectunculus obovatus-Sande a. 
Cyrenentegel 
Anomiensand. 


Trachytmaterial enthaltender 
schotteriger Bryozoenkalk 
(am südlichen Rande des 
Gebirges). 

Trachytmaterial enthaltende 
tbonige, sandige u. schot- 
terige Schichten (am öst- 
lichen Rande d. Gebirges). 


Feiner Tuff des Labrador- 
Biotit-Granat-Trachytes. 
Grobe oder feinere Breccien 

u. Tuffe des Labrador-Am- 
phibol-Aug.-Trachytes rein, 
oder gemengt mit Labra- 
dor-Biotit-Granat-Trachyt, 
einige 100 Fuss machtig. 
Nulliporen- und Korallenkalk 
und kalkige Trachyttuffe. 


Breccien und Tuffe des La- 
brador-Augit-Magnetit-Tra- 
chytes, ebenfalls mächtig 
abgelagert. 


Feiner Tracbyttuff mit Blatt- 
abdrücken u. Lignitflotzen. 


Trachyttuff haltender Mergel 
mit Lössschnecken u. Kno- 
chen v. Urs. spelaeus; Loss; 
Trachytschotter; Nyirok. 

Deuterogener Löss (Alt-Al- 
luvial.), Kalktuff, Donau- 
schlamm und Flugsand, 
Sumpfthon, Bachgerölle. 


Obere Trias. 
Ober-Eocan | 
Unter-Oligocan 


Ober-Oligocan 


TS 


| 
| 
N 
| 


Geologisches Alter. 


\* 
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& 
© 
om 
c 
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Sarmatische 
Stufe 2 
Sugss’s. 
Pontische 
Stufe 






















Jüngere 


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Hocustet- 


TER’S. 


Diluviale 
Bildungen. 


Alluviale 
Bildungen. 


349 


Inhaltsverzeichniss. 


Einleitung, Grösse und Grenzen des Gebietes, Literatur darüber . 
Uebersicht des geologischen Baues der Gebirgsgruppe . . 
Tabelle der Trachytvarietäten und der Trümmergesteine derselben, 


nebst geologischem Alter . . . RIS 
ss haa Beschreibung der Trachytvarietäten: 
Labrador-Biotit-Granat-Trachyt . . Pr ee 
4 Labrador-Biotit-Granat-Trachyt mit etwas Augit a ae à re 
Labrador-Amphibol-Trachyt . . . . . frein 
Labrador-Amphibol-Augit-Trachyt . . . vs . . . . > 


Labrador-Amphibol-Biotit-Trachyt . 

Labrador-A ugit-Magnetit-Trachyt (Doleritischer Trachyt) . 

Labrador-Augit-Magnetit-Trachyt mit nur di Der 

gangs-Varietät . . .. 

Berg- uud Felsformen des Gebirgstockes .. oe 

Gruppirung, Benennung und Bezeichnung der Trachytrarietäten 

Gesteinsformeln 

Tabelle, dte Eintheilung, Benennung und Bezeichnung der Trachyte 
des Visegrader Gebirgsstockes enthaltend . . 

Bestimmung des geologischen Alters der Trachyte und der klasti- 
schen Gebilde derselben . . 

Tabelle der geologischen Bildungen des Gebirgen nach dem geolo- 
gischen Alter zusammengestellt ; . 


SSS SS 


23° 


348 


350 


10. .Notiz über ein Vorkommen von fossilen Käfern 
-(Coleopteren) im Rhät bei Hildesheim. 


Von Herrn Ferp. Roemer in Breslau. 


Bei einer gemeinsamen Durchsicht der Fossilreste, welche 
mein Bruder Hermann Roemer in den durch ibn in dieser Zeit- 
schrift*) beschriebenen Rhät-Schichten oder Schichten der 
Avicula contorta am Kralah bei Hildesheim während eines leider 
nur vorübergehenden günstigen Aufschlusses vor einigen Jahren 
gesammelt hat, machte mich derselbe unlängst auf einige mit 
undeutlichen kohligen Pflanzenresten auf deu Flächen des 
grauen Schieferthones zusammenliegende kleine Insecten-Reste 
aufmerksam. Das specielle Niveau, welchem der Schieferthon 
mit den Insecten angehört, ist die unmittelbar über der unteren 
Bonebed-Breccie liegende etwa 1 Meter dicke Schichtenfolge |. 
des von meinem Bruder gelieferten Schichten-Profils. Bei der 
geringen Zabl von Insecten, welche bisher aus den unteren 
Gliedern der Jura-Formation und namentlich auch aus dem 
Rbät bekannt geworden sind, war es nicht zweifelhaft, dass 
dieses Vorkommen eine besondere Beachtung verdient und 
ich habe deshalb die fraglichen von meinem Bruder gesam- 
melten Reste durch den hiesigen Universitäts-Zeichner Herrn 
AssMANN zeichnen lassen und zugleich fur die Gattungsbestim- 
mung den werthvollen Rath dieses seit Jahren mit dem Studium 
fossiler Insecten eifrig beschäftigten Entomologen in Anspruch 
genommen. 

Die vorliegenden Reste gehören sammtlich Käfern (Cole- 
opteren) an. Es sind lediglich Flageldecken. Die andern Theile 
des Körpers fehlen. Drei Arten liessen sich bestimmt unter- 
scheiden. 


*) Vergl. Bd. XXVI, 1874 S. 349 fi. 


351 


1. Elateropsis infraliassica n. sp. 


Fig. 1. in natürl. Grösse, Fig. 1a. vergrössert. 


ia 


— 
a 


| 





Ein gut erhaltenes Exemplar der beiden noch vereinigten 
Flugeldecken liegt vor. Dieselben sind flach gewölbt. Die 
Sculptar besteht in dicht gedrängten Langsreihen von feinen 
kaum noch mit dem blossen Auge sichtbaren Kornchen. Man 
zählt 13 solcher Langsreihen auf jeder der beiden Flugeldecken. 
Etwa 1 Millim. vor dem hinteren Ende geht eine gebogene 
Querfalte nebst mehreren schwächeren Runzeln über beide 
Flageldecken. Dieselbe ist offenbar durch ein Eindrücken der 
fruber stärker gewölbten Flugeldecke von obeu bewirkt worden. 

Die systematische Stellung der Art betreffend, so eriunert 
die allgemeine Form und auch die Sculptur am meisten an 
gewisse Formen der lebenden Gattung Elater. 


2. Helopides Hildesiensis n. sp. 
Fig. 2. in natürl. Grösse, Fig. 2a. vergrüssert. 





Nur eine linke Flügeldecke und deren Abdruck liegt vor. 
Die vorzüglich und vollständig erhaltene Sculptur derselben 
besteht aus stärkeren und schwächeren Längsreihen von Kornchen, 


352 


die hinreichend gross sind, um gerade noch mit dem blosen 
Auge sichtbar zu sein. Von den Langsreihen der starkeren 
und zugleich etwas langgezogenen Körnchen sind 5 vorbanden. 
Vor dem hinteren Ende vereinigen sich dieselben, indem zu- 
nachst je zwei derselben zusammenlaufen und zuletzt auch die 
fünfte dem Aussenrande am meisten genäherte Langsreihe sich 
in sanfter Krummung gegen den Vereinigungspunkt der vier an- 
deren wendet. Die Zwischenraume zwischen diesen Langsreihen 
stärkerer Granulationen erfüllen in dichter Zusammendrängung 
die Langsreihen feinerer Körnchen Es kommen 2 bis 5 der- 
selben auf je einen Zwischenraum und zwar 80, dass die 
ausseren Zwischenräume die geringere, die dem Innenrande der 
Flugeldecke mehr genäherten und breiteren Zwischenräume die 
grössere Zabl von feineren Körnchenreihen enthalten. 

Für die systematische Stellung der Art gewährt nur etwa 
die Sculptur ein Anbhalten. Nach der Ansicht des Herrn 
ASSMANN weiset diese auf die Familie der Melasomen bin 
und namentlich bieten die mit Helops verwandten lebenden 
Gattungen eine gewisse Aehnlichkeit in der Oberflächenbeschaf- 
fenheit der Flugeldecken dar. Mit Beziebung auf den letzteren 
Umstand wurde die vorläufige Gattungsbenennung gewahlt. 


3. Genus? 
Fig. 3. in natürlicher Grösse. 
3 


nn 





Nur ein einziges Exemplar einer rechten Flugeldecke liegt 
vor. Die Sculptur ist nicht deutlich genug erhalten um sie 
näher beschreiben zu können. Doch erkennt man so viel mit 
Bestimmtheit, dass gröbere Granulationen oder Rippen fehlen. 
Nach der allgemeinen Form eine Gattungsbestimmung zu ver- 
suchen, erschien unzulässig. 


In Deutsehland sind aus Schichten gleichen Altera Insecten 
bisher nicht bekannt gewesen. Dagegen kommen in der Schweiz 
anscheinend genau in demselben geognostischen Niveau eben- 


353 


falls Insecten vor. Wenn man die von Hegr*) gegebene genaue 
Beschreibung der Iusekten-führenden Mergel der sogenannten 
Schamhelen im Kanton Aargau mit dem Profile der Rhat-Schichten 
beiHildesheim vergleicht, so gelangt man zu der Ueberzeugung, 
dass beide Schichtenfolgen nicht nur im Alter gleich stehen, son- 
dern auch in der besonderen petrographischen und paläontolo- 
gischen Entwickelung *”) grosse Aehnlichkeit besitgen. Wenn die 
Zahl der dort aufgefundenen Insecten und anderen Thiere bedeu- 
tend grösser ist, als in den entsprechenden Schichten bei Hildes- 
heim, so erklärt sich dies leicht aus dem Umstande, dass in den 
Mergeln der Schambelen ein vieljähriges eifriges Sammeln der 
organischen Einschlüsse durch HEER betrieben wurde, während 
bei Hildesheim nur wahrend der kurzen Zeit des vorübergehenden 
Aufschlusses der Schichten gesammelt wurde. Die Insecten 
wurden bei Hildesheim ausserdem erst bemerkt, nachdem der 
Aufschluss bereits wieder unzaganglich geworden. Waren sie 
bereits beobachtet worden, als die Schichten noch zugänglich 
waren, 80 würde sich wahrscheinlich leicht eine weit grössere 
Zahl derselben haben sammeln lassen. Sollten dieselben Schichten 
wieder einmal bei Hildesheim oder weiter aufwärts im Innerste- 
Thale durch künstliche Aufschlüsse zugänglich werden, 80 
wird auf das Vorkommen der Insecten das besondere Augen- 
merk zu richten sein. 


*) Vergl. Urwelt der Schweiz p. 62 ff. 

**) Vielleicht ist auch die durch Heer (Urwelt der Schweiz S. 72) 
abgebildete und als Ophioderma Escheri Herr aufgeführte Ophiura mit 
der bei Hildesheim in grosser Zahl der Individuen aufgefundenen kleinen 
Art, welche durch Tu. Waicut benannt wurde, identisch. 


304 


11, Ueber das Vorkommen von Culmschichten mit Pesi- 
donomya Becheri in Portugal. 


Von Herron Ferp. Roemer in Breslau. 


Nachdem ich auf Grund eigener Beobachtungen die Ver- 
breitung von schiefrigen Gesteinen mit /osidonomya Becheri 
in ausgedehnten Flachenraumen auf dem Sudabfalle der Sierra 
Morena in Andalusien hatte nachweisen können *), wurde es 
mir durch die Vergleichung des orographischen Verhaltens und 
durch einzelne geologische Angaben bei Portugiesischen Schrift- 
stellern wahrscheinlich, dass dieselben schiefrigen Gesteine 
auch über den Guadiana hinaus gegen Westen nach Portugal 
hinein sich forterstrecken. Diese Vermuthung ist neuerlichst 
durch Mittheilungen, welche ich dem Herron J. F. N. Deueano 
in Lissabon verdanke, zur vollsten Gewissheit geworden. 

Nachdem dieser Beobachter schon in einem 1870 erschie- 
nenen Aufsatze **) eine kurze Uebersicht über die verschiede- 
nen in Portugal vertretenen Abtheilungen der palaeozoischen 
Formation gegeben und in dieser eine Schichtenfolge als wahr- 
scheinlich dem Nassau’schen Posidonomyen-Schiefer entsprechend 
aufgeführt hatte, hat er in einer grösseren erst in diesem Jahre 
erschienenen Arbeit***) uber das Auftreten angeblich Silurischer 
Schichten in dem unteren Theile der Provinz Alemtejo der 
Posidanomyen-füuhrenden Schiefer wiederum Erwähnung gethan. 
Bei der Beschreibung eines schiefrigen Schichten - Systems, 
welches die grossartige 500 Meter lange und 130 Meter breite 
linsenförmige Erzlagerstätte von kupferhaltigem Schwefelkies 
von S. Domingos unweit Mertola am Guadiana einschliesst und 
welches wegen der neuerlichst darin aufgefundenen Nereiten 
als Silurisch betrachtet wird, werden zugleich die Lagerungs- 
verhältnisse dieses Schichten-Systems gegen die zunächst älte- 
ren und jüngeren Ablagerungen erörtert und wird nachgewiesen, 


*) Vergl. diese Zeitschrift Bd. XXIV, 1872. 8. 589 ff. 

**) Breves apontamentos sobre os terrenos paleozoicos de noss0 
paiz. Extrahido de obras publicas e minas por J. F. N. Dausupo. 
No. i. Janeiro 1870 p. 6. 

#48) Sobre a existencia de terreno Silnriano no Baixo Alemtejo. 
Memoria apresentada & Academia real das sciencias de Lisboa por 
J. F. N. Deccavo. Lisboa. (Mit französischer Uebersetzung.) 


395 


dass, während die Unterlage durch ein mächtiges azoisches 
Schichten-System von Talk- und Chlorit-fahrenden halbkry- 
stallinischen Thonschiefern mit zahlreichen untergeordneten 
Urkalklagern gebildet wird, das nächst jüngere Gebirgsglied 
dagegen aus den zur unteren Abtheilung des Steinkohlenge- 
birges gerechneten Schichten mit Posidonomyen besteht. 

Die letztere Bildung wird nach dem Verfasser aus dun- 
kelgrauen Thonschiefern und Grauwackenschiefern zusammen- 
gesetzt. Die Thonschiefer gehen zuweilen in Schieferthon 
über, der an der Luft zerfällt und sich in längere prismatische 
Stacke theilt. Deutliche Schichtung ist selten erkennbar. 
Ganz allgemein ist die sogenannte falsche oder transversale 
Schieferung vorherrechend, derzufolge das Gestein nach einer 
anderen Richtung als parallel den Ebenen der ursprünglichen 
Schichtang schieferig sich absondert. Die ganzliche Abwesen- 
heit von Kalklagern und Quarziten ist ein bezeichnendes nega- 
tives Merkmal des Schichten-Systems. Organische Einschlüsse 
sind im Ganzen sparsam und nur auf donne Lager beschränkt. 
Ausser der als wahrscheinlich mit Posidonomya acuticosta SAND- 
BERGER identisch betrachteten Posidonomya wurde namentlich 
haufig ein Goniatit beobachtet, der als wahrscheinlich identisch 
mit G, crenistria PaizziPs bestimmt wird. Unter den wenig 
deutlichen Pflanzenresten ist eine Calamiten-Art häufig, die zu 
C. communis ETTINGSH. (C. cannaeformis SCHLOTH.) gestellt wird. 

Obgleich nach dieser Beschreibung kaum ein Zweifel für 
mich bestand, dass diese Schichten im sudlichen Portugal zur 
Culm- Bildung gehören, so war es mir doch wichtig, die orga- 
nischen Einschlusse derselben durch eigene Anschauung ken- 
nen zu lernen. Herr DeLGano hat die Gate gehabt mir eine 
reicbe Suite von Versteinerungen aus diesen Schichten zu 
schicken. Durch dieselben wird jeder Zweifel an dem Vor- 
handensein der Culm-Bildung im südlichen Portugal beseitigt. 
Die Sammlung enthalt Posidonomya Becheri Bronx (P. acuti- 
costa SANDBERGER) von zahlreichen Fundorten im südlichen 
Portugal. In Erhaltungsart und Gesteinsbeschaffenheit glei- 
chen die Exemplare auf das Täuschendste den Vorkommen 
in Deutschland. Obne Kenntniss der Fundorte würde man 
gewisse Exemplare unbedenklich als vom Geistlichen Berge 
bei Herborn oder von Lautenthal am Harz herrührend erkla- 
ren. Nicht minder sicher liess sich Goniatites sphaericus Sow. 
(@. crenistria Pmitiips) bestimmen. Ganz so wie in Nassau 
und am Harz sind meistens nur die platt gedrückten Bruch- 
stucke der fein spiral gereiften Schale erhalten. Wenn die 
Reifen zum Theil etwas gröber sind, als an den deutschen 
Exemplaren, so erklärt sich dies leicht aus der bedeutenderen 
Grösse der Individuen. Der Umstand, dass gerade so wie 


356 


überall in Deutschland nachst Posidonomya Becheri diese Go- 
niatiten -Art als das häufigste Fossil erscheint, ist als eine 
bemerkenswerthe Uebereinstimmung noch besonders hervorzu- 
heben. Nächstdem ist ein aus vielen Umgängen zusammen- 
gesetzter wenig involuter Goniatit am häufigsten. Obgleich 
die Kammerwandnähte sich nicht beobachten liessen, so ist 
es nach der äusseren Form dennoch nicht zweifelhaft, dass 
die Art zu Goniatites mirolobus Pi. gehört. Auch in Nassau 
und am Harz ist diese Art ein häufiger Begleiter der Posido- 
nomya Bechert. Endlich wurde auch Pecten Münsteri H. v. Mayes 
(P. densistria SANDBERGER), eine kleine Art mit concentrischen 
Streifeu der Oberfläche, welche man bei unvollständiger Erhal- 
tung leicht mit jungen Exemplaren von Posidonomyu verwech- 
seln kann, beobachtet. Auch diese Art findet sich in den 
deutschen Culm-Schichten und namentlich bei Herborn mit 


_ Posidonomya Becheri zusammen. Die pflanzlichen Reste sind 


unvollkommen erbalten. Meistens sind es undeutliche halm- 
ähnliche Abdrucke, Jedoch wurde auch ein fingerbreites zu- 
sarnmengedrücktes Stämmchen von Calamites transitionis Gorr. 
erkannt. Das ist bekauntlich die bezeichnendste Leitpflanze 
der Culm-Schichten. 

Im Ganzen liegen mir Exemplare von Posidonomya Becheri 
von folgenden Fundorten io der Provinz Alemtejo vor: Mertola 
am Guadiana, Casevel, 12 Kilom. 8. von Aljustrel (auf einer 
Mertola und Cap Sines verbindenden geraden Linie gelegen), 
und Grandola. Ausserdem von folgenden Fandorten in Algar- 
vien: Bordeira WSW. von Poldra, Bordalete ebenfalls bei 
Poldra, und Corrapateira 11 Kilom. N. von Villa do Bispo in 
der Nähe von Cap S. Vincent. An allen diesen Punkten ist das 
Vorkommen der Culm-Schichten sicher. Dieselben erstrek- 
ken sich also quer durch das südliche Portugal, 
von Mertola am Guadiana bis zum Cap von Sines 
und Cap von S. Vincente an der atlantischen Küste. 
Dabei ist die petrographische und palaeontologi- 
sche Uebereinstimmung mit den gleichstehenden 
Posidonomyen-Schiefern in Deutschland so über- 
raschend vollständig, wie sie kaum bei einer an- 
deren Sedimentar-Bildung in so grosser räumlicher 
Entfernung gekannt ist. 

Mit den von mir in der Spanischen Provinz Huelva auf 
dem Sudabfall der Sierra Morena nachgewiesenen Posidono- 
myen-Schiefern befinden sich diejenigen des südlichen Portugal 
offenbar in unmittelbarem Zusammenhange, da sie bei volletan- 
dig gleichem Verhalten im genauen Fortstreichen derselben 
liegen und die westlichsten Punkte des Vorkommens von Po- 
sidonomya Becheri iu der Provinz Huelva nur durch einen 








357 


Zwischenraum von wenigen Meilen von den östlichsten Punk- 
ten des Vorkommens in Portugal getrennt sind. Nach einer 
Bemerkung Der.Gano’s sind nuch im mittleren Spanien schie- 
frige Culm-Schichten mit Posidonomya fecheri vorhanden. Er 
theilt namlich in der zuletzt genannten Schrift *) mit, dass 
Herr Donaine, Mitglied der geologischen Commission von Spa- 
nien, im Jahre 1872 solche Schichten mit Posidonomya Becheri 
in der Provinz Saragossa — die nähere Localität wird nicht 
angegeben — aufgefunden habe **). 

In jedem Falle besitzen also Uulmschichten auf der Pyre- 
naischen Halbinsel eine weite Verbreitung. Aus der Gegend 
von Troppau und Jagerndorf am Ostabhange des 
Altvater- Gebirges lässt sich diese durch das ge- 
sellige Vorkommen von Posidonomya Becheri palae- 
ontologisch vorzugsweise bezeichnete kalkfreie 
sandig thonige Facies der unteren Abtheilung des 
Steinkohlengebirges mit auffallendster Gleichför- 
migkeit der ausseren Merkmale bis zu der durch das 
Cap von S. Vincent gebildeten äussersten Südwest- 
ecke Europas verfolgen, 

Den Hauptgegenstand der Deieano’schen Schrift, in wel- 
cher die das Vorkommen von Posidonomya Becheri in Portugal 
betreffenden Beobachtungen enthalten sind, bildet die Beschrei- 
bung und Altersbestimmung einer anderen schiefrigen Schichten- 
folge, welche die unmittelbare Unterlage der Posidonomyen- 
fübrenden schiefrigen Gesteine darstellt. Grünlich graue Thon- 
schiefer und Grauwackeu-Schiefer mit sparsamen Quarzgangen 
sind die herrschenden Gesteine. Bei senkrechter Schichten- 
stellung hat die durch diese Schichten gebildete Zone auf dem 
Wege von Mertola nach Beja eine Breite von 8 Kilometer. 
Auf dem genannten Wege sieht man sie auch den azoischen 
bulbkrystallinischen Gesteinen aufruhen. Die Grenze zwischen 
beiden ist oft schwer zu ziehen, doch ist das mehr krystal- 
linische Ansehen der azoischen Schiefer, die grössere Haufig- 
keit der Quarzgaoge und das Fehlen der Grauwacken für die 
letzteren unterscheidend. Noch schwieriger ist die Grenze nach 


*) p. 10. | 

**) dagegen ist die ebendaselbst erörterte vermeintliche Identität von 
Posidonomya Pargai Vean. welche bei Collada de Llama in Asturien un- 
mittelbar fiber kohlenfährenden angeblich Devonischen Schichten vorkommt, 
wohl kaum wahrscheinlich, da E. ‚de Verneuit, der Autor dieser Art, mit 
der echten P. Becheri von Herborn hinreichend bekannt war, um nicht 
unnöthiger Weise eine damit identische Form als eine neue Species zu 
errichten, Auch passt die Angabe, derzufolge bei P. Pargai zuweilen 
die Kalkschale erhalten ist, nicht zu P. Becheri, bei welcher dies niemals 
der Fall ist. 


358 


oben gegen die Posidonomyen-fuhrenden Calm-Schichten zu 
ziehen. Die grössere Dünnschiefrigkeit und ein gewisser schim- 
mernder Glanz auf der Schieferungsflache, so wie die Feiu- 
körnigkeit der Grauwackenschiefer sind fast die einzigen er- 
kennbaren Unterschiede. Bisher galten diese Schichten als 
völlig versteinerungsleer. Die neuerlichst erfolgte Auffindung 
von einigen Arten war ganz unerwartet und gab die nächste 
Veranlassung zu der Arbeit DeLaapo's: der Fundort liegt in 
unmittelbarer Nahe der grossen Erzlagerstätten von S. Domingos 
östlich von Mertola. Es sind lediglich unvollkommen erhaltene 
Nereiten. Drei Arten derselben werden unterschieden. Die 
eine wird als wahrscheinlich mit Nereites Cambrensis Muacn. 
identisch aufgeführt. Eine zweite Art wird mit Crossopodia 
Scotica verglichen und eine dritte Art zu Haur’s Gattung Dendro- 
graptus gestellt*). Um durch diese Nereiten zu einer sicheren 
Altersbestimmung des fraglichen Schichten-Systems zu gelangen 
wird an deren Beschreibung eine ausführliche Erörterung uber 
das Vorkommen von Nereiten überhaupt in den verschiedenen 
palaeozoischen Ablagerungen anderer Länder geknüpft. Schliess- 
lich gelangt der Verfasser zu dem Schlusse, dass die Nereiten- 
führenden Schichten untersilurisch sind und zwar wesentlich 
gleichen Alters mit gewissen Bilobiten-führenden Quarziten im 
nördlichen Portugal, welche ihre Stelle an der Basis der Tri- 
lobiten-reichen Schichten (Barranpe's Etage D.) und über den 
protozoischen Schichten mit der Primordial-Fauna haben. 

Bei dieser Altersbestimmung erscheint freilich dem Ver- 
fasser selbst der Umstand befremdend, dass die gewöhnlichen 
untersilurischen Schichten mit zahlreichen Trilobiten und Bra- 
chiopoden, wie sie in anderen Theilen von Portugal und na- 
mentlich in der Gegend von Oporto verbreitet sind und welche, 
wenn die Nereiten-führenden Schichten den Quarziten mit Bi- 
lobiten entsprechen, zwischen diesen und den Culm-Schichten 
liegen müssen, bei S. Domingos und überhaupt im südlichen 
Alemtejo ganz fehlen, während anderer Seits im Norden die 
Nereiten- führenden Schichten durchaus unbekannt sind. Allein 
er beseitigt diese Bedenken durch die Annahme, dass zur Zeit 
des Absatzes der Nereiten- führenden Schichten im südlichen 
Alemtejo die granitischen und azoischen Massen in den mitt- 
leren und nördlichen Theilen des Staates eine trennende 
Schranke gegen das Meer, in welchem die Trilobiten - reichen 
untersilurischen Schichten des nördlichen Portugal rich abla- 
gerteu, darstellten. 

Mir selbst erscheint jene Altersbestimmung sebr unsicher. 


*) Durch die Güte des Herrn Dri.cana erhielt ich auch von diesen 
Nereiten einige Exemplare. 





359 


Nereiten, Körper von durchaus zweifelbafter Natur *), welche 
keine scharfe Gattungs- und Art-Bestimmung zulassen, kommen 
in sehr verschiedenen Abtheilungen der palaeozoischen Schich- 
tenreibe vor. Auch in den Calm-Schichten sind ähnliche wurm- 
formige Eindrücke beobachtet worden **). Ich würde es des- 
halb auch nicht für unmöglich halten, dass die Nereiten - fab- 
renden Schiefer von S. Domingos nur eine untere Abtheilung 
der Culm-Bildung darstellen. Dass sie durch ihr petrographisches 
Verbalten und die Lagerungsverhaltnisse der Schichtenfolge mit 
Posidonomya Becheri auf das engste verbunden sind, wird von 
DeLeano selbst angegeben. Die vorher bezeichnete so auffal- 
lende Verschiedenbeit der Silurischen Gesteine in Nord-Portu- 
gal mit denjenigen im südlichen Alemtejo fiele dann fort und 
die dafür aufgestellte an sich wenig wahrscheinliche Erklärung 
wurde unnothig. Man wird weitere Funde von Versteinerungen 
abwarten müssen, um in Betreff des Alters der Nereiten- 
führenden Schichtenfolge zu völliger Sicherheit zu gelangen. 

In jedem Falle nimmt diese Schichtenfolge ein besonderes 
Interesse in Anspruch, weil sie es ist, welche die grossartigen 
Lager von kupferhaltigem Schwefelkies im südlichen Portugal, 
wie in der Spanischen Provinz Huelva einschliesst. Alle diese 
Lager liegen in derselben, gegen Nordwest streichenden 183 Ki- 
lometer langen. Zone. In Spanien gebört derselben vor Allem 
das in seiner Massenhaftigkeit ohne Gleichen in Europa da- 
stehende Erzlager vou Rio Tinto an. Ausserdem dasjenige 
von Tharsis und viele andere kleinere. In Portugal dasje- 
nige von S. Domingos, dessen Kiese seit längerer Zeit als 
Material zur Schwefelsäure-Fabrication nach England und an- 
deren Ländern ausgeführt werden. Weniger bedeutend, aber 
von ganz gleicher Beschaffenheit ist dasjenige von Aljustrel, 
sadwestlich von Beja; das nordwestlichste Ende der Zone be- 
zeichnet ein derartiges Erzlager in dem Gebirge von Caveira, 
sudöstlicb von Grandola. 


Schliesslich mag hier auch noch eine Uebersicht über die 
Gliederung der palaenzoiachen Gesteine in Portugal überhaupt, wie 
sie sich aus der DeLgano’schen Schrift ergiebt, einen Platz finden. 

Die Unterlage der palaeozoischen Gesteine von Portugal 
bildet die aus balbkrystallinischen Thonschiefern mit zahlreichen 
Urkalklagern bestehende sogenannte azoische Formation. 


*) Sicher sind es nicht die versteinerten Körper von Thieren selbst. 
Die Abwesenheit jeder von der übrigen Gesteinsmasse verschiedenen Ver- 
steinerungssubstanz schliesst ebenso wie die Form der Nereiten diese 
Annahme aus. Die Deutung als Fussspuren nicht näher bekannter im 
Schlamm kriechender Thiere erscheint vorläufig als die wahrscheinlichste. 

**) Vergl. Fero. Rozmea: Geol. von Oberschlesien Taf. 6. Fig. 7. 


360 


Daruber folgen: 

1) Untersilurische Thonschiefer und Quarzite 
mit Trilobiten, Brachiopoden u. s. w., durch welche die Gleich- 
alterigkeit mit BARRANDE'S Etage D. sicher erwiesen wird, in 
der Gegend von Oporto namentlich deutlich entwickelt. 

Das unterste Glied dieser Schichtenfolge bilden Thonschie- 
fer und Quarzite mit Bilobiten (Cruziana d’ORBIeNY), d. i. den 
eigenthumlichen wulstigen Körpern ohne organische Structur 
und von durchaus zweifelhafter Stellung. 

Diesen werden von DeLaapo die wahrscheinlich jangeren 
bei S. Domingos Nereitenführenden Thonschiefer gleichgestellt. 

Die in Spanien an mehreren Orten nachgewiesenen proto- 
zoischen (Cambrischen) Schichten mit Paradoxides und den 
anderen bezeichnenden Trilobiten - Geschlechtern fehlen bisher 
noch in Portugal. 

2. Obersilurische Gesteine (Barranpe’s Etage E.) 
durch Cardiola interrupta, Graptolithus priodon u. 8. w. palae- 
ontologisch nur unvollständig als solche bezeichnet. 

3. Unterdevonische Gesteine (Coblenzer Grau- 
wacke, Spiriferen-Sandstein), durch Phacops latifrons, Dalma- 
nites sublaciniatus VERNEUIL, Spirifer cultrijugatus u. 8. w. pa- 
laeontologisch nur unvollständig als solche bezeichnet. Graue, 
rothgefleckte Thonschiefer mit den in der Form, von Steinker- 
nen schlecht erhaltenen, vorstehend genannten Arten von Ver- 
steinerungen bilden eine schmale Zone io der Serra von Porta- 
legre im nördlichsten Theile der Provinz Alemtejo. 

4. Posidonomyen-Schiefer des Culm (Untere Ab- 
theilung des Steinkohlengebirges) durch Posidonomya Becheri 
und andere Fossilien unzweifelbaft als solche bezeichnet und 
in allen Merkmalen auffallend mit den Posidonomyen - Scbie- 
fern in Nassaa und am Harz übereinstimmend. Bilden im 
südlichen Theile der Provinz Alemtejo und in Algarvien eine 
breite vom Guadiana bis zur Meeresküste reichende Zone. 

9. Oberes oder productives Steinkohlenge- 
birge, durch zahlreiche Farnkräuter, Calamiten u. s. w. als sol- 
ches bezeichnet. In der Gegend von Oporto auch bauwardige 
Kohlenflotze führend. 

Rothliegendes und Zechstein wurden bisher nicht nach- 
gewiesen. 

Bei der weiten Ausdehnung der palaeozoischen Ablage- 
rungen in Portugal, welche mehr als die Hälfte des ganzen 
Landes-Areals beträgt, verdienen dieselben gar sehr eine immer 
genauere Erforschung. Die bisherigen Untersuchungen Dst- 
GADO'8 sind als sehr werthvolle Beiträge za deren Kenntniss 
anzusehen und werden hoffentlich weiter fortgeführt werden. 





361 


12. Ueber die Lagerungsverhältaisse des oberharzer 
Diabaszuges, und das Auftreten von Posidenomyen- 
schiefern des Culm südöstlich von demselben. 


Von Herrn A. v. Groppeck ın Clausthal. 


Zwischen den neuerdings so genau bestimmten obersilu- 
rischen Schichten des Ostharzea und den lange bekannten ver- 
steinerungsreichen Devon- und Culmschichten des Westharzes 
liegt ein grosses Gebiet in dem bisher, ausser gewöhnlich 
undeutlichen Pflanzenresten in Grauwacken , und wenigen 
Encrinitenstielen im Quarzit des Bruchberges, gar keine Ver- 
steinerungen gefunden sind. 

Dieses Gebiet, welches zwischen den Städten Ilsenburg, 
St. Andreasberg, Lauterberg, Osterode, Altenau und Harzburg 
liegt, umfasst die höchsten und wildesten Theile des Gebirges. 
Seine geognostische Stellung ist durchaus zweifelhaft, und ge- 
hört die richtige Deutung der hier auftretenden Sedimentair- 
schichten gegenwärtig zu den wichtigsten Fragen in der Harz- 
geognosie. 

Die Losung dieser wichtigen Aufgabe hängt zum Theil 
von einer klaren Auffassung der Lagerungsverhaltnisse des 
oberharzer Diabaszuges ab, der sich, nach alter Anschauung, 
quer durch das ganze Gebirge von Osterode über Altenau nach 
Harzburg binziebt. 

Sudostlich von diesem Diabaszuge, der versteinerungs- 
führende Devonschichten umschliesst, beginnt der Mangel an 
charakteristischen Versteinerungen. 

F. A. Roemer rechnete die zu beiden Seiten des Zuges 
auftretenden Grauwacken und Thonschiefer zum Culm, deutete 
den Diabaszug als einen Lagergang (intrusives Lager) und nahm 
an, dass der Diabas einzelne Schollen von Devon aus der 
Tiefe emporgefördert hätte. 

Diese an und fur sich höchst unwahrscheinliche Anschau- 
ung ist durch meine geognostischen Aufnahmen in den Jahren 
1871 und 1872 definitiv beseitigt. *) 

Nordwestlich vom Zuge ist Culm unzweifelhaft entwickelt, 


*) Diese Zeitschrift Bd. 24. p. 608. 


362 


und da zwischen dem Diabaszug und dem Bruchberg viele 
Kieselschieferzuge zu finden sind, die dem Culm bei Clausthal 
fehlen, ist, bei Annahme einer Ueberkippung, in Folge von 
Faltung der Schichten durch Seitendruck, ein silurisches Alter 
jenes Terrains vermuthet worden. *) 

Nachstehendes ideales Profil zeigt die dieser Vermutbung 
zu Grunde liegende Idee 






Fig. I. 
Bruchberg 
Clausthal Diabaszug 
| Sérsthal 
C 
A 
; | 
| 
/ 
j 
/ 


A-Stlur B-Devon C- Cum 


Nun ergaben aber meine im Jahre 1872 ausgeführten 
geognostischen Aufnahmen im Gebiet des Diabaszuges (1. c.), 
dass derselbe keineswegs, wie fruber angenommen, den ganzen | 
Harz von Osterode bis Harzburg continuirlich durchsetzt. Der- 
selbe endet vielmehr am Polsterthaler Teich bei Clausthal, 
und biegen sich hier die Culmschichten so um denselben, dass 
die Zugehörigkeit der sudostlich vom Zuge auftretenden Schich- 
ten zum Culm mehr als wahrscheinlich wurde. Für diese An- 
sicht sprach auch das Vorkommen von Calamiten in diesen 
Schichten. In den letzten Wochen hat sich nun die Richtigkeit | 
letzterer Ansicht durch den Fund von Posidonomya Becheri in 


*) v. Gropneck. Abriss der Geognosie des Harzes p. 107. 

Ein ganz analoger Fall liegt bei der Ueberkippung der Devonschichten 
zwischen dem Rammelsberg bei Goslar und Bockswiese vor. (l. c. p. 
und Zeitschrift f. d. Berg-, Hütten- und. Salinenwesen im prenss, Staate 
Bd. 21. p. 11). Diese Ueberkippung hat mit der der Jura- und Kreide- 
schichten am Nordrande des Harzes nichts zo thun, sie ist auch nicht 
einer einseitigen Wirkung des Granits zuzuschreiben, sondern einfach 
eine Folge der Faltung des Gebirges durch Seitendruck. 


363 


einem Nebenthalchen des Hutthals, südöstlich vom Diabaszug, 
unzweifelhaft herausgestellt. 

Das Hutthal beginnt an der Chaussee, die über die Was- 
serscheide zwischen Ocker und Söse, von Clausthal auf. die 
Höhe des Bruchberges, und von da nach St. Andreasberg führt. 

Am rechten Thalgehänge des Hutthals streicht der Diabaszug 
zu Tage und wird derselbe etwa 300 Ruthen *) unterhalb der 
Chaussee von einem kleinen Nebenthälchen des Hutthals durch- 
schnitten, das keinen besonderen Namen führt. 

Dieses Thalchen, das wir die Widerwage nennen wollen, 
giebt den besten Aufschluss über den Diabaszug, der in der 
ganzen Erstreckung des letzteren zu finden ist. 

Im oberen Theil der Widerwage ist das Mundloch eines 
Wasserlaufes, der nach dem Hirschler Teich führt, nicht zu 
verfeblen. — Im Niveau dieses Wasserlaufes führt ein Weg 
am rechten Thalgehänge entlang, der die prächtigsten Aufschlüsse 
darbietet und allen denjenigen besonders zu empfehlen ist, die 
den Diabaszug näher kennen lernen wollen; am rechten Thal- 
gehange sind die Aufschlusse weniger gut. Das Flussbett 
selbst entblosst die Schichtenköpfe stellenweise sehr deutlich. 

Schon im Jahre 1871 habe ich hier ein Profil aufgenommen, 
das ich bei dieser Gelegenheit mittheilen will, weil es für den 
Diabaszug sehr charakteristisch ist und dazu dienen kann, den 
neuen Fundpunkt der Posidonomyen sicher zu fixiren. (Siehe 
umstehend Seite 364). 

In den sub 18. des Profils angeführten Thonschiefern, die 
im Flussbett der Widerwage allein gut aufgeschlossen sind, ist 
Posidonomya Becheri neuerdings entdeckt **), und sind dadurch 


*) Vergleiche Karte des nordwestlichen Oberharzes von C. Prenicer. 
Auf den sehr ungleichmässig mit der Hand geognostisch colorirten Blättern 
ist die Lage des Diabaszuges gewöhnlich ganz falsch angegeben. 

*) Bei einer Excursion mit meinen Zuhörern machte ich dieselben 
darauf aufmerksam, welche Bedeutung vin Petrefactenfund südöstlich vom 
Diabaszug haben wiirde, und forderte, als wir an der bezeichneten Stelle 
in der Widerwage angelangt waren, zum fleissigen Suchen auf. Einer 
meiner Zuhörer, Herr Mrimanis, war so glücklich unter den umherliegen- 
den Thonschieferstücken ein solches mit einer deutlichen Posidunomya Becheri 
aufzuheben, die erste die aus diescm Gebiet bekannt geworden ist. -- Ferncres 
Suchen hatte an dem Tage keinen Erfolg. Später machten die Herren 
Bergakademiker B. KürLır und Lancet aus eigenem Antrieb nach der 
Stelle einen Ausflug und brachten 2 Exemplare der Posidonomya mit. 

Von dem Wunsche beseelt, das Vorkommen selbst zu constatiren, 
suchte ich in Begleitung von 6 Bergakademikern 5 Stunden lang — aber 
vergeblich. — Einige Tage darauf begleitete mich der Bergakademiker 
Herr Lanmever und als wir etwa 3 Stunden geklopft, gelang es 7 Exem- 
plare der Posidonomya Becheri aus der Thonschieferschicht hervorzuziehen, 
die sich unmittelbar an die erste Grauwackenbank sub 19. des Profils 
anlegt. Ich führe dies an, um einen Begriff von der Versteinerungs- 


Zeits. d.D. geol. Ges. XX VIII. 2. 24 


364 


1. Grauwacke und Grauwackenconglo- 
merate (mit Geschieben von Gra- 
nit*), Felsitporphyr etc.) und Thon- 
schiefer. Culm. 
Diese Schichten sind durch den 
oben erwähnten Wasserlauf gut auf- 
geschlossen. 
Thalabwarts folgen: 
2. Wissenbacher Schiefer A. ROEMER’s oe . 
mit Diabascontactgestein gegen 3. | 21 Schritt Te 
3. Verwitterter grobkörniger Diabas | 11 liche) Zone 
4. Wie ad 2. Diabascontactgesteine der körnigen 
gegen 3 und 5. . . . . . . 16: 4; Diabase. 
5. Korniger Diabas . . . . . | 47 ,, 
6. Thonschiefer . . . . . . . 11 ., 
7. Blatterstein . . 139 „ 
8. Gelbliche Thonschiefer ait Tenta- 
culiten . . . RC 10 ,„ 
9. Feinkorniger Diabas . . 13 „ 
10. Rothe und grune Thonschiefer mit 
Tentaculiten . » . . . . . 10 ,, (BI : 
11. Blatterstein . . 50 „ pr 
12. Versteinerungsleere Thonschiefer 19 à | 
13. Feinkörniger Diabas und Diabas- 
porphyr . . 28 „ 
14. Zersetzte blattersteinartige Ge- 
steine . "31 ,„ 
15. Rothe Thonschiefer m. Tentaculiten 6 ,, 
16. Körniger Diabas. . . 50-60 ,, (anabailiche) 
17. Eisenkiesel und kieselschieferähn- zone der 
rnigen 
liche Contactgesteine . . . . 8 » Diabuse. 
18. Blaugraue feste Thonschiefer mit In den lets- 
dünnen sandigen Zwischenlagen 40 ,, ten Wochen 
19. Grauwacken mit Pflanzenresten und en 
Thonschiefern. 


*) v. Groppeck, Abriss der Geognosie des. Harzes p. 98. 
**) diese Zeitschrift Bd. XXIV. p. 607. 





365 


die Lagerungsverbaltnisse des Diubaszuges, die bisher durch- 
aus unklar waren, wie mir scheint, definitiv festgestellt. 

Aus diesen Thonschiefern, in denen Versteinerungen sehr 
selten sind, liegen mir 10 Exemplare der Posidonomya Becheri 
vor, die im Laufe der letsten 4 Wochen einzeln gefunden sind. 
7 Exemplare davon sind unter meinen Augen aus den an- 
stebenden Schiefern hervorgezogen, die übrigen von hiesigen 
Bergakademikern gefunden, so dass gar kein Zweifel darüber 
herrschen kann, dass wir es mit den bei Lautenthal und 
Bockswiese etc. bekanuten, an der Basis des Calm vorkom- 
menden Posidonomyenschiefern zu thun haben. 

Da an der andern Seite des Diabaszuges ebenfalls un- 
zweifelhaft Culm vorkommt, — am [Langenberg oberhalb 
Lerbach ist eine Posidonomya etwa 300 Schritt nord#estlich 
vom Diabas gefunden, — so folgt daraus, dass die Calm- 
schichten neben dem Diabaszug einen steilen Luftsattel mit 
parallel einfallenden Flügeln bilden. 

In der Widerwage fallen die Posidonomyenschiefer zwar 
c. 45—50° NW; das ist aber nur eine ganz locale Abweichung 
von der Regel, da im Allgemeinen sämmtliche Schichten in 
und neben dem Diabaszug 60—70° SO. einfallen. *) 

Meine frühere Beobachtung (l. c.), dass sowohl in dem 
Hauptzuge zwischen Osterode und dem Polsterberge, als auch 
in dem kleinen Nebenzuge, der sich von Osterode über den 
Lattenbusch und Knoppelberg nach dem Schonenberg hinzieht, 
eine regelmässige Gliederung nachzuweisen ist, gewinnt nun 
eine höhere Bedeutung. 

Die körnigen Diabase, die zu beiden Seiten der Züge zu 
finden sind, und welcheim Nordwesten des Hauptzuges mit den 
Wissenbacher Schiefern A. Roemer’8 (Oberdevon) als Decken 
wechsellagern (vergl. das Profil p. 364), gehören einem und dem- 
selben Niveau an; — sie bilden, direct unter dem Calm liegend, 
ebenfalls einen einseitig uberkippten Luftsattel. Auffallend bleibt 
es immer, dass im südöstlichen Flügel des Sattels die ent- 
sprechenden oberdevonischen Schichten noch nicht nachgewie- 
sen sind, doch kann dieser Umstand, — bei dem Zusammen- 
stimmen aller übrigen Verhältnisse, — der ausgesprochenen 
Anschauung von der Sattelstellung keinen Eintrag thun. 

Die Blattersteine, die Mitte der Zuge einnehmend, sind 


alter; — sie entbalten die Schichten mit Strinyocephalus 
Burtini. 
armuth zu geben. — Uebrigens ist dieselbe allen Östlich gelegenen Posi- 


donomyenschiefern des Oberharz eigen, während die westlich, z. B. bei Lau- 
tenthal, gelegenen sehr versteinerungsreich sind. 


*) Diese Zeitschrift Bd. XXIV. p. 606. 
24* 


366 


In den Thonschiefern zwischen den Leiden Diabaszugen 
habe ich fraher am Schonenberg den deutlichen Abdruck eines 
Goniatites crenistria gefunden. — Die Culmschichten bilden 
hier also eine den beiden Luftsätteln entsprechende Mulde, 
wie folgendes ideales Profil zeigt. 


Fig. IL. 


| \ 
\ % { ~, 
si \ “ 
ay A önenberg | \ 
\ | u \ \ 
| m‘ vo erb eh 





C = Culm D- Deron. Diabaszug 


Culm and Devon liegen am Oberharz uberall concordant 
uber einander; sie sind gemeinschaftlich zu Mulden und Satteln, 
mit parallel einfallenden Flugeln, zusammengefaltet. 

Durch Erosion sind an zwei Stellen die Devonsattel an 
die Tagesoberfläche gekommen. — Es sind das unsere beiden 
Diabaszage. 

Die Sattellinien desselben müssen sich fach noch NO. 
einsenken, weil die Sättel in dieser Richtung unter dem Culm 
verschwinden, und zwar der Hauptzug am Polsterthaler Teich, 
der kurze Parallelzug am Schönenberg. 

Diese Auffassung der Schichtenstellung steht mit den son- 
stigen stratigraphischen Beobachtungen am Oberharz im besten 
Einklang. 

Den angenommenen ganz analoge Faltungen habe ich 
neben den Bockswieser Gangen nachgewiesen. *) 


*) v. Groonrcx: Erläuterungen zu den geognostischen Durchschnitten 
durch den Oberbarz. Zeitschr. f. Berg-, Hütten- u. Salinenwesen im Preuss. 
Stnate, Bd, 21 B. p. 1. 




















367 


Hier sind die Falten im Allgemeinen breit und flach. 
Je mehr nach Osten, je näher dem Granit, desto steiler und 
enger werden dieselben. 

Herr Hatrar hat neuerdings solche Faltungen der Kra- 
menzelkalke und Posidonomyenschiefer an der Rohmkerhalle 
im Ockertbal beschrieben. *) 

Sattelformige Hervorragungen älterer Schichten aus jüngeren 
siod nicht selten. Die oberdevonischen Kalke des Kellwassers 
bei Altenau und des Schadlebens bei Unterschulenberg tauchen 
rings umgeben von Culmschichten aus letzteren bervor. 

Ein analoges Verhalten zeigen die mit Eisensteinlagern 
verbundenen Blattersteine im Kellwasser, am Eisernen Weg 
und am Spitzenberg bei Altenau, die ich als isolirt hervor- 
tretende Fortsetzungen der Blattersteinzone des Osteroder-Pol- 
sterthaler Diabaszuges anzusehen geneigt bin. Zwei lange, in 
Stunde 3 streichende Zuge von Posidonomyenschiefern, um- 
geben von den jüngeren Culmgrauwacken, habe ich zwischen 
Rhomkerkopf und Mittel-Schulenberg einerseits, und Ober- 
Schulenberg und Zellerfeld andererseits verfolgen können. 

Noch andere analoge Erscheinungen liessen sich aus dem 
Devongebiet bei Lautenthal anführen. Wenn durch: den be- 
schriebenen Posidonomyenfund die Lagerungsverhältnisse des 
oberharzer Diabaszuges, wie ich nachgewiesen zu haben glaube, 
klargelegt sind, und das Alter der sich unmittelbar südöstlich 
an denselben anlehnenden Schichten unzweifelhaft bestimmt ist, 
so darf natürlich daraus noch kein Schluss auf das Alter der 
weiter östlich liegenden Schichten, vorzüglich des Bruchberg- 
quarzits, gemacht worden. 

Herr Dr. Kayser hat es durch seine geognostischen Auf- 
nahmen sebr wahrscheinlich gemacht, dass der Bruchberg dem 
Haupt--Quarzit im Wieder Schiefer entspricht. — In welcher 
Weise sicb jene Quarzit-Bildung zum Culm am Diabaszug ver- 
halt, ist noch ganz unbekannt. 

Vielleicht lässt sich zwischen Diabaszug und Bruchberg 
noch einmal das Vorhandensein des Devon mit einer der 
fraheren Annahme entsprechenden Ueberkippung (Vergleiche 
ideales Profil auf p. 362) nachweisen. 


Nachschrift. Nach Vollendung dieser Arbeit bin ich 
freundschaftlich darauf aufmerksam gemacht, dass F. A. ROEMER 
die Posidonomyen im Hutthal bereits gekannt habe. — Allerdings 
ist in den Beiträgen zur geologischen Kenntniss. des nordw. Harz- 





oe ES 


*) Diese Zeitschrift 1875 p. 489. 


368 


gebirges 1850 p. 43 das Vorkommen der Posidonomya im Hlutthal 
schon als Beweis fur die Zugehörigkeit der Schichten zwischen 
Grünsteinzug und Bruchberg zum Culm angeführt, auch ist auf 
der beigegebenen (ältesten) Karte F. A. Rosmer’s der Fund- 
punkt markirt. 

Wer die Posidonomyen im Hutthal zuerst gefunden, ist 
nicht bekannt. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass F. A. 
Rogmer dieselben eigenhändig aufgenommen hat, denn auf der 
PrepigerR’schen Karte, die F. A. Roemer später selbst geo- 
gnostisch colorirte, findet sich die frühere Angabe nicht mehr. — 
Vermutblich ist F. A. RoEMmER, bei der Seltenheit der Posido- 
nomyen im Hutthal, an der Richtigkeit seiner fruberen Angabe 
selbst zweifelhaft geworden. 

Ich persönlich bin davon überzeugt, denn ich erinnere 
mich ganz genau, dass mir mein hochverebrter Lehrer ein- 
mal ausdrücklich erklärt hat, dass südlich vom liabaszug keine 
Posidonomyen gefunden seien. — Auch hat während meines 
hiesigen 12 jährigen Aufenthalts niemand dieses Fundpunktes 
Erwähnung gethan. 

So mag es entschuldigt werden, dass ich die erwähnte 
Angabe F. A. RoemEr’s aus dem Jahre 1850 übersehen habe. 
— Sie ist mir sicher desswegen aus dem Gedachtniss ent- 
schwanden, weil ich ihr beim ersten Lesen, in Folge der per- 
sönlichen Belehrung durch F. A. RozMErR, keinen Werth bei- 
gelegt babe. 

Wäre das Vorkommen der Posidonomya im Huttbal zweifel- 
los gewesen, hatte es wohl niemand einfallen können ein sila- 
risches Alter der Schichten zwischen Diabaszug und Bruchberg 
zu vermuthen. Da auf den Fundpunkt einiger Werth zu legen 
ist, freue ich mich die Richtigkeit der Angabe des bochver- 
dienten Mannes, der die Grundlage zu unserer heutigen geo- 
gnostischen Kenntnisse des Oberharzes gelegt hat, bestätigen zu 
können. 


368 


13. Einige Mittheilungen über Zusammensetzung und 
Structur granitischer Gesteine, 


Von Herrn H. Rosensusch in Strassburg 1./Elsass. 


Es ist gewiss eine auffallende Erscheinung, dass bisher 
die Grappe der granitischen Gesteine noch nicht Gegenstand 
einer mikroskopischen Gesammtuntersuebung geworden ist, 
während doch so viele andere Gesteine — und um so mehr, 
je kryptomerer sie waren — in den vergangenen Jahren mikro- 
skopischer Ueberproduction ihre Bearbeiter gefunden haben. 
Und doch hätten gerade die granitischen Gesteine eine solche 
Arbeit mehr als irgend eine andre Gruppe verdient und — 
belohnt. 

Ich beabsichtige keineswegs eine Monographie dieser Ge- 
steine zu liefern, sondern ich möchte nur auf einige Punkte 
hinweisen, welche dieselben in innigerer Beziehung zu anderen 
Gesteinsgruppen erscheinen lassen. 

Kein andres ungeschichtetes Gestein tritt in solcher Ver- 
breitung und in so gewaltigen Massen auf, wie der Granit 
und bei keinem andern sind alle Versuche, eine zur Klarheit 
nothwendige Gliederung aufzustellen und zur allgemeinen An- 
nahme zu bringen, so gründlich gescheitert. Unter dem Sammel- 
namen Granit fassen wir Gesteine zusammen, die sich wenigstens 
eben so fern stehen, wie Diorit und Diabas, und während wir 
es als eine unleidliche Verwirrung ansehen würden, diese zu- 
sammenzuwerfen, ertragen wir den gleichen Zustand beim 
Grauit ohne alles Bedenken. Nur eine strenge Systematik 
kann Klarheit in die Begriffe und Definitionen bringen; man 
sollte daher nicht mit einem Namen verschiedene Dinge bezeich- 
nen; und wie viele nach geologischem Vorkommen, chemischer 
und mineralogischer Zusammensetzung und nach ihrer Structur 
grundverschiedene Dinge benennen wir mit dem einen Namen 
Granit! Es ist mir nach Analogie der Erfahrungen bei anderen 
Gesteinsklassen und nach eigener Beobachtung durchaus wahr- 
scheinlich, dass eine schärfere Gliederung dieser wichtigen 
Gesteinsgruppe nach den genannten Verhältnissen zu über- 
raschendem Einblicke in manche Rathsel derselben führen wird. 

Wenn ich im Folgenden, wesentlich mich anlehnend an 
frahere Vorschläge von Gustav Rose, DELESSE und Anderen, 


370 


eine Gruppirung versuche, so sei gleich hier bemerkt, dass 
ich dieselbe mit Freuden fur jede bessere umtausche und nur 
den Wunsch hege, sie moge cingehends von moglichst vielen 
Forschern auf ihre Brauchbarkeit geprüft werden. Auch be- 
absichtige ich keineswegs, die Gliederung bis in das Einzelne 
durchzuführen; eine reichere Fülle von Erfahrungen wird bier 
erst lehren müssen, was zweckmässig ist. Bloss die Grundzüge 
der Classification sollen angedeutet werden nach mineralogischen 
und structurellen Beziehungen. 

Nur der Gehalt an Quarz, Orthoklas und einem unter- 
geordneten Plagioklas, welcher beiläufig bemerkt weder nach 
den Analysen noch nach seinem optischen Verbalten stets ein 
Oligoklas oder gar Albit sein kann, ist allen granitischen Ge- 
steinen neben der durchaus körnigen Structur gemeinsam. Die 
Untergruppen entwickeln sich nach dem Hinzutreten je eines 
oder mehrerer der Mineralien Kaliglimmer, Magnesiaglimmer 
und Hornblende. Häufig ist das Zusammenauftreten der bei- 
den Glimmer und des Magnesiaglimmers mit der Hornblende; 
dagegen scheinen Kaliglimmer und Hornblende sich auszu- 
schliessen. So ergiebt sich von selbst eine Gliederung, die 
eigentlich nur die alte, schon von G. Rose vorgeschlagene ist 
mit Abstreifung einiger unwesentlicher Momente von den Be- 
griffen und Hinzufügung einiger neuer Gruppen. Wir haben 

1) Quarz, Orthoklas, Plagioklas mit Kaliglimmer = Mus- 
covitgranit. 

2) Quarz, Orthoklas, Plagioklas mit Magnesiaglimmer = 
Granitit. 

3) Quarz, Orthoklas, Plagioklas, Hornblende -= Amphibol- 
oder Hornblendegranit. 

4) Quarz, Orthoklas, Plagioklas, Kaliglimmer und Mag- 
nesiaglimmer = Granit xai écoyrv. 

5) Quarz, Orthoklas, Plagioklas, Magnesiaglimmer und 
Hornblende = hornblendeführender Granitit oder magnesia- 
glimmerführender Amphibolgranit, je nachdem der Glimmer 
oder die Hornblende als der wesentlichere Gemengtheil er- 
scheinen. 

Die erste Gruppe pflegt entweder sehr grosskornig oder 
sehr feinkörnig entwickelt zu sein, tritt nach meiner Erfahrung 
wohl nur gangförmig auf und umfasst den grössten Theil der 
sogenannten Aplite oder Halbgranite und einen Theil der 
Pegmatite im Sinne DeLzsse’s und Naumann’s. Ausgeschlossen 
sind die nester-, linsen- und gangförmigen Massen, welche bei 
gleicher mineralogischer Zusammensetzung nur untergeordnete 
Ausscheidungen anderer Gesteine, nicht selbständige geologische 
Körper sind. Den oben far diese Gruppe gewählten Namen 
Muscovitgranit lasse ich gern für jeden besseren fallen. Ich 











371 


war anfangs geneigt, sie als Granitoide zu bezeichnen, möchte 
aber doch lieber dieses Wort nach Analogie verwandter Namen- 
bildangen für ,grauitähnliche Aggregate* beibehalten, welche 
keine selbständige Stellung haben, sondern untergeordnete 
Glieder anderer (sesteinsmassen sind. Mineralogisch ist es für 
die Gruppe der Muscovitgrauite charakteristisch, dass sie gern 
Turmalin und Eisenglanz fuhren, ja haufig in die Abarten der 
Tormalin- und Hamatitgranite übergehen. 

Die Gruppe der Granitite stellt wohl die verbreitetste Form 
der Granite dar, scheint vorwiegend in Stöcken aufzutreten, 
pflegt reich an Plagioklasen zu sein, neigt stark zu porphyr- 
artiger Ausbildung und fuhrt gern accessorisch Hornblende 
and Titanit. So viel mir bekannt ist, sind es besonders die 
Granitite, welche von den interessanten Contactringen umgeben 
werden. Wo Granitite gangformig auftreten, pflegen sie neben 
dem Magnesiaglimmer ein anderes Mineral, wie Hornblende 
oder Augit, aufzunehmen. 

Die Hornbleudegranite *) stehen den Granititen sehr nahe, 
treten aber hänfiger gangformig auf und neigen besonders zu 
Uebergangen in Syenite nach der einen, in Quarzdiorite nach 
der andern Seite. _ 

Der Granit xat’ &£oynv scheint keine so weite Verbreitung 
zu haben wie der Granitit und findet sich wobl bauptsäcblich 
unter den gewaltigen, deckenartigen Vorkommnissen vertreten; 
auch DELESSE’s Granite des Vosges gehört hieher. 

Die hornblendeführenden Granitite und magnesiaglimmer- 
führenden Amphibolgranite treten theils selbstständig als Stöcke 
und Gänge auf, theils entwickeln sie sich aus Granititen oder 
Amphibolgraniten; stets fuhren sie reichlichen mikroskopischen 
Titanit. 

Sieht man ab von dem durch Umbildung aus Ortboklas 
hervorgegangenen Kaliglimmer, dann sind die Gruppen 1. 2. 3. 
und 4. sehr scharf von einander getrennt und zumal zwischen 


*) Es ist mir wohlbekannt, dass man diese Gesteine häufiger als 
Syenitgranite bezeichnet; der Grund, warum ich den Namen nicht adoptire, 
ist folgender. Jeder, der eine präcise Nomenclatur liebt, wird zugestehn, 
dass eine solche der Petrographic gänzlich abgeht; ich suche im Unter- 
richt dadurch klarer zu werden, dass ich aus 2 Gesteinsnamen zusammen- 
gesetzte Namen nu’r zur Bezeichnung von Structurverhältnissen verwende, 
also Gneissgranit, Granitporphyr, Diabasporphyrit etc, zur Charakteristik 
mineralogischer Eigenthümlichkeiten bediene ich mich zusammengesetzter 
Bildangen aus Mineral- und Gesteinsnamen und bilde dann ein zusammen- 
gesetztes Substantiv, wenn das Mincral wesentlich und gleichmässig ver- 
theilt ist, brauche im umgekehrten Falle aber eine Combination von 
Substantiv und Adjectiv, also Glimmerschiefer, Chloritschiefer, Amphibol- 
granit etc., aber ottrelitführende Schiefer, hornblendeführende Granitite 
etc. ebenso Elaeolithsyenite und zirkonführende Elaeolithsyenite, 





372 


1, 3 und 4 giebt es kaum Uebergange; dagegen pflegen 2, 
3 und 5 durch mannichfache Zwischenglieder in einander zu 
verlaufen. 

Ich verzichte für heute darauf, weiter auf die Beziehungen 
und Verschiedenheiten der besprochenen Gruppen einzugehen 
und wende mich zunächst zu der Erwähnung einiger mineralo- 
gischer Eigenthamlichkeiten der gangformigen Glieder der eigent- 
lichen und der bornblendeführenden Granitite. 

Auf dem westlichen Abhange des Hanptrogesenkammes 
zwischen Le Bonhomme und Lubine treten im Gneiss und 
wie es scheint auch in den glimmerigen Weiler - Schiefern 
granitische Gesteine gangförmig auf, die ich zuerst durch ein 
Haudstück kennen lerute, welches mir Herr Professor GROTH 
von einer Excursion nach den Kalklagern im Gneiss oberhalb 
Laveline (gleich sudlich der Strasse Markirch - 8t. Die) mit- 
zubringen so freundlich war. Es ist ein mittelkorniger oft 
durch Orthoklaskrystalle in Carlebader Zwillingen porphyrartiger 
Granitit von im Allgemeinen grauer Farbe. Das eigentliche 
Gesteinsgewebe wird gebildet von weissem bis grauem Orthoklas, 
ebensolchem Plagioklas, grauem Quarz, der nicht sogleich in 
die Augen fallt und nur in kleineren Körnern eng verwoben mit 
den Feldspathen erscheint und einem dunklen, in hexagonalen 
Tafeln und schmalen Leisten auftretenden, braunen Magnesia- 
glimmer. Erst nach der mikroskopischen Untersuchung wird 
man aufmerksam auf gar nicht seltene, meist erdig matt aus- 
sehende, schmutzig grüne, rundliche oder längliche Krystalle, 
an denen die Loupe selten Spaltbarkeit, aber oft eine feinst- 
fasrige Structur erkennt. Ich lernte später dieselben Gesteine 
etwas mehr nördlich kennen, wo sie an der Strasse von Saales 
nach St. Dié zwischen den Orten Frapelle und Neaviller unter 
dem Rothliegenden auftauchen, welches hier mit sehr unregel- 
mässiger Unterflache auf Gneiss und Weiler-Schiefer aufliegt. 
Sie sind durch kleine Steinbruche aufgeschlossen, welche zur 
Gewinnung von Beschotterungsmaterial unterbalten werden und 
ganz in den Granititgängen stehen; die von ihnen durch- 
brochenen Schichten der krystalliuen Schiefer sind gänzlich vou 
dem Schotter und den anstehenden Schichten des Rothliegenden 
versteckt. Die Zerkluftung des Gesteins ist eine parallelo- 
pipedische, doch sind die Blöcke nicht gross. Zahlreiche 
Spalten und Sprünge durchsetzen sie und zeigen stets einen 
fettig aussebenden und sich ebenso anfublenden, schmutzig 
dunkel grünen Ueberzug, welcher die Härte und das Löthrohr- 
verhalten des Serpentins hat. 

Untersucht man nun dieses Gestein in einem guten mikro- 
skopischen Präparate, so erkennt man neben den allverbreiteten 
Erscheinungen einige erwähnenswerthe Eigentbumlichkeiten. 


373 


Die Quarze, deren Korner obne aussere Krystallform stets 
durchaus einbeitliche Individuen darstellen, enthalten neben den 
normalen farblosen Mikrolithen, welche man hie und da durch 
Behandlung mit molybdansaurem Ammoniak als Apatit erken- 
nen kann, und Flussigkeitseinschlussen meistens ohne, seltener 
mit kubischen Krystallchen, bei denen das Volumverbältniss 
von Libelle und Flussigkeit sich durch Erwärmung bis auf 
100° nicht verändert, noch kleine oktaédrische Krystallchen. 
Dieselben sind fast farblos bis mattgrunlich, zeigen keinerlei 
Einwirkung auf polarisirtes Licht und gehören demnach wirklich 
dem regulären System an; woraus sie bestehen, lässt sich 
nicht feststellen; sie erinnern wohl an die bekannten Spinell- 
Einschlusse des Cordierits, können aber ebensowohl dem 
Flussspath oder irgend einem andern tesseralen Körper ange- 
hören. Interessant ist es, dass sie nicht nur im Quarz, son- 
dern ganz in derselben Weise auch im Feldspath liegen; eine 
Gesetzmässigkeit in ibrer Anordnung ist nicht wahrzunehmen. 
Die Auslöschung des triklinen Feldspathes bei Schnitten parallel 
der Basis und der Fläche so P< betrug im Minimum 7° 
(auf oP), im Maximum 28° (auf © P%). Wenn es also 
wirklich berechtigt sein sollte, die Lage der Elasticitätsaxen 
als eine in den verschiedenen Mischungsverhältnissen (Species 
nach DESCLOIZEAUX) constante anzunehmen, dann müsste man 
wohl an einen Labradorit denken. — Die Magnesiaglimmer 
zeigen, ohne dass die Erscheinung auf eine Zersetzung der- 
selben zurückgefuhrt werden könnte, oft einen Wechsel brauner 
und grüner Lamellen. Man hat darin wohl ein Analogon zu 
der Zonenstructur des Granats, des Augits, der Hornblende 
u. s. w. zu sehen und wird wohl annebmen müssen, dass in 
den verschieden gefärbten Lamellen das Eisen in verschiedenen 
Oxydationsstufen vorliegt. — Neben diesen normalen Gemeng- 
theilen eines Granitits findet sich nun noch ein in Prismen 
krystallisirendes Mineral von hellgruner Farbe; seine Durch- 
schnitte sind entweder achtseitig, wobei die alternirenden Kan- 
ten nabezu allenthalben 90° einschliessen; die Spaltung läuft vier 
dieser Kanten parallel, ist also wohl prismatisch und zeigt bei 
nor sehr geringer Vollkommenheit doch sehr deutlich, dass das 
Spaltungsprisma annähernd 90° haben muss. Durchschnitte 
parallel der Saulenaxe besitzen selten scharfe terminale Flächen, 
sondern fasern sich gern aus; doch wurden auch schiefe End- 
flächen und domatische Flächen erkannt; die Spaltung in diesen 
Durchschnitten lief stets roh parallel der Saulenaxe. Die 
Auslöschung lag bei den achtseitigen Schnitten wie die Diago- 
nalen des Spaltungsprismas, bei den Durchscbnitten parallel zur 
Saulenaxe war sie bald dieser parallel, bald in wechselnden 
Winkeln dazu geneigt; die Maximalschiefe wurde zu 42° ge- 


374 


messen. Man hat es demnach unzweifelhaft mit einem klino- 
rbombischen Mineral zu thun; Spaltung und Lage der Elasti- 
citätsaxen, sowie der Mangel eines merklichen Pleochroismus 
weisen mit Evidenz auf einen Pyroxen hin. Ob derselbe zur 
Reihe der thonerdehaltigen oder thonerdefreien gehöre, lasst 
sich nicht darthun, die helle Farbe deutet auf die letztere. 
Der Pyroxen ist der am wenigsten frische Gemengtheil des 
Gesteines; er ist oft gänzlich entfärbt und bildet dann rob- 
fasrige, nicht weiter zu bestimmende Aggregate. Es ist anzu- 
nehmen, dass die serpentinartigen Zersetzungsproducte auf den 
Kluftflachen des Gesteines von den zersetzten Augiten herrübren. 

Glieder der Pyroxen- Gruppe in Orthoklasgesteinen sind 
zwar längst bekannt; ich erinnere an Tscuermak’s Mittheilung 
über den Diallag in Quarzporphyren, Karkowskr's Studien 
uber die Taucha- und verwandte Porphyre, an G. vom Rata’s 
Beschreibung der Augit-Syenite und Tscuermax’s Notizen aber 
quarzfreie Orthoklasporphyre vom Caucasus. Aber immerhin 
ist das Auftreten des Augits in einem ächten Granite (Gneisse 
enthalten ihn öfter) einigermassen seltsam und veranlasste 
weitere Nachforschungen über dessen Verbreitung in verwandten 
Gesteinen. Dabei stellte sich denn heraus, dass in allen mir 
zur Verfügung stehenden echten Muscovitgraniten und eigent- 
lichen Graniten der Augit vollkommen fehlt. Ebenso konnte 
er, ich möchte fast sageu, sonderbarerweise in den Amphibol- 
graniten nicht gefunden werden. In der Gruppe der Granitite 
dagegen begegnete ich ibm nicht gerade selten und zwar ist 
es unter den Granititen wieder eine kleine Abtheilung, in 
welcher der Pyroxen neben Magnesiaglimmer und hie und da 
accessorischer Hornblende fast constant aufzutreten scheint, 
ich meine die Granitporphyre. 

Die meisten mir bekannt gewordenen Granitporphyre sind 
gangförmige Glieder der Granititgruppe mit einer ausgesprochen 
porphyrartigen Structur und häufig accessorischer Hornblende. 
Sehe ich nun ab von allen Vorkommnissen, wo nach meiner 
Auffassung mit ziemlich grosser Sicherheit fruber vorhandener 
Augit sicb noch in dem an seine Stelle getretenen Chlorit erken- 
nen lasst, — und dahin geboren zum grossen Theil die typischen 
sächsischen Vorkommnisse — so konnte ich nicht nur un- 
zweifelbaften, sondern sogar recht reichlichen frischen Pyroxen 
in den Granitporphyren der Vogesen von Etival, Rothau und 
Rochesson, sowie in dem amphibolreichen Aschaffit GomBeL's 
nachweisen, in letzterem spärlich, Recht reichlich findet er 
sich auch in einem bald zu den Quarzporpbyren, bald zu den 
Graniten gestellten Gesteine von Titisee im Schwarzwalde, 
welches durchaus mit den gangformigen Vogesen-Granitporphyren 
oder richtiger Granititporphyren identisch ist. 














375 


Die nicht gangformig, sondern in grosseren Massiven auf- 
treteuden Granitite scheinen im Allgemeinen keinen Pyroxen 
zu enthalten. Um so auffallender war es mir, ibn in grosser 
Menge in einem Juliergranit zu finden, den ich vor einigen 
Jahren mit einer alten Sammlung in Heidelberg (BLarz) er- 
warb. Von zwei Handstucken dieses schönen Gesteines, die 
beide bis ins kleinste Detail den bekannten Beschreibungen 
entsprechen und an deren Autbenticität also ein Zweifel nicht 
wobl berechtigt ist, enthalt das eine keine Spur von Pyroxen, - 
sondern nur neben den normalen Gemengtbeilen eines Granitits 
ziemlich viel frische und daneben anscheinend in Epidot um- 
gewandelte Hornblende, das andre dagegen (Nr. 16 der petro- 
graphischen Sammlung) bei einer nicht rein körnigen, sondern 
spater zu besprechenden, vorlaufig als granophyrisch zu be- 
zeichnenden Structur, reichlichen und wohl charakterisirten 
Pyroxen von gelbbrauner Farbe. — In ahnlicher Form kehrt 
er in gewissen granitischen Ganggesteinen stellenweise wieder, 
welche im Hochfelde, dem Gebirgsstock zwischen Weiler-, 
Breasch- und Rheinthal, auftreten und die ich wegen ihrer 
Stractur als Granophyre bezeichne; sie stehen im Steiger- 
Schiefer und in den diese uberlagernden Grauwacken. 

Man möchte vermuthen, dass abgesehen von den structu- 
rellen und geologischen Beziehungen, welche alle diese augit- 
führenden Granitgesteine, oder richtiger ausgedrückt Pyroxen- 
granitite erkennen lassen, die Gegenwart des Pyroxens vielleicht 
auch das Vorhandensein eines bestimmten}Plagioklas voraussetze. 
Obgleich nun die dabin schlagenden chemischen Untersuchungen 
noch nicht vollendet sind, scheint doch eine solche Abhangig- 
keit nicht vorzuliegen; denn einmal ist nicht nur der Plagioklas- 
gehalt dieser Gesteine ein absolut sehr wechselnder, sondern 
auch die optischen Verhältnisse derselben sind sehr verschiedene 
und lassen bald einen Labradorit, bald einen Oligoklas ver- 
mathen. Jedoch in bestimmter Weise vermag ich bis heute 
nocb nicht eine solche Beziehung zu behaupten oder zu be- 
streiten. 

Das Interesse, welches sicb immerhin an das Auftreten 
eines Pyroxens in einer ziemlich scharf umgrenzten Gruppe der 
granitischen Gesteine knüpft, mag es entschuldigen, wenn ich hier 
die älteren Mittheilangen über das Auftreten dieses Minerals in 
den echten Quarzporphyren der Umgebung von Leipzig einer 
Revision unterziebe. Das Material, welches meinen Studien zu 
Grande lag, war eiu sehr reichliches; ich verdanke dasselbe 
zum Theil der Freundlichkeit meines Freundes CoHEx, zum 
Theil auch auf den von mir ausgesprochenen Wunsch der Liebens- 
würdigkeit des Herrn Dr. E. KıLkowsky. Beiden Herren und 
zumal Herrn Dr. KaLKowskY, der mir sogar eine Reihe von 





376 


höchst lehrreichen Präparaten verehren mochte, sage ich bier 
nochmals meinen besten Dank. Es ist bekannt, dass TscHERMaK 
zuerst auf die Anwesenheit eines Diallags in diesen Quarz- 
porphyren hinwies, und dass KALkowskY später denselben als 
Augit auffasste, weil er durch allmalige Uebergange mit- die- 
sem verknüpft sei. Uebrigens stellt es KıLkowskr in das Be- 
lieben eines Jeden, Pseudomorphosen von Diallag nach Augit 
anzunehmen und verwahrt sich nur gegen die Auffassung, dass 
Quarz und Diallag als ursprünglich associirt anzusehen seien. 
An eine eigentliche Pseudomorpbose könnte man nun überhaupt 
nicht wohl denken, sondern mehr an eine Paramorpbose. Die 
Structur und alle andern Verhältnisse dieser interessanten Ge- 
steine sind von KALKOWSKY so genau und richtig beschrieben, 
dass ich davon absehe, hier nutzlose Wiederholungen auszuführen. 
Ich setze die Kenntniss der erwähnten Arbeit voraus und möchte 
nur einige Mittheilungen an den Pyroxen knüpfen. Dass in 
dem quest. Gemengtheile Pyroxene zu sehen seien, stebt ja 
durch die ubereinstimmenden Aussagen von Naumann, 1 SCHERMAK 
und Karxowsxy fest und ist auch zweifellos richtig. Nar 
fragt es sich, welcher Pyroxen ist da und enthalt das Gestein 
nur einen oder gar mehrere Pyroxene. Bevor ich zur Discus- 
sion dieser Frage übergehe, möchte ich dem Einwurf begegnen, 
nicht nur frische, sondern auch molecular veränderte Exemplare 
zur Untersuchung verwendet zu haben. Ich nenne ein Mineral 
frisch, so lange dasselbe in seiner ganzen Ausdehnung optisch 
einheitlich nach den ihm eigenthümlichen Charakteren reagirt, 
und nur in diesem Sinne frische Individuen dienten zur Unter- 
suchung. Wie unterscheidet sich nun aber Diallag und Augit? 
Wenn wir absehen von den keineswegs sehr pragnanten che- 
mischen Differenzen, die ja mikroskopisch nicht wahrgenommen 
werden können, so bleibt nur für den Diallag die charakte- 
ristische pinakoidale Spaltbarkeit, resp. Absonderung in vielen 
Fallen übrig, Optisch sind Augit und Diallag, soviel wir bis 
jetzt wissen, identisch. 

Beobachten wir nun ein Präparat des , augitfubrenden 
Porphyre* vom Rittergutsberge bei Ammelshain von einem 
prächtig frischen Handstücke, welches ich Herrn Dr. KaLKkowskr 
verdanke, und untersuchen wir zuerst die Durchschnitte senk- 
recht zur Saalenaxe. Sie zeigen sammtlich die normalen 
Formen der Pyroxene, Prisma und beide Pinakoide und bei 
allen liegen die Auslöschungsrichtungen parallel zu den Diago- 
nalen. Die Spaltbarkeit ist stellenweise sehr deutlich, stellen- 
weise sehr mangelhaft. Manche dieser Durcbschnitte zeigen 
aber anstatt der prismatischen eine sehr vollkommene Spalt- 
barkeit parallel der Abstampfung des spitzen Prismenwinkels. 
Diese Durchschnitte sind zum Theil merklich, wenn auch nicht 








377 


stark pleocbroitisch, zum Theil haben’ sie nicht die Spur eines 
Pleochruismus, die Schnitte obne Spaltbarkeit oder nur mit 
einer unvollkommen prismatischen sind sehr schwach dicbroitisch. 
Wenden wir uns nun zu den leistenformigen Durchschnitten 
parallel der Säulenaxe, so ist so ziemlich allen eine rohe 
unregelmassige Absonderung senkrecht zur Säulenaxe gemein- 
sam, von wo aus besonders die Zersetzungsprocesse beginnen. 
Mauche dieser Längsschnitte zeigen nur sehr wenige unvoll- 
kommene Spaltungsrisse, haben einen deutlichen, aber nicht 
sehr starken Pleochroismus und löschen bald parallel, bald 
unter wechselndem Winkel geneigt zur Prismenaxe aus; die 
grösste beobachtete Schiefe, und solche Durchschnitte haben 
bie und da eine klinobasische Endfläche, betrug 37°. Das 
Mineral ist also klinorhombisch und kann nach allen Ver- 
haltuissen nur Augit sein. — Andere dieser Längsschuitte da- 
gegen sind äusserst fein und dicht gestreift parallel zu der 
Längsaxe, lassen keinen Pleochroismus erkennen und löschen 
genau, wie die Augite aus. Combinirt man dieses Verhalten mit 
dem der Querschnitte, so gelangt man zu einem klinorhombischen 
Pyroxen mit pinakoidaler Spaltbarkeit und wird zur Annahme 
des Diallags geführt. — Diese beiden Mineralien sind indessen 
verhältnissmässig selten. Weit häufiger begegnet man ganz ana- 
log begrenzten Durchschnitten mit sehr evidenter Langsstrei- 
fung, welche stets parallel zur Langsaxe auslöschen, möge 
die zwar nur selten wabrnehmbare terminale Begrenzung. ein- 
kantig. oder zweikantig sein, d. h. parallel der Längsfläche 
oder Querfläche liegen. Diese Darchschnitte können demaach 
aur einem rhombischen Pyroxen angehören. Die Längsschnitte 
sind sebr stark pleochroitisch zwischen grün und gelbbraun 
und allenthalben ist die Absorption nach ¢ viel stärker, als 
nach den darauf senkrechten Richtungen. Das Mineral ist ein 
ungewöhnlich stark pleochroitischer Enstatit. Er überwiegt 
an Menge bedeutend uber den Augit und Diallag und letzterer 
fehlte sehr vielen Präparaten gänzlich, so dass ich im Anfange 
meiner Beschäftigung mit diesem schönen Gesteine glaubte, 
dasselbe enthalte nur rhombischen Pyroxen. Höchst inter- 
easant sind die Verwachsungen dieser Pyroxene unter ein- 
ander; Enstatit und Augit finden sich sehr oft und stets mit 
parallelen Hauptaxen verwachsen, dagegen wurde eine Ver- 
wachsung von Augit und Diallag nur sehr selten, eine solche 
von Enstatit und Diallag gar nicht von mir beobachtet, trotz- 
dem ich etwa 50 Präparate danach durchsuchte. Die Gesteine 
von Wurtza, Taucha, Grasdorf bei Taucba und die normalen 
von Dôbitz enthielten fast durchaus nur Enstatit, ebenso die 
meisten vom Breitenberge bei Lüptitz. Die Vorkommnisse vom 
Hengstberg bei Hohenstein and vom Rittergutsberg bei Ammels- 


378 


hain waren am reichsten an Diallag und Augit; fast nur Augit 
enthielten die basischen Concretionen von Dobitz, während ich 
in den sauren nur Magnesiaglimmer fand. 

Das Zusammenvorkommen dieser drei Pyroxene ist nicht 
obne Beispiel; in den sogenannten Gabbros und Protobastit- 
gesteinen von Harzburg beobachtete ich es mehrfach. Aber 
in einem Porphyr allerdings ist die Combination überraschend. 

Ueber die geologischen Verhältnisse dieser schönen Por- 
pbyre wissen wir wenig und wir können sie daher nicht wohl 
zum Vergleich mit denen der Augitgranitite heranzichen. Dage- 
gen ist. es eine interessante Erscheinung, dass auch hier der 
Pyroxen in einem an Magnesiaglimmer recht reichen Gesteine 
der Quarz -Orthoklasgruppe auftritt. Was den Feldspath an- 
betrifft, so halt KaLgowsxy den Plagioklas fur einen Labradorit 
auf Grund seiner Interpositionen und seines Schillers. Beides 
sind wohl kaum recht stichhaltige Beweise, aber mit dieser 
Annahme stimmte die Lage der Elasticitätsaxen recht gut, 
welche ich in den meisten Fällen im Minimum um 7°, im 
Maximum um 30° zur Zwillingsfläche geneigt fand. Doch darf 
ich nicht unerwähnt lassen, dass ich auch Werthe fur diese Ab- 
weichung ablas, welche auf die Anwesenheit andrer Plagioklase 
hinweisen. Zumal in den Präparaten von Taucha und Gras- 
dorf bei Taucha, ebenso vom Breitenberge fand ich die 
Werthe von 3° und 45° als Extreme, von denen der erstere 
wobl nur auf Albit oder Oligoklas, der letztere auf einen An- 
orthit gedeutet werden kann, selbstverständlich unter der oben 
angedeuteten Reservation. 

Pyroxenhaltige Quarzporphyre anderer Localitaten sind 
mir nur spärlich bekannt, so vom Bärenkopf östlich vom Elsusser 
Belchen und das bekannte Gestein von Auer an der Etsch mit 
der prachtvollen glasigen Grundmasse. In beiden ist der 
Pyroxen wieder mit Magnesiaglimmer combinirt. 

Das Auftreten des Pyroxens in seinen verschiedenen 
Varietäten in den älteren echten Orthoklasgesteinen mit und 
ohne Quarz hat in so fern für den Petrographen ein unverkenn- 
bares Interesse, als dadurch eine bis dahin vorhandene Kluft 
zwischen den Plagioklas- und Orthoklasgesteinen ausgefallt 
wird. Es musste auffallen, dass wir die Plagioklase der ver- 
schiedensten geologischen Epochen in Combination mit Glimmer, 
Hornblende und rbombischen, wie kliuorhombischen Pyroxenen 
kannten, ja dass mit Ausnahme der rhombischen Pyroxene 
alle diese Mineralien auch in den tertiären und recenten Or- 
thoklasgesteinen als wesentliche Gemengtheile auftraten, während 
sie den vortertiaren Massen derselben Gruppen feblten. Ein 
Unterschied bleibt allerdings zwischen den jüngeren und älteren 
Orthoklasgesteinen mit Beziehung auf den Pyroxen immer 








379 


noch besteben, der namlich, dass derselbe in jenen am liebsten 
mit Amphibol, in diesen dagegen vorwiegend mit Magnesia- 
glimmer zusammen gesteinsbildend erscheint. 


Die Structurformen der granitischen Gesteine, soweit die- 
selben mikroskopischer Natur sind, wurden sehr eingehend 
von A. MıcuzL-L£vy in zwei überaus beachtenswerthen Arbeiten 
besprochen, von denen die eine: De quelques caractères micro- 
scopiques des roches anciennes acides, considérés dans leurs 
relations avec l’âge des éruptions im Bull. soc. géol. France 
(3) HI. 199—236. 1874, die andere: Mémoire sur les divers 
modes de structure des roches éruptives étudiées au microscope 
au moyen de plaques minces in den Annales des mines (7). 
VIII. 337—438. 1875 stebt. Mit vollem Rechte betont der 
Verfasser dieser beiden werthvollen ‘Studien die mancherlei 
Uebergänge, welche zwischen den eigentlichen Graniten und 
den Porphyren bestehen und gelangt zu der Ueberzeugung, 
qu'il convient d’abandonner les démarcations, généralement 
trop tranchées, admises au sujet de l’état d'isolement des 
grains de quartz et de l’existence de pâtes amorphes dans la 
classe des porphyres à l'exclusion de celle des granites‘. 
Wenn ich nun in keiner Weise mich zu der Anschauung von 
MicuHEL-Lévy bekennen kann, welcher nachweisen zu können 
glaubte, dass die Gesteinsstructurformen Functionen ihres 
geologischen Alters sind, so muss ich deunoch die schönen 
Beobachtungen, an denen beide Arbeiten reich sind, zum grossen 
Theile durchaus bestätigen und möchte in den folgenden Sätzen 
meinerseits einige kleine Beitrage zu der Kenntniss der sructu- 
rellen Uebergange zwischen Graniten und Porphyren liefern. 

Dieselben sind nach meinen Erfahrungen höchst mannich- 
facher Art und um dieselben einigermassen erschöpfend zu 
behandelu, dazu wäre es nothwendig, die Natur der sogenannten 
Porpbyrgrundmasse eingehend zu besprechen. Eine solche 
Discussion liegt indessen dem Zwecke dieser kurzen Mitthei- 
lung zu ferne, als dass ich sie hier, wo es sich um die ein- 
fache Beschreibung eines localen Vorkommens handeln wird, 
versuchen möchte. Ich beschränke mich daher darauf, einige 
kurze allgemeine Notizen vorauf zu schicken, welche zum Ver- 
standniss des Folgenden nothwendig erscheinen. 

Trotz der zahlreichen und sehr werthvollen Arbeiten über 
die Natur der Porphyrgrundmasse, die wir VOGELSANG, ZIRKEL, 
STELZNER, COHEN und Karkowsky verdauken, bin ich der 
Meinung, dass das letzte Wort in dieser Sache noch nicht 
gesprochen ist. Den Hauptgrund, warum diese Frage nicht 
recht vom Fleck kommen will, sehe ich darin, dass dieselbe 

Zeits.d. D. geöl. Ges. XX VIII. £. 25 


380 


zu allgemein behandelt wird. Man discutirt, ob eine amorpbe 
Grundmasse da ist, oder nicht, ob dieselbe primarer oder 
secundarer Natur sei, wie man sich die anscheinend ganz 
eigenthümliche Einwirkung derselben auf polarisirtes Licht 
erklären kann, ob dieselbe eine Folge molecularer Anordnung 
oder etwa mechanischer Vorgänge ist, u. 8. w. Auf die meisten 
dieser Fragen fallt die Antwort verschieden aus, je nachdem 
der eine Forscher diese, der andere jene Vorkommnisse studirte. 
In Wirklichkeit widersprechen sich die Angaben nur so lange, 
als man sie als allgemein gültig hinstellt und sind vollkommen 
berechtigt, so lange man ihnen ihren, ich möchte sagen localen 
Charakter lässt. Es ist nicht wobl möglich, heterogene Dinge 
zu einem Sammelbegriff zusammenzufassen, Klarheit kann nur 
aus der strengsten Scheidung der Begriffe erwachsen. Selbst 
die tüchtigsten Krafte müssen an dem Versuche scheitern, das 
definiren zu wollen, was in verschiedene Kategorien gehörig, 
eben nicht in eine susammengezwangt werden kann; dafur 
liefert die Definition des Begriffes Mikrofelsit, welcbe Zrrxez 
in seiner so lehrreichen „Mikroskopischen Beschreibung der 
Mineralien und Gesteine“ giebt, einen schlagenden Beweis. 

Es will mir scheinen, als wenn die Sache einfacher würde, 
wenn man die Gruppe der Quarzporphyre nach der verschie- 
denen Natur ihrer sogenannten Grundmassen gliederte und 
dann untersuchte, in welchen sructurellen Beziehungen jede 
dieser Classen zu granitischen Gesteinen steht. Meine Er- 
fabrungen — und sie stimmen im Thatsachlichen meistens 
sehr gut mit den Angaben der oben genannten Forscher — 
stützen sich zwar nicht, wie die anderer glücklicherer Collegen, 
auf Tausende, aber doch auf einige Hunderte von Vorkommnis- 
sen und ergaben mir, abgesehen von Einzelheiten der Structur, 
wie variolitbische, sphäroidische etc. Ausbildung, folgende Ver- 
haltnisse. 

Es giebt Quarzporphyre, deren Grundmasse sich bei hin- 
reichender Vergrösserung als ein sebr feinkörniges Gemenge 
der Granitmineralien erweist, wobei die Anordnung der Ge- 
mengtheile eine durchaus regellose ist; das sind also eigentlich 
kaum Porphyre, sondern Mikrogranite, wenn man sie 80 nennen 
will. Das Korn dieses Gemenges wird hie und da ein so 
hochgradig kryptokrystallines, dass es nicht mehr gelingt, jedes 
einzelne Korn mit Sicherheit auf eine bestimmte Mineralspecies 
zu deuten, ja dass es recht schwer, selbst unmöglich werden 
kann, mit apodiktischer Bestimmtheit za behaupten, es sei 
zwischen den einzelnen krystallinen Kornern auch eine structar- 
lose Masse, ein Glas, in irgend welcher Ausbildungsform vor- 
handen oder nicht. Fur den einzelnen Forscher wird die Grenze, 
wo die Erkennbarkeit der gesonderten Gemengtheile aufhort, 


381 

je nach der Güte des Mikroskops, nach der Vollkommenbeit 
des Praparats und nach der individuellen Gewandtheit in mi- 
kroskopischen Beobachtuugen in einem naheren oder ferne- 
ren Rayon liegen und daraus erklären sich gewiss vielfach 
widersprechende Behauptungen uber die Natur dieses oder 
jenes Porphyrs. Wo eine wirklich structurlose oder amorphe 
(d. h. gesetzmässiger innerer Molecularanordnung entbehrende) 
Substanz, deren Natur von der Art der äusseren Begrenzung 
ganz unabhängig ist, vorhanden ist, da kann die Menge der- 
selben gegenuber den individualisirten Gemengtheilen eine sehr 
wechselnde sein; sie kann sich bis zur vollständigen Ver- 
drangung der mikro- resp. kryptokrystallinen Grundmasse ent- 
wickeln. Man ersieht daraus, dass sich in solcher Weise eine 
vollständige Reihe voa echten Graniten bis zum echten Pech- 
steinporphyr herstellen lässt und kein Mikroskopiker wird um 
reale Belege für jedes Entwicklungsstadium dieser Reihe in 
Verlegenheit sein. Der Fall allerdiugs, dass alle diese Structur- 
formen an ein- und demselben geologischen Körper vorkommen, 
ist ein sehr seltener und muss ein sehr seltener sein, weil 
natargemass die Entstehungsbedingungen bei einem solchen allent- 
halben nahezu die gleichen sein mussten und demnach nicht 
so mannichfache Resultate der Structur ergeben konnten. In 
der Herausbildung fast aller dieser Structurformen liegt die 
hohe Bedeutung, welche Lossen mit Recht dem von ihm so 
schon beschriebenen Bodegange beilegt und im stricten Wider- 
spruche mit von LasAuLx muss ich gestehen, dass diese Ent- 
deckung Lossen’s für mich im höchsten Grade überraschend, 
allerdings nicht mehr überraschend, als erwünscht war. 

Bei einer zweiten Form der Quarzporpbyre lässt sich genau 
dieselbe graduelle Entwicklang in auf- und absteigenden Linien 
verfolgen, aber sie unterscheidet sich von der ersten dadurch, 
dass die vorbandenen kryptokrystallinen oder mikrokrystallinen 
Gesteinselemente nicht regellos körnig, sondern fasrig sind, 
wobei gleichzeitig die einzelnen Fasern sich zu gesetzmässigen 
Aggregaten ordnen. Dass zahlreiche Uebergänge aus dieser 
Gruppe in die erste stattfinden, bedarf keines weiteren Wortes. 
Zur Charakteristik dieser zweiten Gruppe moge ein concretes 
Beispiel beschrieben werden, welches hier eine ähnliche Stel- 
lung einnimmt, wie der Bodegang in der vorher besprochenen. 

Gelegentlich der geologischen Untersuchungen an dem als 
Hochfeld (Champ-du-Feu, Viehfeld) benannten Gebirgsstocke 
der Vogesen wurde ich mit einem eigenthümlichen braunrothen 
bis graurothen, krystallinen Oestein bekannt, welches inmehreren 
Gängen mit parallelem Streichen sich vom südlichen Gehänge 
des Andlautbales an bis in den Hintergrund des Pfriemthales 
bei St. Nabor unter dem Ottilienberge verfolgen lässt; die 


25* 


382 


Gänge durchschneiden unter spitzem Winkel die Schichten des 
Uebergangsgebirges von dem mittleren Steiger-Schiefer an bis 
hoch in die Grauwacken hinauf, Der sudlichste Punkt, wo 
man diese Gesteine anstehend beobachten kann, liegt zwischen 
der Mündung des Sperberbachels und des Lingelsbaches in 
dem Thal der Andlau; von hier aus lassen sich die Blöcke 
derselben am linken Gehänge des genannten Thales hinauf 
verfolgen. Aus der Art der Verbreitung derselben müsste man 
auf ein gangartiges Vorkommen schliessen, welches in nord- 
östlicher Richtung auf den Quarzporphyr des Rosskopfes zu- 
lauft. Besser als hier kann man das Gestein im Kirneckthale 
studiren, wo dasselbe genau bei der Fontäne Laquiante am 
linken und rechten Thalgebange ansteht; rechts streicht es io 
parallelen Klippen und Blockreihen in N40°O — S40°W (ohne 
Correctur), beiderseits von Andalusithornfels begrenzt, den 
Berg hinan und lässt sich bis dicht unter den Waldweg Hungers- 
platz -Welscbbruch an der Einsenkung zwischen Rosskopf und 
Rebstall nachweisen. Ebenso steht es an der linken Thalbalde 
an dem niedrigen Abhange gegen den Sanelbach hin an, ver- 
schwindet dann aber gleich unter dem Schotter von Vogesen- 
sandstein, der vom Kiehnberge herabkommt. Vereinzelten 
Blöcken begegnet man noch im Gebiet des Hornfelses an 
dem Abhange der Bloss oberhalb Truttenhausen; Anstehendes 
konnte hier nicht aufgefunden werden. Dagegen ist es in einem 
prächtigen Gange im Hintergrunde des Pfriemthales zwischen 
St. Nabor und Ober-Ottrot aufgeschlossen, wo es mehrere 
Meter mächtig in der Grauwacke hart an der Grenze des Vo- 
gesensandsteins aufsetzt. Auch hier streicht es N 40°O — 
S40°W (ohne Oorrectur) und da alle die aufgezäblten Punkte 
in einer etwa nordöstlichen Linie liegen, so dürfte die Ver- 
muthung berechtigt erscheinen, man habe es hier mit einem 
einzigen gewaltigen Gangzuge zu thun. 

Das Gestein, welches in diesen Gängen auftritt, erscheint 
zum Theil als ein porphyrartiger bis mittelkörniger Horn- 
blendegranit, zum Theil als ein mit einer hornsteinartigen 
Grundmasse versehener Quarzporphyr ausgebildet, bei welchem 
die relativen Mengen von Einsprenglingen und Grundmasse 
ziemlich schwankend sind, doch so, dass die Einsprenglinge 
stets überwiegen. Die Gemengtheile bestehen aus bis über 
centimetergrossen ziegelrothen Orthoklasen, weissen bis fleisch- 
rothen Plagioklasen, rauhflächigen grauen Quarzdihexaëdern 
und -Kornero und in geringer Menge aus einem weichen schup- 
pigen Mineral von dunkelgruner Farbe mit blaugrünem Strich. 
Daneben finden sich Häufchen und Putzen eines strahligen, 
anscheinend omphacitähnlichen, hellgranen Minerals. Bei grani- 
tischem Habitus bilden alle die genaunten Mineralien ein mittel- 











383 


” 


körniges Gemenge bei meistens etwas porphyrartiger Structur 
ohne jede Andeutang einer eigentlichen Grundmasse, aber es 
muss gleich hier betont werden, dass auch makroskopisch diese 
Aosbildungsform nicht nur in demselben Gangtheile, sondern 
oft sogar an ein und demselben Blocke durch die allmähligsten 
Uebergänge so innig mit echter Porphyrstractur verbunden ist, 
dass Granit und Porphyr ebensowohl vom rein petrographischen, 
wie vom geologischen Gesichtspunkt aus als ein und dasselbe 
Gestein aufzufassen siud. 

Untersucht man zunächst die rein granitischen Varietäten 
dieser Ganggesteine, so zeigt schon der erste Blick in’s Mikro- 
skop, dass man es nicht mit einem normalen Granite zu thun 
hat. Neben den meistens schon ziemlich trüben Orthoklasen 
in einfachen Krystallen und Carlsbader Zwillingen treten Pla- 
gioklase mit recht schiefer Auslöschung (im Minimum wurde 
6° auf oP, im Maximum 25° auf oo P x beobachtet) auf. 
Zumal die kleineren Individuen der einen wie der anderen 
Species sind in mikroskopischen Zugen parallel der Kante 
oP: © Pao resp. oc PX von feinen Quarskornerreihen durch- 
wachsen, welche in je einem Krystall unter sich optisch parallel 
orientirt sind. Gleichzeitig findet man sowohl um die Feld- 
spathe, wie auch um die Quarze herum büschelförmige Aggre- 
gate von Quarz und Feldspath angeschossen, die sich nicht 
nur durch verschiedene Grade der Farblosigkeit und Durch- 
sichtigkeit, sondern auch durch die Lage ihrer Hauptschwingungs- 
richtungen von einander scharf unterscheiden lassen. Auf den 
ersten Anblick allerdings und ohne Anwendung des polarisirten 
Lichtes hat man durchaus die Erscheinung von Spharolithen, 
wie sie sich in Pechsteinen und Obsidianen so gern an dia 
krystallinen Einsprenglinge ansetzen. Erst bei genauerer Unter- 
suchung zwischen gekreuzten Nicols erkennt man den funda- 
mentalen Unterschied, dass hier ein buschelformiges heterogenes, 
bei den vergleichsweise citirten Formen dagegen ein homogenes 
Aggregat vorliegt. — Die Quarzdihexaëder und -Körner dieses 
Gesteins haben in keiner Weise den Habitus der granitischen, 
sondern den der porphyrischen Quarze; sie enthalten Ein- 
schlüsse und Einbuchtungen der feinkörnigen Gesteinsgrundmasse 
in grosser Menge und typischer Ausbildung. Gleichzeitig führen 
sie reichliche Flussigkeitseinschlüsse mit beweglichen Libellen, 
die bei Temperaturerhöhung eine Volumveränderung nicht er- 
kennen lassen; Einschlüsse einer structurlosen Substanz, eines 
Gesteinsglases, wurden nirgends beobachtet. 

Neben den beschriebenen einsprenglingsartigen Mineralien 
treten in der feinkörnigen Grundmasse Gebilde auf, welche im 
gewöhnlichen Lichte aussehen, wie Feldspath-Individuen mit 
lagenartig wechselnden, recht wasserhellen und trube gekörnelten 


384 


Lamellen; die Anwendung des polarisirten Lichtes lasst darin 
sehr regelmässige Verwachsungen von Quarz und Orthoklas 
erkennen, bei denen die Lamellen je einer Substanz unter sich 
optisch und krystallographiech parallel liegen. Dass natürlich 
auch ganz regellose Gemenge dieser beiden Hauptgemengtheile 
des Gesteins, in zum Theil unregelmässig begrenzten Kornchen, 
zum Theil fasrigen Individuen vorkommen, bedarf keiner be- 
sonderen Betonung. Doch sind diese verbältnissmässig sehr 
selten und fast ausnahmslos erkennt man eine ausgesprochene 
Neigung zur Bildung regelmässiger Aggregatformen. Bei faser- 
artigem Habitus ordnen sie sich gern zu einseitigen, oder auch 
zweiseitigen, federfabnen-ähnlichen Gebilden oder aber sie gehen 
durch roh divergentradiala Formen in die zierlichaten, voll- 
kommen sphärolith-ähnlichen Aggregate über, wie sie buschel- 
formig d. b. als Sectoren von sphärolithartigen Kugeln an den 
Rändern der grösseren Krystalle aufsitzen. Die Unterschiede 
in der Erscheinung dieser Structurformen und der echten Spha- 
rolithe werden später eines Naheren besprochen werden. 

Bei mehr eigentlich körnigem Habitus des Gemenges der 
mikrokrystallinen Grundmasse entwickeln sich andere Aggre- 
gationsfurmen, unter denen am häufigsten eigenthümlich netz- 
artige Gebilde auftreten, deren Maschen ‘sehr spitarbombiech 
oder auch sehr stumpfwinklig dreieckig sind. Die Maschen 
des Netzeg bestehen dann ans wohl charakterisirtem, wasser- 
hellem Quarz in durchweg gleicher Orientirung, die Faden des 
Netzes dagegen aus farbloser, aber feinstgekörnelter Substanz, 
welche sich oft wie Feldspatb verhält, in anderen Fällen 
dagegen auch bei Anwendung der schärfsten Untersuchungs- 
methoden nicht die geringste Einwirkung auf polariairtes Licht 
wahrnehmen lasst. Trate dieser Fall nur sporadisch and par 
in einzelnen Präparaten auf, so läge die Annabme nahe, man 
habe auch hier Feldspatbkrystalle mit gesetzmässig eingelager- 
tem Quarz vor sich, die senkrecht zu einer optischen Axe ge- 
schnitten waren; die Häufigkeit der Erscheinung aber und ihre 
Wiederkehr in so vielen Präparaten zwingt zu der Anerkennung 
einer structurlosen Subatanz, eines Gesteinsglases, um so mehr, 
als ein solches in den mehr porphyrisch ausgebildeten Varie- 
täten deutlich nachweisbar, wenn auch nicht sehr massenbaft 
auftritt. 

Statt dieser netzformigen Aggregate begegnet man an 
anderen Stellen Verwachsungen von mikroskopischem Quarz und 
Feldspath, wobei diese Mineralien parallel fingerartig oder wie 
die Zacken zweier in einander geschobener Kamme in ein- 
ander greifen. Derartige Stracturformen erinnern ganz aus- 
nehmend an manche Chalcedon-Vorkommnisse; doch kann von 
einer stofflichen Identität mit solchen weder nach dem optischen 








385 


Verhalten derselben, noch auch nach der chemischen Zusam- 
mensetzung. des Gesteins die Rede sein. 

Nur in seltenen Fällen, nemhlich bei darchaus mittelkorni- 
ger Structur des Gesteins fehlen die beschriebenen Aggregat- 
und Structarformen ganz bis auf die baschelformigen Ansätze 
um die grösseren Krystalle, welche allenthalben beobachtet 
wurden. —. 

Ebe ich nun zur Besprechung der rein porphyrisch ent- 
wickelten Varietäten dieser Ganggesteine übergehe, möge hier 
nachgetragen werden, was das Mikroskop sonst zur Erkenntnisse 
der mineralogischen Zusammensetzung derselben beizutragen 
vermag. — Das dunkelgrüne schuppige Mineral ist ein in 
Säuren ziemlich leicht löslicher Chlorit, von dem sich hie und 
da aus seiner Umgrenzung nachweisen lässt, dass er sich zum 
Theil aus ursprunglicher Hornblende, zum Theil aus einem 
augitischen Mineral gebildet hat. — Die Untersuchung der oben 
erwähnten hellgrünen Putzen ergiebt, dass sie jedenfalls zwei 
verschiedenen Substanzen angehören. Die eine derselben ist 
im durchfallenden Lichte fast farblos und zeigt bei stengliger 
Structur and einer rohen Spaltbarkeit nach zwei sich nahezu 
unter 90° schneidenden Richtungen eine zu der Spaltungsaxe 
bald parallele, bald sehr schiefe Auslöschung ohne irgend welchen 
erkennbaren Pleochroismus; es ist ein Pyroxen. Die andere 
Sabstaoz ist hellgrün gefärbt, deutlich pleochroitisch zwischen 
dunkelgrün und grünlichgelb bis gelb, stenglig struirt mit einer 
sehr vollkommenen Spaltbarkeit parallel der Längsaxe der 
Stengel, welche zugleich einer Elasticitätsaxe entspricht. Man 
kann sie wohl nur auf Epidot deuten, wenngleich der exacte 
Nachweis für die Richtigkeit dieser Diagnose nicht gegeben 
werden kann. Dieses Mineral ist fast immer so innig mit 
Feldspath und nur selten mit Hornblende verbunden, dass ich 
es genetisch ale ein Umwandlungsproduct des ersteren ansehen 
muss. In zersetzteren Vorkommnissen des Gesteins durchzieht 
der Epidot dasselbe in Form kleiner Schnurchen und Trümer. 

Magnetit ist nur sehr spärlich vorhanden, Apatit wurde 
nicht beobachtet. — Bei der Zersetzung des Orthoklases bildet 
sich Glimmer, bei der des Plagioklases Kalkspath. 

Wenden wir uns nun zu denjenigen Varietäten dieser 
Ganggesteine, welche man auf Grund ihres makroskopischen 
Habitus unbedenklieh zu den echten Quarzporphyren würde 
stellen müssen, so lehrt eine mikroskopische Vergleichung der- 
selben mit den granitischen Ausbildungsformen, dass der Unter- 
schied zwischen diesen beiden lediglich ein gradueller ist, der 
noch dadurch jegliche Bedeutung verliert, dass alle ideell denk- 
baren Uebergange auch in Wirklichkeit angetroffen werden. 
Es finden sich hier genau dieselben Structurformen, wie sie 


— [Mi nn m BR _ © - m pen GER 


u e -  - 


386 


oben beschrieben wurden, und zu ihnen gesellen sich allmalig 
einige neue mit zunehmender Porphyritat, sit venia verbo. Neben 
den oben besprochenen spharolithartigen Gebilden, die ich der 
Kürze wegen als Pseudo-Sphärolithe bezeichnen will, begegnet 
man hier auch echten Spharolithen, die mit jenen durch keinerlei 
Uebergangsformen verbunden sind. Hier dürfte es nun auch 
am Platze sein, auf die wesentlichen Unterschiede zwischen 
diesen beiden Dingen aufmerksam zu machen. Bei den echten 
Spharolithen zeigen centrische Schnitte ausnahmslos ein vier- 
armiges Interferenzkreuz, dessen Arme nach meinen Erfahrungen 
steta den kurzen Diagonalen der Nicols parallel liegen und bei 
einer Drehung des Präparates während unveränderter Stellung 
der Nicols sich nicht bewegen. Es folgt aus diesem Verhalten 
bekanntlich, dass jede Faser eines solchen Sphärolithes jeder 
andern aquivalent sein muss, und dass in jeder die Elasticitats- 
axen parallel und senkrecht der Längsrichtung liegen müssen. 
Bei den heterogenen Aggregaten, welche ich als Pseudo- 
sphärolithe bezeichnet habe, ist die Anzahl der Arme der 
Interferenzkreuze eine wechselnde, bald vier, bald mehr, bald 
weniger und es fallen dieselben keineswegs immer mit den 
kurzen Diagonalen der Nicole zusammen. Die wechselnde 
Anzahl der dunklen Barren und ibre theilweise Obliquitat ist 
leicht verständlich. Wir sahen, dass ein vierarmiges Kreuz 
parallel den Nicolschwingungsrichtungen erscheinen muss, wenn 
bei einem homogenen radialstrahligen Aggregat in jeder Faser 
die Elasticitatsaxen parallel und senkrecht zu ihrer Langsaxe 
liegen. Man denke sich nun ein eben solches homogenes Aggre- 
gat, bei welchem in jeder Faser die Elasticitätsaxen unter 45° 
geneigt zu der Längsrichtung liegen und bringe dieses zwischen 
gekreuzte Nicols; man muss dann ein vierarmiges fixes Kreuz 
seben, dessen dunkle Arme um 45° gegen die kurzen Diagonalen 
der Nicols geneigt sind. Stellt man sich nun ein beterogenes 
radialstrahliges Aggregat vor, in welchem in regelmässiger 
Weise Buschel mit der zuerst besprochenen parallelen Aus- 
löschung mit solchen alterniren, welche die zweitbesprochene 
Auslöschung besitzen, so muss man zwischen gekreuzten Nicols 
ein. achtarmiges dunkles Kreuz erhalten, die Combination der 
beiden vierarmigen Kreuze, von denen das eine parallel, das 
andere um 45° schief gegen die Nicolhauptschnitte liegt. Andere 
Auslöschungsschiefen in der eineu Art der den Pseudosphäro- 
lithen componirenden Faserbaschel und weniger regelmässige 
Verwachsungen der beiden Arten von Faserbuscheln ergeben 
die hier im concreten Fall vorliegenden mannichfachen Inter- 
ferenzfiguren. Weniger wesentliche Unterschiede sind es, dass 
die echten Sphärolithe nach aussen durch eine scharfe Kugel- 
fläche gegen das Gestein hin abgegrenzt sind und nach innen 





387 


hie und da rein concentrische Schalenstructur zeigen, während 
far die Pseudosphärolitbe das absolute Fehlen der letzteren und 
ihre wenig scharfe Abgrenzung gegen die übrigen Gesteins- 
gemengtheile charakteristisch sind. 

Endlich aber finden sich neben den echten Sphärolithen 
und den pseudosphärolithischen Aggregaten von Quarz und 
Feldspath auch kugelig angeordnete Aggregate von Quarz- 
kornern und Feldspathkornern, welche nach meinen Be- 
obachtungen besonders haufig in schmalen Porphyrgangen oder 
in grosseren Porphyrmassen nach den Grenzen derselben hin 
aufzutreten pflegen. Auf diese Structurform, far welche die 
Vogesen ausgezeichnete Beispiele liefern und in welcher ich 
bis za einem gewissen Grade analog der Variolitstructur der 
Diabase nach GOümBEL eine endomorphe Contactwirkung glaube 
sehen zu müssen, möchte ich bei einer späteren Gelegenheit 
genauer eingehen. 

Von hobem genetischem Interesse scheint es mir nun zu 
sein, dass in den porphyrischen Varietäten der hier behandelten 
Ganggesteine eine amorpbe Grundmasse, ein Gesteinsglas, hie 
und da in pragnantester Weise entwickelt ist. Durch eine 
parallel- oder verworren-, meist aber rob radialfasrige Indi- 
vidualisation, die ich fur primar halten muss, geht diese in 
die oben geschilderten Aggregatformen über. In den selteneren 
Fallen, wo die partielle Individualisation mehr eine kornige 
bis blattrige ist, entsteben wohl Erscheinungsformen, welche 
man in die vieldeutige Rubrik des Mikrofelsites hineinbringen 
konnte. 

Aus dem Vorhergehenden ergiebt sich, dass die beschrie- 
benen Ganggesteine in ihren extremen Ausbildungsweisen bald 
einen echten Hornblendegranit, bald einen echten Quarzporphyr 
mit amorpher Grundmasse darstellen, während sie in ihrer 
typischen Entwicklung zwischen beiden in der Mitte stehen. 
Ich wurde auf diesen Fall, wenn er ein vereinzelter ware, 
kein allzu grosses Gewicht legen. Aber die Thatsache, dass 
die hier geschilderten Verhältnisse in manchen Gesteinen, die 
theils als Granite, theils als Porphyre betrachtet werden, bald 
in typischer Ausbildung, bald nur in Andeutungen wiederkehren, 
lasst es mir nothwendig erscheinen, solche Zwischengestéine 
bei ibrer hoben Bedeutung fur die Genesis der Granite und 
die Beziehungen dieser za den Quarzporphyren mit einem 
eigenen Namen zu belegen und ich schlage dazu den von dem 
allzu früb verstorbenen VoGELsang in ähnlichem Sinne ge- 
brauchten, aber soviel ich weiss noch nicht zur Aufnahme 
gelangten Namen „Granophyr“ vor. 

Um die chemische Constitution dieser Gesteine zumal in 
ihren Extremen kennen zu lernen, liess ich durch meinen 


388 


Assistenten, Herrn Dr. Unser, eine Analyse der durch und 
durch granitischen Varietät aus dem Andlauthale unterhalb 
Hohwald ausführen, welche das specifische Gewicht 2,627 
hatte, und ferner eine solche des entschieden perphyrischen 
Gesteins vom linken Gebange des Kirneckthales bei der Fon- 
taine Laquiante mit dem specifischen Gewichte 2,616. Das 
erste Gestein hatte die procentige Zusammensetzung unter I, 
das zweite die unter II.; daraus berechnete ich die Molecular- 
proportionen la. und IIa. 


I. Ja. IT. Il a. 
Si O, = 71,785.... 237,46 68,629 . . . . 227,07 
AL O, = 17,518 84,12 17,184 33,47 
Fe,O, = 2,279 ..... 2,84 3586..... 447 
FeO = 1,026 . ._ 2,84 0,204 ee | 00.0. 0,56 
Ca O = 1,892..... 6,76 2414..... 8,62 
MgO = 0,778..... 3,89 1,111 ..,.. 5,55 
K, O — 2,890 .. 6,14 3,667 . . 7,78 
Na,O = 92,045 ..... 6,60 2,110 ..... 6,81 
H,O = 0,818..... 9,09 1,066 11,84 


101,031 . . . . 309,74 99,971 .... 306,12 


Die Quotienten der Procentmengen durch die alten Aeqai- 
valentgewichte wurden, um übersichtlichere Zahlen zu erhalten, 
alle mit 100 multiplieirt. — Die Berechnung beider Analysen 
führt gleichmassig su einem Ueberschuss von mehreren Pro- 
centen Thonerde und in IJ. mit Sicherheit zu einem kleinen 
Ueberschuss von Wasser. Man könnte zur Erklärung dieser 
Thatsache annehmen, dass in der uberschussigen Thonerde 
das Product der Zersetzung einer bestimmten Menge von Feld- 
spath zu sehen sei. Bei näherer Betrachtung erweist sich eine 
solche Annahme indessen als unbaltbar, weil sie in Wider- 
spruch zu augenscheinlichen Verhältnissen steht; man wurde 
nebmlich gezwungen werden, nabezu 30°/, des gesammten Feld- 
spathgehaltes der Gesteine als kaolinisirt anzusehen, was ganz 
abgesehen von dem Augenschein, schon wegen des geringen 
Wassergehaltes, der zum Theil für Chlorit und eine 'kleine 
Menge von Eisenoxydbydrat beansprucht werden muss, undenk- 
bar ist. Es liegt näher, stimmt besser mit der mikroskopi- 
schen Beobachtung und hat mehr Wahrscheinlichkeit for sich, 
dass in beiden Gesteinen eine nicht stöchiometrisch zusammen- 
gesetzte Substanz, ein Gesteinsglas vorhanden sei, welches 
neben einem höheren Thonerdegebalt, als er den Feldspatben 
eignet, Kieselsäure und Wasser znsammen mit andern Monoxyd- 
basen führt. Die Menge derselben wäre in II. jedenfalls grösser, 
wodurch zugleich der höhere Wassergehalt trotz des anscheinend 





389 


frischeren Habitas und das geringere specitische Gewicht seine 
Erklärung finden würde. 

Ein weiteres sehr interessantes Beispiel für solche Grano- 
pbyre, also Zwischenglieder zwischen Granit und einer ge- 
wissen Abtheilang der Quarzporphyre scheinen in dem gleichen 
Gebirge die Quarzporphyre vom Rosskopf in ibreu Beziehungen 
zu dem Granit vom Neuengrünrain zu liefern; doch muse ich 
auf die Besprechung dieses Vorkommens, welches nicht ein 
gangformiges ist, sondern ein deckenformiges zu sein scheint, 
verzichten, weil die darauf bezüglichen Untersuchungen noch 
nicht ganz zu Ende geführt werden konnten. Statt dessen sei 
es gestattet, einige Beispiele von Granophyren aus andern 
Gegenden unzuführen, die gewies jeder Petrograph aus sei- 
nem Erfahrungskreise um weitere Belege wird vermehren 
können. 

Zu den schönsten alier Granophyre gehören die sogenannten 
rothen Porphyre (und Granite, wie LEOPOLD von Buch ganz 
richtig sie nannte) vom Luganer See. Ich konnte die Vor- 
kommnisse von Valgana und Maroggia in mehreren bald mehr 
porphyrischen, bald mehr granitischen Varietäten untersuchen, 
welche mir College BENROKE von seinem vorjährigen Aufenthalte 
in den Sudalpen freundlich mitbrachte. Wer eine irgendwie 
gute Suite dieser schönen Gesteine besitzt, wird an denselben 
aufs evidenteste alle die oben besprochenen Structurformen 
wieder finden. In den beiden oben citirten Aufsätzen von 
Micugz-Lévy finden sich sehr eingehende von Abbildungen be- 
gleitete Beschreibungen dieser Gesteine, mit denen meine Be- 
obachtungen in den meisten Punkten stimmen. Von deutschen 
Granophyren typischer Ausbildung nenne ich einige Gesteine 
von Alte Maass bei Herges, vom Fuchsstein bei Klein-Schmal- 
kalden, von Brotterode; alle drei haben einen mehr oder 
weniger granitporphyrischen Habitus und sind nach ihrer Zu- 
sammensetzung Granitite. In schmalen Gängen findet sich der 
Grauopbyr in dem Granitit von Triberg im Schwarzwalde in 
der Umgebung des Wasserfalls; unter gleichen Verhältnissen be- 
gegnet man ihm zwischen Haute-Goutte und Forsthaus Rothlach 
am nordwestlichen Gehänge des Hochfeldes in das Breusch- 
thal. Der sogenannte Pinitporphyr oder Pinitgranit von Oppenau 
ist ein Granophyr. 

Sehr deutliche Spuren der Granophyr-Structur zeigt der 
durch seine grossen Orthoklase bekannte Granit vom Fichtel- 
berg; ebenso der Granitit aus der Umgebung von Wechselburg 
im sächsischen Granulitgebiet. Ferner fand ich sie bei einem 
Granitit vom Radauerberg bei Harzburg, vom Rehberger Graben 
bei St. Andreasberg, in manchen Apophysen des Granititstocks 
von Barr- Andlau aus der Gegend von Niedermünster, in ei- 


390 


nem Granitit von Mont Yeu, Saone-et-Loire, und einem Masco- 
vitgranit vom Mont-de-Pébré, Var. 

Unter den nach ihrem makroskopischen Habitus zu den 
Quarzporphyren gestellten Gesteinen sind es besonders die 
Vorkommnisse von der Kirche Wang im Riesengebirge, von 
Zehren bei Meissen, von Lenzkirch im Schwarzwald und sabl- 
reiche Gänge aus dem Grauwackensystem am Hochfelde, welche 
zu den Granophyren gehören. 

Gewiss ist es nicht ohne Interesse, dass auch unter den 
Gesteinen des Bodeganges ein solches mit sebr schon ent- 
wickelter Granophyrstractur vorkommt. Es ist die feinkornige 
Varietat von der Blauen Klippe. Das Handstuck verdanke ich 
der Liebenswurdigkeit meines Freundes Lossen. 

Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass auch die 
von Fiscuer (L. J. 1868. 722) aufangs für organische Gebilde 
gehaltenen Structurformen im Granit vom Eckerthale am Harz 
bierher gehören. 








391 


B. Briefliche Mittheilungen. 


1. Herr Ts. Woır an Herrn G. vom Rarn. 
Hierzu Tafel IX. 


Guayaquil, 6. Juni 1876. 


Der erste Auftrag, welchen ich in meiner neuen Stellung 
ale Staats-Geologe von der ecuatorianischen Regierung erhielt, 
lautete dahin, die Provinz Loja geologisch zu untersuchen, 
mit besonderer Berücksichtigung der nutzbaren Mineralien. Die 
Regierung bewies durch die Wahl und den Vorzug dieser 
Provinz einen sehr richtigen Takt, denn dieselbe war erstens 
noch ganz und gar unbekannt und nie von einem Geologen 
untersucht, und zweitens ist sie in Bezug auf Bergbau unstreitig 
die wichtigste in der ganzen Republik. Meine Reise dauerte 
3 Monate und war, da sie gerade in die Regenzeit fiel, ausser- 
ordentlich beschwerlich. — 

Nehmen Sie vorlieb mit der beiliegenden Skizze einer 
geognostischen Karte der Provinz Loja. Die Provinz ist durch- 
aus gebirgig und es findet sich gar keine Ebene. Alles ist 
schroff, steil, zackig, und sie erinnerte mich mehr, als irgend 
ein anderer Theil der Anden, an die Alpenländer, obwohl kein 
einziger Berg in die Schneeregion reicht. Der höchste Punkt, 
der Guagra-uma (d. b. Ochsenkopf) *) im Norden der Provinz 
hat kaum 4000 Meter. — 

Der Hauptzug der Anden, oder die beiden Hauptcordilleren, 
welche hier keinen so regelmässigen Verlauf haben, wie in den 
nördlichen Provinzen der Republik, sich mehrmals nahern und 
zu Knoten verschmelzen (Knoten von Acayana, Cajanuma, 
Savanilla), bestehen aus Gneiss und Urschiefern in allen Va- 
rietäten, sind aber gegen Norden, gegen die Provinz Cuenca hin, 
fast ganz von alten Eruptivgesteinen bedeckt, und nur einige 
Schieferstocke ragen inselformig aus letzteren hervor. Die 
Quarzgange des Schiefers sind goldführend und wurden zum 
Theil schon von den Incas ausgebeutet. — Loja liegt in einem 
ovalen von bohen Schiefergebirgen eingefassten Hochthal, in 


*) Guagra (im reinen Kechua eigentlich huacra) bezeichnet das Horn, 
seit der Einführung des Rindes durch die Spanier aber auch das Horn- 
vieh, für welches ja kein Wort im Kechua existiren konnte. 


392 


welchem sich eine wenigstens 300 Meter mächtige Tertiar- 
formation abgelagert hat, — ein altes Seebecken. Schieferthon, 
Kalk, Lehm, Braunkoblen, Sandstein und Conglomerate siad 
die herrschenden Gesteine, in den ersteren fand ich Blatt-Ab- 
drücke dicotyledoner Pflanzen. — | 

Sechs Leguas südlich von diesem Tertiarbecken findet sich 
ein grösseres, das sich über die jetzigen Thaler von Malacatos, 
Vilcabamba und Viscobamba verbreitet, übrigens aber ganz 
dieselben Gesteine und sonstigen Verhältnisse, wie jenes von 
Loja, aufweist. Beide sind jedenfalls contemporar. Div Tertiar- 
schichten sind steil aufgerichtet und furchtbar durcheinander 
geworfen, besonders längs den Ketten der Schiefergebirge; ein 
Beweis, dass hier in verhältnissmässig jungen Zeiten noch 
grosse Niveau-Veränderungen in den Anden stattfanden, und 
wabrscheinlich fallt die letzte Hebung derselben in die nach- 
tertiare Zeit. — Im Norden von Loja stosst man auf ein 
grosses Granit-Massiv, welches von unzähligen Gransteingangen 
durchsetzt wird. Auch prachtvoller Pegmatit kommt vor. Es 
war das erstemal, dass ich in Ecuador eigentlichen Granit 
fand. Mehrere stockförmige Gänge trifft man auch im Glimmer- 
schiefer der Westcordilleren bei Loja; aber das interessanteste 
und grösste Granitgebirge liegt auf der Grenze zwischen 
Ecuador und Peru, und wird vom tiefen Thal des Rio Calvas 
durchschnitten, wodurch herrliche Profile aufgedeckt sind. Dort 
finden sich Granit, Syenit, Diorit, Quarzporphyr, dichter Felsit, 
Pegmatit, Porphyrit und allerlei dichte unbestimmbare „Grün- 
steine“, im buntesten Wechsel, in vielen Meter breiten Gängen 
und iu haarfeinen Adern sich durchdringend! Nie habe ich 
bis jetzt etwas ähnliches in Sudamerika gesehen! Doch alles 
dies, was eines Geologen Herz erfreuen kann, würde keinen 
Ecuadorianer rühren, wenn hier nicht auch noch andere Schätze 
verborgen lagen. Ich entdeckte hier bei Damanamaca sehr 
gute Goldminen. Die zersetzten Grünsteingänge im Granit 
führen reichlich feines (221/, karatiges) Gold in linsenförmigen 
Knötchen und Blättchen. 

Fast der ganze übrige Rest der Provinz Loja, die drei 
Cantone Zaruma, Paltas (Catacocha) und Calvas (Cariamangs), 
welche westlich vom Hauptzug der Anden liegen, besteben aus 
Grunsteinporpbyren, Diorit, Porphyrit, Diabas und verwandten 
Gesteinen, welche alle durch so viele petrographische Ueber- 
gange unter sich verbunden sind (dazu meistens durch und durch 
zersetzt), dass mir keine scharfe Trennung gelungen ist und 
ich sie vorläufig auf der geologischen Karte nur mit einer 
Farbe eintrug. — Erst im Westen der Provinz, wo sich die 
Gebirge allmalig gegen die Küste hinunter abdachen und 
niedriger werden, legt sich eine Zone Sedimentargesteiue an, 








393 


welche der Kreideformation angehoren und durch ganz West- 
Ecuador von S. nach N. laufen. 

Jenes ,Porpbyrgebiet“ nun ist sehr reich an Erzgangen 
verschiedener Art. Am wichtigsten ist der Golddistrict von 
Zaruma, in welchem aber 100 alıe, jetzt verlassene Gruben 
liegen, die nach der Conquista bis an’s Ende des vorigen 
Jahrhunderts abgebaut wurden, ohne dass auch nur eine ein- 
zige erschöpft worden wäre. Meist sind sie wegen ungeschickter 
Anlage der Stollen ersoffen. Alle Quarzadern sind dort gold- 
führend, aber das Gold ist nur 14 bis 18 karatig. Es scheint 
hauptsächlich an den reichlich vorhandenen Pyrit gebunden zu 
sein (wie ja auch in Nea-Granada), ist aber stets mikroskopisch 
fein and so zu sagen unsichtbar, bis es mit Quecksilber aus 
dem Gesteinspulver ausgezogen wird. — Ausserdem enthalten 
diese Gänge untergeordnet verschiedene Mineralien von Kupfer, 
Blei, Silber, Zink. Abbauwürdige Kupfererze finden sich bei 
Catacocha, und silberhaltiger Bleiglanz in der Nähe von Mala- 
catos. Am letzteren Ort fahren die Gänge viel Bleihornerz 
(Kerasin), ein sonst seltenes Mineral. Von sonstigen Mine- 
ralien im Grünsteinporphyr nenne ich noch: ausgezeichneten 
Kaolin in Nestern und bedeutenden Massen, Saponit und Bol 
als Spaltenausfallung, schönen lauch- bis apfelgrünen Agal- 
matolith (oder vielleicht dichten Pyrophyllit?) in Gängen, 
Xylotil in Adern, lagerartige Gänge von Hornblende und 
Magneteisen, Baryt, Kalk und Gyps. 

Zaruma hat noch eine grosse Zukunft, aber wohl erst 
dann, wenn eine Kolonie unternehmender Einwanderer kommt. 
Die Provinz Loja ist der am meisten zuruckgebliebene Theil 
der Republik. Es mag dies grösstentbeils daher rühren, dass 
von keiner Seite ein gangbarer Weg ins Innere führt, und die 
Bewohner vom Verkehr mit der Welt ganz abgeschlossen 
sind. — Es herrscht hier eine ganz aussergewöhnliche Wit- 
terung. Während es im Winter sehr wenig regnete zum 
grossen Nachtheil der Cacao-Erndte, haben wir jetzt, Anfangs 
Juni, da doch schon längst kein Tropfen Wasser fallen sollte, 
fast täglich starke Regengüsse und eine Hitze, wie man sie 
sonst nur im December und Januar gewohnt ist. — Ich muss 
schliessen, um meine Reise nach Cuenca vorzubereiten. 





394 


2. Herr Lepsivs an Herrn Dames. 


Strassburg i./Els. Juni 1876. 


Herr PLarz vertheidigt im ersten Heft des Jahrganges 
1876 dieser Zeitschrift von Neuem die Theorie Evie pe Bkur- 
Monts von der Hebung der Schwarzwald- Vogesen nach der 
Ablagerung des Unteren Bunten Sundsteins und greift meine 
Abhandlung über diese Frage (diese Zeitschr. 1875 pag. 83) 
heftig an, weil ich bei meinen Untersuchungen in Vogesen 
und Schwarzwald keine Wirkung dieser revolution du systeme 
du Rhin verspürt und in Folge dessen die Existeuz derselben 
gelaugnet hatte. Herr PLATz stellt bei dieser Gelegenheit 
mehrere Behauptungen auf, welche ich, soweit sie meine n- 
gaben betreffen, mit wenigen Worten berichtigen möchte. 

„Ueberall beginnen die jüngeren Formationen“ (d. b. vom 
Voltzien-Sandstein an) „erst in einer Entfernung von ca. 4 Meilen 
(28 Kil.) vom Steilabfall der inneren Seite in einem beträchtlich 
tieferen Niveau als die Hobe des Gebirges selbst.“ (pag. 115). 
Hätte Herr PLATZ nur einmal auf der Zaberner Steige den 
Kamm der Vogesen erstiegen, oder hätte er sich nur mein 
Profil No. 3. angesehen, welches den Kamm der Vogesen bei 
Zabern durchschneidet, so wüsste er, dass schon am Kreuzungs- 
punkt der Strassen nach Lützelstein und Pfalzburg Voltzien- 
Sandstein auf dem Unteren Bunten Sandstein concordant auf- 
gelagert ansteht; dieser Punkt liegt auf der Wasserscheide der 
Vogesen und genau zwei Kilometer vom Steilabfall des ost- 
lichen Gebirgsrandes entfernt. Statt dessen sagt Herr PLarz, 
dass meine Profile „nicht bis zur Wasserscheide auf der Höhe 
des Gebirges durchgreifen.“ (pag. 119). Der ganze nördliche 
Kamm der Vogesen vom Donon bis über Bitsch hinaus, eine 
Entfernung von ca. 50 Kilom., wird in ganz gleicher Weise, 
wie es das Profil von Zabern No. 3. angiebt, von den jüngeren 
Trias-Formationen überlagert. Mit Herrn PLarz’s eignen Worten 
zu sprechen, ist somit „die Evie pe Braumort’eche Theorie 
definitiv beseitigt.“ (pag. 115). 

In der grossen Bucht von Hochfelden sollen nach Hrn. Pıarz 
die Verwerfungsspalten am Fuss des Gebirges auf eine einzige, 
nämlich auf diejenige von Zabern-Neuweiler beschraukt sein ; 
dieselbe soll die Trias-, Jura- und Tertiar-Formationen des 
Hügellandes nicht durchschneiden. Sowohl in meiner Arbeit 
über den Bunt-Sandstein der Vogesen, als in einer jüngeren 
Schrift über die Juraformation des Unter-Elsass (Leipzig, 1875) 
habe ich nachgewiesen, wie ein ganzes System von Verwerfungs- 
spalten das Hügelland von Hochfelden durchsetzt, und wie 
dieselben sämmtlich in innigem Zusammenhange mit der Zabern- 
Neuweiler-Spalte stehen. Die Hauptspalte dieses Gebietes 


395 


lauft aber, wie ich gezeigt habe, in gerader Linie von Metzig 
nach Weissenburg. Die Existenz dieser Spalte läugnet mir 
aber Herr Puatz einfach ab, obwohl ein Bohrloch bei Hagenau, 
wenige Kilometer östlich der Oolith-Berge von Dauendorf und 
Pfaffenhofen in einer Tiefe von 290 M. nur Tertiär-Schichten 
erbohrte. (Vergl. meine Jura-Arbeit pag. 31). 

Wenn Herr PLarg auf die Denudation keine Rücksicht 
nimmt, daher die jetzigen Grenzen der Formationen als die 
ursprünglichen Strandlinien ansieht und wiederum behauptet, 
dass die Grenzschicht zwischen Oberem- und Unterem-Bunt- 
Sandstein auf dem Kamme des Schwarzwaldes seit der ver- 
meintlichen Bont-Sandstein- Hebung bis heute unberührt von 
der Denudation als oberste Schicht liegen geblieben sei (pag. 
132), so verstehe ich das nicht, und ich glaube, anderen geht 
es nicht besser. 

Die Schlüsse, welche Herr PLATz aus seinen zahlreichen, 
an und für sich sehr dankenswerthen Höhenmessungen zieht, 
kann ich hier übergehen, da Jedermann, ausser Herr PLATz, 
sofort sehen wird, dass dieselben auf falschen Voraussetzungen 
beruhen. Ueberdies sind sie für die vorliegende Frage von 
keiner Bedeutung, da diese weder auf der Ostseite des 
Schwarzwaldes, noch auf der Westseite der Vogesen, sondern 
allein an den inneren Wänden dieser beiden Gebirge entschieden 
werden kann. Aber diese Hauptsache, dieRhein-Ebene, be- 
rübrt Herr PLarz fast gar nicht. 

Als ich bei meinen Untersuchungen des Bunt-Sandstein in 
Vogesen und Schwarzwald nirgends eine Discordanz zwischen 
Unterem- und Oberem-Bunt-Sandstein entdecken konnte, und 
besonders als ich sah, dass an dem steilen Ostabhang der 
Vogesen und dem Westabhang des Schwarzwalds überall die 
jüngere Trias, Jura und Tertiar den Vogesen - Sandstein and 
das Rothliegende concordant aberlagerten, wie dies schon 
aus allen Profilen von DauBréE, KÖcHLIN - SCHLUMBERGER, 
SANDBERGER, VOGELGESANG, PLATZ u.a. klar hervorging, da war 
diese Beobachtung allein genügend, die Bunt-Sandstein-Hebung 
Eux pe Bgaumont’s zu läugnen. Auch Herr PLarz ist von der 
Concordanz zwischen Unterem- und Oberem - Bunt-Sandstein 
in der Rheinebne überzeugt. Herr Prarz müsste sich also 
vorstellen, dass der Untere Bunt-Sandstein im Rheinthal ganz 
anberührt von der grossartigen révolution du système du Rbin, 
wie eine allseits starre, unbeugsame Platte liegen geblieben, 
an den Rändern von den beiderseits aufsteigenden Gebirgen 
nicht im mindesten zerbrochen und verworfen wäre — denn 
sonst musste der Obere Bunt- Sandstein auf den verworfenen 
Partieen der Unteren Bunt-Sandstein-Decke discordant auflagern. 
In der That ist dies der Gedankengang des Herrn PLarz, um 

Leits. d. D. geel. Ges. XXVIII. 2. 36 


396 


die Concordanz zwischen Unterem und Oberem Bünt-Sandstein 
des Rheinthals mit der révolution du système du Rbhiu in 
Einklang zu bringen. Herr Puatz darf aber nun nicht in- 
consequent werden und behaupten, dass die Decke des Unteren 
Bunt-Sandstein an der Rheinthalseite der sich aufrichtenden 
Gebirge io ,treppenformigem Absturz* (pag. 112) abbrach: 
denn daran wird er selbst nicht glauben, dass sich auf dem 
» treppenformig“ abgebrochenen Unteren Bunt - Sandstein die 
jüngere Trias concordant auflagern konnte, 

Herr PLATZ nimmt eine zweite jungtertiare révolution an; 
als Folgen dieser bemerkt auch er ganz bedeutende Schichten- 
störungen: zu beiden Seiten der Rheinversenkung hängen die 
Trias-, Jura- und Tertiar-Formationen verworfen, gefaltet und 
versturzt in die Verwerfungsspalten. Trotzdem ist die Hebung 
der Schwarzwald-Vogesen und die Entstehung der Rbeiuspalte 
verursacht worden durch die révolution du systeme du Rhin, 
namlich durch diejenige Revolution, welche keine Spuren ihrer 
Exietenz hinterlassen hat; während die tertiäre Revolution nur 
der schwache Nachklang jener ersten sein soll, und doch weit 
gewaltigere Störungen bewirkt hat. 

Wenn Herr PLarz endlich schliesst mit den Worten: „Es 
wird daraus hervorgeheu, dass die von sammtlichen Local- 
kundigen ohne Ausnahme ausgesprochene Ansicht eine 
den Thatsachen entsprechende und wohlbegründete ist“, so 
muss ich mich über das kurze Gedächtniss des Herrn PLarz 
wundern. Er bätte sich erinnern sollen, dass im Jahre 1874 
auf der Versammlung des Oberrheinischen geologischen Vereins 
zu Freiburg die Herren Professoren Brneckk und Eck sich 
energisch gegen seine Annabme von der Bunt-Sandstein-Hebung 
erklärt haben. Ebenso auf der letzten Versammlung dieses 
Vereins am 11. Juni 1876 zu Baden-Baden stimmten alle an- 
wesenden Herren, ausser Herrn PLarz, meiner dort verthei- 
digten Ansicht bei, dass, abgesehen von Schichtenstörungen 
älterer Epochen, im sudwestlichen Deutschland nach Ablagerung 
des Unteren Bunt- Sandstein keine Gebirgsbildung stattfand, 
sondern dass 

das Gebirge der Schwarzwald-Vogesen seine 
jetzige Gestalt der Hauptsache nach erst zur Ter- 
tiär- Zeit erhalten hat. 


re 











397 


3. Herr H. Laspeyres an Herrn E. Weiss. 


Aachen, den 10. Juli 1876. 

In der Arbeit: ,,Ueber den bunten Sandstein in den 
Vogesen, seine Zusammensetzung und Lagerung‘ (diese Zeit- 
schrift 1875. Bd. XXVII. S. 83 ff.) giebt Herr Lepsius folgen- 
des Profil für Vogesen und Schwarzwald: 

Ueber dem Rotbliegenden, welches discordant auf noch 
älterem Gebirge rubt und im Wesentlichen aus Trümmerge- 
steinen der älteren Eruptivgesteine, namentlich der Porphyre 
besteht, folgen concordant: 

1) Dolomitbanke in arkoseartigem Sandsteine des Rothliegen- 
den, als Grensschicht zwischen diesem und der Trias; 
2) Unterer Buntsandatein oder Vogesensandstein (grès des 
Vosges, E. pz Beaumont), 
a. thonreiche, dunngeschichtete, selten aufgeschlossene 
Bänke, 
b. glitzernder, krystallinischer Sandstein, überall in 
Brüchen aufgeschlossen, 
c. Quarsconglomerat, s.g. Vogesenconglomerat, als obere 
Grenzschicht angenommen. 
3) Oberer Buntsandstein oder Voltziensandstein (grès bigarré 
de BEAUMONT), 
a. unterer, d. h. Uebergangsschichten, Wechsel der Ge- 
steine 2b. und 3b. 
b. oberer, d. h. eigentlicher Voltzien - Sandstein mit 
Pflanzen. (Röth.) | 
Daraber ebenfalls concordant liegen Muschelkalk, Keuper, 
Lias, Dogger und Malm. 

Die darch eine Reihe von Profilen illustrirten Lagerungs- 
verbaltnisse dieser Sedimente werden am Schlusse der Arbeit 
in folgende Worte zusammengefasst: 

„Sowohl die auf den äusseren Abdachungen der Vogesen 
und des Schwarzwaldes, als die in der Rheinebene liegenden 
Schichten der Trias und des Jura eind nur Reste von den 
darch eine nachjurassische — auf S. 95 Anmerkung nenut 
Herr Lepsios die bei dieser Hebung entstandene Rheinspalte 
eine zur Tertiärzeit entstandene — Hebung der Schwarzwald- 
Vogesen zerrissenen Formalionen, und vor diesem Zeitpunkte 
lagen diese Ablagerungen über den ganzen Raum des sudwest- 
lichen Deutschlands in concordanter Lagerung und in ununter- 
brochener Reihenfolge ausgebreitet.“ 

Herr Lepsius verwirft also die Ansicht E. De BEAUMoNT’s 
von der Erhebung dieser Gebirge in der Zeit zwischen dem 
Vogesensandstein (Rothliegendes nach Beaumont) und dem 
grès bigarré (Trias nach Beaumont), d. h. die Discordanz 


26 * 


398 


zwischen beiden Sandsteinbildungen, welche bei den suddeut- 
schen Geologen noch immer die massgebende geblieben ist. 

Auf meinen geognostischen Reisen im Schwarz- und Oden- 
walde, in der Pfalz und in den nördlichen Ausläufern der 
Vogesen in den Jabren 1862 bis 1865 habe ich im Wesent- 
lichen mit den Lersıus’schen Beobachtungen ganz congruente 
gemacht, sowohl in Bezug auf die Gesteine und deren Folge 
als auch namentlich in Betreff der Lagerungsverhaltnisse und 
der interessanten doppelten Rheinspalte vom rheinischen Schie- 
fergebirge zum Schweizer Jura. 

Nur habe ich nicht beobachtet, dass die Conglomerate 
im Vogesensandsteine in der Nähe dessen oberer Grenze ein 
bestimmtes Niveau behaupten; denn mir schiener sie ohne 
Regel aufzutreten. Ich will damit aber jetzt in keiner Weise 
die Richtigkeit der Lepsius’schen Beobachtungen in Zweifel 
ziehen, noch hier die Frage erörtern, ob es zweckmässiger sein 
wird, diese allerdings leicht auffindbare Zone oder die von 
den Baden’schen Geologen vorgeschlagene und bei den fisca- 
lischen Kartenpublicationen dafür in Anwendung gebrachte 
SANDBERGER sche Dolomit-Carneolbank, welche sich leichter 
versteckt, als Grenze zwischen oberem und unterem Bunt- 
sandsteine anzunehmen. 

Habe ich auch die Resultate der damaligen Beobachtun- 
gen in keiner Specialarbeit ausführlich dargestellt, so habe 
ich sie doch in Kürze in meiner Arbeit: „Kreuznach und Durk- 
heim a. d. Hardt“ (diese Zeitschr. 1867 Bd. XIX. S. 803 fl. 
und 1868 Bd. XX. S. 153 ff.) niedergelegt und mit einem 
Idealprofile (Taf. XV. Fig. 1.) erläutert, welches im Wesent- 
lichen mit dem Lgpsius’schen Profile (Taf. VI. Fig. 1.) über- 
einstimmt. 

Im Speciellen verweise ich auf folgende Satze meiner 
Arbeit: 

S. 887. ,,Wohl*) erst bei Beginn der Tertiarzeit entstand 
die grosse Versenkung der Rheinebene vom Schweizer Jura 
bis zum Taunus, die ein Meerbecken mit einer reichen Fauna 
wurde, dessen nördliche Hälfte man mit dem Namen des 
Mainzer Beckens zu belegen gewöhnt ist.“ 

S. 912 f. „Das Gebirge westlich von Dürkheim besteht 


*) Das „Wohl‘ bezieht sich darauf, dass Kreideformation, Eocän 
und Unteroligocän im Rheinthale noch nicht bekannt sind. Fehlen diese 
dort, so muss nach Ablagerung des weissen Jura Südwestdeutschland 
nicht mehr unter Meer geblieben sein, sei es durch völlige Ausfüllung 
des Jurameeres, sei es durch allgemeine Erhebung über den Meeresapie- 
gel. Die Bildung der Gebirge und des Rheinthales kann dann nur gleich 
nach dcr Unteroligocänzeit erfolgt sein und damit zugleich der Wieder- 
einbruch des Mitteloligocänmeeres in die dort entstandenen Senkungen. 








399 


aus der unteren Abtheilung des sudwestdeutschen Bunteand- 
steins, aus dem s. g. Vogesensandstein, der ausserhalb unseres 
Gebietes in der (segend von Pirmasenz und Waldfischbach 
concordant”) zuerst vom oberen Buntsandstein, dann vom 
Röth und zuletzt vom Muschelkalke bedeckt wird bei gerin- 
gerer Plateauhöhe.“ — — „Alle Triasschichten der Hardt haben 
ein ganz flaches Haupteinfallen nach Südwesten.“ „Im Spe- 
ciellen liegen sie aber horizontal oder flachwellig abgesetzt, 
conform dem Boden des alten Triasmeeres.‘* 

Ss. 916 f. ,,Die Grenzschicht zwischen beiden Formatio- 
nen (Rothliegendes und Buntsandstein) ist eine (im Speierbach- 
thale) bandhohe dolomitische Kalkschicht, der Vertreter des 
norddeutschen Zechsteines im Odenwald, Schwarzwald, Hardt 
und Vogesen (?). Die untersten Schichten des Bunten Sand- 
steins darüber sind daselbst ein Wechsel von dünnschich- 
tigen, rothen, grüngefleckten, feinkörnigen, thonigen, 1—10 
Fuss mächtigen Sandsteinbanken mit Thongallen — mit Schiefer- 
thonen — — “. 

S. 918 f. ,,Der Ostabfall der Hardt ist bedingt und ge- 
bildet durch die grosse linkerheinische Verwerfungskluft, die 
durchschnittlich mit 60— 70 Grad nach Osten einfällt und in 
fast allen Thalern dicht vor dem Austritte aus dem Gebirge 
deutlich beobachtet werden kann an dem unteren Thalgehange“. 
— — „Am Ostrande der Hardt fallen die Schichten im Hangen- 
den der Kluft ziemlich steil (bis 30°) nach Osten ein.“ — — 
„Diese Zone der hangenden Triasschichten am Gehange der 
Hardt ist meist nur schmal, — doch erreicht sie bei Albers- 
weiler die Breite einer Drittelmeile und bildet überall topo- 
graphisch den Fuss der Hardt,“ — — „Nördlich von Neustadt 
besteht die Zone zu Tage und so weit man sie unterirdisch 
kennt, nur aus den obersten thonigen, milden Buntsandstein- 
schichten, die bei Neustadt und westlich von Forst vom Muschel- 
kalke bedeckt werden, der nach Süden vielfach am Hardtrapde 
oft in ziemlicher Mächtigkeit anstehend bekannt ist und der 
sogar bei Albersweiler noch vom Keuper und unterstem Lias 
schwach bedeckt wird.“. ,, Alle diese Schichten bilden den 
westlichen Flügel der grossen versenkten Triasmulde zwischen 
Schwarzwald und Odenwald einerseits und Vogesen, Hardt, 
Pfalzergebirge andererseits, die das Rheinthal einnimmt und 
in deren Mitte der Rhein fliesst.‘ 

Herr Lersius hat diese Arbeit von mir nirgends citirt, 
sie scheint ihm (vergl. 8. 85) unbekannt geblieben zu sein, 
was jeder billig denkende Fachgenosse mit mir durch die 
Schwierigkeit, die jetzige Literatur zu beherrschen, entschuldi- 
gen wird. 


*) Vergl. 8. 915 Z. 6 und 5 von unten. 


Hegau 


Randen 


Schwarzwald Schwaben 


Rheinthal 


Vegesen 


Lotharingen 


- an. 


- 
ee 7 
ms * 
-- 
mm 


Epinal | 


NeBreisach Freibg. = 


\ Colmar 
% 


ae 





älteres Gebirge 


400 


Schon seit dem Beginne meiner Lehr- 
thätigkeit gebrauche ich in meinen Vor- 
lesungen das folgende, die eben eror- 
terten Lagerungsverhältnisse am einfach- 
sten wiedergebende Idealprofil*) von Osten 
nach Westen durch den Schwarzwald und 
die Vogesen zur Veranschaulichung zahl- 
reicher geognostischer und geographischer 
Erscheinungen (Concordanz, Discordanz, 
antikliner und synkliner Schichtenbau, Ver- 
werfungen, Ueberschiebungen, Hebungen, 
Senkungen, Denudation u. Erosion, Kamm- 
gebirge, Thal- und Seebeckenbildung und 
dergl. m.) Dasselbe ist so einfach, klar 
und lehrreich, dass ich es hier mit Hulfe 
des Holzschnittes einer weiteren Benutzung 
und Verbreitung empfehlen möchte. 

Wenn ich mit dieser Besprechung der 


W, gewiss von den meisten Geologen aner- 





mA kannten Arbeit des Herrn Lepsius nicht 


À schon vor Jahreefrist gleich nach Erschei- 


; uen derselben hervorgetreten bin, so liegt 


EN SLA dae daran, einerseits dass ich damals mit 









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alteres Gebirge 


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7 


P, bye andern Arbeiten zu sehr beschäftigt war, 
“- und andrerseits namentlich dass Herr Ler- 


sıus und ich in der Hauptsache völlig über- 
einstimmen, und dass es fur die Sache und 
Wissenschaft — wenn auch nicht fur die 
betreffenden Vertreter derselben, was Ne- 
bensache bleiben mass — ganz einerlei ist, 
von wem diese oder jene Beobachtung zu- 
erst ausgesprochen worden ist. 

Es wäre ja immerbin möglich, dass 
schon vor mir ein Anderer dieselben Be- 
obachtungen und Folgerungen daraus ge- 
macht hatte, was allerdings nicht der Fall 
zu sein scheint, da die besten noch leben- 
den Kenner der dortigen Gegend und ihrer 
Literatur keine Andeutung davon bringen. 

Ich entsinne mich nämlich noch sehr 
gut Ihrer Antwort auf die Zusendung mei- 
ner Arbeit über Kreuznach und Dürkheim. 
Sie schrieben mir damals, meine Mitthei- 
lungen über die Entstebung und das Alter 


*) Die Höhen mussten darin 3— 4 fach über- 
trieben werden; das Profil zeigt uns deshalb das 
Einfallen der Sedimente viel zu steil. 














401 


der Rheinthalversenkung hätten Sie besonders interessirt, sie 
mussen Ihnen mithin nea gewesen sein. 

Veranlasst werde ich zu dieser brieflichen Mittheilung 
aber heate durch die Arbeit von Herrn Puiatz in Carlsruhe 
über die Bildung des Schwarzwaldes und der Vogesen im 
neuesten, mir kürzlich zugekommenen Hefte dieser Zeitschrift 
(1876. Bd. XXVIII. S. 111 ff.) 

Dieselbe greift namlich die Richtigkeit der Beobachtungen 
und Schlüsse in der Arbeit von Herrn Lepsius, also auch mei- 
ner Arbeit, an und sucht durch sehr schatzenswerthe neue 
Beobachtangen in der Umgegend von Carlsruhe zu beweisen, 
dass diese neuen Ansichten über die Bildungen des Schwarz- 
waldes und der Vogesen falsch, die älteren von Herrn Lepsius 
und mir verworfenen dagegen die richtigen seien. 

Nach den letzteren, welche meistens die Früchte der 
E. pe Bgaumorr’schen Untersuchungen sind, soll nämlich der 
Voltzien-Sandstein (grés bigarré) mit Allem, was ihm concor- 
dant folgt, discordant auf dem Vogesensandsteine liegen und 
deshalb die Rheinthalversenkung mit den beiden Parallelgebir- 
gen sich zur Zeit nach Absatz des unteren und vor Absatz des 
oberen Banteandsteins im Wesentlichen gebildet haben, und 
our am Schlusee der Tertiärperiode soll eine zweite Hebung 
den beiden Gebirgen ibre jetzige Höhe gegeben und zugleich 
die Schichtenstörungen innerhalb des Rheinthales und der Vor- 
berge der beiden Gebirgsketten erzeugt haben. 

Auch Herr PLarz scheint meine Arbeit über diese Frage 
nicht zu kennen, denn er sagt auf S. 111: „Bisher haben 
sammtliche Geologen, welche sich mit Untersuchungen im 
Schwarzwalde and in den Vogesen beschäftigten, die von 
E. pz Bsaumonr aufgestellte Ansicht getheilt.‘ 

Es ist nicht die Absicht dieser Mittheilung, die Replik 
des Herrn Pıarz mit einer eben so eingehenden Duplik zu 
beantworten; allein die allgemeine Bemerkung, dass die Arbeit 
von Herrn Piatz nicht im Stande gewesen ist, mich in einem 
wesentlichen Punkte an der Richtigkeit meiner früheren Be- 
obachtungen und Folgerungen irre zu machen, etwas näher 
zu begründen, ist Herr PLATZ von mir zu fordern berechtigt. 
Ohne näher darauf einzugehen, scheint mir seine Beweisfüb- 
rang namentlich in zwei Hauptpunkten unzulänglich zu sein. 

Einmal bedenkt Herr Puatz nicht, was man auch noch 
so oft in den Arbeiten — namentlich Lehrbüchern — anderer 
Geologen unberücksichtigt findet, dass jeder sedimentären Neu- 
bildang eine im Volum mindestens eben so grosse Zerstörung 
älterer Gesteine, mögen diese sedimentärer oder vulkanischer 
Bildung sein, voran- oder parallel-gehen muss, und andererseits 
nimmt er die Sedimentbildung rein theoretisch als einen voll- 


402 


kommen horizontalen Absatz vollkommener Parallelmassen auf 
ganz ebenem Meeresboden und misst den ganz localen und 
untergeordneten Anomalien oder Störungen in den Lagerungs- 
verhaltnissen za viele und eben so grosse Bedeutung bei als 
den grossen und ausgedehnten Gesetzmassigkeiten. Eben so 
wenig man aus den Anomalien in der Bewegung der Planeten 
die KxpLer’achen Gesetze ableiten kann und eben so wenig 
diese Anomalien die letzteren zu widerlegen vermögen, eben 
so wenig kann man nach meinem Dafurbalten aus den localen, 
nicht einmal ganz sicher fixirbaren Lagerungsverhältnissen von 
noch nicht 2 Quadratmeilen die allgemeinen von etwa 1000 Qua- 
dratmeilen construiren, oder jene zur Widerlegung dieser be- 
nutzen. 

Dass sich Gesteinsschichten uber Tausende von Quadrat- 
meilen mit Mächtigkeiten von mehreren tausend Metern ab- 
setzen, ist wie Allen auch Herrn Puatz ganz geläufig, aber 
die Annahme, dass etwa 200 Quadratmeilen Gesteinsschichten 
von gleicher Mächtigkeit durch die Fluthben im Laufe der 
Kreide-, Tertiar-, Diluvial- und Alluvial-Formationen, also in 
etwa gleich grossen Zeiträumen, als jene Bildungen erforder- 
ten, spurlos fortgewaschen werden können und sein müssen, 
ist Herrn Puatz ganz undenkbar; er glaubt, sie führe za den 
bedenklichsten Folgerungen. *) 

Trotzdem ist es nach dem Obigen eiue unwiderlegbare 
Thatsache, dass auf der Erde seit der Urformation bis heute 
Millionen von Quadratmeilen um die Höhe von tausenden Me- 
tern durch die Wasser- und Luftfluthen abgetragen worden 
sind, denn so ausgedehnt und mächtig kann man auf jeden 
Fall im Durchschnitte die sedimentare Hulle der Erde rechnen, 
welche ibr Material allein durch mechanische und chemische 
Erosion und Denudation von pyrogenen Ur- und Eruptiv-Ge- 
steinen erhalten baben muss. 

Zweitens nimmt Herr PLATZ die Concordanz und Diecor- 
danz der Schichten mathematisch genau, bestimmt sie aber in 
einer Gegend, wo alle Schichten so flaches Einfallen haben, 
dass die Bestimmung mit Compass und Gradbogen nicht aus- 
führbar ist (S. 123), und auf eine, wie mir scheinen will, 
nicht ganz zweifellose Weise durch Ermittelang der Form und 


*) Die jetzige Verbreitung einer Formation, wie sie unsere geolo- 
gischen Karten veranschaulichen, darf Niemand, wozu allerdings vielfach 
Manchen schlechte Lehrbücher oder populäre Darstellungen gern verlei- 
ten, für die wirkliche Ausdehnuug des Meeres zur Zeit dieser Formation 
ansehen, denn sie giebt uns nur die minimale Ausdehnung des gewiss 
ungleich grösseren Meeres an. Wie weit die Trias das rheinische Schiefer- 
gebirge bedeckt hat, wissen wir nicht, dass sie es zum grossen Theil ge- 
than hat, deutet die Trias zwischen Trier und Düren durch die Eifel an. 





403 


Lage einer leicht ri bts und auffindbaren Schicht der bei- 
den in Bezug auf ihre Concordanz bez. Discordanz zu prüfen- 
den Formationsglieder oder Formationen mittelst der Bestim- 
mung der absoluten Höhenlage möglichet vieler Punkte dieser 
Sebichten.*) Die ermittelte Form und Lage der verglichenen 
Schichten stellt er auf einer Karte durch aequidistante Streich- 
linien dar. 

Die obere Grenzflache des unteren Bantsandsteins (Carneol- 
bank Saxpseragr's) bildet nach diesen Bestimmungen zwischen 
Alb- and Pfinzthal bei Carlsruhe einen ganz flachen, halbellipti- 
schen Sattel, welcher nach NW. in hor. 11 mit 2° 47, gegen 
NO. in hor. 5 mit 0°34’ und gegen O. mit 3° 56’ Einfallen 
zeigt. Die obere Grenzfläche des oberen Buntsandsteins ist 
daselbst ziemlich eine Ebene mit 0° 30 — 40’ Einfallen in 
hor. 1% nach NNO. Hieraus leitet Herr Puatz die allgemeine 
Discordans beider Formationsglieder uud zwischen beiden die 
Bildung der Rbeinspalten ab. 

Wenn die angewandte Methode richtig wäre, wenn alle 
Sedimente vollkommene Parallelmassen wären und sich auf 
einem vollkommen horizontalen Meeresboden stets gebildet hät- 
ten, wenn die späteren Dislocationen, überhaupt alle Kräfte, 
überall gleichartig auf jeden Theil derselben Schicht gewirkt 
hätten, wurden die Beobachtungen und Schlüsse des Herrn 
PLatz völlig richtig sein. Allein da die Voraussetzungen nicht 
erfüllt werden, ist auch die Folgerung daraus nicht zulässig. 
Auf diese Weise wurde man weder im Grossen noch im Klei- 
nen irgendwo Concordanz finden. So giebt Herr PLATz selber 
eine Discordanz zwischen oberem Buntsandstein und Muschel- 
kalk bei Carlsruhe an, denn die Grenzfläche zwischen Wellen- 
dolomit und Wellenkalk ist eine Ebene, welche in hor. 102 
mit 0° 46 — 50’ nach NW. einfällt; die Grenzfläche zwischen 
dem dortigen Wellenkalk und Anhydritgruppe eine in hor. 32 
mit 1° 21’ NO. einfallende Ebene; die Grenzfläche zwischen 
Anbydritgruppe und oberem Muschelkalk eine hor. 10 NW. 
mit 0° 59° einfallende Ebene. 

Bei der langsamen Bildung der Sedimente auf einem 
Meeresboden, welcher von Anfang an, wenn nicht gebirgig, so 
doch mindestens hügelig sein muss und stets — aber nie 
genau in demselben Sinne und gleicher Stärke — bleiben wird, 
weil die wechselnden Meeresströmungen bier Material fortfüh- 
ren, dort anhäufen, weil die Flussmündungen, welche alles 


*) Wer bürgt dafür, dass die Continuität dieser Schichten nicht durch 
noch unbekannte Sprünge, Auswaschungen mit Einstürzen und andere 
locale Einflüsse aufgehoben worden ist? (vergl. Prarz 1. c. 8. 123 2.4 ff. 
von oben.) 


404 


Material dem Meere zuführen, ungleichmassig am Ufer ver- 
theilt sind, werden die Schichten in zwei Formationen oder 
Formationegliedern, welche in demselben Meere, aber zu weit 
auseinander liegenden Zeiten, ohne dazwischen eingetretene 
Dislocation sich gebildet haben, weder vor noch nach ihrer 
gemeinsamen Aofrichtung parallele aequidistante Streichlinien 
haben. 

Jeder aufgeschichtete Eisenbahndamm zeigt ein zwar kunst- 
liches, aber gut zutreffendes Analogon im Kleinen. 

Dieselben Schlüsse kann man auch aus der Beobachtuug 
der wechselnden Mächtigkeit der Schichten oder Glieder der- 
selben Formation ziehen, in Folge welcher die Unter- und 
Oberflächen eines Formationsgliedes nicht parallel sind. Nie- 
mand wird zur Erklärung dieser überaus häufigen That- 
sache ein stetes Schaukeln einzelner Theile der Erdrinde an- 
nehmen. 

Aus den Beobachtungen von Herrn PLarz kann ich nur 
grade das Gegentheil von dem ableiten, was er zu beweisen 
sucht. Die Triasschichten (und zugleich das Rothliegende und 
die Juraformation) liegen um Schwarzwald und Vogesen berum 
im grossen Ganzen concordant. Die Entstehung der beiden 
Gebirge und der zwischenliegenden Rheiuspalte kann somit 
nor eine nachjurassische, vermatblich oligocane, sein. 

Selbst wenn man die von Herrn Prarz abgeleitete Ver- 
anderlichkeit der Lage der Grenzflachen alé Discordanz durch 
Hebung und Senkung gelten lassen wollte, so könnte man mit 
Hilfe dieser unbedeutenden, mit blossem Auge und Compass 
mit Gradbogen nicht ermittelbaren Dislocation wohl nicht die 
grossartige Bildung beider Gebirge erklären. 


405 


Ed 


4. Herr K. A. Lossen an Herrn E. Weiss. 


Harzburg, den 12. August 1876. 


Wie Du weisst, ist das auf der Ostseite der Brocken- 
Granit- Masse belegene Harzgebiet der bauptsächliche Gegen- 
stand meiner diesjährigen geologischen Kartirung. Bei dersel- 
ben stiess ich unter Anderem auf die Quarz-Porphyre 
von Hasserode, welche die von F. A. Rogmer colorirte 
Prepiser’sche Harzkarte (IItes Blatt: Wernigerode) 1 : 50000 
an vier Punkten westlich und südwestlich des genannten Ortes 
in der Nahe der Granit-Grenze als „rothe Quarzporphyre“ an- 
giebt. STRENG *) hat die Gesteine unter diesem Namen zu- 
sammen mit den Porpbyren der Umgegend von Lauterberg, 
mit dem Auerberg-Porphyr und dem von Ludwigshütte mono- 
graphisch beschrieben und in seiner sorgfältigen Weise chemisch 
analysirt, während C. F. Jascuz, der mebrere Menschenalter 
hindurch so würdig die Geognosie in der Grafschaft Werni- 
gerode vertrat, wohl zuerst die Aufmerksamkeit auf das geolo- 
gische Vorkommen gelenkt hat. Da, wie schon STRENG geahnt 
und ich durch meine Untersuchungen am Bode-Gang bewiesen 
habe, die rothen Quarzporphyre des Harz nicht alle die glei- 
che geologische Werthigkeit besitzen, indem den postgraniti- 
schen achten Quarzporpbyren des Auerberges und Ravenskopfes 
u a. aus der Zeit des Rothliegenden die Porphyr-Facies des 
Ramberg-Granites im Bodegang (Ludwigshütte u. e. w.) aus 
der oberen (productiven) Carbonzeit scharf geschieden gegen- 
übersteht, war ich von vornherein gespannt, welche Wertbig- 
keit die Hasseroder Porphyrformation haben möchte. Um so 
mehr durfte ich dies ohne subjective Voreingenommenheit sein, 
als JASCHE in seinem Hauptwerke (Die Gebirgsformationen in 
der Grafschaft Wernigerode u. 8. w. 1863. S. 19) von den in 
Rede stehenden Porphyrbildungen sagt, dass sie „sich unmit- 
telbar an die Granitgebilde anschliessen und damit in Verbin- 
dung stehen“. Nach seiner kurzen und nicht ganz klaren Be- 
schreibung soll man auf der Gesteinsscheide zwischen Granit 
und den mehr oder weniger veränderten Sedimentschichten in 
losen Stücken oder anstehend einen Saum von Porphyr wahr- 
nehmen, der haufig, wie der angrenzende vom Ilsenstein nach 
dem Holzemme- Thal ziebende Granit, krystallinische Schörl- 
Partien eingesprengt enthält. Srrenc**) bezeichnet diese Auf- 
fassung des räumlichen Verhaltens zwischen Granit und Por- 
pbyr nur fur die nördlich gegen Ilsenburg hinzu gelegenen, 


*) Leosu. Neues Jahrb. 1860. 8. 129 ff. 
“) Lc. 8. 137 bis 139. 


406 


thatsachlich Schörl fubrenden Porphyr-Gesteine als moglicher- 
weise zutreffend, fügt aber sofort hinzu, dass diese gewiss 
nichts anders seien, als der an seiner Peripherie Porpbyr-artig 
entwickelte Granit mit einer keineswegs dichten, sondern 
krystallinisch-körnigen Grundmasse (Gestein vom Cantorkopf 
l. c. S. 139). In dieser Gegend giebt die Roemer - Prepicee'- 
sche Karte auch nur Granit an. Für die südlicher gelegenen, 
für das unbewaffnete Auge wenigstens schörlfreien Porphyre mit 
achter Grundmasse dagegen macht er ein Gang-formiges Auf- 
treten theile im Granit (Hohenstein), theils in den Schicht- 
gesteinen und nicht in directer Berührung mit dem Granit 
(Bielstein, Hippeln) geltend. So erscheinen deun auch diese 
letzteren Vorkommnisse auf der RoEMER-PrepiGER’schen Karte 
mit Ausnahme des aus dem Granit nicht besonders ausgeschie- 
denen Vorkommens in der Hohenstein-Klippe gleich den jüngeren 
Grauen und Schwarzen Porphyren des Harzes als rundliche 
oder elliptische Durchbruchstellen im Schicht-Gebirge. 

Meine eigenen Beobachtungen haben zunächst nun dar- 
gethan, dass diese Darstellung der genannten Karte insoweit 
mangelhaft ist, als es sich hier, gleichwie dies Herrn Beynicu's 
und meine Untersuchungen für die eben berührten jüngeren 
Eruptivgesteine längst nachgewiesen haben, nicht um locale 
Durchbruche, sondern um weiterhin fortsetzende schmale gang- 
formig erfüllte Spalten handelt. Während diese Grauen, kiesel- 
saurearmeren (chemisch und mineralisch bis zu einem gewissen 
Grad dem Ilfelder Porphyrit verwandten) Quarzporpbyre und 
Schwarzen Labrador- Melaphyre westlich, östlich und sudlich 
von Wernigerode mit nur geringen Abweichungen in der Nord- 
sudrichtung gegen Elbingerode hinzu und darüber hinaus NWN. 
—SOS. durch den ganzen mittleren — zwischen den Haupt-Gra- 
nit-Stöcken gelegenen und desbalbganz besonders gestörten — 
Schichtenbau des Harz quer hindurchsetzen und hierin mit dem 
Gangspaltensystem des Auerberg übereinkommen, streichen die 
Spalten der Hasseroder sauren Quarzporpbyre sammtlich fast NW. 
—SO., d. h. nahezu in der Richtung der Gebirgsaxe, welche zu- 
gleich die Richtung ist, in der die Granit-Stöcke hintereinander 
gereibt auftreten und die auch im Längsdurchmesser des Ramberg- 
Granites, in dem am meisten nach dem Brocken vorgeschobenen 
Theile (Ludwigshütte - Wendefurt) des Bode- Ganges, in der 
Stecklenberger Apophyse und in dem Verlauf des sogenannten 
Ilsenburger Granites, d. b. des zur porphyrartigen Structur 
hinneigenden NO.-Randes des Brocken-Granit-Massivs, sowie 
endlich in einer der beiden herrschenden verticalen inneren 
Ablösungs- (Rückzugs-) Flächen des Granits wiederkebrt. 

Liegt schon hierin ein Moment für die Zutheilung dieser 
Quarzporphyre zur Porphyrfacies der Granite des Harz, so 





407 


spricht dafur fernerbin, dass es niemals gelingen wollte einen 
dieser Porphyr-Gänge in den Granit hineinzuverfolgen *), wäh- ° 
rend die Mehrzahl derselben bis nabe oder aber — im Wider- 
sprach zu Srrene’s Angaben — bis hart an die Grenze des 
Granites nachgewiesen werden konnte, andere (z. B. oberhalb 
Oehrenfelde) dieser Grenze parallel streichen. 

Es laufen also diese Spalten von der Nord-Ostgrenze 
des Brocken-Granites dem Bode-Gang entgegen auf 
den Ramberg hinzu, gleichwie dieser den letztgenannten 
und den Stecklenberger **) Gang brockenwarte entsendet. Der 
Umstand, dass Thal- Alluvionen und der Gebangeschatt mir 
bisher nirgends gestatteten, ganz so handgreiflich wie am 
Bode-Gang das Auslaufen der meist sehr schmalen Apophysen 
im festen ungebrochenen Anstehenden zu beobachten, 
ist einstweilen eine, vielleicht noch durch Scburfe zu beseitigende, 
Lucke in der Beweisführung, dürfte jedoch den voraufgegangenen 
und folgenden beweisenden Thatsachen gegenüber kaum als 
solche fablbar sein. 

Zunächst kann ich fernerhin Jascus’s und Staung’s Beob- 
achtungen am Cantorkopf u. s. w. insoweit vervollständigen, 
als in der That auch Tarmalin und zwar speciell den gleichen 
schwarzen Schörl wie der Grenzgranit führende Porphyr- 
gange***) in ganz gleicher Weise und ‚Richtung an die 
Granitgrenze heransetzen, wie die so eben besprochenen wenig- 


*) Das bereits von Hausmann aufgeführte und von Strene abermals 
untersuchte und auch analysirte Vorkommen eines Porphyr-Ganges (?) 
im Granit einer der Hohnstein-Klippen zwischen Hasserode und den Hohne- 
klippen habe ich mit meinem Collegen Kayser in Augenschein genommen. 
Es ist eine parallel der SO.-NW. Absonderung des Granites eingeschaltete, 
etwa 1/, Fuss breite Platte eines porphyrischen bis feinkörnigen porphyr- 
artigen, jedenfalls nicht durchweg mit dichter Grundmasse ausgestatteten 
Gesteins, das ganz so erscheint, wie manche sehr feinkörnigen Granit- 
Gänge (?) im gröberen Granit anderer Gebirge, und so hat denn auch schon 
Stnens gerade dieses Vorkommen trotz seines für das blosse Auge unvermit- 
telten Structurüberganges lieber dem Granit zuzählen wollen, womit wir uns 
nur um so mehr einverstanden erklären können, als derartige, wenn auch 
nicht so extrem ausgebildete, zonenweise auftretende Structurwechsel in 
dem peripherischen Theil der Granit-Stöcke (z. B. im Einhang des Stein- 
bachthales an der neuen Chaussee von Thale nach Friedrichsbrann, am 
Fahrweg zwischen Bielstein und Renneklippe) häufiger gefunden werden 
und eine weitere Fortsetzung dieses Vorkommens im Granit selbst oder 
in das Schichtgebirg hinein nicht beobachtet worden ist. 

“) Vergl. diese Zeitschrift XXVII. Bd. 1875 S. 454. 


”*) Es kommen indessen wohl auch Stellen vor, wo periphe- 
rische Randstücke des Granite dichte Grundmasse entwickelt zeigen, wie 
ich dies, geführt von meinem liebenswürdigen orts- und sachkundigen 
Freunde, Herrn Director Wesens in Ilsenburg, an der Grenzscheide zwi- 
schen Granit und Quarzit auf dem Ostufer der Ilse unterhalb der Restau- 
ration zur Prinzess Ilse beobachten konnte. 


408 


stens dem unbewaffneten Auge schörlfrei erscheinenden Porpbyr- 
" gange. Schörlführende Quarzporphyre weisen gewiss 
an sich schon durch diesen charakteristischen Uebergemeng- 
theil auf Porphyrfacies des Granit hin und so haben denn auch 
bereits Fournsst und vom Rarx (letzterer wenigstens vermu- 
tbungsweise), die elbanischen Gänge ihrer geologischen Wer- 
thigkeit nach als dem Granit des Monte Capanne zugehörig ange- 
sprochen, andere Autoren, wie STuper, Naumann dieselben we- 
niger präcise geradezu Granit genannt. Wenn Du nun aber den 
gewiss nicht zufälligen Umstand erwägst, dass gerade die schörl- 
führenden Porphyrgänge westlich von Hasserode auf den be- 
sonders schörlreichen Granitrand zwischen Ilsenstein und Cantor- 
kopf stossen, die südlicheren anscheinend schörlfreien Porpbyr- 
gänge hingegen auf den normalen oder, wenn schörlfährend, 
jedenfalls sebr schörlarmen Granit, so wirst I!u mir beistimmen, 
dass auch diese Vertbeilung die Zugehörigkeit der wohl an den 
Granit heran nicht aber in ihn hineinsetzenden Gänge zum 
Granit sehr befürwortet. 

Der Turmalingehalt führt uns zu der petrographischen 
Natur der Ganggesteine. Hier verdient hervorgehoben zu werden, 
dass dieselben Mineralien: dieselben fleisch- bis ziegel- 
rothen und grünen Feldspäthe, derselbe graue Quarz, derselbe 
schwarze Glimmer, wie sie dem Brocken-Granit eignen, 
auch die normalen porphyrischen Einsprenglinge der Gang- 
gesteine bilden, wahrend im Bode-Gang Feldspäthe und Glimmer 
des Ramberg- Granit daheim sind. Die Quarzkrystalle sind 
meistens auffallend rund bis zum Kugligen, selten, dass man 
ein schärfer contourirtes Dibexaéder erblickt; auch die rectan- 
gulären länglichen Feldspathe haben meist abgerundete Kanten; 
hie und da werden auch die Quarze walzig, statt kuglig und 
dann kann man wohl den Parallelismus zwischen den Langs- 
axen der Quarze, Feldspäthe und Glimmerblättchen auf kurze 
Erstreckung am Handstück verfolgen. Solche auf Fluidal- 
textur weisende Erscheinungen, denen noch gebänderte oder 
wellig knotig um die Einsprenglinge geschmiegte Porphyraus- 
bildung anzureihen ist, sind auch den dichten porphyrischen 
Salbandern des Bode-Ganges nicht fremd. An dieselben Sal- 
bander erinnert auch die zuweilen beobachtete Erscheinung, 
dass ein schmaler Ring besonders nuancirter Grandmasse cocar- 
denformig die porphyriscben Einsprenglinge umzieht. 

Neu und genetisch wichtiger ist dagegen der Umstand, dass 
fast sämmtliche Gänge von einigermassen längerer Erstreckung 
eine mehr oder minder verbreitete Gesteinsvarietat erkennen Ias- 
sen, die bereits dem blossen Auge erkennbare Sphaerolithe 
enthalt von der Grösse einer Erbse und darüber bis zu hirsekorn- 
artigen kleinen, in der Grundmasse verschwindenden Bällchen. 











409 


Das Mikroskop wird unzweifelhaft die Verbreitung der Spbae- 
rolithe in diesen interessanten Gesteinen erst recht kennen leh- 
ren und namentlich ihre Antheilnahme an der im Uebrigen bald 
ganz dichten horusteinartigen, bald mehr feinkörnigen bis fein- 
kornig-strabligen und danu häufig etwas drusigen Grundmasse. 

Vorlaußg sind nur 2 Schliffe besonders interessanter, Tur- 
malin und grössere Sphaerolithe führender Gesteine 
angefertigt, die aus dem ausgezeichnetsten dieser Gänge stammen, 
der am Cantorkopf aus dem Granit austritt und nördlich vom 
Gipfel des hinteren Meineberges, dann quer über den Kamm 
des vorderen Meineberges und durch das Sandthal hinuber 
nach dem Gipfel des Sienberg in nach der Luftlinie gemessen 
2000 Schritte langer Erstreckung verläuft. Da liegen im 
Gestein vom Sienberg die zierlichen fleischrothen deut- 
lich radial gebauten, wohlgerundeten und oft convex hervor- 
tretenden Kügelchen, die wir bei der Entglasung unseres künst- 
lichen Glases entstehen sehen, welche die Natur im trachyti- 
schen Lavenglas noch fortwährend erzeugt, die Du so wohl 
kennst in Deinen herrlichen Handstacken aus den Porphyren 
des Thüringerwaldes, dicht gedrängt eingebettet in ein schwärz- 
liehes, äusserst feinkornigea, jedoch nicht ganz dichtes Schorl- 
felsgestein, das sich unter dem Mikroskop in wasserhellen 
Quarz, buschligstrablig gruppirten Turmalin und mehr oder 
weniger dazwischen verstreute Flöckehen, Wolkchen oder win- 
zige Bälichen gelblich felsitischer Masse auflost. Die meisten 
derselben umschliessen ein sehr gerundet dihexaédrisches Quarz- 
korn, seltener ist ein Feldspathkorn der Ansatzpunkt des etrab- 
lig faserigen Spharenbaus. Ganz wie bei dem Obsidian von 
Lipari oder den granen Sphaerolith - Porpbyren des Auerberg- 
Spaltensystems siehst Do die Kugeln bald regellos wirr sich 
drangen, bald streifig parallel gereiht bandformig mit der 
schwärzlichen turmalinreichen Gesteinsmasse wechseln, bald 
bis zur Mischung der Farbentöne innig zwischen dem Schörl- 
Quarz-Gemenge versteckt. Die allerkleinsten zwischen Quarz 
und Turmalin eingeklemmten Sphaerolithchen lassen oft auch 
im polarisirten Licht keine Radialstructar und kaum Farbenwir- 
kung erkennen, die grösseren und insbesondere die schon dem 
blossen Auge sichtbaren sind zumeist so deutlich radial gebaut, 
dass man dies schon obne Polarisation, ja haufig am Hand- 
stack auch ohne Loupe wahrnimmt. Zuweilen vermeint man, 
zumal bei rasch aufeinander folgender Beobachtung im darch- 
fallenden zerstreuten Licht und dann mit umgedrehtem Spiegel, 
zweierlei Substanz, eine durchsichtige wasserhelle und eine 
opakere feldspathähnliche za seben, wie Da dies ja bei thürin- 
gischen Quarzporpbyren ebenfalls glaubst bemerkt zu haben. 
Im polarisirten Licht ist die Radialstructur prachtvoll, nicht 


410 


selten unter Auftreten des schwarzen Kreuzes der centrisch- 
radialen Sphaerolithe; doch nicht stets laufen alle Radien di- 
rect auf ein Centrum, sehr oft setzen keilformige Buschel von 
verschiedener Lange die Kugelgestalten zusammen. Was man 
bei vielen Sphaerolithen des Turmalin führenden Gesteins vom 
Ende des Ganges auf dem Sienberg ahnt: eine wirkliche 
Zusammensetzung aus Quarz- und Feldspatb-Individuen, das 
enthüllt der Dünnschliff des Gesteins aus dem mittleren 
Verlauf desselben Ganges vom Meineberge in stren- 
ger Gesetzmässigkeit.*) Die den Turmalin in kleinen Drusen 
mehr zerstreut, als in dem ganzen Gemenge führenden, sehr 
dem Granit im Habitus genäherten, kaum noch ächt porphy- 
rischen Gesteine lassen schon mit der Loupe oder mit scharfem 
Auge, zumal im angewitterten Zustand zwischen der halb 
kornigstrabligen balb dichten Grundmasse und den Einspreng- 
lingen oder ringsum diese letzteren blumig blattrige Feldspath- 
Rosetten mit eingewachsenem Quarz wahrnehmen, die unter 
dem Mikroskop einen wunderbar schönen Anblick Schriftgranit- 
ähnlicher Aggregation gewähren. An einzelnen Stellen des 
Schliffes sieht man das gewöhnliche granitisch-kornige (Quarz- 
Feldspath-Mosaik direct in diese Schriftgranitverwachsung aber- 
gehen, die je nach der Form und Lage der Quarzindividuen 
sehr mannichfache Ausbildung zeigt. Stets aber liegen alle 
Quarzindividuen in einunddemselben Feldspatbe optisch gleich- 
sinnig orientirt, sei es, dass sie als parallel geordnete waseer- 
helle Dreiecke oder als ebensolche reihenweis eingebettete Sten- 
gelchen oder als Rauten u. s. w. aus dem Feldspath - Grand 
sich abheben. Ganz ebenso ist der mikroskopische Schrift- 
Granit aus der Blauen Klippe im Bode-Gang, da wo der Gang 
noch einmal die Granit-Structur annimmt und gegen die Mitte 
hin Uebergange in den groben Granit entwickelt. Wabrend 
dort jedoch eine radiale Stellung der einzelnen Feldspathindiri- 
duen wenig hervortritt, ordnen sich in der Brocken - Granit- 
Apopbyse am Meineberg die quarzdurchspickten Feldspathblat- 
ter rosettenformig um ein Centrum und bilden so den ra- 
dialstrahligen Bau der Sphaerolithe. Jene zierlich 
elegant gezeichneten Fiederbuschel, zu welchen zwei je unter 
sich, aber nicht untereinander parallele Quarzstengelsysteme 
auf der Grenze zweier Feldspathblatter scharfwinklig zusammen- 
stossen, bilden gleichsam den Prototyp aller faserig-strahligen 
Felsitballung. 








*) Nicht stets findet, wie in dieser Apophyse, je näher dem Granit 
eine um so deutlichere Individualisirung statt. Im Weg von der Min- 
chenlagerstätte nach dem Sienberg grenzt körniger Granit unrermittelt 
an Porphyr mit dichter Grundmasse. 


411 


So sind diese berrlichen Gesteine in mehrfacher Weise 
ein wabrer Schatz für die Wissenschaft: Ihr dem Ramberg- 
Granit und zumal) dem Bodegang*) vom Brocken - Granit her 
entgegenlaufendes Gangsystem gewährt uns wieder einen neuen 
Einblick in den trotz aller Complication harmonischen Bau 
des Harz; das Zusammenvorkommen von Turmalin und sphae- 
rolithischer Structur in der porphyrischen Gangspaltenfacies 
eines so achten Granites wie der des Brockens weist deutlich 
darauf hin, dass nicht sowohl in dem alten und neuen Magma, 
als vielmehr in den äusseren Umständen, welche seine Erstar- 
rung beberrschten, der wesentliche Grund der Verschiedenheit 
zwischen Granit und Obsidianlava ruht; endlich der directe 
Uebergang aus dem feinkörnigen granitischen Quarz-Feldapath- 
Mosaik in die blumig blättrig - strahligen Schrift-Granit-Sphae- 
rolithe wirft belles Licht in das dunkle Gebiet des Felsit und 
der Krystalliten. 


Nachschrift während des Druckes. Als ich in 
obigen, im Revier unter den Kartenaufnahmen niedergeschrie- 
benen Zeilen die im Lauf des Sommers gemachte Beobachtung 
bebufs vorläufiger Mittheilang auf der Generalversammlung der 
deutschen Geologen in Jena kurz zusammenfasste, war es mir 
unbekannt geblieben, dass unterdessen ein Manuscript meines 
um die Petrographie so hochverdienten Freundes RosenBuscx 
bei der Redaction unserer Zeitschrift eingelaufen war, in welchem 
unter anderen werthvollen Beiträgen aus den Vogesen an Gang- 
gesteinen von dem Hochfeld ganz analoge Structurubergange 
zwischen einem turmalinfreien Hornblendegranit und spbaro- 
lithischem Quarzporphyr mit zum Theil glasiger Basis, nament- 
lich auch die mikroskopischen blumig-blättrigen Schriftgranit- 
Rosetten (cf. Pseadnsphaerolithe oder heterogene Spharolithe) **) 


%) Anmerkung während des Drucks. Auch nach NW. hin gegen den 
Ockergranit scheint sich dies Verbältniss in der Richtung der Harz- Axe 
fortzusetzen. Während aber hier in der verlängerten Nordostgrenze des 
Brocken-Granit, wie ein neuerdings von meinem Collegen Kayser in meiner 
Gesellschaft gemachter Fund von Sphaerolith-Porphyr auf dem Westufer 
der Ecker beweist, die verdichteten Granite nicht ganz fehlen, sind die 
überaus häufigen Gänge bei Harzburg fast ausnahmlos körniger oder 
Schrift- Granit-artig geordneter deutlicher Granit, was darauf hinweisen 
dürfte, dass hier der Massengranit nicht sehr tief liegt und in Einklang 
steht mit der durchgreifenden, an der oberen Ecker und an der Radau 
z. B. vielfach bis zur Gneissbildung gesteigerten Contactmetamorphose. 

**) Ich kann mich mit dieser Eintheilung meines gelehrten Freundes 
in heterogene (Pseudo-) und homogene oder eigentliche Sphaerolithe vor- 
erst nicht ganz einverstanden erklären. Dieselbe gründet sich auf den 
Totaleffect der optischen Erscheinungen an den centrisch radialen Sphaero- 


Zeits.d. D.geol. Ges. XXVIII 3. 27 


2 ma m Da on 
ene - 


412 


eingehender beschrieben und zugleich systematisch unter Aul- 
stellung des Begriffes Granophyr fur solche Uebergangegesteine 
verwertbet sind. Wir haben diesen sehr lehrreichen Aufsatz 
auf S. 369 dieses Heftes zum Abdruck gebracht, so dass der 
Leser bequem die in beiden, räumlich weit getreunten aber 
geologisch vielfach verwandten Gebirgen ganz unabhängig von 
einander gemachten Beobachtungen zusamroenhalten und ver- 
gleichen mag. Erinnert sei hier nur noch an den Umstand, dass 
Gustav Rose den Brockengranit als Granitit, den des Ramberg 
als Granit angesprochen hat. Weun ich nun gleich eine so 
scharfe Sonderung dieser Begriffe in der Art, wie sie im 1. Bande 
dieser Zeitschrift von meinem hochverehrten Lehrer aufgestellt 
worden ist, im Allgemeinen und fur den Harz besonders, uicht 
billigen kann, so ist es doch recht beachtenswerth und spricht, 
wie so manches Andere far den Granitit als gute Varietat 
des Granit, dass gleichwie Rosengusch den häufigen Uebergang 
gerade dieser Varietät und des verwandten Hornblendegranits 


lithen, wie er in dem Steuznea-Grorn’schen Kreuz bei gekreuzten Nicols 
sich zeigt. So unanfechtbar nun auch die theoretischen optischen Aus- 
einandersetzungen sein dürften, welche darthun, warum in dem einen Fall 
(homogene Sph.) das Kreuz regelmässig vierarmig und dann parallel den 
kurzen Diagonalen der Nicols, im andern Falle (heterogene Sph.) ohne 
fest bestimmte Zahl der Arme ond dann natürlich” nicht parallel dem Kreus 
der kurzen Diagonalen der Nicols erscheint, so leidet der Begriff eines 
homogenen Sphaerolithen doch immer daran, dass wir umsonst nach dem 
Mineral fragen, das von höherem Kieselsäuregehalt als Orthoklas und 
einem dem einheitlichen optischen Effect entsprechenden Krystallsystem die 
unter einander äquivalenten Krystallfäserchen der homogenen Sphaerolithe 
zusammensetzen soll. Ich habe mich gefragt, ob es unter diesem Gesichts- 
punkt, sowie auch deshalb, weil doch nicht alle an den Sphärolithen im 
weitesten Sinne ‘des Wortes beobachteten Erscheinungen sich sofort den 
so gefassten Begriffen der homogenen und heterogenen Sphaerolithe ein- 
ordnen lassen dürften, nicht richtiger sei, zunächst bei der Thatsache 
stehen zu bleiben, welche durch directe Beobachtung von meinem Freunde 
und mir, und auch schon von Herrn A. Micnez - Lévy und vielleicht 
von manchem Andern gemacht worden ist, dass es Sphaerolithe giebt, 
welche sich in gesetzmässig angeordnete radialstrahlig blumig - blättrige 
Schrift - Granit- Aggregate auflösen lassen, oder dass diejenigen Sphaero- 
lithe, bei welchen man die mineralischen Componenten nach ihrer Indivi- 
dualität überhaupt bestimmen kann, in Quarz und Feldspath zerfallen. 
also heterogen sind. Geht man von dieser empirisch gefundenen Basis 
aus, so würde sich die Frage so stellen, ob nicht die nach dem Total- 
effect der optischen Wirkung homogen erscheinenden Sphaerolithe pseudo- 
homogen sein können, indem bei ausserordentlicher Verfeinerung der mi- 
neralischen Componenten die optische Wirkung des schwächer wirkenden 
Minerals, des überdies oft ja schon durch die secundären umbildenden 
Einflüsse in seinen optischen Verhältnissen gestörten Feldspaths gleich 0 
zu setzen sei, so dass dann die optische Wirkung der (möglicherweise such 
mit Glas alternirenden) Quarzfäserchen allein den mehr oder weniger scharf 
hervortretenden Total-Effect und dadurch die scheinbare Homogenität 
bedingen würde. 


413 i 


durch jene eigenthumliche radialstrahlige mikroskopische Schrift- 
Granit-Stractur in spbaerolithische Quarzporpbyre nachgewiesen 
lat, so auch dieselben Stracturverhaltnisse and Uebergange 
sich an den von dem Granitit-Massiv des Harz auslaufenden 
Apophysen charakteristisch ausgeprägt finden. Dass dieselben 
andererseits, wie der von RosenBuscx und mir gleichsinnig an- 
gezogene Dünnschliff des Gesteins von der Blauen Klippe er- 
giebt, im Bodegange, als der Apophyse der Haupt- Granit-Masse 
des Harz, nicht ganz fehlen, lehrt bier wieder, wie nahe ver- 
wandt Granis und Granitit sind. Die vollständige Untersuchung 
und Beschreibung sämmtlicher Structurvarietäten der Apophysen 
sowobl des Brocken- als des Ramberg-Massivs dürfte diese 
Verwandtschaft noch mehr bestätigen. 

In Frankreich hat Herr A. MıcuzL-L£vyr in seinen auch 
von RoSENBUSCH citirten und, wie ich gern wiederhole, in vielen 
Punkten sehr beachtenswerthen Aufsätzen *), die ich gründlich 
zu studiren leider erst jetzt Zeit gefunden habe, die Structar- 
ubergange der sauren Eruptivgesteine sorgfältig untersucht und 
durch viele, grösstentheils mittelst Photographie hergestellte 
Abbildungen mikroskopischer Bilder übersichtlich erläutert. 
Unter den Structartypen, welche der Verfasser aufstellt, be- 
zeichnet derjenige der micro -pegmatites à étoilements unter 
naheza ganz gleichlautender Benennung die mikroskopischen 
blumig blattrig gruppirten Schrift-Granit-Rosetten. Der Ann. 
des min. 1. c. taf. X. fig. 14 abgebildete und Seite 425 be- 
schriebene Dünnschliff des Porphyr vom Mont-Genievre (Niévre) 
giebt ein getreues Bild dieser Structur, während das Bull. soc. 
geol. 1. ce. taf. IV. gegebene Bild des ibid. S. 230 beschriebenen 
porphyre granitoide de Boön (Loire) bei weniger ausgesprochener 
Radialanordnung mehr mit dem Schliffe des Gesteins der Blauen 
Klippe abereinkommt. 

Herr Micue.-Levy fasst die in ihren allgemeinen Grundzü- 
gen ja unverkennbaren Beziehungen zwischen dem geologischen 
Alter und der Structur der sauren Eruptivgesteine in solch 
engem Causalnexas auf, dass er die thatsachlichen Structur- 
ubergange vom Granit durch Quarzporphyr zum Pechstein hin 
zeitlich successive auf die Reihe der Formationen von anten 
bis zur Trias aufwärts vertheilen zu können glaubt. Die so- 
eben erwähnte Structur der micro -pegmatites à etoilements 
eignet in Frankreich vorzugsweise den porphyres granitoides 


*) De quelques caractères microscopiques des roches anciennes acides, 
considérées dans leurs relations avec l’Âge des éruptions. Bull. soc. géol. 
France. (3) III. 1875, p. 199 — 236, und: Mémoire sur les divers modes 
de structure des roches éruptives étudiées. au microscope au moyen de 
plaques minces. Ann. des mines, (7) VIII. 1875, p. 337—438. 


27° 


' 414 


(Granititporphyren oder Granophyren RosenBuscu) des Morvan 
und der Loire, welche laut (sRunER ihrer Eruptionszeit nach 
an der Basis der dort koblenführenden unteren Steinkoblen- 
formation stehen; hie und da tritt sie auch noch bei Porpbyren 
aus der Zeit der oberen Steinkohlenformation auf. In diese 
letztere Zeit fallt die Eruption der Harzer Massen-Granite zu- 
sammt ihren gangformigen Apophysen, deren geologischer Zu- 
sammenhang und petrographische Ausbildung beweisen, dass fast 
alle Stracturtypen, die Herr Micagz-Lévy auf die ganze Reihe 
der geologischen Epochen von unten auf bis in’s Rothliegende 
hinein vertheilt, im günstigen Fall an ein und derselben geulo- 
gischen Eruptivmasse auftreten können, was entschieden gegen 
diese allzu enge Auffassung der Beziehungen von Alter und 
Structur der Gesteine spricht. 





415 


C. Verhandlungen der Gesellschaft. 





1. Protokoll der April-Sitzung. 


Verhandelt Berlin den 5. April 1876. 
Vorsitzender: Herr Bgyrica. 


Das Protokoll der März-Sitzung wurde vorgelesen und 
genehmigt. 
Der Gesellschaft ist als neues Mitglied beigetreten: 

Herr Aırren PursoLp, Ingenieur der Gesellschaft 
Britannia bei Teplitz, 
vorgeschlagen von den Herren G. JENTZSOH, 
H. MoLLeR und A. STELZEER. 


Die seit der März-Sitzung eingegangenen Druckschriften 
und literarischen Geschenke wurden von dem Vorsitzenden 
vorgelegt, und uber deren Inhalt ein kurzes Referat gegeben. 

Herr K. A. Lossen legte eine von Herrn A. Renagp in 
Lowen der Königlichen Bergakademie gütigst übersendete 
Suite der vielfach discutirten und bald als Eruptivporphyre, 
bald als Conglomerate, bald als krystallinische Schiefer ge- 
deuteten Gesteine von Mairus und Laifour in den französischen 
Ardennen vor. Redner weist auf die eingehenden Untersuchungen 
der Herren A. Renard und DE LA VALLÉE in Löwen uber den 
interessanten Gegenstand hin, welche demnächst in den Ab- 
handlusgen der Brüsseler Akademie erscheinen werden. 

Derselbe referirte uber die von Herrn G. K. CREDNER ver- 
fasste Abhandlung über das Grünschiefersystem von Hainichen 
im Königreich Sachsen. | 

Herr Berenpt legte aus dem Dilaviom SW. von Berlin 
eine Anzahl grösserer und kleinerer Geschiebe von auffallend 
pyramidaler Gestalt vor, und zwar zeigen dieselben auf der 
einen Seite theils eine dreiflachige Zuspitzung, theils nur eine 
Kante, während die entgegengesetzte Seite die ursprüngliche 
glatte Verwitterungsrinde, seltener auch eine oder mehrere 
Scblifffachen darbietet. 

Nach gegebener Erklärung von Seiten des Herrn BERENDT 
über die Entstehung derartiger Bildungen, entstand eine Debatte 
daruber, an welcher sich die Herren Beyrion, EwaLp und 
Kosmaxs betheiligten. 


416 


Herr Weiss erwähnte des Vorkommens ähnlicher Flächen 
und pyramidaler Gestaltungen an concretionären Gebilden aus 
dem Vogesensandsteine der Saargegend und legte eine Anzahl 
derselben zur Ansicht vor. 

Herr J. SCHMALHAUSEN aus Petersburg zeigte Pflanzenab- 
drücke aus der Steinkohlenformation Sibiriens und Zeichnungen 
davon vor. Die Platten mit den Abdrucken sind von Herrn 
CzEKANOWSEI an der unteren Tunguska, einem Nebenflusse des 
Jenisej, gesammelt und dem Redner durch Îlerrn Akademiker 
Fr. Scumipt zur Bearbeitung übergeben. Die Steinkoblenflors 
der unteren Tunguska besteht, wie die des Altaigebirges, 
worüber bereits von GOEPPERT (in TSCHIHATSCHEFF, Voyage dans 
PAltai 1846) und Geinitz (fossile Pflanzen aus der Steinkohlen- 
formation am Altai 1871, dasselbe vorläufig mitgetheilt bereits 
in Leonuarp’s Jahrbuch 1869) veröffentlicht worden, aus 
Calamarien, Farnen und Cycadeen, während die Lycopodiaceen 
sehr selten zu sein scheinen und nar von Gzinitz das Lepi- 
dodendron Serlti Brat. vom Altai angegeben wird. Dessen- 
ungeachtet entspricht die Flora der productiven Stufe der Stein- 
kohlenformation und zwar, wie Herr Professor E. Weiss meint, 
den untersten Schichten derselben. Die Pflanzenformen schlies- 
sen sich westeuropaeischen Steinkollenformen an, lassen sich 
aber nicht alle mit solchen identificiren. Es liegen von der 
unteren Tunguska vor: 

Farne. Cyclopteris Alula Eicuw.; eine neue Cyclopteris, 
eine Neuropteris, eine Sphenopteris, welche der S. Schlot- 
heimii Sterns. nahe kommt; Sphenopteris imbricata Goerr., 
S. anthriscifolia Gogrr. und eine Reihe yon dieser nahe kon- 
menden Formen, welche sämmtlich zu einem vielgestaltigen 
Formentypus zu gehoren scheinen, welcher nach den Aeusse- 
rungen des Herrn Professor E. Weiss sich an Pecopteris 
Pluckeneti Brent. anschliesst. | 

Calamarien. Bornia radiata Scump.; Anarthrocanna 
deliquescens Gorrp.; zwei Asterophylliten, von denen der eine 
dem 4. longifolius Sts., der andere dem .4. equisetiformis Brest. | 
am nächsten kommt; eine Annularia, die der À. longifolia 
Brent. ähnlich ist; ein Blattwirtel, welcher sehr an Cingulars 
Weiss erinnert; eine neue Equisetites-Form; ein neues Egui- 
setum und eine Fruchtähre, welche sich den Fruchtständen der 
jetzt lebenden Equiseten auschliesst und nur darin verschieden 
ist, dass die längere Aehre durch in Blattspitzen ausgehende 
Scheiden unterbrochen ist. 

Cycadeen. Noeggerathia aequalis Gorpr.; Cordaites pri 
cipalis Gern., borassifolia Srp. und palmaeformis Gogpr. ; Früchte 
und samenartige Ueberreste, wie Samaropsis Gogpr., Cardio- 
carpum Bronrt., Cyclocarpus FırDL., Carpolithes. 





417 


Coniferen. Einige coniferenartig beblätterte Aeste mit 
wirtelig stehenden Blättern. 

Herr O. Sperz& legte aus der Sammlung der geologischen 
Landesanstalt einige mehr oder weniger gut erhaltene Reste 
von Mastodon-Zähnen vor, welche aus einem tertiaren Thon- 
mergel bei Fulda stammen, und gab hierzu folgende Erläute- 
rungen. 

Der betreffende neuere Fund ist von um so grösserem 
Interesse, weil mit demselben nicht allein das Vorkomgen 
einer zweiten Art dieses Probosciden bei Fulda erwiesen, 
sondern damit auch uber das Alter der dortselbst auftretenden 
Tertiarschichten einiger Aufschluss gewonnen worden ist, zu- 
mal die in Hessen verbreiteten, in ähnlicher Lagerung vor- 
kommenden Tertiärbildungen anderwärts noch keine animalen 
Einschlusse geliefert haben. 

Bereits im Jahre 1865 wurden zwar bei der Anlage der 
Bebra-Fuldaer Eisenbabn in einem kleinen Einschnitt östlich 
der genannten Stadt die ersten Reste von N/astodon aufgefunden 
— dieselben sind in der Sammlung des Vereins fur Natur- 
kunde aufbewabrt —, worüber der Vortragende im amtlichen Be- 
richt der 40. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte 
in Hannover p. 144 ff. Mittheilung gegeben. Bei dem Mangel 
des erforderlichen Vergleichungsmateriales konnte jedoch damals 
uber die Art, welchen jene ersten Findlinge angehörten, nur 
80 viel festgestellt werden, dass man es mit einem Trilophodon 
aus der nächsten Verwandtschaft des Mustodon Turicensis zu 
than habe, bis H. v. MEYER einige Jahre später jenen’ ersten 
Fund von Backzähnen uud Stosszahnen als eine neue Art 
deutete und dieselben als Mastodon virgatidens im XVII. Bd. 
der Palaeontographica näher beschrieb und abbildete, jedoch 
keinen Schluss auf das Alter der betreffenden Lagerstätte zog. 

An genannter Localität und aus demselben geognostischen 
Niveau, in welchem Mastodon virgatidens aufgefunden, wurden 
einige Jahre später weitere Mastodon-Reste — die vorgelegten — 
ausgegraben, welche in einem vollständigen unteren Backzahn, 
und der Hälfte eines oberen letzten Zahnes und mehreren 
Stücken mit stark abgekauten Oberflächen bestehen. Ein- 
gehende Vergleiche mit den in der Universitäts-Sammlung da- 
hier befindlichen Ofiginalen und Gypsmodellen von Mastodon- 
zabnen aus dem Mainzer Becken und anderer Localitäten 
führten zu folgendem Resultate. 

Nach Grösse und Form lässt sich der vorliegende voll- 
ständige Zahn als 3. Backzahn der rechten Unterkieferhalfte 
ansehen und seiner ausgebildeten vier Querjoche wegen ohne 
Zweifel einem Tetralophodon zurechnen. Von den übrigen 
Stucken, welche ergänzt gedacht bei weitem grösser als je- 





——— —— 


a Dhaba DEE WS ca TR ARE ee ee ee ee ee 


a wel 


418 


ner sind, und auf eine mebr breitere Form and regelmassigen 
Umfang hindeuten, dürfte das grössere mehr als vier Querjoche 
gehabt haben und für den letzten Backzahn der linken Unter- 
kieferhälfte, die übrigen Zabnstucke, deren, von innen nach 
aussen stattgehabte, stark abgenutzte Oberfläche kleeblatt- 
formige Zeichnungen darbietet, dem vorvorleteten oberen Back- 
zahn zuzurechnen sein. Bezüglich der Art erwies sich die 
grösste Uebereinstimmung mit Mastodon longirostris Kaur aus 
dem Eppelsheimer Knochensande, obschon bei dem vorliegenden 
Fuldaer Material die Anzahl der hoch kegelförmigen Warzen, 
aus welchen nicht nur die Querjoche zusammengesetzt siud, 
sondern welche auch die Querthäler versperren, grösser ist als 
bei der genannten Mainzer Art, und ‚es sich darin wieder mehr 
an Mastodon Arvernensis Croizet, eine für das Pliocan Italiens 
und Frankreichs cbarakteristische Art, anschliesst. Beide Arten: 
Mastodon longirostris und Mastodon Arvernensis zwar in dem Bau 
der Backzähne einander sehr nahe stebend, bieten jedoch durch 
Schneidezähne wesentliche Verschiedenheiten, welche namentlich 
bei Mastodon Arvernensis in der bei weitem geringeren Länge 
ausgeprägt ist. Für die vorliegenden Backzahne, sind jedoch 
die zugebörenden Schneidezahne noch nicht aufgefunden worden, 
in sofern nicht die früher bei Fulda gefundenen vou H. v. Meyer 
zu Mastodon virgatidens gerechneten beiden langen Schneide- 
zähne besser mit den vorliegenden — zu Mastodon longirostris 
Kaur gehörenden — Backzähnen zu vereinigen sind, worüber 
indessen erst eingehendere Vergleiche eine definitive Entschei- 
dung geben werden, welche sich der Vortragende noch vor- 
behalten hat. Gehören die betreffenden Zähne Mastodon longi- 
rostris an, so warden nach der Ansicht des Herrn Professor 
Beynicu die tertiären Ablagerungen bei Fulda nunmehr den 
Sanden von Eppelsheim parallel gestellt werden müssen. 
Herr Bryrich gab im Anschluss hieran einen kurzen 
Ueberblick über die geologische Entwickelung der Tertiar- 
bildungen der Fuldaer Gegend und betonte besonders die 
Wichtigkeit des Fundes von Mastodon-Zähnen bei Fulda, weil 
die in Hessen verbreiteten in ähnlicher Lagerung vorkommen- 
den Tertiarbildungen anderwärts noch keine animalen Einschlusse 
geliefert haben. Die betreffenden Ablagerungen, welche jetzt 
den Sanden von Eppelsheim parallel gestellt werden können, 
sind in Niederungen abgelagert und stehen überall ausser Be- 
ziehung zu den Basalten, welche die höher gelegenen älteren 
Tertiarbildungen der Rhön und des Meissners bedecken. 


Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 
v. w. 0. 
BEYRIOH. Lossen. SPEYER. 


419 


2. Protokoll der Mai - Sitzung. 


Verhandelt Berlin den 3. Mai 1876. 
Vorsitzender: Herr Beryrica. 


Das Protokoll der April-Sitsung wurde vorgelesen und 
genehmigt. 


Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten: 


Herr Dr. Lorerz in München, Hilfsgeologe der Königl. 
Preuss. geolog. Landesanstalt 
vorgeschlagen von den Herren Spgygr, Lossen 
und Dames. 


Der Vorsitzende legte die seit der April-Sitzung einge- 
gangenen liter. Geschenke und Zeitschriften vor. 

Derselbe theilte mit, dass der naturwissenschaftliche Ver- 
ein für Sachsen und Thüringen seine diesjährige 38. General- 
versammlung am 10. und 11. Juni in Quedlinburg abhalte, 
und lud dazu im Namen des gedachten Vereins die Mitglieder 
der Deutschen geologischen Gesellschaft ein. 

Herr Wepsky legte einen von Herrn Kaufmann Grog da- 
hier dem mineralogischen Cabinet der Universität als Gescheuk 
uberwiesenen Capdiamanten vor, welcher in einen chloritischen 
Tuff eingewachsen ist und sich durch seine Klarheit und Kry- 
stallisation auszeichnet. 

Derselbe legte ferner einige interessante Mineralien aus 
der mineralogischen Sammlung der Universität vor, als: 1) Phlo- 
gopit, ein Magnesiaglimmer in 6 seitiger Säule, deren Basis eine 
Platte von Korund eingewachsen ist; 2) von Striegaa in Schlesien: 
Orthoklas, auf dem 2 Granutkrystalle aufgewachsen, wie es 
von Elba bekannt; 3) gelber und weisser Kalkepath, letzterer 
krystallisirt auf zersetztem Apophyllit, ebendaher. 

Herr Weiss setzte seine in der Februar-Sitzung d. J. be- 
gonnenen Besprechungen von Calamariengattungen der 
Steinkoblenformation fort und bebandelt diesmal solche Typen, 
welche man unter der Bezeichnung Huttonia, Equisetites, jetzt 
auch nach Scaımper Macrostachya zu verstehen pflegt. 

Unter den Steinkohlenresten kommen grosse walzliche 
ährenförmige Körper vor, von 1!/,—3'/; Cm. Querdurchmesser . 
mit dicht übereinander stehenden Blattquirlen, die grössten 
Fruchtstände dieser Familie, welche schon länger die Auf- 
merksamkeit erregt haben. Den ersten hierher gehörigen Rest 
bildete Broneniant schon 1822 ab, dazu fügte Bronx 1828 
einen andern, als Equisetum infundibuliforme, den Ersterer in 


420 


seiner histoire d. vég. foss. 1828 copirt und mit jenem ersten 
zusammenstellt. Beide stammten von Saarbrucken und wurden 
unter dem angegebenen Namen als identisch aufgeführt, jedoch 
gehört der Bronn’sche Rest einer andern Pflanze, nicht dem 
hier zu besprechenden Typus an. STERNBERG wandelte später 
den Namen in Equisetites um. Derselbe beschrieb aber 1837 
noch einen ähnlichen Typus als Huttonia spirata aus Böhmen. 
Zu dieser letzteren Gattung rechnet ANDRAB im Grruar’schen 
Werke 1849 seine Huttonia curinata, die er für verschieden von 
Equisetites infundibuliformis balt, unter welchem Namen anch 
Gursier Reste abbildete. 

Für diese Formen von Wichtigkeit ist demnächst, was 
Grinitz als Equisetites infundibuliformis rusammenstellt Er 
combinirt nämlich mit solchen dicht beblätterten Aebren Stamm- 
reste, die man fruher wohl als Calamiten bezeichnet hatte 
und die durch ihre grossen quirlständigen Astnarben ausser 
kleinen rosenkranzformigen Narbenketten von Blättern sowie 
durch ihre viel unregelmässigere bis feblende Langsrippung 
sich von den gewöhnlichen Calamiten allerdings als eigener 
Typus unterscheiden, der sich etwa an Cal. Germari Göpr. 
anschliesst. Zum Theil figuriren dieselben in der Literatur 


. auch als Cyclocladia Linn. (nicht GOLDENRG.). 


Zuletzt ist SCHIMPER zur Aufstellung seiner Gattung Macro- 
stachya geschritten durch Combination solcber Achren, wie sie 
AnDRAE als Huttonia carinata beschrieb, mit Stämmen von dem 
Typus derjenigen bei GEINITZ, welche derselbe zu Equisetites 
infundibuliformis zahlte. Nur die von Grinirz hiezu gerechnete 
und so Vfezeichnete Aehre (Stk. Sachs. Taf. X. Fig. 4.) sieht 
SCHIMPER fur einen Zweig an. Huttonia spirata liess auch 
er als selbstständige Gattung gelten, weil er gewisse unter- 
scheidende Merkmale an diesen Aehren gefunden zu haben 
glaubte. | 

Eine ganz andere Anschauung von der Sache suchte Sror 
(1874, Verh. d. k. k. geolog. Reichsanst.) zu begründen, indem 
er Mittheilung uber die Auffindung von Macrostachya - Aehren 
an einem beblatterten Stengel von Hostokrej in Bobmen machte; 
nur ist zu bedauern, dass leider bis jetzt noch keine Abbildung 
geliefert wurde. Der Stengel ist nur 8 Mm. breit, die Blatter 
einfach gegabelt, an 2 Stellen des Stengels bangen an beson- 
deren Stielen je eine 2 Cm. breite Aebre ganz von dem Typos 


“ der Macrostachya- Aehren. Huttonia spirata gilt auch Stour für 


verschiedene Gattung; nur, weil er dieselbe ident mit Volkmannia 
distachya Stee. halt und diese fur die Aehre zu Cabamites 
varians, 80 glaubt er überhaupt auf die Gattung Huttonia ver- 
zichten zu müssen. Den Namen Macrostachya nimmt er aber 
an, jedoch ohne die von SCHIMPER zu ihr gerechneten Stämme, 





421 


mit Rücksicht auf eine Mittheilung des Vortragenden (1870) 
uber Fruchttragerstielchen, die sich in den Bracteenwinkeln 
einer solchen Aehre von Saarbrücken ‚gezeigt hatte. 

So stehen gegeuwartig in der Hauptsache die Ansichten 
über die bier zu besprechenden Reste. Man sieht daraus, 
dass ihre Untersuchung gewisse Schwierigkeiten hat und nament- 
lich 3 Punkte in Frage kommen: 1) ob in den walzlichen 
dicht beblätterten Resten überhaupt oder durchschnittlich Aehren 
vorliegen, 2) ob dieselben in eine oder mehrere Gattungen 
unterzustellen seien und 3) ob und welche bestimmten Stengel- 
reste man mit ihnen in Verbindung hriogen dürfen. 

Was die erste Frage anbelangt, so wird dieselbe schon 
durch die verschiedene Auffassung uber die grosse GEIKITZ’sche 
Aebre (dessen Werk Taf. X. Fig. 6.) angeregt, welche SCHIMPER 
wie erwähnt für einen Zweig hält. Gegen andere hierher ge- 
horige Reste ist zwar wohl in der Literatur noch kein Zweifel 
ausgesprochen worden, allein es ist offenbar, dass die an 
jene Figur sich anknüpfende andere Deutung Scummrsr’s sich 
auch auf solche wie bei GERMAR etc. übertragen liesse. Zu 
den Gründen nun, welche man für die Aehrennatur solcher 
Reste wie German's Huttonia carinata und Verwandte geltend 
machen kann, würde die ausserordentliche Regelmässigkeit 
ihrer Blattquirle, der Intervalle, Form und Grosse der Blatter 
gehören, die spannenlang sich in gleicher Weise fortsetzen, 
wie man es bei unentwickelten jungen Zweigen oder Trieben 
nicbt erwarten sollte. Allein der positive Beweis, dass es 
Aebren seien, kann nur durch die Auffindang der Reproductions- 
organe geliefert werden. Bei der gewöhnlichen Erhaltung 
ist dies aber ganz aussichtlos; sie finden sich fast stets flach 
zusammengepresst, nicht einmal die mittlere Axe kommt ge- 
wöhnlich zum Vorschein. Nun wurde aber der Fall beobachtet, 
dass die Aehren gestielt sind, sowohl vom Vortragenden als 
von Srur.und Anderen; an dem Exemplare des Vortragenden 
ist der Stiel einer Macrostachya gegliedert und beblattert, seine 
Blattchen anders geformt als die der Aehre, was ebenfalls für 
deren Natur als Aehren spricht. Auch Huttonia spirata iat 
gestielt, der Stiel aber nicht gegliedert. Unzweifelbaft wird 
es aber nur dann, dass man Aebren, nicht Zweige vor sich 
habe, wenn man die Fructificationsorgane selbst nachweisen 
kann oder solche, die zu ihnen gehören müssen. Dies ist in 
der That dem Vortragenden in 2 Fallen gegluckt und er kann 
daher nicht zweifeln, dass wie in diesen 2 Fallen so auch in 
den anderen, welche im Uebrigen mit jenen ubereinstimmen, 
Aehren vorliegen. 

Das eine Mal ‚zeigte eine Macrostachya, wie auch schon 
früher beschrieben, im Längsbruch stielformige Körper in den 


422 


innern -Rlattwinkeln, weil diesmal die Erhaltung der Art war, 
dass die; vordere und hintere Hälfte der Blattwirtel nicht auf 
einander gepresst ist. Deutlich können zwar andere Theile, 
namentlich Sporangien, nicht unterschieden werden, allein diese 
aus den Blattwinkeln hervorbrechenden geraden Körper können 
sicher nur die Trager von Sporangien sein, und man hat also 
hier sicher eine Aehre. 

Der zweite Fall war der von Huttonia spirata von Radnitz. 
Ein Exemplar, dessen Benutzung der Vortragende der gütigen 
Zusendung des Geh. Rath RoEumER in Breslau verdankte, liess 
an 6 Stellen unter dem Blattwirtel einen scheibenförmigen 
Körper mehr oder weniger vollkommen erkennen, ähnlich wie 
bei Cingularia, welcher wieder nichts Anderes als ein Frucht- 
trager gewesen sein kann. Die Abbildung wurde in gedruck- 
ter lithographischer Tafel vorgelegt. 

Damit werden denn die beiden ersten Fragen erledigt. 
Man ist nach jenen 2 Funden berechtigt, diese grossen Körper 
für Aebren zu halten und man muss sie nothwendig in 2 Gat- 
tungen bringen, welche sich durch die Träger ihrer Sporangien 
unterscheiden, die bei Macrostachya über, bei Huttonia unter 
dem Blattwirtel stehen, abgesehen von andern Unterscheidangs- 
merkmalen zwischen beiden. Zu Cingularia rechnet übrigens 
Huttonia nicht, da noch mancherlei Unterschiede sie von jener 
trennen, wie Später zu erweisen. 

Die dritte Frage würde durch die Mittheilungen von STUR 
erledigt sein, wenn nicht doch einige Erscheinungen auch noch 
andere Möglichkeiten anzudeuten schienen. Nach Srur warden, 
wie erwähnt, zu Macrostachya nur schwache Stengel wie bei 
Asterophyllites oder Syhenophyllum gehören, zu Huttonia spirata 
aber ein (‘alamit, nach ihm Calamites varians, während er 
jene Stämme, die Geinitz unter Equisetites infundibuliformis 
beschreibt, und ähnliche zu Calamites rechnet. Dass solche 
grosse Aehren wie Macrostachya infundibuliformis oder carinata 
an so schwachen, 8 Mm. breiten, Stengeln inserirt gewesen 
seien, wird man nicht erwartet haben, und es ist recht sehr zu 
wünschen, dass wir unzweifelhafte Gewissbeit daruber erhalten, 
ob jener Stengel nicht zu Sphenophyllum, sondern zu den Ma- 
crostachyen gehört. Andrerseits erwachsen dem Vortragenden 
Zweifel hierüber durch ein im Original vorliegendes Stück, 
welches Herr Graf von Sor.ms-LauBaca, Professor der Botanik 
in Strassburg, bei Saarbrücken gefunden und dem Vortragenden 
zu leihen die Güte hatte. Es zeigt ein Stammstuck von dem Typus 
derer, welche Gkinıtz zu Equisetites infundibuliformis rechnete, 
die rosenkranzformigen Ketten von Blattnarben sind sehr deut- 
lich, an Stelle der Astnarbenreiben jedoch nur Abdrücke dicker 
Wulste. Daneben liegen eine Anzahl von Aehren, welche sammt- 





423 


lich gegen die wulstformigen Glieder, die dea Astnarbenreihen 
entsprechen, hinneigen; eine von ihnen scheint sogar in Ver- 
bindung mit dem Gliede zu stehen. Das Stück rührt von einem 
grossen Block her, in dem sich das Ganze in ähnlicher Weise 
fortsetzte, so dass an 20 Aebren alle in gleicher Stellung er- 
schienen und zum Theil, nach Mittheilung des Entdeckers, sogar 
in directer Verbindang mit den Stammgliedern beobachtbar 
gewesen sein sollen. Wie also hier die Möglichkeit nicht von 
der Hand zu weisen ist, dass solche Stamme mit Macrostachyen 
zusammengehört haben, so kann in einem weitern vorliegenden 
Stack ebenfalls eine Bestätigung der Annahme gefunden werden. 
An einem andern Stammstück des Vortragenden von Saar- 
brucken, welches die quirlständigen Astnarben sehr gut, die 
Blattnarbenketten nicht, auch die Quergliederung kaum wahr- 
nehmen lässt, befinden sich noch doppelt so grosse runde 
Narbenmale einzeln und in einer Stellung ähnlich den Astnarben 
von Calamites cruciatus, aber dicht uber den kleineren Astnarben, 
die unter ihnen hinweg gehen. Sie haben auch andere Stractur 
und erinnern in ihrer Zeichnung an die Narbenmale von Ulo- 
dendron, so dass man innerhalb des Umfanges die Abdrücke 
eines Blattwirtels zu sehen glauben kann, wabrend die übrigen 
Astnarben etwa eine kreisförmig panktirte Zeichnung erkennen 
lassen, die den Gefässdurchgängen entspricht. Es ist wohl 
nicht unmöglich oder vielmehr wahrscheinlich, dass diese 
grössern Narben die Ansatzstellen von grossen Aehren ge- 
wesen seien und offenbar spricht auch dieses Stack far die 
Auffassung von SCHIMPER und GEINITZ. 

Doch scheint diese letzte Frage noch nicht ganz endgiltig 
entschieden , es ist auch bei ibr noch von der Zukunft die 
Antwort zu erwarten, wie 80 oft, wenn es sich darum handelt 
ausfindig zu machen, welche verschiedenen Theile der fossilen 
Pflanzen zusammen gehört haben. 

Herr HAUCHEOORNE tbeilte die Resultate uber die in dem 
Bohrloche bei Cammin bis nahe 300 Meter durchsunkenen 
Gebirgsschichten mit, welche besonders dadurch von Bedeutung 
geworden, dass sich nach einem immerwährenden Wechsel 
von grauen Sanden und Thonen, mit eingelagerten schwachen 
Kohlenflotzchen, ein glimmerreiches sandig-thoniges und schie- 
friges Gestein eingestellt hat, welches petrefactenfuhrend ist 
and sich nach diesen Einschlüssen als mittlerer Lias an- 
sprechen lasst. Einige der interessanteren Versteinerungen, 
sowie die erbohrte Kohle von Cammin, und zur Vergleichung 
diejenige von Bornholm wurden vorgezeigt. 

Derselbe berichtete uber die Tiefbohrung bei Lieth, welche 
bereits 3000’ Teufe erreicht habe und immer noch dasselbe 
Gestein, „einen rothen Sandateinletten* mit eingesprengtem 


424 


Steinsalz liefere. Es wurde ein Bobrkern aus jeuer enormen 
Tiefe zur Ansicht vorgelegt. 

Herr Bgyrica gab zur näheren Beurtheilung der im Cam- 
miner Bobrloche durchsunkenen Schichten einige vergleichende 
Betrachtungen der geologischen Verhältnisse von Schonen und 
Bornholm, namentlich mit Beziehung auf die daselbst auftreten- 
den koblenführenden jurassischen Schichten und zog die Frage 
in Erwägung, ob man nach den Camminer Verhaltnissen nicht 
vielmehr zwei koblenführende jurassische Gebilde anzunehmen 
babe. 

Herr RANMELSBERG übergab eine von ihm ins Deutsche 
übertragene Arbeit STEENTRUP’s, in welcher der Beweis gelie- 
fert wird, dass die in Grönland gefundene Eisenmasse nicht 
siderischen Ursprungs ist, zum Abdruck in der Zeitschrift, und 
sprach dann uber die chemische Zusammensetzung zweier Mi- 
neralien: Aérinit und Ginilsit. 


Hierauf wurde die Sitzung geschlossen, 


Vv. Ww. 0. 
BEYRICH. LossEn. SPEYER. 


3. Protokoll der Juni - Sitzung. 


Verhandelt Berlin den 7. Juni 1876. 
Vorsitzender: Herr WEBsky. 


Das Protokoll der Mai-Sitzung wurde vorgelesen und 
genehmigt. 


Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten: 
Herr NıkoLaAus WISCHNIAKOFF in Moskau, 


vorgeschlagen von den Herren TRAUTSCHoLD, 
EwaLp und Rots. 


Der Vorsitzende legte die fur die Bibliothek der Gesell- 
schaft eingegangenen Bucher und Karten vor. 

Herr RexeLé legte einige neuerdings erhaltene Geschiebe 
aus der Gegend von Neustadt-Eberswalde vor, welche 
durch die darin eingeschlossenen Petrefacten oder durch Selten- 
heit des Vorkommens sich auszeichnen: 

1) Ein Stack von graugrunem, dichtem, anter- 
silurischem Kalkstein aus den Kiesgruben bei Heeger- 
mühle mit einem aufsitzenden rundlichen Körper, welcher aus 
unmittelbar aneinander liegenden, von weisslichem spathigen 
Kalkspath gebildeten Tafeln besteht und einen Theil des Kelches 











425 


einer Cystideen-Art darstellt. Die Tafeln sind von variabler 
polygonaler Gestalt, meist jedoch mehr oder weniger unregel- 
mässig sechsseitig ausgebildet. *) 

2) Zwei zusammengehörige Platten des obersilurischen 
Graptolitben-Gesteins, und zwar der weichen Abänderung, 
mit einem prachtvollen Exemplar von Orthoceras Ludense Murca. 
aus deu Kiesgruben am Bahnhof Neustadt-Ebw. Der betreffende 
Orthoceratit ist wenig conisch, 11 Centim. lang bei 4,5 bis 
5 Centim. Breite. Der ausgezeichnet erhaltene Sipho ist un- 
bedeutend excentrisch, das Verhaltniss seines grössten und 
kleinsten Abstandes von der ausseren Schale ungefähr wie 7 : 5; 
die uhrglasformigen Kammerwände sind etwa um ihren halben 
Durchmesser von einander entfernt. Namentlich auf die beiden 
letztgenannten Merkmale stützt sich die specifische Bestimmung. 

Hemennain führt diese Art in seiner Beschreibung der Fauna 
der graptolithenfohrenden Geschiebe (diese Zeitschr. XXI. 164) 
gleichfalls an, bemerkt jedoch, dass dieselbe ihm nur in losen 
Exemplaren zu Gesicht gekommen sei. Das vorliegende Or- 
thoceras dagegen ist in dem aschgrauen, etwas in’s Blauliche 
spielenden Kalksteine fest eingewachseu und durch ausserst 


*) Herr Dr. Dauxs bezeichnete während der Sitzung diesen Körper 
als zur untersilarischen Gattung Echinosphaerites gehörig. eine Auffassung, 
der ich mich vollständig anschliesse, nachdem ich anfangs deshalb im 
Zweifel gewesen war, weil das betreffende Gesteinsstück petrographisch 
von dem untersilurischen Vaginaten-Kalk, in welchem bekanntlich Echino- 
sphaerites auranlium (cf. F. Rorurn, diese Zeits. XIV. 586) ziemlich bäufig 
vorkommt, verschieden ist und mehr gewissen Abänderungen des ober- 
siluriechen Beyrichien-Kalks gleicht. " Sowohl der graue, als der röthliche 
Vaginaten-Kalk ist stets etwas krystallinisch und zeigt rauhe Bruchflächen, 
während das in Rede stehende Gestein dicht und compact ist, einen glat- 
teren Bruch besitzt und auch in der Färbung bedentend abweicht. In- 
zwischen babe ich nun im Diluvialgerölle am Bahnhof Neustadt-Ebw. ein 
sehr grosses plattenförmiges Stück desselben graugrünen Kalkgesteins ge- 
fanden, welches mit zahlreichen Resten des oben erwähnten Organismus 
ganz angefüllt ist; sodann ebendort mehrere Stücke von echtem grauen 
Vaginaten-Kalk mit der nämlichen Versteinerung. Die fraglichen orga- 
nischen Einschlüsse in diesen neuen Fundstücken sind zum Theil bes- 
ser erhalten und konnten mit Sicherbeit als Echinosphaerites aurantium 
WauLens. bestimmt werden. Hier und da ist selbat die Punktirung der 
Platten und die gegen ihre Grenzlinion senkrechte Streifung gut zu be- 
obachten. Ein paar Exemplare sind ganz aus dem Gestein losgelöst und 
zeigen deutlich die apfelförmige, abgeplattet kugelige Gestalt jener Art; 
auch ist die erhöhte Mundregion und die Ansatzstelle des unentwickelten 
Stiels z. Tb. erhalten. Das Innere dieser runden Körper wird theils von 
der Kalksteinmasse des Gesteins, theils auch von excentrisch-strahligen, 
polygonalen Säulen von späthig-krystallinischem Kalkspath gebildet (,,Kry- 
stallapfel Linne’s). 

Das vorgezeigte Stück, welches somit E. auranttum enthält, dürfte 
auf eine besondere Schicht in der Zone des Vaginaten - Kalks zurück- 
zuführen sein. 


426 


gluckliche Spaltung des Geschiehes fast genau der Lange nach 
halbirt, wobei der Sipho beinahe unversehrt geblieben und 
nur am untern Ende durchgespalten ist, so dass dort zugleich 
seine innere Höblung und die Einschnürung der Siphonal- 
duten an den Durchbohrungsstellen der Kammerwände sichtbar 
wird. Der Innenraum der einzelnen Kammern ist grössten- 
theils unausgefüllt, nur eine Incrustation von braunem, sehr 
schon auskrystallisirtem Kalkspath sitzt auf den Wandungen 
der Kammern und des Siphos. Die vorhandenen fünf Kammern 
sind sammtlich Luftkammern, welche offenbar während des 
Versteinerungsprocesses gut verschlossen geblieben sind, 80 
dass nur durch Infiltration die hierdurch von suspendirten 
Stoffen befreite Kalklösung eindringen konnte. Merkwürdiger- 
weise ist der Kalkspath in den vier unteren Kammern nur 
im ersten spitzeren Rhomboéder, in der fünften, wo er ausser- 
dem hellfarbiger ist, bloss in Skalenoëdern krystallisirt. 

Ebenderselbe, durch organische Stoffe gefärbte Kalkspath 
bildet streifige Lagen in dem dichten Gesteine , wie solches 
bei dieser Art von Geschieben sehr oft der Fall iat. 

3) Ein Stück von grünlicbgrauem Beyrichien-Kalk 
mit einem Orthoceras, bei dem namentlich der Verlauf der 
Kammerwandnähte eigenthumlich ist. Auf den Breitseiten des 
seitlich etwas zusammengedrückten Gehäuses sind dieselben 
bogenförmig eingesenkt und bilden umgekehrt auf den schmä- 
leren Flächen einen nach oben convexen, etwas schwächer 
gewölbten Bogen. Der Abstand der Kammerwände ist ein 
kleiner, indem auf 3,5 Centim. Länge 8 Kammern kommen; 
er vergrössert sich jedoch gegen die Wohnkammer hin nicht 
unerbeblich. An der untersten, freiliegenden Kammerwand 
beträgt der grösste Durchmesser 26 Millim., der kleinste 
23 Millim.; die Dicke nimmt nach oben deutlich zu, indess 
lasst sich das Zuwachsverhältniss nicht genau messen, da ein 
zu grosser Theil des Gehäuses von der Gesteinsmasse verhallt 
wird. 

Die angegebenen Merkmale bekunden eine auffallende Ueber- 
einstimmung mit Orthoceras sinuoso-septatum F. Rom. aus dem, 
einem höheren Niveau des Untersilur angehörigen Sadewitzer 
Geschiebekalk (Fern. RoEMER, Fauna der silur. Diluvial-Geschiebe 
von Sadewitz 8. 59, Taf. VII. Fig. 6). Bei dem a. a. O. ab- 
gebildeten Exemplar sind zwar die Kammerwände etwas weiter 
von einander entfernt, jedoch ist es dem entsprechend auch im 
Ganzen grösser. Der Sipho ist in beiden Fallen dunn, allein 
in der Lage desselben prägt sich ein namhafter Unterschied 
aus: während er bei der Roener’schen Art ein ganz randlicher 
ist, liegt er bei unserem Stücke der Mitte näher. Sein Abstand 
von beiden schmäleren Seiten der Schale verhält sich wie 1 : 1,5; 





427 


weniger excentrisch ist seine Lage in Bezug auf die breiteren 
Flächen des Gehäuses. 

Das besprochene Geschiebe, welches übrigens durch die 
petrographische Beschaffenheit gleichwie durch Ueberreste von 
Beyrichia tuberculata als typischer Beyrichien-Kalk charakterisirt 
ist, wurde beim Bahnhof Neustadt-Ebw. gefunden. 

4) Eine parallel den Breitseiten gespaltene Platte von 
Beyrichien-Kalk (Choneten-Kalk) mit zahlreichen, sehr 
vollkommen erhaltenen Schulen von Chonetes striatella pz Kon. 
und einigen Exemplaren von Rhynchonella nucula SAaLT. und 
Murchisonia sp.; dieselbe ist von den gewöhnlichen Stücken 
dieses Gesteine dadurch etwas verschieden, dass viele Cri- 
noiden-Stiele darin enthalten sind, während Beyrichien an- 
scheinend fehlen. Ausserdem enthält das von Heegermuhle 
berrubrende Stuck einen grösseren, platt gedrückten und schlecht 
erhaltenen Orthoceratiten mit bogenförmigen, einander sehr 
nahe geruckten Kammerwänden. 

5) Eine dünne und etwa 10 Centimeter im Quadrat mes- 
sende Platte des Cyrenen-Kalksteins, welcher von BEYRICH 
zuerst unter den Geschieben des Kreuzbergs bei Berlin be- 
obachtet worden ist (diese Zeits. II. 170). Das fragliche Stück 
ist hellgrau und ganz erfüllt mit glänzenden, gelblichweissen 
Schalen und mit Abdrücken einer Cyrena-Art die dem genannten 
Forscher zufolge wesentlich mit Cyrena trigonula A. ROEMER 
übereinstimmt; es gleicht im Aeussern gauz und gar einem 
mir von Herrn Prof. BEyRICH gutigst vorgezeigten Original- 
stucke im Berliner Universitats-Museum, enthalt aber nicht die 
am Kreuzberg noch vorgekommenen Melanien. Nach Bryaion’s 
ursprünglicher Annahme gehört das Gestein dem Wealden 
an, spater wurde es von demselben vermuthungsweise als 
einer localen jurassischen Susswasserbildung entstammend be- 
zeichnet, sodann von Ferp. RoRMER wieder der Weald-Bildung 
zugerechnet (diese Zeits. XIV. 627—628). 

Nur das eine Fragment dieses sehr spärlich auftretenden 
Geschiebes ist dem Redner aus der Umgegend von Neustadt- 
Ebw. bekannt geworden; es wurde von dem Forsteleven Herrn 
v. ALTEN in den Steingraben bei Chorinchen aufgefunden. Bei- 
laufig sei bemerkt, dass nach Angabe des Herrn Dr. Kosa. 
(im Jahresbericht d. Stralauer höheren Bargerschale. zu Berlin 
f. 1867/68) grosse Bruchstücke jenes Cyrenen-Kalks unter den 
Diluvial-Geröllen der Kiesgruben bei Schlagentin ca. 1 Meile 
sudlich von Buckow nicht selten vorkommen sollen. 

6) Ein Stück des feinkörnigen gelbbraunen Sand- 
steins aus dem braunen Jura der Insel Gristow bei Cammin, 
mit einem ausgezeichnet schönen Abdruck von Ammonites Par- 
kinsoni Sow. Die sehr vollkommene Erhaltung des Abdrucks 


Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIII, 2. 28 


428 


kann man sich nur dadurch erklären, dass dieses Geschiebe, wel- 
ches auf der entgegengesetzten Seite auch ganz abgeschliffen 
ist auf dem Transport bis zur Fundstelle mit dem Gehäuse des 
Fossils fest verbunden geblieben ist. Gefunden wurde das 
Stuck unweit Kloster Chorin im Kgl. Forst. — 

Der Vortragende erwähnte sodann, uuter Bezugnahme auf 
fruhere Mittheilungen, einige weitere Funde von Saugethier- 
resten aus der Gegend von Neustadt-Ebw., welche in die 
Sammlungen der dortigen Forstakademie gelangt sind: 

1) Ein ca. 7 Kilogr. schweres Fragment eines sehr starken 
rechten Schulterblattes von Elephas primigenius mit vollständig 
erhaltener Pfanne; aus den Kiesgruben am Bahnhof Neustadt- 
Eberswalde. 

2) Ein 40 Centim. langes Bruchstuck vom Ende eines 
Stosszabnes von Elephas primigenius; aus den Kiesgruben bei 
Heegermühle. Ebendaselbst wurde vor mehreren Jahren ein 
weit grösseres Stosszahn-Fragment des Mammuth ausgegraben, 
welches jedoch bei der Aufbewahrung zerfallen sein soll. 

3) Eine zehnsprossige, abgeworfene rechte Schaufel nebst 
verschiedenen Knochenresten von Cervus alces; gefunden im 
Mai 1876 am linken Ufer des Finow-Canals ca. 3/, Kilometer 
unterhalb Neustadt-Ebw., und zwar etwa 5 Fuss tief auf dem 
Boden einer alluvialen torfartigen Schicht. 

Wenn die Dimensionen dieser Geweihhalfte, deren Vorder- 
schaufel 2 und deren Hauptschaufel 8 Enden trägt, darauf hin- 
weisen, dass der Elchhirsch bei uns in alter Zeit namhaft stärker 
gewesen ist, als heute, so gilt dies im weit grösserem Maasse 
noch von einem Geweih mit Schadelfragment von Cervus alces, 
welches der geognostischen Sammlung der Forstakademie karz- 
lich aus Elbing zugegangen ist. Die viersprossigen Vorder- 
schaufeln sind beiderseits gut erhalten, die Hauptschaufeln 
ziemlich stark beschadigt;. die Spannweite beträgt 1,6 Meter, 
was fur Elch ausserordentlich ist, das Gewicht 11", Kilogr. 
Letzteres Geweih war Ende der 40er Jahre bei Anlage des 
sog. oberländischen Canals im Forstbezirk Buchwalde ca. 
4 Meilen östlich von Elbing gefunden worden; es lag 16 Fuss 
unter der Erdoberfläche auf dem Grunde eines etwa 0,12 Hektar 
grossen Torfmoors. 

Ueber die Zeit, zu welcher. das Elchwild in der Umgebuug 
der beiden vorgenannten Fundorte noch existirte, liegen histori- 
sche Daten nicht vor; jedenfalls liegt dieselbe viele Jahrhunderte 
hinter uns, zumal da nach der allgemeinen Annahme das Elch 
im grössten Theile von Deutschland schon im 12. Jahrhundert 
nicht mehr verbreitet war. Gegenwärtig lebt es in Deutsch- 
land bekanntlich nur noch auf einem kleinen Terrain im Norden 








429 


Ostpreassens (Forstrevier Ibenhorst im Memel- Delta, Reg. 
Bezirk Gumbinnen). — . 

Derselbe Redner machte endlich die nachfolgende Mit- 
theilong uber die Fauna des Septarientbons bei 
Joachimsthal: 

Die mächtige Ablagerung von mitteloligocänem Thon, welche 
am Nordende des Werbellin-See’s unweit südlich des Städtchens 
Joachimsthal aufgeschlossen ist, wurde bereits von verschie- 
denen Seiten paläontologisch bearbeitet. Dieser vorwiegend 
dunkel bläulichgrau gefärbte, sehr fette Thon, den man schon 
wegen des zahlreichen Auftretens von Gypskrystallen, Marka- 
sitnieren und Septarien sofort als Septarien- oder Rupelthon 
anspricht, erscheint bier, am östlicheu Ufer des See’s, als 
eine locale, noch von Diluvialsand bedeckte Emporragung im 
Diluviam und enthält verhaltnissmassig viele Conchylien, wäh- 
rend in den meisten Septarienthon-Lagern (namentlich auch 
bei dem nicht sehr weit nach SO. zu entfernten Freienwalde) 
Schalthierreste zwar immerhin in zablreichen Arten, aber doch 
nur in wenigen Stucken sich finden. Die im Joachimsthaler 
Thon vorkommenden Mollusken, welche vorzugsweise in dessen 
oberen Lagen angetroffen werden, findet man in den vorzüg- 
lichen Arbeiten von BsryrioH*) und v. Kognen**) auf's ge- 
naueste beschrieben. 

Ich habe nun vor Kurzem aus der von Herrn Ziegel- 
fabrikanten Lopgxe daselbst betriebenen Thongrube eine grössere 
Suite von Conchylien erhalten, woron ich einiges der Güte 
des genannten Herrn verdanke, das Meiste jedoch von einem 
bestandig dort beschäftigten Arbeiter während längerer Zeit 
zusammengebracht worden ist. Vielleicht hat es einiges Inter- 
esse, meine bei der Durchbestimmung dieser Sammlung ge- 
machten Wahrnehmungen hier niederzulegen, wobei ich nicht 
unterlassen darf dankend anzufohren, dass Herr Prof. BeyrıcH 
die grosse Freundlichkeit hatte, mir eine Anzahl der betreffenden 
Stücke zu bestimmen. Um besonders auch von der relativen 
Haofigkeit der einzelnen Arten ein Bild zu geben, werde ich 
in der folgenden Zusammenstellung jedesmal die Zabl der ge- 
fandenen Exemplare angeben. 


Gastropoden. 


Pleurotoma subdenticulata Münst. GoLor. (Pl. turbida SoL.) 
18 Stücke, zumeist ausgewachsene Exemplare. 


*) Zur Kenntniss des tertiären Bodens der Mark Brandenburg, 
Kanstun’s und v. Decnen’s Archiv, Bd. XXII.; die Conchylien des nord- 
deutschen Tertiärgebirges, diese Zeitschr. Bd. V., VI. und VII. 

**) Das marine Mittel-Oligocän Norddeutschlands (Palaeontographica, 
Bd XVI). 

28° 


430 


Pleurotoma laticlavia Bryr. 20 Stuck. Die Gestalt der 
kurzen geraden Langsleisten auf dem Kiel ist nicht ganz constant; 
meist treten dieselben in ihrem ganzen Verlauf ziemlich gleich 
stark hervor, bisweilen jedoch sind sie in der Mitte etwas ein- 
gesenkt und dadurch von höckerigem Aeussern. 

Pl, Selysii nr Kon. 30 Stuck. In der Regel liegt das Knie 
der Anwachsstreifen in der Mitte des Kiels, bei einzelnen 
Stucken jedoch auch etwas höher, wodurch mitunter ein Aus- 
sehen bedingt wird, das im ersten Augenblick etwas an die 
gleich zu erwähnende Abart von Pl. regularis erinnert. 

Pi. flezuosa Monst. (Pl Duchastelii Nysr) 17 Stack. 

Pl. regularis oe Kon. 10 ausgewachsene (bis zu etwa 
100 Millimeter lange) und 19 kleinere, z. Th. ganz jugendliche 
Exemplare; zusammen 29 Stück. Unter den kleineren Exempla- 
ren, welche durchweg am wenigsten abgerieben sind, findet sich 
mehrfach eine Abänderung, bei der die schiefen Langefalten 
eine stärkere Entwickelung zeigen und damit das Aussehen 
von Höckern auf der, der untern Naht sebr nahe gerückten 
Wölbung der Winduugen gewinnen. 

Pl. scabra Puiu. (Pl. intorta Bsoc.). 10 Stuck. 

Pl. Volgeri Pauw. 7 Stück. 

Fusus scabriculus Pair. 3 Stück. 

Fus. rotatus Beyer. 16 Stuck der typischen Form mit 
scharfem, ungehockertem Kiel, 5 Stück der Abart mit knotigen 
Längsfalten und 2 Stuck einer Abänderung mit gerandetem 
Kiel; zusammen 23 Stück. 

Fus. multisulcatus Nyst 10 Stuck. 

Fus. elongatus Nyst 10 Stück. Nur kleinere Exemplare, 
die längsten 13 Millim. Jang, z. Th. mit sehr gut erhaltenem, 


‚von 3 glatten Windungen gebildetem Embryonalende; bei dem 


stärksten Stücke eine Andeutung von Parallelstreifen auf der 
Aussenseite der Mündung, was bei ganz jungen Exemplaren 
niemals vorzukommen scheint. 

Diese Art ist mit Fus. Waelii Nyst, dem sie in der 
Quer- und Längssculptur der Mittelwindungen in der Tbat off 
nahe steht, ohne Zweifel bisweilen verwechselt worden. Ich 
kann jedoch die Abwesenheit des auch zu Hermsdorf fehlenden 
Fus. Waelii unter den mir vorliegenden Joachimstbaler Con- 
chylien bestimmt behaupten. Zwei etwas grössere, vom Herrn 
Lehrer Seirrge zu Joachimsthal zur Vergleichang mir über- 
sandte und von anderer Seite als Fus. Waelii bestimmte Stücke, 
beide mit abgebrochenem Embryonalende, konnten unschwer 
als Fus. elongatus erkannt werden. Die Sculptur der obersten 
Mittelwindung, das Auftreten sehr deutlicher Zwischenstreifen 
zwischen den Hauptspiralen der unteren Mittelwindungen, das 
Verhältnisse, in dem überhaupt die Querstreifen nach unten hin 








431 


zunehmen, und die scharf ausgeprägte Biegung des Kanals so- 
wie des Stiels nach aussen liessen keinen Zweifel daran übrig; 
zugleich zeigt das grösste jener beiden Exemplare eine deut- 
lich entwickelte Streifung auf der Aussenseite der Mündung, 
ein Merkmal, welches ab und zu bei Fus. elongatus, dagegen 
nicht bei Fus. Waelii beobachtet wird. 

Uebrigens wird auch weder von BEYRICH, noch von v. KoEnEN 
das Vorkommen der letztern Art zu Joachimsthal erwähnt. Da- 
hingegen ist dieselbe von Buckow und Freienwalde bekannt, 
koromt dort jedoch, wie Bryricn (diese Zeitschr. VIII. 57) aus- 
dracklich bemerkt, nur selten vor; etwas auffallend erscheint die 
Angabe des Herrn Dr. KoseL (i. Jahresber. d. Stralauer höh. 
Bargerschule f. 1867/68), dass Fus. Waelii im Septarienthon 
bei Buckow sehr häufig sei. 

Noch verdient bemerkt zu werden, dass die Zahl der 
Längsrippen bei Fus. elongatus, welche von BEYrRIcH und v. KoknEn 
für die unteren Mittelwindungen zu 8—10 angegeben wird, 
was im Allgemeinen allerdings zutrifft, mitunter etwas grösser 
ist; ich zählte deren auf der untersten und der vorletzten 
Mittelwindung etlicher Exemplare 11 und 12, in einem Falle 
sogar 13. Derartige Stücke gleichen bei etwas flüchtiger Be- 
trachtung oft sehr dem Fus. elatior; namentlich bei kleineren 
Exemplaren kann die Unterscheidung schwierig sein. 

Fus. elatior Beyr. 44 Stück. Die Querstreifen stehen 
fast immer gedrängt; nur bei einem der vorliegenden Stücke 
sind ihre Zwischenraume auf den untern Mittelwindungen grösser, 
so dass sie z. Th. sogar die Streifen selbat an Breite über- 
treffen, wobei jedoch stellenweise ein feinerer Zwischenstreifen 
zwischen den primären Spiralen sich zeigt. Nach v. KoENEN 
sind zwischen 11 und 18, doch in der Regel 15—16 Quer- 
streifen auf jeder Windung vorhanden; an den Joachimsthaler 
Exemplaren fand ich meist 11 bis 13 auf den unteren Win- 
dungen. 

Bei nur theilweise erhalteneu Stücken ist es, wie vor- 
hin angedeutet, manchmal schwer, diese Art von denjenigen 
Formen der vorhergehenden zu unterscheiden, welche mehr 
Längsrippen als gewöhnlich besitzen. Unter meinen Stücken 
des F. elongatus befinden sich zwei mit 12 — 13 Langerip- 
pen auf den untersten Mittelwindangen und einem dergestalt 
beschädigten Embryonalende, dass der Rest desselben ganz an 
das charakteristische stumpfe Embryonalende des Fus. elatior 
erinnert. Ich glaubte hier anfangs eine Uebergangsform vor 
mir zu haben; zur genauen Feststellung sind in solchen Fallen 
fur den Fus. elongatus des Septarienthons hauptsächlich folgende 
Merkmale zu beachten: 1) die Wölbung der unteren Windungen 
zeigt zwischen den Hauptspiralen stets einen feineren Quer- 


432 


streifen, wogegen bei Fus. elatior die Spiralstreifen entsprechend 
der Angabe Brynicn’s fast immer auf den einzelnen Windungen 
von gleicher Stärke sind; freilich musa ich zugleich v. Kogngn’s 
Bemerkung bestätigen, dass auch die letztere Art hin und 
wieder alternirend stärkere und schwächere Spiralen besitzt, 
obgleich dies selten ist; 2) Canal und Stiel sind stets nach 
aussen gebogen, bei Fus. elatior gerade; 3) ein meines Wissens 
noch nicht speciell citirtes Kennzeichen für Fus. elongatus be- 
steht darin, dass die Querstreifung des Abfalls der Schluss- 
windung sich auf der Spindel am oberen Winkel der Mündung 
nach innen zu fortpflanzt, während die Spindelplatte bei Fus. 
elatior durchweg glatt bleibt. 

Einige andere Merkmale sind weniger prägnant. Fusus 
elongatus hat manchmal unter der oberen Naht eine mit schwäche- 
ren Spiralstreifen bedeckte Einsenkung, doch iat dies bei weitem 
nicht immer der Fall, am häufigsten noch bei grösseren und 
besonders, wie es scheint, bei den mit mehr Längsrippen ver- 
sehenen Exemplaren; bei Zus. elatior hingegen ist die Wolbung 
der Windungen im Ganzen gleichmässiger. Sodann ist der 
Rücken der Längsrippen bei letztgenannter Art ziemlich schmal, 
bei der andern meist stumpfer, indess auch hier wieder scharfer, 
sowie eine grössere Zahl von Rippen sich einstellt; charakte- 
ristischer wohl ist die bei Fus. elatior ziemlich regelmässig 
zu beobachtende sichelformige Gestalt der Langsfalten. Was 
die bei beiden Arten etwas gekrummten Anwachsstreifen betrifft, 
so zeigt Fus. elongatus sie vielleicht etwas deutlicher, jedoch 
ist hierauf für die Unterscheidung kaum Gewicht zu legen. 

Voluta Siemssenii Bout (Vol. fusus Puin.). 2 Stück. 

Cassis Rondeletii Bast. 3 kleinere und 1 ausgewachsenes, 
zusammen 4 Stück. 

Pyrula concinna Berk. 1 Stück. 

Pyrula sp.? 2 Stuck. 

Cancellaria evulsa SoL. sp. 2 kleinere und 2 ausgewachsene, 
zusammen 4 Stück; darunter ein für den Septarienthon sehr 
grosses Exemplar von 19 Millim. Lange und 12 Millim. Breite, 
welches somit das Maximum der von Bgyricg an oberoligocanen 
Stacken von Crefeld constatirten Dimensionen erreicht (von 
Lattorf aus dem Unter-Oligocan erwähnt v. Kognen ein Stück 
von 24 Millim. Lange und 18 Millim. Dicke). 

Cancellaria granulata Nysr 1 Stück. 

Tiphys fistulosus Broc. sp. nach Beyrıch (Tiph. Schlotheimti 
Bryr. nach v. Kozsen). 2 Stuck, davon das grössere 10 Millim. 
lang und gut erhalten. Die Tiphys-Röhren entsprechen in Form 
und Stellung genau den von Hermsdorf bekannten Stücken der- 
selben Art: sie sind stark zuaammengedrückt und münden sammt- 
lich in Querschlitzen mit vorspringenden Seitenecken, welche die 


433 


bis zum Stiel durchgehenden Langswulste der Windungen mit den 
rechts davon stehenden Zwischenrippen verbinden. Der Umfang 
einer Windung zeigt stets genau 4 Walste, also die nach Beykrica 
(diese Zeits. VI. 766) fur Tiph. fistulosus charakteristische und 
von Tiph. Schlotheimii unterscheidende Zahl, indem letzterer 5 bis 
6 Längswulste auf jeder Windung habe; wogegen nach v. KOENEN 
(Mittel-Oligocan, S. 18) jenes Merkmal kein constantes und 
unser oligocäner Tiph. fistulosus (übrigens nach SEMPER und 
v. Kosnen auch verschieden von Broccar's gleichnamiger sub- 
apenniner Art) mit Tiph. Schlotheimii zu vereinigen ist. 

Tornatella globosa Brrr. 2 Stück. Bei beiden Exemplaren 
ist die im Vergleich zu 7. simulata Sou. sp. grössere Zahl der 
feinen Spirallinien (ca. 10 auf der letzten Mittelwindung und 
ca. 30 auf der Schlusswindung) recht deutlich wahrzunehmen. 

Scalaria intumescens v. Korn. 1 Stuck. Es ist ein recht 
schönes, mit lebhaft glanzender Schale versehenes Exemplar 
dieser seltenen Art, bei dem die Mündung ziemlich erhalten 
und nur die äusserste Spitze abgebrochen ist, so dass sich 
über die Form des ohne Zweifel sehr kurzen Embryonalendes 
nichts sagen lasst. Dasselbe passt sehr gut zu v. KoENEN’s 
Beschreibung (a. a. O., S. 58). Das schlanke, turritellenähn- 
liche Gewinde zeigt noch 8!/, Windungen und ist 13 Millim. 
lang, wovon 3 Millim. auf die Mündung kommen; Dchm. der 
Schlosswindung 4,5 Millim., Dchm. der obersten erhaltenen 
Windung 1 Millim. Diese Maasse stimmen gut zu dem von 
v. Kognen (Tab. II. Fig. 7) abgebildeten Stücke von Buckow. 
Die Längssculptur beginnt in voller Schärfe schon auf der 
obersten sehr kleinen Windung; man zählt auf jeder Windung 
12 bis 13 Längerippen, die etwa halb so breit als ihre Zwischen- 
räume sind und grossentheils fortlaufende gerade Linien auf 
den nacheinander folgenden Windungen bilden; nur erscheinen 
die Rippen der oberen Hälfte der Windungen gegen die der 
unteren Hälfte in dieser Beziehung etwas verschoben. Die 
breiten, gedrängten Spiralstreifen anlangend, so zähle ich deren 
9 auf den unteren Windungen (v. Kosnen giebt etwa 12 an), 
auf der Unterseite der Schlusswindung, die mit dem Conus 
des Gehäuses eine selır stumpfe Kante bildet, sind sie etwas 
feiner. 

Natica Nysti Beyr. 45 Stack. 

Dentalium Kickrü Nysr 3 Stuck. 

Verschiedene, nicht genauer zu bestimmende Steinkerne. 
19 Stück. 


Conchiferen. 


Nucula Chastelii Nyst 28 Stack, z. Th. sehr gut erhalten 
und unverdrückt. Bei einem derselben ist die oberste Lage 





434 


der Schale durch Verwitterung grosstentheils abgelöst, und es 
erscheint nun die Oberfläche in der Weise mit gedrängten 
Radialrippen bedeckt, dass die Sculptur an die von Nucula 
Archiacana Nyst erinnert (cf. v. Koenes, Mitt.-Oligocan. S. 94). 

Leda Deshayesiana Nyst 44 Stuck. 

.Azinus (Cryptodon) unicarinatus Nysr 153 Stück. 

Axinus (Cryptodon) obtusus Beyer. 10 Stack. 

Thracia Nysti v. Kornen. 1 Stuck. 

Die mitgetheilte Aufzahlung weist 367 Gastropoden mit 
22 Arten (die zweifelhafte Pyrula- Form nicht mitgerechnet) 
und 236 Bivalven mit 5 Arten auf, im Ganzen also eine Stuck- 
zahl von 603 Mollusken, welche sich auf 27 Arten vertheilt. 
In der Anzahl der Stucke und vor Allem in der Artenzahl 
werden somit die Conchiferen von den Gastropoden bedeutend 
übertroffen; andererseits ist aber gegen alle übrigen Schalthiere 
Azinus unicarinatus bei weitem vorherrschend, eine Muschel, 
die überhaupt das verbreitetste Fossil im Mittel-Oligocan ist 
und deren besondere Haufigkeit bei Joachimsthal auch v. Kounen 
bervorhebt, demnächst am zahlreichsten erscheint Plewrotoma 
subdenticulata, und im Ganzen lässt sich sagen, dass unter 
den Einschalern diejenige Gruppe von Pleurotomen vorwaltet, 
bei welcher das Knie des Ausschnittes mit der Höhe des Kiels 
zusammenfällt. Eine grössere Häufigkeit zeigt sodann noch 
die im Septarienthon überall gemeine Natica Nysti, ferner 
Fusus elatior und Leda Deshayesiuna; letztere Art kommt an- 
derwärts im Septarienthon noch zahlreicher vor, und ist u. a. 
in dem Freienwalder Thon nach meinen Beobachtungen das 
häufigste Fossil. 

Ausser den von mir genannten Arten fuhrt nun v. KOENEN 
noch folgende andere als bei Joachimsthal vorkommend an, 
wodurch namentlich die Zahl der Bivalven einen verhältniss- 
mässig bedeutenden Zuwachs erfährt: 

Borsonia plicata Beyr.; Murex Pauwelsü pg Kon.; Cassi- 
daria n. sp.? (echinophora Lin. sp.?); Pleurotoma Koninckü 
Nyst; Mangelia Roemeri Puit.; Dentalium seminudum Desn.; 
Tornatina? elongata Sow. sp.; Valvatina umbilicata Borneo. ; 
Pecien pictus Goupr.; Nucula peregrina Desx.; Nucula Archia- 
cana Nysr, vielleicht verwitterte Exemplare vou Nuc. Chastelii? 
Leda? sphaerica v. Kozn.; Sportella? Dunkeri v. KoEn.; Astarte 
Kickzii Nyst; Pecchiola argentea Mar.; Psammobia nitens Desa.?; 
Teredo anguina SanpBG. 

Dagegen enhält meine Aufzählung 4 Arten, welche weder 
Bryrion, noch v. KoENEN für Joachimsthal anführt: 

Fusus scabriculus ; Cancellaria granulata; Tiphys fistulosus 
Broc. (Schlotheimii Bryr.?); Scalaria intumescens. 

Da die Arbeiten der genannten Forscher bisher 40 Mol- 





| 435 


lusken- Arten aus dem Joachimsthaler Thon bekannt gemacht 
haben, so steigt ihre Zahl hiermit auf 44. Hermsdorf hat 
deren bis jetzt 73 geliefert. 

Bezüglich des gegenwärtigen Zustandes der Joachimsthaler 
Conchylien bemerke ich noch, dass die Schale der Bivalven 
immer, die der Gastropoden nur ziemlich selten mit einer festen 
Mineralmasse, welche gewöhnlich aus Eisenkies besteht, aus- 
gefullt ist; es werden daher von ersteren viele, von letzteren 
verhaltnissmassig wenige Steinkerne gefunden. Sodann findet 
man die sehr zerbrechlichen Schalen der Conchiferen, soweit 
sie nicht verwittert sind, in ihrer Sculptur meist vollkommen 
erhalten, während die (rehäuse der Gastropoden häufig mehr 
oder weniger abgerieben sind. 

Schliesslich sei erwähnt, dass die besprochene Sammlung 
an weiteren Resten 3 Lamna-Zähne enthält. j 

Herr Weiss legte einige Abdrücke aus den Steinkoblen- 
schichten des Piesberges bei Osnabrack vor, welche Herr 
Dir. Temme der Sammlung der Bergakademie übersandt hatte. 
Sie stammen aos dem Hangenden des Flötzes Mittel und sind 
zum Theil für die dortige Gegend neu: Dictyopteris Hofmanni, 
Neuropteris cf. fleruosa, Alethopteris Serli, Lepidophloios larici- 
nus, Sigillaria rimosa GoLpB., Cordaites, ein grossblättriges 
Sphenophyllum. Die Exemplare von Alethopteris Serli zeigen 
um sammtliche Fiederchen herumlaufende verdickte Ränder, auf 
dem verdickten Rande oft Fältchen wie von zarten Schleier- 
chen; die interessante Erscheinung ist unzweifelhaft durch 
Pteris- artige Fructification hervorgerufen. 

Nächstdem berichtete derselbe unter Vorlegung lithogra- 
pbirter Tafeln über die hauptsächlichsten Ergebnisse von neue- 
ren Untersuchungen uber die Fructificationen der Gattun- 
gen Cingularia, Calamostachys und Verwandte unter den Ca- 
lamarien. Ueber die Organisation von Cingularia ist man- 
ches Nähere bekannt geworden, und es müssen die früher 
vom Vortragenden und zuletzt von SOHIMPER gegebenen Dar- 
stellungen in mehreren Stücken vervollständigt und verbessert 
werden. In der gegliederten Aehre dieser Gattung existiren 
an jeder Gliederung 2 Blattwirtel dicht uber einander, oft im 
Abdruck so nahe auf einander gepresst, dass der eine wie die 
Fortsetzung des andern, aber beide wie ein einziger Wirtel 
erscheinen kann, was indessen nicht der Fall ist. Der obere 
ist steril, eine tellerformige Scheide, welche am Rande in viele 
gleiche, mehr oder weniger lange Zähne sich zertheilt; der un- 
tere Wirtel ist fertil, flach scheibenformig und durch abwech- 
selnd tiefere und seichtere Einschnitte in 20 oder 24 keilför- | 
mige, an der Spitze breit abgestutzte Abschnitte getheilt. Jeder 
Zipfel zerfällt durch eine Quertheilung, welche auf der Ober- 


28 se 


436 


seite als Furche, auf der Unterseite als Kante erscheint, in 
2 Felder und ebenso der ganze fertile Wirtel in einen äussern 
und innern Kreis. Jedes Feld, namentlich deutlich das nach 
aussen gelegene, trägt eine runde oder rundliche Narbe, die, 
wenn Gestein an ihr haften bleibt, wie ein auflagernder rund- 
licher Körper (Sporangium) erscheint. Indessen ist es nar die 
Insertionsnarbe der Sporangien; letztere sind ziemlich grosse 
rundlich viereckige Körper, flachgedrückt oder ursprünglich 
flach, mit fein liniirter Oberfläche und waren bisher nicht be- 
kannt. An jeder Insertionsuarbe des Tragerwirtels haftete auf 
der Unterseite derselben ein Sporangium, so dass bei vollstan- 
diger Entwicklung ein solcher Wirtel 40 oder 48 Sporangien 
von je 5 Mm. Höhe und 3 Mm. Breite trug. Dass die beiden 
Blattkreise getrennt sind, kann man bei guter Erhaltung be- 
stimmt wahrnehmen, indem sich Gesteinsmasse zwischen sie 
eindrangt; auch geht es unter Auderm daraus hervor, dass 
die Zipfel dea untern fertilen Wirtela die Einschnitte des obern 
aterilen überrager, also nicht durch Abfallen der Zähne der 
(obern) Scheiben entstehen können. Diese Darstellung unter- 
scheidet sich von der früher vom Vortragendeu gegebenen 
namentlich dadurch, dass die Stellung der Aehrenbruchstücke 
damals verkehrt angenommen wurde, und daher der fertile 
Kreis über dem sterilen gezeichnet wurde, sowie bezüglich der 
Deutung der Sporangien. Die erste Auffindung der letzteren 
verdankt man einem Besuche des Herrn Stur aus Wien, wel- 
cher in der hiesigen Universitätssammlung Exemplare mit Spo- 
rangien entdeckte. Namentlich hierdurch wurde auch die Stel- 
lung der Aebren erwiesen, die übrigens auch an einigen andern 
Stücken, welche an Zweigen befindliche Aehren trugen, sich 
bestätigte. 

Die Organisation der Aehren, welche man Calamosia- 
chys nennt, ist bekannt, auf kritische Punkte derselben soll 
hier nicht eingegangen werden. Nur ihre sehr nahe Verwandt- 
schaft zu den Annularienähren mag hervorgehoben werden, 
welche in der That so gross ist, dass, wenn man nicht beide 
vereinigt (was man kaum than wird), es unter Umständen 
sehr schwer wird, sie zu unterscheiden, da das Hauptanter- 
scheidungsmerkmal schliesslich darin besteht, dass der Tra- 
ger in den s g. Annularienabren nur ein oder zwei, der io 
den Calamostachysähren wohl vier Sporangien trägt. Freilich 
scheinen dazu einige andere Merkmale sich hinzazugesellen, 
wie der gedrungene Habitus, die Stellung der Aehren; indes- 
sen sind das Merkmale, deren Beständigkeit zu bezweifeln ist. 
— Aebren von gleichem äussern Typus wie bei den ächten 
Calamostachys findet man häufig; man rechnet daher dieselben 
zum Theil ebenfalls hieher, ohne über die Befestigung ihrer 





437 


Sporangien eiwas Zuverlässiges zu wissen. Namentlich gilt 
dies von Allem, was man unter dem Namen Volkmannia, 
den man aufgeben sollte, verstanden hat. Wo bei Volkman- 
nia von Sporangien nichts zu sehen ist, lässt sich natürlich 
auch über die Stellung dieser Aehren nichts ermitteln, es sind 
eben nur gegliederte beblätterte, meist kleinere Aehren, und 
ursprünglich hat STRBNBERG unter diesem Namen Dinge ver- 
einigt, welche nicht zusammengehören oder nicht sammtlich 
Aehren waren. Wo Sporangien sichtbar sind, finden sie sich 
oft in einer Stellung, so dass sie in den Deckblattwinkeln zu 
sitzen scheinen, und dies ist auch eine sehr gebräuchliche An- 
nahme. Das beste und Haupt-Beispiel von Volkmannia bildet 
die von Pres 1838 beschriebene und abgebildete V. elon- 
gata von Swina in Böhmen. Durch die Güte des Professor 
Fritsch in Prag ist dem Vortragenden eine erneute Untersu- 
chung und Abbildung dieses ausgezeichneten Stückes ermög- 
licht worden, und hiebei fanden sich kleine grade säulchenför- 
mige Trager der Sporangien, welche aber nicht aus den Mitten 
der Axenglieder entspringen, wie bei Calamostachys, sondern 
aus den Blattwiukeln der Bracteen. Das Nähere wird die 
vorbereitete Abbandlung des Vortragenden über Calamarien- 
fruchte bringen. — Mit diesen verschiedenen Modalitäten der 
Organisation der sogenannten Volkmannien ist übrigens mög- 
licher Weise die Natur noch nicht erschöpft, wenigstens giebt 
WiLLIAMSON auch den Fall an, dass die Fruchtträger aus den 
Deckblättern selbst hervorsprossen. 


Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 


Vv. Ww. O. 
WEBSEY. Weiss. Dames. 


Druck von J. F.Staroke in Berlin. 








EEG Se Eee pee wae. oe ot 


Deutsche Geologische Gesellschaft. 


Berlin, Januar 1877. 
TN Pal 
I. «7 A 


Nachdem auf der allgemeinen Versammlung in München 
die Erhöhung der Jahresbeiträge für die auswärtigen Mit- 
glieder auf 20 Mark, für die Berliner Mitglieder auf 25 Mark 
durch unseren Schatzmeister beantragt (siehe dessen Motivi- 
rung Bd. XXVII. Seite 721) und dieser Antrag genehmigt 
und auf der letztjährigen Versammlung zu Jena definitiv 
zum Beschluss erhoben worden ist, werden von jetzt an 
genannte Beiträge durch den Schatzmeister zur Einziehung 
gelangen. 

Im Falle Sie bereits Ihren Jahresbeitrag pro 1877 in der 
Höhe des bisherigen eingesandt haben sollten, würden Sie 
uns durch Nachzahlung von 6 Mark 50 Pfg. mittelst Post- 
einzahlung an die Bessersche Buchhandlung inBerlin 
N.W., Marienstrasse No. 10, zu Dank verpflichten. 


Der Vorstand 
der Deutschen Geologischen Gesellschaft. 





2 Re — um ne ee | 


Zeitschrift 


der 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 
3. Heft (Juli, August und September 1876). 





A. Aufsätze. 


I, Ueber eine nene Berechnung der Quantitäten der 
Gemengtheile in den Vesuviaven. 


Von Herro J. Rora in Berlin. 


Schon vielfach ist der Versuch gemacht, aus der Bausch- 
analyse der Vesuvlaven die Quantität der einzelnen Gemeng- 
theile zu berechnen, aber mit geringem Erfolg. Makro- und 
mikroskopisch kennt man darin: Leucit, Augit, Magneteisen, 
Nephelin, Olivin, Glimmer, Sanidin, triklinen Feldspath, Apa- 
tit; ein Mal fand ZıekeL Hauyu. Wie es scheint, findet sich 
nor in Poren und Drusen Sodalith, Melanit, Hornblende. Wenn 
die beiden ersten Mineralien wirklich als Gemengtheile vor- 
kommen, so sind Analogien aus anderen Leucitgesteinen be- 
kannt. Hornblende kennt man bisher in Vesuvlaven nur als 
Sublimat, Quarz ist nie als Gemengtheil gefunden. Ausser 
den genannten Mineralien tritt in den Vesuvlaven Glasbasis 
in grösserer oder geringerer Menge auf; Glaseinschlüsse und 
halb oder ganz entglaste Einschlusse (sogenannte Schlacken- 
einschlüsse, sione-cavities SonBy) finden sich in den beiden 
Hauptgemengtbeilen Leucit und Augit haufig in reichlichem 
Maasse. Die chemische Zusammensetzung dieser Glasmassen, 
von denen namentlich die Glasbasis in Betracht kommt, kennt 
man nicht, und nach dem bisher Bekannten lässt sich ihre 
Zusammensetzung aus den Bauschanalysen krystallinischer 
Gesteine, in denen sie auftritt, weder im voraus bestimmen 
noch berechnen. Aus Vesuvlaven sind nur Leucit, Augit und 
Olivin analysirt. Die Analysen dieser Leucite (aus Laven 
von 1811, 1845 und 1858) gaben Lei RAMMELSBERG ein Maxi- 


Zeits. d.D. geel. Ges. XX VIII. 3. 29 


440 


mum von 0,93 °/, Natron und von 0,91 °/, Kalk, AsıcH fand 
in seinem glasigen Leucit (aus Lava von 1834) bekanntlich 
10,40°/, Kali und 8,83 °/, Natron. Die 3 Analysen der Au- 
gite liefern Magnesia und Kalk nahezu in denselben Verhalt- 
nissen, das Eisenoxyd ist nur von Weppine bestimmt, die 
Menge des Eisenoxyduls ist also fraglich, während die Menge 
der Thonerde wechselt von 4,42 bis 8,63 °%/,. Der von Katie 
analysirte Olivin entspricht der Formel 7 MgO + 1 FeO 4 4 SiO?. 
Dass Titaneisen, bisweilen wenigstens, vorhanden ist, lehren 
die Untersuchungen von RANMELSBERG. Ueber den etwaigen 
Natrongehalt des Sanidins und die Art des triklinen Feld- 
spathes lassen sich gegründete Vermuthungen nicht aufstel- 
len; dass der trikline Feldspath Anorthit sei, ist möglich, aber 
nicht bewiesen. Nimmt mar auch die Zusammensetzung der 
übrigen Gemengtheile gleich an mit der sonstiger Vorkommen, 
so bleiben dennoch die Grundlagen für die Berechnung der 
Quantitäten der einzelnen Gemengtheile höchst unsicher, wie 
schon fruber ausgesprochen «wurde. Auch die Behandlung mit 
Salzsäure giebt keine Aufschlüsse, wie RAMMELSBERG gezeigt 
hat. Ebenso fehlen zu einer Berechnung der Menge und der 
chemischen Zusammensetzung der Glasbasis nach dem Mitge- 
theilten alle nöthigen Anhaltspunkte. Es lässt sich nicht Ein 
Gemengtheil mit Sicherheit direct seiner Menge nach bestim- 
men, und es giebt keinen chemischen Bestandtheil, der nur 
Einem Mineral angehört, so dass sich daraus die Quantität 
Eines Gemengtheils berechnen liesse. Ausserdem würde jede 
Berechnung voraussetzen, dass alle Krystalle eines Minerals, 
das in der Lava vorkommt, dieselbe chemische Zusammen- 
setzung haben wie die analysirten Krystalle. Eine, wenn auch 
wahrscheinliche, so doch nicht bewiesene Voraussetzung. 
HavuaxTon bat in seinem Report on the chemical, mine- 
ralogical and microscopical characters of the lavas of Vesuvius 
from 1631 to 1868 (Transactions of the Royal Irish Academy 
Vol. 26. 49 — 164, 1876) aufs neue diese Berechnung ange- 
stellt, und zwar auf folgenden Grundlagen. Der mikroskopi- 
schen Untersuchung der 20 von Haucaron analysirten Laven 
unterzog sich Epwarp Hou. Derselbe fand in allen diesen 
Laven* Glasbasis (the ultimate paste is a translucent glass), 
Leucit, triklinen Feldspath, den er fur Labrador halt, Augit, 
Magneteisen. Olivin sah er in 12 der untersuchten Laven, 
aber nicht in 5 anderen, in welchen er makroskopisch von 
Haveuton angeführt wird; Glimmer (Biotit) 7 Mal, Nephelin 
16 Mal, Sanidin 9 Mal, Sodalith 11 Mal, Mejonit 1 Mal (in 
der Lava von 1760), Apatit sicher in der Lava von 1631. 
Bis auf den Mejonit, dessen Vorhandensein in den Laven nicht 
sichergestellt ist, stimmen diese Angaben mit den vorhandenen 


441 


überein, während von Hox. als Gemengtheil angegebene Horn- 
blende (7 Mal beobachtet) und der als Gemengtheil angegebene 
Quarz nicht beobachtet sind. 

Aus dem von Hui Mitgetheilten geht nicht mit Sicher- 
heit hervor, dass Hornblende vorliegt. Die Winkel von 124° 
und 133° können bei gewissen Querschnitten des Augites auf- 
treten; von Pleochroismus ist nichts angegeben. Ich habe 
in den mir zu Gebote stehenden Dünnschliffen von Vesuvlaven 
vur Augit, nie pleochroitische Hornblende gesehen. Dass die 
wasserhellen, polarisirenden Krystalle Quarz sein müssen, weil 
die Endflachen der Prismen den Winkel von 93° 53’ geben, 
erscheint nicht nothwendig. Quarz wird von HuLL aus dep 
Laven von 1794, 1850, 1855 und 1861 angeführt (p. 158). 

In Haveuron’s Berechnung der Laven wird übrigens Horn- 
blende, Glimmer, Sanidin, Mejonit und Quarz entweder nur 
als Spur oder als fehlend aufgeführt; diese Mineralien üben 
also auf die berechnete Zusammensetzung der Laven keine 
Einwirkung aus. 

Für die chemische Zusammensetzung der krystallisirten 
Gemengtheile nimmt Haucaron mittlere Grössen an, deren 
Summe wunderlicher Weise nur ein Mal (bei Magneteisen ) 
genau 100 ist. 


Leueit = 17,6 °/, Kali, 3,1°/, Natron, 
Augit = Weppine’s Analyse, 
Olivin = Kazze's Analyse, 


Magneteisen = 69°/, Fe?0? u. 31%, FeO. 


Für den triklinen Feldspath, den Hauaarox als Anorthit 
betrachtet, weil er am Monte Somma auftritt, far Nephelin, 
Glimmer, Sodalith, Mejonit, Hornblende werden annähernd die 
Analysen der betreffenden Mineralien aus Sommaauswürflingen 
eingeführt; so für Nephelin 4,8 °/, Kali, 15 °/, Natron, 1,8%, 
Kalk. Fur den Sanidin nimmt Haventon seine Analyse des 
Orthoklases aus Granit von Leinster, Irland, mit 12,3 °/, Kali 
u. 2,8 °/, Natron. Mit Hülfe einer Reibe unbestimmter Glei- 
chungen werden dann die procentischen Mengen der durch die 
mikroskopischen Beobachtungen gefundenen Gemengtheile, so 
wie die procentische Menge und die chemische Zusammen- 
setzung der Glasbasis (indefinite paste) berechnet und zwar 
nach dem Satz: „Von den vielen möglichen Auflösungen der 
Gleichungen wird die in der Natur vorkommen, welche die 
grösste Menge bestimmter Mineralien und die geringste Menge 
Glasbasis liefert.* 

Als Grund far diesen Satz führt Haucuton an: „Die 
Summe der Kräfte, welche die Elemente zu bestimmten Com- 
binationen, zu bestimmten Mineralien vereinigt, muss grösser 


29 * 


442 


sein, als die Summe der Krafte, welche die Glasbasis bildet, 
daber wird (nach dem principle of least action) die Menge der 
Glasbasis die geringste, die der bestimmten Mineralien die 
grösste sein (p. 66). Ferner setzt Hauguron voraus, dass die 
Reihenfolge der Ausscheidung der Mineralien sich richtet nach 
der Grösse der Verwandtschaften ihrer Basen (p. 139), so dass 
die Kali- und Natronmineralien (Leucit, Nephelin, Sodalith) 
wahrscheinlich zuerst gebildet wurden, dann Augit, endlich 
Magnetit und Anortbit (p. 141). Er fügt hinzu, dass Hot 
Magnetit und Augit zu den zuerst ausgeschiedenen, Leucit zu 
den später gebildeten Mineralien rechnet. 

Dass sich der Grundsatz der „geringsten Action® nicht 
verallgemeinern lässt, zeigen die glasigen Gesteine wie Obsi- 
dian, in denen die krystallisirten Mineralieu bei weitem den 
geringsten Antheil ausmachen; dass er selbst nicht für Vesuv- 
laven gilt, zeigen die glasreichen Laven von 1822, 1858 
(Fucus und ZirkeL) und Lava, die ich selbst 1844 von einem 
kleinen Strom im Krater sammelte: hier überwiegt die Glas- 
basis bei weitem die krystallinischen Gemengtheile. Dass die 
Reihenfolge der Ausscheidung der Mineralien nicht in der von 
HavGHToN angenommenen Weise geschah, zeigen die Glas- 
einschlüsse in Leucit und Augit, die Einschlüsse von Augit in 
Leucit und von Leucit in Augit und endlich die Mikrolithen, 
welche in Glasbasis und in den krystallisirten Mineralien vor- 
kommen. Ganz abgesehen davon, dass bei den aus Schmele- 
fluss erstarrten Gesteinen überhaupt die Reihenfolge sich als 
eine nicht nach diesen Anschauungen geschehende ergiebt. 

Während die chemischen Analysen Haveuton’s mit den 
bisherigen gut übereinstimmen und von dem Mittel nicht weiter 
als gewöhnlich abweichen, mögen als Proben der berechneten 
Resultate die 4 untersuchten dienen, in denen die berechne- 
ten Mengen von Nephelin, Sodalith und Anorthit nahezu das 
Maximum, Magnetit das Minimum erreicht. 


Lava von 1631. 


1. Lava von Gravina. Makroskopisch: einzelne 

Olivine: u 4 0 u ee ie er St Spr'G ll. 
2. Lava von Granatello. Olivin . . . . . Sp. G. 2,651. 
3. Lava von la Scala. Einzelne Olivine . . Sp. G. 2,700. 
4. Lava. Einzelne Olivine; in Spalten Sodalith 

und Breislakit 0 + + «+ «+ «+ + Sp. G. 2,678. 


Denselben Gegensatz, den die Laven von 1631 aufweisen, 
— Nephelin reichlich und Spur von Sodalith oder Sodalith 
reichlich und Spur von Nephelin — zeigen auch die ubrigen 
Rechnungen. So ist auch für die Lava von 1858 vom Ende 





443 


der Fossa grande, in welcher RaMMELSBERG und ZirkeL Nephe- 
lin nachwiesen, 7,1°/, Sodalith und kein Nephelin berechnet, 


den Hutt mikroskopisch nicht fand. 











1. 2 3. 
SiO? 48,12 48,54 47,47 
AIO’ 17,16 14,86 16,67 
FeO* 5,69 4,17 4,20 
FeO 5,13 4,82 5,90 
MnO 1,20 1,18 1,15 
TiO 0,22 0,21 0,23 
MgO 3,99 5,75 4,34 
CaO 9,84 11,89 9,98 
Na?O 2,77 2,71 2,28 
K°O 1,24 6,45 7,46 
P?O> Spur 0,18 0,45 
Fl — ~- 0,08 
Chlor nicht bestimmt nicht bestimmt 0,395 
Wasser 0,08 0,16 0,08 
101,44 100,92 100,685 
1. 2. 3 
Leueit 38,2 33,6 40,6 
Augit 28,6 41,2 31,1 
Magnetit 7,14 4,45 4,9 
Anorthit 6.6 0,6 6,9 
Nephelin 10,5 10,0 6,5 
Olivin Spur Spur Spor 
Hornblende Spur Spar — 
Glimmer Spur — — 
Sodalith Spor Spor Spur 
Apatit Spur 0,44 1,1 
Glasbasis 8,96 9,71 8,9 
100,00 100,00 100,0 


Glasbasis, berechnete Zusammensetzung: 


1. 2. 3. 
SiO? 46,9 45,0 37,2 
CaO 25,0 27,0 16,1 
FeO 28,1 28,0 46,7 








100,0 100,0 100,0 











nicht bestimmt 


0,48 
100,38 











444 


Auch für die übrigen 15 Laven hat die berechnete Glas- 
basis eine Zusammensetzung aus Kieselsäure, Kalk und Eisen- 
oxydul, deren Mengenverhältnisse freilich beträchtlich schwan- 
ken. Nur in einem Falle (Lava von 1794) soll das Glas nur 
aus 20,1 °/, Kieselsaure und 79,9°/, Eisenoxydul bestehen. 
Das Maximum der Glasbasis (11,6 °/,) berechnet Havenron far 
die Lava von 1834, das Minimum (2,3 °/,) für die von 1794. 

Bei den Laven von 1848, von 1855, von 1857, von 1861, 
in denen nach Haucarox Olivin sichtbar ist, wurde er in die 
Rechnung nicht aufgenommen; für die Lava von 1794, in wel- 
cher Olivin reichlich auftritt (p. 96 crystals of Olivine very ab- 
undant) und nach der mikroskopischen Untersuchung von Hutt 
ebenfalls vorhanden ist, giebt die Rechnung nur eine Spur von 
Olivin. Nach dem Grundsatz, dass die geringste Menge Glas- 
basis vorhanden ist, wird der Olivin io der Berechnung immer 
auf ein Minimum reducirt oder fehlt ganz. Dass dennoch 
Olivinkrystalle immer vorhanden sind, erklärt Haucuron durch 
unvollständige Schmelzung, so dass örtliche Kerne von Kiesel- 
säure, Magnesia und Eisenoxydul gelegentlich Olivinkrystalle 
bilden. Giebt man selbst diesen Satz zu, so muss doch der 
Olivin in den Berechnungen vertreten sein, da seine Bestand- 
theile in der Analyse stecken. 

Mag die algebraische Methode richtig sein, die Grundlagen 
der Berechnung erscheinen so wenig sicher, dass ihre Resul- 
tate kaum wissenschaftliche Anwendung finden werden. 


445 


2. Netiz über das Vorkommen des Serpulits der Oberen 
Purbeckschichten im Vorort Linden bei Hannover. 


Von Herrn C. Struckmann 10 Hannover. 


Im Jahrgange 1875 dieser Zeitschrift Seite 30 figd. habe ich 
die Schichtenfolge des Oberen Jura beim Dorf Ahlem unweit 
Hannover eingehend beschrieben ; die höchsten der daselbst 
bislang beobachteten Jura- Schichten sind die Eimbeckhaaser 
Plattenkalke, welche den oberen Portland-Bildungen zuzurechnen 
sind; die darauf folgenden Purbeckmergel, der Serpulit und die 
Wealden-Formation sind, bislang daselbst nicht aufgeschlossen, 
andere vielmehr in discordanter Lagerung von den unteren tho- 
nigen Gliedern der Kreideformation bedeckt. 

Am Lindener Berge und am Tönjesberge nahe vor Han- 
nover gehören die höchsten regelmässig aufgeschlossenen Jura- 
Schichten dem Oberen Kimmeridge, den sog. Virgula-Schicbten 
mit Æzxogyra virgula und Corbula Mosensis an; die jüngeren 
Glieder des Oberen Jura, dessen Schichten überall mit einer 
Neigung von 7° bis 9° nach Ost einfallen, während die Strei- 
chungslinie von Nord nach Sud gerichtet ist, sind entweder 
wie am Tönjesberge mit einer mächtigen Diluvial-Decke be- 
deckt oder aber liegen wie am östlichen Abhange des Lindener- 
Berges innerhalb des Vororts Linden und entziehen sich da- 
durch in der Regel der Beobachtung. 

Selten nur sind, wie bei Gelegenheit von Brunnen-Anlagen 
und bei dem Ausheben von Fundamenten zu neuen Gebäuden, diese 
jüngeren Schichten blossgelegt und dann stete nur auf kurze Zeit. 

So erinnere ich mich in der nunmehr im Göttinger Museum 
befindlichen Sammlung des verstorbenen Obergerichtsdirectors 
Wırrg einige Handstücke von ,,Serpulit‘* geschen zu haben, 
welche bei dem Ausgraben eines Kellers zu einem neuen Hause 
an der Alten-Allee in Linden gefunden sein sollen; ferner er- 
wähnt Heine. CREDNER in seinem bekannten Werke „Ueber die 
Gliederung der Oberen Juraformation und der Wealden-Bildung 
im nordwestlichen Deutschland“ (Prag 1863) auf Seite 32 des 
Vorkommens der schiefrig - sandigen Schichten der unteren 
W ealdenformation und der Kalksteine des Serpulits bei Brunnen- 
Anlagen im Dorf Linden und bei Bobrversuchen auf dem Terrain 
der EqgstosFr’schen Maschinen-Fabrik (am südöstlichen Fusse 





446 


des Lindener Berges belegen), obne jedoch nabere Angaben 
zu machen. Auch in den Erläuterungen zur geognostischen 
Karte der Umgegend von Hannover (Hannover 1865) erwähnt 
Heınr. CREDNER kurz des Auflindens des Serpalits bei Brunnen- 
Anlagen am nördlichen Abhange des Lindener Berges. — 
Herm. Crepner beschreibt kurz ein Vorkommen des Serpulits 
am Nordabhange desselben Berges von 4 Fuss Mächtigkeit in 
seiner Dissertation: Pteroceras - Schichten der Umgegend von 
Hannover (Berlin 1864) Seite 11. In v. SezBAcH's ,,Hannover- 
schem Jura‘ und in D. Brauns’s ,,Oberem Jura im nordwest- 
lichen Deutschland‘ geschieht des Serpulits bei Linden keine 
Erwähnung. Unter diesen Umständen halte ich es für gerecht- 
fertigt, meine in jüngster Zeit gemachten Beobachtungen über 
einen neuen Aufschlusspunkt des Serpulits innerbalb des Vor- 
orts Linden hier in dieser Zeitschrift niederzulegen. 

Am ostlichen Fusse des Lindener Berges und zwar an 
der südlichen Ecke der Deister- und Falkenstrasse auf dem 
daselbst belegenen KnusT'schen Grundstücke sind von mir in 
diesem Herbste 1876 bei dem Ausheben eines Kellers far ein 
neu za errichtendes Gebäude folgende von Nord nach Sad 
streichende und mit einem Winkel von 7 bis 8 Grad nach 
Ost einfallende Schichten beobachtet worden, und zwar von 
oben nach unten: 

1) 1 Meter Schutt und Alluvium. 

2) 0,75 - sehr zäher röthlich-gelber Thon obne Versteine- 
rungen. 

3) 1,50 - theils grobkornig oolithische, tbeils dichte Kalk- 
steinbanke (10 — 11 Cm. stark) mit thonigen und 
mergeligen Zwischenlagen; sowohl die Kalk- 
steine wie die losen Mergelschichten sind oft 
ganz erfüllt mit Serpula coacervata; ausserdem 
ist Corbula infleza A. Ross. nebeu unbestimm- 
ten Cyrenen auf den Schichtenflächen häufig 
zu beobachten. 

4) 0,25 - grob-oolithischer und conglomeratartiger gelblicher 
Kalkstein mit Serpula coacervata, Cyrena Man- 
telli Donker und subiransversa A. ROEMER. 

5) 0,75 - fein-oolithische oder dichte Kalksteinplatten in 
5—10 Cm. starken Bänken mit zahllosen kal- 
kigen Röhren der Serpula coacervata, Corbula 
inflexa, Cyclas Brongniarti Dunker und Koch, 
kleineren unbestimmbaren Cyrenen, einzelnen 
Fischschuppen und Zähnen von Pyenodonten. 

Ausserdem wurden unbestimmbare Gastro- 
poden in einzelneu Exemplaren bemerkt. 


4,2 Meter zusammen, von denen bestimmt 2,5 Meter auf den 





447 


Serpulit entfallen; denn dass wir es bier mit dieser Formation 
zo than haben, kann sowohl der Lagerung wie den Versteine- 
rungen nach durchaus gar keinem Zweifel unterliegen. 

Wohin dagegen die obere gelbe Thonschicht zu rechnen 
ist, ob zum älteren Alluviam oder Diluviom, vermag ich bei 
dem Mangel an Versteinerungen aus diesem einzelnen Auf- 
schluss nicht zu entscheiden; den unteren Kreide-Bildangen 
wird dieselbe nicht angehören, weil nach den Beobachtungen 
von Herr. Crepner im Hangenden des Serpulits in dieser 
Gegend von Linden die Wealdenformation zu erwarten ist, 
eine abweichende Lagerung des Thons von mir aber nicht hat 
beobachtet werden können. 


448 


3. Notiz über ein neues Vorkommen jüngerer Deven- 

petrefacten in anscheinend zweifellesem Spiriferen-Sand- 

stein am Oberen Grumbacher Teiche nördlich von Zeller- 
feld im hannoverschen Oberharze. 


Von Herron A. Hazrar in Berlin. 


Verfolgt man von der Zellerfeld-Goslarer Chaussee her den 
sogen. Schalker Graben in der Richtung nach Bockswiese, 80 
sieht man im Grabenbette binter Culmgrauwacke in Folge eines 
bedeutenden Verwurfes (— wohl des Pisthaler Ganges? —) 
sofort Spiriferen - Sandstein und hinter einer zweiten, et- 
was geringeren Schichtenstörung Kieselschiefer (Streichen *) 
b. 4. 4. 8., Fallen ca. 8° nach SO.) anstehen. Derselbe ist 
nur theilweise ächter Lydit**), anderntheils untergeordnet eine 
silicirte Grauwacke und besonders ein sehr dunkelgrauer, harter 
Thonschiefer, welcher 1,3 bis 3,9 Cm. im Durchmesser haltende 
Concretionen von Kugelform, grosser Härte und fast schwarzer 
Farbe einschliesst, die wahrscheinlich auch aus Kieselschiefer- 
substanz bestehen und welche ich ferner in der untersten Ab- 
tbeilung des Kieselschiefers im Bahndurchstiche bei Lautenthal 
dicht uber dem Alaunschiefer, dann unfern der Robmker Halle 
im Sulpkethale, sowie dicht an letzterer selbst, und zwar im 
scheinbaren Liegenden des Kramenzels und — ebenso im Kiesel- 
schiefer der ,,Grosse Schacht‘ unterhalb Riefensbeck in Ein- 
lagerungen gehärteten, sehr dunklen Thonschiefers beobachtete. 

Westlich vom Kieselschiefer folgt am Schalker Graben eine 
höchst eigenthaomliche, mir im ganzen bisherigen Kartirungs- 
gebiete des NWlichen Oberharzes nirgends bekannt gewordene 
Wechsellagerung von anscheinend dunnbankigen 
Spiriferensandstein-Schichten mit einem dunklen, 


*) Die magnetische Declination nach W. betrug fiir Goslar im Sommer 
1875 ca. 13° 47’ oder war hora 12. 7. 6 des sächsischen Grubencompasses. 

**) Uebrigens sei hier beiläufig bemerkt, dass das mir bekannt ge- 
wordene östlichste Kieselschiefer- Vorkommen am Bockswiesc-Festenburg- 
Schulenberger Gangzuge sich an der Westseite des Grossen Kellerhalser 
Teiches und an dem Graben westlich davon befindet, und zwar einer- 
seits an Spiriferensandstein (Sprung!), andererseits an Culmthonschiefer 
grenzend. Es bildet einen leicht zu übersehenden schmalen Streifen. In 
einem Uebergange von Thonschiefer zu ächtem Lydit konnte ich die 
Umrisse des Gontatiles mixolobus wiedererkennen. 








449 


Culm- oder Goslarer Schiefern äbnlichen, Griffel- 
schiefer-artig zerfallenden, grauen, graulich gelb- 
gebänderten, feinsandigen Thonschiefer, von un- 
ebenem Bruche. In den helleren, äusserst feinsandigen 
Bändern dieses Schiefers bemerkte ich nun bei genauerer Be- 
sichtigung sehr kleine, kaum 1,5 Mm. lange Steinkerne und 
langsgestreifte Hohldrucke von zahlreichen Tentaculiten, eine 
Erscheinung, welche ich in dem ganzen sonstigen Spiriferen- 
sandstein des Oberharzes bisher nie wahrgenommen hatte. In- 
dem ich bierauf einen Anschluss an die von Herrn Bergrath Di- 
rector Dr. v. GRODDECK grösstentheils bereits ausgeführte Kartirung 
der Umgegend von Bockswiese suchte, welche wegen der, die 
Schichten vielfach durchsetzenden Erzgänge ungemein schwierig 
iat, traf ich an der Sudseite in dem fast wasserleeren Oberen 
Grumbacher Teiche dicht am Damme die vorigen cigenthum- 
lichen Schiefer (Str. h. 4, F. unter ca. 25° nach NW.) wieder 
an, und zwar hier in einem ungleich besseren Aufschlusse. Sie 
erscheinen mit etwa 100 Schritt Breite concordant aufgelagert 
auf einer mindestens 50 Schritt mächtigen Zone eines in Folge 
seines vorherrschenden thonigen Bindemittels frisch sehr milden 
und durch seine fast weisse, in’s Gelbliche spielende Farbe 
auffallenden, meist dunnbankigen Grauwackensandsteins. In- 
dem sie auch hier in Folge ihrer vorwaltend dunkelgrauen 
bis blaugrauen Farbe und wegen der Griffelechiefer - artigen 
Absonderung an manche Culmthonschiefer des NWlichen Ober- 
harzes erinnern, lassen sie doch bei genauerer Besichtigung 
eine ungleich gröbere Textur erkeunen und zeichnen sich von 
den letzteren durch dünne bräunliche und viel hellere, schwach 
in’s Berggrüne oder Lichtschmutziggelbe spielende, meist nur 
fingerdicke, höchst feinsandige Zwischenlagen aus. Diese 
führen im hangenderen Theile des hiesigen Vorkommens kleine 
Schwefelkiesknollen und z. Tb. in Unmasse die vorerwähnten 
Tentaculiten. Nach Grosse, Wachsthum und Schalen-Skulptur 
stimmen die, freilich nicht sonderlich gut erhaltenen, kleinen 
Thierreste am besten mit Tentaculites striatus Ricarer überein 
(vergl. Zeitschrift d. deutsch. geol. Ges., Jahrg. 1854, S. 288, 
Taf. IIT., fig. 30 und 31); doch zeigt sich unter der Lupe 
bei starkerer Vergrosserung eine undeutliche Kornelung oder 
gitterformige Unterbrechung der dunnen Langsrippchen, und 
da anscheinend auch glatte Schalenhohldrücke sichtbar werden, 
so könnte die Rippung nur eine scheinbare, nämlich eine durch die 
Ausfallangsmasse hervorgerufene Structur sein. Darauf weisen 
die Gebr. SAnDBERGER bei ihrem T'entaculites multiformis in „Ver- 
stein. d. rhein. Schichtensystems in Nassau“, S. 249 in einer 
Bemerkung bin, und es dürfte sich dann durch einen Vergleich 
besser erhaltener Exemplare unserer Species mit den von 


450 


diesen Autoren gegebenen Abbildungen auf Taf. XXT., fig. 11a., 
und lle. des citirten Werkes herausstellen, ob hier nicht viel- 
leicht doch diese letztgenannte Art vorliege. Beide Species 
deuten jedoch auf ein ungleich höberes Niveau, als den Spiri- 
ferensandstein hin, und zwar mindestens auf die Grenze 
zwischen Mittel- und Oberdevon! 

In den in Rede stehenden Schiefern finden sich 5,2 bis 
10,5 Cm. starke Einlagerungen eines verwittert lichtocker- 
gelben, fast zerreiblich murben, feinsandig-thonigen Gesteins, 
das gewissen Bänkchen der Goslarer Schiefer*) sehr nahe 
steht, ferner vereinzelt etwa 3 Cm. dicke, ungleich sandigere 
'Bänkchen, welche an solche des oberen schiefrigen Spiriferen- 
sandsteins erinnern, indess winzige Kalklinsen einschliessen. **) 







Bocks- | berg 


Jet 






Fe ai 

al 

if 

Le 
TS 

= 

LJ 


a Mörumbarher 
to T. = Ae 


Gs. = Unterer Goslarer Schiefer (schrafärt). 
Ca. = Calceola-Schichten, 
Sp. = Spiriferen-Sandstein. 


*) Vergl. hinsichtlich dieses Namens: Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 
Bd. XXVII. p. 466. 


**) Der folgende Holzschnitt im Maasstabe von 1 : 25000, welcher 
das Nachstehende erläutern soll, enthält bereits diesen Aufschluss. 








451 


Gegenuber von hier, an der nordlichen Seite desselben 
Teiches (— eigentlich auf deasen Sohle —) glaubt man dicht 
am Teichdamme den „oberen schiefrigen Spiriferensandstein“ 
aufgeschlossen zu sehen, so tauschend ahnlich ist letzterem die 
dasige Schichtenfolge. Das Hauptgestein (Str. h. 5. 2. Q bis 
7. 4. 0. bei ca. 25° südlichem Einfallen) ist namlich ein un- 
gemein dünngeschichteter und geschieferter, meist an winzigen 
weissen Glimmerschuppchen reicher, heller bis lichtgrauer 
Grauwackensandstein (Grauwackensandstein-Schiefer), welcher 
mit oft noch dünneren, fahlen bis bleigrauen, von mikro- 
skopisch kleinen Glimmerschuppchen z. Tb. schimmernden Thon- 
schieferlamellen wechsellagert und im hangenderen Theile hier 
eine gegen 13 Cm. dicke, überaus kalkreiche Bank graulich- 
weissen, bei der Verwitterung sich mit einer dicken braunen 
Rinde umgebenden Grauwackensandsteins und in etwa 8 Schritten 
von dieser noch eine zweite, ganz verwitterte, schmutzig-braune, 
quarzitartige Bank von etwa 31 Cm. Mächtigkeit eingelagert enthält. 

In diesen eigenthumlichen Schiefern bemerkt man nun bei 
weiterer Untersuchung Kalksteineinlagerungen, die hinsichtlich 
der Art ihres Auftretens und ihrer Petrefacten bis jetzt aus der 
obersten Abtheilong des Spiriferensandsteins auf dem Oberharze 
noch nicht bekannt wurden. Sehr dünne, 1,3 bis 3 Cm. starke, 
unregelmassig rundlich umgrenzte Scheiben oder Fladen und 
handtellergrosse, bis nahezu 1 M. im Durchmesser haltende 
und dabei bis 0,2 M. dicke Linsen und Knollen aus einem vor- 
herrschend dunkelgrauen bis blaugrauen und grauschwarzen, 
ziemlich dichten bis undeutlich körnigen, thonreichen und eisen- 
haltigen Kalke zeigen sich besonders in einer hangenderen 
Bank petrefactenfuhrend, sind nach Art der Septarien vielfach 
zertrammert und ihre Stücke durch Quarz oder Kalkspath 
wieder verkittet. Ausser diesen befand sich weiter im Han- 
genden des Aufschlusses noch eine sehr untergeordnete, mehr 
bankformige Einlagerung von einem viel unreineren und dunkle- 
ren, bis blauschwarzen, schiefrigen Kalksteine mit ganz unebenen 
Schichtflächen. In den erstgenannten Kalksteinen erkannte ich 
auf den Verwitterungsflächen die Querschnitte von Petrefaoten. 

Leider ist die im Herbste 1875 bei der ungünstigsten Wit- 
terung an letzteren gemachte Ausbeute eine äusserst dürftige. 
Von den wenigen Exemplaren ist noch am besten bestimmbar: 
Goniatites Dannenberg; Brrr. = G. bicanaliculatus SDERER. 
Wegen der grösseren Involubilität der Windungen bildet die 
Species den Uebergang zur var. yracilis Spper. (vergl. Gebr. 
SANDDBRGER, Verstein. d. rhein. Schichtensystems in Nassau, 
S. 113, Taf. XI., fig. 5a., 5c., 5e.). Das grösste Exemplar 
misst mit der nur in einem balben Umgange erhaltenen Wohn- 
kammer 4 Cm, im Durchmesser, könnte also bei voller Er- 


452 


haltung der Wohnkammer etwa 9 Cm. Durchmesser besitzen. 
Die Gebr. SANDBERGER beschreiben gleich E. Bryricu Individuen 
obne Schale. Die von mir gesammelten Exemplare zeigen 
dieselbe in kleinen Ueberresten noch, und zwar mit einer Sculptur, 
die derjenigen in den von den ersteren Autoren ]. c. Taf. VIII., 
fig. 1 und 1b. gegebenen Abbildungen von Goniatites lamellosus 
Spsrar am nächsten kommt. Dieselbe zeigt auch einige Aebn- 
lichkeit mit jener des von BARRANDE in seinem Système silurien 
de la Bohème aus Etage F. f. 2 auf PI. II., Taf. 8, fig. 10 
und 17 abgebildeten Goniatites fidelis. Obschon die vorliegende 
Art dieser obersilurischen auch im allgemeinen Habitus einiger- 
massen ähnlich ist, so fehlen letzterer indess, abgesehen von 
der Verschiedenheit in der Kammerwands-Nabt, die Hohlkehien 
an den Rückenkanten und der zarte Abdruck der Schalen- 
sculptur auf dem Steinkerne, unserer dagegen die punktformi- 
gen Grübchen auf der Schale jener. 

Ferner sind zu erwähnen: ein zweiter, ganz flach schei- 
benformiger, völlig involuter Goniatit, welcher viel seltener 
als die erste Art vorkommt. Derselbe dürfte, wenn die nur 
äussere Analogie überhaupt zu einer solchen Annahme berech- 
tigt, nach dem Vorkommen durchaus ähnlicher Formen auf 
dem Oberharze Goniatites Jugleri A. Rom. oder eine diesem 
nahe verwandte Art sein. 

Bisweilen überzieht ein überaus dünnes Häutcben von 
Schwefelkies die Windungen der Goniatiten und ebenso ist 
solcher in sehr kleinen Würfelchen manchmal in den Kammern 
derselben ausgeschieden. 

Orthoceras sp. Drei schlecht erhaltene verkieste Exemplare 
von der Stärke einer dieken Nähnadel bis zu zwei Millimeter 
lassen nur erkennen, dass die Höhe der Kammern ungefähr 
1'/, bis 13/, ihrer Breite beträgt, 

Orthoceras conf. bicingulatum Spprer. Der in einem hell- 
braunen, höchst unreinen (feinsandigen und -glimmerigen, tbon- 
reichen und eisenhaltigen) Kalksteine gefundene breitgedrückte, 
23 Mm. dicke Rest dürfte, nach seinen Doppelringel - Binden 
zu urtheilen, dem Orth. bieingulatum angebören und da deutlich 
abgegrenzte Kammern nicht sichtbar sind, einen Steinkern mit 
dem Schalenabdruck darstellen. Die nassauische Species kommt 
zu Wissenbach vor. 

Orthoceras sp. Ein paar verkalkte Individuen zeigen un- 
gefähr die Kammern halb so hoch als breit und erreichen 
unter der Wohnkammer die Dicke eines Daumens. 

Ein kleiner Zweischaler erinnert an Cardiola retrostriata, 
ist indess selbst zu einer generischen Bestimmung noch zu on- 
deutlich erbalten. 

Pleurotomaria sp., conf. subcarinata A. Roem. Der Stein- 





453 


kern zweier Exemplare stimmt am besten mit der von den Gebr. 
SANDBERGER gegebenen Abbildung auf Taf. XXII, fig. 15h. 
in dem genannten Werke überein. Pleurotomaria subcarinata 
wurde auf dem Harze im Goslarer Schiefer an der Festenburg 
and auch bei Wissenbach im Orthocerasschiefer gefunden. 

Phacops latifrons Boru. (?), Kopffragment. 

An derselben Fundstelle, jedoch dicht am nördlichen Ufer, 
gegen 60 Schritte ONOlich vom Damme, bemerkte ich in fahl- 
farbenen Schiefern handtellergrosse, mit einem schimmernden 
Thonschieferhautchen überzogene Linsen von einem lichten, 
schmutzigweissen bis gelblichen, höchst feinsandigen Thon- 
schiefer und in dessen Masse ausser den genannten Thierresten 
and bis 2 Mm. dicken Crinoidenstielen auch die oben erwähnten, 
winzigen Tentaculiten, leider von äusserst mangelhafter Erhal- 
tung. Immerbin wird gerade dadurch die Identität der hiesigen 
.der oberen Abtheilung des Spiriferensandsteins so ähnlichen 
Schiefer mit denjenigen am entgegengesetzten Teichufer, welche 
an manche Culmthonschiefer lebhaft erinnern, festgestellt. 

Wendet man sich von der wichtigen Fundstelle in einer 
Waldschneuse nach dem Bocksberge hinauf, also in’s Liegende 
der Schiefer mit den petrefactenfübrenden Kalken, so gelangt 
man spätestens bei ungefähr 80 Schritten vom Teiche nach 
Erreichung der flacheren Bergabdachung in zweifellosen Spiri- 
' ferensandstein *) und ebenso meint man wenigstens, 180 Schritte 
NOlich vom Teichdamme, im Teiche selbst dannbankige Schichten 
des letzteren anzutreffen. Vielleicht sind hier auch wirklich sol- 
che durch einen unbedeutenden Verwurf in das östliche Fortstrei- 
chen des Petrefacten- entbaltenden Schiefers geruckt worden. 
Dafur spricht indess wenig eine weitere Verfolgung des Teich- 
ufers oder des an ihm entlang geführten Grabens nachONO; denn 
da stellt sich eine ‚wiederholte Wechsellagerung von dünnbänki- 
gen, hellen Grauwackensandsteinen mit jener schiefrigen Gesteins- 
zone ein, wonach beide wohl nur ein Ganzes ausmachen dürften. 

In der Ausfluth des Neuen Grumbacher Teiches tritt die 
namliche Schichtenzone wie an der Nordseite des Oberen 
Grumbacher Teiches auf, entbält auch dieselben Kalkein- 
lagerungen wie dort, erinnert daselbst jedoch wegen des Vor- 
herrscbens von z. Th. höchst dunnschiefrigen, winzige Glim- 
merschuppchen führenden Thonschiefern durchaus an die eigent- 
lichen Goslarer Schiefer. In einer linsenformigen Einlage- 
rung von ganz ähnlicher petrographischer Beschaffenheit wie 
jene am Nordsaume des Oberen Grumbacher Teiches fehlten auch 
die dortigen Tentaculiten nicht (Str. durchschnittlich h. 4.'3, 


i te un 


*) Sehr wahrscheinlich fehlen hier die Calceola-Schichten entweder 
oder sind durch einen Sprung verworfen. 





454 


F. unter ca. 15° nach SO.). Im Teiche selbst stehen zunächst 
am Damme griffelartig abgesonderte, dunkelbraun verwitternde, 
auf dem frischen Bruch helle Grauwackensandstein - Schiefer 
an, dann jedoch einige dickbankige bis klotzige Banke von 
einem, mit schwarzbrauner Verwitterungsrinde bedeckten, fast 
weissen Grauwackensandstein, die an der nordlichen Seite 
local von Quarzadern durchtrumert sind und daher vielleicht 
zu der wobl irrthamlichen Meinung verleiten könnten, dass 
hier ein Gang durchsetze. Höher aufwärts mundet an der sad- 
östlichen Teichseite ein Wasserriss aus, der durch einen 
Grabenablass entstand. In diesem glaubt man unbedingt die bei 
der Verwitterung gelblichen, mergeligen Schiefer der Calceola- 
schichten zu erkennen, doch bemerkte ich in den für dieses 
Niveau obnebin ungewöhnlich versteinerungsarmen Schichten 
in dannen Bänkchen eines dunkelblaugrauen, z. Th. schiefrigen 
Kalksteins, wie solche bisweilen in den Goslarer Schiefern einge- 
lagert sind, einen verkiesten organischen Rest, was fur Calceola- 
schichten eine zu ausnahmsweise Erscheinung ist. (Str. h. 7.9, 
F. 30° SO. und in grösserem Abstande vom Teichrande Str.b. 5. 6, 
F. 85° SO.). Ganz ähnliche Schiefer, nur mit einem, au 
manche aus dem letzterwahnten Niveau noch mehr errinnernden 
Habitus, stehen in der sudlichen Ecke des Auerhahn-Teiches 
an (Str. h. 2, F. unsicher) und wechsellagern am endwestlichen 
Ufer weiter hinauf wiederholt mit braunverwitt«?zudn, hellen, 
dunobankigen Grauwackensaudstein mit thonigem Bindemittel. 
Aeusserst wichtig für die richtige Stellung der petrogra- 
phisch so schwankenden Bildung ist ein Aufschluss in der 
Ausfluth des Auerhahn - Teiches. In ibr findet man im Han- 
genden von achtem Spiriferen-Sandstein bis angefabr 
45 Schritte vom Damme abwärts thatsachlich Calceolaschich- 
ten festanstehend (Str. h. 3. 6, F. 50° SO) und in ungestörter 
concordanter Auflagerung auf ihnen die schiefrigen Schichten 
von dem interessanten obigen Petrefacten-Fundorte. Und zwar 
erscheint zunachst im Hangenden der Calceolaschiefer die ver- 
meintliche, dünnschiefrige Spiriferensandsteinzone 
mit vereinzelten 0,15 M. bis über 1 M. mächtigen, dunkelbraun 
verwitternden, frisch indess ganz hellen, klotzig abgesonderten, 
kalkigen bis kalkreichen Grauwackensandstein-Bänken, alsdann 
folgen tiefer die Culmthonachiefern-abnlichen, un- 
regelmässiggriffelartig-abgesonderten, unreinen, 
dunkelgrauen Thonschiefer und endlich, schon im Ni- 
veau des unteren Grabens, in welchen diese Ausflath mündet, 
höchst dünnschiefrige, dunkle, kleinbröcklich 
zerfallende Thonschiefer, welche ganz den Cha- 
rakter mancher Goslarer Schiefer besitzen. 
Verfolgt man von Goslar ber oberhalb des Gasthauses 








455 


zum ,Acaerbahn* sowohl die alte, als auch die neue Chaussee 
nach Clausthal hin, dann zeigt sich nachstebende Schichtenreihe: 

1) Aechter Spiriferensandstein, 

2) Calceolaschichten- Band, 

3) Scheinbar oberer schiefriger Spiriferensandstein, 

4) Calceolaschichten-Band und wieder 

5) Aechter Spiriferensandstein. 

Das Einfallen von 1. und 2. ist entschieden südöstlich, 
ebenso dasjenige von 3., dicht an 2. Das Fallen des Calceola- 
schichtenbandes 4. kann jedoch trotz allem Anschein des Ge- 
gentheils nordwestwärts sein,”) (— und man hätte alsdann eine 
einfache Mulde vor sich — ) bleibt aber unsicher, weil Kalk- 
einlagerungen nicht aufgeschlossen sind und man einzig aus 
deren Fallrichtung (viel weniger bestimmt aus der Lage der 
Petrefacten !) das wahre Einfallen der Calceolaschichten auf dem 
Oberharze ersehen kann. 

Die Glieder 1., 2., 3. erscheinen hiernach am Auerhahn 
genau in derselben Reihenfolge wie in der Ausfluth des Auer- 
hahn-Teiches. 

Da, wo die neue Chaussee von Goslar nach Zellerfeld in 
einer bedeutenden Serpentine aus dem Gosethal nach der 
Einsattelung zwischen der Hohekehl und dem Thomas-Martins- 
berge hinauffübrt, zeigt sich ferner etwa in der Mitte dieser Ser- 
pentine ein leicht zu übersehendes, sehr wenig mächtiges Cal- 
ceolaschichten-Vorkommen, und zwar bei der dortigen uberkippten 
Schichtenstellang scheinbar unter Spiriferensandstein. In 
seinem anscbeinenden Liegenden folgt höher aufwärts an der 
Chaussee wiederum die Zone des vermeintlichen schiefrigen 
Spiriferensandsteins, und noch höher an der Serpentine stehen 
in dicken, transversalgeschieferten Banken die zweifellosen 
Goslarer Schiefer mit auffallend flachem Fallen nach SSO. an. 
Abgesehen von derselben Schichtenfolge wie am Auerhabn und 
dem gleichnamigen Teiche findet also hier noch ein Anschluss 
der eigenthumlichen schiefrigen Gesteine an achte Goslarer 
Schiefer statt. Darf auch nicht unerwähnt bleiben, dass ge- 
rade an dieser Stelle Schichtenstörungen zu vermuthen sind, 
welche vielleicht mit den Bleierzgängen der ehemaligen Grube 
„Neue Hoffnung“ im grossen Schleifsteinstbale zusammenhängen, 
so ist doch wohl keineswegs anzunehmen, dass dieses Gleich- 
bleiben in der Reihenfolge genannter Devonglieder sowie der 
letzterwabnte Anschluss auf einem blossen Zufalle berube. 

Nach der stratigraphischen Stellung ganz besonders, sowie 
auch nach den freilich wenigen Petrefacten, welche indess am 





®) (was sogar nach dem nordwestlichen Einfallen der südlich an- 
grenzenden Spiriferensandstein-Schichten höchst wahrscheinlich ist.) 


Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIII, 3. 30 


456 


meisten auf das Niveau der Goslarer Schiefer hinweisen, glaube 
ich annehmen zu dürfen, dass: 

die in ihrem petrographischen Verhalten äusserst 
veränderlichen, vorherrschend jedoch der oberen 
schiefrigen Abtheilung des Spiriferensandsteins und 
manchen Culmthonschiefern des Oberharzes abn- 
lichen, bisweilen dunkle Kalksteine von meistdich- 
ter, selten schiefriger Beschaffenheit, gewöhnlich in 
verschieden grossen Linsen oder Scheiben ein- 
schliessenden Schichten, welche im Oberen Grum- 
bacher Teiche Goniatiten, Orthoceren, Tentaculiten 
und Trilobiten führen und nördlich vom Gasthause 
zum ,Auerhahn* sowie am Auerhahn-Teiche zweifel- 
los das Hangende der Calceolaschichten bilden, 


die unterste Abtheilung der Goslarer Schiefer 
darstellen. 


457 


4, Verbreitung der Cephalepeden in der oberen 
Kreide Norddeutschlands. 


Von Herrn CLemens ScaLöter in Bonn. 


Nachdem die Beschreibung und bildliche Darstellung der 
Cephalopoden der oberen deutschen Kreide *) vollendet vor- 
liegt, durften die geognostischen Ergebnisse, die Verbreitung 
der Arten in den einzelnen unterschiedenen Niveaus ein all- 
gemeineres Interesse besitzen und mögen deshalb bier zur Be- 
sprechung gelangen. 

Am besten und längsten bekannt sind durch die Arbeiten 
D’Orpıonr’s die Cepbalopoden der französischen Kreide, wel- 
cher bereits in der Paléontologie francaise allein aus den Etagen 
über dem Gault 63 Arten kennen lehrte. Aus den gleichen 
Schichten der englischen Kreide hat Suarpz in den Memoirs 
of the Palaeontographical Society 73 Cephalopoden beschrie- 
ben, obwohl .es ibm nur noch vergönnt war von den irregulären 
Ammoneen die Gattung Turrilitee mit zu bearbeiten. Durch 
den Monographen der norddeutschen Kreidebildungen, durch 
ADOLPH RoEMER waren aus der oberen deutschen Kreide be- 
kannt geworden 7 Ammoniten und ausserdem noch 26 sonstige 
Cephalopoden. Gegenwärtig beläuft sich die Zahl der aus dem 
gleichen Schichtencomplexe Norddeutschlands bekannten Cepha- 
lopoden auf 155 Arten, unter diesen 61 Ammoniten. Ihre 
Vertheilung durch die einzelnen Zonen ist also in den folgen- 
den Blattern darzulegen. 


I. Unterer Planer. 


(Etage Cénomanien D'Ons.) 


In Norddeutschland beginnen die cenomanen Ablagerungen 
mit der Tourtia oder der Zone des Pecten asper und Catopygus 
carinatus. deren am längsten gekannter typischer Entwicklungs- 
punkt die Umgebung von Essen an der Rubr bildet. Unter 


*) Cephalopoden der oberen deutschen Kreide, von Dr. CLemens 
Scariren. 2 Abtheilangen mit 55 Tafeln. Cassel, Verlag von Tuzonor 
Fıscuen. Zugleich erschienen in der Palaeontographica. 


30* 


458 


den fossilen Resten derselben sind kaum, und insbesondere 
unter den Cephalopoden, keine Arten*) vorhanden, welche be- 
reits in tieferen Schichten, speciell im Gault auftreten. Es ist 
dieser Umstand deshalb zu betonen, weil die neueren Unter- 
suchungen der französischen und englischen Kreide die Notb- 
wendigkeit haben erkennen lassen, dem tiefsten Niveau des 
Cenoman auch solche Ablagerungen zuzuweisen, in denen noch 
entschiedene Gault-Formen auftreten **), und man sogar die 
tiefste Zone des Cenoman nach diesen als Zone des Ammonites 
.inflatus und Turrilites Bergeri bezeichnet hat ***). 

Die obere Grenze des Cenoman wird allgemein gezogen 
mit dem Erlöschen des Holaster subglobosus und Ammonites 
Rotomagensis ; sie reicht also bis an die Basis der schon seit 
- geraumer Zeit unterschiedenen Zone des IJnoceramus labiatus 
(mytiloides 1). 

Für diesen Schichtencomplex ist in Deutschland die Be- 
zeichnung unterer Planer vielfach gebraucht worden. Er um- 
fasst aus der englischen Kreide den Upper Greensand, den 
Grey Chalk +f) und den Chalk mar] ff) und entspricht der alteren 
auch in neuerer Zeit vielfach gebrauchten Bezeichnung Craie 
glauconieuse französischer Geologen. 

Den in der angegebenen Weise nach unten und nach oben 
begrenzten Ablagerungen gehören von den 155 aus der ge- 


*) Ueber den Turrilites Pusostanus vergl. weiter unten. 
**) Frühere derartige Angaben waren in Zweifel gezogen. 
***) Näheres hierüber bieten folgende Abhandlangen : 
Hésert, Comparaison de,craie de côtes d’Angleterre avec celle de 
France. Bull. soc. géol. France, 3. ser. t. IL, 1874, pag. 417. 
Hésrar et Toucas, Descript. du bassin d’Uchaux. Extr. des Annales 
des sciences géologiques, tom. VI. 1875, pag. 100 etc. 
Hesent, Classification du terrain crétacé supérieur. Bull. soc. géol. 
France, 3. ser. tom. III, 1875, pag. 595. 
Banaois, Ondulations de la craie dans le sud de l’Angleterre. An- 
nales société géologique du Nord. tom. II. 1875, pag. 88, pag. 91. 
Banuoiïs, La zone à Belemnites plenus, ibid. 1875, pag. 151. 
Banzois, La craie de l’ile de Wight. Ann. sc. géol. tom. VI. 10. 
Art. 3, pag. 6. | 
+) In jüngster Zeit ist zwischen beiden noch die wenig mächtige 
Zone des Actinocamaz plenus unterschieden worden, welche von mir und 
Héseat zum Turon gestellt wurde, die aber durch Barrois zum Cenoman 
gezogen ist, wofür die deutschen Verhältnisse bislang keinen Anhalt 
geboten haben. 
++) Einzelne Schriftsteller haben den Grey Chalk mit dem oberen 
deutschen Planer und speciell mit dem Scaphiten-Pläner in Parallele ge 
setzt, obwohl schon die älteren englischen Schriftsteller, wie Maxi, 
aus dem Grey Chalk die hervorragendsten cenomanen Formen n 
gemacht haben. 
+++) Diesen vielleicht nicht ganz, weil wenigstens von einzelnen 
Localitäten auch Inoceramus mytiloides (labiatus) aus ihm namhafı ge 
macht wird. 











459 


sammten oberen Kreide besprochenen Cephalopoden vierzig 
Arten an. Namlich: 


Ammonites Bochumensis SCHLOT. 


5 Essendiensis SCHLOT. 

ss subplanulatus SCHLOT. 

3 inconstans SOHLOT. 

5 cf. Geslinianus D’ORB. 

pr Jalcato-carinatus SCHLOT. 
» varians Sow. 

” Coupei BRona. 

5 Mantelli Sow. 

Bi Jalcatus Mant. 

5 Rotomagensis Brone. 

Ss laticlavius Supp. 

a catinus Mant. 


m cenomanensis D’ARCH. *) 
Scaphites aequalis Sow. 
Anisoceras plicatile Sow. 
Turrilites Essenensis GEIN. 
à Scheuchzerianus Bosc. 
de costatus Lam. 
oe Mantelli Supp. 
4s acutus Passy. 
5 tuberculatus Bosc. 


u; Morrisi Surp. 

5 cenomanensis SCHLÜT. 
5 Puzosianus D’ORB. 

a _4umalensis Coq. 

si Börssumensis SCHLOT. 


m alternans SCHLOT. 
Baculites baculoides Mant. 
Nautilus Fleuriausianus D’ORB. 

‘5 Tourtiae SOHLOT. 


*) Die Art ist erst in den letzten Tagen aufgefunden und deshalb 
noch nicht besprochen. Das vorliegende Fragment, welches der Tourtia 
bei Mülheim entstammt, stellt einen Theil der Wohnkammer dar, welcher 
sehr wohl mit dem von Pictet, Mélanges paléontologiques (Mémoires de 
la société de Physique et d'Histoire naturelle de Genève, tom. XVII., 
fre Partie, 1865) pag. 28. Art. 4 gegebenen Darstellung übereinstimmt, 
nur noch ein wenig grösser ist. 

Der seltene Ammonites cenomanensis n’Ors. von dem mir ein Ori- 
ginalexemplar von Mans vorliegt, ist sowohl von der p’Ancaiac’schen Art, 
wie von Ammonites Cunningtoni Suanps, mit dem man ihn vereint hat, 
verschieden und deshalb so zu benennen,! da n’Ancuiac die Bezeichnung 
schon 1846, p’Onsıcny erst 1850 aufstellte; dass die von Suarpx zu Am- 
monites cenomanensis D'AnCH. gezogenen Gehäuse verschieden seien, hat 
schon Pıcter angegeben. 


war See A eee ee rey oa le: 


460 


Nautilus Sharpa SoHLÜT. 


er cenomanensis SCHLOT. 
5 elegans D'Ons. 
5 Deslongchampsianus D’ORB. 


PA Fittoni Supp. 

5 anguliferus SCHLÖT. 

y expansus Sow. 

i tenuicostatus SCHLOT. 
Belemnites ultimus D’ORB. 


Von den genannten Arten steigt keine in hohere Schichten, 
in turone Ablagerungen hinsuf. Dagegen sind die einzelnen 
gengnostischen Glieder des Cesoman durch das Durchgehen 
der häufigsteu und daher wichtigsten Arten als: 


.Immonites varians Sow. 

ss Mantelli Sow. 

3 subplanulatus SCHLOT. 
Turrilites Scheuchzerianus Bosc. 


inniger mit einander verbunden als die Schichten irgend einer 
anderen Etage. 

Im norddeutschen Cenoman sind drei Glieder unterschieden 
worden, das tiefste Glied bildet die Tourtia oder die Zone des 
Catopygus carinatus und Pecten usper; das mittlere Glied die 
Zone des Ammonites varians und Hemiaster Griepenkerli; das 
jangste Glied die Zone des Ammonites Rotomagensis und Hol- 
aster subglobosus. 


1. Zone des Pecten asper und Catopygus carinatus. 


Wahrend das Gestein dieser Zone im Gebiete der west- 
falischen Steinkohlenformation, ale deren Mittelpunkt Essen an- 
geseben werden kann, aus einer Zusammenhaufung von Quarz- 
sand, Glaukonit und eingestreuten braunen Thoneisensteio- 
körnern, welche gewöhnlieh darch ein graues kalkig-thoniges 
Cement zusammengebacken sind, gebildet wird, und einen grossen 
Reichthum an fossilen Resten umschliesst*), andert sich im 


*) Die wichtigere Literatur über die Tourtia von Essen ist folgende: 

Aooıph Rogen, die Versteinerungen des norddeutschen Kreidegebirges, 
Hannover 1841, pag. 128 das Hilsconglomerat. Die hier aufgestellte irrige 
Meinung Rorwen’s, dass der Grünsand von Essen dem Neocom angehöre, 
wurde 1849 durch Beysıcu (Zeitschrift der deutsch. geolog. Ges. 1. Band, 
pag. 295) und Grinitz (das Quadersandsteingebirge pag. 18) berichtigt. 

Becks, Bemerkungen über die Gebilde, welche sich in den Rubr- 
gegenden an das Kohlengebirge anlegen. Auszüglich mitgetheilt im Quader- 
sandsteingebirge von Geinitz, pag. 17. 

Fern. Rozuer, die Kreidebildungen Westfalens. Zeitschr. d. deutsch. 
geol. Ges. 1854, tom. VI., pag. 130 der Grünsand von Essen. 








461 : 


weiteren Fortstreichen nach Osten der petrographische Charakter, 
womit zugleich eine Verminderung des organischen Inhalts 
Hand in Hand geht. 

So ist diese Zone im Teutoburger Walde als eine mäch- 
tige Bildung von Planer-Mergel entwickelt. Trotz bedeutender 
Aufschlüsse in demselben, z. B. am Sommer-Berge bei Alten- 
beken und an der kleinen Egge zwischen Kohlstedt und Exter- 
steine, sind nur wenige Spuren von fossilen Resten in dem- 
selben gefanden worden *). 

Reiche Fundpunkte bilden ausser den in der Nahe des 
Ausgehenden auf den die Kreide unterteufenden Kohlensand- 
stein in Betrieb gesetzten Steinbrüchen bei Malheim, Frohn- 
hausen und Essen, insbesondere die Halden aller das Kreide- 
gebirge durchsinkenden Tiefbauschachte. 

Aehnlich sind die Verbältnisse auch zwischen Weser und 
Elbe in dem den Fuss des Harzes berahrenden Hugellande **). 
Mergelthone und chloritische Mergel, gewöhnlich in geringer 
Mächtigkeit, bilden das herrschende Gestein. Nur in der Um- 
gebung von Quedlinburg: am Langenberge, an der Steinbolz- 
müble und am Sülzebrunnen haben sich Petrefacten (insbesondere 
Gastropoden) in grösserer Zahl gefunden, während sie im 
übrigen nur sparsam auftreten. — Einen vortrefflichen Einblick 
gewährt der Chaussee-Einschnitt am Flöteberge bei Liebenburg, 
in welchem alle Glieder der Kreide vom Flammenmergel bis zum 
Cuvieri- Planer offengedeckt sind., Ferner der Kahnstein bei 
Langelsheim ; der Mahnerberg und Fleischerkamp bei Salzgitter, 


v. Srrompecx, Beitrag zur Kenntniss des Planers über der westfälischen 
Kreideformation, ibid. tom. XI. 1859, pag. 31. 

Av. Roamer, die Spongitarien des norddeutschen Kreidegebirges. 
Cassel 1864. Enthält die Spongien der Essener Tourtia. 

Une. SchLönsach. Ueber die Brachiopoden der norddeutschen Ceno- 
man-Bildungen (Geognostisch-paläontologische Beiträge von Beneckr, Mün- 
chen 1867). Enthält die Brachiopoden der Essener Tourtia. 

Sein. Simonowirscu, Beiträge zur Kenntniss der Bryozoen des Essener 
Grünsand. Verhandl. des natnrhist. Vereins der preuss. Rheinlande und 
Westfalens, 1871. 

H. Drixe, Beiträge zur geognostischen und paläontologischen Be- 
schaffenheit der unteren Ruhrgegend. Erster Beitrag: die Tourtia in der 
Umgegend von Mülheim an der Ruhr. Beilage zum 23. Jahresberichte 
der Realschule I. Ordnung za Mülheim, 1876. Die Bestimmung mehrerer 
in der Abhandlung aufgezählten Versteinerungen hat der Verfasser nach 
gefälliger mündlicher Mittheilung zurückgenommen. 

*) Vergl. Schuürer, die Schichten des Teutoburger Waldes bei 
Altenbeken. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1866, pag. 56. 

”) v. Srromercx, die Gliederang des Pläners im nordwestlichen 
Deutschland nächst dem Harze. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1857, 
tom. IX, pag. 465. 

Unsan Scarönsach, Ueber die Brachiopoden der norddeutschen Ceno- 
manbildungen, 1867, pag. 10. 


a — OS -— -- — — 


un ee | ee 


462 


der Eisenbahn-Einschnitt bei Neu-Wallmoden und der Chaussee- 
Einschnitt bei Alt-Wallmoden. In früherer Zeit soll auch das 
Goldbachthal bei Quedlinburg gute Aufschlüsse geboten haben. 

Auch im Suden des Harzes ist bei Worbis im Ohmgebirge 
in geringer Entwickelung ein Grünsand bekannt, welcher dem 
ältesten Gliede des Cenoman angehörig scheint. *) 

Es scheint, dass das gleiche Niveau auch weiter im nord- 
lichen Deutschland vertreten ist, da Belemnites ultimus und 
Avicula gryphaeoides aus dem Hohenzuge am Sudrande des 
Malchiner Sees aufgeführt wird **), und Belemnites ultimus auch 
in einem Bohrloche bei Stettin aufgefunden wurde. ***) 

Unter dem grossen Reichthum an fossilen Resten, welche 
aus dieser Zone bekannt sind, die freilich der Mehrzahl nach, 
wie bereits hervorgeboben, auf die Tourtia im südwestlichen 
Theile des westfalischen Kreidebeckens bis jetzt beschränkt 
sind, ragen durch häufiges Vorkommen (wobei von den kleineren 
Spongien und Bryozoen abgesehen wird) etwa folgende hervor: 


Scyphia infundibuliformis GoLpr. Osirea diluviana Go opr. 


Micrabacia coronula Goupr. sp. Ostrea carinata Lau. 

Cidaris vesiculosa Gotnr, Ostrea haliotidea Sow. sp. 

Cidaris velifera Bronn Ostrea lateralis Nıuse. 

Catopygus carinatus AGass. Ostrea conica Sow. sp. 

Holaster nodulosus GoLDr. Janira quinquecostata Sow. sp. 
Discoidea subuculus Krein. Pecten asper Lam. 

Thecidium digitatum Sow. Pecten orbicularis Sow. 
Rhynchonella Mantellana Sow. sp. Myoconcha cretacea v’Ors. 
Megerleia lima Dre. sp. Pleurotomaria cf. perspectioa Sow. 
Terebratella Beaumontii nD’Ancn. sp. Nautilus cenomanensis Sanur. 


Terebratulina chrysalis ScuLorn. sp. Ammonites varians Sow. 
Terebratula depressa Lam. Ammonites Mantelli Sox. 
Terebratula Tornacensis D'Ancn. Ammonites laticlavius Sarp. 


Die Cephalopoden, welche aus diesem, in der angegebenen 
Weise sich characterisirenden, tiefsten Gliede des Cenoman im 
nordlichen Deutschland bis jetzt aufgefunden wurden, sind fol- 
gende: 


1. Ammonites Bochumensis SCHLOT. 
2. pe Essendiensis SCHLOT. 
3. a subplanulatus SCHLOT. 
4. Bs inconstans SCHLOT. 

5. = cf. Geslinianus p’ORB. 
6. a, varians Sow. 

( & & Coupei Bronen. 


*) v. Seesaca, Ueber die Entwickelang der Kreideformation im 
Ohmgebirge. Nachrichten von der Königl. Ges. der Wissenschaften und 
der G. A. Universität zu Göttingen, 1868, pag. 130. 

*) F. E. Koca, Was haben wir von einer geognostischen Unter- 
suchung Mecklenburgs zu erwarten ? Neubrandenburg, 1873. 
++) W. Dames, Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1874, pag. 977. 





463 


8. as Mantelli Sow. 

9. 5 falcatus Mant. 

10. dE Rotomagensis Broan. ? *) 
11. , laticlavius Sarp. **) 

12. cenomanensis p’ ARCH. 


13. Turrilites Essenensis Gain. 
14. 5 Scheuchzerianus Bosc. 


15. à costatus Lax. 
16. a Mantelli Supp. 
? 17. acutus Passy. 
18. Nautilus Fleuriausianus p’ORB. 
19. 5 Tourtiae SCHLOT. 
20. = Sharpei SCHLOT. 
21. > cenomanensis SCHLOT. 
22. is elegans D’ORB. 
23. Deslongchampsianus D’ORB. 


24. Belemnites ultimus p ORB. 


Von einer der genannten Arten, namlich von Turrilites 
acutus ist es nicht vollig sicher, ob sie bereits in der Tourtia 
auftritt. Nimmt man dies an, 80 treten von sämmtlichen ge- 
nannten 24 Arten 10, vielleicht 13 Arten in die nächst folgende 
jüngere Zone des Ammonites varians und Hemiaster Griepenkerli 
und zwar: 


Ammonites subplanulatus Sonor. 
a varians Sow. 
ag Coupei Brone. 
a Mantelli Sow. 
Pe falcatus Mant. 
laticlavius Supp. 
Turrilites Scheuchzerianus Bosc. 
$5 costatus Lam. 
Nautilus elegans D’ORB. 
Nautilus Deslongchampsianus D'Ons. 


*) Dass die in der Tourtia von Essen gesammelten bislang zu 
Ammonites Rotomagensis gestellten Gehause von dieser Art verschieden 
seien, unterliegt kaum cinem Zweifel. Wahrscheinlich werden besser er- 
haltene Exemplare das Fehlen der medianen Höckerreihe bestimmt er- 
weisen und auch noch andere bereits früher angedeutete Unterschiede 
erkennen lassen. Vielleicht wird sich dann eine völlige Uebereinstimmung 
mit Ammonites cenomanensis v’Orp. (non! D'ARC&IAC, non! Suanpg), mit 
dem sie den allgemeinen Habitus theilen, ergeben. In diesem Falle werden 
die Stücke neu zu benennen sein, da die p’Onpicay’sche Artbezeichnung 
bereits vergeben war. 

*) Kommt nach Hessar (Bull. soc. géol. France, 1859, pag. 266) 
zugleich mit Ammonites Renevieri Saar. auch im Cenoman Frankreichs und 
Belgiens vor. 


464 


und ausser diesen wahrscheinlich noch: 


Belemnites ultimus D’ORB. 
Ammonites Bochumensis SCHLÖT. 
is Essendiensis SoaLor. *) 


2. Zone des Ammonites varians und Hemiaster Griepenkerli. 


Im südwestlichen Westfalen ist das die Tourtia überdeckende 
Gestein ein lebbaft grün gefärbter glaukonitischer sandiger 
Mergel; auch in dieser Zone äudert sich das petrographische 
Verhalten in weiterem Fortstreichen nach Osten, wo es allma- 
lich in gewöhnlichen Plänerkalk übergeht, der anfangs kiesel- 
reiche Knollen umschliesst und weiterbin als fester, in dicken 
Bänken abgesonderter Kalk und Mergelkalk erscheint. Zablreiche 
Aufschlussstellen finden sich am Sudrande des westfälischen 
Kreidebeckens; ebenso an dessen Ostrande im Teutoburger 
Walde z. B. bei Altenbeken **), Oerlinghausen, Ravensberg; 
auch am Nordrande des Beckens, insbesondere in der Umge- 
bung von Rheine. ***) 

Auch in den subbereynischen Kreide-Gegenden finden wir 
die Zone als graue Kalke oder Kalkmergel, abwechselnd mit 
brocklichen Mergelbänken in weiter Verbreitung. ft) So in der 
Umgebung von Salzgitter: im Wasserrisse am Windmuhlenberge, 
Mabnerberge, Osterholz, Ringelberg, und Fleischerkamp; am 
Flöteberge bei Liebenburg, zwischen Burgdorf und Altenrode; 
bei Gr. Döohren; Wrisbergholzen bei Alfeld; Sarstedt; Broitzen. 

Von den Cepbalopoden zunächst abgesehen sind hervorra- 
gende fossile Reste dieser Zone folgende: 


Hemiaster Griepenkerli Staons. Des. Terebratula biplicata Sow. 


Holaster nodulosus Gotpr. sp. Inoceramus striatus Mant. Gotnr. 
Rhynchonella Martini Mant. sp. _ bates Mant. Govor. 
FF Grasana v’Oxs. Pecten Beaveri Sow. 


5 Mantellana Sow. sp. Plicatula inflata Sow. 
Megerleia lima Dern. sp. 


Was speciell die Cepbalopoden betrifft, so hat die Zone 
des Ammonites varians und Hemiaster Griepenkerli in Nord- 
deutschland bis jetzt geliefert: 


*) Es ist deshalb zweifelhaft. ob diese beiden Ammoniten noch in 
der Varians-Zone auftreten, weil eine grosse Anzahl von Versteinerungen 
auf den Halden der Tiefbauschächte gesammelt wurde und der Gesteins- 
charakter nicht in jedem einzelnen Falle entscheidet, ob man es mit Tourtia 
oder Varians-Grünsand zu thun habe. 

**) Scarier, 1866, 1. c. pag. 57. 

***) Hosıus, Verhandl des naturhist. Vereins der preuss, Rheinlande 
und Westfalens, Jahrg. 17, pag. 298. 
+) v. Sraomsuck, 1857, I. c. pag. 415. 
U. Scauönsach, 1867, 1. c. pag. 409. . 








465 


„Ammonites varians Sow. 

9 Coupet Brone. 

3 Mantelli Sow. 

a Jaleatus Mr. (selten). 
subplanulatus SOHLOT. 

er laticlavius Supp. 

m catinus Mut. (selten). 

ss Rotomagensis Bnonc. (selten). 
falcato-corinatus ScaLör. (selten). 
10. Scaphites aequalis Sow. 

11. Turrilites Scheuchzerianus Bose. 


D PNG ER N IM 


12. er costatus Lam. 

13. ss Mantelli Surp. 

14. ss acutus Passy. 

15. ng tuberculatus Bosc. 

16. es Morrisi Sarp. 

17. cenomanensis SCHLÜT. 
* 18. ss Puzosianus p’Oss. *) 
* 19. a Aumalensis Coa. 

* 20. "3 Börssumensis SCHLOT. 
* 2] alternans SCHLOT. 


à 39 
22. Baculites baculoides Mur. 
23. Nautilus elegans v’Ons. 


24. »  Deslongchampsianus D’ORB. 
# 25. 3 Fittoni Supp. 
* 26. 5 anguliferus SCHLOT. 
? 21. tenuicostatus SCHLOT. 


128. Belemnites ultimus D’ORp. 


Ausser den genannten Arten gehen vielleicht in den oberen 
Theil des ausser dieser Zone auch die Tourtia umfassenden 
Grunsand von Essen über: 

Ammonites Bochumensis SCHLOT. 
a Essendiensis SOHLOT. 

Von den mit einem * versehenen Arten ist es zweifelhaft, 
ob sie dieser oder der folgenden Zone des Ammonites Rotoma- 
gensis eutstammen. 

Nautilus anguliferus ScaLoT. beginnt vielleicht schon in 
dieser Zone, und Belemnites ultimus p’Ors. steigt sehr wahr- 
scheinlich aus der Tourtia in diese Zone über. 

Wenigstens geben, wie oben aufgeführt, 10, vielleicht 13 
Cephalopoden aus der Tourtia in die Varians-Zone über. 


*) Es ist dies die einzige, freilich nur in einem Fragmente vorlie- 
gende Art, welche bereits im Gault auftritt. Auch aus englischem Ceno- 
man ist sie jüngst namhaft gemacht. Vergl. Banrois, Craie de l’île de 
Wight. Ann. sc. géol. vol. 6. art. 3. 





wwe SO eee eee so ee ee ee — Ee se 


466 


Von den genannten Arten finden sich noch 1] im oberen 
Cenoman, in der Zone des Ammonites Rotomagensis wieder, 
namlich: j 

Ammonites subplanulatus SCHLOT. 


‘5 varians Sow. 
Mantelli Sow. 
en Rotomagensis Brona. 


Scaphites aequalis Sow. 
Turrilites Scheuchzerianus Bosc. 
5 costatus Lam. 
acutus Passy. 
3 cenomanensis SOHLOT. 
Baculites baculoides Mxr. 
Nautilus Deslongchampsianus D’ORB. 


Hiernach waren bis jezt auf die Zone des Ammonites va- 
rians beschränkt: 


Ammonites falcato-carinatus SCHLOT. 


3 catinus Myr. 
Turrilites tuberculatus Bosc. 
5 Morrisi SHRP., 


welche sammtlich selten sind, und von denen die beiden erstge- 
nannten Arten und die letzte überhaupt nur je in einem Exem- 
plare bekannt sind. 


3. Zone des Ammonites Rotomagensis und Holaster sub- 
globosus. 


Glaukonitreiche Schichten, wie in den beiden tieferen Zonen 
des unteren Pläners, sind hier nicht vorhanden. Es sind theils 
feste Kalke, theils bröckliche Mergelbanke, wie sie in der Va- 
rians- Zone allgemein verbreitet sind. Grauweisse Kalke von 
erdigem Bruche sind selten (z. B. bei Oeding). 

Die Zone ist petrographisch und palaontologisch eng mit 
der Zone des Ammonites varians verbunden und hauptsächlich 
durch das häufige Vorkommen von Ammonites Rotomagensis, Dis- 
coidea cylindrica und Holaster subglobosus charakterisirt und ven 
jener verschieden. 

Im Ausgehenden des Kreidegebirges uber der westfälischen 
Steinkohlenformation konnte die Zone des Ammonites Rotoma- 
gensis noch nicht nachgewiesen werden, weiterhin ist sie aber 
ein regelmässiger Begleiter der Varians-Zone und überall am 
Ausgehenden des Beckens bekannt. Bemerkenswerthe Fund- 
punkte finden sich in der Nähe von Büren, Lichtenau *), 
Herbram, Buke, Rheine und Oeding. 


*) Scurütee, 1866, 1, c. pag. 59. 


* 














467 


Petrographisch und palaontologisch nicht verschieden ist 
die Rotomagensis-Zone zwischen Weser and Elbe im subher- 
cynischen Hügellande entwickelt. Hauptfundpunkte sind *): 
Retben bei Sarstedt, Broitzen bei Braunschweig, die Umgebun- 
gen von Salzgitter, Chaussee-Einschnitt bei Liebenburg, Neu- 
Wallmoden und Langelsheim. Weiterhin der Zeltberg bei Lune- 
burg**) and der Hohenzug am Malchiner See in Mecklenburg.***) 

Ausser den Cephalopoden ist diese Zone besonders reich 
an Echiniden and Bivalven. Besonders bemerkenswerth unter 
diesen sind: 


Discoidea cylindrica Lam. sp. Inoceramus striatus Myr. GoLor. 
Holaster subglobosus Lesxe, sp. Inoceramus latus Mut. Goupr. 
Rkynchonella Mantellana Sow. sp. Lima elongata Sow. 

Terebratula biplicata Sow. Plicatula tnflata Sow. 


In unserer Rotomagensis- Zone wurden folgende Cephalo- 
poden beobachtet: 


1. Ammonites Rotomagensis Brong. (häufig). 
2 a Mantelli Sow. 

3. i varians Sow. 

4. à subplanulatus ScHLOT. 

5. Scaphites aequalis Sow. 

6. Anisoceras plicatile Sow. 


7. Turrilites Scheuchzerianus Bosc. 
8. à costatus Lam. 
9, = acutus Passy. 
10 55 cenomanensis SCHLOT. 
* 1]. es Puzosianus D’ORB. 
* 12. Aumalensis Coa. 
* 13. = Börssumensis SCHLOT. 
”14. alternans SCHLOT. 
15. Nautilus Deslongchampsianus D’ORB. 
* 16. 5 Fittoni Sup. 
* 17. 5 anguliferus SCHLOT. 
18. expansus Sow. 
19. 2 tenutcostatus Sonor. 


Wahrend von den mit einem * versehenen Arten nicht 


hat constatirt werden können, ob dieselben dem Varians- oder 
Rotomagensis- Planer ‚entstammen oder vielleicht beiden ange- 
hören, sind mit Ausnahme der sehr seltenen: 

Anisoceras plicatile Sow. 

Nautilus expansus Sow. 

Nautilus tenuicostatus SOHLOT. 


*) U. Scarönsaca, 1867, 1. c. pag. 8. 
*#) v. STROMBECK, Zeitschr. d. Dentsch. geolog. Ges. 1863, pag. 97. 
**) F. E. Kocu, 1873, 1. c. 


468 


sämmtliche übrige Arten bereits im älteren Cenoman vorhanden, 
unter diesen wird jedoch Ammonites Rotomagensis erst in der 
Rotomagensis-Zone hanfig. 


Il. Oberer Planer. 
(Etage turonien d’Ons.) 


Das norddeutsche Turon, oder der obere Planer zerfallt 
in fünf Gruppen. Von oben nach unten (in fortlaufender 
Nummerirung) : 


8. Zone des Inoceramus Cuvieri und Epiaster brevis = Cuvieri- 


Planer, 
. Zone des Heteroceras Reussianum und Spondylus spinosus 
= Scaphiten-Planer, 


. Zone des Inoceramus Brongniarti und Ammonites Woollgari 
= Brongniarti-Planer, 

. Zone des Inoceramus labiatus und Ammonites nodosoides 
= Mytiloides-Planer, 

. Zone des Actinocamaz plenus. 


> or SD | 


Hiervon entspricht: 4 der craie argilense & Belemnites plenus 
bei Héserr und Barros; 5 der craie noduleuse à Ammonites 
nodosoides, Ammonites rusticus bei H£BERT, sowie der craie dure 
à Inoceramus labiatus bei Banrois*) und 4 und 5 vereint dem 
Chalk without flints der englischen Geologen; 6 der craie 
marneuse à Rhynchonella Cuvieri, Holaster cor avium et Inocera- 
mus Brongniarti Hépert’s und der craie à Terebratula gracilis 
bei Barros; 7 und 8 werden in Frankreich und England nicht 
mehr der craie marneuse (Turon), sondern der craie blanche 
(Senon), Chalk with flints zugetheilt, und zwar entspricht 7 der 
craie à Holaster planus et Micraster breviporus bei Hfsrat und 
Bargzois; 8 der craie à Micraster cor testudinarium und Holaster 
placenta der genannten Geologen. 

Nachdem von den 155 besprochenen Cephalopoden 40 als 
auf Cenoman beschränkt anzugeben waren, sind davon nur 29 
als dem norddeutschen Turon angehorig zu verzeichnen: 


*) Im südlichen Frankreich entspricht diese Zone der Etage ligérien 
Coquanos, die derselbe seiner im Jahre 1859 aufgestellten Gruppirung 
der Kreideschichten im Jahre 1869 (Monogr. des Ostrea de la Craie; 
und Bull. soc. géol. France, 1875, pag. 268) beifügte. 

In Böhmen ist dasselbe Niveau als Weissenberger Schichten unter- 
schieden worden , welche durch das Vorkommen eines grossen Krebses 
(Klytia Leachi) seit langer Zeit berühmt ist. 

Unter den Kreide-Schichten, welche von Caves Evans südlich von 
London unterschieden wurden, fallen die Upper Marden Park Beds mit 
der Zone des Inoceramus labiatus zusammen. 





469 


1. Ammonites nvdosoides SCHLOT. 

2 m Lewesienses Mant. 

3 i Woollgari Mant. 

4 pe Carolinus D’ORB. 

5. Fleuriausianus D’ORB. 
6. = Bladenensis SCHLOT. 
T. 5 peramplus Mxr. 

8 »  Neptuni Gem. 

9 = cf. Goupilianus D’ORB. 
10 % Austeni Sup. 


11. - Germari REuss 


12. 5 Hernensis SCHLDT. 

13. Scaphites Geinitzi D'Ons. 

14. 5 auritus SCHLOT. 

15. Ancyloceras Paderbornense SCHLOT. 
16. = Cuvieri SCHLÜT. 


17. Crioceras  ellipticum Mxr. 
18. Toxoceras Turoniense ScHLOT. 
19. Helicoceras spiniger SoHLOT. 


20. Re of. Conradi MoRT. sp. 
21. a flexuosum SOHLOT. 
22. M sp. n.? 

23. ss reflezum QUENST. sp. 


24. Heteroceras Reussianum D’ORB. 

25. Turrilites Saxonicus ScHLÜT. 

26. Baculites cf. Bohemicus Fr. & SCHLÖNB. 
27. Nautilus cf. rugatus FR. & SCHLÖNB. 

28. Actinocamar plenus BLAIN. 

29. es Sirehlenensis Fr. & SOHLÖNB. 


Keine dieser Arten ist aus Cenoman bekannt. Nur eine 
Art, Ammonites Hernensis, geht vielleicht in die folgende Gruppe. 
Die angenagende Erhaltungsart der Stucke hat bisher die sichere 
Entscheidung dieser Frage verhindert. Ausserdem hat sich in 
den allerobersten Banken des Turon noch ein vereinzeltes 
Exemplar von Ammonites tricarinatus D’ORB. gezeigt, .welcher 
sonst der nächstfolgenden Gruppe, dem Emscher, angehört. 

Die Vertheilung der genannten Arten in den einzelnen 
Gliedern des Turon ist noch näher zu besprechen. 


4. Zone des Actinocamaz plenus. 


Im nördlichen Deutschland ist diese Zone bis jetzt nur in 
Westfalen uber dem Steinkohlengebirge nachgewiesen. Dort 
ist das Gestein petrographisch ein Mittelglied zwischen dem 
unterteufenden Grünsande mit Ammonites varians und dem über- 
deckenden Planermergel mit Jnoceramus labiatus (mytiloides); 








470 


es ist ein lockerer, an der Luft rasch zerfallender, kalkig-thoniger 
Mergel, in dem dicke Glaukonitkoruer eingebettet liegen. Dieses 
Gestein hat sich in der angegebenen Lagerangsfolge aaf eine 
Erstreckung von etwa 5 Meilen, namlich von Broich - Speldorf 
bei Mülbeim über Essen, Bochum, Langendreer bis Dortmund 
verfolgen lassen und ist auch von allen weiter nördlich nie- 
dergebrachten Tiefbauschachten, x. B. Zeche Osterfeld bei 
Oberhausen und Zeche Clerget bei Herne durchsunken worden.*) 

Fossile Reste sind in diesem Niveau, namentlich im Ge- 
gensatze zu den liegenden und hangenden Schichten, ausserst 
sparsam. Abgesehen von ein paar Galeriten, welche in der- 
selben Schicht gefunden sein sollen, habe ich nur zwei Ver- 
steinerungen und zwar an den oben angegebenen Localitäten 
gefunden, nämlich 


Actinocamax plenus BLaimv. und 
Serpula (?) amphisbaena GoLpr. **) 


Da Gesteine mit -4ctinocamaz plenus in subbercynischen 
Regionen noch nicht nachgewiesen werden konnten und eben- 
sowenig in Westfalen dort gefunden wurden, wo die Zone des 
Ammonites Rotomagensis deutlich unter dem Mytiloides - Planer 
entwickelt ist, die Rotomagensis-Zone in der Kreide über dem 
westfälischen Steinkohlengebirge noch nicht erkannt ist, so 
wäre es immerhin möglich, das die Zone des Aclinocamaz 
plenus eine Aequivalentbildung der Zone des Ammonites Roto- 
magensis sei. Diese Annabme findet aber in den in England 
und Frankreich beobachteten Verhältnissen keine Stütze. 

Was zunachst das Vorkommen des Actinocamar plenus im 
Grossen und Ganzen angeht, so ist dasselbe in England über- 
einstimmend mit demjenigen in Westfalen und in Belgien ***), 
wie ein Profil lehrt, welches Cates Evans f) 1870 veröffentlichte. 
CazeB Evans fand bei Gelegenheit eines Eisenbahnbaues sud- 
lich London zwischen Croydon und Oxtead den Actinocamaz 





*) Vergl. ScuLürer, Zeitschr, d. Deutsch. geol. Ges. 1874, pag. 336. 
##) Es ist zwar behauptet worden, Serpula amphisbaena komme auch 
in jüngeren Schichten vor und zum Beweise dafür auf Gotpruss hinge- 
wiesen, der selbst schon dieses Fossil von Maestricht neune. Hiergegen ist 
zu bemerken, dass das das Vorkommen bei Maestricht beweisende Origi- 
nal zufolge der Gesteinsbeschaffenheit unzweifelhaft nicht von Maestricht 
stammt. Es ist noch besonders hervorzuheben, dass diese wurmförmigen 
Röhren in Westfalen niemals in Treibholz steckend, sondern nur von der 
gewöhnlichen Gebirgsmasse umschlossen, gefunden wurden. 
+) ScaLütea, Zeitschr. d. Deutsch. geolog. Ges. 1874, pag. 836. 
+) Cates Evans, Geologists’ Association. On some sections of Chalk 
between Croydon and Oxtead, with observations on the classification of 
the Chalk. 1870. Printed for the geologists’ Association, by geo. P. Bacon, 
Sussex advertiser office, Lewes. pag. 10. 











471 


plenus in einer Schichtenfolge, welche überdeckt wird von 
Schichten, die palaontologisch charakterisirt durch /noceramus 
mytiloides und unterteuft werden von Gesteinen mit Ammonites 
varians. — Ammonites Rotomagensis etc. wird von CazeB Evans 
nicht aufgeführt und fehlt deshalb vielleicht. 


In Frankreich wies Héssat*) bereits 1866 nach, dass die : 


thonigen Kreideschichten, welche bei Neufchätel-en-Bray den 
Actinocamax plenus fübren, von glaukonitischen Schichten mit 
Holuster subglobosus und Discoidea cylindrica, also von Rotoma- 
gensis-Schichten unterteuft und von Kreideschichten mit Inoce- 
ramus labiatus (mytiloides) überdeckt werden, und bemerkt dabei, 
dass in manchen Localitäten jene unmittelbar von diesen über- 
lagert werden, indem dann die Mergel mit Actinocamar plenus 
fehlen. 

Dann constatirte CagLLONNEIX **) die Gegenwart der thonigen 
Kreideschichten von Neufchätel-en-Bray am Strande von Blanc- 
Nez (Boulonnais). 

Als He£serr dann die Kreide der Südküste Englands mit 
der französischen Kreide verglich und, geleitet durch die Beob- 
achtungen WHITAKER’s, auch an den Shakespeare-Klippen die 
mergeligen Schichten mit Actinocamux plenus wiederfand, fügte 
er seinem System der oberen Kreide die Zone des Actinocamaz 
plenus ein. Sie erbielt ihre Stelle aber dem Cenoman, ‚indem 
er sie als tiefstes Glied der Craie marneuse, d. i. dem Turon 
anschloss. *** 

Zuletzt hat Cuarıes Barrois +) die Mergelzone mit Actino- 
camar plenus weiter verfolgt in den Departements Marne, 
Ardennes, Aisne und Nord, und obwohl er an manchen Loca- 
litäten ihres Auftretens das Fehlen der Rotomagensis-Zone con- 
statirte, 80, konnte er doch an zwei weiteren Stellen die 
Zwischenlagerung der Zone des Actinocamar plenus zwischen 
den Rotomagensis- und den Labiatus-Schichten nachweisen. Er 
hat aber die Zone nicht als tiefstes Glied dem Turon, sondern 
dem Cenoman als jungstes Glied zugefügt. 

Während die deutschen Verhältnisse, wie schon oben be- 
merkt wurde, kein Anhalten bieten, der Auffassung Barrois zu 
folgen, ft) dürfte nach dem mitgetheilten räthlich sein, auch in 
Deutschland die Zone zunächst gesondert zu halten. 


*) Héseat, Comptes rendus hebd. 25. Juni 1866. 
**) Cuzcconnaix, Bull. soc. géol. France, 1872, tom. 29, pag. 431. 
Hessar, ibid. 1874, pag. 420. 

***) Hésenr, Comparaison de la craie des côtes d'Angleterre avec 
celle de France, 1874, pag. 417, pag. 420. 

+) Bannoıs, La Zone à Belemnites plenus. Étude sur le Cénomanien 
et le Turonien du Bassin de Paris. Ann. soc. géol. du Nord, 1875, pag. 46. 

++) Während des Druckes geht mir die jüngste Abhandlung Hésert’s 


Leits. d. D. geel. Ges. XXVIIL 3. 31 


472 


Da am Harze im rothen Planer mit /noceramus labiatus 
(mytiloides) sich als seltenes Vorkommen ein Exemplar des 
Actinocamar plenus gezeigt hat, so ist noch darauf hinzuweisen, 
dass möglicher Weise ein Theil dieses rothen Planers der 
Zone des Actinocamaz plenus entspreche, oder aber dass Acti- 
nocamaz plenus noch in die Zone des Inoceramus labiatus auf- 
steige. 

Während in Westfalen die Zone äuserst arm an fossilen 
Resten ist, hat Barrois eine grössere Zahl in derselben 
aufgefunden. Es dürfte von Interesse sein, die wichtigeren 
bier namhaft zu machen: 


Corax pristodontus Ac. Ostrea lateralis Nitss, 
Ptychodus mammillaris Ac. »»  Leswerii D'Ons. 
Ammonites Bladenensis ScaLüt.? »  Naumanni Revss 
Belemnites plenus Brain. Serpula amphisbaena Go vor. 
Cerithium fasciatum Roem. Magas Geinitzi ScuLôns. 
Janira quinquecostala Sow. Terebratulina gracilis Scavot. 
Pecten curvatus Gein. 3 striate ScuLor. 
Plicatula nodosa Dos. Gein. i rigida Sow. 
Spondylus striatus Gone. Terebratula semiglobosa Sow. 
Ostrea semiplana Sow. Rhynchonella Cuvieri v’Ons. 


»,  vesicularis Lau. 


5, Zone des Inoceramus labiatus und Ammonites nodosoides. 
( Mytiloides-Planer.) 


Diese Zone ist in ausgezeichneter Weise charakterisirt 
durch das gewöhnlich massenhafte Vorkommen des /noceramus 
labiatus (Inoc. mytiloides Mat. Inoc. problematicus Scai,or. D’OBB.) 
und in Folge dessen ohne Schwierigkeit in zahlreichen Kreide- 
territorien Deutschlands, Frankreichs und Englands nachge- 
wiesen worden. 

In Westfalen ist die Zoue fast ringsum im Ausgehenden 
des ganzen Kreidebeckens bekannt: z. B. Mulheim, Essen, 
Steele, Bochum, Langendreer, Dortmund, Horde, südl. Unna, 
nordl. Büren und Wünnenberg, Lichtenau, Iggenhausen, Schwa- 
nei, Buke, Altenbeken, Stapellage, Graes, Wessum, Oeding. 

Im südlichen Westfalen *) sind es hellgraue raschverwit- 
ternde Plänermergel, am Ostrande, im Teutoburger Walde **) 


zu: Notes sur le Terrain crétacé du département de l’Yonne (Ball. de 
la société des sciences de ]’Yonne 1876), wo derselbe pag. 39 ebenfalls 
bemerkt: ,,Cependant j'ai trouvé à Pont-Andemer le Belemnites plenus 
à la base de la craie à Inoceramus labiatus, mais dans cette craie et non 
point dans la craie cénomanienne; Mr. Bucaire a constaté le même fait 
à Rouen. Je ne saurais donc accepter la disposition que Mr. Banaois 
a assignée à cette zine.“ | 

*) v. Srnousecx, Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. tom. XL pag. 44. 

U. Scacénsacu, N. Jahrb. für Mineral. 1869, pag. 810. 
**) Scactrea, Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. 1866, pag. 61. 











473 


daneben manchmal rothgefarbte feste Mergelkalke. Bisweilen 
bildet letzterer das Liegende des hellgrauen Mergels, z. B. 
zwischen Altenbeken and Schwanei, bisweilen trifft man beide 
auch in Wechsellagerung, z. B. zwischen Stapellage und Oer- 
liogbausen. 

Im Norden des Harzes *) sind es vorherrschend ziemlich 
feste, fleischrothe, mergelige Kalke, zum Theil von muscheligem 
Bruche. Aber auch dort werden sie manchmal in Wechsella- 
gerung mit helleren, fast weissen Zwischeuschichten getroffen **), 
z. B. am Ringelberge bei Salzgitter. 

Ebenso bei Lüneburg. ***) 

Die Fauna dieser Zone ist äusserst beschränkt, die wich- 
tigsten Formen sind neben 


Ammonites nodosoides ScaLot. und  Discoidea infera Des. 
Inoceramus labiatus ScuLor. etwa: Discoidea cf. minima D’Ons. 


Rhynchonella Cuvieri n’One. Galerites subrotundus (am Harze, in 

Terebratula semiglobosa Sow. Westfalen noch nicht gesehen). 

(= Terebratula subrotunda Sow. bei Galerites Rotomagensis (sec. ScuLöns), 
SCHLÖNB.) Salenia cf, granulata Fors. 


An Cephalopoden wurden in dieser Zone zunächst in 
Westfalen nur zwei Arten, diese aber nicht selten gefunden: 


Ammonites nodosoides SCHLOT. 
Ammonites Lewesiensis MANT. 


Im rothen Planer sind Cephalopoden äusserst selten und 
uberbaupt nur fünf Exemplare (von schlechter Erhaltung) in 
den subhercynischen Schichten beobachtet worden: 

Ammonites peramplus Mant. Ein halbes Gehäuse von 
33 Mm. Durchmesser am Fleischerkamp bei Salzgitter. +) 

Ammonites sp.? Ein Windungsfragment, c. 30 Mm. lang 
and 10—11 Mm. hoch, mit nach vorn gekrümmten Rippen 
und hohem Kiel (ob gezabnt ?). Aus der Verwandtschaft des 
Ammonites Bravaisianus und Ammonites Carolinus D’Ore. Vom 
Gitterberge bei Gitter. 

Hamites sp.? 5 Mm. Jang, 1,5 Mm. hoch mit 6 scharfen 
Rippen. Aus dem Babneinschnitt an der Harlyburg bei Vie- 
nenburg. 

Actinocamax plenus Biainv. 

Letzterer in der Bergakademie in Berlin; die ubrigen in 
der Sammlung des Herrn ScHLONBACH. 


*) v. Staoussck, ibid. tom. IX., 1857, pag. 416. 
*) U. GEHLUNBACH, Galeriten- Schichten. Sitzungsber. Wiener Akad. 
1868, pag. 
) ee Su Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. tom. XV., 1803, 
pag. 
6) Vielleicht gehört ein Theil des dortigen rothen Pläners der nächst 
jüngeren Zone an. 31° 
1 


474 


6. Zone des Inoceramus Brongniarti und Ammonites Woollgari 
(Brongniarti-Pläner.) 


Bald sind es gelblich weisse, dickgeschichtete, milde Mergel 
(Unna) *), bald sind es dichtere, feste, gewöhnlich dunnschichtige 
Mergelkalke (Buren, Haaren) oder splittrige zellig angefressene 
Kalke (Neuenbeken)**), bald der schreibenden Kreide ähnliche 
weisse Kalkmergel (Graes, Wessum) ***). Aehnlich ist das Ver-. 
balten im Norden des Harzes. 

Bekanntlich sind in Norddeutschland in dieser Zone zwei 
Facies unterschieden worden, die eigentlichen 


Brongniarti-Schichten, und die 
Galeriten-Schichten. +) 


Jene finden sich als breite Zone in den wenig geneigten 
Schichten am Sudrande, des westfälischen Beckens und als 
schmale Zone im Teutoburger Walde. Diese sind in Westfalen 
nur in der Nähe von Ahaus, insbesondere bei Graes bekannt. 

In der subhercynischen Kreide zeigt sich der Brongniarti- 
Planer an allen Bergzügen, wo der Planer entwickelt ist; 
so in der Umgebung von Salzgitter, am Heinberg, am Oder- 
und Harlyberge bei Vienenburg, am Petersberge bei Goslar 
etc. — Die Galeriten-Schichten vorzugweise am Fleischerkamp 
bei Salzgitter, dann in einem nicht mehr in Betrieb stehenden 
Steinbruche zwischen Weddingen und Beuchte. 

An fossilen Resten, welche theilweise in grosser Indivi- 
duenzahl vorkommen, sind zu nennen: 


Cystispongia bursa Quansr. Rhynchonella Cuvieri n’Ons. 

Galerites albogalerus oder subconicus Rhynchonella ventriplanata ScuLöns. 
p’Oas. Terebratula subrotunda Sow. 

Echinocorys gibba Lau. Terebratula Bechsü Roum. 

Holaster planus Mant. Megerleia lima Dern. 

Micraster breviporus Ac. Terebratulina defluxa ScuLöns. 

Inoceramus Brongniarti Mant. Terebratulina chrysalis Ders. 


Ein Theil der genannten Arten ist nur aus den Galeriten- 
Schichten bekannt, dagegen haben sich von Cephalopoden nur 
wenige Spuren in denselben gezeigt. 

Die Cephalopoden des Brongniarti-Pläner’s sind: 


*) v. Srrompeck, Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. 1859, pag. 48. 
**) ScuLÜren, ibid. 1866, pag. 65. 
#*#) Ferp. Roemer. ibid. 1854, pag. 208. . 
vy % Sraomsecx, Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. tom. IX, 1857, 
pag. | 
U. Scurönsach, die norddeutschen Galeriten-Sehichten und ihre 
PRE Sitzungsberichte der Wiener - Akademie, tom. 57, 





475 


1. Ammonites Woollgari Mant. 

2. = Lewesiensis Mant. 

3. " Carolinus p’ Ors. 

4. er Fleuriausianus D’ORB. 

5 3 peramplus Mant. (selten). 


es 


Germari Reuss ? 
T. Scaphites Geinitzi p’Ors. (selten). 
8. Baculites cf. Bohemicus Er. & SCHLONB. (selten). 


Von den genannten Arten trat Ammonttes Lewesiensis bereits 
im älteren „Mytiloides- Mergel“ auf. Das Vorkommen des in 
Norddeutschland überhaupt seltenen Ammonites Germari ist un- 
genugender Erhaltung wegen zweifelhaft. Ammonites peramplus, 
der Scaphit und Baculit, sind in diesem Niveau seltene Erschei- 
nungen, ibre Hauptlagerstätte bildet die nächst jungere Zone. 


7. Zone des Heteroceras Reussianum und Spondylus spinosus. 
(Scaphiten-Pläner.) 


Die am meisten charakteristische Gestalt dieser Zone, auf 
dieselbe beschrankt und innerhalb derselben in Schlesien, 
Sachsen, Hapnover-Braunschweig und Westfalen haufig, ist 
Heteroceras Reussianum; daneben auch Spondylus spinosus weit 
verbreitet. 

Wir haben mehrere Entwickelungsarten dieser Zone zu 
unterscheiden, 

a. Typische Scaphiten-Schichten. *) 

Die Gesteinsbeschaffenheit ist im allgemeinen überein- 
stimmend mit derjenigen des Brongniarti-Planer’s. 

Ausgezeichnete Localitäten finden sich im Teutoburger 
Walde, bei Oerlinghausen und Brackwede südöstlich von 
Bielefeld. 

Am Ringelberge, Fuchsberge und Windmühlenberge bei 
Salzgitter; Heiningen bei Börssum; Nea-Wallmoden; Langels- 
heim; Langenholzungen und Neinstedt bei Quedlinburg. 

Streblen bei Dresden, Oppeln in Schlesien und Wollin. **) 

In diesen Schichten finden wir: 

Micraster breviporus Ac, (häufig). Rhynchonella plicatilis Sow. sp. 
In fulaster excentricus Fors. (häufig). Ahynchonella Cuvieri.v’Oas. 
Echinocorys gibba Lam. Inoceramus undulatus Mat. Go or. 


Holaster planus Mant. Spondylus spinosus Sow. 
Terebratula semiglobosa Sow. 


*) v. Srnomssck, Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. 1857, tom. IX. 
pag. 417. Scarier, ibid. 1866, pag. 66. 

##) Hésear (Géolog. Magazin, Vol. VI., 1869, pag. 200, und Bull. 
soc. géol. France III. ser. tom. III., pag. 595) nennt frrthGmlicher Weise 
Oppeln und Wollin als typische Localitäten für die Zone des Micraster 
cor testudinarium (Cuvieri-Pläner) in Deutschland, 








476 


Von Cephalopoden sind gefunden: 
1. Ammonites peramplns Mant. (baufig). 


2 5 Neptuni Gens. 

* 3 3 cf. Goupilianus D’One. (selten). 
4. $5 Germari Reuss (selten). 

2.0, € Bladenensis Sonor. 
6. Scaphites Geinitzi D'Ors. (häufig). 

* 7 auritus SCHLOT. 


* 8. Crioceras ellipticum Mant. 
* 9. Helicoceras spiniger ScaLor. (selten). 

10. Si Conradi Mort. (selten). 
#11. Heteroceras Reussianum D'Ors. (haufig). 
* 12. Turrilites Saronicus SCHLÖT. 

13. Baculites cf. Bohemicus Fr. & SCHLÖNB. 
* 14. Actinocamaz Strehlenensis Fa. & SCHLÖNB. 


Sammtliche mit einem * versehene Arten sind bislang nur 
aus dem Scaphiten-Pläner bekannt. - 

Ammonites peramplus und Scaphites Geinttei und Baculites 
cfr. Bohemicus haben hier das Maximum ibrer Entwickelung, 
in der vorhergehenden und folgenden Zone our als Seltenheit 
auftretend. Actinocamaz Strehlenensis ist bisher nur in Sachsen 
und Böhmen gefunden. 

Im Teutoburger Walde ändert sich im weiteren Streichen 
nach Südosten der Charakter dieser Zone. Zunächst werden 
die Schichten versteinerungsarm bis versteinerungsleer, z. B. 
bei Kohlstaedt, dann tritt auch eine Veränderung in der Ge- 
steinsbeschaffenheit ein. Schon bei Neuenbeken, östlich des 
Dorfes, bemerkt man vereinzelte Glaukonitkörner; etwas deut- 
licher an den Klippen von Hamborn, südlich von Paderborn. 
Nun ändert sich die Streichlinie der Zone gänzlich, indem sie 
in westöstlicher Richtang dem Sudrande des westfälischen 
Kreidebeckens folgt. Hier stellt sie den seit langer Zeit be- 
kannten 

b. Grünsand von Soest *) 


dar, der sich über Bödeken, Steinhaus, Anröchte, Soest, 
Werl, Unna gen Dortmund und Bochum erstreckt, von wo 
derselbe über Tage kaum noch anstehend bekannt sein dürfte, **) 
aber von allen den zahlreichen Schachten, welche auf Kohlen 
abgeteuft wurden, getroffen ist. In der Umgebung von Soest 


*) Fern. Rosuen, Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. 1854, tom. VI. 
pag. 159 ff. v. Staousecr, ibid. 1859, tom. XI, pag. 61. 

**) Der auf der Section Wesel der v. Drcuen’schen Karte nordöst- 
lich und nordwestlich von Essen aufgetragene Grünsand gehört einem 
geognostisch jüngeren Niveau an. Es sind glaukonitische Lagen im 
Emecher-Mergel. 














477 


ist dieser Grünsand seit vielen Jahrhunderten zu technischen 
Zwecken gebrochen worden und hat insbesondere auch das 
Material zu den dortigen prächtigen Kirchen geliefert. 

Die Fauna dieses Grunsands ist arm an Arten, diese aber 
treten stellenweise in grosser Häufigkeit der Individuen auf. 
Die wichtigsten Formen sind: 


Micraster sp.? Rhynchonella plicatilis Sow. 

Echinocorys ovata Lax. Spondylus spinosus Sow. 

Terebratula semiglobosa (sehr grosse |Inoceramus annulalus Go or. (selten). 
Exemplare). 


Cephalopoden sind in drei Arten vertreten: 
1. Nautelus cf. rugatus Fr. & SCHLONB. 
2. Ammonites Austent Supp. 
3. Ammonites peramplus Mant. 


Der genannte Nautilus ist die häufigste Art. Ammonites 
Austeni in mehreren riesengrossen Exemplaren gefunden; Am- 
monites peramplus dagegen nur in einem einzigen Exemplare 
und zwar in der obersten Bank, unmittelbar unter dem Cuvieri- 
Planer. 

Da Nautilus cf. rugatus und Ammonites Austeni in Nord- 
deutschland anderweitig nicht bekannt sind"), der Micraster 
zunächst in Westfalen weder in hangenden noch in liegenden 
Sehichten mit Sicherheit bekannt ist, und alle Formen, mit 
Ausnahme des Spondylus spinosus, der in Deutschland auf 
Scaphiten-Pläner beschränkt ist, durch mehrere Zonen des Turon 
steigen, 80 wäre es immerhin möglich, dass unser Grunsand 
eine stärker entwickelte Schicht wäre, welche anderswo wegen 
geringer Mächtigkeit übersehen **), oder durch versteinerungs- 
lose Schichten vertreten ist ***), Weil jedoch dieser Grünsand, 
wie an vielen Localitäten deutlich zu beobachten ist, von Ge- 
steinen des Cuvieri-Planer’s überlagert and von Gesteinen des 
Brongniarti-Pläner’s unterlagert wird, +) so kann er bis heute 
nur als Vertreter des Scaphiten-Pläner’s angesprochen werden. ff) 


*) Ein Exemplar des Ammoniles Austeni hat sich noch im tiefsten 
Cuvieri - Pläner bei Salzgitter gezeigt. -- In den Corbieren nimmt er 
vielleicht ein noch etwas jüngeres Lager ein. Vergl. Dumounise, Bull. 
soc. géol. France. 1859, pag. 860 ff. 

**) So würde man z.B. in der Gegend von Mülheim, Essen, Bochum 
wohl niemals dazu gelangt sein, eine Zone des Ammonites Rotomagensis, 
eine Zone des Inoceramus Brongniarti und eine Zone des Inoceramus 
Cuvieri zu unterscheiden. 

*=%) Solche finden sich vielfach z. B. in dem schönen Durchschnitte 
bei Oerlinghausen im Liegenden des Scaphiten-Pläners, ebenso — wie bei 
Altenbeken — im Liegenden des Brongniarti-Pläners. Aehnlich im Pro- 
file am Emscanal bei Rheine. 

+) z. B. zwischen Büren und Steinhaus. 

++) Von H. v. Staompeck wurde |. c. dieser Grünsand irriger Weise 
als ein Aequivalent des Cuvieri-Pläners angesprochen. 





478 


c. Grünsand der Timmeregge. *) 


Nordwestlich von dem typischen Vorkommen des Scaphbiten- 
Pläner’s in der Gegend von Bielefeld tritt zu beiden Seiten 
des Querthales von Borgbolzhausen, im Planer des Teutoburger- 
Waldes ein unreiner oft conglomeratartiger Grunsand auf, der 
lange Zeit bekannt, seit einem Menschenalter wiederholt Ge- 
genstand der Untersuchung gewesen.**) Da derselbe unter 
sehr unklaren Lagerungsverhältnissen auftritt und eine eigen- 
thumlich zusammengesetzte Fauna umschliesst, von deren For- 
men manche auf diese Localität beschrankt sind, so hat seine 
Altersbestimmung Schwierigkeiten veranlasst, und ist er sowohl 
dem Cenoman, wie dem Turon als auch den Senou zugewiesen 
worden. 

Nachdem ich bei Gelegenheit einer palaontologischen Arbeit, 
in der die Bracbyuren dieses Grünsandes beschrieben wurden, 
denselben fur ein Aequivalent der Scaphiten-Schichten ange- 
sprochen habe, wurde die Altersbestimmung dieses Grunsandes 
der Gegenstand einereingehenden Prüfung von URBAN SCRLONBACH, 
dessen Resultat ebenfalls dahinging, dass der fragliche Grüun- 
sand synchronistisch mit dem Scaphiten-Planer sei. ***) 

Die fossilen Reste des Grunsandes sind: 


Cidaris subresiculosa Panu. Rhynchonella Becksi ScaLüns. 

» sceptrifera Mant. Megerleia lima Der. 
Hemiaster Toucasanus D'Ons. à Terebratulina rigida Sow. 
Micraster cor testudinarium GLor. 5 Carteri Dav. 

»  breviporus Ac. Ostrea lateralis Nits. 

_ cf. Michelini o’Ons. Spondylus spinosus Sow. 
Infulaster major ScuLöne. Janira quinguecostata Sow. 
Echinocorgs gibba Lam. Lima guestphalica ScaLôns. 
Galerites sp. „ granulata Nits. 
Rhynchonella Cuviers v’Ors. Palacocorystes laevis Scucit. 

3 plicatilis Sow. Otodus appendiculatus AG. 
es Ungers SCHLÖNB. Corax falcatus Ac. 


*) Die einzelnen Punkte, wo dieser Grünsand anstehend bekannt 
ist, sind auf der Section Bielefeld der v. Decurn’schen Karte zwischen 
Halle und Dissen und auf der Section Lübbeke bei Hilter eingetragen. 

**) Geinitz, das Quadersandsteingebirge in Deutschland 1849, pag. 17. 

F. Roemer, die Kreidebildungen Westfalens. Zeitsch. d. deutsch. 
geolog. Ges. 1855, tom VL, pag. 99. 

H. v. Drcaux, der Teutoburger Wald. Verhandl. d. naturh Ver. 
d. preuss. Rheinlande und Westfalens, 1856, pag. 331. 

H. Creoner, Zeitsch. d. deutsch. geolog. Ges. 1864, tom. XVI., p. 556. 

C. ScuLüren, Palaeontographica, 1868, pag. 298. 

U. ScuLönsach, Beitrag zur Altersbestimmung des Grünsandes von 
Rothenfelde unweit Osnabrück. N. Jahrb. für Mineral. etc. 1869. 

“*) Eine weitere Stütze findet diese Ansicht durch die Lagerungs- 
verhältnisse in der nahe gelegenen Pläner-Insel von Rothenfeldo, woselbst 
unter wenig mächtigem unteren Cuvieri -Pläner ein Grünsand gewonnen 
wird, der sehr wahrscheinlich nur eine Fortsetzung des zwischen den ge- 
hobenen Schichten des Teutoburger Waldes hervortretenden Griinsandes ist. 





479 


Von Cephalopoden hat sich keine Spur gezeigt. 

Der Grunsand der Timmeregge ist also als eine cephalo- 
podenfreie, ungewöhnliche, sonst in Norddeutschland nicht ge- 
kannte Facies des Scaphiten-Pläner’s zu betrachten. 


8. Zone des Inoceramus Ouviert und Epiaster brevis. 
(Cuvieri-Pläner). 


Im sudöstlichen Westfalen *) nehmen die weissgrauen, 
mageren, duangeschichteten Kalke des jüngsten Turon bei fast 
söhliger Lagerung in der Umgebung der Städte Paderborn, 
Geseke und Erwitte ein Areal von 4 bis 6 Quadratmeilen ein, 
eine breite Zone bildend. Diese verschmälert sich nordwarts 
nach Lippspringe und Schlangen zu, ebenso westlich von 
Soest ab gegen Werl und Unna. 

Während das Gestein noch weiter westlich im Ausgehen- 
den glaukonitisch wird, wie bei Wambeln, Dortmund und 
Dorstfeld, bewahrt es in der Tiefe seinen früheren Charakter **), 
wie zahlreiche Tiefbauschächte lehrten, z. B. der Zeche Frie- 
drich Grillo bei Camen, Zeche Scharnhorst bei Kirchderne 
(NO. Dortmund), Zeche Furst Hardenberg und Minister Stein, 
nördlich von Dortmund: Zeche Graf Schwerin bei Castrop, 
Zeche Victor beim Bahnhof Castrop, Zeche von der Heydt bei 
Herne (bei ca. 8] Lachter Teufe), König Ludwig südlich 
Recklinghausen, Zeche Clerget bei Herne, Zeche Ewald bei 
Herten etc. 

Ueberall, sowohl im Osten über Tage, in den zahlreichen 
Steinbrüchen , wie im Westen in der durch die Steinkoblen- 
schachte erschlossenen Teufe sind es zwei fossile Formen, 
welche das Gestein erfüllen und die Zone charakterisiren: 


Inoceramus Cuvieri Sow. GoLpr.**) und 
Epiaster brevis Des. +), 


neben welchen alles Uebrige als unwesentlich zurücktritt, ob- 


*) Scurüter, Zeitsch. d. deutsch. geolog. Ges. 1866, pag. 68. 

**) Bei einigen in der Nähe gelegenen Schächten hat sich auch in 
der Tiefe ein Theil des Cuvieri-Pläners glaukonitisch erwiesen, z, B. auf 
Zeche Scharnhorst und Minister Stein. 

““) Wie die Art von GoLpruss paläontologisch und durch von Sraou- 
Beck (Zeitschr. d. Deutsch. geolog. Ges. 1859, p. 52, und 1863, pag. 124 
geognostisch festgestellt und in dieser exacten Begrenzung von allen, 
wenigstens allen norddeutschen Geologen anerkannt ist. Diese Bemerkung 
ist erforderlich gegenüber einer jüngst aufgetauchten Behanptung, es sei 
unsicher, was unter Inoceramus Cuvieri zu verstehen sei. 

+) Vergl. Scaiürer 1. c. 1866, pag. 69, und Scurürer, Fossile Echi- 
nodermen des nördlichen Deutschland. Verhandl. des naturhist. Vereins 
d. preuss. Rheinlande und Westfalens 1869, pag. 18, tab. 2. fig. 2, 














480 


wohl sich noch einige andere Inoceramen, Echiniden, Spongien *) 
und Cephalopoden zeigen. 

Die subhercynischen Kreidehugel zeigen auch den Cuvieri- 
Planer übereinstimmend wie in Westfalen, doch bildet derselbe 
dort z. B. im Salzgitterer Höbenzuge, Harlyberge bei Vienen- 
burg und am Petersberge bei Goslar, in Folge steiler Schich- 
tenstellung nur schmale Zonen. Auch glaukonitische Lagen 
sind hier vereinzelt gekannt, z.B. am Harlyberge.**) 

Auch hier ist /noceramus Cuvieri der herrschende Zwei- 
schaler, dagegen hat es den Anschein, dass der westfaliache 
Epiaster brevis durch Micraster cor testudinarium ersetzt werde.***) 

An Cephalopoden hat der norddeutsche Cuvieri- Planer 
geliefert: 

Ammonites peramplus Mant. Nur als Seltenheit in 
den tieferen Lagen. 

2 5 Ausleni Saap. Nor ein Exemplar in den 
tiefaten Lagen. 

3 "| Germari Reuss Nur ein undeutliches 
Fragment. 

4. an Hernensis ScHLOT. ? 

5. 3 sp.? 

6. 

q 

8 


[5 
e 


tricarinatus D'Ors. Ein Exemplar in den 
obersten Lagen. 

Scaphites Geinitzi D’ORB. 

. Ancyloceras Paderbornense SCHLOT. 

* 9, as Cuvieri SCHLOT. 

* 10. Tozoceras Turoniense SCHLOT. 

* 1]. Hamites sp.? 

*12. Helicoceras fleruosum SCHLOT. 
13. N sp. ? 
14. Baculites cf. Bohemicus Fr. & ScuLöns. Sehr selten. 


Von diesen haben sich die mit einem * versehenen Arten 
bisher nur im Cavieri- Planer gezeigt. Ammonites tricarinatus 
hat sein Hauptlager in der nächstfolgenden jüngeren Zone. 
Von Ammonites Hernensis ist der ungünstigen Erhaltung wegen 
zweifelbaft, ob die Vorkommnisse des Cuvieri-Pläner’s und des 
Emscher-Mergels ident sind. Die übrigen Arten sind schon 
aus alteren Zonen bekannt. 


*) Zahlreiche Spongien dieser Zone sind durch Ap. Rosusr, „Die 
Spongitarien des norddeutschen Kreidegebirges“ 1864 in der Palaconto- 
graphica beschrieben. 

we Vergl. v. Srromseck, Zeitschr. der deutsch. geolog. Ges. 1857, 

. 417. 
oe **) Durch v. Srrompecx sind ebenso wie von Fran. Roewer alle 
diese Formen nach dem Vorgange d’Ornsicny’s noch unter der Bezeich- 
nung Micraster cor anguinum zusammengefasst worden. 


481 


II. Emscher. 
9. Zone des Ammonites Margae und Inoceramus digitatus. *) 


Parallel der Sudgrenze des westfalischen Kreidebeckens 


werden die hellen Steinmergelbanke des Cuvieri-Pläner’s von — 


einer breiten Zone blaugrauer, lockerer Mergel **) überdeckt, 
welche bald vorherrschend aus Thon bestehen, bald kalkhaltig 
sind, bald durch Aufnahme von Quarzkörnern sandig erscheinen, 
und bald durch mehr oder minder häufig eingestreute Glauko- 
nitkörner einen grünen Thonmergel oder grünsandartigen Mer- 
gel***) darstellen. Wo der Thon vorherrscht, ist der Emscher- 
Mergel selten anstehend zu sehen, da er leicht der Verwitterung 
unterliegt. Da er ausserdem vielfach von diluvialen Bildungen 
verdeckt ist, so trifft man ihn im südwestlichen Westfalen ge- 
wöhnlich nur in vereinzelten Hügeln zu Tage anstehend, wie 
in den Hügeln bei Borbeck, Stoppenberg und Castrop. Unter 
diesen Umstanden haben ihn vorzugsweise die zahlreichen auf 
Steinkohlen niedergebrachten Schächte und Bohrlücher kennen 
gelehrt. So habe ich ihn z.B. bei folgenden bergbaulichen An- 
lagen gesehen: 


Zeche Alstaden zwischen Mulheim und Oberhausen, 
Zeche Deutscher Kaiser bei Hamborn, 
Zeche Osterfeld bei Oberhausen, 

Zeche Prosper bei Bottrop, 

Zeche Carl bei Altenessen, 

Zeche Neuessen bei Altenessen, 

Zeche Friedrich Ernestine bei Stoppenberg, 
Zeche Rbeinelbe bei Gelsenkirchen, 

Zeche Alma östlich Gelsenkirchen, 

Zecbe Pluto bei Gelsenkirchen, 

Neuer Schacht von Wilhelmine bei Schalke, 
Zeche Hugo bei Buer, 

Zeche Ewald bei Herten, 


Bohrloch Emscher-Lippe I. beim Gute Löringbof bei Datteln, 


Bohrloch General Goben IT. östlich Recklinghausen, 


*) C. Scurürern, Der Emscher-Mergel. Vorläufige Notiz über ein 
zwischen Cuvieri-Pläner und Quadraten - Kreide lagerndes mächtiges Ge- 
birgsglied. Zeitschr. der Deutsch. geolog. Ges. 1874, pag. 775. 

**) Ueber diese grauen Mergel vergl. auch v. Srtnowssck, Zeitschr. 
d. deutsch. geolog. Ges. 1859, tom. IX, pag. 55, welcher irriger Weise 
meinte, der Grünsand mit Spondylus spinosus gehe unmittelbar in diesen 
Mergel über, und beide zusammen für das Aequivalent des subhercyni- 
schen Cavieri-Planers ansah. 

#*) Diesen glaukonitischen Lagen im Emscher gehört der viel be- 
strittene dritte Grünsand von Markscheider Hainricu an. 

















482 


Bobrloch Kaiser Wilhelm bei Scherlebeck nordwestlich Reck- 
Jinghausen, 

Zeche General Blumenthal bei Recklinghausen, 

Zeche König Ludwig bei Recklinghausen, 

Zeche Clerget bei Herne, 

Zeche von der Heydt bei Herne, 

Zeche Victor beim Bahnhofe Castrop, 

Zeche Graf Schwerin beim Dorfe Castrop, 

Zeche Hansemann bei Mengede, 

Zeche Minister Stein, nördlich Dortmund, 

Zeche Fürst Hardenberg, ebendort, 

Zeche Gustav Adolph bei Lünen, 

Zeche Gneisenau bei Altenderne, 

Zeche Scharnhorst bei Kirchderne, 

Zeche Friedrich Grillo bei Camen. 


Diese Anlagen haben die bedeutende Machtigkeit des Em- 
scher’s dargethan und erwiesen, dass dieselbe vom Ausgehenden 
des Beckens an, gegen das Muldencentrum hin fortwährend zu- 
nimmt. So ergab sich auf Graf Schwerin eine Mächtigkeit von 
etwa 500 Fuss; im Bobrloch Kaiser Wilbelm von ca. 1000 Fuss, 
und im Bohrloche Emscher-Lippe I. ca. 1577 Fuss. 

Nach diesen Ermittelungen istder Emscher das mächtigste Glied 
der norddeutschen Kreide überhaupt und übertrifft insbesondere 
die immer als so bedeutend angesehene Planer - Ablagerung. *) 

Im weiteren Fortstreichen keilt der Emscher sich nicht 
etwa aus, sondern ist nur deshalb im östlichen {Westfalen 
weniger bekannt, weil hier die mächtige dilaviale Decke nicht 
von Schächten oder Bobrlöchern durchsunken ist. Er ist be- 
kannt (zum Tbeil feste Banke umschliessend) zwischen Schar- 
mede, Elsen und Paderborn, am Alme-Ufer und tritt auch aus 
dem Diluvium der Sennerhaide NNW. von Schlangen an ein- 
zelnen Punkten hervor. **) 


*) Wie bei der steilen Schichtenstellung im Teutoburger Walde, 
z. B. im Querthale von Oerlinghausen, und der subhercynischen Hügel, 


-z. B. im Chaussee-Durchbruche des Flöteberges zwischen Liebenburg und 


Ostfresen sich leicht ergiebt. Hier haben die widersinnig unter 64° nach 
Osten fallenden Schichten gene achiatia 


1. Cuvieri-Pläner . . Sj. ery coe EE 
2. Scaphiten-Planer . . . 2 2 . . . . . . . . 127 
3. Brongniarti-Pläner . . . . . . . . . . . . . 84 
4. Rother Pliner . . gf ce ee Sr ae Se OTP 
5. Weisser armer Rotomagensi¢-Pliner ee ete 720 
6. Grauer sandiger Rotomagonsis-Pläner . . 11’ 
7. Varians-Planer incl. unterste Rotomagensis- Schichten 62’ 
8. Thon mit Belemnites ultimus . . . . . . . ca. 2’ 
9. Flammenmergel . . 158’ 


**) Die bei Stukenbrok hervortretende Insel festen Gesteins gehört 
jedoch nicht dieser Zone, sondern dem Cuvieri-Pläner an. 





483 


Was die Fauna des Emscher’s betrifft, so haben sich 
Spongien, abgesehen von einigen Kieselnadeln nicht gezeigt; *) 
von Anthozoen fand sich keine Spur; von Echinodernen fanden 
sich einige schlecht erhaltene, möglicher Weise zu Micraster 
cor anguinum gehörende Stücke, ausserdem in den obersten 
Schichten Spuren von Bourguetocrinus und Asterias; Brachio- 
poden sind gänzlich unbekannt; die Lamellibranchen bieten 
mancherlei Formen als Ostrea, Cucullaea, Leda, Lima etc., allen 
voran aber steht /noceramus. Die Gattung /noceramus erreicht 
bier, sowohl was Manichfaltigkeit der Formen, als Grösse **) 
der Schalen angeht, das Maximam ihrer Entwickelung. 

Abgesehen von einigen, wahrscheinlich neuen Arten, 
lassen sich die prägnantesten Formen an folgende Namen an- 
knupfen : 

Inoceramus digitatus Sow. 14 Fuss gross; daneben auch 
Inoceramus undulato-plicatus Feao. Rozu. 

Inoceramus cf. cardissoides Gotpr., bis 31 Zoll gross, 
Inoceramus involutus d’Ons. 

Daneben findet sich in den tieferen Schichten noch der aus 
derfraheren Zone bekannte Jnoceramus Cuvieri GoLpr. Ausserdem 
hat sich in den oberen Schichten eine Form gezeigt, welche 
mit Inoceramus Cripsi Mant. verwandt, vielleicht ident ist. 

Steinkerne von Gastropoden haben sich wiederholt ge- 
fanden. Bei weitem wichtiger sind die Cephalopoden, welche 
neben den Inoceramen dem Emscher-Mergel den eigenthum- 
lichen Charakter aufpragen. Es fanden sich: 


1. Ammonites Margae ScHLÜr. 


2. ‘5 Texanus F. Roem. 
3. > Emscheris SCHLOT. 
4. en Hernensis SCHLÜT. 
5: ss tricarinatus D'OR. 
6. ; Mengedensis SOHLOT. 
7 Westphalicus STROMB. 


. 
- 
= 


*) Wenn nicht etwa ein undeutliches Fossil zu Achilleum rugosum 
Reuss (Verstein. Böhm. Kr. tab. 20. fig. 4.), Amorphospongia rugosa AD. 
Roem. (Spongit. pag. 56) gehört. Nach Ursan ScuLônsaca (Norddeutsche 
Galeriten-Schichten, pag.7) findet sich dasselbe am Ringelberge bei Salzgitter 
in den obersten Schichten des Cuvieri-Pläners, die immer mergeliger wer- 
den und schliesslich in einen Mergelthon übergehen, welcher zwischen 
Haverlah und Klein Elbe zur Ziegelfabrication benutzt wird und bereits 
das tiefste Niveau der Quadraten-Kreide repräsentirt. — ApoLpu Roewer 
nennt die Spongie auch von Ilsenburg. — In Böhmen findet sich dieselbe 
z. B. zwischen Laun und Malinitz in einem Mergel mit Ostrea sulcata. 

**) Ich habe auf der Halde der Zeche Gneisenau bei Kirchderne 
Bruchstücke von concentrisch gerippten Inoceramen gesehen, welche auf 
eine Grösse der Schale von 3 Fuss hinweisen; zwischen je zwei Rippe 
konnte man eine ganze Faust legen. : 





484 


8. Ammonites tridorsatus ScHLor. 

9. 55 Stoppenbergensis SCHLOT. 
10. 2 Alstadenensis SCHLOT. 
11. 5 sp. ? 

12. = cf. placenta Mort. *) 
13. Scaphites sp.? 

14. Hamites cf. angustus Dix. 

15. » 8p? 

16. Turrilites tridens ScHaLor. 


17. ‘i plicatus D’ORB. 
18. ie varians SCHLOT. 
19. eg undosus SOHLOT. 
20. Baculites brevicosta SCHLOT. 
21. “i incurvatus Dus. 


22. Nautilus leiotropis SoHLOT. 

23. e cf. Neubergicus Ropr. 

24. Actinocamar Westphalicus ScHLo?. **) 
25. ® verus MILL. 

Von den genannten Arten kommt Ammoniies Hernensis viel- 
leicht schon im Cuvieri-Planer vor; Ammonites tridorsatus fand sich 
in einem Exemplare in den obersten Bänken des Cuvieri-Planer’s. 
Baculites incurvatus steigt wahrscheinlich io die folgende Zone 
hinauf, ebenso Nautilus cf. Neubergicus und ./clinocamaz verus. 

Wenngleich von den zahlreichen prägoanten Ammoneen des 
westfälischen Emscher’s sich noch keine Art in den subher- 
cynischen Kreideterritorien gezeigt hat, so dürfte dennoch dieses 
Niveau dort vertreten sein. Insbesondere gilt dies zunächst 
von der Umgebung von Goslar und Ocker.***) Hier wird im 


*) Die Art ist noch nicht besprochen worden, da ich sie erst vor 
wenigen Tagen auf Zeehe Osterfeld auffand. Das Exemplar endet bei 
ca. 7 Zoll Durchmesser noch mit einer Kammerwand. Der verwandte 
Ammonites d’Orbignyanus unterscheidet sich durch engeren Nabel und 
gezahnte Bauchkanten. 4mmonites bidorsalus scheint die gleichen Zah- 
lenverhältnisse und übereinstimmende Nabelweite darzubieten, aber dessen 
innere Knotenreihe liegt entfernter vom Nabel, und er besitzt ausserdem 
noch eine zweite Knotenreihe in der Nähe der Bauchkanten, Dem Aeusse- 
ren nach scheint Ammonites placenta Mont. (Syn. org. rem. Unit. States 
pag. 36, tab. II, fig. 1.) übereinzustimmen, aber dessen Loben sind nach 
der Abbildung in Dana’s Man of Geol. pag. 470 tiefer, während sie am 
vorliegenden Stücke, wie bei Ammonites syrtalis (vergl. tab. 15, fig. 5) 
gebaut zu sein scheinen. 

**) In Uebereinstimmung mit allen früheren Autoren ist Actinocamaz 
auch in dieser Schrift als masc. gebraucht worden. 

*e) G. Scucsren, geognostische Beschreibung der Gegend von Goslar, 
nn der Innerste und der Radau. Jahrb. für Mineral. etc. 1835, 
ag. 405. 
dé v. Unces, Beitrag zu einer geognostischen Beschreibung der Gegend 
um Goslar. Bericht des naturwissenschaftlichen Vereins des Harses für 
die Jahre 1844/5, pag. 12. 


485 


Paradiesgrande am Fusse des Petersberges ein lockerer grauer 
kalkiger Mergel gewonnen, welcher in saigerer Schichtenstellung 
sicb an die ebenfalls steil aufgerichteten Cuvieri-Schichten an- 
lehnt. Diese Mergel sind dem westfälischen Emscher sehr 
ähnlich. Sie sind in einer Mächtigkeit von etwa 100 Fuss 
aufgeschlossen und enthalten in der oberen Partie sandige 
glaukonitische Lagen, welche auch in jenem, wie oben bemerkt 
wurde, bekannt sind. Die Mergel sind äusserst arm an fos- 
silen Resten; ein nicht naher bestimmbarer Micraster, Bruch- 
stacke einer kleinen Auster und Spuren eines I/noceramus ist 
alles, was sich bislang gezeigt. 

Dieser Mergel war schon den älteren Geognosten wohl 
bekannt. Bergrath von Unger sagt schon, dass er in dortiger 
Gegend überall die harte Kreide oder den Pliner uberlagere *) 
und sehr haufig in Mergelgruben aufgeschlossen sei, da man 
sich dieses Gesteins zum Mergeln der Felder bediene. So 
könne man ihn auch chnfern der Scuröper’schen Oelmühle beob- 
achten, auch trete er jenseits des Sadmerberges wieder auf, dessen 
Liegendes er bilde, wie an der Ost- und Westseite zu sehen sei. 

Das obige Profil im Paradiesgrunde ist weiterhin in der 
Richtung des Hangenden auf eine Entfernung von beilaufig 
200 Schritte verdeckt, bis der Eisenbahneinschnitt am Fusse 
des Petersberges wieder einen Einblick in den Schichtenbau 
gestattet. Hier sind flach fallende **) glaukonitische, gelblich 
graue, mergelige Sandsteine aufgeschlossen. Es werden dies 
dieselben Schichten sein, welche an der gegenüberliegenden 
Thalseite das Sudmerberger Conglomerat untertedfen und seit 
langer Zeit als die reiche Fundstätte fossiler Spongien bekannt 
sind. ***) 


Ap. Roeuen, die Quadraten - Kreide des Sudmerberges bei Goslar. 
Palaeontographica, tom. XIII, 1§61—66, pag. 193. 

v. Groopeck, Abriss der Geognosie des Harzes mit besonderer Berück- 
sichtigung des nordwestlichen Theiles. Clausthal 1871, pag. 142. 

Baauns, über den Sudmerberg bei Ocker. Correspondenzblatt des 
naturwissenschaftlichen Vereins fir die Provinz Sachsen und Thüringen 
in Halle. Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften von Giebel, 
1875, pag 509. 

*) Wenn v. Srromseck (Zeitsch. d. deutsch. geol. Ges. 1857, pag. 

417) von dem snbhercynischen Cuvieri-Pläner sagt: „Nach oben walten die 
Mergel vor. Zuoberst allein milde, graue thonige Mergel von massiger 
Schichtung,‘ so sind darunter wahrscheinlich die in Rede stehenden Mer- 
gel zu verstehen. Desgleichen bei U. Scurönsach, Profil durch den Harly- 
berg (Norddeutsche Galeriten- Schichten, I. c. 1868, pag. 14 etc.). Des- 
gleichen die Mergel im Hangenden der festen Cuvieri- Schichten am 
Riegelberge. ibid. pag. 7. 

*#) v. Groopek, |, c. pag. 142. 

+) Ap. Russen, Le. freilich halt sie für verschieden, weil angeblich 
noch keine Mollusken in letzteren gefunden seien. 


486 


In dem Bahneinschnitte sind durch Ap. Roemer folgende 
Versteinerungen beobachtet worden, deren Bestimmung zum 
Theil einer erneuten Prüfung bedarf *): 


Cribrospongia scripta, 
Pleurostoma stellatum, 
Eudea crassa, 

»»  tntumescens, 
Plocoscyphia muricata, 
Siphonocoelia imbri icata, 
Siphonia punctata, 
Oculispongia macropora, 
Stellispongia impressa, 
Enaulofungia tesselata, 

BF siliqua, 
Spatangus cor anguinum, 
Galerites elongatus, 
Peltastes acanthodes, 


Terebratula carnea, 
Pecien quadricostatus, 
Lima Hoperi, 
Spondylus striatus, 
Inoceramus Cuviert, 

9 digitatus 

3 involutus **) 

Fr lobatus 

Fr cancellatus (cardissoides) 
Cardium decussatum 
Scaphites binodosus 
Nautilus laevigatus (simplex) 
Belemnitella quadrata 
Pollicines glaber 


Vermetus ampullaceus. 


Unter diesen Resten weiset, wie schon die Lagerangs- 
verhältnisse darthun, das Vorkommen von Jnoceramus Cuvieri, 
der im eigentlichen Senon nicht mehr bekannt ist, auf die 
Nahe der Zone des Cuvicri-Planer’s hin. Besonders bezeichnend 
ist aber das gemeinsame Vorkommen jener eigentbümlichen 


Gruppe von Inoceramen, deren Rippen von einer Mittellinie 


aus fingerständig zu den beiden Seitenrändern der Schale aus- 
strahlen (Inoceramus digitatus) mit Actinocamaz Westphalicus 
(wie anstatt Belemnitella quadrata zu lesen ist). 

Wie der nicht seltene Galerites elongatus, so ist auch die 
Mehrzahl der zahlreichen Spongien nur aus diesen Mergeln des 
Harzrandes bekannt. Der westfälische Emscher - Mergel ist 
demnach zwischen Goslar und Ocker als Spongien-Facies ent- 
wickelt. Dass diese Spongienbänke aber nicht dem gesammten 
Emscher Westfalens entsprechen, sondern nur einer hoberen 
Abtheilung desselben, wird dadurch wahrscheinlich, dass, wie 
eben erwähnt, zwischen ihnen und dem echten Cuvieri-Pläner 
noch wenigstens 100 Fuss mächtige versteinerungslose Mergel 
liegen, sowie dadurch, dass Ap. ROEMER aus ihnen noch — die 
Richtigkeit der Bestimmung vorausgesetzt — Pecten quadri- 
costatus, Inoceramus lobatus und Cardium decussatum auffuhrt, 


*) Die Angabe des Vorkommens von Belemnitella quadrata ist ohne 
Zweifel irrig; alles, was ich von jener Localität an Belemniten gesehen 
habe, gehört zu Actinocamar Westphalicus. Die als Scaphites binodosus 
aufgeführte Art spricht Baauns (Zeitschrift für die gesammten Natur- 
wissenschaften 1875, pag. 342, tab. 8, fig. Au, 5., sowie Ap. Roruss, 
Palaeontogr. tom. XIII, tab. 22, ‘fg. 9) als neue Species an, wozu er auch 
Scuuör. Cephal. tab. 23. fig. 23. citirt, und benennt sie mit der bereits 
vergebenen Bezeichnung Scaphites Roemeri Brauns. 


#*) sec. Baauns, Zeitsch. für die gesammt. Naturw. 1875, pag. 510. 





487 


Formen, welche sich im Emscher-Mergel Westfalens noch nicht 
gezeigt haben, sondern dort erst in jüngeren Schichten auf- 
treten. Insbesondere sind die beiden erstgenannten auf die 
nächstfolgende Zone des Inoceramns lingua beschränkt, so 
dass durch dieselben, wofern ihr Vorkommen sich bestätigt, 
die Nähe dieser Zone bereits angezeigt wird. 

Eine noch offene Frage ist es, ob das eigentliche Sud- 
merberggestein: ein Kalkconglomerat, dem (Quarz, Gelbeisen- 
stein‘, Glaukonit etc. beigemengt sind, welches die Spongien- 
bänke uberlagernd in dicken, horizontalen oder schwach ge- 
neigten Schichten die oberen Zweidrittel des Berges zusammen- 
setzt, noch dem Emscher oder bereits der nächst folgenden 
Zone angehöre. Schon Bergrath von Useer bemerkte 1. c., 
dass in beiden nicht dieselben fossilen Reste gefunden würden. 
Auch Herr v. Groppeck scheint dieselbe Ansicht gewonnen 
zu haben. Wir verdanken ihm das neuste Verzeichniss *) der 
Versteinerungen des Sudmerberger Conglomerates: 


Ausser vielen nicht namentlich aufgeführten Bryozoen: 


Pentacrinus nodulosus Biradiolites hercynius 
Cidaris clavigera Ostrea flabelliformis 
Holaster granulosus Ezogyra auricularis 
Terebraiula semiglobosa (?) Janira quadricostata 
Rhynchonella ala Inoceramus Cripsti 

Fe pisum Belemnitella quadrata (?) 


Herr v. Unegr nennt ausserdem noch einige andere For- 
men als: 
Pecten multicostatus Micraster cor testudinarium (?) 
Pecten Faujasis Cidaris sceptifera. 
Crania Parisiensis 

Das Vorkommen verschiedener Cephalopoden macht es 
wahrscheinlich, dass auch in Böhmen das Niveau des Emscher’s 
vertreten sei. Dasselbe wurde im Gebiete der ,,Priesener- 
Schichten und wohl auch der „Chlomecker- Schichten‘ zu 
sachen sein. Die ersteren hält URBAN SCHLÖNBACH für syn- 
chronistisch mit dem norddeutschen Cuvieri-Pläner, die letzteren 
sollen den unteren Quadraten- Schichten entsprechen. Aus 
jenen nennen Frirson & ScHLöNBACH **) von uns schon be- 
kannten Formen: 


Ammonites subtricarinatus D’ORB. 
Teranus RoE. 
a: dentatocarinatus Rog. 
ns d’Orbignyanus Gers. 


#) v. Groppecx, Abriss der Geognosie des Harzes, Clausthal 1871. 
pag. 143. 


**) Fairsca und ScHLöngach, Cephalopoden der Böhmischen Kreide. 
Zeits. d. D, geol. Ges. XX VII, 3. 32 


488 


aus diesen: 


Ammonites subtricarinatus D’OBB. 
43 d’Orbignyanus GEIN. 
Baculites incurvatus Dus. 


und aus beiden einen noch nicht mit Sicherheit bestimmten 
Belemniten (der möglicher Weise zu Actinocamaz Westphalicus 
ebort). 

i In Schlesien weiset Dames *) die Thone mit Ammonites 
tricarinatus p’OrB, welche den Kieslingswalder-Sandstein unter- 
teufen, in das Niveau des Emscher-Mergels. 

In der Kreide der Alpen werden gewisse Schichten der 
Gosau- Formation, welche den Hippuriten- und Orbituliten- 
Schichten aufruhen und von Inoceramen-Mergela mit Inocero- 
mus Cripsii überdeckt werden**), aus der REDTENBACHER einen 
so überraschenden Reichthum an Cephalopoden kennen gelehrt 
hat***), dem Emscher- Mergel entsprechen. Wir finden hier 
theils identische, theils vicariirende Formen; neben Ammonites 
Margae Gehäuse aus der Verwandtschaft des Ammonites tricari- 
natus and Ammonites Westphalicus, des Ammonites Texanus, des 
Ammonites Alstadenensis etc. 

Mancherlei Anzeichen, wie das Vorkommen so charakteri- 
stischer Fossile, wie des Jnoceramus digitatus +), Inoceramus 
involutus, Ammonites Texanus ff), Ammonites tricarinatus T}f) 
liessen vermuthen, dass das Niveau auch im südlichen Eng- 
land, im nordostlichen Frankreich und am Fusse der Pyre- 
naen vorhanden sei. 

Eine dieses fur das nördliche Frankreich bestatigende 
briefliche Mittheilung verdanke ich Herrn Barrois. Derselbe 
schreibt über die Funde von Lezennes: 

„Die Kreide von Lezennes umfasst drei Niveaus. Das 


*) Verhandl. des naturhist. Ver. der preuss. Rheinlande und West 
falens, Jahrg. 31, 1874, pag. 97. 
**) Zitret, die Bivalven der Gosaugebilde in den nordöstl. Alpen. 
Mit 27 Taf. Wien 1864 —66, pag. 93 ff. 
Unsan SchLönsich, Die Schichtenfolge der Gosauformation bei Grün- 
bach, Verhandl. d. k. k. geolog. Reichsanstalt 1867. pag. 335. 
*e) Anton BEDTENBACHER, die Cephalopodenfauna der Gosauschichten 
in den nordöstlichen Alpen. Mit 9 Tafeln. Wien 1873. 
+) Décoco, Sur les Jnocerames de la craie du Nord. Associa- 
tion sn pour l’avancement des sciences. Congrès de Lille, 1874, 
pag. . 
Décoco, Les Inocerames de la craie de Lezennes. Soc, géol. du 
Nord, 1874, pag. 83. 
++) Bannois, Soc. géol. du Nord, 1874, pag. 54. 
++) Distribution des espèces dans les terrains crétacés de Loir-et-Cher, 
par a Taube Bounceois. Bull. soc, géol. France, tom. 19, 1862, pag. 653, 
pag. . 


489 


tiefste ist der Scaphiten-Planer, dann folgt der Cuvieri-Planer 
und den Schluss bildet der Emscher-Mergel. Der letztere, 
welcher mit meiner Zone des Micraster cor anguinum correspondirt 
(die nur den unteren Theil der gleichnamigen Zone H£sear’s 
umfasst), lieferte: 


Ammonites Texanus, 

Ammonites tricarinatus, 

Belemnites verus, 

Inoceramus involutus (sehr haufig) 
Inoceramus digitatus.“ 


Auch bei Lenz (Pas-de-Calais) fand sich in der Zone des 
Micrasier cor anguinum gleichfalls Ammonites Texanus. 

Im südlichen Frankreich fanden sich bei Dieu-le-Fit 
(Dréme)*) nach Uppan ScuLönsach **) in Schichten, welche 
mit der Kreide von Villedieu (Kreide mit Epiaster brevis) in 
nächster Beziehung stehen und die in Coquann’s Etage coniacien 
gestellt werden ***), neben Ceratites Robini THIOLL. vier Exem- 
plare von Ammonites Teranus. 

Aus der gleichen Etage nennt SCHLÖNBACH auch den Am- 
monites Peirocoriensis Cog. von Gourd de l’Arche +). Man wird 
alsoauch, in dieser Etage vielleicht ein Aequivalent des Emscher’s 
finden, während Coquanp’s nächst jüngere Etage santonien den 
norddeutschen Schichten mit Inoceramus lingua, Exogyra laci- 
niata und Janira quadricostata der Hauptsache nach entsprechen 
durfte. — Za bemerken ist noch, dass Coquanp selbst den 
Ammonites Petrocoriensis aus der Etage campanien, welche 
ziemlich genau mit den norddeutschen ‚Mucronaten - Schichten 
zusammenfällt, nennt. — Aus der Etage coniacien nennt 
Coquaxp selbst nur den Ammonites Nouleti p’Ors. (?). ff) 

Aehnlich wie im Dröme-Departement ist das Vorkommen 
der bereits von D’ORBIGNY aus dem Aude-Departement genann- 
ten Ammoneen, von wo er den Ammonites tricarinatus von 
Sougraigne, Turrilites plicatus und Turrilites acuticostatus von 
Souladge aufführt. Nach p’Arcnıac tft) lagern hier auf den 
Schichten mit Ezxogyra columba die Rudistenbanke mit Hippu- 


*) Lory, Note sur les terrains crétacés de la vallée de Dieu-le-Fit, 
Bull. soc. géol. France, tom. 14, 1857, pag. 47. 
*#) Jahrbücher der k. k. geol. Reichsanstalt, 1868, pag. 293. 
**) Hesent stellt die Kreide von Dieu-le-Fit in seine Zone dos 
Micraster cor anguinum. 
+) Von Ansaup (Note sur la craie de Dordogne, Bull. soc. géolog. 
France, tom. 19, 1862, pag. 465, pag. 488) werden die Vorkommnisse von 
Gourd de l'Arche nicht getrennt, sondern gemeinsam den Etages coniacien 
und santonien zugewiesen, 
++) Coouann, Bull. soc. géol. France, 1859, pag. 973. 
+++) d’Arcaiac, Les Corbières, Mgm. soc. géol. France, 1859. 


32* 





or — — 


490 


rites cornu vaccinum, uber diesen folgen *) Echiniden - Mergel, 
D’ArcHIAO nennt z. B. Micraster brevis AG., Micraster gibbus 
Goupr., Micraster Matheroni p’Ors. (welche wohl kaum ver- 
schieden sind), ferner Micraster cor testudinarıum GoLpr., Hol- 
aster integer AG. und Echinocorys vulgaris Breyn. Den Schluss 
bilden die Marnes bleues, welche ausserordentlich reich an fos- 
silen Resten sind. Die genannten Ammoneen selbst, nebst 
mehreren noch unbeschriebenen Arten, gehören den jüngeren 
die Rudisten- Bänke uberlagernden Kreideschichten an. Aus 
diesen nennt D’ARCHIAC auch den sehr bemerkenswerthen /no- 
ceramus digitatus Sow. 

Baraoïs fand zufolge brieflicher Mittheilung dann den 
Emecher auch in England wieder und konnte ihn weithin ver- 
folgen. Folgende Localitaten halt er für typisch: Berlinggap 
(Sussex), Leckford (Hampshire), Signal de Beec (Devonshire), 
Ballard hole (Purbeck), Burnham-overy (Norfolk), Flamborough 
head (Yorkshire), Nähere Nachrichten sind in Balde zu er- 
warten. 

Ueber die aussereuropaischen Kreideterritorien ist zu be- 
merken, dass sich Znoceramus digitatus an der Ostkuste Asiens, 
auf der Insel Sachalin in ausserordentlicher Haufigkeit ge- 
funden hat. **). 

Auch die Kreide Ostindiens hat eine ahnliche Form ge- 
liefert, den Inoceramus diversus StoL. ***) und daneben den 
Ammonites tricarinatus p’Ors. +). 

Aus der Kreide Sudafrika’s schliessen sich manche Formen 
an die des Emscher an. So lässt sich der fussgrosse Am- 
monites Stangeri Batty tt) als eine knotenreiche Varietat des 
Ammonites tricarinatus auffassen. 

Fasst man die Lagerungsverhältnisse in's Auge tft), so 
ergiebt sich, dass die verticale Verbreitung der Arten, wenn 
man diese als vicariirende auffasst, eine ahnliche ist, wie in 
Europa. In den tieferen Schichten liegt Ammonites Stanger 
mit seinen Verwandten, in den obersten Banken dagegen Am- 
monites Gardeni Baty. 


*) Vergl. auch Revnës, Etudes sur le synchronisme de terrain cré- 
tacé du Sud-Est de la France, pag. 97. 
##) Fa. Scamipt, Ueber die Kreide der Insel Sachalin. Mém. de 
l’Acad. des sciences de St. Petersbourg. 7. ser. tom. 19. No. 3.1 
*e*) STOLICZKA, Palaeontolog. Indica. The Pelecypoda, pag. 407, 
tab. 27, fig. 6. 
+) Srouiczxa, Fossil Cephalopoda of Southern India, pag. 54. 
++) Batty, Description of some cretaveous Fossils from South Africa. 
Quat. Journ. of the geolog. Society, vol XI, 1865, pag. 454, tab. 11—13. 
+++) Graiessace, On the Geology of Natal in South Africa Ibid. 
tom. 27, 1871, pag. 53, tab. 2, 3a 








491 


Aehnliche Beziehungen dürften auch die Lamellibranchen 
und Gastropoden darbieten. 

Vielleicht gebort auch der von Hausmann als Kreide- 
Ammonit beschriebene Ammonites spinosissimus *) hierher, der 
von Missionar Hesse nebst anderen Petrefacten im östlichen 
Theile der Capcolonie am Sondsg-River gesammelt ward. 

Aus der Kreide von Texas kennen wir den Inoceramus undu- 
lato-plicatus Fern. Rozmer**), der dem Jnoceramus digitatus Sow. 
nahe steht and vielleicht damit ident ist. Jedenfalls liegt dieselbe 
Form auch im deutschen Emscher. — Zu den von Fenp. Roemer 
beschriebenen Ammoniten kommen noch zwei von ihm über- 
gegangene auf Emscher hinweisende Formen. Das eine ist 
ein Fragment, welches jener Gruppe von Formen angehört, 
deren Aussenseite drei Kiele tragt, wie Ammonites tricarinatus, 
Ammonites Westphalicus, Ammonites tridorsatus. Das andere 
Gebause ist vielleicht nicht von Ammonites Stoppenbergensis 
verschieden, steht ihm jedenfalls sehr nahe. 

Auch in den westlichen Territorien der Vereinigten Staa- 
ten ***) und in Californien ¢) finden wir einzelne Anklänge 
an bekannte Formen, so den Ammonites placenta Morr., Am- 
monites vespertinus MoRT., Ammonites Tehamaensis GaBB. — 


Nach den gegebenen Andeutungen wird es wahrscheinlich, 
dass der Emscher nicht etwa uur eine locale Entwicklung, 
sondern ein allgemein verbreitetes Glied der Kreide sei. 

Ist die Stellung, welche den Cephalopoden-Schichten der 
Gosauformation angewiesen wurde, richtig, und ist die Gosau- 
formation, diese als ein zusammenhängendes Ganze betrachtet, 
ohne Lücke entwickelt, so ist der Hiatus, den Hésgrr ff) in der 
Kreide des nördlichen Frankreich, England und Deutschland 
annimmt, indem er für die Hippuriten-Kalke der Alpen und 
des eüdlichen Europa — insbesondere der Schichten mit Hip- 


*) Göttinger Gelehrten - Anzeiger 1837, pag. 458. Das hier be- 
schriebene Original scheint verloren zu sein, wenigstens findet es sich im 
paläontologischen Museum in Göttingen nicht vor. 

Nach der Darstellung von Stow (Quat. Journ. geol. Soc. t. 27, p. 497) 
scheinen jedoch die von Hausmann erwähnten Vorkommnisse nicht creta- 
ceisch, sondern jurassisch zu sein. 

**) Faro. Roemer, Die Kreidebildungen von Texas und ihre organi- 
schen Einschlüsse. Bonn, 1852, tab. 7, Fig. 1. 

+) Havouws Report United States Geological Survey, tom. VI. 
Washington 1874. Und hieraus in: 

Leo Lesqueneux, Contributious to the fossil Flora of the Western 
Territories. Part. I. Cretaceous Flora, pag. 14. 

D, Geological Survey of California. Palaeontology, Vol. II, 1869, 
pag. 132. 
++) Hévsenr, Classification du terrain Crétacé supérieur, Bull. soc. 
géol. France, III. ser, tom. III. 1876. pag. 595. 





492 


purites cornu vaccinum — (die er unter die Craie à Holaster 
planus, d. i. Scaphiten- Planer, einreiht)*) im Norden keine 
Vertretung kennt, nicht vorhanden. 

Es würden die Aequivalent-Bildungen der Hippuriten-Kalke 
im nördlichen Europa im oberen Pläner, d. h. in dem Cuvieri- 
und Scaphiten-Planer zu suchen sein. Dieser Auffassung wider- 
streiten die aus dem südlichen Europa bekannt gewordenen 
Verhältnisse nicht. Im südlichen Frankreich werden die Hip- 
puriten-Schichten, namentlich die Kalke mit Radiolites cornu 
pastoris (welche die Kalke mit Hippurttes cornu vaccinum anter- 
teufen) nach unten hin von Schichten begrenzt, welche theils 
durch Ostrea columba, var. gigas, Ammonites Rochebrunni Cog. und 
Ammonites Requienianus D’ORB., theils (meist in noch tieferen 
Lagen) durch Jnoceramus labiatus, Ammonites nodosoides, Peri- 
aster Verneuili, Hemiaster Leymeriei etc, (also = Brongniarti- 
und Mytiloides-Pläner) charakterisirt sind. 

Wenn die, wie es scheint, in dem kleinen Gebirge der 
Corbieren festgestellte Thatsache allgemeine Gültigkeit hat, 
dass die Rudisten- Kreide von der Zone des Micraster cor 
testudinarium überdeckt wird, so würde jene genau den nord- 
deutschen Scaphiten-Schichten entsprechen. 

Es wäre von grösstem Interesse zu wissen, welche Cepha- 
lopoden die Hippuriten-Schichten der Gosauformation beherber- 
gen, und ist es deshalb sehr zu beklagen, dass es REDTENBACHER 
nicht vergönnt war, die Ammoniten, welche der Mairgraben am 
Dalsener Abfall des Lattengebirges, und die berühmten Mar- 
morbrache am Fusse des Unterberges bei Salzburg lieferten, 
mit in den Kreis seiner Untersuchung zu ziehen. Möchte es 
ihm bald gelingen, diese Lücke auszufüllen ! 


IV. Unter-Senon. 


Schichten mit Jnoceramus lingua *) und Exogyra laci- 
niata. ***) 
(S. g. Untere Quadraten-Schichten, Etage santonien Cog.) 


Wie man in Frankreich zunächst petrographisch und dann 
auch palaontologisch die Craie marneuse und Craie blanche 


*) So Bull. soc. géol. L c. In dem später versandten Separat-Ab- 
drucke dieser Abhandlung ändert Hésrar diese Stellung der Hippnriten- 
Schichten und reiht sie nun zwischen die Craie à Micraster cor teste- 
dinarium (Cuvieri-Pläner) und Craie à Holaster planus (Scaphiten - Pis- 
ner) ein, 

#*) + Inoceramus lobatus, + Inoceramus cancellatus. 

**#) In Böhmen soll diese Muschel in angeblich erheblich älteren 
Schichten, nämlich den Iser-Schichten vorkommen. 

Uasan Scarénsaca äussert sich in der Abhandlung „Die Brachio- 


493 


unterschied, jene Taronien, diese Senonien nannte, so wurden 
auch in Deutschland schon früh die eintönigen Plänerbildungen 
von den so ausserordentlich mannigfaltig entwickelten jungeren 
Kreidegebilden unterschieden, von denen jene sich an der Za- 
sammensetzung der norddeutschen Höhenzüge betheiligen, wah- 
rend diese nur die Kreidemalden auszufüllen pflegen. In die- 
sen äusseren, von paläontologischen Gründen unterstützten Um- 
standen ist es begründet, dass man (fast ausnahmslos) bei An- 
nabme der Bezeichnungen Taron uud Senon diese den deutschen 
Verhältnissen anpasste und die Grenze zwischen beiden ver- 
schob. Während im Sinne der französischen Geologen noch 


poden der Böhmischen Kreide‘ (Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt 
1868, 18. Band, 1. Hoft, unter dem 3. März, pag. 147) über die Iser- 
Schichten so: „In Betreff der Einreihung der Iser-Sandsteine der Prager 
Geologen, die ich nicht selbst aus eigener Anschauung kennen gelernt 
und aus denen ich im Prager Museum keine zu einer sicheren Altersbe- 
stimmung genügende Petrefactenvorräthe gesehen habe, bin ich — offen 
gestanden — in einiger Verlegenheit, wo dieselben am richtigsten einzu- 
ordnen sein mögen... .“ 

Nachdem Scurönsach dann das Iser - Gebiet besucht hatte, theilt er 
die Kreideschichten desselben in folgende Glieder von oben nach unten 
(Verhandl. d. k. k. geol. Beichsanstalt, Ber. v. 11. Juli 1868, pag. 255): 


Oberquader von Chlomek und von Gross-Skal, 

Schiefrige, leicht zerfallende Bacnliten-Mergel, 

Plastische Thone mit Ostrea sulcata, 

Iser-Sandsteine mit ihren verschiedenen Unterabtheilungen, 


und bemerkt: „Da nun die Thone mit Ostrea sulcata, welche hier nächst 
der Grenze des Unterquaders gegen die jüngeren Schichten entschieden 
die schärfste Begrenzung nach unten hin aufzuweisen haben und meistens 
die Plateaux auf dem Isersandstein einnehmen, ziemlich sicher dem Com- 
plex der Hundorfer- oder Teplitzer- Schichten des Scaphites Geinitzi zu- 
gerechnet werden müssen, so würde sich aus Obigem in Betreff der Frage 
nach dem Alter der Iser-Sandsteine als sehr wahrscheinlich das Resultat 
ergeben, dass dieselben älter sind als die Hundorfer Scaphiten-Schichten 
und wahrscheinlich der oberen Abtheilung des Pläner-Bausandsteins, dem 
Exogyren-Sandstein und Grünsandstein der Gegend im Norden der Eger, 
d. h. also der Zone des Inoceramus Brongniarti entsprechen. 

Wenn man nun erwägt, dass die hauptsächlichsten aus den Iser- 
Schichten aufgeführten Arten folgende sind: 


Callianassa antiqua, Panopaea gurgilis, 
Serpula filiformis, Ezxogyra lateralis, 
Lima canalifera, Ezogyra columba, 
Pecten quadricostatus, Ostrea sulcata, 
Pholadomya caudata, Cassidulus lapis cancri, 


Trigonia cf. limbata, 


d. h. Formen, welche in Norddeutschland mit Ausnahme zweier Austern 
nicht in turonen, sondern nur in senonen Schichten bekannt sind, so 
kann man sich eines Zweifels gegen die Richtigkeit dieser Altersbestim- 
mung nicht erwehren und muss es bedauern, dass der Autor diese Be- 
ziebungen zu den ihm wohlbekannten norddeutschen Verhältnissen nicht 
mehr mit in den Kreis der Erörterung hat ziehen können. 





494 


die beiden jüngsten Glieder des Planers, der Scaphiten-Planer 
und der Cuvieri-Pläner zum Senonien fallen, wird in Deutsch- 
land das Turon erst mit dem Cuvieri- Planer abgeschlossen 
und der Rest der jiingeren Gebilde, abgesehen von dem erat 
jüngst ausgeschiedenen Emscher, zum Senon gezogen. 

Diese senonen Kreidebildungen eröffnen im westlichen 
Westfalen sowohl, wie im östlichen Theile der grossen im 
Norden des Harzes gelegenen Kreidemulde sandige Ablage- 
rungen von erheblicher Machtigkeit. 

Am genauesten durchforscht nnd in ihre einzelnen Glieder 
zerlegt sind die letzteren. Das Fundament zu der noch heute 
geltenden Auffassung der verwickelten Verhältnisse des Quedlin- 
burger Beckens und seiner Gliederuug, welche ihren letzten 
Ausdruck in der geognostischen Karte der Provinz Sachsen 
von Ewazp (Section Halberstadt) gefunden hat, wurde nach 
manchen vorangegangenen Arbeiten durch Bryricn gelegt. 

Den Schlüssel zum Verständnisse birgt die Umgebung von 
Blankenburg. In seiner ersten Arbeit nabm BsryaıcH *) an, 
dass nicht allein der Quadersandstein des Heidelberges und die 
südlich von ihm bekannten Sandmergel innerhalb der Zone der 
Aufrichtungen des Harzrandes fielen, überkippt seien und Glie- 
der einer liegenden Mulde bildeten, in Folge dessen die Sand- 
mergel den am Nordrande der Mulde bekannten ,Salzbergmergeln* 
als Gegenflugel entsprächen, sondern dass auch die weiter 
zwischen Blankenburg und Heimburg entwickelten Sandmergel 
den am Nordrande bei Langenstein hervortretenden „Salzberg- 
gesteinen“ als Südflügel angehörten. Diese Auffassung hat 
BEYRICH in seiner zweiten dasselbe Kreidebecken behandeln- 
den Arbeit fallen lassen: „der Quadersandstein (nördlich von 
Blankenburg) wird von den Mergeln bedeckt und nicht in 
Folge einer Ueberstarzung unterteuft, wie ich früher annehmen 
zu müssen glaubte“ **), und demgemäss auch seine Karte ab- 
geändert. 

In Folge dieser Auffassung, welche von Ewan. wie seine 
Karte lehrt, im wesentlichen adoptirt ist, tritt das bemerkens- 
werthe Verhalten ein, dass von den beiden Sandmergeln, welche 


*) Bevaicu, Ueber die Zusammensetzung und Lagerung der Kreide- 
formation in der Gegend zwischen Halberstadt, Blankenburg und Qued- 
linburg. Mit geogn. Karte. Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. tom. I. 
1849, pag. 329. 

**) Bevnica, Bemerkungen zu einer geognostischen Karte des nörd- 
lichen Harzrandes von Langelsheim bis Blankenburg. Mit geogn. Karte, 
ibid. tom. ITI., 1851, pag. 368, pag. 572. 

Vergl. auch Ewatp, die Lagerung der oberen Kreidebildungen am 
Nordrande des Harzes. Monatsberichte der Königl. Akademie der Wissen- 
schaften zu Berlin, 1862, pag. 674. 








495 


das Liegende und das Hangende des senonen Quaders bilden, 
bald der untere (die Salzberg- Gesteine) bald der obere (die 
Heimburg-Gesteine) unmittelbar dem Pläner aufruben. Es liegen 
zur Zeit keine Beobachtungen vor, welche dieser Anschauung 
wiedersprächen. 

Dagegen lässt sich der Satz Beyrious *): „das System der 
Kreidemergel, welchem die festen und sandigen, hier und da 
conglomeratischen Gesteinsbanke des Sudmerberges nur als eine 
an den Harzrand gebundene , untergeordnete und innig mit 
ihm verbundene Einlagerung zuzurechnen sind“ (welche auf 
der Ewarp’schen Karte in dem Complex der Ilsenburg - Mergel 
Ausdruck gefunden haben) „und die in ihrer Gesammtheit als den 
senonen Quaderbildungen auflagernd, nicht uber sie ersetzend, 
angesehen werden müssen“ — in dieser Fassung gegenwärtig 
nicht mebr festhalten. Ist doch bereits oben ein Theil dieser 
Mergel als zum Emscher gehörig ausgeschieden worden, und 
wird ein anderer Theil derselben, weiter unten, verschiedenen 
jüngeren Gliedern zufallen. 

Fasst man zunächst die Glieder der sandigen Ablagerungen 
näher ins Auge, so kann man sich nur der Klage Naumann’s 
anschliessen, dass es BryricH nicht gefallen habe, die unter- 
schiedenen Niveans auch nach ihrem paläontologischen Inhalte 
zu charakterisiren, —— ebensowenig wie später Ewan. Ist es 
unter diesen Umständen misslich, einen Versuch antreten zu 
wollen, Parallelen zwischen diesen subbercynischen und den 
westfälischen Ablageruugen zu ziehen, so ist es gleichwohl 
statthaft, darauf hinzuweisen, dass in gleicher Weise, wie EwaLp 
auf seiner Karte in den senonen Sandablagerungen des Qued- 
linburger Beckens drei Glieder: 


3. Obere kalkige Gesteine im subhercynischen Senon-Quader 
(Heimburg-Gestein) 
2. Subbercynischer Senon-Quader, 
1. Untere kalkige Gesteine im subhercynischen Senon-Quader 
(Salzberg-Gestein) 
unterschieden hat, sich auch in Westfalen der Lagerungsfolge 
nach drei petrographisch verschiedene Glieder darbieten: 
3. die Sandkalke von Dülmen, 
2. die Quarzgesteine von Haltern in der Hohen Mark und 
Haard, 
1. die Sandmergel von Recklinghausen. 


Die Gesammtheit dieser Schichten wird der Etage santonien 
Coquamp’s entsprechen und wahrscheinlich einen Theil der 
nächst jüngeren Etage campanien, welche grösstentheils mit den 


*) Bernica, |, c. 1851, pag. 572. 


496 


Mucronaten - Schichten zusammenfallen dürfte, umfassen. — 
Aus der Etage santonien nennt Coquann s. B. 


Ammonttes polyopsis Dui. Baculites incurvatus Des. 
55 Coniaciensis p’Ons. Janira quadricostata Sow. 
5 Santoniensis D’ORB. Pecten Dujardini Roen. 
is Orbignyanus D'Ancu. Trigonia limbata v'Ons. *) 
> Bourgeoisi D'Ons. 


10. Sandmergel von Recklinghausen mit Marsupites ornatus. 


Betritt man, aus der Niederung des Emscher-Flusses nach 
Norden vorschreitend, die Hügel von Recklinghausen, welche 
sich bis zum Fusse der Haard erstrecken, so findet man dieselben 
aus einem schmutzig gelben sandigen Mergel mit grünen Eisen- 
silicatkörnern, in welchem flachgedrückte Nieren eines sandig 
kalkigen Gesteins eiuzelne feste Banke bilden, zusammengesetzt,”®) 
während das vorliegende breite Emscher-Thal durch die grauen 
thonigen Mergel der Zone des Ammonites Margae — vielleicht 
unter diluvialer Decke — ausgefüllt ist. Dass in der That 
eine Ueberlagerang der gelblichen Sandmergel uber die grauen 
Thonmergel statthabe und nicht etwa eine Anlagerung dieser 
an jene, beweisen die in der Umgebung von Recklinghausen 
niedergebrachten Bohrlöcher, welche unter dem Sandmergel 
den Thonmergel fanden. 

Die Mächtigkeit der Recklinghauser-Mergel betragt minde- 
stens 150 Fuss. ***) 

Auf ihren organischen Inbalt sind diese Mergel noch sehr 
wenig ausgebeutet. Es werden angegeben: 


Ostrea sulcata BLuuens. Micraster cor anguinum 
Pecten virgatus Nıuss. Holaster sp.? Ausserdem findet sich 
Bourgueticrinus ellipticus Mitt. Marsupites ornatus Mitt. 


Letzteres Fossil ist das wichtigste, da es in Westfalen 
nur aus dieser Zone bekannt ist. Dr. von DER Marck hat es 
auch zwischen Lünen und Cappenberg im Sudholze auf Srrucx- 
man’s Colonat gefunden.) Sonst ist es aus Westfalen nur 
vom Lippe-Ufer aus der Gegend von Dorsten bekannt. 


*) Coquanp, Bull. soc. géol. France, 1859, pag. 977. 

Zu -bemerken ist, dass Coquaxo bei der ersten Aufstellung dieser 
Etagen aus der Etage santonien keine Cephalopoden namhaft machte, 
dagegen aus der Etage coniacien: Ammonites polyopsis und Ammonites 
Bourgeoisi nannte. (Coguann, Position des Ostrea columba et biauriculata 
dans le groupe de la craie inférieure. Bull. soc. géol. France, tom. XIV. 
1857, pag. 745, pag. 748. 

+) Feeao. Roemer, 1. c, 1854, pag. 177. 

“*) Die tiefsten Punkte im Recklinghauser-Mergel haben (in der Babu- 
linie nach Haltern) 195 Fuss Seehöhe; im Rom-Berge aber erheben sich 
dieselben bis zu 345 Fuss Höhe. Vergl. v. Decaen, Zrläuterungen sur 
geognost. Karte der Rheinprovinz und Westfalens L Bd. 

+) Vielleicht ist dies die Localität, deren Feno. Rozmea, 1854, 1. c. 





497 


Im übrigen Deutschland kennt man Marsupites aus der 
Umgebung von Blankenburg, von Salzgitter, von Hannover und 
von Lüneburg. 

Was zunächst die Quedlinburger Mulde betrifft, so ist 
Marsupites in dem Revier zwischen Blankenburg, Heimburg 
und dem Regenstein an vier Localitäten gefunden. Aus den 
Mergeln des Salzberges selbst ist er noch nicht aufgeführt 
worden; v. STROMBECK nennt ihn aber als häufig am Papen- 
berge vorkommend, deesen Gesteine er den Salzberg - Mergeln 
zurechnet. *) Man könnte hierin eine Uebereinstimmung mit 
dem Vorkommen in Westfalen sehen, allein EwaLp zieht das 
Papenberger-Gestein nicht zu den den senonen Quader unter- 
teufenden, sondern überdeckenden Schichten: zum Heimburg- 
Gestein. 

Ein weiter schon von Ap. RoEMER (und nach ihm von 
Getz und Bonn) angegebenes Vorkommen von Marsupites 
am Plattenberge, NW. von Blankenburg, ist von v. STROMBEOK 
lc. angezweifelt, aber durch eine kürzliche Mittheilang von 
A. ScHLönsach bestätigt worden. Derselbe schreibt mir, dass 
Marsupites am Plattenberge gar nicht selten sei. Der Fund- 
punkt liege am Fusswege zwischen Blankenburg und dem Re- 
genstein; das Gestein sei ein ziemlich feinkörniger hellgelber 
Sandstein, welcher auf dem Anger liege, auf welchem auch 
die bekannten gefritteten, aber mehr grobkornigen, gelblich 
braunen Sandsteine sich finden. 

Herr A. ScHLöNBAcH theilt weiter mit, dass Marsupites 
noch mehr südlich sich in ähnlichen Gesteinsstucken finde, 
namlich auf dem Felde an der Strasse von Blankenburg nach 
Kloster Michaelstein und zuletzt noch bei Heimburg, südöstlich 
neben dem Orte, am Wege zum Pfeiffenkruge. 

Sämmtliche genannte Localitäten wurden anfänglich von 
Bgyricx den liegenden Schichten des Quaders, später von ihm 
und EwıLp den Schichten im Hangenden des Quaders zuge- 
rechnet. Ist diese Auffassung der Lagerungsverhältnisse za- 
treffend, so ist die verticale Verbreitung von Marsupites nicht 
so beschränkt, als es nach den seitherigen Erfunden in West- 
falen den Anschein hat. 

Bei Salzgitter scheint das Vorkommen ein dem in Westfalen 
bekannten entsprechendes zu sein. Nach UrBan ScHLönBAcH **) 
werden am Ringelberge die festen Bänke des Cuvieri- Pläner’s 


pag. 196 gedenkt. Dagegen scheint es nach der Darstellung pag. 232, 
wo cr dieselbe Fundstelle nochmals erwähnt, dass hier die jüngsten Thon- 
mergel des Emscher’s den Marsupites ornatus geliefert haben. 
*) v. Strowseck, Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. 1863, pag. 133. 
**) Uusan ScuLônsaca, Norddeutsche Galeriten-Schichten 1. c. pag. 8. 


498! 


nach oben von mergeligen Schichten begrenzt (also ähnlich 
wie bei Goslar und am Harlyberge), welche ihrerseits von 
Thonen überdeckt werden, welche Marsupites Milleri, Belemnites 
Merceyi und Belemnites verus führen und von U. SCHLONBACH 
als das tiefste Niveau der Quadraten- Kreide (Zone des Mi- 
craster cor anguinum bei HÉBERT) angesprochen werden. 

Aus der Umgebung Hannover’s ist Marsupites am läng- 
sten gekannt vom Gehrdener Berge bei Gehrden. Nach vor 
STROMBECK *) findet er sich daselbst in einem sandigen Gesteine, 
welches nach der Darstellung H. Crepner's **) der jüngsten 
dortigen Schichtenfolge angehören möchte, da die tiefsten dem 
Gault aufrubenden „senonen Gesteine“ grobkörnige, zum Theil 
conglomeratartige, gelblich graue Mergelsandsteine darstellen, 
denen Lagen eines hellgrauen, zum Theil schiefrigen Kalk- 
mergels folgen, welchen nach der oberen Grenze zu graue 
sandige Kalkmergel eingelagert sind. Die beiden verschiedenen 
Niveaus, welche das Ober-Senon uicht erreichen, sind rack- 
sichtlich ihrer organischen Einschlüsse bisber nicht geschieden 
worden, können also zur Zeit palaontologisch noch nicht cha- 
rakterisirt werden, obwobl verschiedene Andeutungen dafür 
bereits vorliegen, 

Zuletzt hat sich Marsupites in den Thongruben an der 
Fosse zwischen Limmer und Linden, in der Niederung N. W. 
vom Lindener Berge bei Hannover, und zwar nach Angabe 
v. STROMBECK’S ziemlich häufig gefunden. Weder von älteren, 
noch von jüngeren Kreide- Schichten ist hier etwas bekannt, 
also aus der Lagerungsfolge kein Schluss uber das Alter der 
grauen thonigen Mergel möglich. 

Das nördlichste Vorkommen von Marsupites ist dasjenige 
von Luneburg***), palaontologisch zugleich das interessanteste, 
da es vollständige Kelche in erheblicher Anzahl geliefert hat. 
Das genaue Lager ist hier noch nicht festgestellt worden, wir 
erfabren durch v. STROMBECK nur, dass er in der Quadraten- 
Kreide vorkomme. Der obere Pläner ist bei Lüneburg nicht 
deutlich offengedeckt und jedenfalls, wenn vorhanden, nur von 
geringer Machtigkeit. Die Angabe v. STROMBECK’s, dass in dem 
östlichen Theile des Rathsbruches die Belemnitellen immer selte- 
ner werden, in je tiefere Schichten man gelangt, und hier bereits 
Inoceramus Cuvieri auftrete, weckt die Meinung, da auch Ino- 
ceramus involutus vorhanden ist, es könne bei Luneburg auch 
das Emscher - Niveau vertreten sein. Der echte Actinocamaz 


*) v. Strompeck, Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1863, pag. 133. 

%+) H. Curoner, Geognostische Karte der Umgegend von Hannover, 
1865. Erläuterungen, pag. 17. 

we) v. Strompecn, 1863, 1. c. pag. 132. 








499 


quadratus wird sich in dieser Tiefe nicht finden. Wo die 
Verhaltnisse klar gestellt sind, bat sich Inoceramus Cuvieri noch 
nicht mit Actinocamaz quadratus zusammengezeigt, d. h. jener 
gehort einem tieferen, dieser einem hoheren Niveau an. Wo 
in dem tieferen, bislang zur Quadraten-Kreide gestellten Niveau 
sich die Belemniten seltener zeigen, gehören dieselben nach 
meiner bisherigen Erfabrung nicht mehr zu Actinocamax qua- 
dratus, sondern einer anderen Art an. Sehr wohl könnte also 
das Lager des Marsupites bei Lüneburg mit dem in Westfalen 
festgestellten das gleiche sein. 

Diese Anschauung findet eine Stütze in einer Angabe 
URBAN SCHLONBAOH’8,*) der von Lüneburg Schichten mit Belem- 
nites Merceyi und Micraster cor anguinum nennt, welche er 
nicht in die Zone der Belemnitella quadrata, sondern in die tie- 
fere Hapert’sche Zone des Micraster cor anguinum einreiht, 
welche typisch' bei Dieppe, Amiens, Laon, Gravesend und 
Ramegate entwickelt ist. 

Ueber das Vorkommen von Marsupites in Polen und Vol- 
bynien, welches PuscH erwähnt, ist nichts näheres bekannt. 

In Frankreich kennt man Marsupites von Dieppe, und wird 
er ausserdem durch p’OrBIGnY von Meudon, durch D’ARCHIAC 
von Biarritz genannt. Die Zweifel, welche sich an die beiden 
lezten Angaben anknüpfen, sind noch nicht beseitigt. Freilich 
bemerkt Heserr, **) dass er Varsupites niemals in höherem 
Niveau gefunden habe, als den Micraster cor anguinum, aber es 
scheint, dass sich diese Angabe nur auf England bezieht. 

Ueber das Vorkommen von Marsupites in England, wo 
derselbe seit langer Zeit aus dem Upper Chalk von Lewes, 
Brighton, Dane’s Dike, Basingstoke, Northfleet etc. bekannt ist, 
verdanken wir BARROIS genauere Angaben. 

Barroıs ***) unterscheidet in der weissen Kreide des sid- 
lichen England drei verschiedene Horizonte. Der untere zer- 
fallt in zwei Zonen; | 


1. Zone von Stapelfort mit Micraster breviporus, Holaster 
planus, Scaphites Geinitzi, = Scaphiten-Planer; 

2. Zone von Stockbridge mit Micraster cor testudinarium, Hol- 
aster placenta, = Cuvieri-Planer; 


*) Unpan Scutonsaca, Table of the Upper Cretaceous Strata. The 
geological Magazin, Vol. 6, 1869, pag. 306. 


**) Htsert, Comparaison de la craie des côtes d’Angleterre avec celle 
de France. Bull. soc. géolog. France, 1874. 


*#*) Cuances Banaoıs, Ondulations de la craie dans le sud de l’An- 
gleterre. Annales de la société géol. du Nord. tom. II., 1975, pag. 59. 
Cu. Barnois, La craie de l’île de Wight. Ann. sciences géol. tom. VI, 

10, art. 3, pag. 26. 


500 


Der mittlere Horizont umfasst ebenfalls zwei Zonen: 
1. Zone von Beachy-Head mit Micraster cor anguinum, 
Echinoconus conicus, 
2. Zone von Brighton mit Marsupites, Belemnitella vera, 
Bel. Merceyi. *) 

Da Barroıs, wie oben erwähnt, seine Zone des Micraster 
cor anguinum far synchronistiscb mit dem norddeutschen Emscher 
ansieht, so ist das Bett des Marsupites in England, das gleiche 
wie ia Westfalen und man könnte versucht sein in der ,,Zone 
von Brighton‘ das Aequivalent der Recklinghauser - Mergel 
zu sehen und das Niveau derselben allgemein als Marsupiten- 
Zone zu bezeichnen, allein die Grenze nach oben bin ist noch 
nicht hinreichend festgestellt. Bewährt sich die gegenwärtig 
geltende Auffassung der Lagerungsverhältnisse in der Gegend 
von Blankenburg, so wurde eine Marsupiten-Zone nicht allein 
das tiefste Glied des senonen Quaders, in Westfalen den 
Recklinghauser Sandmergel und am Harze den Salzbergmergel, 
sondern alle drei Glieder desselben umfassen. 

Von der Fauna des Salzberges, dessen Reichthum an fos- 
silen Resten Quedlinburg seit langer Zeit Ruf verschafft hat, 
bat Brauns**) so eben eine Zusammenstellung gegeben. 

Unter den zahlreichen von Brauns aufgeführten Arten, 
finden sich: 


Callianassa antigua Otto Crassatella arcacea Roem. 
Belemnitella quadrata v’Ons. Modiola Ligeriensis v’Oas. 
Nautilus laevigatus D'Ous. Modiola radiata Münsr. 
Ammonites syrtalis Moat. Pinna diluviana Scacor. 
Ammonites tricarinatus D’ORB. Inoceramus cardissoides Goupr. 
Ammonites clypealis Scurür. Inoceramus Cripst Mar. 
Scaphites Rémeri Baauns. Inoceramus involutus Sow. 
Anisoceras armatum Sow. Trigonia alata Scaort. 
Baculites incurvalus Dv). Pectunculus lens Nitss. 
Turritella sexlineata Roem. Cucullaea Matheroniana D'Ons. 
Pholadomya caudata Roem. Lima canalifera Govor. 

(= Corbula aequivalvis Goto.) Limatula semisulcata Nivss. 
Pholadomya elliptica GoLor. Vola guadricostata Sow. 

(= Phol. nodulifera Morr. Pecten septemplicatus Nitss. 
= Phol. albina Ruicus.) Pecten sectus Gotor, 
Pholadomya decussate Mant. Pecten virgatus Nitss. 
Goniomya designata GoLDr. Ostrea diluviana Linné 
Cardium pustulosum GoLDF. Ostrea sulcata Biowens. 
Cardium tubuliferum Govor. Exogyra laciniata Nise. 


Cardium productum Sow. Bourgueticrinus ellipticus Mitt. 


*) Während des Druckes geht mir die neuste Arbeit Hésear’s zu: 
Ondulations de la craie dans le Nord de la France. (Annales des sciences 
géologiques 1876, tom VII., Nr. 2), in welcher derselbe seine Zone & 
Micraster cor anguinum ebenfalls in eine untere und obere Zone zerlegt 
und als charakteristisch für die obere Zone das häufige Vorkommen von 
Marsupites Millers und M. ornatus betont. 

*#) Baauns, die senonen Mergel des Salzberges bei Quedlinburg und 








501 


Von Cephalopoden wurden aus dem Salzberg-Mergel be- 

schrieben: 

Ammonites syrtalis Mort. 

Ammonites clypealis Scu.ii. 

Baculites incurvatus Dus. 
Ausserdem bat BRAUNS in grauen, tieferen Schichten zwei Bruch- 
stucke von 

Ammonites tricarinatus D’ORB. gefunden, 
und eine neue Scaphiten-Art unter der schon vergebenen Be- 
zeichnung: 

Scaphites Bömeri Brauns aufgestellt. 
Ausserdem nennt Bravuns noch das sonst nur aus älterer Kreide 
bekannte 

Anisoceras armatum Sow. und 

Belemnitella quadrata, 
worunter wahrscheinlich, indem er der älteren Auffassung 
folgt, eine andere Art zu verstehen ist. 

Die beiden erstgenannten Arten wurden in Deutschland 
bisber nur am Salzberge beobachtet. Baculites incurvatus ist 
auch im Emscher Westfalens gefunden, und Ammonites tri- 
carinatus hat seine Hauptlagerstätte, wie es scheint, im Emscher. 

Vielleicht wird es bei näherer Nachforschung gelingen, auch 
im Recklinghauser-Mergel Cephalopoden aufzufinden. 


11. Quarzige Gesteine von Haltern mit Pecten muricatus. 


Hat man von Recklinghausen in nördlicher Richtung die 
Recklingbauser - Mergel überschritten, so erhebt sich die die 
Haard"*) genannte Hugelgruppe, deren: in losem Quarzsand ein- 
gebettete, lagenweise geordnete Knollen von Quarzfels und 
einzelne Banke eines rauhen Sandsteins, sowie plattenformige 
Stacke eines braunen Eisensandsteins den eben genannten 
Mergel überdecken,**) so dass diese Mergel zwischen dem die 
Niederung ausfullenden Emscher und der höher sich erheben- 
den Haard eine Terrasse, ein Vorland bilden. 

In seiner Zusammensetzung geognostisch nicht von der 
Haard verschieden und orographisch nur durch das schmale 
Lippethal getrennt, erhebt sich am nördlichen Ufer dieses 


ihre A ale Einschlüsse. Zeitschr. für die gesammt. Naturwiss. 1875, 
in *) Feap. Roemer, 1. c. 1854, pag. 215. 

#*) Diese Lagerungsfolge ist durch H. v. Dscuen schon vor mehr 
als 50 Jahren festgestellt worden. Vergl. Geognost. Bemerk. über den 
nord]. Abfall des Niederrhein. Westfäl. Gebirges von H. v. Decuen, in 
das Gebirge in Rheinland-Westphalen von J. Nécceeata, IL Bd. pag. 149, 
Anmerk. 


502 


Flusses die Hohe Mark.*) Zwischen beiden die Stadt Hal- 
tern. 

Die Machtigkeit dieser Zone betragt schon in der Haard 
200 Fuss.**) Schon Fern. Roxmgr hat an fossilen Resten aus 
der Haard uud Hohen Mark namhaft gemacht: 


Credneria sp. Pholadomya caudata Av. Rues. 
Pecten guadricostatus Sow. Chama costata Av. Rog. 
Pecten muricatus GoLor. Terebratula alata Law. 

Pinna quadrangularis GoLpr. Turritella sexlineata An. Roues. 
Inoceramus cancellatus Go or. Callianassa antiqua Orro 


Trigonia aliformis Panx. 


Hierzu kommen noch eine Anzahl anderer Arten als: 


Inoceramus Cripsi Mant. Cardiaster jugatus Scaiür. 
Lima canalifera Gouor. Pygurus rostratus Ap. Roem. 
Catopygus cf. obtusus Des. etc. 


Unter diesen überragen durch Häufigkeit des Vorkommens 
alles andere: Pecten muricatus, Pecten quadricostatus, Pinna 
quadrangularis. Man kann zuweilen Knauern aufheben, in 
denen ein; Dutzend Exemplare von Pecten murieatus stecken. 
Leider ist dieses ausgezeichnete Fossil nur von localer Be- 
deutung, da es nur in Westfalen bekannt ist und selbst am 
Harze noch nicht gefunden wurde. 

Zu einem palaontologischen Vergleiche dieser Schichten mit 
dem subhercynischen senonen Quader bildet die Literatur wenige 
schwache Anhaltspunkte. Wir erfabren nur durch Bryricsz,***) 
dass Versteinerungen in demselben nur sparsam und an wenigen 
Punkten vorkommen. Am bekanntesten seien die grossen (durch 
ZENKER +) und STIEHLER ff) beschriebenen) Credneria - Blatter 
aus den grossen Steinbrüchen an der Nordseite des Heidel- 
berges. Uebereinstimmend hiermit sind auch in Westfalen die 
Crednerien den Quarzgesteinen von Haltern eigenthumlich fff). 


*) Ferp. Roemer, 1. c. 1854, pag. 221. 

**) Die Horizontale der Bahn von Recklinghausen nach Haltern hat 
auf dem Uebergange über die Chaussee, also in der Nähe der Grenze 
unserer Zone 197 Fuss Seehöhe; etwas weiter, schon innerhalb unserer 
Zone, erreicht sie am Abhange der Haard die grösste Höhe, nämlich 
205 Fuss. Die Haard aber erhebt sich im Warenberge 413 Fuss und 
die Hohe Mark im Brandenberge! zu 465 Fuss. Vergl. v. Decaen, Er- 
laut. zur geognost, Karte der Rheinprovinz und Westfalens. 

™*) Bevrıca, |. c. 1849, pag. 300. 

+) Zenken, Beiträge zur Naturgeschichte der Urwelt. Jena 183. 

) A. W. SrızuLse, Beiträge zur Kenntniss der vorweltlichen Flora 
des Kreidegebirges im Harze. Palaeontographica, tom. V., 185558, 
pag. 44., tab, 9—15. 

+++) Jedoch scheint es, dass sie vereinzelt auch noch in der nächst- 
folgenden Zone auftreten, wenigstens deuten darauf ein paar vereinzelte, 
nicht besonders gut erhaltene Blätter hin, welche nordöstlich von Legden 











503 


Aasserdem nannte Ap. Rogmen*) bereits Pygorhynchus 
(Pygurus) rostratus aus der Teufelsmauer. Derselbe scheint 
dort nicht ganz selten zu sein, da sich sowohl in dem Museum 
za Halle, **) wie im Besitze des Herrn Grotrian in Braun- 
echweig “**) weitere Belagstucke für dieses Vorkommen finden. 
Derselbe Echinid hat sich in Westfalen ebenfalls in den Ge- 
steinen von Haltern gezeigt. 

Hierneben kenne ich aus Westfalen und vom Harze ge- 
meinsam nur noch /noceramus Cripsi und Inoceramus cancellatus, 
von denen letzterer dem gesammten Untersenon anzugebören 
scheint, ersterer aber die wichtigste Muschel des Senon über- 
haupt ist, da sie gleichmassig im unteren wie im oberen Senon 
auftritt. 

Cephalopoden , insbesondere Ammoneen haben sich in 
diesem Niveau weder in Westfalen noch am Harze gezeigt. 


12. Kalkig- sandige Gesteine von Dülmen mit Scaphites 
. binodosus. +) 


Wendet man sich von Haltern in nordostlicher Richtung 
gegen das Muldencentrum des westfälischen Kreidebeckens, 80 
trifft man, nach einer durch diluviale Bildungen eingenommenen 
Unterbrechung von mebr als einer Meile, erst in der Umgebung 
von Dulmen wieder auf anstehende Kreidegesteine. 

Schon durch GoLpruss und ADoLPH Roemer ist eine Mebr- 
zabl von Arten aus dem grauen, festen, sandig-kalkigen Gestein 
von Dülmen beschrieben worden. Es ist aber nicht etwa auf 
die Umgebung von Dülmen beschränkt, sondern in sudostlicher 
Richtung über Seppenrade bis zur Lippe bin bekannt und er- 
streckt sich auch nördlich durch die Bauerschaften Flaamsche 
und Stockum und tritt zuletzt noch einmal in der Nähe von 
Heek zwischen Ahaus und Nienborg aus dem Diluvium hervor. 


in einem Mergelsandsteine beobachtet sind, der wahrscheinlich der Zone 
des Scaphiles binodosus angehört, und zwar dessen oberen Bänken oder 
den Grenzschichten dieser und der folgenden Zone. Vergl. Hosıus, Ueber 
einige Dikotyledonen der westfälischen Kreideformation. Palaeontographica 
tom. 17, pag. 89. 

® An. Roruse, Verstein. norddeutsch. Kreid. pag. 120, 


*#) Vergl. Geinitz, Quadersandst. pag. 123 und Baauns, Salsberg 
j. ¢ pag. 406. 
eet) Ver nee Scazürer, Sitzungsber. der niederrhein. Ges. in Bonn, 
1874, pag. 
Scarier, ibid. 1873, Sitzung vom 17. Febr. 
+) Feap. Roemer, 1. c, 1854, pag. 228, 
SCHLÜTER, Spongitarienbänke, pag. 11. 


Leits. d. D. geol. Ges. XX VIIL. 3. 38 


504 


An fossilen Resten sind beobachtet: 


Callianassa antiqua Otto 
Podocrates Dülmenensis Becus, 


Le der macrodactyla ScuLir. 


Enoploclytia heterodon Scuiür. 
Natica aculimargo Ao. Roc. 
Turritella sezlineata Av Rozu. 
Ostrea armata GoLor. : 
Exogyra laciniata Nitss. 

Janira quadricostata Sow. 
Pecten cf. arcuatus Sow. 

Lima canalifera Gotor. 
Inoceramus Crist Mant. 


Chama cf. costata Av. Roc. 
Trigonia limbata v’Ous. 
Cardium tubuliferum GouDr. 
Crassatella arcacea Av. Born. 
Goniomya designata GoLDF. 
Pholadomya caudata A. Roen. 
Anatina cf. lanceolata Gain. 
Apiocrinus ellipticus Mitt. 
Catopygus cf. obtusus Des. 
Hemiaster cf. Ligeriensis n’Oss. 
Hemiaster cf. sublacunosus Grin. 
Cardiaster cf. granulosus GoLur. 


Inoceramus lingua Gotor. 

Ausser den genannten Arten bergen diese Schichten noch 
an Cephalopoden: 

1. Ammonites bidorsatus Ap. Roem. 
2. Ammonites Dülmenensis SCHLOT. 
3. Ammonites pseudogardeni SCHLOT. 
4. Ammonites obscurus SCHLOT. 

5. Scaphites inflatus Ap. Roem. 

6. Scaphites binodosus Ap. Roem. 

7. Crioceras cingulatum SCBLOT. 

8. Baculites sp. n.? 

9. Nautilus Westphalicus ScaLoT. 
10. Nautilus cf. Neubergicus Rept. 
11. Nautilus sp.n.?*) 

12. Actinocamax cf. quadratus BLamv. **) 

Von den genannten Cephalopoden sind die fest bestimmten 
Arten nur in dieser Zone bekannt, mit Ausnahme des Am- 
monites obscurus, der in die nachstfolgende Zone übertritt. 

Vielleicht finden sich drei dieser Arten auch im jüngsten 
Gliede des subhercynischen senonen Quaders, in dem Heimburg- 
Gestein EwaLn’s. Schon AnpoLru Roemer nannte den Ammo- 
nites bidorsatus von Blankenburg. Auch Hamps ***) nannte ibn 


*) Von der vorigen Art durch mehrere Grösse, Depression der 
Aussenseite etc. verschieden. 

**) Der unvollkommene Erhaltungszustand der Stücke ermöglicht 
keine völlig zufriedenstellende Bestimmung. Die Belemneen-Reste aus den 
älteren sandigen Schichten Westfalens und des Quedlinburger Beckens, 
die bekanntlich nur sehr sparsam ‘suftreten, sind mir bislang in nur 
wenigen undeutlichen Stücken zu Gesicht gekommen. Nur ein Fragment 
von Srauckmann bei Lünen, scheint auf eine andere, als die genannte 
Art hinzudeuten. 

***) Hampe über die Petrefacten der Kreideschichten bei Blankenburg. — 
Bericht des naturw. Vereins des Harzes, 1852, pag. 6, auszüglich mit- 
getheilt von Sriencer, Beiträge. Palaeontographica, tom. V., pag. 50. 
Die dort gegebene Darstellung lässt nicht mit genügender Sicherheit er- 
kennen, ob die genannten Arten wirklich aus den jetzt als Heimburg- 
Gestein abgetrennten Schichten stammen. 





505 


von dort und daneben auch noch Ammonites multiplicatus Ap. 
Rosxær, worunter wahrscheinlich Ammonites Dilmenensis ScHLor. 
zu verstehen ist, und zuletzt Scaphites binodosus. 


V. Ober-Senon. 
Coeloptychien-Kreide 
(den grössten Theil der Etage campanien Coquand’s umfassend). 


Die gesammte Masse aller der organischen Formen, welche 
den ontersenonen Schichten ihren eigenthumlichen Charakter 
aufprägten und unter sich eng verbanden, wie die Gruppe 
jener Inoceramen, für welche GoLpruss die Bezeichnung Ino- 
ceramus cancellatus, Inoc. lobatus, Inoc. lingua aufstellte; dann 
die Austern Exogyra laciniata, Ostrea armata; die grossen 
Trigonien, weiter Pholadomya caudata, Gontomya designata, 
Janira quadricostata etc., sie alle siud ausgestorben und machen 
neaen Formen Platz. Es kann deshalb die künstliche Tren- 
nung, welche die nächstfolgende Zone wegen eines einzelnen, 
allerdings wichtigen, Fossils, des Actinocamaz quadratus, noch 
zum Unter-Senon stellte, nicht beibehalten werden. 

Unter den vielen neuen Formen, welche mit dem Ober- 
Senon ins Dasein treten, ist wohl keine, welche durch die 
eigenthumliche Schönheit, den Reichthum der Gestalten, das 
häufige und durch alle Zonen der jüngsten norddeutschen Kreide 
hindurchgehende Vorkommen eine so augenfällige Bedeutung 
erlangt, wie die Gattung Coeloptychium,*) der weder aus älteren, 
noch aus jüngeren Schichten etwas Aebnliches an die Seite ge- 
stellt werden kann. Hierzu tritt die bedeutende geographische 
Verbreitung der Gattung, welche bereits durch das weite 
Kreidegebiet des nördlichen Europa von Irland**) und Eng- 
land ***) durch Belgien, ¢) Norddentschland, Polen, tt) Russ- 


*) In den beiden unteren Zonen finden sich Coeloptychium agari- 
coides Gouvr., Coel. lobatum Gotor., Coel. sulciferum Ap. Rorm., Coel. 
incisum Ap. Rogm. In der oberen Zone Coel, agaricoides selten, daneben: 
Coel. princeps A. Roem. und Coel. Seebachi Zitt. 

**) Aus der Kreide Irland’s beschrieb Tate: Coeloptychium furca- 
tum und Coel. Belfastiense. 

***) Nach Woopwarp und Monnis findet sich Coelontychium agari- 
coides im Upper Chalk von Norwich. 

+) In der Belgischen Kreide fand Honion Coel. deciminum zu Hal- 
lembaye an der Maas. Bull. soc. géolog. Fr, 1859, p. 660. Ich selbst 
beobachtete Coel. agaricoides bei Obourg. 

++) In der harten weissen Kreide von Witkowice bei Krakau fand 
Zeuscuner Coel. agaricoides. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt I. p. 242. 
ZitteL nennt ausserdem soeben auch Coel. sulciferum von Krakau. 
Zırıeı, Ueber Coeloptychium. Abh. d. k. bayer. Akad. 1876, sep. pag. 76. 


33° 


506 


land*) bis zur Wolga und vielleicht zum Ural festgestellt ist. 
Sonach dürfte die Bezeichnung Coeloptychien - Kreide, welche 
einen geognostisch scharf begrenzten Schichten -Complex um- 
fasst, eine, insbesondere far Norddeutschland, bezeichnende sein. 


13. Zone der Becksia Soekelandi.**) 
(Obere Quadraten-Kreide.) 


Zwischen die sandigen Gesteine mit Scaphites binodosus 
und die orographisch höher gelegenen Schichten mit Belemnitella 
mucronata schiebt sich in Westfalen eine Mergelzone ein, welche 
sich uber die Orte Lette, Coesfeld, Holtwick, Legden zieht, 
die ich schon früher als die Zone der Becksia Soekelandi be- 
zeichnete, welche die eigentliche Hauptlagerstätte des typischen 
Actinocamaz quadratus, der bier in der grössten Fülle der In- 
dividuen auftritt, bildet. 


Diese Zone enthalt: 


Coeloptychium agaricoides Govor. Echinocorys vulgaris Brevn 
u lobatum Go or. Cardiaster granulosus GoLpr. sp. 
ss incisum A. Roam. re pilula Lau. 
Pr sulciferum A. Roem. Micraster ep n. 
Camerospongia cf. monostoma A. Roeu. Hemiaster regulusanus D'Ons. 
ag eximia ScuLür. ***) Brissopsis minor ScaLür. 
= megastoma A.Rusu.sp. Rhynchonella cf. octoplicata Sow. 
Becksia Soekelandi Scaciir. Crania paucicostata Bosa. ? 


Cribrospongia Decheni GoLor. sp.  Ostrea vesicularis Lam. 
Coscinopora infundibuliformis GoLpr. Janira quinquecostata Law. 


5 Murchisoni Go tor. Pecten cf. ternatus GoLDEF. 
Pleurostoma expansum A. Roem. Lima semisulcata Nits. 
Apiocrinus ellipticus Mill. (selten) Lima granulata Nits. 

Salenia Héberts Corr. Inoceramus Cripsi Mant. 
Carotomus cf. truncatus D'Ors. Nymphaeops Coesfeldiensis Scat.i'r. 


Aus der Kreide im Norden des Harzes gebört ein Theil 
der Ilsenburg-Mergel EwaLp’s dieser Zone an. +) Von be- 
kannten Fundstätten dürften in diese Zone fallen: die Mergel 


*) Das Vorkommen von Coeloptychium in der Kreide Russlands 
wurde schon 1844 von Fiscaen v. WaLpuem “dargethan. Sur le genre 
Coeloptychium. Bull. soc. impér. des Naturalistes de Moscou. Vol. 17, 
pag. 270. 

**) ScuLüter, Spongitarienbinke der oberen Quadraten- und unteren 
Mucronaten-Schichten des Münsterlandes, 1872, pag. 15. 

**) Gehört wahrscheinlich zur Gattung Etheridgia, welche nicht ge- 
stielt ist. 

= +) Ein sehr reichhaltiges Verzeichniss der organischen Beste der 

Kreide von Ilsenburg selbst hat Ca. Fa. Jascue geliefert (Die Gebirgs- 
formation der Grafschaft Wernigerode am Harz. Wernigerode 1858, p. 96). 
Abgesehen davon, dass einige der aufgeführten Arten einer erneuten Prû- 
fung bedürfen, ist ersichtlich, dass nicht alle der in Rede stehenden Zone, 
viele tieferen senonen Schichten emtstammen. 


507 


von Biewende bei Börsesum, von Schwiecheldt bei Peine, so- 
wie die liegenden Schichten von Vordorf *) bei Braunschweig. 

Von Cephalopoden hat die Zone der Becksia Soekelandi 
bislang nur wenige Arten geliefert: 


1. Ammonites Lettensis SCHLOT. 
2. Ammonites obscurus SCHLOT. 
3. Scaphites Conradi Mort. 

4. -Ancyloceras retrorsum SCHLOT. 
D. _Actinocamaz quadratus BLaInv. 


Von diesen Arten fand sich Ammonites obscurus bereits in 
der vorigen Zone, und Ancyloceras retrorsum steigt in die nachet 
hohere Zone auf. 

In ausserdeutschen Kreideterritorien scheint die untere 
Partie des Upper Chalk’s im nördlichen Irland, die RALPH 
Tare **) als Chloritic Chalk beschrieb, dieser Zone zu ent- 
sprechen. Ebenso gehören vielleicht in der englischen Kreide 
die spongienreichen Bänke von Dane’s Dyke, deren Reste schon 
Puitirs (Geology of Yorkshire) abbildete, hierher. Desgleichen 
in der belgischen Kreide die Grenzschichten zwischen der 
„Kreide von Obourg* und der „Kreide von St. Vaast* bei Mons, 
welche Actinocamax quadratus und viele Spongien führen. ***) 


14. Zone des Ammonites Coesfeldiensis, Micraster glyphus 


und der Lepidospongia rugosa. t) 
(Untere Mucronaten-Schichten.) 


Die Gesteine dieser Zone besteben aus kalkigen Mergeln, 
reiueren Kalken und Mergelsandsteinen. Reiche Fundpunkte 
finden sich in Westfalen zwischen den Orten Coesfeld, Rorup, 
Nottuln, Darup und Osterwick. 

Die Mächtigkeit der unteren (und mittleren) Mucronaten- 
Schiebten in den Baumbergen lässt sich auf 200 Fuss, die der 
gesammten unteren und oberen Mucronaten-Schichten auf etwa 
300 Fuss schätzen ff). 


*) Vergl. v. Sraowsecx, Zeitschr. der deutsch. geolog. Ges. 1855, 
pag. 504. 
#*) Rıupu Tate, On the correlation of the cretaceous formations of 
the em of Irland. Quat. Journ. geol. soc. London. 1865, pag. 15. 
tab. 3 — 9. 
**) Bull. soc. géolog. France. Réunion extraordinaire à Mons et à 
Avesnes, 1874, pag. 46, 64. 
Corner et Baiarr, Sur la division de la craie blanche du Hainaut en 
quatre assises. Mém. cour. Ac. RB. Belguique, tom. 23, 1870. 
+) Scarüren, Spongitarienbänke, pag. 26. 
+t) Die Elemente, auf denen diese Angaben fussen, sind: Darup 
(Bach im Dorfe) steht bei 260 Fuss Seehöhe auf Mucronaten-Schichten, 


508 


In dieser Zone fanden sich: 


Coeloptychium agaricoides Goror. Crania Parisiensis Dre. 
es incisum Av. Roam. Terebratula obesa Sow. 
si sulciferum Av. Roem. Ostrea vesicularis Lau. 
FR lobatum GoLor, „» ef. minuta An. Roem. 


Camerospongia fungiformis GoLpr. Chama cf. Moritsi v. Staoms. *) 
5 megastoma An. Roxu. es aequalis His. 

Lepidospongia rugosa Scavir. anira quinguecostata Sow. 

Cribrospongiamicrommata Av.Roru. Pecten cf. striatissimus v. Hac. 


’ longiporata Puscu »  trigeminatus GoLDF. 
Coscinopora infundibuliformis Go.pr. „ membranaceus Nits. 
Retispongia Oeynhausii Goror. »  cretaceus Nyst 
Cupulospongia Mantelli GoLor. » ef. undulatus Nics. 
Cidaris cf. cretosa Manr. Lima semisulcata Nits. 
Diplotagma altum ScuLürt. » granulata Nits. 
Phymosoma Koenigi Des. Inoceramus Cripsi Mant. 
Echinocorys vulgaris Baevn Avicula coerulescens Nits. 

5 granulosus ScuLÜT. Cardium decussatum Goto. 
Offaster corculum GoLpr. sp. Pholadomya Esmarki Prscu 
Micraster glyphus ScuLür. Neaerea caudata Nits. sp. 
Epiaster gibbus Lam. sp. Panopaea Beaumonti Mant. 
Cardiaster maximus Scucit. Trochus granulatus Go.or. 


Brissopsis brevistella ‘Scatr. 
Von Cephalopoden-Resten wurden in dieser Zone beobachtet: 


1. Ammonites Coesfeldiensis SCHLOT. 
2. Ammonites Stobaei Nıus. (häufig) 
3. Ammonites obscurus SCHLOT. ? 

4. Ammonites Dolbergensis SoHLOT. 

5. {mmonites costulosus SOHLOT. 

6. Ammonites patagiosus SCHLOT. 

7. Ammonites Ioenious SHRP.? 

8. Ammonites Vari SCHLOT. 

9. Ammonites aurito-costatus SCHLÜT. 
10. Scaphites gibbus SCHLOT. 

11. Soaphites spiniger Sonor. 
12. Anoyloceras retrorsum SoHLOT. 
13. Ancyloceras pseudoarmatum SOHLOT. 
14. Hamites Berkelis ScHLüT. 

15. Hamites rectecostatus SCHLÜT. 
16. Baculites vertebralis Lam. ? 
17. Nautilus Darupensis ScaLör. **) 
18. Belemnitella mucronata SCHLOT. ep. 








der Durchlass vor Coesfeld hat 230 Fuss; die Grenze der Mueronaten- 
Schichten in der Richtung nach Darup mag etwa 10 bis höchstens 20 Fuss 
höher liegen. Der höchste Punkt westlich von Darup hat nach v, Decaes 
469 Fuss Höhe. Die Höhe des wahrscheinlich höchsten Punktes der 
Baumberge, des von Becxs gemessenen Detterberges, beträgt 576 Fuss. 
*) Wahrscheinlich nicht von Caprotina costulata Mitt. verschieden. 

**) Ausserdem noch mehrere andere Arten glatter Nautilen, welche 
wegen ungenügenden Materials noch nicht näher definirt werden konnten. 





509 


Von den genannten Arten ist nur eine schon aus älteren 
Schichten bekannt, namlich Ammonites obscurus, und auch dessen 
Vorkommen in diesem Niveau noch zweifelhaft. 

Von den übrigen Arten sind mehrere, welche bis jetzt nur 
aus höheren Schichten dieser Zone bekannt sind: 


Ammonites Dolbergensis 

ss Vari 

3; aurilo-costalus 
Scaphites spiniger 
Ancyloceras pseudoarmatum. 

Vielleicht wird man diese hoheren Schichten spater als 
mittlere Mucronaten - Schichten abtrennen. Es findet sich hier 
auch ein tiefer nicht gesebener Micraster cf. Brongniarti. Auch 
wird bier das Hauptlager von Offaster corculum") sein etc. 

In die jüngste, folgende Zone des Heteruceras polyplocum 
und Ammonites Witiekindi und Scaphites pulcherrimus gehen von 
den genannten Arten über: j 


Ammonites Vari, 

ss aurito-costatus, 
Scaphites spiniger, 
Baculites vertebralis, 
Nautilus Darupensis, 
Belemnitella mucronata. 


Im Norden des Harzes findet sich diese Zone insbesondere 
in der Kreidemulde von Königslutter-Lauingen, wo sie durch 
Dr. GRIRPENKERL ausgebeutet ist. Ferner bei Vordorf (die 
hangenden Schichten), wahrscheinlich auch bei Berkum und 
Rosenthal. 

Von auswärtigeri Vorkommnissen dürfte insbesondere der 
Grünsand von Köpinge in Schweden hierher gehören.**) Eben- 


*) Bei der ersten Besprechung der Art (Scatiirer, Fossile Echino- 
dermen des nördlichen Deutschland, 1869, pag. 12) war mir dieselbe in 
zahlreichen Stücken aus den unteren (oder mittleren) Mucronaten-Schichten, 
dagegen nur ein vereinzeltes Exemplar auch aus der Zone der Becksia 
Soekelandi bekannt. Seitdem nannte Unsan ScuLönsach, (Verh. d. k. k. 
geolog. Reichsanstalt 1870, pag. 180) die Art auch aus der oberen Qua- 
draten-Kreide Polens und stellte dieselbe (Table of the Upper Cretaceous 
Strata. Geolog. Mag. Vol. VI, pag. 306) geraderu als Leitfossil für die 
Zone der Belemnitella quadrata auf. Inzwischen habe ich auch an einem 
vereinzelten Punkte die®s Niveaus, nämlich in dem Bahneinschnitte bei 
Holtwick eine grössere Ansahl Exemplare von Offaster corculum gesam- 
melt. Da die Vorkommnisse der Mucronaten-Kreide der grössten Mebr- 
zahl nach erbeblich kleiner als jene von Holtwick sind, so ist eine 
erneute Prüfung erforderlich, ob beide Vorkommnisse derselben Art an- 
gehören. — 

“) Scacirer, Bericht über eine geognostisch-paläontologische Reise 
im südlichen Schweden. N. Jahrbuch für Mineralogie etc, 1870, pag. 972. 


510 


so die obere Partie des irischen Upper Ckalk’s, den Rate 
Tats *) als White Limestone or Hard Chalk mit zablreichen 
organischen Resten beschrieb. Desgleichen die oberen Glieder 
der ,Craie blanche“ in Belgien (die unteren führen bereits 
Actinocamax quadratus etc.). **) 


15. Zone des Heteroceras polyplocum und Ammonites Wit- 
tekindi und Scaphites pulcherrimus. 
(Obere Mucronaten-Kreide.) 


In Westfalen findet sich diese Zone zunachst im Centrum 
des Kreidebeckens, in den Baumbergeu zwischen den Orten 
Billerbeck, Havixbeck und Schapdetten. Obwohl die dortigen 
Banke noch wenig ausgebeutet sind, so leiten doch uberall 
sicher die grossen Gehäuse von Heteroceras polyplocum. 

Das zweite, isolirte Vorkommen bildet die auf der Grenze 
von Westfalen und Hannover gelegene Hugelgruppe von Hal- 
dem und ‘Lemforde, von deren manchfaltigen organiscben Resten 
wir Fern. Roemer ***) eine reiche Liste verdanken. 

Ausser zahlreichen, noch unbeschriebenen Arten werden 
z. B. genannt: 

Coeloptychium princeps An. Born. Modiola radiata GoLor. 


is Seebachi Zimt. Cardium alutaceum GoLDrF. 
Pecten spurius GoLDr. Rostellaria Buchii Mist. 
„  subgranulatus Gorpr. Pyrula carinata Av. Roem. 
Mytilus ornatus GoLor. Turritella lineolata An. Roam. 


Weiter gehoren hierher die jungsten Kreideschichten von 
Konigelutter-Lauingen, bestimmt charakterisirt durch Heteroce- 
ras polyplocum, Ammonites Wittekindi etc., ebenfalls sehr reich 
an organischen Resten, von denen Herr Brauns nach den An- 
sammlungen und Bestimmungen des Herrn Dr. GRIEPENKERL in 
Konigslutter ein Verzeichniss mitgetheilt hat. +) 

Da eine der bezeichnendsten Formen dieser Zone: Am- 
monites Wittekindi und daneben Scaphites Römeri sich auch bei 
Ablten findet, so ist zu vermathen, dass die jüngsten Mucro- 
naten-Schichten auch bei Ahlten entwickelt sind, obwohl Hete- 
roceras polyplocum sich noch nicht gezeigt hat. Man hat die 
Kalkmergel von Ahlten — wenn alle Erfunde einer Zone 


*) Ratpu Tare, J. c. pag. 15. 

#*) Vergl. Coanet und Briaat L c. “4 

“*) Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. tom. VI., 1854, pag. 204. 

+) Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. tom. XXIIL pag. 757. Doch 
hat Baauns hier nicht die Vorkommnisse der einzelnen Schichten aus- 
einandergehalten, sondern alle Organismen der oberen und der unteren 
Mucronaten-, sowie der oberen Quadraten-Schichten in einem einsigen 
Verzeichnisse vereint. Eingehende Angaben bierüber und über die ge- 
sammte reiche Fauna stehen von Dr. GnısrenkeaL in Aussicht. 


511 


entstammen — vielleicht als die tiefsten Schichten dieser Zone 
aufzufassen. *) 


Von Cepbalopoden hat diese Zone geliefert: 


1. Ammonites Wittekindi SOoHLOT. 

2. Ammonites Lemfördensis SOHLOT. 
3. Ammonites Vari SCHLOT. 

4. Ammonites Gallicianus Fav. 

5. Ammonites auricostatus SORLÜT. 
6. Ammonites Haldemensis SouLör. 
7. Scaphites pulcherrimus Ap. Roem. 
8. Scaphites Römeri D’ORB. 

9. Scaphites spiniger SCHLOTER 

10. Scaphites ornatus An. Rorm. 

11. Scaphites Monasteriensis SOHLOT. ? 
12. Ancyloceras bipunctatum SCHLOT. 
13. Hamites interruptus SCHLOT. 

14. Hamites sp. n. 

15. Heteroceras polyplocum, A. Roem. sp. 
16. Baculites anceps Lam. 

17. Baculites Knorrianus Drsm. 

18. Nautilus Darupensis SOHLOT. 

19. Nautilus Ahltenensis SCHLOT. 

20. Nautilus loricatus SCHLOT. 

21. Belemnitella mucronata SCHLOT. sp. 


“Von Scaphites Monasteriensis ist es zweifelhaft, ob er aus 
dieser Zone stamme, oder aus der vorigen. 


Von den übrigen Arten sind aus der unteren Mucronaten- 
Kreide bekannt: 


Ammonites auricostatus (ein Fragment aus den höheren 
Schichten), 

Scaphites spiniger (wohl nur aus höheren Schichten), 

Nautilus Darupensis (vorwiegend nur aus höheren Schich- 
ten), 

Belemnitella mucronata. 


*) Da in der Nähe von Ahlten auch obere Quadratenschichten an- 
stehen und vielfach ausgebeutet sein sollen, so bedürfen die Angaben 
über das Alter der bei Ablten gefundenen Versteinerungen einer erneuten 
Prüfung. 


512 


Welcher der Zonen in der jüngeren Coeloptychien-Kreide 
die eigenthümliche Cephalopoden - Fauna angehört, welche die 
Mucronaten -Schichten von Lüneburg lieferten, ist zweifelhaft. 
Es fanden sich dort: 


Ammonites Lüneburgensis ScHLOT. 
Ammonites Velledaeformis SCHLOT. 
Ammonites Neubergicus v- Hause 
Scaphites constrictus Sow. 
Scaphites tridens Kner 

Hamites cf. cylindraceus Dr. 
Baculites Knorrianus Dr. 
Nautilus Vaelsensis Binku. 
Nautilus cf. Héberti Bınka. 
Nautilus patens Kner 
Belemnitella mucronata SCHLOT. 


Nahe an die Lüneburger Mucronaten-Kreide schliesst sich 
die baltische Schreibkreide an. Dieselbe lieferte theils in 
Dänemark, theils auf Rügen: 


Ammonites Luneburgensis *) 

Ammonites sp. n. (cf. tab. 42 fig. 6, 7) **) 

Scaphites constrictus ***) 

Scaphites cf. tridens +) 

Hamites cf. cylindraceus ŸŸ) 

Baculites cf. Knorrianus 

Nautilus patens Ÿ) 

Belemnitella mucronata and ausserdem den nur von 
Ragen gekannten 

Ammonites nodifer fff). 


*) Scacürsu, Sitsungsber. der niederrhein. Ges. in Bonn, 14. De- 
cember 1874. 

**) Bock (Lsonu. Taschenbuch für Mineralogie 1828, pag. 581) nennt 
ausserdem noch den Ammonites inflatus Sow. von der Insel Moen, ein 
unzweifelbaft falsches, aber schwer deutbares Citat. 

Ausserdem führt Puccaaro (Geologie der Insel Moen. pag. 18) den 
Ammonites Nutfieldiensis Sow. von der Insel Moen auf und ebenso Hacenow 
(Jabrb. für Mineral. etc. 1842) dieselbe Art von Rügen. Ich habe schon 
früher bemerkt, dass unter diesen Angaben wahrscheinlich Scaphites tridens 
za verstehen sei. 

**) Scatter, Sitzungsber. d. niederrhein, Ges. in Bonn, 9. Febr. 1874. 


+) ibid. 1871, Sitzung vom 19. Juni. 
++) ibid. 1874, Sitzung vom 9. Febr. 


+++) Hacenow, Monogr. der Rügen'schen Kreideverstein. III. Abth. 
Jabrb. für Mineral. etc. 1842, pag. 565, tab. 9, fig. 19. 








513 


Von allen nordwestdeutschen Kreidevorkommnissen schliesst 
sich die Fauna von Lüneburg zunächst an diejenige der Um- 
gebung von Aachen an, wo sich ebenfalls 


Scaphites constrictus, 

Scaphites tridens, 

Baculites cf. cylindraceus, 

Nautilus Vaelsensis, 

Nautilus cf. Heberti, 

Belemnitella mucronate 
fanden. 


Die genannten Vorkommnisse werden in der folgenden 
Tabelle in der Rubrik „Mucronaten - Kreide - überhaupt“ einge- 
reiht werden. 

Desgleichen werden in dieser Tabelle im Unter - Senon 
die Mergel von Recklinghausen uud die Quarzgesteine von 
Haltern nicht besonders ausgeschieden werden (da sie in West- 
falen keine Cephalopoden lieferten). Es werden deshalb die 
Vorkommnisse des Salzberges von Quedlinburg und die der 
sandigen Schichten von Aachen in die Rubrik „Unter-Senon 
überhaupt“ gestellt werden. 





514 


Uebersicht 


über die verticale Verbreitung der Cephalopoden in den Zonen 
der oberen Kreide Norddeutschlands. 


































213 AL as HE 

& Du - a 

. sjs|sis &; 

eS ald | slglERSR: 
RISES SEIS (8 nis|sishr: 
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Bezeichnung der Art. 218 sl lalts hice 
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SIElEIS[S|S|S | si ela sislzs 
aS [ee pS PS IR LS el lo [ISS 
rh |r ocd Lect od [od Ng [od [od FI Te 
NININININ [IN IN IN IN JP IN IN IN NF 

















| | 

1.1 Ammonites Bochumensis ScHLÜT.. . |—|+/? | | 
2. ae Essendiensis SCHLÜT. . +1? Ä 
3. ss subplanulatus SCHLÜT. — +++ 4 
4. ‘5 inconstans SCHLÜT. — + m 
5. > cf. Geslinianus D’ORB. -|+ 

6. n falcato-carinatus Scar.ÜT. |— + | | 

7. is varians Sow. - +++ | 

8. 1 Coupei BRONG. . — ++ | 
9. 93 Mantelli Sow. — | +] | 

10. a falcatus Mant... . — ++ 
11. En Rotomagensis, BRONG. — ? Is |+ | 
12, - laticlacius SHRP. . -/+|+ | 

13. sr catinus MANT. . . —|—|+ 

14. “ cenomanensis D’ARCH. —|—|+ | 

15. és nodosoides SCHLOT. — —|—|—|—-|+ 

10. 5 Lewesiensis MANT. . --/-—/- |? |+|+ 

17, 5 Woollgari Mant. . . . |—|—|—|—|—|)-— | 

18, = Cardinus D’ORR. . . . |— -|-|-|— ? |+ | 

19. Mi Fleuriausianus D’Orn. . |—|—|—-|—-|—|— + 
20, re Bladenensis SCHLÜT. . . |— -|-1-|—|—|- + 
21. me peramplus MANT. . }—| —|—| —|—|— sitis| ' 
22. ‘5 Neptuni Gen. . . . . |— —-|—|—|-|- —|+ a. 
23. cf. Goupilianus D'ORs. . |—|—|—|—-|—|-|— + | 
24. 4 Austeni Supp. . . . . |-1-1-|-1——|- +|s | 
2. + Germart Reuss, . . . |-|-1-|-|-|— 241? |] : 

20. e Hernensis Scntör.. . . |- -1- 1-1 -——|1- ?|+ | i 
27. .. Texanus Roem.. . . . |- -1-1—1- = ——1+ 

28. 5 Emscheris Scuuwr. . . |— —|—|—|—|— il) + 

29, » Margae Scuttr. . . . | -|-1- =) —1— + | 
30. „ tricarinatus D’ORB. ee + ER CC | (enn ee 8 + | 
31. Westphalicus Strom. . |—|—|—|—|—|—|—|—|— + \ | 
32. » … tridorsatus ScHLËT. . . |— —1-|—1—-|-1-1—-1—- + 4 
33. RR Stoppenbergensis ScuLör. |— | —|—|—|—|—|—|—|— + 

34. ‘i Alstadenensis SchLötrt. . |—|—|-—|—|—j—|—|—-|-— + 

35. i Mengedensis ScuLör.. . |— —|—|——|-—|—-|—|— + 

36. ” sp. ? e e . . .: 17717770 +; rod 


515 


Bezeichnung der Art. 


Z.d. Amm. Rotomagensis, 


“| Z. d. Actinocam. plenus. 
Z.d. Inocer. Brongniarti. 


Z.d. Heteroc. Reusstanum. 


Z. d. Inocer. Cwieri. 

Z.d. Amm. Margae. 
Unter-Senon überhaupt. 
Z.d. Heteroc. polyplocum. 

Mucronat. Kreide überhaupt 


Z. d. Seaph. binodosus. 
Z.d. Becksia Soekelandi. 


Z. d. Pecten asper. 
Z. d. Amm. varians. 
Z.d. Amm. Coesfeldiensis. 


‘| Z. d. Inocer. labiatus. 














+ 


EU 
| Ammonites cf. placenta Mort. . . =. = 
7 Syrah Mort. . .. eee 
ypealis ScaLÜTr. . … 0. + rm | + 

5 bidorsatus Rorm. . . . || |||) + 

»  Dülmenensis SCHLÜT.. . |—-|-|- — —-|-1-1-|-1— + 


| 

| 

is seudo-gardeni ScaLÜT. . —|— 5 nel) — + 
Lettensss ScHLÜT. . . . |— 

a obscurus ScHLÜT. . . . [—|—|-|-— — -)-— [+ if? 
„ Coesfeldiensis SchLöt. . || — ——1-—|-|- || + 
% Dolbergensis SchLöt. . |—|—|--|— - 

‘5 Stobas Nass... . . —|—|—|- 

m costulosus Scnuöt. . . |—|—|— 

4 patagiosus SCHLÜT. . . |—|—|— 

à Icenicus SHRP. . . . . |——|— 

> Vari ScaLÜT. . . f-|-l-— 

ï Lemfördensis Schuör. . |—|—|— 

5 Galicianus FAVRE . . . |—|—|— 

© Wittekind Scuauir. . . |—|—|— 


és auritocostatus SCALÜT, . |—j|—|--- 


5 Haldemensis Schwör. . . j—/—|—'— - -|-—|—'-|-—|— 
” Neubergicus v. Hau. ay 1 ll 
à Velledaeformis SchLÜT.. {[—|—|—|— — ——— 

r Lüneburgensis SCHIÜT. . I—|—|- | — — —| - a os an aa u me + 
” sp. n. . oe ew ew ew Ill I - => ag amet a see ae a A 
„ nodifer Hac. ao mm nn Ss — + 
Scaphites aequalis Sow. . . . . I-— ++ 

5 Geinitsi D'Orn. . . . . | —— | 
“ auritus ScHLËT. 2. . . |——|— 
= sp. . eee 
5 Aquisgranensis Scacür. |—|—|—|—/— Os es ee ee, Be 
5 inflatus Rorm. . . . . |—|—|—|— — — : —|—|—|+ 





; binodosus Rom. . . . |—|—|—|- —— 

ss Cuvieri Mort. . . . . —|—|—|-— — —|— 
- gibbus SchLört.. . . . f—|—|-|— —-|— 
5 er SCHLÜT, . Teil sise — 
Fr ômeri D’ORB. . . . . |—|—|—|— — —I— 
" ornatus ROEM... . . j—|/-—|—|— — — 
” pulcherrimus Roen. . . |-|—|—|-— — - 
” Monasteriensis Schuürt. . |-— — — — — — 


is constrictus Sow. . . . I-|-i-|- — — 
tridens KnER . . . . = =| MR. By RER BERN SER, pee en RS BER ee + 


xcyloceras Paderbornense Sci ÜT. . |— 
ï Cuvieri SCHLÜT. . . . |— 


516 


























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3] .| [os] & à 8] E! 
2 3| 88 Es sieie : 
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5 || ls | [öl ls le ls lölzle: 
NINININIS [NS [si IN [NS PIN INI 
80.) Ancyloceras retrorsum Scuuttr. . . |—|—|—|—j—|—|—|-— le || ++ | 
81. as pseudoarmatum ScHLËT . |—|—|—|—|—|—|—|— Pe ee +| | 
82. 93 bipunctatum Scuuiit.. . |—|—j|—|~}—j|—|—|— pe Bil ‘1 
83.| Crioceras ellipticum Mant. . . . | -|--|—|—j—|—|— + | | 
84. is cingulatum ScnhLöt. . . j—|—|—j—/—|—j—|—| | - ae 
85.1 Toxoceras Turoniense Scutir. . . f—|—|/-—|—/—j|—j—|— 4 | | 
86. ” Aquisgranense Sci ÜT. . |—|—|—|—|—|—/|—/—|—|— an ees 
87.) Hamites multinodosus ScHLÜT. (aus ; | 
Turon?) ...... . 
88. ” SPP. 2 2 ww ww we FHl ele] -|—|— —|—|+4 
89. » cf. angustus Dix. . . . I-|——-|-|-|- —|—}|—!+- oo ae 
90. »  Berkelis Scauör. . . . |-|—|—|—|—|—j|—|-—|— het | 
91. e rectecostatus SchLÜT. . b—|—|—/—|—j—|—j—|—/—| -. we 
92, 5 interruptus ScHLÜT. . . I—|- | -|—|—|-| || 1 | | | — 
93. " cf. cylindraceus Der.. . J—|—|—|—j—|—|—j—!—|—J-—|- — el 
94.1 Helicoceras spiniger ScHLÜT. . . . 1--!-—|-|-|- —| 4. | | 
95. N cf. Conradi Mont... . . J—j|—/—|—|—|—|— + | 
96. Ee flexuosum Scu.ér.. . -. I-|—- —|-|-|- ie oe + | 
97. i PD 22220 le ff Hf te | 
98. 5 reflezum QUENST. . . . J—/—|—|—(|—/—/— wage | 
99.1Heteroceras Reussianum D’OrRR.. . . [—|—|—|—|—|—|— + | 
100. jé polyplocum Roem... . . J—|—i—|—|—|— — | —j—| + 
101.1 Antsoceras plicatile Sow. . . . . |— ——-|+ 
102.) Turrilites Essenensis Gein. . . . J—|+ | 
103. ‘i Scheuchzerianus Bose. . [—/-+-\+/+ | 
104. r costatus Lam. . . . . 1-|+.+1+ | 
105. is Mantelli Sure... . . ++ | | 
106. ss aculus Passy . . . . {—|? [+/+ | 
107. e tuberculatus Bosc.. . . |—|-|+ | | 
108, as Morrisi Sure. . . . . I-|—i+ | | 
109. “ Cenomanensis Scu.iir. . I—|—- ++ | 
110. m Pusosianus D’ORR.. . „ I+|-1?|? | 
111. Aumalensis Coa. ' oe se Se 
112, 4 Börssumensis ScuLÜr. —|—|? |? | 
113. ie alternans Scai ËT.. . 1-21? ji, 
114. = Sazonicus Scurry. . . f—j|—|—|—|—j—|_— +| A 
115. cs tridens ScHLÜT. . . . J—j/—j—l/—/—j—j—j— jt pe | 
116. 5 plicatus L'Ors.. . . . |— ||] — + a 
117. 5 varians SCHLÜT. . . . | —|—| || — + | | 
118. ‘3 undosus ScuuOr. . . . f—/—/—ij—/—/j— fall op pa D 
119.1 Baculites baculoides MNT. . . . I-— ++ | | 
120. sj cf. Bohemicus Fr. & ScnLöns I—| — |—{—|—|— sit+is | | = 
121. - brevicosta SchLör. . . |-|—|— =| ii + | 





517 








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HARAARREARUE 
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SERPENT: IS [815181818 S18 
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Bezeichnung der Art. S| Sis SS NUE - als 8 sie 
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Ni Baculites incurvaius Dus.. . . . J—|-j—j—|—|—|-|-I|- +/+ 
23. a vertebralis, Lam. . . - I—I—I—I|-1-|-1-|—]-1-|—-1-1- ?|? 
24, „ anceps Lam. . . . . . 1—1-1-1-1-1- 111-1] -1— + 
25. > Knorrianus Desm.. . . |—|—|—|—| 11 111} |—|—} -|— ? |+ 
6. Nautilus Fleuriausianus D’ORB. —|+ 
27. nr Tourtiae ScHLÜT. . —|+ 
18, Re Skarpei ScHLÜT. . . —|i+ 
29. a Cenomanensis ScHLÜT. —|+ 
30.1 is elegans D’ORB. . . —|+|+ 
31. „ Deslongchampsianus p’Ora. |— ++] 4 
32, = Fittoni SHRP. . . . —i—|? |? 
33. as anguliferus ScaLÜT. —{—|? |? 
34. 5 ezpansus Sow. . . —|—|—|+ 
3. ” tenuicostatus SCHLÜT. _|—|? [+ 
36. ” cf. rugatus FR. & ScHLÜT. I—| j—/—|—|-—|— + 
1. = cf. Neubergieus Bent. . |—|—|—!—|—|—|—|— |- +| |? 
38, Kr leiotropis ScHr.ür. . . » [—|—|—|-|]—-j—j—|—-|- + 
39. es Westphalicus Scart. . |—|—|—|—|—|—|—|—|—|-|— oe 
60. . Darupensis Scuutir. . . |—|—|—|—|—|—|—|—| -|—j-—|-|-— +18 
41. . Abltenensis Schutt. . . j—j—j—/—|—|—i—|—|]-—|-|—|—]—/-— ae 
2. ei loricatus SeHnLürt. . . . J—|—/—/—/—|—/—|—|-— | —|-—|--|—+— + 
43. 4 patens Ken, . . . . |—|—|—|—|—|—|—|—|—|-|--}-|-|- + 
64. Vaclsensis Bintulicc = else leere + 
65. . cf. Héberti Bınkn.. . . I-|-|—1-|—-1- 1-1 1—1—]-1-1—1- | + 
46, cf. depressus Binan ze ele Se eee eS alae Are 
7] Belemnites ultimus D’Ore. . . . . |— +|? 
S.lActinocamazplenus BLAINV.. . —| —|—|—|+| ? 
49, x Strehlenensis Fr. & Scucéna.|—|— | - |—|—|— +|+ 
0. ty Westphalicus ScnLüt. . [—|—/—|—|—] -|—|-—|- + 
1. 5 verus MiLr. . . . | — + 
52. is cf. granulatus Buanv. . |—|—|—/—/—|-}-j—|-I-— 
39. 5 quadratus Braunv.. . . |—|—|—|—|—|—|—|—|—|— +]? |+ 
34, subventricosus Wan. nr else hl + 


39. Belemnitella mucronata Scuvor. . . I-|- |-1-|—1—1—-|- |—!|—|—|-|— ol oe 





518 


Inhalt. 





Verbreitung der Cephalopoden. 


I. Im Unteren Pliner (Etage cénomanien p’ORe.): 


II, 


IV. 


1. 


2. 


8. 


Zone des Pecten asper und Catopygus carinatus ( (Tourtia) 
Zone des Ammonites varians und Hemiaster Griepenkerli 
(Varians-Pläner) 


. Zone des Ammonites Rotomagensis und Holaster subglobosus 


(Rotomagensis-Planer) : 
oberen Planer (Etage turonien D’Ons.) — 


. Zone des Actinocamaz plenus . 
. Zone des Inoceramus labiatus und Amunonites nodosoides 


(Mytiloides-Pläner) 


. Zone des Inoceramus Brongniarti und Ammonites Woellgeri 


(Brongniarti-Pläner) 


. Zone des Heteroceras Reussianum und Spondylus spinasus 


( Scaphiten-Pläner) . . . . . 

a. Typische Scaphiten- Schichten . | 

b. Grünsand von Soest : 

c. Grünsand der Timmeregge . . 
Zone des Inoceramus Cuvieri und Epiaster brevis (Cavieri- 
Pläner) Bh. He a ay 


Im Emscher 


9. 


Im 


10. 
11. 
12. 


. Im 


13. 
14. 


15. 


Zone des Amnonite Margae und Inoctaius digitales 
Unter- Senon. Schichten mit Inoceramus lingua und Ezxo- 
gyra laciniata (Etage santonien Cog. — Untere Quadraten- 
Kreide) 2 : 
Sandmergel von Recklinghausen mit Marsupites ornatus . 
Quarzige Gesteine von Haltern mit Pecten muricatus ? 
Kalkig-sandige Gesteine von Dülmen mit Scaphites binodosus 
Ober-Senon. Coeloptychien-Kreide . ; 
Zone der Becksia Soekelandi (Obere Quadraten-Kreide) 
Zone des Ammonites Coesfeldiensis, Micraster glyphus, der 
Lepidospongia rugosa (Untere Mucronaten-Kreide) . : 
Zone des Heteroceras polyplocum, Ammonites Wittekindi, 
und Scaphites pulcherrimus. (Obere Mucronaten-Kreide) 


Tabelle über die verticale Verbreitung der Cephalopoden 








519 


5. Ueber Silicatumwandlungen, 


Von Herro J. Lempere in Dorpat. 


Eine Untersuchung der Contacterscheinungen bei Pre- 
dazzo *) veranlasste ein weiteres Verfolgen der Umbildung 
des Granits, Porphyrs und besonders des Augitporphyrs. Es 
stellte sich jedoch bald heraus, dass Experimente unerlässlich 
sind, wenn die Entwicklungsgeschichte der Gesteine über 
Theoretisiren und Deduciren hinaus kommen soll. Es wurden 
deshalb die analytischen Untersuchungen der Gesteine vorläufig 
aufgegeben und sind die Ergebnisse der letzteren hier nur soweit 
mitgetheilt, als sie einigermassen zum Abschluss gediehen; da- 
gegen wurde eine Reihe hydro- und pyro-chemischer Experi- 
mente angestellt, als Grundlage künftiger Untersuchungen. 

Es ist kein Zweifel, dass die Entwicklungsgeschichte der 
Gesteine und Mineralien in erster Reihe deshalb so dürftige 
und wenig befriedigende Resultate aufweist, weil das Experiment 
zu sehr unterlassen wird, und zwar zum grössten Theil aus 
Gründen, die in der Natur der Sache selbst liegen. Auch die tech- 
nischen Schwierigkeiten sind so bedeutend, dass ohne vom Staat 
zu gründende geologische Versuchsanstalten eine wesentliche 
Förderung der chemischen Geologie, nicht zu erwarten ist. 
Die Anwendung von Glasgefassen bei den Jangdauernden, oft 
erhöbte Temperatur erfordernden Experimenten ist völlig zu 
verwerfen, und bis zu einem gewissen Grade gilt das auch 
von silbernen Gefässen, da sie von Salzlösungen, namentlich 
Chloriden der Alkalien und Erdalkalien, stark angegriffen 
werden; die Versuche werden durch die im letztern Fall sich 
bildenden kaustischen und koblensauren Alkalien unrein, selbst 
bis zu dem Grade, dass sie ihren Werth verlieren; nur Platin- 
geräthe entsprechen allen Anforderangen.**) An der Be- 
schaffung einer grossen Zahl von Platin- oder Silbergefassen, 
die für Jahre oder gar Jahrzehnte lang dauernde Versuche brach 
gelegt werden müssen, scheitern ausgedehnt angelegte Ex- 
perimentaluntersuchungen. In gleicher Weise lassen sich im 
Laboratorium Versuche über die Einwirkung der Kohlensäure 
auf Silicate nur bis zu einer bald zu erreichenden Grenze aus- 


*) Zeitschrift der deutsch. Geol. Ges. 1872 S. 187. 
*®) Die hier mitgetheilten Versuche sind meist in Silbergefässen aus- 
geführt worden. 


Leits. d.D. geol. Ges. XXVIEL 3. 34 


§20 


führen, man wird die in der Natur vorkommenden, bestandig 
thatigen Kohlensäureexhalationen ausnutzen müssen. Zur ex- 
acten Beurtheilung der sogenannten enkaustischen Wirkungen 
der Basalte, Porphyre etc. auf das Nebengestein sind im 
grösseren Massstabe angestellte Versuche, bei langer Einwirkung 
der Hitze oder sebr langsamer Abkühlung, durchaus erforderlich 
und wird sich hierza die Glath eines Lavastroms verwerthen 
lassen, indem man die auf ihre Veränderung zu untersuchenden 
Gesteine*) an möglichst vielen Punkten eines Vulkans passend 
aufstellt und von der flüssigen Lava umhüllen lässt. Die hier 
mitgetbeilten Versuche sind an leicht veränderlichen Mineralien 
angestellt, um die gewonnenen Resultate bei künftigen Ex- 
perimesten an widerstandsfabigen Mineralien ausnutzen zu 
können. — 


I. 


1. Der Oligoklas im Turmalingranit vom Südabhang des 
Monte Mulatto bei Predazzo erleidet eine eigenthumliche Um- 
wandlung; während der Orthoklas kaum verändert ist, hat der 
Oligoklas eine bell- bis dunkelgrüne Farbe angenommen, den 
Glanz eingebüsst und sich in eine mit dem Messer schneidbare, 
dem Serpentin ähnliche Masse umgewandelt, und ist die 
chemische Metamorphose aus folgenden Analysen ersichtlich. 

No. 1. Frischer Turmalingranit; die analysirte Probe 
turmalinfrei. 

No. la. Orthoklas aus demselben. 

No. 1b. Orthoklas aus einem Turmalingranit, dessen 
Oligoklas No. li. völlig umgewandelt ist; der Orthoklas ist 
weniger glänzend als No. 1a. 

No. le. Oligoklas aus dem Gestein No. 1. 

No. 1d. und le. Sehr wenig veränderte Oligoklase. 

No. 1f. Sehr veränderter, dankelgruner Oligoklas. 

No. lg. u. 1h. Dunkelgrüne, sebr veränderte Oligoklase. 

No. li. 1k. u. 11. Sehr veränderte hellgrane Oligoklase. 


No. 1. No. la. No. 1b. No. le No. 1d. 
H,O 0,82 0,44 0,44 0,92 1,63 
SiO, 71,56 65,30 66,13 59,51 57,22 
Al,O, 13,66 18,68 18,25 25,10 24,91 
Fe, 0, 2,79 0,66 0,65 1,08 2,91 
CaO 0,83 0,37 0,25 4,03 4,75 
K, O 5,23 10,32 10,17 2,10 ‘1,76 
Na,O 3,77 4,13 4,11 7,26 6,39 
MgO 0,23 0,10 Spor Spor 0,43 


*) z. B. Umwandlung der Kreide in Marmor, des Dolomits in 





§21 


No.le. No.lf. No.lg. No. 1h. No.li. No.lk. No.ll. 
H,O 243 877 800 7,79 7,40 7,77 6,47 
SiO, 56,06 43,50 45,29 46,90 49,54 50,46 48,79 
AL Os 26,17 27,79 25,68 30,40 28,24 27,89 32,27 
CaO 558 0,54 0,52 0,52 0,62 0,61 0,44 
K,O 137 4,08 3,00 5,28 5,19 4,54 17,43 
Na,O 95,78 0,86 2,14 0,70 2,89 2,23 0,84 
MgO 039 2,35 2,88 1,11 1,48 1,30 0,61 
Fe, O, 2,23 12,11 12,49 7,30 5,19 5,20 3,15 

100 100 100 100 100 100 100 

Obwohl der Oligoklas No. li. völlig verändert ist, weist 
doch der mit ihm vermengte Ortboklas No. 1b. keine Abwei- 
chung auf von dem Orthoklas No. la. aus dem frischen Ge- 
stein No. 1. 

Die Zusammensetzung des unveränderten Oligoklases ist 
nieht ganz constaut, es scheinen vielmehr mehrere trikline 
Feldspätbe (Oligoklas, Andesin) neben einander vorzukommen, 
auch deutet eine auffallende Zersetzungserscheinung darauf bin. 
Nicht selten findet man namlich zwischen unveränderten Pla- 
gioklaslamellen solche, die völlig umgewandelt sind, und 
zwar mit scharfen Contouren gegen erstere, wie beistehende 
Skizze veranschaulicht. = Die schraffirte Zone bedeutet 
den zersetzten Feldspath. E 


Bei Annahme einer ursprünglich gleichen Zusammensetzung 
aller Lamellen ist die Veränderung blos einer, und zwar der 
eingeschlossenen, nicht leicht zu deuten, wol aber, wenn man 
annimmt, dass der umgewandelte Feldspath basischer war als 
seine Nachbarn. Aus der Verschiedenheit der frischen Feld- 
späthe erklärt sich vielleicht auch der beträchtliche chemische 
Unterschied der zersetzten. 

Die Kieselsäure ist vermindert, der Kalk und das Natron 
stark ausgeschieden worden und, wie schon früher beobachtet *), 
der Kalk rascher als das Natron. Die beiden starken Basen 
haben sich gegen Kali und Magnesia ausgetauscht, jedoch in 
kleinerer als aequivalenter Menge, dagegen ist viel Wasser und 
Eisenoxyd anfgenommen. Es haben sich pyrargillitartige Ver- 
bindungen gebildet, in denen man die für eine grosse Zahl 
von Zersetzungsprodukten des Feldspaths charakteristische Ver- 
gesellschaftung von Eisen, Wasser, Kali und Magnesia antrifft.**) 
Magnesia- und-Kalisilicate werden durch Kohlensäure schwierig 











Predazzit, Frittung von Sandstein, Thon etc., Bildung sogenannter Con- 
tactmineralien etc. 
*) Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1870, p. 338. 
##) ibid. p. 372. 
34* 


§22 


zerlegt, und wenn man die Biscnor’sche Bebauptung, Silicate, 
die sich bei Gegenwart freier Kohlensäure bilden, müssen 
gegen dieselbe widerstandsfahig sein, anerkennt, so erklart 
sich das haufige Zusammenvorkommen von Kali und Magnesia 
in derartigen Zersetzungsproducten. Dasa Alkalisilicate darch 
Eisenoxyd zerlegt werden, haben Bıscaor *) und Dauprg&s **) 
durch Versuche gefunden, doch sind die Biscaor’schen Zablen 
nicht schlagend genug, es wurden desbalb die Versuche wiederholt. 

Eisenoxydhydrat wurde mit neutraler kieselsaurer Alkali- 
lösung bei 100° digerirt nnd nach sorgfältigem Auswaschen ***) 
durch Salzsäure zerlegt, wobei die Kieselsäure sich gallertartig 


abschied. 
2. 2a. 
Fe,O, mit K,O SiO, 8 Tage, mit Na,O SiO, 4 Tage digerirt. 
SiO, 18,76 18,65 
Fe,O, 75,43 77,29 
K,O 5,81 4,05 
100 100 


Die.Zerlegbarkeit der Alkalisilicate durch Eisenoxydbydrat 
und die Schwerloslichkeit des gebildeten Eisensilicats erklären 
das häufige Vorkommen von Fe, O, in den verwitterten Feld- 
spathen. 

2. Die Tscuermax’sche Feldspaththeorie deutet die Plagio- 
klase als Mischungen von Albit- und Anorthitsubstans. So 
einfach diese Hypothese ist, und so oft auch die Folgerungen 
aus derselben mit der Erfahrung übereinstimmen, eine Einsicht 
in die Feldspathconstitution ist uns noch versagt. Nach obigen 
Analysen verhalt sich der Albit im Oligoklas wesentlich ver- 
schieden vom Albit im Orthoklas, im ersteren Fall ist er be- 
deutend weniger widerstandsfahig gegen Kohlensäure und Salz- 
lösungen als im letzteren. Leider war es nicht möglich, frischen 
und veränderten Oligoklas in genigender Menge zu beschaffen, 
um die Einwirkung von Säuren und Salzlösungen an denselben 
zu studiren, namentlich um die wichtige Frage zu entscheiden, 
ob sich bei der Verwitterung intermediare Prodacte durch 
theilweise Ausscheidung resp. Auswechslung gegen andere Stoffe 
bilden, oder ob das, was gewöhnlich als zum Theil verändert 
aufgefasst wird, nichts weiter ist als ein Gemenge von völlig 
veränderter und frischer Substanz. Versuche an anderen Feld- 
späthen bestätigten die oben angedeutete Verschiedenheit der 


*) Chem. Geol. 2. Aufl. I, p. 81. 
*#) Institut 1867, p. 92. 
**) Ein Uebergang des Fe,O, in’s Filtrat, wie bei Biscuor, fand 
nicht statt. 











523 


Albitsubstanz in den verschiedenen Feldspathen. Adular, Oli- 
goklas von Zöblitz und Labrador von Helsingfors wurden als 
feine Pulver mit gleichen Mengen gleich starker Salzsaure 
10 Stunden lang auf dem Dampfbade behandelt und die zer- 
setzten Antheile analysirt. 
3. Adular, 3a. Oligoklas, 3b. Labrador mit HCl behandelt. 
3c. Zusammensetzung des Labradors von Helsingfors. 


3d. In HCl löslicher Antheil des Labradors auf 100 be- 
rechnet. 


3. 3a. 3b. 3c. 3d. 
H, O 0,40 0,59 0,59 
SiO, 3,18 3,34 14,23 55,96 56,50 
Al, O; 0,66 0,74 6,63 27,80 26,29 


Man sieht zunachst, dass der Albit im Labrador leicht 
zerlegt wird, während er in den sauren Feldspathen sehr 
widerstandsfähig ist; andererseits wird der sonst so leicht 
zerlegbare Anortbit in dem Labrador recht schwierig zerlegt, 
ja er wird nicht einmal viel leichter zerlegt als der Albit, denn 
die Analyse 3d. weist nach, dass der durch HC! abgespaltene 
Antheil fast dieselbe Zusammensetzung hat, wie das ganze 3c. 
Man darf sagen: was der Albit an Widerstandsfabigkeit ein- 
gebüsst bat, hat der Anorthit gewonnen, und soll dieselbe Er- 
scheinung auch später durch pyrochemische Versuche dargethan 
werden. Aehnliches zeigen die Mineralien der Hornblende- 
gruppe; der leicht zersetzbare und Kalk gegen Magnesia rasch 
austauschende Wollastonit ist nach dem Glahen sehr schwer 
angreifbar, und dasselbe Verhalten weist der Wollastonit in 


dem Tremolit (me O Si 0,) auf. Aehnliche Erscheinungen sind 


bis jetzt nur an Legirangen beobachtet worden; in manchen 
Platinlegirungen lässt sich das Platin durch Salpetersäure lösen, 
während umgekehrt aus manchen Gold- Silberlegirungen das 
Silber durch Salpetersaure nicht ausziehbar ist. Jedenfalls 
sind die Einwände, die man aus den Ergebnissen der krystallo- 
graphisch-optischen Untersuchungen der Plagioklase gegen die 


*) R= in HCl unlôslicher Rückstand. Die Zusammensetzung des 
Adulars siehe im Abschnitt V. No. 20; die Zusammensetzung des Oligo- 
klases s. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1875. p. 536. No. 7. 


524 


Tscuermar’sche Theorie erhoben hat, nicht stichbaltig: die 
Albit- und Anorthitsubstanz in den Plagioklasen ist von den 
Mineralien Albit und Anorthit chemisch wesentlich verschieden, 
einfach® optische Beziehungen sind somit nicht za erwarten, 
jedenfalls a priori nicht nothwendig. — 

Ueber diesen Gegenstand durften thermochemische Unter- 
suchungen viel Licht verbreiten und die Theorie Moua’s, *) 
dass von zwei Silicaten gleicher chemischer Zusammensetzung, 
von denen aber das eine durch Säuren leicht, das andere 
schwierig zerlegt wird, das erstere mehr Wärme bei seiner 
völligen Zerlegung durch Flusssäure freigiebt, als das letztere, 
verdient alle Beachtung. In jedem Fall wird man das Calori- 
meter bei der Untersuchung der Constitution der Silicate hänfig 
anwenden müssen, um wenigstens einen theilweisen Ersatz 
fur die Unausführbarkeit der Dampfdichte- und Siedepunkts- 
bestimmungen zu haben. Angesichts der Thatsache, dass wir 
zur Zeit über das chemische Verhalten der Mineralien so gut 
wie nichts wissen, kann man den mehrfachen Versuchen, die 
Stractur der Mineralien auf Grundlage der herrschenden The- 
orien zu ermitteln, keinen Wertb beilegen. Was hat man 
an Einsicht gewonnen, wenn man z. B. bei wasserbaltigen 
Mineralien alles Wasser als Krystallwasser ansieht, und für 
den feuerbestandigen Rest eine Formel aufatellt, so lange man 
nicht im Stande ist, basisches Wasser von Krystallwasser zu 
unterscheiden ? Mit gleicher Berechtigung kann man alles 
Wasser als basisches annehmen, oder einen Theil als basisches, 
einen anderen als Krystallwasser, nnd für jede Anuabme eine 
passende Formel construiren. Die Willkür wird noch grösser, 
da man die Moleculargewichte nicht kennt, und schliesslich 
zwingt uns nichts zur Annahme, dass alle Atome eine zusam- 
menhängende Kette bilden, warum sollten nicht auch unter den 
Silicaten Molecularverbindungen vorkommen ? Auch besitzen 
wir in den Pseudomorphosen zur Zeit keineswegs so wichtige 
Hilfsmittel zur Erforschung der Structur, wie mebrfach gemeint 
wird, schon deshalb nicht, weil wir in den allerwenigsten 
Fällen den Pseudomorphosirungsprocess kennen; z. B. über die 
sehr wichtige Frage, ob — von dem wie viel gar nicht zn 
reden — bei Umwandlungen Thonerde aus- oder eintritt, wissen 
wir durchaus nichts, und doch thut das Vorkommen neugebil- 
deter thonerdebaltiger Silicate auf Gängen und in Hoblraumen 
die Wandelbarkeit der Thonerde dar; **) ferner vermögen wir 


*) Ligsic’s Annalen 162, p. 61. 
**) Dict beschreibt in den mineralogischen Mittheilungen von Tscası- 
uak 1874, pag. 86 eine Pseudomorphose von Fassait nach Vesuvian, bei 
welcher Umwandlung gewiss sehr viel Al,O, ausgetreten sein muss. 











§25 


uber die Natur des Wassers in den Pseudomorphosen keinen 
Aufschluss zu geben. Kurz — wir sind gar nicht in der Lage 
unsere Voraussetzungen za controlliren, die Untersuchungs- 
methoden fehlen und es ist nicht zu verstehen, wie die An- 
wendung der modernen Theorien auf die Mineralchemie ein 
zeitgemässes Bedurfniss sein soll wie vielfach behauptet wird; 
so lange nichts weiter, als willkarliche, nach der Schablone 
construirte Formeln geboten werden, ist kein Grund vorhanden, 
die alten dualistischen zu verlassen, sie haben wenigstens den 
Vorzug der Uebersichtlichkeit. 

3. Aus den folgenden Analysen ist die Umwandlung des 
Quarzporphyrs bei Predazzo ersichtlich. 

4. Frischer P. mit violettbrauner, felsitischer Grundmasse 
aus dem Val Maor bei Boscampo. 

4a. Durch Salzsäure zerlegbarer Antheil des Porphyrs. 

4b. Farbloser Orthoklas aus dem Porpbyr. 

4c. Fleischfarbiger, ziemlich zersetster, matter Oligoklas 
aus dem Porphyr. | 

4d. Zersetzter, rothbrauner Porphyr; die Grundmasse thon- 
steinartig; die fleischfarbigen Feldspathe matt und ziemlich weich. 

4e. Wie 4d., nur bröcklich. 

4f. Wie 44.; die Grundmasse grün. 


4. 4a. 4b. 4c. 
H,O*) 1,81 1,81 0,78 3,67 
SiO, 73,97 1,85 65,50 59,59 
Al, O, 13,04 2,73 18,91 24,67 
Fe, O, 2,32 2,24 1 ‚03 
CaO 0,80 0,49 0,32 2,04 
K, O 5,01 0,85 11,90 0,84 
Na, O 2,45 0,18 2,09 7,35 


MgO 0,60 0,50 0,81 
100 16,65 100 100 
4d 4e. Af. 
H,O 3,95 4,27 4,87 
Ca CO, 2,59 





*) Spar CO,. 


526 


Bei der wechselnden Zusammensetzung lässt sich der 
Verlauf der Umwandlang nicht näher feststellen, doch sieht 
man auch hier, dass das Natron rascher ausgeschieden wird, 
als das Kali. — 

Die folgenden Analysen geben die Zusammensetzung des 
Grödnersandsteins aus dem Pozzathal unweit der Margola. 

5. Rother Porphyr, dem der Grodnersandstein aufgelagert 
ist; vielleicht ist er schon ein Mittelglied zwischen Sandstein 
und Porphyr. 

5a. Grobkörniger, quarzreicher, röthlichgrauer Sandstein. 

5b. Mässig feinkörniger, rother Sandstein. 

5c. und 5d. Sehr feinkörniger, thoniger, geschichteter 
Sandstein ; führt etwas weissen Glimmer. 


5. 5a. 5b. 5c. 5d. 

H, O 2,56 2,45 3,47 3,97 3,06 
CaCo, 0,62 9,23 2,83 4,55 3,57 
SiO, 74,52 71,86 73,07 64,95 68,06 
Al,O, 13,02 8,75 12,43 14,55 12,70 
Fe, O, 2,56 1,53 2.01 3,50 3,52 
CaO 0,33 0,51 0,70 0,66 0,45 
K, O 4,51 2,63 3,77 3,75 3,11 
Na, O 2,02 1,06 1,53 1,86 2,09 
MgO 0,63 0,55 0,66 0,88 0,88 
Mg CO; 0,52 1 91 


100,77 98,57 100,47 99,19 99,35 


Durch den Schlammprocess ist das Verhältniss der Porphyr- 
bestandtheile noch mehr gestört, doch ist die Aebnlichkeit der 
Zusammensetzung des Grödner Sandsteins und der zersetzten 
Porphyre nicht zu verkennen. 


II. 


Der von BerrHoLLer bervorgehobene Einfluss der Masse 
bei chemischen Processen ist nicht hinreichend gewürdigt worden; 
vielfach gilt er für unbedeutend neben den übrigen Componenten 
der Affinität, noch öfter wird er gänzlich verkannt, obwohl die 
neuen Untersuchungen von J. THOMSEN, BERTHELOT, MABIGNAC 
ihn wiederbolt constatirt haben. Eine Untersuchung *) über 
die Umsetzung von Alkalisilicaten mit Alkalicarbonaten ver- 
anlasste mich die Massenwirkungen eingehender zu verfolgen, 
und es hat sich ergeben, dass sie bei den Silicaten sich im 
höchsten Grade geltend machen; sie dürfen bei der Erklärung 


*) Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. 1870, p. 356. 


527 


chemisch geologischer Processe und bei der Anstellung von 
Versuchen nicht mehr übersehen werden. — 

Alle in der Natur vorkommenden Gewässer enthalten gleich- 
zeitig eine Menge Salze gelöst, es ist wichtig zu wissen, in 
welcher Weise die betrefienden Sauren und Basen verbunden 
sind, da bei der Einwirkung eines gelösten Salzes auf ein 
Mineral der electronegative Bestandtheil des ersteren häufig 
den Process wesentlich beeinflussen wird. Folgende Versuche 
geben uber den beregten Gegenstand Aufschluss. 

1. Bekanntlich wird Gyps von Kochsalzlösung in reich- 
licherer Menge aufgenommen als von reinem Wasser; dies kann 
herrühren einmal von der Bildung leicht löslicber Doppelver- 
bindungen von CaSO, und NaCl, sodann können sich beide 
Stoffe theilweise umsetzen: in der Lösung sind 4 Salze ent- 
halten: NaCl, Na,SO,, CaCl,, CaSO,, und die grössere 
Löslichkeit des Gypses in NaCllösung rührt her von der Bil- 
dung des leicht löslichen Chlorcalciums.*) Diese Umsetzung 
vorausgesetzt, darf noch nicht gefolgert werden, dass eine be- 
stimmte Menge Wasser um so mehr Gyps lösen muss, je mehr 
es NaCl enthalt, weil noch andere Factoren im Spiel sind. 
Nach den Untersuchungen von RODoRFF, WOLLNER und Copper **) 


*) Selbstverständlich können sich gleichzeitig eine Menge Doppel- 
verbindungen bilden. 

*) In einigen Fällen stehen die Ergebnisse der Rünvarr’schen Ver- 
suche auch im Einklang mit thermochemischen Erscheinungen. Nach 
Tuomsex (Berichte d. deutsch. chem. Ges. 6, pag. 711, 1873) entwickelt 
ein Molecül nachstehender Salze, in 200 Molecülen Wasser gelöst, folgende 
Wärmemengen: 


NaCl — 1180 calorien KCl — 4440 calorien, 
NaBr — 150 ‘3 KBr — 5080 bs 
NaJ -++ 1220 Bs KJ — 5110 5 


Die Kalisalze lösen sich unter starker Wärmebindung, die Natronsalze 
unter geringer, das NaJ sogar unter Wärmeaustritt. Die Wärmetönung 
resultirt aus folgenden Componenten: Verflüssigung des Salzes unter 
Wärmebindung, Contraction des Volums und Hydratation des Salzes unter 
Wärmeaustritt. Die Quantität der Wärmetönung für die einzelnen Com- 
ponenten lässt sich nicht angeben, im Allgemeinen werden Salze, die viel 
und stark Wasser binden, beim Auflösen weniger Wärme verbrauchen, 
wenn sie nicht gar Wärme entwickeln, als Salze, die wenig Verwandt- 
schaft zum Wasser besitzen: man darf also behaupten, die oben genann- 
ten Natronsalze hydratisiren sich stärker als die entsprechenden Kalisalze, 
auch muss hervorgehoben werden, dass die genannten Natronsalze unter 
Umständen mit Krystallwasser anschiessen, während die Kalisalze bis jetzt 
nur wasserfrei erhalten werden konnten. Dies wird durch die Versuche 
Rüvorrr’s (Pocc. Ann. 116, pag. 68, 1862) und Coprer’s (Ann. de chim. 
25, pag. 502, 1872) bestätigt. Der Gefrierpunkt einer Cl-Br-J-Kalium- 
lösung sinkt proportional der Menge des gelösten wasserfreien Salzes; 
für NaCl-Lösung fand Rünorrr (Pocc. Ann, 114, pag. 77, 1861) diese 
Proportionalität nur bis zu einem Salzgehalt von 15°/, giltig, von da ab 
musste NaCl 2H,O in der Lösung angenommen werden; Correr konnte 


528 


muss man annehmen, dass bei der Lösung eines Salzes in Was- 
ser sich Hydrate von wechselndem Wassergehalt bilden; wird in 
einer Salzlösung ein anderes Salz aufgelöst, so wird das ur- 
sprünglich gelöste Salz in Bezug auf sein Hydratwasser eine 
Aenderung erfahren, bei starker Vermehrung des zweiten Salzes 
kann einem Theil des ersteren alles Hydratwasser entzogen wer- 
den, so dass es sich ausecheidet*). Es ist somit möglich, dass die 
Löslichkeit des Gypses in NaCl-Lösung, resp. die Bildung von 
CaCl, und Na,SO,, bis zu einem gewissen Grade mit steigen- 
dem NaCigehalt zunimmt, weiterhin sich aber verringert, weil 
durch die bedeutende Menge NaCl so viel Wasser gebunden 
wird, dass der Rest nicht ausreicht, um alles CaCl, und 
Na, SO, in Lösung zu erhalten. — 

Nach den Versuchen Granam’s diffundirt Chlorcalcium 
rascher als schwefelsaures Natron, wenn daher NaCl und Gyps 


überbaupt keine einfache Beziehung zwischen der NaClmenge und der 
Gefrierpunktserniedrigung beobachten, und nimmt Gemenge von NaC13H,0 
und NaCl 2H,0 in der Lösung an. Das NaBr und NaJ müssen nach 
Rüporrr mit 4H,O verbunden gedacht werden, damit die Proportionalität 
sich einstellt. Uebrigens folgt aus den von Bünoarr aufgefundenen Be- 
ziehungen keinesweges, dass manche Salze als wasserfrei, andere mit 
einem ganz- bestimmten Wassergehalt in der Lösung vorhanden sind; 
vielmehr scheint es, dass nur die Zahl der energisch gebundenen Wasser- 
rmolecüle aus obigen Beziehungen erkannt werden kann, nicht die der 
sehr schwach zuriickgehaltenen, und dass letztere neben ersteren vorhan- 
den sind, daffr hat man deutliche Fingerzeige. Nach Rüponrr muss das 
Kali als Sfach gewässertes Salz, welches im festen Zustande darstellbar 
ist, in der Lösung angenommen werden; verdünnt man eine Kalilésung, 
so wird nach Tuousen (Pocc. Ann. 90, pag. 270, 1853) Wärme frei, 
welche theils durch Volamcontraction, theils durch Hydratbildung hervor- 
gerufen wird. Da das Wasser bald als Säure, bald als Basis auftritt, so 
muss eine verdünnte Kalilösung schwächer wirken, als eine concentrirte, 
wenn beim jedesmaligen Verdünnen eine neue Anzahl von Wassermole- 
cülen vom Kali gebunden wird, das freie Kali wird so zu sagen durch Was- 
ser neutralisirt; das findet wirklich statt. Uebergiesst man Chlorsilber mit 
concentrirter Kalilauge, so erfolgt sofortige Zersetzung des ersteren, wäh- 
rend eine mässig verdünnte nur unvollständig, eine verdünnte kaum Chlor- 
silber angreift; kocht man aber die verdünnte Lösung, so findet mehr 
oder weniger Zerlegung des Chlorsilbers statt, offenbar weil ein Theil der 
zu stark gesäuerten Kalimolecüle durch die Wärme in wasserärmere Ver- 
bindungen zerlegt wird. Ferner ist bekannt, dass dem CaCO, durch 
concentrirte Kalilauge Koblensäure zum Theil entzogen wird, weshalb 
eine concentrirte Pottaschelésung durch Aetzkalk nur unvollständig 
caustificirt wird, vollständig aber eine verdünnte. Im letzteren Falle ver- 
binden sich die freien Kalimolecüle mit vielen Wassermolecülen und ver- 
mögen jetzt nicht mehr den koblensauren Kalk zu zerlegen. Bekannt ist 
ferner, dass 5fach gesäuertes Kali, ja concentrirte Kalilauge stark Wasser- 
dampf aus der Luft anziehen, der Sättigungscapacität des Kali ist darch 
5 Moleküle Wasser somit keinesweges Genüge geleistet. 

_ *) Biscuor fand, dass eine concentrirte MgCl, lösung um etwas über 
1 Procent NaCl zu lösen im Stande ist, 














529 


in einer Lösung sich theilweise zu CaCl, und Na,SO, um- 
setzen, und man eine solche Lösung der Dialyse unterwirft, 
so muss im Dialysat mehr CaCl, als Na, SO, gefunden werden. 
Das findet thatsachlich statt, wie folgende zwei Versuche dar- 
thun: Nachdem das Dialysat vollkommen zur Trockne ver- 
dampft war, unter welchen Umständen alles Na, SQ, sich mit 
CaCl, zu Gypsumsetzen musste, wurde das uberschussige CaCl, 
vom Gyps und NaCl durch 95 procentigen Alkohol getrennt; *) 
die folgenden Zablen drücken die bei der Wagung erhaltenen 
Zablen in Grammen aus. 


Versuch 1. Versuch 2. 


0,014 0,018 grm. CaO als CaSO, niedergefallen, 
0,023 0,022 „ » » Call, gelöst. 


Dauer der Dialyse: !/, Stunde. 


Noch auf anderem Wege kann die obige Dedaction**) 
verificirt werden. Besteht zwischen den 4 Salzen NaCl, Ca CL, 
Na,SO, und CaSO, Gleichgewicht, und vermehrt man die 
Menge des CaCl, oder Na,SO,, so muss in beiden Fällen 
eine Vermehrung von CaSO, eintreten, und reicht die Wasser- 
menge nicht ans, um allen Gyps gelöst zu halten, so findet 
Abscheidung statt. In der That fallt aus einer NaCl baltigen 
Gypslösung auf Zusatz sowol von CaCl, als auch von Na, 
SO, Gyps heraus, im ersteren Falle viel und rasch, im letzteren 
langsam und wenig. — Heinrz**) theilt mit, dass wenn oxal- 
saurer Kalk in HCl gelöst wird, durch NH, nicht aller oxal- 
saure Kalk abgeschieden werden kann, die abfiltrirte Lösung 
giebt sowohl mit oxalsaurem Ammon als auch mit Ca CI, Nieder- 
schlage ; das entsprechende Verhalten zeigt phosphorsaure Am- 
monmagnesia. Man muss annehmen, dass im ersteren Fall 
CaCl, und Ammonoxalat, im letzteren MgCl, und Ammon- 
phosphat neben einander gelöst sind, soll die Menge eines 
dieser gelösten Stoffe ein Minimum werden, 80 ist ein Ueber- 
schuss des Fällungsmittels unerlässlich. 

Dass die grössere Löslichkeit des Gypses in HCl von 
einer theilweisen Umwandlung in Chlorcalcium herrührt, be- 
weisen folgende Versuche. Von den in der Lösung voraus- 
gesetzten Stoffen CaCl,, CaSO,, HCl, SO,H, besitzen die 
beiden Sauren das stärkste Diffusionsbestreben, das Dialysat 
muss somit freie Schwefelsäure enthalten. Das Dialysat wurde 


*) Falls beim Verdunsten der alkoholischen Lösung sich etwa CaSO, 
abschied, wurde die Extraction mit Alkohol erneuert, 

**) Bei experimentellen Untersuchungen über die Begleiter des NaCl 
(Stassfurt) wird man die Massenwirkung sehr berücksichtigen müssen. 

**) Zeitschr. für analyt. Chemie von Fassznıus 9, pag. 16, 1870. 





530 


auf dem Wasserbad eingeengt und so lange stehen gelassen 
bis keine Entwicklung von HCldampfen wahrnehmbar war; der 
Gyps wurde von der freien Schwefelsäure durch Alkohal getrennt. 


1. Versuch. 2. Versuch. 
CaSO, 0,203 grm. 0,048 grm. 
H,SO, 0,260 ,, 0,100 ,, 


H. Rose *) theilt mit, dass Lösungen von BaSO, und 
SrSO, in HCl sowol mit H, SO, als auch mit BaCl, oder 
SrCl, “Niederschläge geben, and nimmt an, dass die Sulphate 
als solche in HCI gelöst sind; ibre Ausscheidung durch obige 
Reagentien erfolge deshalb, weil sie in dem veränderten Lösungs- 
mittel schwerer löslich sind, also Aasfallung, weil die hinzu- 
gefügten Stoffe Wasser binden. Gewiss kann sich die Wasser- 
bindung geltend machen, ist aber im vorliegenden Falle nicht 
die alleinige Ursache, man dürfte danu erwarten, dass Zusatz 
sehr vieler anderer Salze eine Fällung hervorrufen müsste; 
dass aber nur ganz bestimmte Stoffe: H,SO, und BaCl, (SrCl,), 
in kleiner Menge zugegeben, Niederschläge veranlassen, 
spricht entschieden dafür, dass in der Lösung freie Schwefel- 
säure und Chlorbaryum neben einander bestehen. 

2. Auch die grössere Löslichkeit des kohlensauren Kalks 
in NaCl-, NH,Cl- etc. Lösungen wird durch Bildung leicht 
löslicher Kalkverbindungen hervorgerufen ; durch Dialyse gelingt 
es zwar nicht die Gegenwart von CaCl, in einer Lösung von 
CaCO, in KCl nachzuweisen, weil dessen absolute Masse zu 
unbedeutend ist, es soll aber dessen Gegenwart auf anderem 
Wege in einem folgenden Abschnitt dargetbau werden, gleich- 
zeitig mit dem. Nachweis, dass bei der Einwirkung von K, CO, 
auf gewisse Silicate andere Neubildungen stattfinden, als bei 
der Einwirkung von KCl. Wahrscheinlich wird die Bildang 
der Trona durch Einwirkung von NaCl auf CaCO, bei Gegen- 
wart freier CO, zu Stande kommen, ähnlich der Bildung von 
Natronbicarbonat bei dem neusten Ammoniaksodaprocess ; auch 
bei letzterem ist wegen der Massenwirkung eine völlige Um- 
setzung der NaCl mit Ammonbicarbonat unmöglich. 

3. Aus dem häufigen Zusammenvorkommen von Gyps 
und Dolomit hatte Haıpınger auf einen genetischen Zusam- 
menhang beider Mineralien geschlossen: der Dolomit habe sich 
durch Einwirkung von Magnesiasulfat auf CaCO, gebildet: 
und zwar bei erhöhter Temperatur, da bei gewöbnlicher eine 
Gypslösung den Dolomit in CaCO, umwandelt. Die Versuche 
von FaAvRe, Marianac und MorLor haben zwar das bestätigt, 
aber wegen der nöthigen hohen Temperatur hat BiscHor mit 


*) Poce. Ann. 95, pag. 109. 














531 


Recht diese Entstehungsweise des Dolomits in der Natur für 
unzulässig erklärt, jedenfalls kann sie nur eine sehr locale 
Bedeutung gehabt haben. 

Diese hohe Temperatur ist nun gar nicht erforderlich, 
denn der Schluss: Gyps setzt sich bei gewöhnlicher Tempe- 
ratur mit Dolomit am, folglich kann sich unter denselben Um- 
standen durch Einwirkung von Magnesiasulfat auf CaCO, kein 
Dolomit bilden, ist nicht richtig; er konnte nur gefolgert 
werden, 80 lange man die Rolle der Masse bei chemischen 
Processen übersah. 

Die folgenden Versuche thun dar, dass beide Reactionen 
bei derselben Temperatur vor sich gehen; um rasche Umsetzun- 
gen zu erhalten wurde bei erhöhter Temperatur gearbeitet. 
Chemisch reiner CaCO, wurde mit concentrirter Mg Cl,losung 
in zugeschmolzenem Glasrobr 10 Stunden bei 190° erhitzt. 
Beim Oeffnen der Röhren entwich etwas CO, auch war das 
Glas angegriffen. Das feste Pulver wurde, nach sorgfältigem 
Auswaschen, mit kalter verduonter HCl saure behandelt, bis 
die Koblensäureentwicklung fast ganz aufhörte, und die Lösung 
vom Rackstande abfiltrirt; der letztere löste sich unter starkem 
Brausen in der Wärme und bestand wesentlich aus Magnesit. *) 


1. 
R* 2,53 
ad ryt in kaltem HC! löslich 
Mo re in warmem HCl löslich 
H,0-LCO, 47,93 
100 


Es wurde nicht weiter untersucht, ob der in kalter, ver- 
dünnter Säure lösliche Antheil wirklich Dolomit oder ein ee 
menge der Carbonate war. 

Eine Partie des so dolomitisirten Kalks wurde mit con- 
centrirter CaCl,losung in zugeschmolzenem Rohr 6 Stunden bei 
190° behandelt, nach welcher Zeit eine fast völlige Rackbildung 
in CaCO, eingetreten war, wie folgende Zahlen darthun. 


la. 
R **) 3,78 
MgO 0,34 
CaO 48,81 
H,0 + CO, 42,07 
100 


*) Die Magnesitbildung konnte auch Maniçnac constatiren. 
**) Kieselsäure aus dem Glase. 


532 


Soll somit bei erhöhter Temperatur ein Kalkstein auf 
obige Weise dolomitisirt werden, so muss das in Lösung ge- 
hende Kalksalz entweder aus dem Bereich des sich bildenden 
Dolomits fortgeführt oder unlöslich niedergeschlugen werden, 
sonst steht der Process bald still *). 

Man wird bei künftigen Versuchen über Dolomitbildung 
für jeden Umstand, unter welchem gearbeitet wird, die schliess- 
lichen Gleichgewichtsverbältnisse quantitativ feststellen müssen, 
nicht blos um überhaupt Einsicht in die Mechanik des Vorgangs 
zu erlangen, sondern um Kriterien zu gewinnen, ob eine Do- 
lomitbildung im Grossen unter diesen Umständen wahrschein- 
lich ist oder nicht. Es muss ferner hervorgehoben werden, 
dass, um CaCO, in Dolomit resp. Magnesit umzuwandeln, sehr 
viel mehr MgCl, erforderlich war, als CaCl,, um die Rack- 
bildung za bewerkstelligen, auch ging letzterer Process viel 
rascher vor sich als ersterer: die Affinität des Kalkszur Koblen- 
säure ist somit auch bei erhöhter Temperatur grösser als die 
Affinität der Magnesia zur Koblensaure. Es ist möglich, dass bei 
gewöhnlicher Temperatur die Verwandtschaft der letztgenannten 
Stoffe im Verhaltniss zu erstgenannten sehr viel geringer ist 
als bei erhöhter Temperatur, für den experimentirenden Che- 
miker ist das jedoch kein Grund, jeden Dolomitisirungsprocess 
in der Natur bei hoher Temperatur vor sich gehen zu lassen: 
die Affinitätserscheinungen können ausser der Temperatur noch 
durch andere Umstände: Concentration, Masse, Gegenwart 
anderer Stoffe modificirt werden, und diese Variablen wird man 
berücksichtigen müssen. 

4. Zum Nachweis, dass bei der Umsetzung der Alkali- 
chloride und -Nitrate mit Alkalisilicaten die Masse zur Geltung 
kommt, wurden folgende Versuche angestellt. Es wurde eine Lo- 
sung von kieselsaurem Kali (K,O2SiO,) mit einer NaCl - Lösung 
immer in aequivalenten Mengen zusammengebracht; zur Mischung 
wurde das gleiche Volum Alkohol von 90°/, zugesetzt **), wo- 
rauf sich die Flussigkeit trubte und nach einiger Zeit am 


*) Aus einer, nach Abschluss dieser Arbeit von Hopper (Zeitschr. d. 
deutsch. geolog. Ges, 1875, pag. 505) veröffentlichten Versuchsreihe über 
Dolomitbildung geht der hemmende Einfluss der Kalksalze auf die Ab- 
scheidung von basischem Magnesiacarbonat hervor. Horpr sättigte eine 
Magnesiasulfatlösung mit Kalkbicarbonat und erhitzte zum Sieden, wobei 
sich stark magnesiahaltiger CaCO, abschied; die Lösung wurde abfiltrirt, 
von neuem mit CaO 2CO, gesättigt, gekocht und der Niederschlag ab- 
filtrirt; die Lösung wurde mehrmals derselben Behandlung unterworfen. 
Die Niederschläge enthielten nach jeder Operation bei fast gleichblei- 
bendem Kalkgehalt immer geringere Mengen MgO, in Uebereinstimmung 
mit der Theorie. 

**) Bei allen Versuchen war vorher festgestellt worden, dass bei der 
angewandten Concentration von höchstens 10°/, durch den Alkoholzusatz 
keine Chloride und Hydrate der Alkalien ausgefällt wurden. 





533 
Boden des Gefässes eine Syrupschicht von Alkalisilicat ab- 
setzte. Die überstehende Flüssigkeit wurde abgegossen und 
der Syrup wiederholt mit 45procentigem Weingeist durch- 
geschüttelt, so lange bie eine Probe desselben keine Reaction 


auf CI(HNO,) gab. Die Zusammensetzung dieser Silicate (auf 
wasserfreie Substanz berechnet) ist folgende. 


1 Aequivalent K,O 2SiO, + n Aequival. Na CI. 


1NaCl 2NaCl 3NaCi 4NaCl 
SiO, 66,51 68,41 68,59 69,45 
K,O 1781 11,44 8,75 6,78 
Na,O 15,68 20,15 22,66 23,67 
Sauerstoffverhaltniss von 


K,O (=1 gesetzt): Na,O 1: 1,33 2,67 3,93 5,29 


Die Umsetzung lasst sich durch folgende Gleichung aus- 
drücken: 
(141,330) K,O 2Si0, + n(1+1,33n) NaCl = (1K,0+ 1,33 nNa,O) 28i0,-+ 
1,33 oKCl + [n-+n(n—1) 1,33] NaCl. 


Gleiche Versuche wurden mit K,O2SiO, und NaNO, 
ausgeführt. 
1K, O 2Si0, + on NaNO,. 


1NaNO, 2NaNO, 3NaNO, ANaNO, 
SiO, 67,52 68,44 68,76 69,85 
K,O 17,09 11,26 8,15 6,34 
Na,O 15,39 20,30 23,09 23,81 
Sauerstoffverhaltniss 
von K,O (= 1) 
za Na,O 1,36 2,74 4.30 5,70 


Es wurden ferner die Producte der umgekehrten Um- 
setzung untersucht. 


1Na,028i0, + nKCI. 


1 KC) 2 KCl 3 KCl 4KCl 


SiO, 66,26 65,19 65,30 64,78 
K,O 18,50 23,37 25,45 27,93 
Na, O 15,24 11,44 9,25 1,29 
Sauerstoffverhaltniss 
von Na, O (=1) 
zu K,O 0,79 1,34 1,80 2,51 





5 | 
a 
a ee a nm ne 


534 


1 Na, O 2Si0, + nKNO,. 


1KNO, 2KNO, 3KNO, 4KNO, 
SiO, 66,21 65,21 66,88 64,43 
K, O 18,01 23,30 24,50 27,98 
Na,O 15,57 11,49 8,62 7,59 
Sauerstoffverhaltniss 
von Na, O (=1) 
zu K,O 0,76 1,33 1,86 2,42 


Die Zahlen gelten selbstverstandlich nur fur die angegebenen 
Verhältnisse (Fallung durch Alkohol), über die quantitative 
Vertbeilung der Säuren und Basen in der wässrigen Lösung 
geben sie keine Auskunft; dagegen thun sie dar, dass die 
Affinitat der Salz- und Salpetersäure den Alkalien gegenüber 
die gleiche ist, wie dies THousex fur wässrige Lösungen ge- 
funden hat; die kleinen Abweichungen rabren wohl von einer 
tbeilweisen Zerlegung der Silicate beim Auswaschen mit Wein- 
geist her; das Kali zeigt dagegen eine andere Affinität als das 
Natron. 

5. Durch partielle Umsetzung mit Salzen zu leicht los- 
lichen Verbindungen gehen die schwer löslichsten Verbindungen 
in verhältnissmässig grosser Menge in die Gewässer über. 
Treffen z. B. Chloralkali oder MgCl, führende Sickerwässer mit 
Schwerspath oder Cölestin zusammen, so werden letztere in 
beträchtlicher Menge als Chloride aufgenommen, in der Lösung 
sind also 4 Salze: BaCI, (SrCl,) MgCl,, MgSO, und BaSO,”), 
und wir wollen die Bedingungen untersuchen, unter denen der 
Schwerspath wieder abgeschieden werden kann. Die Aunahme 
einer Verdunstung des Wassers (oder der halbgebundenen CO, 
bei Carbonaten) ist in manchen Fallen, z. B. in kleinen, tief 
im compacten Gestein befindlichen Hohlräumen, unstatthaft. 
Trifft die obige Lösung mit Gewässern zusammen, die reicher 
an schwefelsauren Salzen sind, so ist das chemische Gleich- 
gewicht gestört, bei unzureichender Wassermenge wird sich ein 
Theil des Schwerspaths abscheiden.**) Es ist nicht noth- 
wendig, dass beide Gewässer sich grade unmittelbar, bevor 
sie zum Krystallisationsort des Schwerspaths gelangen, ver- 
mengen — der Fall wird überhaupt selten eintreten — man 
weiss, dass verdunnte Lösungen sich lange Zeit im ubersättigten 


*) Ausserdem können sich Doppelverbindungen bilden. 

**) Der grössere Schwefelsäuregehalt der gemischten Lösung braucht 
noch nicht eine Abscheidung von BaSO, zu veranlassen, es kommt auf 
die Menge und das Verhältniss des Wassers und aller übrigen Stoffe an; 
die gemischte Lösung kann sogar unter Umständen, trotz des grösseren 
H, SO, gehalts mehr BaSO, aufnehmen, als die ursprüngliche Lösung. 





335 


Zustand erhalten können, ohne dass sich ein Niederschlag 
bildet; die Vermengung der beiden Flüssigkeiten kann somit 
in verhaltnissmassig weiter Entfernung vom Krystallisationsort 
vor sich gehen; die ersten abgesetzten Krystalle veranlassen 
die weitere Abscheidung. 

Die Fällung des BaSO, kann noch auf anderem Wege 
zu Stande kommen. Die vier gelösten Salze BaSO,, MgCI,, 
MgSO,, BaCl, treten mit den Bestandtheilen der Gesteine, 
durch welche sie sickern in chemische Wechselwirkung; es kann 
z. B. die Magnesia zum grösseren Theil gegen Alkali aus- 
getauscht werden und diese Störung des Gleichgewichts in 
der Lösung kann eine Abscheidung des BaSO, *) zur Folge 
haben. Wie man sieht, ist es nicht nöthig in allen Fällen die 
beliebten Auskunftsmittel: hober Druck und hohe Temperatur 
zu Hilfe zu nehmen, um schwer lösliche Stoffe in grösserer 
Menge zu lösen, und durch Erkaltung oder Verdampfung des 
Wassers oder der Koblensäure ihre Wiederabscheidung bewerk- 
stelligen zu wollen. 


III. 


Die Thatsache, dass in granitischen Gesteinen selten 
Zeolithe vorkommen, während die basischen Gebirgsarten **) 
die eigentliche Fundgrube derselben bilden, mag auf folgende 
Ursachen zurückzuführen sein. Nimmt man an, dass die be- 
kannten Beziebungen zwischen der Zusammensetzung der Ze- 
olithe und der Feldspäthe auch auf einen genetischen Zusam- 
menhang hinweisen, so mag, gestützt auf die Thatsache der 
leichteren Verwitterbarkeit der basischen Feldspäthe, der Schluss 
gerechtfertigt erscheinen, dass die granitischen Gesteine deshalb 
so arm an Zeolithen sind, weil die sauren Feldspäthe überhaupt 
schwierig umgewandelt werden; damit ist freilich wenig er- 
klärt, denn die Umwandlung des Orthoklases in Epidot ist 
eine verbaltnissmassig häufige. Da bis jetzt nur eine einzige 
Pseudomorphose eines Zeoliths nach Feldspath: Natrolith nach 


*) Nach Fresenius wird BaSO, von einer MgCl, lösung beträchtlich 
aufgenommen. 

*#) Nur in den basischen, magnesiareichen Gesteinen, in Serpentin, 
Chlorit, Speckstein sind keine Zeolithe gefunden worden und hängt diese 
Erscheinung wohl mit der grossen Verwandtschaft der Magnesia zur Kiesel- 
säure zusammen; die Bildung von Alkali- Kalk-Silicaten wurde durch 
die Gegenwart von Magnesiasalzen verhindert, oder die etwa gebildeten 
wurden rasch zu Magnesiaverbindungen umgewandelt; die starke Affinität 
der Kieselsäure zur Magnesia wird durch den sehr häufigen und im 
grossen Massstabe vor sich gehenden „Serpentinisirungsprocess“ dargethan, 
während die Umwandlung von Magnesiasilicaten in solche mit anderen 
Basen nur local und in kleinem Mussstabe stattfindet. (Cordierit in 
Pinit, Hornblende und Augit in Epidot). 


Zeits. d. D. geol. Ges, XXVIIL.3. 35 


536 


Oligoklas *) beobachtet ist, so lasst sich über den Grad der 
Umwandlungsfahigkeit der Feldspathe nichts entscheiden. 

Die basischen Gesteine führen als Vertreter von Feld- 
spätben haufig Leucit und Nephelin **), nach welchen beiden 
Mineralien Zeolithpseudomorphosen vorkommen, ferner leicht 
zerlegbare, tachylytartige Glassubstanz, von welcher man wohl 
annehmen darf, gestützt auf den meist stattfindenden Paral- 
lelismus zwischen leichter Zerlegbarkeit durch Säuren und 
leichter Umbildungsfahigkeit, dass sie zu einer Umwandlung 
in Zeolitbe besonders geeignet ist. 

1. Man durfte annehmen, dass ‘die bekannten Pseudo- 
morphosen von Analcim nach Leucit durch Einwirkung von 
Natronsalzen auf letzteren entstanden sind, es wurden deshalb 
die folgenden Versuche angestellt. Es sei gleich von vorn herein 
bemerkt, dass bei allen in diesem Abschnitt mitgetheilten Ver- 
suchen, wo eine Temperaturangabe fehlt, die Digestion der 
Mineralien auf dem Dampfbade bei 100° stattfand; täglich 
hatte das Dampfbad wahrend 8 bis 10 Stunden die genannte 
Temperatur. Die natürlichen Mineralien wurden immer im 
lufttrocknen Zustand analysirt, die Umwandlungsproducte sind 
überall, wo nichts besonders vermerkt ist, uber Schwefelsaure 
bei Zimmertemperatur getrocknet. Zur Beschleunigung der Um- 
wandlung wurden die Salzlosungen baufig erneuert und ent- 
hielten die Lösungen nie unter 10Procent Salz, in der Regel 
daruber. Zur exacten Behandlung der vorliegenden Fragen 
ist es durchaus erforderlich Parallelversuche aber den Einfluss 
der Concentration der Salzlösung, des electronegativen Bestand- 
theils des Salzes und der Temperatur anzustellen, da man 
nur annehmen darf, dass innerhalb gewisser Grenzen diese 
Variablen auf das resultirende Endproduct obne Einfluss sind, 
sofern sie den Gang des Processes nur verlangsamen oder be- 
schleunigen ; über gewisse Grenzen hinaus können die Umstände 
den Process wesentlich modificiren und dürfen dann die Er- 
gebnisse des Experiments nicht ohne weiteres auf Erscheinungen 
in der Natur übertragen werden. Da die in der Natur vor- 
kommenden Gewässer immer eine Menge Salze gleichzeitig 
führen, die mit einander in chemische Wechselwirkung treten, 
so muss ‘auch diesem Umstand bei den Versuchen Rechnung 
getragen werden. Eine weitere wichtige Frage betrifft die 
secundaren Processe, welche mit den Hauptvorgängen gleich- 
zeitig stattfinden und gleichfalls Functionen der oben genann- 


*) Bios in Pocc. Ann. 105, pag 133, 1858. Es ist sehr fraglich, 
ob der Kern der Pseudomorphose wirklich Oligoklas,ist, denn seine völlige 
Zerlegbarkeit durch H CI stimmt nicht mit den bisherigen Erfahrungen, 
worauf schon Carıns aufmerksam gemacht hat. 

**) Nebst Sodalith, Hanyn und Nosean, 








537 


ten Variablen sein konnen: in praxi ist die Frage beson- 
ders, wichtig, unter welchen: Umständen die Nebenerscheinun- 
gen ein minimum werden, z. B. ob bei kurzer Einwirkung 
einer hohen Temperatur oder lang andauernder einer niederen. 
Von einer systematischen Behandlung aller dieser Fragen musste 
vorlaufig abgesehen werden, einmal, weil die immer wieder- 
kehrende Frage: wann sind zwei Silicate von gleicher Zusam- 
mensetzung identisch, wann metamer ? sich zur Zeit nicht be- 
antworten lässt, und erst in dieser Richtung Kriterien gefunden 
werden müssen, vor allem war es jedoch geboten rasch eine 
möglichst grosse Zahl von Thatsachen auf dem Gebiet 
der Silicatmetamorphose zu gewinnen, als Ausgangspunkt für 
weitere Forschungen. 

Feingepulverter Leucit vom Vesuv (1.) wurde 18 Stunden 
mit Kochsalzlösung bei 180°—195° in zugeschmolzenen Glas- 
robren erhitzt, wobei der grösste Theil umgewandelt wurde 
und durch Schlammen vom unveränderten sich leicht trennen 
liess. Die Zusammensetzung des abgeschlammten Antheils im 
lufttrocknen Zustande giebt die Analyse 1a. 

1b. Leucit mit NaCllosung 4 Monate behandelt. 

le. Leucit mit NaCllosung 1!/, Monate behandelt *); 
lafttroken. 

1d. Leucit mit Na, CO, lösung 4 Monate behandelt. 


1: la. lb. lc. 1d. 
H,O 0,32 7,86**) 7,84 8.04***) 7,54 
SiO, 56,04 55,30 54,62 55,38 54,72 
Al,O, 23,38 22,91 23,46 22,71 23,61 


CaO 0,20 0,29 0.20 0,25 0,20 

K, O 18,90 0,68 0,66 0,89 1,40 

Na, O 1,41 12,96 13,22 12,73 12,54 
100,25 100 100 100 100 


Wie man sieht, baben die kunstlichen Umwandlungsprodacte 
des Leucits die Zusammensetzung des Analcims. 

Zur Entscheidung der Frage, ob nicht erhöhte Temperatur 
wesentliche Bedingung der Umwandlung ist, wurden 2 Proben 
Leucitpulver mit Kochsalzlosung: le. bei 40°, 1f. bei Zimmer- 
temperatur, beide 11 Monate lang behandelt; die Analysen 
lehren, dass auch unter diesen Umstanden Analcim erhalten 


*) Je mehr Substanz in Arbeit genommen wird, um so mehr Zeit 
ist zur völligen Umwandlung erforderlich; beim Versuch Ib. wurden 
ca. 7grm., beim Versuch 1c. 3 grm. Leucitpulver digerirt. 

*¢) Ueber H,SO, entweichen 0,23 %/,. 

*e*) Ueber H,SO, entweichen 0,42 %/,. @ 


35 * 


538 


wird, zugleich geht die ausserordentliche Begünstigung der 
Metamorphose durch Wärme daraus hervor. 


le. 1f. 
H,O 3,40 1,79 
SiO, 55,83 55,68 
Al,O, 23,50. 23,48 
CaO 0,10 0,15 
K, O 11,61 15,88 
Na, O 5,96 3,02 

100 100 


Es war zu erwarten, dass der künstliche Analcim durch 
Digestion mit Kalisalzlösungen sich in einen Kalizeolith om- 
wandeln lässt; der Versuch ergab das überraschende Resultat, 
dass die Rackbildung sich auch auf den Wassergehalt erstreckt: 
aus dem künstlichen Analcim ist wieder ein Leucit hervor- 
gegangen. 


lg. Künstlicher Analcim 1d. 2 Tage mit K, CO, losnng 
behandelt. 

1h. Kunstlicher Analeim lc. 4 Tage mit KCilösung be- 
handelt; lufttrocken. 


lg. 1h. 
H, O 1,21 1,10 *) 
SiO, 54,92 59,90 
Al,O, 23,43 23,27 
CaO 0,13 0,25 
K, O 18,73 19,03 
Na, O 1,22 0,85 
99,64 100 


Zur Entscheidung der Frage, ob diese Umwandlung von 
kanstlichem Analcim in Leucit auch an natürlichem Analcim 
ausfubrbar iet, wurden folgende Versuche mit letsterem angestellt. 


li. Analcim aus dem Fassathal; enthalt Spuren von 
CaCO,. Es warden folgende 3 Proben Analcim digerirt: 


1k. mit koblensaurer Kalilösung 7 Monate lang **), 
1l. mit koblensaurer Kalilösung 4'/, Monate, 
1m. mit KCllosung 3 Monate. 


*) Ueber H,SO, entweichen 0,26 °/,. 

**) Der erhaltene künstliche Leucit wird auch nach dem Glüben 
durch HCl völlig zerlegt, wobei die SiO, sich: theils flockig, theils gallert- 
artig abscheidet; hervorgehoben sei noch, dass, bei später angestellten 
Versuchen, bei Anwendung 15 procentiger K, CO,lösung, 6grm. Analcim 
im Laufe eiues. Monats völlig umgewandelt werden konnten. 








Al,O, 22,00 22,20 22,29 22,39 
CaO 0,51 0,60 0,60 0,45 


Na,O 13,19 0,57 
100,82 100 99,96 100 


Zur Entscheidung des Einflusses der Temperatur wurde 
Analcimpulver mit K, CO, lösung behandelt: 


ln. bei 40° 7 Monate, 
lo. bei Zimmertemperatur 13'/, Monate. 





ln. lo. 
H,O 1,23 1,69 
SiO, 56,59 56,43 
Al,O, 21,97 22,62 
CaO 0,52 0,40 
K, O 20,23 17,82 
Na, O 1,04 
100 100 


In allen Fallen ist der Analcim durch Kalisalzlösung in 
Leucit umgewandelt worden. Auch diese künstlichen Leucite 
lassen sich durch Digestion mit Natronsalzlösungen in Analcim 
überführen, wie folgende Analysen darthuo. Es wurden be- 
bandelt mit NaCllosang: 


lp. der künstliche Leucit 1k. 8 Tage, 


lq 4 3 » 1.5 Tage, 
Ir. ,, FA » ln. 3 Tage. 
1p lg. Ir 
H,O 8,84 8,89 8,94 








CaO 0,50 0,50 0,48 
K,O 0,00 0,00 0,00 
Na,O 12,84 13,19 12,94 

100 100 99,98 


Natronsalze wandeln den Leucit in Analcim 
um, und umgekehrt wird letzterer durch Kalisalze 
in ersteren übergeführt. : 

Bei der, durch vorliegende Versuche nachgewiesenen, 
leichten Ersetzbarkeit des einen Alkalis durch das andere dur- 
fen die kleinen Schwankungen im Kali- und Natrongehalt des 


un em u De herr 


540 


Analcims nicht auffallen; doch ist es fraglich, ob der hohe 
Kaligehalt (4,5 °/,) in dem Analcim von der Cyclopeninsel *) 
von einer späteren Umbildung im obigen Sinne herrührt; da 
der Wassergehalt von dem der kalifreien Analcime nicht ab- 
weicht, ist man wol gezwungen das Kali als vollig gleich- 
wertbigen Vertreter des Natrons anzusehen. 

Die Versuche über die Umwandlung des Analcims in Leucit 
haben vielleicht auch eine geologische Bedeutung: die viel 
besprochene Frage, wie es möglich ist, dass der strengflussige 
Leueit den leicht schmelzbaren Augit, so zu sagen als Krystalli- 
sationskern, umschliesst, findet, wenn auch nicht ihre Ent- 
scheidung, so doch einen neuen Wegweiser zu derselben. 
Werden analcimführende Basalt-Augitporphyr-Toffe, die soge- 
nannte creta von den Cyclopeninseln etc. von kalihaltigen 
Gewässern durchsickert, so müssen die Analcime in Leucite 
umgewandelt werden. Es ist auch nicht nothwendig, dass die 
neugebildeten Leucite durchaus pseudomorphe Analcime sein 
müssen; treten zu einer Lösung, welche alle zur Analcim- 
bildung erforderlichen Stoffe enthalt, Kaliaalze, so darf man 
mit Wabrscheinlichkeit annehmen, dass in diesem Falle ein 
Gemenge von Analcim und Leucit, oder Leucit allein sich 
niederschlagt; der krystallisirende Leucit kann eine Menge 
andrer Mineralien umschliessen. Gelangt der so umgebildete 
Tuff in Regionen, wo Glubhitze herrscht, so werden alle Be- 


‘ standtheile desselben bis auf den Leucit schmelzen, und man 


hat dann die oben berührien Erscheinungen der Umhullung 
leichtflussiger Mineralien durch den schwer schmelzbaren Leucit. 
Es soll durchaus nicht behauptet werden, dass der eben skir- 
zirte Vorgang sich wirklich in der Natur ereignet hat, es soll 
nur vor der Verallgemeinerung gewarnt werden, dass aller 
Leucit plutonischen Ursprungs sei und die, durch Versuche 
gestutzte, Möglichkeit einer neptunischen Entstehuug dargethan 
werden**). Ein schwer wiegender Einwurf gegen letztere Ent- 
stehungsweise ist der Umstand, dass bis jetzt kein Leucit auf 
Gangspalten oder in Blasenräumen angetroffen ist, doch er- 
geben die in diesem Abschnitt mitgetheilten Versuche, dass 
die Zeolithe sich aus kaliarmen Lösungen abgeschieden baben, 
es konnten sich somit im besten Falle Leucite nur in sehr 
untergeordneter Menge bilden. Berücksichtigt man noch die 
leichte Umwandelbarkeit des Leucits durch Natronsalze, an 


*) Rammecsserc, Handb. d. Min. Chem. S. 804. 

**) G. vou Ratu (Pocc. Ann. 147, pag. 263, 1872) berichtet über ein 
merkwürdiges Vorkommen von Leucit im Kalkstein und hebt die Schwierig- 
keit einer plutonischen Entstehungsweise hervor; vielleicht liegt hier ein 
neptunisch gebildeter Leucit vor, der nach Art der Zeolithe in dem Hohl- 
raum des Kalksteins abgesetzt wurde 





541 


welchen die zeolithbildenden Lösungen relativ reich waren, so 
darf man kaum erwarten, neptunisch gebildete Leucite mit 
Zeolithen zusammen anzutreffen. Dagegen bleibt es zur Zeit 
unerklärlich, weshalb sich in Gesteinen, die von kalireichen 
Lösungen durchsickert wurden (Umwandlung des Augitporphyrs 
in Grünerde),*) keine neugebildeten Leucite vorfinden. Ein 
andrer sehr wesentlicher Einwand darf nicht verschwiegen 
werden, namlich ob der künstliche Leucit und Analcim auch 
wirklich identisch sind mit den natürlichen Mineralien, ein Ein- 
wurf, der zur Zeit nicht za beseitigen ist. Dass die kunst- 
lichen Leucite und Analcime einen grösseren Wassergehalt auf- 
weisen als die natürlichen, darf weniger auffallen, da bei der 
langdauernden Einwirkung heisser, concentrirter Salzlösungen 
secundäre Zersetzungen unvermeidlich sind, auch zeigen manche 
in der Natur vorkommende, wohl etwas veränderte Leucite und 
Analcime eineo erholiten Wassergehalt ™); bedenklicher ist schon 
die Thatsache, dass die künstlich dargestellten Mineralien sehr 
viel rascher (fast im Verhaltniss vos Tagen zu Monaten) gegen 
Salzlösungen reagiren als die natürlichen, eine Erscheinung, 
die bei allen künstlich umgewandelten Mineralien auftritt. Viel- 
leicht hangt die grössere Empfindlichkeit gegen chemische 
Agentien mit dem Amorphbismus der künstlichen Umwandlungs- 
producte zusammen. Als eine Partie des künstlichen Leacits 
lk. der ,heftigsten, durch ein Gebläsefeuer zu erzielenden Weiss- 
glath eine Stunde lang ausgesetzt wurde, war das feine Pulver 
nur schwach zusammengebacken und mit dem Finger zerdruckbar; 
die Strengflussigkeit kommt somit auch dem küustlichen Leucit — 
zu, doch folgt noch nicht, dass der geglühte und ungegluhte 
kunstliche Leucit identisch sind, sie könnten auch metamer 
sein. Als der gegluhte kunstliche Leacit mit concentrirter 
NaCllosung 8 Tage bei 100° bebandelt warde, also unter Um- 
standen, wo der ungeglubte künstliche Leucit vollig in Analcim 
umgewandelt wird, erwies sich, dass durch das Glohen die 
Fahigkeit, sich rasch mit Natronsalzen umzusetzen, stark herab- 
gedruckt war, doch nicht bis zu dem Grade wie bei dem natur- 
lichen Leucit, wie folgende Analyse darthut. 


*) Es wird festzustellen sein, welche Mineralien das Kali zur Um- 
wandlung des Augits in Grünerde lieferten; waren es etwa im Augit- 
porphyr vorhandene Leucite, die zersetzt wurden, so konnten sich unter 
diesen Umständen kaum neue Leucite bilden. 

**) Die künstlichen Leucite 1k. bis 10. führen im lufttrocknen Zu- 
stande 0,2 bis 0,4°/, Wasser mehr, was wohl hygroscopisches sein dürfte. 
Uebrigens muss die Möglichkeit zugegeben werden, dass das Wasser in 
den künstlichen Leuciten nicht von secundären Processen herrührt, sondern 
ein wesentlicher Bestandtbeil des Kalisilicats ist; letzteres wäre dann 
nicht mehr Leucit; es wäre wichtig zu erfahren, ob die in plutonischen 
Gesteinen auftretenden Leucite wasserreicher sind als die Lavaleucite. 


542. 


1s. Künstlicher Leucit 1k. geglüht und dann mit Na Cl lösung 


behandelt. 
H, O 2,51 
SiO, 55,90 
Al,O, 22,68 
CaO 0,45 
K, O 14,46 
Na, O 4,00 
100 


Raschen Aufschluss würden vielleicht thermochemische Ver- 
suche ergeben; zeigen die, beim Auflosen von kunstlichem und na- 
tarlichem Leucit in Flusssaure sich entwickelnden Warmemengen 
grosse Differenzen, so muss man die Identität beider Silicate 
aufgeben. Vielleicht wird auch auf folgendem Wege Aufschluss 
erlangt werden können: künstlicher und natürlicher Leueit, 
mit der, dem Kaligehalt aequivalenten, Chlornatriammenge be- 
handelt, können nur zum Theil in Analcim übergeführt werden; 
stellen sich nach langer Digestion*) bedeutende Unterschiede 
im Verhaltniss von unverändertem Leucit zu umgewandeltem 
heraus, so muss man auf Nichtidentitat der Leucite schliessen. 
Da es wichtig war, auch den in plutonischen Gesteinen vor- 
kommenden Leucit auf etwaige Verschiedenheit von dem in 
der Lava enthaltenen zu prüfen, das erstere Mineral aber nicht 
in genugender Menge beschafft werden konnte, wurde eine Aus- 
führung des angedeuteten Planes vorläufig aufgegeben. Es 
darf übrigens bei der Anstellang derartiger Versuche uber 
Massenwirkung ein Einwand nicht verschwiegen werden: nam- 
lich, dass die Silicate darch die langdauernde Einwirkung der 
Wärme **) oder durch starke Temperaturschwankungen Ver- 
änderungen ibrer Constitution erleiden können. So tritt der 
Geblenit mit MgCl, lösung rasch in Wechselwirkung; als jedoch 
in einem Fall, nach Stagiger, sehr energischer Umsetzung, 
die Digestion statt bei 100° bei Zimmertemperatur für einige 
Zeit vorgenommen und dann wieder zur Bebandlung bei 100° 
zurückgekehrt wurde, war die Umsetzung selbst nach wochen- 
langer Versuchsdauer kaum wahrnehmbar, obwohl der grösste 
Theil des Kalks' noch nicht ersetzt war. Jedenfalls, sollte 
sith auch die Nichtidentitat des natürlichen und künstlichen 
Leucits herausstellen, entscheiden die Versuche eine mehrfach 
discutirte Frage: die Umwandlung eines wasserreichen Minerals 


*) Parallelversuche müssen feststellen, wann im Process Gleich- 
gewicht eingetreten ist. 

*) Um nicht zu viel Zeit zu verlieren, wird man in den meisten 
Fällen erhöhte Temperatur nicht missen können, 








543 


in ein wasserarmes auf nassem Wege, ohne Beihilfe von er- 
hohter Temperatur ist experimentell erwiesen. 

Die bekannten Pseudomorphosen von Orthoklas nach Anal- 
cim und Oligoklas nach Leucit können durch Einwirkung von 
kieselsauren Alkalien auf die betreffenden Mineralien entstanden 
sein; es wurde daher der künstliche Leucit 1]. 2 Tage mit 
einer Lösung von Na,O 3 SiO, behandelt, und der künstliche 
Analcim |r. einer 3 tagigen Digestion mit gelöstem K, O 3 SiO, 
unterworfen. 


1t. Leucit 11. mit Na,O 3SiO,. 
lu. Analcim Ir. mit K,O 3SiO.. 


It. lu. 
H, O 9,00 1,45 
SiO, 55,74 56,57 
Al,O, 21,99 21,92 
CaO 0,40 0,50 
K,O 18,96 
Na,O 12,87 0,60 
100 100 


Es hat dieselbe Umwandlung stattgefunden, wie bei den 
fraheren Versucheu, ohne dass sich Kieselsäure zu den Silicaten 
hinzuaddirt hatte; da der Einwand offen blieb, dass die kunst- 
lichen Mineralien mit den naturlichen nicht identisch seien, 
und deshalb die Umwandlung in Feldspath ausblieb, wurden 
die Versuche mit den natürlichen Mineralien angestellt. 

lv. Analcim mit K,O 4SiO, 4 Monate behandelt; luft- 
trocken. 


lw. Leucit mit NaO 4 SiO, 4 Monate behandelt; luft- 
trocken. 


lv. 1 w. 
H, 0 2,22 *) 9,48 **) 
SiO, 58,56 68,95 
Al,O, 20,00 11,82 
CaO 0,60 0,20 
K, O 18,62 1,01 
Na, O | 8,54 

100 100 


Obwohl geringe Mengen Substanz (je 3 grm. der fein 
gepulverten Mineralien) in Arbeit genommen wurden, erfolgte 
die Umsetzung sehr viel langsamer als bei den früheren Ver- 


*) Ueber H,SO, entweichen 0,79 %/,- 
**) Ueber H,SO, entweichen 2,36 %,. 


544 


suchen, wo die einwirkenden Alkalisalze an starke Säuren ge- 
bunden waren. Die resultirenden Producte sind nicht homogen; 
der Analcim hat wesentlich dieselbe Veränderung erlitten, wie 
bei den früheren Versuchen (1 k. etc.), doch erkannte man unter 
dem Mikroskop neben dem feinkörnigen Pulver hier und da 
flockige Partien, *) die wohl kieselsäurereicher sind als der 
Durchschnitt. Der Leucit war grösstentheils in eine zähe, 
schwer auszuwaschende Verbindung übergeführt und hatte neben 
Wasser viel Natron und Kieselsäure aufgenommen; die Zu- 
sammensetzuug des Umwandlungsproducts weicht völlig von 
der der Feldspathe und Zeolithe ab.**) Der Versuch 1t. mit 
dem künstlichen Leucit ergab ein wesentlich anderes Resultat, 
es soll durch künftige Versuche entschieden werden, ob eine 
verschiedene Constitution der angewandten Mineralien, oder 
ob die verschiedenen Umstände der Behandlung dies bewirkt 
haben. 

Da es möglich ist, dass bei der Umwandlung des Analcims 
in Feldspath nicht eine Kieselsaureaddition stattfindet, sonderu 
ein Theil der Thonerde und des Natrons austritt, wurde Anal- 
cim mit Kalilauge von verschiedener Concentration behandelt, 
um eine etwaige Thonerdealkaliabspaltung zu bewirken; in 
allen Fällen wurde neben dem Ersatz des Natrons durch Kali 
etwas Thonerde, aber viel Kieselsäure abgespalten, es bildeten 
sich wasserhaltige, kieselsaurearmere Verbindungen. Die Zu- 
sammensetzung eines solchen, durch zweimonatliche Digestion 
mit Kalilauge erhaltenen Umwandlungsproducts ist aus der Ana- 
lyse 1x. ersichtlich. 


1x. 

H, O 7,78 
SiO, 41,65 
Al, O, 27,05 
CaO 0,20 
K,O 23,36 
Na, O 0,45 
100,49 


Durcb funftagige Behandlung des Silicats 1x. mit NaCl- 
losung warde alles Kali darch Natron ersetzt, der Wassergehalt 
des resultirenden Natronsilicats betrug 12,31 °/,; ebenso rasch 
konnte das Kali gegen Kalk (Digestion mit Ca CI, lösung) aus- 
getauscht werden, und enthielt das Kalksilicat 17,10 °/, Wasser. 


*) Vielleicht verdanken diese Silicate nur secundären Processen ihre — 


Entstehung. 

) Das Silicat iw. wird durch Wasser etwas zerlegt, wenigstens 
reagirte das zam Auswaschen benutzte, heisse Wasser, auch bei sehr 
lange fortgesetztem Waschen, schwach alkalisch. 





945 


Zur Entscheidung der Frage , ob der im Gabbro Toskanas 
vorkommende Pikranalcim*) durch Einwirkang von Magnesia- 
lösungen auf Analcim oder Leurit entstanden ist, wurden 
folgende Versuche angestellt. 

ly. kanstlicher Leucit, 

lz. künstlicher Analcim, beide sechs Monate mit Mg Cl,- 
losung bebandelt. **) 


ly. 1 z. 

H,O 14,10 15,52 
SiO, 59,26 55,12 
Al,O, 23,94 23,30 
K,O 0,34 

Na, O 0,44 
MgO 2,36 5,62 

100 100 


Es hat nur ein theilweiser Ersatz der ausgetretenen Al- 
kalien und des Kalks durch Magnesia stattgefunden, es haben 
sich pyrargillitartige Verbindungen gebildet; doch ist möglich, 
dass der unvollständige Ersatz nur Folge secundärer Processe 
ist, es wurde nämlich mit sehr concentrirter Chlormagnesium- 
lösung gearbeitet. ***) 


2. Unter den Zeolitben finden sich mehrere, deren Zu- 
sammensetzung, bis auf den Wassergehalt, sich durch die gleiche 
empirische Formel ausdrücken lasst, wie die des Leacits und 
Analcims: 

RO Al, 0, 48i0, nH, 0 

RO = K,0 : Leucit. 

= Na, O : Analcim. 

— CaO : Caporcianit, Leonhardit, Laumontit. 

= CaO + Alkali: Herschelit, Gmelinit, Phillipsit, Va- 
rietaten des Chabasit?. 

Abgesehen von der Analcimpseudomorphose nach Leucit, 
ist bis jetzt keins der genannten Mineralien in der erborgten 
Form eines derselben Gruppe angetroffen worden, doch ist es 
möglich, dass manche von ihnen umgewandelte Leucite sind. 
Es wird bei künftigen Untersuchungen das Zusammenvorkom- 
men der verschiedenen Zeolithe zu berücksichtigen sein, um sta- 
tistisch zu entscheiden, ob Gesetzmässigkeiten in der Vergesell- 
schaftnng obwalten. Trifft man die genannten Mineralien häufiger 


*) Rammezsserc Handb. d. Min. Chem. pag. 805. 
**) Die Einwirkung von MgCl, auf die natürlichen Mineralien erfolgt 
sehr langsam. : 
***) Bemerkt sei, dass die Silicate fy. und 1z. hartnäckig Spuren von 
Chlor zuriickhielten, die durch Auswaschen nicht entfernt werden konnten, 


546 


mit einander als mit sehr abweichend constituirten zusammen, 
so darf man mit einiger Wahrscheinlichkeit schliessen , dass 
das Zusammenvorkommen durch genetische Beziehungen bedingt 
ist; nicht in dem Sinne, als lagen lauter Pseudomorphosen 
vor, sondern dass die Lösung, welche etwa die zur Hersche- 
litbildung geeignete Beschaffenbeit hatte, auch am geeignetsten 
war, bei reichlicherem Zutritt von Kalisalzen, etwa Phillipsit ab- 
zuscheiden. Durch methodisch angestellte Versuche würden sich 
dann die übrigen Umstände der Zeolithbildung ermitteln lassen. 


Es wurden folgende Versuche angestellt : 


2. künstlicher Leucit mit Ca Cl, lösung sechs Monate, 
2a. künstlicher Analcim mit CaCl,losung neun Monate 


behandelt. 
2. 2a. 

H, O 3,2 8,71 
SiO, 57,90 55,31 
Al, O,; 22,27 22,53 
CaO 0,65 2,70 
K,O 14,98 

Na, O 0,96 10,75 

100 100 


Beim Leucit ist das ausgetretene Kali so gut wie gar 
nicht durch Kalk ersetzt worden,*) bei dem Analcim ist eine 
neunmonatliche Digestion nicht ausreichend gewesen, alles Natron 
durch Kalk zu ersetzen, doch darf man annehmen, dass aus 
einer Analcim abscheidenden Lösung nach reichlichem Zutritt von 
Kalksalzen, einer der oben genannten kalkhaltigen Zeolithe sich 
bilden kann. 


Mit Gmelinit von Glenarm 2b.**) wurden folgende Ver- 
suche angestellt: 

2c. 25 Tage mit K CI- und K, CO, lösung behandelt. 

2d. der Kaligmelinit 2c. 3 Tage mit NaCllösung be- 
handelt. 

2e. der Natrongmelinit 2d. 10 Tage mit CaCl, lösung 
behandelt. 

Alle drei Proben wurden im lufttrockenen Zustande ana- 


lysirt. 


*) Bei beiden Versuchen wurde sehr concentrirte CaCl, losung an- 
gewandt, secundäre Zersetzungen sind daher möglich; auch hier hielten 
die Silicate durch Wasser nicht entfernbare Spuren von Chlor zurück. 
Die Einwirkang von CaCl, auf natürlichen Leneit und Analcim geht 
äusserst langsam vor sich. 

**) Enthielt sehr geringe Mengen Gangart beigemengt. 





547 


2b. 2 c. 2d. Qe. 
H,O 18,87 15,97*) 19,11 **) 20,34 ***) 
SiO, 47,96 46,81 47,79 47,77 
Al,O, 20,47 19,58 20,59 20,60 
CaO 0,83 0,42 0,31 9,89 
K, O 1,87 17,22 0,70 À 
Na,O 10,00 11,50 1,40 


100 100 100 100 


Die Zusammensetzung dieses Gmelinits weicht von der 
der bisher untersuchten ab, namentlich ist der Kalkgehalt sehr 
gering, doch dürfen derartige Schwankungen nicht auffallen. 
Nach den mitgetheilten Versuchen ist es sehr wahrscheinlich, 
dass je nach der wechselnden Zusammensetzung der Lösung 
auch der sich aus letzterer ausscheidende Gmelinit verschieden 
zusammengesetzt ist. 

Herschelit von Aci reale 2f. war nach einmonatlicher Be- 
handlung mit Chlorcaliumlösung in das Kalisilicat 2g. über- 


geführt. 

2f. 2 g. 
H, O 19,45 16,12 +) 
SiO, 46,46 , 45,41 
Al, O; 20,24 20,07 
CaO 1,03 — 
K,O 3,87 18,10 
Na,O 8,95 0,30 

100 100 


Leider langte das Material zu weiteren Versuchen nicht 
aus, namentlich nicht zur Entscheidung der Frage, ob die Um- 
wandlungsproducte mit denen des Gmelinits identisch sind oder 
nicht. ff) 

3. Der Nephelin, dessen Umwandlung in Natrolith und 
Liebenerit mehrfach beobachtet ist, erweist sich gegen Salzlö- 
sungen viel widerstandsfähiger als der Leucit. Elaeolith von 
Fredriksvarn 3. zeigte nach 7'/, monatlicher Digestion mit 
einer kohlensauren Kalilösung folgende Zusammensetzung 3a. 


*) Ueber H,SO, entwichen 3,88 %/,. 
*#) Ueber H,SO, entwichen 2,02 %/,. 
**) Ueber H,SO, entwichen 2,67 0/,. 
+) Lufttrocken; über H, SO, entweichen 3,30°/,; nach dem Glühen 
mit H,O zusammengebracht. erwärmt sich das Silicat stark. 
tt) Laumontit setzt sich sehr langsam mit Kalisalzen um, Leonbardit 
von Schemnitz dagegen verhältnissmässig rasch, Laumontit und Leonhardit 
sind somit nicht identisch; Phillipsit und Caporcianit konnten nicht in 
genügender Menge beschafft werden. 


a eee ee, | ee: 


ggg Sg ei 2000.00... oe, 


548 


3. 3a. 
H, 0 0,70 2,57 
SiO, 45,10 43,23 *) 
Al, Os 33,28 32,28 
K, O 5,05 9,69 
Na, O 16,36 12,60 


100,49 100,38 


Ueberwiegt der Natronaustritt uber die Kaliaufnahme, so 
gehen Liebeneritartige Producte hervor; doch gelang es bis 
jetzt nicht derartige Silicate durch Einwirkung freier CO, auf 
den umgewandelten Elaeolith 3a. hervorzubringen. Im folgenden 
sind zwei Analysen des Liebenerits aus dem Feldspathporpbyr 
bei Boscampo (Predazzo) mitgetheilt. 


öb. 3c.**) 
H,O***) 6,34 6,02 
SiO, 42,73 44,61 
Al, O; 36,11 35,78 
Fe, O, 2,90 1,51 
CaO 0,87 0,66 
K,O 9,25 9,65 
Na,O © 1,21 0,96 
MgO 0,59 0,81 
100 100 


Das ins Silicat 3a. eingetretene Kali liess sich nach 
zweitägiger Behandlung mit NaCllösung durch Natron ersetzen, 
3d., und dieses Silicat 3d. tauschte nach dreitägiger Digestion 
mit einer Lösung von K,OÖ3SiO,, das zuletzt aufgenommene Natron 
gegen Kali wieder aus, 3e.; eine SiO, aufnahme fand dabei 
nicht statt. 


dd. 8e. 
H,O 3,97 2,79 
SiO, 43,46 43,42 
Al, O, 32,51 32,15 
K, O 4,21 9,60 
Na, O 16,23 12,85 


100,38 100,81 


Soll Elaeolith in Natrolith ubergehen, so muss das Kali gegen 
Natron ausgetauscht, Wasser und Kieselsäure aufgenommen wer- 


*) In die Kalilösung war etwas SiO, übergegangen. 
**) Sehr wenig Gangart heigemengt. 
***) Und Spur CO,. 








549 


den. Als jedoch Elaeolith von Miask *) 3f. drei Monate mit NaCl- 
lösung und eine zweite Portion sechs Monate mit Na,O2Si0,- 
lösung behandelt wurde, war in keinem Fall eine merkliche 
Veränderung eingetreten; es wurde nun Elaeolithpulver mit 
einer Lösung von K,O2SiO, sechs Monate digerirt, in der 
Absicht, erst das Natron durch Kali zu ersetzen, und dann 
das so veränderte Silicat durch Natronsalze umzuwandeln. Wie 
aus der Analyse 3g. ersichtlich, ist in der That die Kieselsäure 
vermehrt und ein Theil des Natrons durch Kali ersetzt worden, 
auch liess sich durch viertägige Digestion mit Na, CO, lösung 
das eingetretene Kali gegen Natron austauschen 3h., aber die 
ganze Umwandlung war zu wenig vorgeschritten, wobei die 
secundären Processe stark ins Gewicht fallen, und ist für die 
Deutung der Natrolithbildung aus Elaeolith nicht verwerthbar. 

3f. Elaeolith von Miask. 

3g. Elaeolith 6 Monate mit K,O2SiO, 

3h. 3g. 4 Tage mit Na,CO, behandelt **). 


Sf. 3g. Sh. 
H,O 12 2,57 3,04 
SiO, 43,42 47,17 47,00 
Al,O, 33,46 30,20 30,05 
K,O 5,43 7.15 5,10 
Na,O 16,44 12,91 13,98 

99,96 100 99,17 


Wegen der nahen chemischen Beziehungen zu Nepbelin 
war zu erwarten, dass die neuerdings in vielen Gesteinen nach- 
gewiesenen Silicate, Sodalith, Hauyn und Nosean verbaltniss- 
massig leicht einer Umwandlung in Zeolithe unterliegen. Ein 
bellgrüner Sodalith vom Vesuv***) 3i. wurde 7 Monate mit K,CO;- 
lösung behandelt, nach welcher Zeit ein Theil des Natrons 
durch Kali ersetzt war, doch hatten gleichzeitig starke secun- 
dare Zersetzungen stattgefunden: ein Theil des Chlors und der 
Tbonerde sind ausgetreten 3k. Dieses Kalisilicat liess sich 
durch sechstagige Digestion mit Na,CO,lösung in das Natron- 
silicat 31., und durch einmonatliche Digestion mit CaCl, losung 
in das Kalksilicat 3m. }) umwandeln. Die Silicate 3k. bis 3m., 
sind im luftrockenen Zustande analysirt worden. 





*) Der Vorrath von Elaeolith von Fredriksvärn war ausgegangen. 
*®) 3g. und 3h. lufttrocken analysirt. 
+) Seine Zusammensetzung unterscheidet sich von der der bisher 
untersuchten durch den hohen SO, gehalt; es konnte an den sehr kleinen 
Stücken nicht entschieden werden, ob eine Mischung oder Verwachsung 
von Sodalith und Hauyn vorlag. 
+) In Folge secundärer Zersetzungen ist nicht alles ausgetretene 
Kali durch Kalk ersetzt worden, auch war die Zeit zu kurz zur völligen 
Verdrängung des Kali. 


550 


Bi. 3k. 81. 3m. 
H, O 0,99 2,88 2,98 3,37 
SiO, 33,71 34,96 35,21 35,01 
ALO, 32,06 28,91 29,22 29,23 
CaO 4,53 4,37 4,53 5,19 
K, O 1,20 7,12 1,33 4,41 
Na, O 13,39 8,67 12,58 8,72 
NaCl 5,14 4,22 4.36 4,10 
Na,SO, 8,98 8,87 8,75 8,75 


100 100 98,96 98,78 


Leider mussten eingehendere Versuche mit Elaeolith und 
Sodalith,*) ihrer grossen Resistenz wegen, vorläufig aufgegeben 
werden, doch sieht man, dass nächst dem Leucith die genanu- 
ten Mineralien verhältnissmässig rasch in Zeolithe und ihnen 
ähnliche Verbindungen umgewandelt werden, sehr viel rascher 
als die säurearmen Feldspäthe, welche nach lang dauernder 
Einwirkung von Salzlösungen bis jetzt wenigstens keine Ver- 
anderung gezeigt haben. 


4. Die Zusammensetzung des Natroliths, Scolecits, Meso- 
litbs lässt sich durch eine gemeinsame empirische Formel aus- 
drucken: RO AI, 0, 8 SiO, n H,0, und die folgenden Versuche 
sollen als Fingerzeige dienen, dass zwischen den genannten 
Mineralien ein genetischer Zusammenhang stattfindet. 

Natrolith vom Hobentwiel 4. war nach fünfmonatlicher 
Digestion mit einer K,CO,lösung in das Kalisilicat 4a. umge- 
wandelt, welches letztere durch dreitagige Digestion mit einer 
Na, CO, lösung 4b. und mit einer NaCllösung 4c. wieder su 
einem Natrolith regenerirt wurde, nach viertägiger Behandlung 
des regenerirten Natroliths 4c. mit KCllösang wurde wieder 
das Kalisilicat 4d. erhalten. 


4. 4a. 4b. 4c. Ad. 
H, O 9,96 930 9,79 10,16 9,29 
SiO, 47,61 42,92 46,48 46,08 42,87 
ALO, 27,31 26,04 27,98 27,86 25,84 
K, O 21,31 22,00 
Na,O 15,88 043 15,75 15,90 


100,76 100 100 100 100 


*) Nosean und Hauyn konnten nicht in genügender Menge beschafit 
werden; der dem Nephelin so nahe stehende Cancrinit war nach 7 monat- 
licher Einwirkung von K,CO,lösung so gut wie unverändert. Die Zu- 
sammensetzung des benutzten Cancrinits von Miask ist folgende: H,O = 
3,91. SiO, = 34,87. Al,O, = 30,12. FO, = 0,30. CaO = 0,28. 
Na,O = 18,48. CaCO, = 12,04. Summe = 100. 





551 


Da natürlicher Natrolith nach neunmonatlicher Behandlung 
mit einer CaCl, lösung nur wenig umgewandelt war, wie aus 
der Analyse 4e. ersichtlich, wurde der künstliche Natrolith 4e. 
drei Monate mit einer CaC), lösung digerirt, in welchem Falle 
eine grössere, aber immer noch unbedeutende Natronmenge 
durch Kalk ersetzt wurde 4f.*) 


de. 4f. 
H,O 10,19 10,76 
SiO, 44,34 44,20 
Al,O, 29,10 28,95 


CaO 0,86 2,94 
Na,O 15,51 13,15 
| 100 100 


Scolecit **) von Island 5. war nach 4!/, monatlicher Di- 
gestion mit K, CO, in ein Gemenge von CaCO, und Kalisilicat 
umgewandelt 5a., während eine fünfmonatliche Behandlung mit 
Na, CO, nur eine schwache Substitution des Kalks durch Na- 
tron bewirkt hatte, 5b. 


5 5a. 5b. 


H,O 13,89 7,56, 13,08 
SiO, 46,27 35,67 45,22 
ALO, 26,16 20,21 25,67 
CaO 13,70 0,59 11,95 
K,O 17,45 
Na, O 0,43 1,85 
Ca CO, 18,52 2,95 
100,45 100 100,74 


Das Kalisilicat 5a. liess sich nach viertagiger Einwirkung 
von Na, CO, lösung in einen Natrolith uberfubren. 5c., dd. ist 
die Zusammensetzung des Silicate nach Abzug der 19,16 °/, 
betragenden Menge CaCO,. 

5e. Der künstliche Natrolith 5c. durch 18 tagige Behand- 
lung mit CaCl, losang wieder in einen Scolecit übergeführt. 

of. Naturlicher Scolecit 27 Tage mit KCllosang behan- 
delt und das resultirende Kalisilicat durch 4tagige Digestion 
mit NaCllosung in einen Natrolith ubergefuhrt, ***) 


*) In beiden Fällen sind die secundären Zersetzungen an dem vom 
frischen Natrolith stark abweichenden Verhältniss der Al,O, zur SiO, 
erkenntlich ; das Silicat 4f. hielt Spuren von Cl hartnäckig zurück. 

**) Entgegen den gewöhnlichen Angaben wird dieser Scolecit durch 
HCl unter Gelatiniren der SiO, zerlegt. 

“®) Natürlicher Scolecit setzt sich mit NaCllösung äusserst lang- 

sam um 


Zeits.d. D. geol. Ges. XXVIII. 3. 36 


552 


50. 5d. Be. 5 f. 
H, O 8,37 10,35 11,18 10,39 
SiO, 38,27 47,35 37,00 46,52 
Al,O, 21,43 26,51 20,71 26,84 
CaO 0,70 0,86 11,04 1,49 
K,O 0,29 0,35 
Na,O 11,78 14,58 1,55 14,76 
QaCO, 1916 18,52 
100 100 100 100 
Mit Mesolith von Island 6. wurden folgende Versuche an- 
gestellt. | 
6a. Mesolith mit KCllosung 27 Tage digerirt.*) 
6b. Der Kalimesolith 6a. 4 Tage mit NaCl lösung di- 
gerirt. 
6c. Der künstliche Natrolith 6b. 18 Tage mit CaCl,-Lo- 
sung behandelt. 
6. 6a. 6b. 6c. 
H, O 12,78 9,33 10,00 10,18 
SiO, 45,96 43,63 46,88 47,44 
Al,O, 26,69 25,19 27,22 27,20 
CaO 9,47 1,15 
K,O 21,54 
Na, O 5,09 0,31 15,90 14,03 


100 100 100 100 


Aus dem Versachen 4. bis 6c. ist ersichtlich, dass Natro- 
lith, Scolecit und Mesolith in einander umgewandelt werden 
können, und man darf mit eiuiger Wahrscheinlichkeit annehmen, 
dass wenn zu einer Lösung, welche alle zur Natrolithbildang 
erforderlichen Bedingungen in sich vereinigt, Kalksalze treten, 
Mesolitb oder Scolecit neben Natrolith daraus abgeschieden wer- 
den; ferner ist zu vermerken, dass aus einer Scolecit abscheiden- 
den Lösung, nach Beimengung von Natronsalzen, Mesolith oder 
Natrolith heraaskrystallisiren; auch ist das wechselnde Ver- 
haltniss von Kalk zu Natron im Mesolith und Galaktit nicht 
auffallend und hangt wohl mit den Schwankungen des Kalk- 
und Natrongehalts der Mutterlösung zusammen. Eine Stütze 
far diese Deductionen lässt sich aus dem bisherigen Material 
nicht liefern, es muss bei künftigen Untersuchungen festge- 
stellt werden, ob Natrolith, der mit CaCO, oder Kalk- 
silicaten innig**) vermengt ist, Mesolith oder Scolecit ent- 


*) NaCllösung wirkt auf Mesolith sehr langsam ein. 
*) Nur bei inniger Verwachsung darf man annehmen, dass die 
Lösung gleichzeitig Kalk und die Bestandtheile des Natroliths ent- 


+ 














563 


halt, oder ob mit Natronsilicaten verwachsener Scolecit Meso- 
lith führt. 

Die Annahme von Fucus, dass der Mesolith ein Gemenge 
(Legirung) von’ Natrolith und Scolecit darstellt, ist sehr wahr- 
scheinlich, doch treten hier ähnliche Erscheinungen auf wie bei 
den Feldspathen im ersten Abschnitt constatirt werden konnten. 
Natrolith, Scolecit und Mesolith werden durch Kalisalze leicht 
umgewandelt (4a., 5a., 6a.) und die Kalisilicate gehen bei der 
Behaudlung mit NaCl sehr rasch in Natrolith über, doeh sind 
diese künstlichen Natrolithe nicht völlig identisch. Behandelt 
man sie namlich mit CaCl, losung, so wird der aus Natrolith 
erhaltene künstliche Natrolith 4c.' und der aus Mesolith ent- 
standene Natrolith 6b. sehr schwer, der aus Scolecit hervor- 
gegangene Natrolitb 5c. sehr leicht in Scolecit umgewandelt. 
Die Scolecitsubstanz im Mesolith verhält sich somit abweichend 
von dem eigentlichen Scolecit und steht in ibrem chemischen 
Verhalten dem Natrolith näher. 


Die Zusammensetzung des Edingtonits ist zur Zeit nicht 
sicher festgestellt, doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass das 
atomistische Verhältniss der feuerbeständigen Bestandtheile zu 
einander mit dem im Natrolith übereinstimmt. Als künstlicher 
Natrolith 5f. zwölf Tage mit BaCl,losang behandelt wurde, 
resultirte das Silicat 6d., welches mit dem Edingtonit fast 
übereinstimmt. 

6d. 


H,O 13,06 
SiO, 37,50 
ALO, 21,85 


CaO 1,17 

BaO 25,38 

Na, O 1,04 
100 


— 


hielt; sitzen etwa grössere Natrolithkrystalle auf Kalkspath, so ist obige 
Annahme zwar nicht absolut unzulässig, aber auch nicht sehr wahrscheinlich. 
Sollte sich herausstellen, dass Ca CO, haltige Natrolithe oft Mesolith-frei 
sind, so sind obige Deductionen für den experimentirenden Chemiker 
noch nicht hinfällig: es kommt nicht nur auf die constituirenden Stoffe, 
sondern auch auf die Mengenverhältnisse an, ja selbst die Gegenwart 
von Stoffen, die gar nicht in das sich bildende Silicat eintreten, kann 
nothwendig sein. Beispielsweise wird der Scolecit durch NaCllösung sehr 
schwierig in Natrolith übergeführt. Sickern über einen Scolecit kalihaltige 
Lösungen, so wird er leicht in einen Kaliscolecit umgewandelt, und wenn 
dann natronführende Gewässer hinzutreten, erfolgt die Metamorphose des 
Kaliscolecits in Natrolith ebenfalls rasch. Hier hat die Gegenwart der 
Kalisalze hewirkt, dass die Umwandlung auf einem Umwege rascher vor 
sich geht als die directe, in anderen Fällen mag das KCl oder ein anderer 
Stuff als Bedingung der Bildung unerlässlich sein. 
36 * 





554 


Man darf annehmen, dass, wenn zu einer Natrolith ab- 
scheidenden Losung Barytsalze treten, Edingtonit herauskry- 
stallisirt. — 

Der Farolith von Faroe 6e. unterscheidet sich, abgesehen 
vom geringeren SiQ, gehalt, von dem Mesolith durch sein ver- 
schiedenes Verhalten gegen Salzlösungen; er wird durch ein- 
monatliche Digestion mit KCllösung äusserst wenig verändert, 
dagegen wirkt eine Lösung von Kalicarbonat recht energisch 
ein. Dieses verschiedene Verhalten von Kali, je nachdem es 
mit Kohlensäure oder starken Säuren verbunden ist, konnte in 
mehreren Fällen (Leonhardit, Comptonit) constatirt werden, und 
rührt wohl in erster Reihe von der verschiedenen Affinität der 
zur Wirkung gelangenden Basen und Säuren her. Ferner ist 
zu berücksichtigen, dass bei Anwendung von kohlensaurem 
Kali der Kalk als unlösliches Carbonat austritt, die Rück- 
bildung des Kalisilicats in Kalksilicat ist somit auf ein Minimum 
beschränkt. 


6e. 
H,O 13,76 
SiO, 39,98 
Al, O, 29,62 
CaO 11,77 
Na, O 4,87 
100 


Nach 3monatlicher Behandlung mit K,CO,losung war Fa- 
rolith in das Kalisilicat 6f. umgewandelt worden, ond letzteres 
liess sich durch funftagige Digestion mit Na, CO, losung in das 
Natronsilicat 6g., und durch 1!/, monatliche mit CaCl, lösung 
in das Kalksilicat 6h. uberfabren. Zum Vergleich wurde Fa- 
rolith drei Monate mit Na,CO,lösung behandelt und ist die 
Zusammensetzang des resultirenden Silicats aus 6i. ersichtlich, 
Sämmtliche Proben sind im lufttrocknen Zustande analysirt. 


6f. 6g. 6h. 6i. 
CaCO, 16,21 16,68 15,92 9,76 
H,O * 913 15,93 15,21 14,80 
SiO, 32,13 31,62 31,47 35,29 
Al,O, 22,55 23,25 22,65 25,36 


CaO 11,05 4,93 
K,O 19,98 8,70 
Na, O 12,52 9,86 





100 100 100 100 


Das wechselnde Verhaltniss von CaOzu Na,O im Farolith 
ist, nach den Versuchen zu schliessen, wohl eine Folge der 











555 


wechselnden Zusammensetzung der Lösung, aus welcher das 
Mineral sich abschied; auch ergiebt sich aus dem Versuch 6i., 
dass der Farölith ebenso wie der Scoleeit durch K,CO, rascher 
umgewandelt wird, als durch Na, CO,, doch darf man bei dem 
Mangel an Thatsachen derartige Ergebnisse nur mit grösster 
Vorsicht verallgemeinern, wie folgende Versuche darthun. 

Das onter 6k. analysirte, rosafarbige, feinstrahlige Mineral 
(angeblich Caporcianit) vom Monte Catine (Caporciano) ist 
offenbar ein Farölith. Als gleiche Mengen des Minerals: 61. mit 
K, CO, lösung, 6m. mit Na, CO, lösung 2 Monate digerirt wurden, 
resultirten folgende Verbindungen :*) 


6k. 61. 6m. 

Ca CO, 3,34 12,45 
H, O 14,03 12,51 19,46 
SiO, 43,07 40,86 38,80 
ALO, 27,22 26,44 24,79 
CaO 13,04 10,87 4,81 
K, O 0,35 3,97 

Na, O 2,44 2,01 9,69 

100,15 100 100 


Hier hat das Natronsalz sehr viel energischer eingewirkt 
als das Kalisalz, was um so auffallender ist, als die Farolithe 
6k. und 6e. keine sehr abweichende Zusammensetzung besitzen. 


Mit Thomsonit von Kilpatrick 6n. **) wurden folgende 
Versuche angestellt: 

60. Thomsonit 3'/, Monate mit K,CO,lösung behandelt; 
KCl-Lösung wirkt auf Thomsonit äusserst langsam ein. ***) 

6p. Kalithomeonit 60. 5 Tage mit Na, CO,lösung be- 
handelt. 

6q. Kalithomsonit 1 Monat mit CaCl,lösung behandelt. 

6r. Thomsonit 3'/, Monate mit Na, CO, lösung digerirt. 


*) Lufttrocken analysirt. 

#3) Der Thomsonit umschloss stellenweise rosafarbige, strahlige, rand- 
liche Einlagerungen von Albit; ‚letzteres Mineral war somit gleichzeitig 
mit dem wasserhaltigen Thomsonit auf nassem Wege gebildet worden. 
Die Zusammensetzung des Albits ist folgende: H, O 0,48, SiO, 67,85, Al, O, 
19,92, CaO 0,25, Na, O 11,50, Summe 100. RES 

***) Es sei hervorgehoben, dass in den ersten 2 Tagen die Einwirkung 
des KCl eine verhältnissmässig starke war, dann aber plötzlich gehemmt 
wurde; dieselbe Erscheinung konnte fast bei allen hier mitgetheilten und 
einer grossen Zahl noch nicht zum Abschluss gebrachter Versuche be- 
obachtet werden und rührt wohl davon her, dass die Mineralien, obwohl 
möglichst frisches Material in Arbeit genommen wurde, sehr geringe Mengen 
veränderter Substanz beigemengt enthielten, welche letztere rascher mit 

e Salzen in Wechselwirkuug trat. 


556 


Alle Proben sind lufttrocken analysirt worden. 


6n. 60. 6p- 6 q. Gr. 

CaCo, 14,59 14,91 14,03 9,16 

H, O 13,27 8,77 14,96 14,56 12,15 

SiO, 37,21 30,60 30,39 30,43 34,14 

Al,O, 31,72 25,13 24,98 25,66 28,29 
. CaO 13,60 2,83 2,94 11,65 7,77 

K, O 17,53 2,99 

Na, O 4,20 0,55 11,82 0,68 8,49 


100 100 100 100 100 


Auch beim Thomsonit hat das Kalisalz (60.) rascher ein- 
gewirkt als das Natronsalz (6r.). 


5. Chabasit von Aussig 7. wurde 5 Monate mit BaCl,- 
lösung behandelt, nach welcher Zeit aller Kalk durch Baryt 
ersetzt war, 7a.; nach l5tagiger Digestion des Barytsilicats 
mit CaCl, lösung hatte sieh der grösste Theil des Baryts wieder 
gegen Kalk ausgestauscht 7b. 





7. 7 a. Tb. 

H, O 21,40 *) 16,82 17,23 
SiO, 47,50 40,59 46,49 
Al,O, 20,00 . 17,06 19,57 
CaO 10,20 §,71 
K, O 1,24 0,20 

Na, O 0,23 : 

Ba O 25,33 10,70 

100,57 100 100 


Die Zusammensetzung des Barytharmotoms und mancher 
Varietaten des Chabasits kann durch die empirische Formel 
ROA]1,0,5Si0,nH,O ausgedrückt werden, ferner fand Scxro- 
DER **) in dem Chabasit von Obersteia (bekannter Fundort des 
Harmotoms) kleine Mengen Baryt und Strontian: sollten die 
beiden Mineralien häufig zusammen vorkommen, so darf man 
wobl einen genetischen Zusammenhang zwischen ihnen statairen. 
Gewässer, welche Chabasit absetzen, erlangen durch Barytzu- 
tritt die Fähigkeit Harmotom abzuscheiden, Harmotom bildende 
Gewässer scheiden nach Kalkbeimengung Chabasit ab. ***) 


*) Nach 1 monatlichem Stehen über H,80, verlor der Chabasit 
4,08 Je H, O. 
) Jahrb. f. Min. 1860, pag. 795. 
***) Als natürlicher Harmotom mit einer Lösung von CaSO, und 
Na C1 fast 6 Monate bei 100° behandelt wurde, war nur sehr wenig Baryt 
durch Kalk und Natron ersetst, 








557 


Mit dem Chabasit wurden noch folgende Versuche ange- 
stellt: *) 


7c. Chabasit 3 Tage mit KCllösung behandelt. 

7d. Der Kalichabasit 7e. mit CaCl, lösung 20 Tage 
behandelt. 

Te. Te. mit NaCllösung 6 Tage behandelt. 


Tec. 7 d. 7e. 

H, O 14,99 18,23 18,14 
SiO, 48,77 49,86 50,59 
Al,O, 19,17 19,33 19,90 
CaO x 10,45 

K,O 16,86 2,13 

Na, O 0,21 11,37 

100 100 100 


Bei der sehr raschen Einwirkung der Alkalisalze darf der 
wechselnde Alkali- resp. Kali- und Natrongehalt der Chaba- 
site nicht auffallen. Der von Suckow**) analysirte kalireiche . 
Chabasit ist wohl, wie RAMMELSBERG bemerkt, verändert, auch 
dürfte ein Theil des Wassers basisches sein. 

Im Folgenden sind einige Versuche über das Verhalten 
des in den umgewandelten Chabasiten gebundenen Wassers 
mitgetheilt. Im lufttrocknen Zustande enthält der Kalichabasit 
Te. 16,98°/, Wasser; über der Berzeliuslampe geglaht und dann 
mit Wasser befeuchtet, erwärmt sich das Pulver sebr stark 
und nimmt fast alles Wasser 16,10°/, (lufttrocken) auf; man 
kann das Glauben und Befeuchten mit Wasser wiederholen, der 
Erfolg ist derselbe. Lässt man die herrschende Annahme 
gelten, dass das nach dem Gluhen von den Silieaten wieder 
aufnehmbare Wasser Krystallwasser ist, so wurde der Kali- 
chabasit höchstens 0,88°/, ***) basisches Wasser enthalten, ja 
vielleicht nicht einmal soviel, denn aller Wahrscheinlichkeit nach 
igt das Silicat stellenweise einer zu starken Hitze ausgesetzt 
gewesen. Wird nämlich der Kalichabasit sehr heftig geglabt 
bis zur schwachen Frittung, so erwärmt er sich mit Wasser 
nicht mehr und nimmt nach 2monatlichem Steben unter Wasser 
bloss 3,84°/, (lufttrocken) Wasser auf; doch muss hinzugefügt 
werden, dass in der Zwischenzeit angestellte Wagungen eine 


*) Später fand ich, dass schon Eıcunonn (Poce. Ann. 105, pag. 126, 
1858) Chabasit mit Salzlösungen behandelte und den Einfluss der chemischen 
Masse constatirte. 

**) Rıumersseng, Handb. d. Min, Chem. pag. 819. 

*) Der nicht geglühte Kalichabasit wurde tO Tage mit caustischer 
Kalilauge bei 100° behandelt, doch fand kein Ersats etwaigen basischen 
Wassers durch Kali statt, 





558 


bestandige Zunahme des Wassergehalts ergaben, es ist möglich, 
dass nach sehr langer Zeit.der ursprüngliche Wassergehalt er- 
reicht wird. Der Natronchabasit 7e. enthält lufttrocken 19,33 °/, 
Wasser; auf der Berzeliuslampe geghaht und mit Wasser be- 
feuchtet, erwärmt er sich schwächer als der Kalichabasit und 
hat selbst nach lmonatlichem Stehen unter Wasser nur 8,39 °/, 
(lufttrocken) Wasser aufgenommen. Soll man nun annehmen, 
dass das fehlende Wasser basisches ist? ist es nicht vielmehr 
sebr wahrscheinlich, dass der. Kali- und Natronchabasit, die 
sich leicht in einander überführen lassen, gleich conatituirt 
sind, und, wenn überbaupt, gleich viel basisches Wasser ent- 
halten? Man sieht, wie unsicher derartige Schlüsse sind. Aus 
den mitgetheilten Versuchen geht jedenfalls hervor, dass erst 
zahlreiche Experimentaluntersuchungen an natürlichen und kanst- 
lichen Silicaten angestellt werden müssen, ehe aus dem Ver- 
halten des gebundenen Wassers auf seine chemische Rolle 
zurückgeschlossen werden darf *). 


6. Rother Stilbit vom Fassathal 8. hatte nach 8 tagiger 
Behandlung mit KCllosung die starken Basen grösstentheils 
gegen Kali ausgetauscht 8a. 20 Tage mit Ca Cl,lösung behandelt, 
ging der Kalistilbit 8a. wieder in den Kalkstilbit 8b. uber; 
der natürliche Stilbit 6 Tage mit NaCl -Lösung digerirt, war 
in das Natronsilicat 8c. umgewandelt. 


8. Sa. 8b. 8c. 


H,O 15,54 10,42 13,97 13,37 
SiO, 60,24 61,48 61,82 61,88 
A1,0,%) 15,53 15,52 15,60 16,10 
CaO 6,39 1,50 7,08 1,53 
K,O 0,39 10,84 2,03 

Na,O 1,91 0,24 7,12 


100 100 100 100 


Der rothe Stilbit war durch beigemengte Gangart etwas 
verunreinigt; nach Abschluss der mitgetheilten Versuche konnte 
reiner Stilbit beschafft werden und wurden an demselben fol- 
gende Versuche angestellt. 

8d. Stilbit von Bernfjord (Island), derselbe war mit 
dem Mesolith 6 verwachsen. 


#) Auch Rammecssenc fand (Zeitschr, d. d. geol. Ges. 1868, p. 197), 
dass die wahrscheinlich gleich constituirten Mineralien Natrolith und 
Scolecit sich nach stärkerem Glühen verschieden verhalten; der Scolecit 
hydratisirt sich nicht, wohl aber der Natrolith. Ks wäre wichtig su er- 
fahren, ob sich alle geglühten Kalksilicate schwerer hydratisiren als die 
gleich constituirten Alkalisilicate. 

) Und F Ca Os. 








559 


8e. Stilbit 18 Tage mit KCllösung behandelt; lufttrocken. 
8e. 5 Tage mit NaCllösung bebandelt; lufttrocken. 


8 f. 


erhalten. 


8 d. 
H,O 16,07 
SiO, 56,65 
Al,O, 17,39 
CaO 8,03 
K,O 0,50 
Na, O 1,36 
100 


9. 

H, O 18,62 
SiO, 55,26 
Al,O, 17,36 
CaO 7,55 
K,O 
Na, O 1,93 

100,72 


8e. 


100 

Die Versuche erläutern, wie aus einer Lösung, je nach 
dem Kalk- oder Alkaligebalt derselben, Stilbite (Epistilbite, 
Parastilbite) verschiedener Zusammensetzung sich bilden kônnen, 
jedenfalls ist der von S. v. WALTERSHAUSEN *) im Epistilbit 
(Bernfjord) gefundene hohe Kaligehalt nicht mehr auffallend. — 

Desmin von den Faroern 9. war nach 13tagiger Behand- 
lung mit KCllosung in ein Kalisilicat 9a. umgewandelt; letzteres 
wurde nach 20tagiger Digestion mit CaCl, lösung wieder in 
einen Desmin 9b. zurackgefahrt. Der Natrondesmin 9c. wurde 
durch 3tagige Behandlung des Kalidesmin 9a. mit NaCl - Lösung 


9a. 

10,02 
56,90 
17,43 


15,65 


100 


Ib. 
17,63 
55,10 
17,53 
8,62 
1,05 


100 


Ic. 
15,92 
56,11 
17,34 
0,10 


10,53 
100 


Es scheint, dass der Baryt und Strontian führende Brew- 
sterit dem Stilbit oder Desmin analog constituirt ist. 
mit BaCl,losung einen Monat behandelt, war in folgendes 
Silicat umgewandelt. 


9d. 
H, O 13,67 
SiO, 49,37 
Al, O; 15,51 
CaO 0,40 
BaO 21,05 
100 


*) Raumecsserc, Handb, d. Min. Chem. pag. 824. 


Desmin 


560 


Es ist wahrscheinlich, dass eine Stilbit oder Desmin ab- 
scheidende Losung nach Zutritt von Baryt- und Strontiansalzen 
Brewsterit bilden wird. 


7. Der auffallende Unterschied im Verhalten der Natron- 
and Kalisalze gegen Scolecit und Mesolith veranlasste ein 
weiteres Verfolgen des Gegenstandes. Je 1,8 grm. Stilbit 
wurden mit der dem Kalkgehalt aequivalenten Menge KCI und 
NaCl, beide Salze in 100 Cetm. H,O gelöst, 9 Tage bei 100° 
digerirt: in die KCI lösung waren 0,028 grm., in die NaCllosung 
0,01 grm. Kalk ubergegangen. Es wurden je 3grm. Chabasit 
mit der dem Kalkgehalt aequivalenten KC] menge, und mit der 
dem Kalk--- Kaligehalt aequivalenten NaCl menge*), 10 Tage 
bei 100° digerirt. Die Zusammensetzung des mit KCl behan- 
delten Chabasits zeigt die Analyse 10, die des mit NaCl dige- 
rirten die Analyse 10a. | 


10. 10a. 

H,0 19,21 18,55 
SiO, 47,08 47,60 
Al, O, 19,51 19,60 
CaO 5,51 8,52 
K, O 8,69 1,03 
Na, O 2,65 
100 98,15 


Dieselben Versuche wurden mit je 3 grm. Desmin ange- 
stellt. (KCl und NaCl waren dem Kalkgehalt aequivalent.) 
Nach 10 tagiger Bebandlung zeigte der mit KCl bebandelte 
Desmin die Zusammensetzung 11., der mit NaCl die Zusam- 
mensetzung 11a. 


11. Ila. 

H,O 15,94 17,90 
SiO, 56,31 55,10 
Al, O, 17,41 17,60 
CaO 6,14 1,24 
K, O 4,74 

Na, O 0,46 2,16 

100 100 


*) Beide Salze waren in 100 Cctm. H,O gelöst; die Versuche sind 
nicht streng vergleichbar, doch musste die NaCl menge grösser genommen 
werden, als die K Clmenge, weil das NaCl sich mit 2 Basen (CaO, K,O) 
umsetzt. Ueberhaupt dürfen zu derartigen Versuchen nur reine Kalk- 
silicate, oder allenfalls solche mit sehr wenig Alkali genommen werden. 
Bei verhältnissmässig alkalireichen Verbindungen, wie die obigen und 
besonders Farélith und Thomsonit, verlaufen die Processe, je nachdem ein 
Kali- oder Natronsals einwirkt, wesentlich verschieden. 








561 


Die Zahlen haben nur einen sehr relativen Werth, sie 
drucken nicht die wirklichen Gleichgewichtsverhältnisse aus, 
dazu hätten die Versuche sehr viel länger dauern mussen, doch 
tbun sie immerhin die viel stärkere Affinität des Kalis als des 
Natrons Kalksilicaten gegenuber dar”); es ist nach den Ver- 


*) Auch die Versuche am Yarölith and Thomsonit dürften die 
stärkere Affinität des Kalis als des Natrons gegenüber Kalksilicaten dar- 
than, doch ist der Vorgang ein anderer, wenn der ausgetretene Kalk 
sofort niedergeschlagen wird, als wenn er völlig in Lösung geht. Im 
letzteren Falle muss die Umwandlung aufhören, resp. Bildung und Rück- 
bildung im Gleichgewicht sein, sobald die Menge des gelösten Kalks und 
Alkalis ein bestimmtes Verhältniss erreicht haben; im ersteren Falle ge- 
nügt eine etwas grössere als dem Kalkgehalt des Silicats aequivalente 
Menge Alkalicarbonat, den gesammten Kalk zu verdrängen, wenn nur hin- 
reichend Zeit gegeben wird. Allerdings wird der Theil des CaCO,, 
welcher als solcher im Wasser gelöst ist, dem Alkalicarbonat entgegen- 
wirken, allein man darf in praxi diese Componente des Processes ver- 
nachlässigen, da die Löslichkeit des CaCO, eine äusserst geringe ist. 
Man darf somit, wenn Alkalicarbonate behufs Affinitätsuntersuchungen 
auf Kalksilicate einwirken, die Zeit der Reaction nicht zu sehr ausdehnen. 
Ausserdem müssen, wenn die Schlüsse sicher sein sollen, die procentischen 
Mengen der durch: die beiden Alkalicarbonate umgewandelten Silicate 
stark von einander abweichen (etwa wie die Scolecite 5a, u. 5b.). Ge- 
ringe Unterschiede stellen sich schon deshalb ein, weil es schwer hält 
unter vollkommen gleichen Umständen mit den Silicaten zu voperiren : 
der ausgeschiedene CaCO, umhüllt die unveränderten Silicatpartikel, das 
Pulver backt zu Kliimpchen und Krusten zusammen, wodurch der Zutritt 
der Salzlösung zu den Silicatpartikeln erschwert wird, Ueber die Be- 
ziehung zwischen Affinität und Dauer der vollständigen Umsetzung kann 
man sich vielleicht Reehenschaft geben, wenn man, analog den Gasen, 
annimmt, dass auch in festen Körpern nicht nur die Molecüle, sondern 
auch die Atome im Molecül in Bewegung sind, und dass für beide Be- 
wegungen für jede Temperatur eine durchschnittlich e Grösse existirt 
mit Abweichungen nach oben undeunten, Bringt man nun ein Kalksilicat 
mit dem schwach affinen Natroncarbonat zusammen, so wird letzteres 
mit den Molecülen des Silicats in Wechselwirkung treten, wo es die Arbeit 
der Atomtrennung zu leisten vermag, also wo die Ca O- und Si O,-atome 
die weitesten Excursionen volllühren. Wirkt dagegen unter denselben 
Umständen das stark affine K,CO, ein, so werden ausser den am meisten 
gelockerten Molecülen auch die weniger gelockerten zerlegt: der Process 
wird also rascher vor sich gehen Uebrigens wird auch die moleculare 
Anordnung des Silicats von wesentlichem Einfluss auf die Dauer des 
Umwandlungsprocesses sein; beispielsweise wird der Korund kaum von 
Säuren angegriffen. während die amorphe Thonerde sich recht leicht löst, 
und dürfte dieser Unterschied durch die verschiedenen molecularen Zu- 
stände bedingt ‘sein; es ist wenigstens kein Grund vorhanden zur Annahme, 
dass die Sauerstoff- und Aluminiumatome in den beiden Stoffen ungleich 
energisch gebunden sind. Jedenfalls bedarf es noch sehr eingehender 
Experimentaluntersuchungen, um über die Affinitätserscheinungen der Sili- 
cate Klarheit zu erlangen. Schliesslich sei hervorgehoben, dass alle in 
diesem Abschnitt gemachten Angaben über Affinität nur für die Temperatur 
von 100° gelten; da es jedoch äusserst wichtig ist, den Verlauf der Processe 
bei gewöhnlicher Temperatur za kennen, müssen die Versuche unter ge- 
nannten Umständen wiederholt werden. Es sind dazu meinerseits Arbeiten 





562 


suchen zu erwarten, dass die natronhaltigen Orthoklase (Per- 
thite), leichter in Epidot umgewandelt werden als die Kali- 
orthoklase. 


8. Die nicht seltene Vergesellschaftung von Apophyllit 
und Pektolith mit Kalkspath, ferner die von DausrkrR beobach- 
teten Neubildungen von Apopbyllit im Mörtel eines Romer- 
bades zu Plombiéres machen es sehr wahrscheinlich, dass die 
genannten Mineralien in vielen Fallen durch Einwirkung von 
Alkalisilicatlösung auf CaCO, entstanden sind*). Auch Kvar- 
MANN”*) hat sich in demselben Sinne ausgesprochen, doch wurde 
von Bısonor***) die Umsetzung von Alkalisilicat mit CaCO, 
geläugnet; da jedoch keiner der beiden Forscher Zahlenangaben 
macht, so war es geboten die Versuche zu wiederholen. 

Als reiner kohlensaurer Kalk mit einer 5 procentigen Lösung 
von kieselsaurem Natron (Na, O 8i0,) bei 100° digerirt wurde, 
war schon nach 24 Stunden eine beträchtliche Menge Natron- 
carbonat in der Lösung vorhanden; die Digestion wurde 15 Tage 
fortgesetzt unter baufiger Erneuerung der Natronsilicatlösung. 
Nach sorgfaltigem Auswaschen wurde der umgewandelte Ca CO, 
sofort durch HCif) zerlegt, wobei die Kieselsaure sich meist 
ale Pulver, zum kleineren Theil als Gallerte abschied, 12. 
Eine andere Portion CaCO, zeigte nach 20 tägiger Behandlun3 
mit einer Lösung von K,O SiO, die Zusammensetzung 12a.; 
die Kalisilicatlosung wurde nicht erneuert. 


12. 12a. 
CaCO, tt) 4,77 46,00 
SiO, 58,54 33,80 
CaO 35,06 15,62 


K,O 4,58 
Na, O 1,63 
100 100 
Durch 15tagige Digestion mit Na, CO, lösung ;wurde das 
Silicat 12. fast vollstandig in Kalkcarbonat zurückgebildet. 


in Angriff genommen, es wäre jedoch erwünscht, wenn auch andere Geo- 
logen sich an den langwierigen Versuchen betheiligten. 
*) Beim Mörtel zu Plombitres ist auch der caustische Kalk zu be- 
rücksichtigen. 
*) Ann. de chim. et de phys. 21, pag. 364, 1847. 
eee) Chem. Geol. 1. Aufl. Bd. 1., pag. 835. 
+) Die Salzsäure entwickelte die CO, nur langsam; es konnte nicht 
entschieden werden, ob unveränderte Ca CO, partikel durch Umhällung 
von Silicaten geschützt wurden, oder ob sich schwer zerlegbare chemische 
Verbinduugen von Silicat und Carbonat gebildet hatten. 
++) Aus der direct bestimmten CO, menge berechnet. 

















563 


Nach diesen Versuchen muss man die Einwendangen Biscaopr's 
gegen die eben entwickelte Bildungsweise fallen lassen. 

Zum Vergleich wurde Magnesit von Frankenstein 10 Tage | 
bei 100° mit einer verdunnten Lösung von Na,O SiO, digerirt, 
und ist die Zusammensetzung des Umwandlungsproducts fol- 
gende: 


12b. 
Ca CO, 2,90 
SiO, 45,13 
Mg O 26,12 
100 


In vielen Fallen mögen die Talk - Serpentin- Speckstein- 
einlagerungen im Magnesit durch einen ähnlichen Process zu 
Stande gekommen sein. Die sehr viel grössere Verwandtschaft 
der Kieselsaure zur Magnesia, als zum Kalk liess sich auch 
an dem Silicat 12b. darthun; eine 20 tagige Behandlung des- 
selben mit Na,CO, lösung batte eine sehr unbedeutende Rück- 
bildung in Carbonat zu Stande gebracht; während das Kalk- 
silicat 12. in kürzerer Zeit fast völlig zerlegt war. *) 

Zu allen diesen Versuchen wurden neutrale Alkalisilicate 
(R,O SiO,) genommen und doch sind die gebildeten Kalk- 
und Magnesiasilicate viel Kieselsäurereicher: es hat ausser dem 
Austausch der Basen eine kieselsäureaddition **) stattgefanden. 
GRAHAM fand, dass eine möglichst concentrirte Lösung von freier 
Kieselsäure in Wasser durch scheinbar indifferente Stoffe (Gra- 
phit- Kalkspathpulver) zum Gerinnen gebracht wird; aus den 
thermochemischen Untersuchungen THowsen’s ***) geht hervor, 
dass die Kieselsaure Alkalien gegenüber keinen festen Neu- 
tralisationspunkt hat, mit anderen Worten, dass in einer kiesel- 
sauren Alkalilösang nur ein Theil der Saure mit Alkali ver- 
bunden ist, während der andere, durch das Wasser von der 
Basis geschieden, sich im freien Zustande befindet. Es ist 
somit nicht auffallend, dase dieselben, in ihrer Wirkungsart 
uns völlig unbekannten Stoffe, welche die reine Kieselsäure- 
lösung zum Gerinnen bringen, auch die freie Kieselsäure aus 
Alkalisilicatlösungen abscheiden können +). Als analoges Bei- 


*) Biscuor (Geol. 2. Aufl. Bd. 1. pag. 48) hat die schwierige Zer- 
legung von Magnesiasilicat durch Alkalicarbonat schon dargethan. 

**) Unter dem veränderten Kalk- und Magnesitpulver befanden sich 
gallertartige Flocken, die wohl eine vom Ganzen verschiedene Zusam- 
mensetzung hatten. 

++) Pocs. Ann. 139, pag. 197, 1870. 

+) Völlig gleiches "Verbalten der freien SiO,, einmal in reinem 
Wasser nnd dann neben Alkalisilicat gelöst, ist selbstverständlich nicht 





564 


spiel der bedeutenden Rolle des Wassers bei schwachen Affi- 
nitäten darf das Verhalten des Harnstoffs gegen Quecksilber- 
salze angeführt werden. Harnstoff scheidet aus einer Sublimat- 
lösung keinen Quecksilberbarnstoff ab, wohl aber aus einer 
Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxydsalz, offenbar aus 
dem Grunde, weil Quecksilberchlorid durch Wasser nicht zer- 
legt wird und die schwache Affinität des Harnstoffs nicht aus- 
reicht HgO von HCl zu trennen, (nur durch Alkalizusatz kann 
aus einer Sublimatlösung Quecksilberoxydharnstoff gefällt werden) 
während in der salpetersauren Lösung ein Theil der Saure 
durch das Wasser schon von der Basis getrennt ist. 

Das auffallende Verhalten der Alkalisilicatlösungen gegen 
CaCO, und MgCO, erklärt möglicherweise die Bildung von 
Verdrängungspseudomorphosen des Quarzes nach verschiedenen 
Mineralien *). Durch Versuche wird zuerst zu entscheiden sein, 
welche Mineralien geeignet sind Kieselsaure aus alkalischen 
Lösungen abzuscheiden; stellt sich heraus, dass den durch 
Quarz verdrängten Mineralien**) diese Eigenschaft in besonders 
bohem Grade zukommt, so ist wenigstens der äussere Grund 
für die Häufigkeit grade dieser Pseudomorphosen gefunden. 
Vielleicht wird auch bei dem Verkieselungsprocess des Holzes 
die Kieselsäure durch gewisse organische Stoffe, die sich bei 
der Fäulniss bilden, besonders leicht abgeschieden. Noch eine 
Erscheinung findet möglicherweise ihre Erklärung: BiscHor***) 
fand, dass Lösungen von kieselsauren Alkalien aus kieselsaurer 
Thonerde kleine Mengen Thonerde auflösen; das Wasser zer- 
legt die Alkalisilicate zum Theil in freie Säure und Basis, und 
letztere ist es wohl, welche Thonerde aufnimmt. 


9. Die mitgetheilten Versuche thun die Bedeutung der 
cbemischen Massenwirkung und der raschen Wassercirculation 
für den Stoffwechsel im Mineralreich dar. Auf Gangspalten 
muss die Neu- und Umbildung nicht nur desbalb intensiver 
vor sich gehen als in der Masse des Gesteins, weil hier die 
verbrauchten Stoffe am schnellsten ersetzt werden, sondern 


— 


zu erwarten; ein Unterschied zeigt sich schon darin, dass im ersteren 
Fall die SiO, spontan gerinnt, was im letzteren Fall nicht stattfinder. 

) Schon Biscuor (Geol. 2. Aufl. Bd. 1. pag. 110) hatte die Kiesel- 
säureabscheidung durch Kalkspath beobachtet und auf diese Bildungs- 
weine von Quarzpseudomorphosen nach CaQ, hingewiesen; die kleinen 
im Quarz enthaltenen Mengen von Basen mögen bei der Abscheidung 
eine wichtige Rolle gespielt haben. 

**) Unter den Verdrängungspseudomorphosen befinden sich die Car- 
bonate des CaO, ZnO, PbO, FeO, Barytocalcit und Dolomit; man darf 
wohl annehmen, dass sie sich gegen Alkalisilicatlösungen analog dem 
CaCO, und MgCO, verhalten, 

***) Geol. 2. Aufl. Bd. 1. pag. 74. 


565 


auch weil die ausgeschiedenen Stoffe am schnellsten fortgeführt 
werden: letztere dürfen sich nicht anhäufen, widrigenfalls wird 
der Process verlangsamt oder gar gehemmt. Es findet ein 
Analogon bei den Erscheinuugen im Organismus statt, ohne 
Gefährdung des letzteren dürfen die zur Ausscheidung bestimmten 
Stoffe sich nicht anhaufen, und die Annahme ist sehr wahr- 
scheiolich, dass die dann eintretenden Störungen in erster 
Reihe auf rein chemische Massenwirkungen zurückzuführen sind. 
Auch der beschleunigende Einfluss der Wärme auf Mineral- 
umbilduogen rührt nicht nur davon her, dass die auf ein- 
ander einwirkenden Stoffe in einen gelockerten Zustand ver- 
setzt werden, sondern weil auch durch die raschere Diffusion 
die austretenden Stoffe in kürzerer Zeit aus dem Bereich ihrer 
Wirkungsspähre geführt werden *). 

Daupeee fand, dass durch bewegtes Wasser aus Feld- 
spatb viel mehr Alkali entzogen wurde als durch rubiges, und 
fuhrt diese Erscheinung auf sogenannte capillare Affinität zurück. 
Sie ist aber offenbar eine reine Massenwirkung: erreicht die 
Alkalilauge an der Berührungsgrenze des Feldspathpulvers eine 
gewisse Concentration, so ist das Wasser nicht mehr im 
Stande Alkali abzuspalten, bei noch grösserer Concentration 
würde der zersetzte Feldspath sogar Alkali aufnebmen; soll 
die Zersetzung des Feldspaths beschleunigt werden, so muss 
die Ansammlung einer relativ concentrirten Alkalischicht ver- 
hindert werden. 


10. Die meisten Zeolithe sind Kalk- und Natronsilicate, 


Magnesia ist in ihnen spurenweise vorhanden, Kali in unbedeu- 


tenden Mengen; nur die folgenden 4 Mineralien: Zeagonit, 
Herschelit, Phillipsit und Apophyllit weisen einen grösseren 
Kaligehalt auf. Dieses seltene Auftreten von Kali, zusammen- 
gehalten mit der durch das Experiment nachgewiesenen, sehr 
energischen Einwirkung von Kalisalzen auf Zeolithe, ergiebt, 
dass sich diese Mineralien aus sehr kaliarmen Lösungen ge- 
bildet haben, oder falls letztere viel Kali führten, dessen Wir- 
kung durch einen grossen Ueberschuss von Kali- und Natron- 
salzen aufgehoben wurde. Da Silicate das Kali sehr energisch 
zurückhalten, das Natron und den Kalk aber verhaltnissmassig 
leicht an Koblensaure abgeben, so wird man wohl mit BıscHor 
den Grund für das Ueberwiegen der Kalk-Natronzeolithe in 
erster Reihe in der grösseren Wandelbarkeit des Kalks und 
Natrons zu suchen haben; in gleicher Weise ist es wahr- 


*) Die Bedeutung des häufigen Umschüttelns der Lösung, wenn bei 
gewöhnlicher Temperatur gearbeitet wird, leuchtet ein; in geologischen 
Laboratorien wird man bei zahlreichen, langdauernden Versuchen auto- 
matischer Schüttelapparate nicht entbehren können. 


566 


scheinlich, dass das Vorkommen von nur 2 Natronzeolithen: 
Analcim und Mesotyp gegenuber der beträchtlichen Zahl von 
Kalk- und Kalk-Natronzeolithen mit dem grösseren Gehalt 
des Sickerwassers an Kalk als an Natron zusammenhängt. 
Es mögen noch audere Factoren mitwirken: z. B. bei den 
leacitfuhrenden Gesteinen muss, bei der nachgewiesenen leichten 
Umwandelbarkeit des Leucits, das Kali in verbältnissmässig 
grösserer Menge in Circulation treten, als bei den leucitfreien 
Gesteinen, dennoch hat sich bis jetzt fur die in leucithaltigen 
Gebirgsarten auftretenden Zeolithe kein hoherer Kaligehalt nach- 
weisen lassen. Da glimmerartige, kalifubrende Silicate gegen 
CO, und Salzlosungen sehr resistent sind, so ist es möglich, 
dass der grössere Theil des im Wasser gelösten Kalis zu der- 
artigen Silicaten zusammentritt, die gelöst bleiben, sehr schwierig 
mit anderen Stoffen in Wechselwirkung treten und bei ein- 
getretener Sättigung des Wassers sich abscheiden. Die grosse 
Neigung des Kalis, glimmer- und pyrargillitartige Verbindungen 
zu bilden, mag ebenfalls Ursache sein, dass wenn selbst sehr 
bedeutende Mengen Leucit umgewandelt werden, das dabei 
ausgeschiedene Kali schon von der nächsten Umgebung des 
Leucits zurückgehalten und zur Bildung von Glimmer, Sericit 
etc. verwendet wird, während die Kalk- und Natronsalze ver- 
haltnisemassig weit fortgeführt werden können, bis sie in zur 
Zeolithbildung geeignete Verhältnisse gelangen. Es wäre wichtig 
zu erfahren, ob nicht die in vielen basischen Gesteinen vor- 
kommende, sogenannte chloritische Substanz kalibaltig ist; be- 
statigt sich das, so hat man einen Fingerzeig, wo man das bei 
der Umwandlung des Leucits frei werdende Kali zu suchen hat. 
Die thonerdefreien Zeolithe Pektolith, Apophyllit und Dato- 
lith treten mit Magnesiasalzen recht rasch in Wechselwirkung *}, 
die thonerdehaltigen sehr langsam, allenfalls Chabasit ist aus- 
genommen. Es konnten somit in der Losung, aus welcher 
sich die Zeolithe bildeten, viel mehr Magnesia- als Kalisalze 
zugegen sein, ohne bedeutenden Einfluss auf die Zusammen- 
setzung der Zeolithe zu üben, indess ist es nicht wahrschein- 
lich, dass die Magnesia wirklich in grösserer Menge circulirte, 
da sie nicht nur schwierig durch koblensaures Wasser aus 
Silicaten aufgenommen wird, sondern auch mit dem Kali Glim- 
mer-, Pinit- und Glaukonit-artige Verbindungen eingeht. 
Ferner ist hervorzubeben, dass bei allen Versuchen die Um- 
wandlung eines Kalisilicats in ein Natronsilicat und umgekehrt 
sehr viel rascher vor sich ging als die Ueberfuhruog von Alkali- 


*) Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1872, pag. 250. Sraanc (Jahrb. 
fir Min, 1870, pag. 425) beobachtete Pseudomorphosen von Asbest nach 
Apophyllit. 











567 


silicaten in Kalksilicate; sollten weitere Untersuchungen eine 
Beziehang zwischen Zeitdauer der Umsetzang und Affinitat er- 
geben, in dem Sinne, dass bei starkerer Affinitat die Reactionen 
rascher erfolgen, so wurden die mitgetheilten Versuche mit der 
wiederholt constatirten Thatsache in Einklang stehn, dass Kalk- 
silicate im allgemeinen leichter verwittern als Alkalisilicate. 


11. In folgender Tabelle ist der Wassergehalt der in 
diesem Abschnitt untersuchten künstlichen Zeolithe, so wie 
einiger natürlicher, zusammengestellt, um die Variationen der 
Wassermenge darzuthun, je nachdem die starke Basis Kalk, 
Natron oder Kali ist. Da in jeder Gruppe der Thonerdegehalt 
bis auf kleine Schwankungen gleich ist, so ist der Wasser- 
gehalt direct vergleichbar. 

Wassergehalt. *) 
Leucit: a 2) à ee À 
Analeim + «+ + … à + +. ae 8 
Caporcianit . . . . . . . . 13 
Leonhardit . . . . . . . . 12 
Laumontit .. . . . . . . . 15 


Kaligmelinit 2c. . . . . . . 16 
Natrongmelinit 2d. . . . . . 19 
Kalkgmelinit 2e. . . . . . . 20 


Herschelit 2f. . .° . . . . 19 
Kaliherschelit 2g. . . . . . 416 


Veränderter Kalielaeolith 3a. . . 2,5 
x Natronelaeolith 3d. . 4 


Kalinatrolith 4a. . . . . . . 210 
Natrolih. . . 2 . . . . . 10 
Seolecit © = » 2 2 2 2.2. 4214 


Kalichabasit 7c. . . . . . . 15 
Natronchabasit 7e . . . . . 18 
Kalkchabasit 7d. . . . . . . #4218 


Kalidesmin 9a . . . . . . 10 
Natrondesmin 9c. . . . . . 16 
Kalkdesmin 9b. . . . . . . 17 


Kalistilbit 8a. . . > . . . . 10 
Natronstilbit 8e . . . . . . 13 
Kalkstilbit 8b... . . . . . 4214 














*) In ganzen Zahlen angegeben. 
Zeits. d.D. geel. Ges, XXVIII. 3. 37 


568 


Wassergehalt. 
Kalisilicat 1x. . . . . . . . 8 
Natronsilicat . . . . . . . 12 


Kalksilicat . . . . . . . . 17 
Kalisilicat *) . . . . . . . 4 


Natronsilicat . . . . . . =. 7 
Kalifarolit 6f. . . . 2 2 2. 9 


Natronfarolit 6g . . . . . . 16 


Kalithomsonit 60. . . . . . 9 
Natronthomsonit 6p. . . . . 1 


Es ergiebt sich, dass bei demselben Verhaltniss von 
SiO, : Al, O0, : RO der Wassergebalt am grössten ist, wenn 
RO = CaO, kleiner, wenn RO = Na, O, und fur RO = K,O 
am kleinsten ist. Dieser Unterschied im Wassergehalt, je nach- 
dem RO = Na,O oder K, O ist, ist durchaus nicht fur obige 
Silicate charakteristisch, sondern für alle Kali- und Natron- 
verbindungen uberhaupt: in der Regel sind die letzteren wasser- 
haltig**), wenn die ersteren wasserfrei sind, oder wenn beide 
Wasser entbalten, so sind die Natronverbindungen meist die 
wasserreicheren. Es ist hier ein Mittel geboten, wenigstens 
bis zu einem gewissen Grade, zu entscheiden, ob in Silicaten 
enthaltenes Wasser Krystall- oder basisches Wasser ist. Wird 
ein wasserhaltiges Kalk- oder Natronsilicat in ein wasser- 
ärmeres Kalisilicat umgewandelt, so darf man annebmen, dass 
der Wasseraustritt sich nur auf Krystallwasser bezieht, wobei 
vorausgesetzt wird, dass das Kalisilicat sich wieder in das 
ursprüngliche Natron- oder Kalksilicat zurückbilden lässt; findet 
letzteres nicht statt, so ist auch obige Annahme wenig wahr- 
scheinlich. Man darf also sagen: im Analcim, dem Hydrat 
des Natronleucits, ist alles Wasser Krystallwasser, ebenso das 
eine Molecul Wasser, welches der Scolecit mehr enthalt als 
der Natrolith***). Vielleicht liegt in der verschiedenen Neigung 
der Kali- und Natronverbindungen Krystallwasser aufzunehmen, 
noch ein anderer Grund für die so geringe Zahl kalihaltiger 
Zeolithe: wenn Kali, Thonerde und Kieselsaure zusammen- 


*) Dieses Silieat wurde nach 5 monatlicher Digestion von Oligoklas 
von ZößLırz mit concentrirter, caustischer Kalilauge erhalten; durch HC] 
liess es sich bis auf 1!2°/, zerlegen und war das in dem zerlegbaren Aa- 
theil erhaltene Kali leicht durch Natron ersetzbar. 

**) Die Halogenverbindungen des Na können unter Umständen mit 
Krystallwasser erhalten werden, die des K nicht. 

**) Für Silicate, welche gleichzeitig Kalk und Alkali enthalten ist 
die Deutung schwierig. 


569 


treten, so gehen sie eher wasserfreie Verbindungen ein; doch 
darf man solche Verallgemeinerungen nur mit Vorsicht machen: 
es giebt eine grosse Zahl kalibaltiger, wasserreicher Verbin- 
dungen, pyrargillit-, glaukonit- und pinitartiger Natur, für 
welche die analog conatituirten Natronverbindungen fehlen. *) 

In Gesteinen, welche in der ganzen Masse von Zeolithen 
durchsetzt sind, lasst sich der Gehalt an letzteren durch Be- 
handlung des Gesteins mit Säuren nur selten bestimmen, da- 
gegen wird man ihn in vielen Fällen feststellen können durch 
Behandlung des Gesteins mit Salzlösungen und quantitative 
Bestimmung der aus dem Zeolith ausgewechselten Basen. Wo 
eine solche nicht ausfuhrbar ist, z. B. wenn Kalkzeolithe mit 
CaCO, vorkommen, wird man die Menge der von dem Zeolith 
aufgenommenen Basen bestimmen müssen. Die Wahl der zur 
Digestion bestimmten Salzlosung hangt von der Natur des 
Zeoliths abs wo es angeht, sind Ammoniaksalze am zweck- 
mässigsten. **) 


12. Mit Kaolin von Cornwales 13. wurden folgende Ver- 
suche angestellt: 

13a. mit K,O 2 SiO, lösung bei 180° in zugeschmolzenem 
Robr 11/, Stunden erhitzt. 

13b. mit K,O SiO, losung 13 Tage bei 100° behandelt. 

13c. mit Na, O SiO, lösung 11 Tage bei 100° digerirt.***) 


13. 13a. 13b. 13c. 
H,0 12,75 10,60 9,74 12,40 
SiO, 46,38 54,83 50,64 90,58 
Al,O, 38,07 23,78 22,29 24,33 
K, O 0,43 9,28 17,33 
Na, O 12,69 
R ft) 3,08 

100,71 98,49 100 100 


Es haben sich durch directe Addition von Alkalisilicat zu 
Kaolin zeolitbartige Verbindungen gebildet, auch than die Ver- 
suche die Möglichkeit der von Rota tt) angedeuteten Umwand- 
lungsweise des Andalusits und Disthens in Glimmer dar. 


*) In den genannten Silicatgattungen ist auf 1 R,O, weniger als 
1 RO enthalten, ein Theil des Wassers ist wahrscheinlich basisches. 

*) Zur Erkennung der Zeolithe in mikroskopischen Dünnschliffen 
wird man in manchen Fallen das verschiedene Verhalten geglühter und 
nicht geglühter Zeolithe gegen HCl verwerthen können. | 

**) Die 3 Umwandlungsproducte wurden vor der Analyse bei 100° 
getrocknet. 

+) In H,SO, unlöslicher Rückstand. = 
++) Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. VII. pag 15, 1555. 


37* 


570 


Mit Thonerdehydrat wurden folgende Versuche angestellt: 

14. Thonerdehydrat 1 Jahr mit Na, O 2 SıO,lösung bei 
Zimmertemperatur behandelt; gelatinirt mit H CI. 

14a. 5 Tage mit Na, O 2 SiO, losung bei 100° behandelt. 

14b. 1 Stunde mit Na,O 2 SiO, losung bei 180° in zu- 
geschmolzenem Robr erhitzt; die schleimige Thonerde war in 
ein sandiges Pulver umgewandelt, 

14c. 6 Tage mit K, O 2 SiO, bei 100° digerirt. 

Das Wasser wurde nicht bestimmt und geben die Analysen 

nur das Verhältniss der feuerbestandigen Stoffe an. 


14. 14a. 14b. 14 c. 
SiO, 26,65 51,04 60,59 57,07 
ALO; 68,71 40,95 26,34 22,46 
CaO *) 1,77 © 0,43 
K,O 20,47 
Na, O 2,87 8,01 12,64 
100 100 100 100 
Wie man sieht, konnen sich auch unter diesen Umstanden 
zeolithartige Verbindungen bilden, ebenso ist die Umwandlung 
von Korund in Glimmer und Damourit**) veranschaulicht; die 
Leichtigkeit, mit welcher hydratische Thonerde, selbst bei 
Zimmertemperater, sich mit Kieselsäure verbindet, erklart das 
seltene Vorkommen des ‘Thonerdehydrats in der Natur. Nach 
den angestellten Versuchen konnen sich die Zeolithe durch 
Umwandlung von Leucit, Elaeolith, Kaolin, sowie durch directen 
Zusammentritt ihrer Bestandtheile bilden; wenn man sie trotz 
der Moglichkeit der letzteren Entstehungsweise vorherrschend 
in basischen Gesteinen antrifft, so kann das seinen Grund nur 
in der Beschaffenheit der Sickerwasser haben; zur Entschei- 
dung dieser Frage sind vergleichende Untersuchungen uber die 
Einwirkung des reinen und mit Salzen, resp. CO, beladenen 
Wassers auf basische und saure Gesteine erforderlich. ***) 


13. Bei Gelegenheit dieser vorliegenden und anderer Unter- 
suchungen wurden einige chemische Reactionen angestellt, die 
in manchen Fällen dem mikroskopirenden Mineralogen und 
Chemiker Dienste leisten dürften, wobei ausdrücklich bemerkt 
sei, dass die Reactionen durchaus nicht in der mitgetheilten Form 


*) Der Kalk ist aus den Glasgefüssen, in welchen die Versuche 14 
und 14b. angestellt wurden, aufgenommen worden. 
*) Journ. f. prkt. chem. 9, pag. 83, 1874. 
***) Auf den Uebergang von Al,O, und SiO, in’s Wasser wird be- 
sonderer Nachdruck zu legen sein; bemerkt sei noch, dass Tachylyt und 
Palagonit durch Kalisalze langsam umgewandelt werden. 


971 


uberall gelten, sondern je nach Umstanden modificirt werden 
mussen, wenn sie nicht gar ihren Dienst in. manchen Fallen 
versagen. Sammtliche Versuche sind an groblich gepulverten 
Mineralien oder küustlichen Salzen augestellt. 

Soll ein Gemenge von Calcit und Magnesit von Dolomit 
unterschieden werden, so behandelt man mit kalter verdunnter 
Salzsaure, was den Calcit löst, den Magnesit und Dolomit 
grosstentheils unangegriffen zurückläset; letztere Stoffe müssen 
dann analysirt werden. Sind sie jedoch im Verbaltniss zu 
Calcit in geringer Menge da, so werden auch sie, besonders 
der Dolomit, zum grössten Theil oder völlig gelöst. Es wurde 
nun folgendes Verfahren eingeschlagen. Bekanntlich giebt der 
Magnesit bei gelindem Glüben (beginnende Rothgluth) seine 
Kohlensäure fast völlig ab, während kohlensaurer Kalk unter 
denselben Umständen nur Spuren Kohlensäure entwickelt; über- 
giesst man den geglubten Magnesit mit einer Lösung von Silber- 
salpeter, so färbt er sich durch ausgeschiedenes Silberoxyd in 
wenigen Augenblicken braunschwarz, wabrend der ebenso be- 
bandelte kohlensaure Kalk erst nach einiger Zeit eine blass 
gelbliche Farbung zeigt. Unter dem Mikroskop darf man die 
80 behandelten Objecte nur im auffallenden Lichte betrachten, 
im durchgehenden, namentlich intensiven Lichte sind die Unter- 
schiede nicht schlagend, auch darf das Pulver nicht zu fein 
sein, in welchem Falle die Reaction ihren Dienst versagt. Um 
nun sicher zu sein, dass man nicht durch zu starke Hitze auch 
Calcit oder Dolomit caustisch gebrannt hat, ist es geboten, gleich- 
zeitig mit dem zu untersuchenden Pulver eine kleine Probe 
gepulverten Marmors zu erhitzen; zeigt letzterer beim Be- 
handeln mit Silberlösung nach einiger Zeit eine blass gelb- 
liche Färbung, so ist die Temperatur die richtige gewesen. 
Zu diesem Zweck biegt 


man aus dünnem Platin- 
blech ein Schächtelchen a u 
von beifolgender Gestalt, .. TT 
welches, um eine Vermen- 

gung der beiden Palver D ad 

durch Spratzen zu ver- 

hindern, durch eine Scheidewand a in 2 Abtheilangen zerlegt 
wird. Nachdem die beiden Pulver in möglichst dünnen Lagen 
ausgebreitet, bedeckt man beide Räume mit Platinblechen und 
erhitzt 1—2 Minuten bei beginnender Rothgluth. Auch in einem 
Gemenge von mässig feingepulvertem Dolomit und Maguesit 
kann letzterer durch diese Reaction erkannt werden, doch muss 
bemerkt werden, dass der geglühte Dolomit durch Silberlösung 
viel stärker gebräunt wird als der ebenso behandelte Calcit, 
und zwar ist es die kohlensaure Magnesia im Dolomit, welche 


372 


ibre Kohlensäure rascher abgiebt *). Versuche dieses verschie- 
dene Verhalten .des Dolomits und Calcits beim Glühen zur 
mikrochemischen Untersuchung zu verwerthen, gaben anbefrie- 
digende Resultate; selbst wenn genannte Mineralien einer starkeren 
Rothgluth ausgesetzt und dann mit Silberlosung behandelt 
wurden, waren zwar die Calcitpartikel wenig gebraunt, aber die 
Dolomitfragmente, wenn auch viel dunkler als erstere, zeigten 
eine zu blassbraune Farbung, als dass man letgtere zur sicberen 
Unterscheidung verwerthen könnte. Es wäre ubrigens geboten 
diese Reaction an Dünnschliffen anzustellen, vielleicht bestätigen 
sie die von INOSTRANZEFF angegebenen Unterschiede zwischen 
Dolomit und Calcit. **) 

Eisenspath und Manganspath lassen sich in einem Gemenge 
von Calcit, Magnesit und Dolomit leicht und recht scharf 
nachweisen, wenn man das Pulver gluht: die erstgenannten 
Carbonate geben in die Oxyde uber, wobei deren Farbe schwarz 
oder schwarzbraun wird, doch zeigen eisenhaltiger Dolomit, 
Cerussit und Ziokspath dieselbe Reaction. 

Bekauntlich bildet Eisenvitriol mit Kali- und Ammonsalfat 
Doppelsalze; liegt ein Pulver vor, welches die genannten Salze 
entbalt, so kann man auf folgende Weise entscheiden, ob man 
es mit einem mechanischen Gemenge oder einem Doppelsalz zu 
thun hat. Mit Schwefelammoniumlösung ubergossen muss das 
Doppelealz gleichmassig schwarz werden, während beim Ge- 
menge nur die Eisensalzpartikel diese Reaction zeigen. Mit 
einer wässrigen Lösung von Schwefelaramonium ist diese Re- 
action unausführbar, wohl aber mit einer alkoholischen; keines 
der genannten 3 Salze ist in Alkohol löslich, das Schwefel- 
eisen bleibt an der Stelle, wo es sich bildet. Wird ein Gemenge 
der Salze mit alkoholischem Schwefelammonium 1—2 Minuten 
behandelt, so treten die Eisensalzpartikel durch ihre im auf- 
fallenden Licht schwarze Farbe sehr deutlich bervor; im durch- 
gehenden Licht sind die mit Schwefeleisen bedeckten Frag- 
mente grün, doch nicht intensiv genug, namentlich bei den 
kleinen Partikeln. Um die Reaction zu verschärfen, verfabrt 
man folgendermassen. Das Pulver wird durch Auswaschen 
(Decantiren) ***) mit starkem Alkohol vom Schwefelammonium 
befreit, was rasch gelingt und auch rasch ausgeführt werden 
muss, um eine Oxydation des Schwefeleisens zu verbüten; 
man übergiesst jetzt das Pulver mit einer alkoholischen Lösung 


*) Zeitschr. d. deutseh. geol. Ges. Bd. XXIV. pag. 231. 
°°) Tecueruak, Min. Mitth. 1872, pag. 45. 
“*) Ein sehr starkes Schütteln des Pulvers mit Alkohol ist hier wie 


bei den folgenden Versuchen zu vermeiden, weil dadurch die dünne, Schicht 
der Schwefelmetalle sich theilweise ablöst. 


573 


von Silbersalpeter: das Schwefeleisen setzt sich mit dem Silber- 
salz zu Schwefelsilber um, welches auf den Eisensalzfragmenten 
niedergeschlagen wird und ihnen eine braune Färbung ertheilt; 
diese Reaction ist recht empfindlich. In gleicher Weise lässt 
sich ein mechanisches Gemenge von Eisenoxyd- und Thonerde- 
alaun von der isomorphen Mischung beider Salze unterscheiden, 
doch sind die Reactionen nicht so scharf wie im vorigen Falle; 
die Salze erfahren durch das alkoholische Schwefelammonium 
eine starke Auflockerung, das Schwefeleisen haftet einerseits 
nicht stark genug, während andrerseits die abgelösten Schwefel- 
eisenpartikel sich an die rauhe Überfläche des Thonerdealauns 
anbeften. 

Ein Gemenge von Zink-, Kali- und Magnesiasulfat kann durch 
dieselbe Reaction von den entsprechenden Doppelsalzen unter- 
sehieden werden: es wird 1—2 Minuten mit alkoholischem Schwe- 
felammonium behandelt, mit Alkohol ausgewaschen und mit al- 
khoolischer Silberlösung übergossen, wobei die Zinksalzpartikel 
braun werden. Das Gemenge von Zink- und Kalisulfat giebt 
recht scharfe Reactionen, bei Zink- und Magnesiasulfat treten 
ahnliche Uebelstande ein, wie bei den Alaunen: die schwefel- 
saure Magnesia wird durch Schwefelammonium gleichfalls ge- 
fallt, aber in sehr lockrer Form, so dase herumflottirende 
Schwefelzinkpartikel leicht haften bleiben. 

Kieselzinkerz lässt sich durch folgende Reaction unter dem 
Mikroskop recht scharf nachweisen; man bebandelt das Pulver 
1—2 Minuten mit wässrigem Schwefelammonium, wäscht gut 
aus, und übergiesst mit einer wässrigen Lösung von Silber- 
salpeter: die Kieselzinksalzpartikel werden dunkel braun. 

Gepulverte Zinkblende, im auffallenden Licht bernsteingelb 
erscheinend, tritt mit wassriger Silberlösung in kurzer Zeit, wenn 
man erwärmt in wenigen, Augenblicken in Wechselwirkung: 
die Fragmente erscheinen im auffallenden Licht schwarz, mit 
dem eigenthumlichen Lustre des Eisenglanzes; doch ist die 
Reaction nicht bei allen Ziukblenden gleich empfindlich: es 
ist zu entscheiden ob Beimengungen von Schwefeleisen die 
Reaction beeinflussen. 

In einem Gemenge von salpetersaurem Bleioxyd und Baryt, 
die beide regulär krystallisiren, lässt sich ersterer Stoff durch 
eine starke alkoholische Schwefelwasserstofflösung sehr scharf 
nachweisen; ist das Gemenge nicht durch Zusammenmischen 
der trocknen Salze, sondern Auflösen und Krystallisirenlassen 
derselben erhalten worden, so ist die Reaction oft wenig prag- 
nant oder gar unbrauchbar, weil es schwer hält die mechanisch 
adbärirende oder eingeschlossene Mutterlauge von den Krystallen 
vollständig zu entfernen; dasselbe gilt auch für die oben er- 
wähnten Gemenge der Eisen- und Zinksalze. 


574 


IV. 


Die im vorigen Abschnitt mitgetheilten Versuche veranlassten 
die sehr ähnlichen Erscheinungen der Bodenabsorption zu unter- 
suchen, speciell die Frage zu erörtern, ob bei der Boden- 
absorption dem Boden eigenthümliche Kräfte *) im Spiel sind, 
wie LigBiG und eine grosse Zahl von Agriculturchemiker an- 
nehmen, oder ob dieselbe durch rein chemische Kräfte hervor- 
gerufen wird, wie Way und Muzper behaupteten. Dass die 
‚MuLper’sche Auffassung wesentlich richtig ist, diese Ueber- 
zeugung dürfte sich schon nach den Ergebnissen des vorigen 
Abschnitts Jedem aufdrängen; auffallend ist nur, dass selbst 
nach so eingehenden Untersuchungen, wie sie Peters geliefert, 
der von MuLpErR klar gezeichnete Weg nicht nur verlassen, 
sondern sogar iguorirt werden konnte. In erster Reihe mag 
die Autorität eines Liebig bestimmend eingewirkt haben, dann 
wurde die chemische Massenwirkung übersehen, so geschah 
es, dass Lresie die Versuche von Way, die durchaus richtig 
sind, die dieser Forscher aber nicht zu deuten wusste, als mit 
den Gesetzen der Chemie unvereinbar erklärte. Die folgenden 
Versuche bezwecken neben anderem auch darzutbun, dass 
Untersuchungen die bloss mit Bodenproben angestellt werden, 
zur Zeit wenig Erfolg versprechen, die Vorgänge sind wegen 
der Menge von Silicaten, Oxyden, Carbonaten etc. sehr com- 
plicirt, es lassen sich, was besonders schwer ins Gewicht fallt, 
die einzelnen Bodenbestandtheile nicht mechanisch isoliren, man 
kann deren Natur nur erkennen, indem man ihr chemisches 
Verhalten mit dem von bekannten künstlichen und natürlichen 
Silicaten etc, vergleicht — kurz man muss den Boden im engsten 
Anschluss an die Ergebnisse der chemischen Geologie studiren. 

1. Zur Klarstellung der Sacbe wurden folgeude Versuche 
mit einem künstlichen Thonerde -Kali -Silicat angestellt. Das 
Silicat bildet sich beim Kochen einer gemischten Lösung von 
kieselsaurem Kali und Thonerdekali als schleimiger, der hydra- 
tischen Thonerde ähnlicher Niederschlag, der sich jedoch zu- 
erst durch Decantirung, später auf einem Saugfilter leicht aus- 
waschen lasst.**) Das seinem chemischen Verhalten nach in 
die Kategorie der Zeolithe gehörende Silicat erleidet durch 
längeres Behandeln mit Wasser kleine Veränderungen in seiner 
Zusammensetzung, daher die kleinen Abweichungen in den 
folgenden Tabellen. 


*) Auf das Verhalten der Humussubstanzen ist hier nicht einge- 
gangen, da einer Behandlung dieses Gegenstandes eine genaue Unter- 
suchung der Humussubstanzen selbst vorangehen muss. 

*) Es wurden 1 Molecül A1,0, K,0,H, and 2 Molecül K,OSiO, 
gemischt. 


079 


Es wurden gewogene Mengen des feuchten Silicats mit 
titrirten Salzlosungen bei Zimmertemperatur in verschlossenen 
Glasgefassen digerirt; die Concentration der Salzlosungen war 
wechselnd, da angestellte Versuche keinen bedeutenden Ein- 
fluss derselben auf die Zusammensetzung des sich bildenden 
Silicats ergaben; in der Regel wurde dafür gesorgt, dass die 
Salzlösung den voluminosen Silicatbrei nur eben bedeckte, die 
Lösung erfuhr dann fast uberall und zu gleicher Zeit die gleiche 
Aenderung, der Process wurde sehr beschleunigt, ohne dass 
man das Magma häufig umzuschütteln brauchte. Von wesent- 
lichem Einfluss ist die Zeit, wie die Versuche ld. u. jh. dar- 
tbun, und zwar ist der Verlauf des Processes je näher dem 
Gleichgewichtszustand um so langsamer, wie bei allen re- 
ciproken chemischen Verdrangungen. Im ersten Moment treffen 
lauter NaCl-Molecule mit lauter Kalisilicatmoleculen zusammen 
und tauschen die Basen aus, das Wasser enthalt NaCl und 
KCl, das Silicat K,O und Na,O; von jetzt ab werden, neben 
dem Zusammenstoss von NaCl-Moleculen mit Kalisilicatmole- 
culen, einerseits KCl-Molecale mit Kalisilicat und Na Cl-Mole- 
cule mit Natronsilicat zusammentreffen, wobei gar keine Um- 
setzung stattfindet, andrerseits K Cl-Molecüle mit Natronsilicat 
zusammenstossen, wodurch Rückbildung in Kalisilicat statt- 
findet, und zwar werden die 3 letzten Fälle um so häufiger 
in der Zeiteinheit treten, je mehr K CI und Natronsilicat schon 
da sind. 

Die Zusammensetzung des künstlichen Silicats 1. *) 

Die folgenden Nummern geben die Zusammensetzung des 
Silicats 1. an nach Ttägiger l'igestion mit NaCl- und NaCl + KCI- 
lösung. Die Salzmengen waren immer genau aequivalent (1, 


2, 4, 10 Aequivalente) dem Kaligehalt; des Silicats 1. (22,75 °/,). 


1NaCl 2NaCl A4NaCI 10NaC! 

1. la. 1b. le. 1d. 

SiO, 46,04 47,60 48,60 49,02 49,57 

Al,O, 29,38 29,99 29,74 30,12 30,29 

K, O 22,75 16,00 14,12 11,89 8,95 

Na,O _1,88 6,41 7,54 8,97 11,19 

100 100 100 100 100 
Zusammensetzung des Silicats nach 7 tagiger Digestion mit 
gemischten Lösungen (10 Aeq. Na CI + 1, 2, 3, Aeq. KCl). 
1h. Silicat 1. mit 10 Aeq. NaCl 3 Monate behandelt. 


— 


*) Die Zusammensetzung des Silicats sowie seiner Umwandlangspro- 
ducte ist auf wasserfreie Substanz berechnet. 





576 
10 NaCl + 1KCI we 10 NaCI-+ 3KCI 10 NaCl 





le. lg 1h. 
SiO, 48,99 4a. ik 48 65 50,77 
Al,O; 30,13 30,00 29,88 30,48 
K, O 12,10 14,03 15,40 7,03 
Na, O 8,78 7,52 6,67 11,72 
100 100 100 100 


Es wurde das Kalisilicat 1. durch Digestion mit einem 
grossen Ueberschuss von NaC! in das Natronsilicat 2 aber- 
geführt; letzteres wurde mit KCl- und K CI + Na Cl-Lösangen 
18 Tage digerirt; die Salzmengen standen im aequivalenten 
Verbältniss zum Natrongehalt des Silicate 2. (15,60 °/,). 


1KCI SKC] SKCI+5NaCl 5KCI+10NaCl 


2. 2a. 2b. 2c. | 2d. 
SiO, 49,99 47,25 45,64 47,00 47,75 
Al,O, 31,20 30,40 30,60 30,30 30,00 
K,O 3,21 16,37 21,21 16,79 14,71 
Na,O 15,60 5,98 2,55 5,91 7,54 
100 100 100 100 100 


Das Silicat 1. wurde 7 Tage mit CaCl,- und CaCl,+ KCI- 
Lösungen digerirt; die Menge des CaCl, und KCI war «equivalent 
der Alkalimenge des Silicats 1. 

Folgende Tabelle giebt die Zusammensetzung der durch 
Ca Cl,- and CaCl, + K Ci-Lôsung veränderten Silicate. 


1CaCi, 4CaCl, 10CaCl, 10CaCl,+1KCI 10CaCl,+ 4KCi 








3. 3a. 3b. 3c. 3d. 
SiO, 49,23 50,27 50,24 50,79 50,06 
ALO, 30,64 30,91 31,20 31,00 31,03 
CaO 922 11,07 12,14 10,99 10,10 
K,O 10,87 7,75 6,42 7,32 8,81 
100 100 100 100 100 


Das Silicat 1. wurde mit MgCl,- und MgCl, +KCI-Lôsungen 
7 Tage digerirt; die Salzmenge war dem Alkaligehalt des Silicate 1. 
aequivalent. 


1MgCl, 4MgCl, 10MgCl, 10MgCI, +-1KCI 10MgCI, + 4KCI 
4d. 


4a. Ab. Ac. 
SiO, 49, 19 51,28 51,44 51,36 50, 35 
Al Ô, 31,80 31, 72 32,29 31,60 31,69 
K,O ] 3,72 10,03 8,33 10,01 11,59 
Na,O 0,35 
MgO 4,94 6,97 7,94 7,03 6,37 








100 100 100 100 100 


577 


Vergleicht man die Resultate der Untersuchungen Prrgrs’s”) 
über den Einfluss des Sulzgehalts der Lösung auf die vom 
Boden absorbirten Salzmengen, uber den Einfluss der Zeit 
auf die absorbirten Mengen, über das Verhalten der absorbirten 
Stoffe gegen Salzlösungen, ferner die Untersuchungen FRanx’s **) 
über die Bedeutung des Kochsalzes für die Düngung des Unter- 
grundes, mit den vorstebenden Ergebnissen, so ist der Zusam- 
menhang aller dieser Erscheinungen in die Augen springend: 
es sind rein chemische Processe, bei denen die Masse im Sinne 
der BertHoLLer’schen: Theorie zur Geltung kommt, daher nie 
vollständige Erschöpfung der Lösung, daher gegenseitige Ver- 
drangung der Basen. Ein Blick auf die erste Tabelle lehrt, 
dass zwischen den Massen des NaCl und der Masse des ins 
Silicat eintretenden Natrons keine einfachen Beziehungen statt- 
finden, selbst durch sehr grosse Mengen NaCl gelingt es nicht 
alles Kali durch Natron zu ersetzen (2.)***) Das kann in der 
Ungleichwerthigkeit (etwa wie extra- u. intraradicaler Wasserstoff) 
der Kaliatome in dem Silicatmolecul seinen Grund haben, oder die 
Kaliatome sind bei chemischer Gleichwerthigkeit mit verschie- 
dener Intensität gebunden, wie beispielsweise im Na,PO, das 
3 te Natriumatom lockerer als die beiden anderen an der Phos- 
pborsäure haftet, +) oder bei der Einwirkung von 1 Molecül 
NaCl auf 1 Mol. Silicat wird je ein NaClatom von sämmt- 
lichen Kaliatomen des Silicats angezogen, wobei natürlich die 
Anziehung abnehmen muss, je mehr Kali durch Natron schon 
ersetzt ist, es konnen sich endlich alle diese Fälle combiniren. 

Aus den im vorigen Abschnitt mitgetheilten Versuchen 
ist ersichtlich, dase ein und dasselbe Silicat in sehr ungleicher 
Weise gegen verschiedene Sulzlösungen reagirt; das Natron 
im Analcim lässt sich leicht durch Kali ersetzen, sehr schwierig 
durch Kalk und Magnesia, desgleichen wird der Natrolith leicht 
darch kohlensaures Kali, schwierig durch Chlorcalcium, der 
Scolecit leicht durch K,CO,, schwierig darch Na, CO, um- 
gewandelt. Man darf somit gar nicht erwarten, dass die vom 
Boden absorbirten Mengen Kali, Natron etc. sich wie die Aequi- 
valentzahlen dieser Elemente verhalten müssen und aus dem 
Nichteintreffen dieser Voraussetzung auf specifische, nicht che- 
mische Absorptionskrafte echliessen, wie es PETERS that. Der 
Vorgang complicirt sich dadurch, dass im Boden Gemenge ver- 
schiedenartiger Silicate vorliegen; behandelt man z. B. ein Ge- 


ei 


*) Landwirtbschaftliche Versuchsstationen 2, pag. 117. 
**) ibid. 8, pag. 45. 
”**) Wahrscheinlich gelingt der völlige Ersatz, wenn man die Salz- 
lösung lange einwirken lässt. 
+) Taomsen in Pocc. Annal. 140, pag. 88. 1870. 








578 


menge von Analcim und Pektolith mit kohlensaurer Kalilosung, 
so gelingt es verhaltnissmassig rasch den Analcim in Leucit 
überzuführen , während der Pektolith auch nach 8 monatlicher 
Einwirkung nur Spuren von Kali aufgenommen hat; darch 
Digestion mit Maguesialosung wird wiederum der Pektolith 
rasch in ein Magnesiasilicat umgewandelt, während Analcim 
hartnäckig widersteht. Es ist somit ein erfolgloses Unter- 
nehmen fur eine Summe so complicirter Processe die Beziehung 
zwischen einwirkenden und absorbirten Salzmengen auch nur 
durch eine empirische Regel ausdrucken zu wollen. PETERs 
fand, dass von der rohen Erde bedeutend weniger *) Natron ete. 
absorbirt.wurde, als von der mit KCl behandelten; ein der- 
artig gesteigertes Umsetzungsbestreben zeigen auch die Zeolithe, 
wenn einmal in ihnen eine Substitution der starken Basen darch 
andere stattgefunden hat. Ist beispielsweise im Scolecit der 
Kalk durch Kali ersetzt, so gelingt es rasch das Kalisilicat 
in einen Natrolith uberzuführen, während eine directe Um- 
wandlung des Scolecit durch Na, CO, uur langsam erfolgt. 


Durch Gluben busst der Boden einen grossen Theil des 
Absorptionsvermögens ein, doch zwingt uns nichts diese Er- 
scheinung von zerstörten Humussubstanzen oder veränderter 
Capillarität herzuleiten; einerseits werden die meisteu wasser- 
haltigen, durch Süuren leicht zerlegbaren Silicate nach dem 
Gluben resp. nach dem Wasserverlust gar nicht oder sehr 
schwierig durch Säuren zersetzt; andrerseits tauschen die durch 
Säuren schwer zerlegbaren Silicate äusserst langsam ihre Be- 
standtheile gegen andere aus. Dass das Glühen, auch ohne 
dass dabei ein nennenswerther Wasserverlust stattfindet, die 
Absorptionsgeschwindigkeit herabsetzt, lehrt der Versuch mit 
dem künstlichen Leucit 13. im vorigen Abschnitt; aber auch 
das Umgekehrte kommt vor. Vesuvian und Granat, die ausserst 
schwer mit Magnesiasalzen in Wechselwirkung treten, werden 
nach heftigem Glaben nicht nur durch Säuren leicht zerlegt, 
sondern tauschen auch in kurzer Zeit dea Kalk gegen Magnesia 
aus, **) es ist somit wohl möglich, ‚dass manche Bodenarten 
gegluht von manchen Stoffen mehr absorbiren als ungeglüht. 


2. Das Silicat 1. 3 Wochen lang mit kohlensaurem Wasser, 
unter häufiger Erneuerung desselben behandelt, hatte den grössten 
Theil des Kali’s abgegeben und zeigte folgende Zusammensetzung 
(auf wasserfreie Substanz berechnet): 


*) Streng genommen wird es heissen müssen: langsamer. 
**) Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1870, pag. 249. 


579 


5. 
SiO, 54,01 
ALO, 39,65 
K, O 5,34 
100 


Es fragte sich, ob das ausgeschiedene, gegenwärtig durch 
basisches Wasser vertretene Kali wieder durch Kali ersetzt 
werden kann. Das Silicat 5. mit sehr verdünnter Kalilauge 
22 Stunden bei Zimmertemperatur behandelt, hatte nach sorg- 
faltigem Auswaschen folgende Zusammensetzung: 


5a. 
SiO,*) 46,60 
Al, O, 35,67 
K, O 17,73 


100 


Nach diesem Versuch, und da wir berechtigt sind im 
Boden Silicate von ahnlicher Zusammensetzung wie 5. anzu- 
nehmen, ist das starke Absorptionsvermogen des Bodens fur 
freies Kali vollkommen klar, ohne dass man nothig hat spe- 
cifische Absorptionskrafte oder Einfluss der Humussubstanzen 
zu Hilfe zu nehmen: es ist eine theilweise Ruckbildung zer- 
setzter Silicate, ein Ersatz basischen Wassers durch eine fixe 
Basis. Der Process complieirt sich im Boden dadurch, dass 
ein Tbeil des Kalis mit der freien Kieselsäure sich zu löslichem 
Alkalisilicat verbindet, und letzteres wiederum sich zu hydra- 
tischer Thonerde oder kaolinartigen Verbindungen addirt, wie 
die Versuche 13a., 14. im vorigen Abschnitt darthun. Man 
darf erwarten, dass ein durch schwaches Glühen seines basischen 
Wassers beraubter Boden in seiner Fähigkeit, freies Kali zu 
absorbiren, eine starke Einbusse aufweisen wird, und wenn 
überhaupt, erst nach längerer Zeit ebensoviel Kali aufnimmt 
als vor dem Glühen, ähnlich wie metaphosphorsaures Kali mit 
Kalilauge zusammengebracht sehr langsam in 3-basisches Salz 
(K; PO,) übergeht, während das saure 3-'basische (K,HPO,) 
sofort zu K,PO, wird. — 

Der nahe liegende Gedanke, dass kohlensaures Kali mit 
dem Silicat 5. zusammengebracht, sich theilweise in freie Koblen- 
saure (resp. saures Salz) und Kali, was vom Silicat aufgenommen 
wird, zerlegt, wurde durch folgende Versuche bestätigt. Das 


#) In die Kalilauge war etwas SiO, übergegangen, was nicht auf- 
fällt, wenn man erwägt, dass das Silicat 5., ein Gemenge von Zersetzungs- 
producten, auch freie SiO, enthalten wird. 


580 


Silicat 5. wurde mit kohlensaurer Kalilosung bei Zimmer- 
temperatur 5 Tage (5b.) und 7 Tage (5c.) behandelt, nach wel- 
cher Zeit sich in der überstehenden Flussigkeit doppelt koblen- 
saures Kali nachweisen liess. Nach sorgfältigen Auswaschen 
zeigten die Silicate folgende Zusammensetzung: 


5b. 5c. 
SiO, 48,43 50,14 
Al,O, 35,96 35,33 
K, O 14,42 12,32 
K,CO,*) 1,19 2,21: 
100 100 


Das Silicat 5. bat sich in der That wie ein saures Salz, 
etwa KH,PO, verhalten, Kohlensäure und das Silicat haben 
sich nach der Masse und Affinität in das Kali getheilt.**) Der 
Ersatz des basischen Wassers im Silicat 5. ist auch bier kein 
so vollständiger gewesen, dass Al, O, und K, O sich zu gleichen 
Aequivalenten vorfinden, es wurden desshalb neue Versuche 
angestellt, wobei grössere Mengen Alkalicarbonat längere Zeit 
einwirkten. 

5d. 2 Monate mit K,CO,, 5e. 13/, Monate mit Na,CO, 
behandelt. 

5d. ***) pe. 





SiO, 49,07 48,39 

Al,O, 31,79 35,06 

K, O 14,45 2,19 

K,CO, 4,69 

Na, O 9,50 

Na,C0, 4,86 
100 100 


Die in’s Silicat eingetretene Alkalimenge ist dieselbe wie 
bei den früheren Versuchen, dagegen ist eine beträchtliche 
Menge Alkalicarbonat chemisch gebunden. f) Das Silicat mit 
kalter Salzsaure übergossen, entbindet nur wenig CO,, erst 
hei schwachem Erwärmen tritt die Entwicklung ein, und dauert 
eo lange fort, bis das Silicat sich klar gelöst hat. 





_ —— 


*) Die CO, wurde direct bestimmt. 

**) Auch die Affinität der CO, zu dem überschüssigen K,CO, kommt 
in’s Spiel, und begünstigt unter Bildung von Kalibicarbonat die Spaltung 
eines Theils des K,CO,. 

***) Das in 5e. abweichende Verhältniss von SiO, : Al,O, rührt da- 
von her, dass zu diesem Versuch nicht das Silicat 5., sondern ein anderes 
von etwas abweichender Zusammensetzung benutzt wurde. 

+) Durch sehr lange fortgesetztes Auswaschen kann man einen Theil 
des Carbonats, vielleicht auch alles, entfernen. 





581 


Es wird angefuhrt, dass in manchen Fallen die bei der 
Bodenabsorption austretenden Stoffe in geringerer Menge vor- 
handen sind, als den eingetretenen entspricht, und hierin eine 
Stutze far die Annahme einer specifischen Absorptionskraft ge- 
sehen. Die Versuche 5b. bis 5e. gehören in diese Kategorie: 
far das in’s Silicat eingetretene Alkali ist keine fixe Basis, 
nur basisches Wasser abgeschieden, ja es haben sich Alkali- 
carbonate direct zum Silicat addirt, *) 

Der Boden verliert durch Behandeln mit verdunnten Säuren, 
resp. theilweise Zerlegung der zeolithartigen Silicate, viel vom 
Absorptionsvermögen. Als Hsınen**) einen solchen durch HCl 
erschöpften Boden zur Entfernung der SiO, mit Na,CO,-Losung 
digerirte, und ihn alsdann mit KCllösung zusammenbrachte, 
war die Kaliabsorption nicht nur nicht geringer als bei dem mit 
HCl extrabirten Boden, sondern sogar 8!/, mal grösser als bei 
der roben Erde. Da die zeolithartigen Silicate durch HC] zer- 
stort waren, so schloss HEIDEN, dass die bedeutende Kali- 
absorption nur mechanische Kräfte bewirkt haben konnten. 
Dass dem nicht so zu sein braucht, thun die hier mitgetheilten 
Versuche dar. Durch die Behandlung des Bodens mit HCl 
war nur ein Theil der leicht zerlegbaren Silicate zerstört worden; 
blieben im Boden noch Silicate von ähnlicher Zusammensetzung 
wie 5. (ALO,, SiO, basisches H,O), so musste bei der Di- 
gestion mit Na; CO, das basische Wasser durch Natron ersetzt 
werden, ja es konnte sich Na,CO, direct zum Silicat addiren, 
wie der Versuch de. darthut; ferner musste sich das gebildete 
kieselsaure Natron mit den kaolinartigen Silicaten und mit et- 
waiger hydratischer Thonerde verbinden, wie die Versuche 
13a. und 14. des vorigen Abschnitts darthun: kurz die Di- 
gestion .des durch HCl erschöpften Bodens mit Na, CO,-Lösung 
war eine günstige Bedingung zur Neubildung natronbaltiger, 
zeolithartiger Silicate und diese, nicht die veränderten physi- 
calischen Eigenschaften des Bodens, bewirkten die starke Kali- 
absorption. 

Sollten mancbe Bodenarten leicht lösliche Salze (Chloride, 
Sulphate, ***) Carbonate der Alkalien) als solche zuruckhalten, 
so darf hieraus nicht ohne weiteres auf mechanische Absor- 


*) Dass Verbindungen von Alkalien mit starken Säuren bei Gegen- 
wart derartiger Silicate wie 5. in freie Säure und Basis, welche ins Silicat 
tritt, zerlegt werden, ist bei der leichten Zersetzbarkeit der Zeolithe durch 
starke Säuren nicht zu erwarten, bei Salzen mit schwachen organischen 
Säuren dürfte es wohl eintreten. Enthält der Boden CaCO, oder Dolomit, 
so tritt eine Zerlegung auch bei Salzen mit starken Säuren ein. 

**) Düngerlehre 1, pag. 280. 
”**) Harorn (Düngerlehre 1, pag. 257) fand für einen Boden bedeutende 
SO,-Absorption, doch ist nicht angegeben, dass eine Gypsabscheidung aus- 
geschlossen war. 





§82 


ption geschlossen werden. Verbindungen von Silicaten mit Sul- 
phaten, Chloriden und Carbonaten kommen nicht blos unter 
den Mineralien vor, sondern lassen sich auch künstlich dar- 
stellen, wenn auch meist auf pyrochemischem Wege; es ist 
ferner bekannt, dass sehr viele Niederschläge leicht lösliche 
Salze niederreissen und energisch zurückhalten, ähnliches kann 
sebr wohl im Boden stattfinden. *) 

3. Cancrinit und Davyn sind von manchen Forschern 
als veränderte und mit Kalkspatb vermengte Nepbheline gedeutet 
worden, obwohl für den Cancrinit die mikroskopischen Unter- 
suchungen solches nicht bestätigt haben. Die Versuche 5b. bis 5e. 
thun dar, dass derartige, auf den ersten Blick etwas sonderbare 
Verbindungen wirklich möglich sind, und es soll im Folgenden 
die Analyse eines bisher nicht bekannten Minerals vom Vesuv™) 
mitgetheilt werden, welches in dieselbe Kategorie gebört. Das 
Mineral kommt in kleinen , häufig wasserhellen und stark 
glänzenden, das Licht doppelt brechenden, farblosen Körnern 
vor, neben Kalkspath, Wollastonit und braunem Granat. Seine 
Härte ist gleich der des Feldspaths, die Spaltbarkeit kaum 
entwickelt. Feingepulvert, mit concentrirter Chlorwasserstoff- 
säure übergossen, entwickelt das Mineral keine Kohlensäure, 
erst in der Wärme tritt Koblensaureentbindung ein, die so lange 
fortdauert, bis das Pulver vollständig gelöst ist; beim Einengen 
der Lösung scheidet sich die Kieselsäure gallertig ab. Durch 
heftiges Gluhen wird die Koblensaure ausgetrieben, doch nach 
bedeutend längerer Zeit als aus einer gleichen Menge Kalk- 
spath. Dieser Umstand, so wie das Verhalten gegen Salzsäure, 
thun dar, dass der koblensaure Kalk nicht mechanisch. bei- 
gemengt, sondern mit dem Silicat chemisch verbunden ist. 


6. 
SiO, 39,82 
ALO, 33,54 





CaO 17,63 
Na, O 0,76 
Ca CO, 9,09 

100,84 


*) Bei der Behandlung der Zeolithe mit Lösungen von Chloriden, 
konnte bisweilen auch durch sehr langes Auswaschen nicht alles Chlor 
entfernt werden; vergl. S. 546, 551. 

Es sei noch auf eine Fehlerquelle bei der Ausführung von Silicat- 
analysen hingewiesen Zur Entziehung der léslichea SiO, im Boden oder 
der bei der Partialanalyse abgeschiedenen wird ein Auskochen mit Alkali- 
carbonat vorgeschrieben; sind aber der freien SiO, Kaolin, oder hydra- 
tische Al, O, oder Silicate mit leicht vertretbarem bas. H, O beigemengt, 
so wird immer ein Theil der SiO, in Form von unlöslichen Silicaten 
zurückgehalten werden, während gleichzeitig Alkali aufgenommen wird. 

**) Eine nähere Angabe des Fundorts fehlt. 








583 


Das Mineral ist eine Verbindung von Anorthit mit kohlen- 
saurem Kalk, analog constituirt den Cancrinit, und mag als 
Kalkcancrinit bezeichnet werden. 

4. An die im Absatz 2. mitgetheilten Versuche lassen sich 
Betrachtungen von allgemeinerem geologischem Interesse an- 
knüpfen; es handelt sich um die Frage: woher stammt die be- 
ständige Kohlensäureentwicklung aus dem Erdinnern, und kann 
ein sersetztes, seiner starken Basen beraubtes Silicat auf nassem 
Wege ganz oder zum Theil regenerirt werden? Die Kohlen- 
säureexhalation wird gegenwärtig von einer Silicatbildung: Ein- 
wirkung der Kieselsäure auf Carbonate bei erhöhter Tem- 
peratur, hergeleitet; dieser Quelle fügt sich noch eine andere 
von der Temperatur unabhängige hinzu *): die veränderte che- 
mische Massenwirkung in den oberen und tieferen Regionen 
der Erdkruste, 

Durch viel kohlensaures Wasser wird das künstliche Sili- 
cat 1. zerlegt; das zerlegte Silicat 5. mit kohlensaurer Kali- 
lösung zusammengebracht, bildet sich zum Theil zurück, wobei 
Koblensaure frei wird. Uebertragen wir das auf die Natur. 
In den oberen Schichten der Erde müssen die Silicate durch 
die grossen, sich immer erneuernden Mengen kohlensauren 
Wassers zerlegt werden, im eindringenden Wasser reicheru 
sich die koblensauren Salze immer mehr an, die freie Kohlen- 
saure nimmt ab: das Wasser in der Tiefe wird fast nur koblen- 
saure Salze enthalten. Treffen diese mit früher oberflächlich 
gelegenen, jetzt gesenkten, zersetzteu Silicaten zusammen, so 
wird Rückbildung eintreten, die kohlensauren Salze werden 
zerlegt in freie Kohlensäure und Basis, welche letztere mit 
den Silicaten sich verbindet. Nach der Theorie können die 
koblensauren Salze nur zum Theil zerlegt werden, resp. die 
Rackbildung der Silicate ist eine unvollkommene, es sei denn, 
dass die frei werdende Koblensaure nach Maassgabe ihrer Bil- 
dung entfernt wird. Bekanntlich nimmt die Affinität der Basen 
mit steigender Temperatur zur Koblensäure ab, zur Kieselsaure zu; 
in der Tiefe herrscht eine höhere Temperatur als oben und diese 
wirkt grade in demselben Sinne, wie eine theilweise Entfernung 
der frei werdenden Kohlensäure, die Ruckbildung der zersetzten 
Silicate in der Tiefe wird durch erhöhte Temperatur begünstigt. 
Die freiwerdende Kohlensäure muss rasch durch Spalten ent- 
weichen können, soll sie wieder zur Atmosphäre gelangen, 
bei langsamem Sichbindurcharbeiten durch poröse Gesteins- 
massen würde sie zum grössten Theil wieder gebunden werden. 


*) Gestützt auf die Untersuchungen Ross’s hat schon VoLcer in 
soiner „Erde und Ewigkeit“ auf die Zerlegung der Carbonate durch Wasser 
hingewiesen. 


Zeits. d. D. geol. Ges. XX VIII. 3. 38 


584 


Die Bısouor’sche Annabme, dass manche Granite, Gneisse 
und Granulite durch bydrochemieche Umwandlung zersetzter, 
klastischer Gesteine entstanden, ist nach den angeführten Ver- 
suchen wenigstens keine reine Hypothese, und das Vorkommen 
flussiger Kohlensäure in manchen Bestandtheilen des Granits 
weist hin, dass bei der Granitbildung freie Koblensaure zugegen 
war. War die Rückbildung eine unvollständige, 2. B. Um- 
bildung von zersetztem Feldspath in Kaliglimmer, Sericit etc., 
so konnten die Thon-, Quarz-, Glimmerschiefer hervorgebn, 
und die schwierige Zersetzbarkeit des Glimmers und seiner 
Verwandten durch Kohlensäure liesse sich nach Biscnor durch 
die Bildung der genannten Mineralien bei Kohlensauregegen- 
wart erklären. Bei diesen Regenerirungen mussten die zer- 
setzten klastischen Gesteine ihren bedeutenden Wassergehalt 
einbussen, und dass dies selbst bei Zimmertemperatur geschehen 
kann, wird durch die Umwandlung des Analcims in Leucit 
bewiesen. 

Leider stellen sich der experimentellen Untersuchung uber 
Ruckbildung zersetzter Silicate grosse Schwierigkeiten in den 
Weg; auch wenn man zunächst an Zeolithen arbeiten will, 
sind lange Zeit und viel Kohlensäure erforderlich, *) um eine 
genugende Menge an zersetztem Silicat zu erbalten, an welchem 
die Rückbildung versucht werden soll. Mit in der Natur zer- 
setzten Zeolithen zu operiren wird zunächst nicht zweckmässig 
sein, abgesebeu von der Schwierigkeit, in hinreichender Menge 
sich das Material zu verschaffen. Nach den mitgetheilten Er- 
fabrungen, wonach natürliche Zeolithe viel langsamer mit Sals- 
lösungen in Wechselwirkung treten als die künstlichen, darf 
man erwarten, dass bei der künstlich d. h. rasch herbeige- 
führten Zersetzung eines Zeoliths durch Kohlensäure, Producte 
erhalten werden, die sich schneller zurackbilden lassen als die 
natürlichen Zersetzungsprodacte. 

In dem Maasse als die Temperatur des Erdiunern sich ver- 
mindert, muss die Rückbildung der Carbonate in Silicate ab- 
nehmen, die freie Kohlensäure immer geringer werden. Das- 
selbe gilt vom Wasser. Zwar können wasserhaltige Silicate 
auch bei niedriger Temperatur in wasserfreie umgewandelt 
werden, doch wissen wir nicht, in wie grossem Maassstabe 
dieser Process vor sich geht; sicher ist, dass erhöhte Tempe- 


*)| Nach den auf S. 565 - entwickelten Ansichten wird die Zerlegung 
eines Silicats durch CO, um so rascher erfolgen, je rascher die abge- 
schiedenen Carbonate aus dem Bereich des Silicats entfernt werden; Be- 
handeln mit kohlensaurem Wasser unter zeitweiligem Umschitteln wirkt 
lange nicht so schnell, wie Kohlensäureströme, welche das Silicat im 
vum. suspendirt erhalten; auch muss das Wasser häufig erneuert 
werden. 


585 


ratur das wirksamste Mittel ist, wasserhaltige Verbindungen 
in wasserfreie überzuführen. Die Abnahme der freien Koblen- 
saure zieht eine Verminderung der Bildung organischer Sub- 
stanzen nach sich, und da nach unserem gegenwärtigen Wissen 
verwesende organische Substanz das einzige Mittel ist,” die 
höheren Oxyde der Metalle und die schwefelsauren Salze zu 
reduciren, 80 muss eine Abnahme an organischer Substanz eine 
Verminderung des freien Sauerstoffs, in Folge der überwiegen- 
deu Absorption durch Eisenoxydul und Kiese nach sich ziehn, 
worauf Biscaor hingewiesen hat. Je niedriger die Temperatur 
und je geringer der Temperaturunterschied zwischen den oberen 
Schichten und dem Kern eines Weltkörpere wird, desto mehr 
müssen Wasser, Sauerstoff und Kohlensäure*) aus dem freien 
in den gebundenen Zustand übergehn, die Atmosphäre muss 
schwinden and es ist möglich, dass die hypothetische einstige 
Mondatmosphäre zum grössten Theil durch chemisch-geologische 
Processe fixirt wurde. 


5. Da man besonders oft bei der Absorption des Am- 
m oniaks durch den Boden mechanische Kräfte tbätig annimmt, 
wurden zur Klarstellung der Frage an folgenden Silicaten Ver- 
soche ausgeführt: 

7. Das künstliche Silicat 1. 5 Tage bei Zimmertemperatur 
mit Salmiaklösung behandelt. 

7a. Das Ammoniaksilicat 7. 10 Tage bei Zimmertempe- 
ratur mit KCllösung. 

8. Natarlicher Analcim 3 Monate bei 40° mit Salmiak- 
lösung. 

8a. Der Ammoniakanalcim 8. 20 Tage mit NaCllösung 
bei 100° behandelt. 

9. Naturl. Chabasit 7 Tage mit Salmiaklösung bei 100°. 

9a. Der Ammoniakchabasit 9. 5 Tage mit Ca Cl,-Losung 
bei 100°. 

10. Natürlicher Desmin 6 Tage mit Salmiaklösung bei 100°. 

10a. Der Ammoniakdesmin 10. 6 Tage mit CaCl, - Lö- 
sung bei 100° behandelt. 


— 





*) Ueber den Kreislauf des Stickstoffs ist sur Zeit wenig bekannt, 
doch leuchtet ein, dass mit dem Aufhören der Glühhitze im Innern eines 
Weltkörpers die Zerlegung der mit dem Tsgewasser in die Tiefe sickern- 
den salpeter- und salpetrigsauren Salze in O und N abnehmen wird; 
empfängt dann der Körper durch Strahlung von einem Centralkörper 
noch so viel Wärme, dass auf seiner Oberfläche beträchtliche Temperatur- 
differenzen, also auch electrische Entladungen — bis jetzt die einzigen 
bekannten Quellen der Salpetersänre- und Ammoniakbildang aus den 
Elementen — vorkommen, so sind die Bedingungen zur Verminderung 
des freien Stickstoffs besonders günstig. 

38 * 


386 


In allen Fallen wurden die Salzlosungen häufig erneut, 
um möglichst vollständige Umbildung zu erzielen, *) 


7. . Ta. 8. 8 a. 
H, O 5,44 8,39 
SiO, 56,17 49,31 61,14 55,99 
Al,O, 34,59 29,31 24,97 22,18 
CaO 
K,O 0,89 21,38 
Na, O 2,12 13,44 
NH, 8,37 5,44 
100 100 100 100 
9, 9a. 10. 10a. 
H, O 17,24 20,30 14,79 17,62 
SiO, 53,86 49,30 61,08 56,18 
Al,O, 21,79 19,90 18,64 17,60 
CaO 0,17 10,50 8,60 
K,O 0,40 
Na,O 0,10 
NH, 6,54 5,39 
100 100 100 100 


Wie man sieht, verbalten sich die Ammoniaksalze den Ze- 
olithen gegenuber genau so wie andere Salze, und lassen sich 
die ursprünglichen Silicate wieder regeneriren; auch sind die 
ammoniakhaltigen Silicate keineswegs immer so unbeständig 
als häufig angenommen wird. 


6. Bei der Absorption des freien Ammoniaks durch den 
Boden glaubte man mechanische Kräfte besonders thatig, aber 
man übersab die Gegenwart von Silicaten mit basischem Wasser: **) 
letzteres wird durch Ammoniak ersetzt und daher die Absorp- 
tion.***) Es wurde das Silicat 5. mit Ammoniakwasser 5 Tage 


*) Zur NA,bestimmung wurden besondere Portionen der Silicate in 
einem kleinen Kolben durch HCl zerlegt, dann, ohne die abgeschiedene 
SiO, abzufiltriren, Barythydratkrystalle und Wasser zugesetzt und destil- 
lirt. Wendet man zur Entbindung des NH, caustische Alkalien an, so 
ist die Destillation der breiigen Flüssigkeit wegen des heftigen Stossens 
kaum ausführbar, bedient man sich des BaQH,O und fügt noch einige 
Platinaschnitzel zu, so lässt sich das Magma unter gleichmässigem Sieden 
beinahe eintrocknen. 

#*) Es wäre interessant, einen durch schwaches Glühen von basischem 
u befreiten Boden auf sein Vermögen, freies NH, zu absorbiren, zu 
prüfen. 

**) Eine rein mechanische Absorption neben der chemischen soll 
nicht geläugnet werden, es handelt sich hier nur um Aufdeckung eines 
bisher übersehenen Vorgangs. 








587 


bei Zimmertemperatur bebandelt und auf einem Saugfilter aus- 
gewaschen bis in den Poren des Niederschlags höchstens !/, jogo 
der ursprimglicben Ammoniakmenge mechanisch zurückgehalten 
sein konnte, Wurde das so ausgewaschene Silicat von neuem 
mit Wasser übergossen, so war nach einiger Zeit ein schwacher 
Ammoniakgeruch wahrnebmbar, das Silicat wird somit durch 
Wasser zerlegt. Die Zusammensetzung ist folgende: 


11. 
SiO, 50,07 
ALO, 40,89 
K, O 3,82 
NH, 5,22 
100 


Das Silicat 11. wurde mit einer Chlorkaliumlésung über- 
gossen, und schon nach wenigen Augenblicken war eine be- 
deutende Menge Salmiak in die Lösung übergegangen. Die 
Digestion wurde unter häufiger Erneuernng der KCllosung so 
lange bei Zimmertemperatur fortgesetzt, bis alles Ammoniak 
aus dem Silicat ausgetreten war, was nach 8 Tagen erfolgte. 
Die Zusammensetzung des ausgewaschenen Silicats war folgende: 


11 a. 
SiO, 48,75 
Al, O; 37,53 
K, O 13,72 
100 


Es ist durch Substitution des Ammoniaks durch Kali das- 
selbe Silicat erhalten worden, wie bei dem directen Ersatz des 
basischen Wassers im Silicat 5. durch Kali im Versuch 5a. 

Aus diesem Versuch geht hervor, dass die von Kxop *) 
vorgeschlagene Methode der Humussabstanzbestimmung unrich- 
tige Resultate geben muss. Knop rätb, den Boden mit einer 
ammoniakalischen Lösung von salpetersaurem Kalk zn be- 
handeln, und nimmt an, dass der absorbirte Kalk fast ganz als 
humussaurer Kalk gebunden ist.**) Aber Silicate mit basischem 
Wasser verhalten sich wie schwache Säuren und werden unter 
genannten Umständen ebenfalls Kalk zurückbalten. Das Silicat 5. 
ist nicht im Stande, KCl unter Bindung des Kalis zu zerlegen, 
ist aber dus basische Wasser durch Ammoniak ersetzt, so wird 


*) Landwirtbschaftl. Versuchsstationen 8, 40. 

**) Ein Theil des Kalks muss schon im Austausch gegen andere 
Basen absorbirt werden, worauf Knor selbst in einer späteren Notiz hin- 
wies, 


588 


letzterer Stoff leicht gegen das Kali des Chlorkaliums ausge- 
tauscht, 

7. Es wurde ferner das Silicat 5. mit einer Lösung von 
anderthalb koblensaurem Ammoniak bei Zimmertemperatur einen 
Monat lang behandelt, und zeigt das gut*) ausgewaschene Silicat 
folgende Zusammensetzung: | 


12. 
SiO, 90,89 
AL O, 36,85 
K,O 1,60 
NH, 7,80 
CO, 2,86 
100 


Es bat ausser dem theilweisen Ersatz des Kalis und 
basischen Wassers eine Addition von Ammoncarbonat statt- 
gefunden, kurz man sieht, dass das Verhalten des freien und 
koblensauren Ammoniaks gegen das Silicat 5. vollkommen mit 
dem Verhalten der entsprechenden Kaliverbindungen uberein- 
stimmt, nur werden die ammoniakhaltigen Silicate durch Wasser 
leichter zerlegt. 

8. Die vom Boden absorbirten Stoffe werden bis zu einem 
gewissen Grade leicht durch Wasser extrahirt, und man hat 
geglaubt, in diesem leichten Austritt ein Kennzeichen der me- 
chanischen Absorption zu finden: mit njchten — werden doch 
unzweifelhaft chemische Verbindungen des Wismuths, Anti- 
mons, Zinns etc. durch Wasser zerlegt. Dass der Boden 
das absorbirte Ammoniak an die indifferenten Gase der Luft 
leicht abgiebt, wie BRUSTLEIN gefanden, spricht noch nicht 
für eine mechanische Absorption; Lösungen der Bicarbonate 
der Alkalien und Erdalkalien geben ihre Kohlensäure, verwit- 
terbare Salze ihr Wasser an Luft ab, erstere können nur in 
einer Kohlensäure-, letztere nur in einer Wasserdampfatmosphäre 
unverändert bestehen, und zwar ist bei bestimmter Temperatur 
eine bestimmte Tenson der jedesmaligen Atmosphäre erforderlich. 
Die Leichtigkeit, mit welcher die Bodensilicate das gebundene 
Ammoniak an Wasser oder Luft abgeben, ist durchaus nicht 
für diese charakteristisch: die krystallisirten Verbindungen des 
Ammonos mit der schwachen Wolfram- oder Molybdänsäure 
thun dasselbe, ja nach den Untersuchungen von Dissits**) werden 
auch Ammoniaksalze mit starken Säuren durch Wasser mehr 


*) Da das Silicat gleichfalls durch Wasser unter schwacher Ammo- 
niakabgabe zersetzt wird, so wurde, in Ermanglung einer anderen Con- 
trolle, dasselbe so lange ausgewaschen, bis in deu Poren höchstens 3/:o9999 
der angewandten Ammoniakmenge zurückgehalten sein konnte. 

**) Pocc. Ann. 150, p. 260. (1873.) 





589 


oder weniger zerlegt, und man darf diese Thatsache wohl 
dahin verallgemeinern, dass bei der Lösuug jedes Salzes in 
Wasser eine partielle Zerlegung in Basis und Säure stattfindet, 
nur für Ammoniak- und viele Metallsalze erreicht sie eine be- 
trachtliche Grosse. Hieraus erklärt sich auch, dass Carbonate 
und Silicate im Allgemeinen viel rascher mit Ammoniaksalzen 
in Wechselwirkung treten als mit anderen; Ammoniaksalze ver- 
halten sich wie schwache Säuren, weil die Trennungs- resp. 
Lockerungsarbeit schon beim Auflösen durch das Wasser in 
weit höherem Grade verrichtet warde, als etwa bei den Kali- 
salzen ; sobald die gelockerten Bestandtheile mit anderen sich 
verbanden, musste durch Störung des chemischen Gleichge- 
wichts eine neue Portion der Ammonsalze zerlegt werden, und 
so fort. 

9. Es ist zweifelbaft, ob das Silicat die einzige im Boden 
vorhandene Form unlöslicher Ammoniakverbindungen ist; fol- 
gende Betrachtungen mögen als Fingerzeige für künftige Unter- 
suchungen dienen. Im Allgemeinen geht in der Pflanze der 
Stickstoff- und Pbosphorsauregebalt parallel, und nach den 
Untersuchungen Rırruausen’s") hinterlässt Pflanzenalbumin 
eine saure, phospborsaurereiche Asche. Das Pfianzenalbumin 
enthalt neben anorganischen Basen Phosphorsaure, Schwefel 
und die 4 organoplastischen Elemente; es fragt sich, ob das 
auffallende Zusammenvorkommen dieser Elemente, besonders des 
Phosphore, Schwefels und Stickstoffs, im Pflanzenorganismus 
herbeigeführt wird, oder ob sie schon zum Theil in der anor- 
ganischen Natur: im Boden oder Wasser durch rein chemische 
Affinität verbunden waren, und im Organismus nur die weitere 
Umbildung erfolgte. Man kann die in den Pflanzen vorkom- 
menden Verbindungen von Phosphorsäure, anorganischen Ba- 
sen und Albumin sich ähnlich constituirt denken wie Ammo- 
niakdoppelphospbate, und die Annahme liegt nahe, dass das 
Albumin ursprünglich aus einem solchen Ammondoppelphosphat 
hervorgegangen ist, daber das Parallellaufen von Stickstoff und 
Phosphorsaure. Dass die Pflanzen auch aus salpetersauren 
Salzen Albumin hervorbringen, widerlegt diese Auffassung noch 
nicht; der Pflanzenorganismus kann sich im Laufe der Zeit so 
weit den Umständen accomodirt haben, dass er auch Salpeter 
zur Albuminbildung zu verwenden vermag, und es ist möglich, 
dass manchen niedrig stehenden Pflanzen diese Fähigkeit ab- 
geht, ebenso manchen höber stehenden Pflanzen in der ersten 
Entwicklungsperiode, äbnlich etwa wie hoch entwickelte Thiere 
im Embryonalzustande Formen zeigen, die ihnen in früheren 
geologischen Perioden für ihre ganze Lebensdauer verblieben. 


*) Journ. f. prakt, Chemie 1868. 103, 209. 


« RER an > Ee que eee 


590 


Von unloslichen Ammoniakphosphaten sind zur Zeit nur die 
Magnesia- und Eisenverbindung*) bekannt, und ist deren Ge- 
genwart im Boden wahrscheinlich; ob aber auch Verbindun- 
gen von Phosphaten mit Salpbaten vorkommen? Unter den 
Mineralien sind derartige Verbindungen bekannt: der Svan- 
bergit, der Diadochit, der Beudantit, der Glaubapatit; ferner 
theilt GizserT**) eine Analyse einer krystallinischen Guano- 
knolle mit, die neben phosphorsauren auch schwefelsauren 
Kalk enhalt; eine Neigung der Phosphate und Sulphate, sich 
unter Umständen zu vereinigen, ist somit vorhanden. Denkt 
man sich eine ammoniakhaltige Verbindung eines Phosphats 
mit einem Sulphat in kohlensaurem Wasser gelöst, so sind 
alle das Pflanzeneiweiss bildenden Elemente beisammen, und 
wenn derartige Verbindungen constant im Boden vorkommen 
sollten, so liegt der Gedanke nicht mehr so fern, ihre Ele- 
mentarzusammensetzung mit der des Eiweisses in Zusammen- 
hang zu bringen. ***) Sollten derartige Verbinduogen nur sel- 
ten in fester Form, dagegen leicht in wässeriger Lösung sich 
bilden, so behält die obige Betrachtung noch immer ihre Be- 
rechtigung. Der Gedanke, gewisse chemische Erscheinungen 
des Organismus mit denen der anorganischen Natur (Boden, 
Meerwasser) in Zusammenbang stehend zu betrachten, darf 
nicht ohne Weiteres zuruckgewiesen werden: im vorliegenden 
Fall der hohe Kaligehalt der Landpflanzen mit dem starken 
Zuruckhaltungsvermogen des Bodens für Kali, die Zusammen- 
setzung des Eiweisses mit dem bypothetischen Vorkommen von 
Phospbor- und Schwefelsaure-Verbindungen im Boden oder im 
Wasser. 


10. Aus den mitgetheilten Versuchen ist ersichtlich, dass 
die im Boden vorbandenen Silicate keine Ausnahmestellung 
beanspruchen, sie unterliegen demselben Stoffwechsel wie alle 
Mineralien ohne Ausnahme, nur ist ein Theil der Bodensilicate 
dadurch ausgezeichnet, dasa er sehr rasch mit gelösten Stoffen 
in chemische Wechselwirkung tritt; sollte man einen Boden 
lange Zeit mit Salzlösungen behandeln, so wird eine Substi- 
tution aller starken Basen durch andere gelingen. 








*) Ob das eisen- und stickstoffhaltige Chlorophyll aus einer solchen 
Lösung hervorgeht? 


**) Zeitschr. f. analyt. Chemie von Fresenius 12, 1. 1873. Es 
ist zu wünschen, dass Guanoknollen häufiger untersucht werden, und be- 
sonders Acht gegeben wird, ob Gemenge von Sulphaten und Phosphaten 
oder chemische Individuen vorliegen. 

##*) Ein analoger Fall: das Vorkommen des Fluors in den Knochen 
dürfte wohl mit dem Fluorgehalt des Apatits zusammenhängen; die 
Pflanze nimmt mit der Phosphorsäure gleichzeitig das F auf. 








591 


Aus den in dieser und einer früheren Arbeit*) mitge- 
theilten Versuchen gebt hervor, dass die Zeolithe am raschesten 
einem Stoffwechsel unterliegen, man darf somit wohl mit 
MuLper die absagbirenden Bodensilicate der Kategorie der Zeo- 
lithe beizahlen, doch nicht ausschliesslich. Magnesiahaltige 
Zeolithe sind bis jetzt unbekannt, ebenso solche mit basischem, 
durch Alkali vertretbarem Wasser, letztere Silicate scheinen 
vorherrschend durch Zersetzung von Zeolithen und anderen 
Silicaten hervorzugehen; ferner lehrt der Versuch mit dem 
Leacit**), dass entschieden feldspathartige Silicate ebenso 
rasch wie zeolithartige absorbiren. Die Annahme A. Knop's, 
dass bei der Kaliabsorption sich glimmerähnliche Silicate bil- 
den, ist eutschieden anstatthaft, da das Charakteristische des 
Glimmers: grosse Widerstandsfähigkeit gegen kohlensaures 
Wasser und Salzlösungen nicht stattfindet. 

Man hat geglaubt, dass die Absorptionsgrösse und die 
Menge der durch verdunnte Säuren aufschliessbaren Basen des 
Bodens parallel laufen, aber die von BiEDERMARN*”*) ange- 
fübrten Belege statzen nicht die Bebauptung; auch berichtet 
Knort), der diese These aufstellte, dass der Rheinloss, bei 
verhaltnissmassig grosser Menge an aufgeschlossenen Basen, 
eine geringe Absorption zeigt, und die in vorliegender Arbeit 
mitgetheilten Versuche thun dar, dass derartige einfache Be- 
ziehungen gar nicht zu erwarten sind. 

Wohl kann man sagen: Silicate, die rasch mit Salzlosun- 
gen in chemische Wechselwirkung treten, werden durch Sauren 
leicht zerlegt, aber das Umgekehrte gilt nicht, was sich aus 
Versuchen mit Elaeolith, Hauyn, Barytharmotom, Laumontit, 
Anorthit‘und dem neuen Mineral vom Versav 6. ergab, auch 
muss nochmals herrorgehoben werden, dass ein und dasselbe 
Silicat sich verschieden gegen verschiedene Salze verhält. 
Einige Bestandtheile des einen Bodens können rasch Kali ab- 
sorbiren, dagegen langsam Natron, Kalk etc., bei einem an- 
deren Boden kann es umgekehrt sein, die Absorptionsgrösse ff) 


*) Zeitschr. d. d geol. Ges. 1872, pag. 250. Es sind ausserdem 
von mir Versuche an den verschiedenen Feldspäthen, Hornblende, Cor- 
dierit, Serpentin. Skapolith angestellt worden; doch hat bis jetzt nur bei 
der Hornblende ein Stoffaustausch sicher nachgewiesen werden können. 

*%) Der wasserfreie Wollastonit und der wasserarme Pektolith und 
Gehlenit treten mit Magnesiasalzen sehr rasch in Wechselwirkung. 
***) Landwirthschaftl. Versuchsstat. 15, 32. 1872. 

+) ibid. 15, 288. „Die Bonitirang des Bodens“ von Krop war mir 
nicht zugänglich. 
+) Streng genommen: Absorptionsgeschwindigkeit; die Absorptions- 
grösse hängt ab von der Menge vertretbarer Stoffe; bei hinlänglich langer 
Einwirkung wird es gelingen, auch in den unzersetsten Silicaten des Bo- 
dens (Feldspath etc.) Basen zu substituiren. 


592 


ist willkürlich und hängt von der Wahl des zur Absorption 
bestimmten Stoffes ab. Eher gilt der Satz: Mineralien, die 
schwer durch Säuren zerlegt werden, tauschen sehr langsam 
ihre Bestandibeile gegen andere aus, doch gilt das nur, so 
lange die Zeit der Einwirkung verhältnisamässig kurz ist; 
beispielsweise unterliegen die durch Sauren nicht zerlegbaren 
Mineralien: Cordierit, Augit, Hornblende, in der Natur einer 
sehr grossen Zahl von Zersetzungs- urd Umwandlungsproduc- 
ten, während die durch Säuren zerlegbaren Silicate: Serpentin, 
Chlorit, Magnesiaglimmer, sich durch ihre Widerstandsfabigkeit 
auszeichnen. 

In der Rubrik der von Knop bezeichneten „aufgeschlosse- 
nen Basen‘‘ sind enthalten: Kali, Natron, Kalk, Magnesia, 
Thonerde und Eisenoxyd ; von letzterem ist ein Theil als freies 
Oxydhydrat im Boden vorhanden. Ueber den Stoffwechsel der 
Sesquioxyde im Mineralreich ist zur Zeit nichts sicheres be- 
kannt, bei der Bodenabsorption geben die Sesquioxyde nicht 
in die wässrige Lösung über, auch konnte bei den von mir 
augestellten Versuchen kein merklicher Thonerdeaustritt nach- 
gewiesen werden; in erster") Reihe betheiligten sich somit an 
der Absorption Alkalien und alkalische Erden, es können folg- 
lich nur zwischen der Menge dieser und der der absorbirten 
Stoffe Beziehungen stattfinden, nicht zwischeu der Summe der 
Sesquioxyde und der mono- und bivalenten Basen einerseits, 
und der Absorptionsgrösse andererseits. Eine directe Propor- 
tionalitat zwischen den absoluten Mengen der absorbirten 
Stoffe und der aufgeschlossenen Basen, wie Knop statuirt, ist 
gar nicht zu erwarten, da die Absorption ein rein chemischer 
Process ist, und somit eine Vertretung nach aequivalen- 
ten Mengen stattfindet; nur wenn zufällig in zwei Bodenarten 
die absorbirenden Silicate vollkommen identisch sind, findet 
zwischen absoluten Mengen Proportionalität statt. 

Knop wendet zur Absorption Salmiaklösung an, compli- 
cirt jedoch den Process durch Zusatz von Kreide. Nach dem 
BERTHOLLET schen Gesetz müssen sich bei der Einwirkung von 
Salmiak auf kohlensauren Kalk Chlorcalcium und kohlensaures 
Ammon bilden, und letzterer Stoff kann nach dem Versuch 
12. nicht nur in Ammoniak zerlegt werden, welches das ba- 
sische Wasser der Silicate verdrangt, sondern sich auch als 
solcher zu den Silicaten addireu; zwischen diesen beiden Pro- 
cessen und der Menge der fixen aufgeschlossenen Basen be- 


*) Auch nur gültig unter gewissen Einschränkungen: wenn Phos- 
phate, freie und kieselsaure Alkalien auf den Boden einwirken, werden 
sich die Sesquioxyde unter Bildung von Doppel-Phosphaten und -Silicaten 
geltend machen. 











693 


steht aber gar kein Zusammenhang. Auch die etwaigen Be- 
ziehungen zwischen Fruchtbarkeit und Absorptionsgrösse müssen 
bei Anwendung von Salmiak mit Kreide*) verdeckt werden; 
ein Boden, dessen Silicate wesentlich aus Kieselsaure, Thon- 
erde und basischem Wasser bestehen, wird noch immer eine 
hohe Absorption. von kohlensaurem Ammon aufweisen, ist aber 
wegen Mangel an Kali, Phosphorsaure etc. unfruchtbar; bei 
einem solchen Boden wurde eine Düngung mit Chlorkalium 
oder Kalisulphat nichte nützen, nur durch Kalicarbonat oder 
ein Gemenge von KCi und Ca Co, wurde der Zweck erreicht 
werden; vielleicht wird die hohe Absorption des sterilen Ser- 
pentinbodens von -Bobrigen**) durch Verwitterangsproducte 
des Serpentins, die basisches Wasser enthalten, hervorgerufen. 
Sollen sichere Grundlagen für die Bodenbonitiruug gewonnen 
werden, so müssen Bodenkuude und chemische Geologie Hand 
in Hand gehen, widrigeufalls gelangt man zu scheinbaren Ge- 
setzen, die in vielen Fallen passen, in anderen versagen. 

11. In dem Abschnitt II., S. 530, wurde hervorgehoben, 
dass kohlensaurer Kalk mit Salzlösungen in Wechselwirkung 
tritt, beispielsweise bei der Bebandlung mit Salmiaklösung 
gebt nur ein kleiner Theil des koblensauren Kalkes als sol- 
cher in die Lösung uber, der grössere als Chlorcaleium gleich- 
zeitig mit kobleusaurem Ammon, bis Gleichgewicht eingetreten 
ist. Wird das Ammoncarbonat in dem Maaase, als es sich 
bildet, entfernt, so muss aller feste koblensaure Kalk als 
Chlorcalcium in Lösung geben. Ein derartiges Mittel, Alkali- 
carbonate zu binden, besitzen wir in dem Silicat 5. Es wurde 
reiner koblensaurer Kalk mit Salmiaklösung bei Zimmertempe- 
ratur in einem verschlossenen Gefäss unter sehr baufigem Um- 
schütteln 6 Tage behandelt. Zu genau den gleichen Mengen 
Wasser, kohlensauren Kalks und Salmiak wurde eine Partie 
des Silicats 5. hinzugefügt und ebenfalls 6 ‘Cage bei Zimmer- 
temperatur digerirt. Im ersten Fall waren 0,051 grm. Kalk 
in die Lösung übergegangen, im zweiten sehr viel mehr: 
0,202 grm., wie nach der Theorie zu erwarten war; doch 
muss bemerkt werden, dass im letzteren Fall auch durch einen 
Tbeil der frei werdenden Kohlensäure kohlensaurer Kalk ge- 
löst sein muss. 

Es wurden noch zwei Versuche angestellt. Kohlensaurer 
Kalk und Chlorkaliumlösung wurden bei Zimmertemperatur 
8 Tage lang digerirt, nach welcher Zeit 0,0149 grm. Kalk von 
der Chlorkaliumlösung aufgenommen waren; dieselben Mengen 


*) Ebenso in allen Füllen, wo der Boden Kalk oder Dolomit 
enthält, N 


**) Landwirthschaftl. Versuchsstationen 15, 31. 1872. 


594 


Wasser, kohlensaurer Kalk, Chlorkalium wurden mit dem Si- 
licat 5. ebenfalls 8 Tage stehen gelassen, es waren nach dieser 
Zeit 0,251 grm. Kalk in der Chlorkaliumlösung erthalten. 

Diese Versuche thun dar, wie wesentlich verschieden 
chemisch-geologische Umbildungen verlaufen können, je nach 
den electronegativen Bestandtbeilen der Salzlösung, welche die 
Metamorphose bewirkten. In beistehender — 
Skizze eines Profils bezeichne die Zone a — —  — — ——. 
etwa ein Carnallitlager, unter dem sich Ti v 
Thonschichten befinden. Stellenweise sei ———— 
der Thon in ein kalireiches, etwa glimmer- b ///////////// 
artiges Product umgewandelt: b (durch ////////////] 
Schraffirung angedeutet). Der Gedanke 
liegt nun nahe, den Kaligehalt des Umwandlungsproducts von 
dem darüber lagernden Carnallit herzuleiten; freilich bleibt die 
Thatsache unerklärt, warum nicht sämmtlicher Thon dieselbe 
Veränderung erfahren hat. Ganz anders stellt sich die Sache, 
sobald man gefunden, dass die veränderten Thonpartien etwas 
koblensauren Kalk fahren, wahrend die Umgebung davon frei 
ist. Besitzt der Thon etwa eine ähnliche Zusammensetzung 
wie das Silicat 5., so wird die hindurch sickernde Chlorkaliam- 
losang keine Einwirkung ausüben; mit Kalkcarbonat zusam- 
mentreffend, wird das Chlorkalium zum Theil in CaCl, und 
K,CO, sich umsetzen und dieses letztere Salz ist zur Um- 
wandlung des Thones in ein Kalisilicat geeignet. Da der ver- 
änderte Thon keinen Kalk aufgenommen hat, so wird man 
schwerlich darauf kommen, den mechanisch beigemengten 
koblensauren Kalk mit der Metamorphose in Zusammenhang 
zu bringen, und doch ister die conditio sine qua non gewesen; 
noch schwieriger wurde der Vorgang zu deuten sein, wenn 
der kohlensaure Kalk völlig ausgelaugt, somit der letzte Finger- 
zeig verwischt ist. 

Wie die Umwandlung dieses Thones durch den kohlen- 
sauren Kalk bedingt wird, so wird umgekehrt die Löslichkeit 
resp. Wandelbarkeit des koblensauren Kalks durch die Gegen- 
wart des Thons verändert werden. Von zwei Mergeln, von 
denen der eine einen alkalibindenden Thon, der andere etwa 
einen chloritischen enthält, wird der erstere unter sonst glei- 
chen Umständen an chlornatrium- und chlorkaliumhaltige Ge- 
wässer in derselben Zeit mehr Kalk in Form von Chlorcalciam 
abgeben als letzterer. 

Derartige Beeinflussungen eines chemischen Processes 


*) Zum grössten Theil als Ca CI, gelöst, da die Lösung beim Kochen 
nur sehr wenig kohlensauren Kalk, der als Bicarbonat vorhanden was, 
abschied. ; 





595 


durch einen anderen mögen häufig vorkommen, und dio auf- 
fallende Thatsache, dass anscheinend ganz homogene Gesteins- 
massen selbst auf kleiner Entfernung sehr verschiedene Um- 
bildungen erlitten haben, verliert nach obigen Betrachtungen 
wenigstens etwas vom Räthselbaften. Die angeführten Ver- 
suche sind übrigens geeignet, die von PFAUNDLER*) gegebene 
Erklarung der sogenannten pradisponirenden Verwandtschaft 
durch Massenwirkung zu erläutern und zu stützen. 

12. Zur Bestimmang der aufgeschlossenen Silicate des 
Bodens, also derjenigen, welche zunächst den Pflanzen zu 
Gute kommen, wird der Boden mit verdünnten Säuren extra- 
hirt, in der Voraussetzung, dass die Wirkuog der letzteren 
abniich ist, wie die der Kohlensäure, nur eine energischere. 
Dem ist nicht so: Kohlensäure und Mineralsäuren verhalten 
sich gegen Silicate wesentlich verschieden, schon deshalb, 
weil erstere sich nur mit den starken Basen verbindet, die 
Sesquioxyde aber unangegriffen lässt, während die Mineral- 
sauren alle Basen auflösen. Silicate, die darch Säuren leicht 
und vollständig zerlegt werden, wie Chlorit, Glaukonit, Magne- 
siaglimmer, Pyrargillit, sind durch ihre schwierige Verwitte- 
rung bekannt, während beispielsweise Oligoklas und Andesin 
durch Säuren höchst unvollständig zerlegt werden, dagegen im 
Vergleich mit den oben angeführten Mineralien sehr leicht ver- 
wittern. Das verschiedene Verhalten des Oligoklases und 
Orthoklases bei der Verwitterung geht aus den im ersten Ab- 
schnitt mitgetheilten Analysen bervor, als aber gleiche Mengen 
feingepulverten Adulars vom St. Gotthard und Oligoklas von 
Zöblitz mit gleichen Mengen Salzsäure gleich lange Zeil**) 
auf dem Dampfbade digerirt wurden, waren im ersten Fall 
4,91 °/,, im zweiten 5,25 °/, zerlegt, also fast gleiche Men- 
gen. Ferner muss hervorgehoben werden, dass die Kohlen- 
säure eine Auswahl unter den Basen trifft, bei den Plagio- 
klasen wird zuerst Kalk, dann Natron und zuletzt Kali ausge- 
schieden, während, wie aus dem Versuch 3d. im ersten 
Abschnitt (S. 523) ersichtlich, der Labrador durch Salzsäure 
fast ganz gleichmässig zerlegt wird. Dieses verschiedene, 
hisher abersehene Verhalten der Kohlensäure und der starken 
Mineralsäuren entzieht den Bodenanalysen den grössten Theil 
ihres Werths. 

13. Der Boden zeigt ein bedeutend grösseres Absorptions- 
vermögen für Kali als für Kalk, Magnesia und das dem Kali 
so nahe stehende Natron. Auch hierin verhält sich der Bo- 
den gleich den übrigen Silicaten. Kali und Natron weisen, 


*) Pose. Ann. pag. 131, 55. 1867. 
**) 10 Stunden. 


596 


wie im Organismus, so auch im Mineralreich, ein wesentlich 
verschiedenes Verhalten auf, was BiscHor zuerst mit Nachdruck 
hervorhob. Werden Silicate, die gleichzeitig Kali und Natron 
enthalten, durch Kohlensäure zersetzt, so tritt immer zuerst 
Natron aus, dann Kali; die Umwandlungsprocesse, bei denen 
Natron durch Kali ersetzt wird, gehen im grössten Maasse vor 
sich (Glimmer, Glaukonit, Pyrargillit), der umgekehrte Process 
findet nur selten und wenig ausgedehnt statt (Analcim aus 
Leucit, Albit aus Orthoklas). 

Das verschiedene Verhalten von Kali- und Natronsilicaten 
bei der Verwitterung und Umbildang wird durch folgende Ana- 
lysen veranschaailicht. *) 


Granit von Mitweida in Sachsen. 


13. Unzerseizt; Steinbruch an der Strasse zum Bahnhof. 

13a. Za einem thonigen Gras zerfallen. 

13b. Thonig, etwas plastisch. 

18c. Der zersetzte Granit ist verkieselt und in eine gelb- 
lich weisse, dicke, feste Masse umgewandelt; das verkieselte 
Gestein schliesst stellenweise Partien von weniger verändertem, 
nicht verkieseltem Granit ein, Bei der Verkieselung ist der 
meiste Thon wobl mechanisch durch das Wasser fortgeführt. 

14. Unzersetzter Granit aus einem Steinbruch bei Alt- 
mitweida. 

14a. Zersetzt, bröcklich, steinmarkähbnlich gefärbt. 


13. 13a. 13b. 138¢. 14. 14 a. 


H,O 0,96 5,80 779 2,66 09 2,85 
SiO, 68,17 68,49 73,43 88,60 72,20 73,68 
ALO, 16,34 14,71 10,51 5,57 14,14 14,20 
Fe,O, 2,82 2,76 3,09 0,90 2,15 1,24 
CaO 08 054 053 020 0,67 0,36 
K,O 6,66 5,75 2,32 1,04 5,97 5,81 
Na,O 341 0,94 013 0,19 2,98 1,52 
MgO 0,55 0,95 1,16 03 022 0,34 


99,80 99,94 98,96 99,50 99,29 100 


Granit von Waldbeim in Sachsen. 


15. Unzersetzt; Steinbruch an der Eisenbahn nach Mit- 
weida. 
15a. Zersetzt zu einer braunen brocklichen Masse. 


*) Die Analysen wurden ausgeführt, um die Veränderungen des 
Granits zu studiren, da die Arbeit aber vorläufig aufgegebea ist, mögen 
sie hier ihren Platz finden. 


597 


16. Unzersetzt; Steinbrach bei Schönberg, in der Nahe 
von Waldheim. 

16a. Zersetzt zu einer braunen, brocklichen, thonigen 
Maase. 

16b. Der zersetzte Granit ist verkieselt; weiss, fest and 
dicht, stellenweisse grössere Quarzköruchen einschliessend; 
auch hier ist bei dem Verkieselungsprocess der grösste Theil 
des Thones fortgeführt worden; hier wie bei Mitweida (13 c.) 
hat die Verkieselung an einer Gesteinsspalte stattgefunden. 


15. 15a. 16. 16a. 16b. 
H,O 0,9 3,42 1,06 3,07 1,49 
SiO, 73,00 14,14 76,12 75,89 91,65 
Al,O, 15,04 10,72 13,42 11,61 4,24 
Fe,O, 1,74 4,84 1,98 157 0,43 
CaO 0,73 0,38 0,34 0,23 0,10 
K,O 5,23 480 489 432 114 
Na,O 3,49 0,82 310 0,24 0,11 
MgO 041 088 O19 4054 £— 


100,58 100 100,40 98,17 99,16 


Bei den folgenden Umwandlangsproducten ist das ausge- 
schiedene Natron durch Magnesia ersetzt worden, es haben 
sich wahrscheinlich pyrargillitartige Verbindungen gebildet. 

17. Wenig veränderter Granit aus einem verlassenen 
Bruch am Wege nach Mitweida. Derselbe ist oberflächlich und 
im Innern (wohl auf sehr feinen Rissflächen) in eine braun- 
rothe oder grünlich gelbe, talkartige, höchstens 3 Mm. dicke, 
meist als Anflug auftretende Masse umgewandelt. Bisweilen 
zeigt das Umwandlungsproduct Fettglanz und ist immer strie- 
mig, schilfartig geformt, wie man es bei Chloriten beob- 
achtet 17a. 

18. Sehr feinkörniger, grauer, unzersetzter Granit in der 
Nahe von 17. Oberflachlich und auf feinen Rissen in eine 
grünlich graue, striemige, oft Fettglanz zeigende Masse umge- 
bildet; meist als Anflug, selten 2 — 3 Mm. dick auftretend. 
18 a.*) 


*) Manche dieser striemigen Partien erinnern an Gletscherschliffe 
und wurden ähnliche Gebilde auch am Granit des Monte Mulatto bei 
Predaszo aufgefunden. Sie sind reine Verwitterungsformen, bedingt durch 
innere Structur des Gesteins, wie dies auch von Heim in N. Jahrb. f Min. 
1874, pag. 993 für die „Schliffe‘ bei Hohburg dargethan. Dass diese 
Deutung die richtige ist, lässt sich besonders instructiv an einigen Hand- 
stücken von Predazzo darthun. Zerschlägt man ein solches Stück, so 
findet man im Innern desselben Anfänge einer Striemenbildung vor, und 
das Gestein lässt sich in parallele Lamellen spalten; am frischen Gestein 


598 


19. Etwas veränderter Granit; Bruch am Wege aus dem 
Zschopauthal zur goldeuen Hohe. Der fleischfarbige Granit 
wird in ein.hellgrünes Product umgewandelt. 19a. 


17. 17 a. 18. 18a. 19. 19a. 


H,O 1,78 3,34 0,85 4,97 1,41 3,08 
SiO, 65.38 65,77 71,05 68,74 73,36 72,57 
„AO, 16,21 15,35 14,65 11,23 14,02 13,28 
Fe,O, 3,98 3,68 2,83 6,77 1,66 3,22 
CaO 119 06 072 053 04 0,928 
K,O 5,80 6,95 4,11 4,13 569 5,45 
Na,O 2,96 133 2,86 036 2,95 1,23 
MgO 1,26 1,69 1,03 3,26 0,49 1,36 


98,59 98,70 98,10 99,98 100,02 100,47 


Wie man sieht, wird das Natron durchweg früher ausge- 
schieden als das Kali.*) 

Ueber die Veränderung der Kalksilicate durch Kali- und 
Natronsalzlösungen in der Natur liegen zur Zeit keine Beob- 
achtungen vor, doch zeigen die Versuche am Mesolith, Sko- 
lezit, Desmin, Chabasit, Stilbit, dass der Kalk durch Kali viel 
leichter verdrängt wird als durch Natron. Dass Kalisilicate 
viel schwieriger in Magnesiasilicate umgewandelt werden, als 
Natronsilicate, thun meine Untersuchungen uber die Umbildang 
des Melaphyrs zu Predazzo**), sowie der granitischen Gesteine 


ist von einer lamellaren Structur nichts zu erkennen. Viele dieser Strie- 
men sind von einem dunkelgrünen Umwandlungsproduct der Granitmine- 
ralien gebildet. Bisweilen findet man striemenfreie, glatte Flächen mit 
starkem Glasglanz, und rührt «dieser wahrscheinlich von einem dünnen 
Kieselsäureanflug ber; die glänzende Fläche lässt sich durch Quarz kaum 
ritzen. Angeregt durch dio Versuche von Prırr (Zeitschr. d. d. geol. 
Ges. 1872 pag. 401), aus der Verwitterungsgrösse auf den Zeitpunkt der 
sogenannten Eisperiode zurückzuschliessen, erlaube ich mir einen Vor- 
schlag zu machen, in der Hoffnung, dass er vielleicht von einer wissen- 
schaftlichen Gesellschaft realisirt wird. Bekanntlich erliegt eine Varietät 
des finnischen Granits, „der Rappakiwi', sehr rasch der Verwitterang, und 
zwar wird, wie Hrı.mensen zuerst gefunden, die der Sonne zugewandte 
Seite eines Rappakiwifelsens besonders energisch verändert. Auf geolo- 
gischen Excursionen in Hochland und Finnland hahe ich nicht selten 
erratische Blöcke gefunden, die auf der Nordseite vollkommen fest, auf 
der Südseite zu einem Grus zerfallen waren. Diese Veränderung ist seit 
der Eisperiode vor sich gegangen. Es müsste nun an einer grossen Zahl 
von Rappakiwiblöcken, von genau bekannten Dimensionen, die Verwitte- 
tungsgrösse von Zeit zu Zeit bestimmt werden; die so erhaltene Verwit- 
terungsgrösse mit der an den erratischen Blöcken gefundenen verglichen. 
ergiebt die Zeitdauer von der Eisperiode bis zur Gegenwart. 

*) In allen Fällen sind die unzersetzten Proben den zugehörigen 
veränderten (durch dieselbe Ziffer bezeichneten) möglichst nahe entnommen. 

**) Zeitschr. d. d. geol Ges, 1872 pag. 220. 


599 


zu Waldheim und Bohrigen*) dar. Kurz, wenn auch der 
innere Grund nicht bekannt ist, das Kali wird durchweg hart- 
näckiger zurückgehalten resp. leichter aufgenommen als Natron 
und Kalk und finden wir dieselbe Erscheinung heim Boden 
wieder. Die künstlich, d. b. rasch umgewandelten Zeolithe 
reagiren viel schneller gegen Salzlösungen als die natürlichen 
Zeolithe; findet bier zwischen der raschen Bildung und der 
grösseren Empfindlichkeit gegen Salze ein Causalnexus statt, 
und darf man diesen erweitern, so erklärt sich auch die grosse 
Umbildungsfahigkeit der im Boden entbaltenen, absorbirenden 
Silicate: sie bilden sich in sehr kurzer Zeit, wie durch das 
Brachliegen während eines Sommers bewiesen wird. 
Möglicherweise lasst sich vom Studium des Bodens Auf- 
schluss über eine physiologische Erscheinung erhalten, worauf 
zuerst Biscaor **) hingewiesen zu einer Zeit, als die Boden- 
absorption noch nicht bekannt war. Die Landpflanzen zeich- 
nen sich durch hoben Kaligehalt aus, Natron bedürfen sie, 
wenn überhaupt, nur in minimalen Mengen. BiscHor hob her- 
vor, dass das Kali von den Silicaten stärker zurückgehalten 
wird als Natron, im Boden wird die Pflanze mehr Kali als 
Natron vorfinden und demgemäss aufnehmen. Man weiss jetzt, 
dass der Boden im hoben Grade die Fähigkeit besitzt, Kali auf- 
zuspeichern, aber mit den gegenwärtigen Hilfsmitteln der analy- 
tischen Chemie ist man nicht im Stande, sich naheren Aufschluss 
über die Art und Weise der Bindung der Bodenbestandtheile 
zu verschaffen, geschweige denn das Verhältniss durch Zahlen 
auszudrucken. 'Indess darf man annehmen, dass wegen der 
leichteren Zersetzbarkeit der Natronsilicate durch kohlensaures 
Wasser nur ein kleiner Theil des Natrous in Form von leicht 
zerlegbaren Silicaten sich im Boden befinden wird, das Natron 
wird ausgewaschen und dringt in den Untergrund, hingegen 
werden leicht zerlegbare Kalizeolithe sich in grösserer Menge 
bilden, und diese decken zunächst den Kalibedarf der Pflanze. 
Die Thatsache, dass die Pflanze aus einer Lösung von Kali- 
und Natronsalzen doch nur erstere aufnimmt, spricht noch 
nicht gegen obige Auffassung, weil sich Organismen nur lang- 
sam veränderten äusseren Umständen anpassen. Konnten sich 
erat im Laufe langer Peridden Beziehungen zwischen dem Kali 
des Bodens und der Pflanze herstellen, so wird sich erst nach 
vielen Generationen eine Kalipflanze in einem natronreichen 
Medium in eine Natronpflanze umändern. Selbstverständlich 
können eine Menge anderer Ursachen den hohen Kaligehalt 


*) Zeitschr..d. d. geol. Ges, 1875. pag. 531. 
**) Chem. Geol. 1. Aufl. Bd. 1. pag, 860. 


Zeits, d. D, geol. Ges. XX VILL. 3. 39 


600 


der Landpflanzen hervorgerufen haben, es sollte nur darauf 
hingewiesen werden, dass möglicherweise die Fähigkeit des 
Bodens Kali aufzuspeichern gleichfalls als Ursache auftritt. 


V. 


Leucit, Nephelin und die Mineralien der Sodalithgruppe: 
Sodalith, Hauyn, Nosean, die man vor nicht langer Zeit als fast 
ausschliesslich den wirklich vulcanischen Gesteinen eigenthumlich 
annabm, sind durch die mikroskopischen Untersuchungen auch in 
anderen Gesteinen als mehr oder weniger haufige Bestandtheile 
erkannt worden, Die nahen chemischen Beziehungen zwischen 
Nephelin und den Gliedern der Sodalithgrappe haben schon 
lange den Gedanken nahe gelegt, dass zwischen ihnen auch 
ein genetischer Zusammeubang stattfindet, und dass letzterer 
in dem hier zu besprechenden Falle durch pyrochemische Pro- 
cesse herbeigeführt wird, ist im höchsten Grade wahrscheinlich; 
künftige Untersuchungen würden zu entscheiden haben, in wie 
weit ein solcher für dieselben Mineralien in den sogenannten 
plutonischen Gesteinen angenommen werden darf. 

Die Hohlräume der vesuvischen Auswürflinge vom Jahre 
1872 sind recht oft von folgenden, neugebildeten Mineralien 
bekleidet: Sodalith, Mikrosommit, Leucit, Sanidin, Augit, Gra- 
nat, Eisenglanz, Apatit, Glimmer. Die genannten Mineralien 
sind von einigen Forschern als Sublimate oder Umschmelzungs- 
producte schon vorhandener Mineralien gedeutet, von anderen 
als Producte der chemischen Wechselwirkung zwischen den 
Bestandtheilen der Lava und den gluhenden, valcanischen 
Exhalationsproducten, indess ohne uähere Darlegung dieses 
Vorgangs. Eine Neubildung durch Umschmelzung ist deshalb 
nicht annehmbar, weil, wie vom Raru*) hervorhebt, bei der 
Schmelztemperatur des Leucita der Augit, Feldspath etc. schon 
langst dünnflüssig sind; nun findet man Schlacken, wo die Leu- 
cite von neugebildeten Leuciten bedeckt sind, wahrend der 
Augit unverandert ist; die Umwandlungstemperatur des Lea- 
cits lag somit unter der Schmelztemperatur des Augits. Darf 
man unter solchen Umständen eine Sublimation gelten lassen? 
Zwar hat die Annahme einer Verdampfung eines festen Kor- 
pers unter seiner Schmelztemperatur nichts zu beanstandendes, 
aber man muss Bedenken tragen, diese Bildungsweise fur ge- 
nannte Mineralien zu statuiren, so lange es nicht gelungen ist, 
überhaupt ein Silicat zu verdampfen. Aber vielleicht sind die 
Mineralien durch indirecte Sublimation entstanden, indem ihre 
einzelnen Bestandtheile in Form fluchtiger Verbindungen mit- 


*) Zeitschr, d. d. geol. Ges. Bd. XXV. 1873, pag. 229. 








601 


einander zusammentrafen und, in chemische Wechselwirkung 
tretend, die verschiedenen Mineralien bildeten. Die Chloride 
der Alkalien, des Eisens, Aluminiums, Siliciums, das Fluor- 
silicium sind bei verhaltnissmässig niedriger Temperatur fluchtig, 
für die Chloride des Calciums und Magnesiums ist die Fluch- 
tigkeit zwar nicht nachgewiesen, wir wollen sie aber gelten 
lassen; alle diese Verbindungen mussten das Chlor gegen 
Sauerstoff austauschen, was.durch Wasserdampf bewirkt wurde, 
vielleicht auch zum Theil durch atmosphärischen Sauerstoff, 
wenigstens geht Eisenchlorid in Sauerstoff gegluht in Oxyd 
aber. Von diesen Verbindungen wird wohl jeder, dem die 
Schwierigkeit der Darstellung des Chlorsiliciums bekannt ist, 
diesen Stoff, als in Vulcanen vorkommend, ausschliessen, das 
Silicium kann somit nur in Form von Fluorsilicium*) verfluch- 
tigt werden. Es ist einleuchtend, dass nur in äusserst seltenen 
Fällen die genannten flüchtigen Stoffe in solchen Mengenver- 
haltnissen zusammentrafen, dass sie zur Bildung von Leucit, 
Augit etc. gerade ausreichten, in der Regel müssen einige 
von ihnen unverbunden übrig geblieben sein und wurden durch 
Wasserdampf zerlegt. In diesem Falle müssten die Schlacken- 
hohlraume in gleicher Weise wie mit Eisenglanz, auch mit 
Quarz (Tridymit), Korund, Periklas, Fluorverbindungen be- 
kleidet sein; auch die Bildung von Spinell darf beim Zusam- 
mentreffen von Chloraluminium und Chlormagnesium mit 
Wasserdampf erwartet werden. Keines der genannten Mine- 
ralien ist bis jetzt beobachtet worden, man muss somit die 
Annahme einer Bildung der Mineralien durch indirecte Subli- 
mation als wenig wahrscheinlich, oder nur selten vorkommend, 
fallen lassen. Es bleiben noch zwei Möglichkeiten übrig: 
1. die leichtfinchtigen Chloride der Alkalien und des Eisens 
traten dampfformig mit den Mineralien der Lava in chemische 
Wechselwirkung, die neugebildeten Silicate müssen denjenigen 
aufsitzen, resp. mit ihnen vermengt sein, aus welchen sie her- 
vorgegangen sind; 2. die Chloride nnd Sulphate der Alkalien, 
des Kalks und der Magnesia, die alle in den Schlacken nach- 
gewiesen sind**), sickerten im geschmolzenen Zustande über 
die Mineralien der Lava, die nicht blos chemisch verändert, 
sondern auch gelöst wurden, um bei sinkender Temperatur 
oder Veränderung des Lösungsmittels an Ort und Stelle oder 
anderweitig krystallinisch ausgeschieden zu werden. Zur na- 
heren Begründung dieser Deductionen sind die folgenden Ver- 
suche angestellt. 

1. Der Sodalith kann als eine Verbindung von Kochsalz 


*) HF-Emanationen sind beobachtet worden. 
**) vom Ratu: Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. XXV. 1873. pag. 242. 


39 * 








602 


mit Natrounephelin betrachtet werden; da alle bis jetzt analy- 
sirten Nepheline und Elaeolithe einen Kaligehalt von ca. 5 °/, 
aufweisen, ist man berechtigt, das Kali als wesentlichen Be- 
standtheil und nicht etwa als das Natron ersetzend anzuneh- 
men, man darf daher keinen unveränderten kalifreien Nephelin 
in den Laven annehmen. Soll also Nephelin in Sodalith um- 
gewandelt werden, so muss gleichzeitig mit der Kochsalz- 
addition Kali gegen Natron ausgetauscht werden. Fein gepul- 
verter Elaeolith von Fredriksvarn (1.) wurde mit Na CI unter 
folgenden Umständen geglüht: 

E. mit dem halben Gewicht NaCl 16 Stunden bei 
Hellrothgluht auf der Berzeliuslampe geglubt; es trat nur 
schwache Frittung des Pulvers ein, und liess sich die Fritte 
meist leicht mit dem Finger zerdrücken. (2.) 

E. in geschmolzenes NaCl eingetragen und dann !}/, 
Stunde bei beginnender Hellrothgluht erhalten. (3.)*) 

Wie bei 3., Versuchsdauer 1!/, Stunde. (4.) 

In beiden Fallen (3. und 4.) war das Silicatpulver an- 
scheinend nicht geschmolzen; nach dem Zergehenlassen der 
Schmelze in Wasser wurden die feinsten Theile des Silicats 
abgescblämmt und analysirt; die Rückstände waren zum gross- 
ten Theil unveranderter Elaeolith. 

E. 1 Stunde lang bei heftiger Weissgluht mit NaCl 
erhitzt; das Silicat war zu einem emailartigen Klumpen ge- 
schmolzen. (5.) 

Die Schmelzen wurden hier wie io allen folgenden Fallen 
mit heissem Wasser auagelaugt, die Rückstände aufs feinste 
gepulvert, abermals wiederholt ausgelaugt und schliesslich auf 
Saugfiltern ausgewaschen. Mochte man das Auslaugen und 
Waschen noch so lang fortsetzen, stets erhielt man bei er- 
neuter Digestion des Pulvers zwar äusserst schwache aber 
deutlich wahrnehmbare Chlorreaction im Waschwasser, so dass 
man annehmen muss, die Verbindung werde durch Wasser zer- 
legt. Vielleicht dürfte der sehr schwankende Chlorgehalt in 
den natürlichen Sodalithen zum Tbeil durch Auslaugung her- 
vorgerufen sein, woruber nächstens Versuche angestellt werden 
sollen. **) 


*) Zu allen von hier an folgenden Versuchen wurden auf ca. 
40 Grm. Salz (NaCl, K CI, CaCi,, Na,SO,) 3—5 Grm. Silicatpulver 
genommen. 

**) Die bedeutenden Na Cl-Effiorescenzen der Vesuvlaven werden all- 
gemein aus dem Meerwasser, was mit dem glühenden Magma zusammen- 
traf, hergeleitet, was sehr wahrscheinlich ist; es kann aber ein Theil des 
NaCl von schon gebildeten Sodalithen herrühren, die, durch überbitzten 
Wasserdampf zerlegt, das Na CI fahren liessen. 





603 


lL 3. 4. 5. 
SiO, 45,10 41,78 42,93 41,45 44,96 
ALO, 38,28 31,87 32,98 31,85 33,99 
: 5,05 1,81 1,48 0,97 

Na,O 16,36 18,48 19,16 19,28 20,87 
NaCl 0,70) 6,37 3,29 7,56 0,67 
(Cl)*) 8,87 2,00 4,59 0,41 

100,49 100,26 99,84 100,61 99,99 


Die Versuche thun dar, dass Elaeolith mit gluhendem NaCl 
zusammentreffend in der That in Sodalith***) umgewandelt 
wird, zugleich erscheint der Cl gehalt als abhängig von der 
Temperatur oder von der Abkühlungsgeschwindigkeit (die Probe 
5. küblte rasch ab) und es ist möglich, dass unter gewissen 
Umständen ein Cl- und K,Ofreier Natronnephelin das End- 
product ist. 

Zur Entscheidung der Frage, ob das freiwerdende KC! auf 
den Process von Einfluss ist, wurde Elaeolith in geschmol- 
zenes KCl eingetragen und '/, Stunde bei Hellrothglubt er- 
balten. Die Analyse 6 thut dar, dass auch bei pyrochemischen 
Processen die Massenwirkung ebenso zur Geltung kommt, wie 
bei hydrochemischen; soll im Nephelin alles Kali durch Na- 
tron ersetzt werden, so muss letzterer Stoff entweder in 
grossem Ueberschuss vorhanden sein, oder das KC! muss 
in dem Maasse als es sich bildet, fortgeführt werden. 

Elaeolith mit KC] geschmolzen: 


6. 
SiO, 42,38 
Al, O; 30,60 
K,O 27,10 
Na, O 0,70 
CI Spur 
100,78 


Die Frage, ob die kunstlichen Sodalithe von den natur- 
lichen am Vesuv und in den Syeniten Sibiriens und Norwe- 
gens im chemischen Verhalten abweichen, musste wegen Mangel 
an Material vorlaufig unerledigt bleiben, jedenfalls darf, selbst 


*) Direct bestimmte Cl-Menge, woraus der NaCl- (KCI-, Ca Ci,-) 
Gehalt berechnet wurde; beim Schmelzen und beim Auslaugen finden se- 
cundäre Processe statt, es ist daher nicht zu erwarten, dass das Aequi- 
valentverhältniss von Säure za den Basen unverändert bleibt, 

*% H O 


Krystalle wurden nicht erhalten, 


604 


wenn sich wirkliche Identität herausstellt. nicht ohne weiteres 
den Sodalithen Sibiriens und Norwegens eine plutonische Ent- 
stehung zugeschrieben werden, und wenn aller Sodalith ein 
plutonisches Product sein sollte, so darf er noch nicht als 
durch NaCl umgewandelter Nephelin gedeutet werden; aus 
dem feurigflussigen Magma konnten sich an den Stellen, wo 
NaCl*) zugegen war, sofort Sodalithe ausscheiden, während 
aus dem NaCl-freien Teige Nephelin anschoss. 

2. Die von Hessenpere**) beobachteten neugebildeten 
Anorthitkrystalle in der Santorinlava sind möglicherweise durch 
Einwirkung von Chlorcalciam auf Nephelin entstanden. Es 
wurde Elaeolithpulver mit Ca CI, '/, Stunde bei Hellrotbgluht 
geschmolzen; der gut ausgewaschene Rückstand war schwach 
flockig, etwa wie frisch gefällter 3CaO P,O,, und hat folgende 
Zusammensetzung: 


6a. 
SiO, 42,91 
Al, O, 32,92 


CaO 21,43 
Na, O 0,41 
CaCl, 1,03 
CO, 1,87 
(Cl) 0,65 

100,57 


Ob das Chlor mit dem Silicat verbunden, oder als ba- 
sisches Calciumoxychlorid vorhanden war, konnte nicht ent- 
schieden werden; letzteres ist möglich bei der Leichtigkeit, 
mit welcher schmelzendes Ca Cl, an feuchter Luft H CI verliert, 
und dann beim Erkalten CO, anzieht. Denkt man sich das 
Calciumoxychlorid und den CaCO, fort, so hinterbleibt ein 
Silicat von der Zusammensetzung des Anorthits; gegen die an- 
gedeutete Umwandlung von Nephelin in Anorthit lässt sich 
vom chemischen Standpunkte aus nichts einwenden. 

Dieses Umwandlungsproduct des Elaeoliths wurde mit 
NaCl 20 Minuten lang bei Hellrothgluht erhitzt, um zu er- 
fabren, ob aus demselben ein Elaeolith zuruckgebildet werden 
kann. 


*) Auch jedes andere Chlorid (KCI, MgCl,, CaCl,, FeCl,) musste, 
mit den Natronsilicaten sich theilweise umsetsend, NaCl liefern und so- 
mit Sodalitbildung. 


**) Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. XXV. 1873. pag. 247. 


605 


7. 

SiO, 41,10 
Al, O, 32,43 
CaO 10,55 
Na, O 11,52 
NaCl 4,73 
(Cl) 2,87 

100,33 


Wie die Analyse 7. zeigt, findet eine Rückbildung statt, 
wenn auch keine vollkommene; beim Versuch 6a. waren ca. 
40 grm. CaCl, mit 6 grm. Elaeolith erhitzt, beim Versuch 7. 
ca. 40 grm. NaCl und 4 grm. des künstlichen Silicats Ga. und 
doch ist im ersten Fall fast alles Na, O durch CaO, im zwei- 
ten aber nur die Hälfte des CaO durch Na,O ersetzt worden. 
Die Affinitatsverhaltnisse sind verschieden: um das Kalksilicat 
in ein Natronsilicat umzuwandeln, ist weit mehr NaCl erfor- 
derlich, als CaCl,, um die umgekehrte Metamorphose zu be- 
wirken. 

Das Silicatpulver 7. ist nicht mehr flockig wie der künst- 
liche Anorthit 6a., sondern sandig und zeigt unter dem Mi- 
kroskop neben amorphen Partikeln eine beträchtliche Zahl 
winziger Krystalle, in die Länge gezogener Säulen (die grösste 
Länge beträgt 0,05 Mm., die grösste Dicke 0,002 Mm.), deren 
krystallographischer Charakter, der Kleinheit wegen, nicht 
festgestellt werden konnte Hier ist also wirklich ein 
Silicat von einem schmelzenden Gemisch von 
Ca CI,*) und NaCl aufgelöst und beim Erkalten 
krystallinisch abgeschieden worden. **) 

Ueber die chemische Zusammensetzung der Krystalle giebt 
die Analyse keinen Aufschluss, weil man nicht weiss, ob die 
Krystalle und die amorphen Partikel identisch sind oder nicht. 
Sind letztere chlorbaltige Kalksilicate, so können die Krystalle 
Nephelin sein, ist das Ganze aber ein chemisches Individuum, 
so deutet die Analyse auf einen Natronmikrosommit. ***) 

Zur weiteren Verfolgung dieser Frage wurden ausgesuchte 
Anorthitkrystalle vom Mte. Somma (8.) als feines Pulver in 
schmelzendes NaCl eingetragen) und 35 Minuten bei Hell- 


*) Aus dem Silicat stammend. 
*) Bei zweimaliger Wiederholung des Versuchs gelang es mir 
nicht, Krystalle zu erhalten. 

**) Ein solcher ist bis jetzt in der Natur nicht angetroffen, da aber 
die Zusammensetzung des Silicats 7, bis auf den Na,O gehalt, am meisten 
mit der des Mikrosommits stimmt, so mag obige Bezeichnung der Kürze 
wegen geduldet werden. 

+) Auf 2 grm. Anorthit ca, 30 grm. NaCl, 











606 


rothglubt erhalten. Das gut ausgewaschene, meist leicht ab- 
schlammbare, und nur stellenweise zu grosseren Partikeln ge- 
frittete Pulver zeigt folgende Zusammensetzung (9.): 


8 9. 


SiO, 43,27 41,17 
Al, O, 36,19 34,84 
CaO 19,94 9,87 
Na, O 0,70 10,31 
NaCl 3,70 
(Cl) 2,24 


100,10 99,89 


Es ist beinahe dasselbe Product erhalten worden wie 
beim Versuch 7., doch liessen sich keine Krystalle wahrneb- 
men. Beim Versuch 9. wurde auf 1 Theil Anorthit mebr 
NaCl genommen als beim Versuch 7. und doch ist das Ver- 
baltniss von CaO zu Na,O in den umgewandolten Silicaten 
fast dasselbe, wahrend man doch wegen der grosseren Masse 
des angewandten NaC) im Silicat 9 viel meht Na,O erwarten 
sollte. Man kann mit einiger Wahrscheinlichkeit annebmen, 
dass beide Silicate (7. und 9.) Natronmikrosommit sind und 
nicht Gemenge von einem Kalk- und Natronsilicate. Im letz- 
teren Fall hätte der grosse NaCluberschuss beim Versuch 9. 
sich geltend machen müssen; hat sich aber Natronmikrosommit 
gebildet, so sind die Affinitäteverhaltnisse zwischen Na CI und 
dem CaO im Anorthit (resp. Silicat 6.) andere als zwischen 
NaCl und dem CaO im Mikrosommit; auch jetzt muss die 
Masse des NaCl ihre Wirkung äussern, aber sie mag es in 
einem viel geringeren Grade thun als vorher. Hierüber liesse 
sich durch Schmelzversuche mit Mikrosommit und KCl Aus- 
kunft erwarten; tritt dabei bei grossem KClüberschuss nur we- 
nig CaO aus, so fände obige Deutung ihre Stütze und es 
sollen später ähnliche Experimente vorgeführt werden, die 
diese Deduction wahrscheinlich machen.*) — 

Es wurden 5 grm. Elaeolithpulver in ein schmelzendes Ge- 
misch von 2,75 grm. CaCl,, 25 grm. KC] und 5 grm. NaCl 
eingetragen und 20 Minuten bei Hellrothgluht behandelt; nach 
Auslaugung der löslichen Salze zeigte der veränderte Elaeolith 
folgende Zusammensetzung: 


*) Ein Einwand darf nicht verschwiegen werden, nämlich dass der 
Anorthit und das künstliche Silicat 6a. nicht identisch zu sein brauchen ; 
leider musste eine experimentelle Verfolgung dieser Frage unterlassen 
ls weil reiner Anorthit nicht in hinreichender Menge beschafft wer- 

en Konnte, 











607. 


10. 

SiO, 41,00 
Al, O, 34,00 
CaO 10,56 
K, O 13,53 
Na, O 1,18 
NaCl 0,50 
(C1) 0,30 

100,77 


Wenn sich auch die Erwartung, krystallisirten Mikro- 
sommit zu erhalten, nicht erfullte und die zurackgehaltene 
NaClmenge viel geringer ist als beim genannten Mineral, so 
giebt das Experiment doch einen deutlichen Fingerzeig für die 
Entstehungsweise des Mikrosommits, zugleich bestätigt sich 
die frühere Erfahrung, dass selbst bei grossem Chloralkali- 
überschuss doch die Hälfte des Alkalis im Elaeolith durch 
Kalk ersetzt wurde. | 

Aus den Versuchen lassen sich folgende Schlusse ziehen: 
Mikrosommit ist ein Mittelglied zwischen Sodalith (Nephelin) 
und Anorthit, aus jedem dieser Glieder können die beiden an- 
deren durch pyrochemische Metamorphose hervorgehen. Wirkt 
auf Nepbelin (Sodalith) wenig CaCl, oder ein Gemenge von 
CaCl, und KOI (NaCl) ein, so bildet’ sich Mikrosommit, bei 
Ca CI, aberschuss: Anorthit; tritt umgekehrt Anorthit mit wenig 
KCI (NaCl) in Wechselwirkung, so bildet sich Mikrosommit, 
mit viel NaCl: Sodalith (Nephelin).*) Hervorgehoben muss 
noch werden, dass nach den bisherigen Analysen der Sodalith 
kieselsäureärmer ist als der Nephelin, dass dagegen im Anor- 
thit dasselbe Verhaltniss von Al, O, zu SiO, herrscht wie im 
Sodalith. Sollten diese Verhältnisse durchweg constant sein, 
so muss bei der Umwandlung des Nephelins in Sodalith 
Kieselsaure ausgeschieden werden. 

3. Nosean kann als Verbindung von Natronnephelin mit 
Natronsulphat aufgefasst werden, im Hauyn kann die Schwefel- 
säure entweder nur an Kalk oder nur an Natron oder an beide 
Basen gebunden sein. Bei der grossen Verwandtschaft des 
Baryts zur Schwefelsäure durfte man annehmen, dass bei der 
Behandlung von Hauynpulver mit Chlorbaryumlösung, zuerst 
die Basen, welche an Schwefelsaure gebunden sind, gegen 
Baryt ausgetauscht werden, und erst später die an Kieselsäure 


*) Bei künftigen Untersuchungen soll die Einwirkung von KC) + 
NaCl auf Anorthit erprobt werden; man darf in diesem Fall als End- 
product einen wirklichen kalihaltigen Nephelin erwarten, 


608 


gebundenen *), indess konnte nach dreimonatlicher Digestion 
bei 100° nur ein sehr geringer Kalk- und Natronaustritt aus 
dem Magma nachgewiesen werden, der ebenso gut durch die 
Einwirkung des heissen Wassers auf das Silicat selbst veran- 
lasst sein konnte; der Versuch muss zur Erlangung schlagen- 
derer Resultate fortgesetzt werden. 

Der Hauyn kann unter Umständen durch Einwirkung von 
schwefelsaurem Kalk auf Nephelin oder von schwefelsaurem 
Natron auf Anorthit entstanden sein; beim Zusammenglüben 
von Gyps- und Elaeolithpulver liessen sich bis jetzt keine 
hauynartige Verbindungen herstellen; war die Temperatur sehr 
hoch, so schmolz das Ganze zu einem trüben Glase, wobei 
die Schwefelsaure zum grössten Theil entwich, auch war der 
Erfolg kein besserer, wenn statt Gyps ein Gemenge von 
Na, SO, und CaCl, genommen warde. 

Es wurde Anorthitpulver mit geschmolzenem schwefel- 
saurem Natron eine halbe Stunde bei Hellrothgluht behandelt; 
anfangs gab das pulvrige Product reichliche Mengen schwefel- 
sauren Kalks an Wasser ab, gegen Ende trat dasselbe ein, 
wie beim künstlichen Sodalith: auch nach sehr langer, häufig 
wiederholter Digestion enthielt das Wasser Spuren von Schwefel- 
säure, sodass man wohl eine durch Wasser zerlegbare Verbin- 
dung von Silicat und Sulphat annehmen darf; Experimente zur 
Ermittelung der Basis. im Sulphat mussten wegen Mangel an 
Material unterbleiben. 

Die Zusammensetzung **) des veränderten Anorthits ist 
folgende: 

11. 
SiO, 42,56 
AL O; 34,92 


CaO 2,00 
Na, O 19,54 
Na, SO, 1,89 
(SO,) 1,07 

100,91 


ee 


*) Der Einwand, dass die an SO, gebundenen Basen sofort nach 
der Auswechselung gegen BaO sich mit den an SiO, gebundenen Basen 
zum Theil austauschen können, ist berechtigt, und kann diese Frage nur 
dureh zahlreiche anderweitige Versuche entschieden werden. Manche 
Hauyne entwickeln mit Säuren etwas H,S: vielleicht lässt sich durch 
Digestion mit Sublimat- oder Silberlösung die Basis ermitteln, an welche 
der 8 gebunden ist; mir waren derartige Hauyne nicht zugänglich. 

**) Es wurden auf I grm. Anorthit ca. 30 grm. Na,SO, genommen, 
beim Versuch 9. kamen auf 2 grm. Anorthit 30 grm. NaCl; dem ent- 
sprechend ist in 11. mehr CaO durch Na,O ersetzt worden, doch fragt 
es sich, ob dies die grössere Masse des Na,SO, allein bewirkt hat, 
ob nicht auch die Affinität der SO, zum CaO eine bedeutende Rolle ge- 
spielt hat. 








609 


In der Absicht, noseanartige Verbindungen zu erhalten, 
wurde Elaeolith mit schwefelsaurem Natron gegluht: 

12. '/, Stunde bei Hellrotbglubt (zur Analyse wurde nur 
der leicht abschlammbare Antheil des veränderten Silicats ge- 
nommen); 

13. 1 Stunde bei Weissgluht, wobei das Silicat zu einem 
Glasklampen schmols. 


12. 18 
SiO, 44,73 44,00 
ALO, 33,34 32,52 
K,O 1,98 
Na,O 18,93 * 23,96 
Na, SO, 0,23 0,41 
(80,) 0,13 0,24 


99,21 100,89 


Auch hier sind trotz anhaltender Auslaugung durch Wasser 
kleino Mengen schwefelsauren Natrons zurückgehalten, ausser- 
dem hat das Silicat 13. viel Natron aufgenommen, eine Er- 
scheinung, welche mehr oder weniger bei allen Schmelzver- 
suchen auftritt.) 

Sind die Ergebnisse der Versuche über Nosean- und 
Hauynbildung auch nicht so schlagend wie beim Sodalith, so 
fordern sie doch zur weiteren Fortsetzung auf, jedenfalls thun 
sie dar, dass der Nephelin und Anorthit einer sehr mannig- 
fachen Umbildung fähig sind. Sieht man die basischen Laven 
als umgeschmolzene Nephelinbasalte an, so musste das glü- 
bende Magma, je nachdem es mit Chloriden oder Sulphaten 
der Alkalien oder alkalischen Erden zusammentraf, beim Er- 
starren verschiedenartige Producte geben, die man heute als 
Nephelin-, Sodalith-, Hauyn- oder Noseanlava bezeichnet; traf 
die glühende Masse einer Ernption an verschiedenen Stellen 
mit verschiedenartigen Salzen zusammen, so musste das sich 
bildende Gestein, obwohl der Eruption nach so zu sagen aus 
einem Guss, in seiner chemischen und mineralogischen Zu- 
sammensetzung sehr wechselnd sein. War das Gestein erstarrt, 
aber noch glühend, so mussten die durch obige Versuche er- 
lauterten Processe noch fortdauern, durch Rück- und Umbil- 
dung musste die Zusammensetzung des Gesteins, selbst auf 
kleinen Strecken, eine grosse Mannigfaltigkeit erlangen; es 
lasst sich z. B. a priori nichts gegen eine Umwandlung von 
Hauyn in Nosean (durch Na, SO,) oder umgekehrt, oder ge- 
gen eine Ueberführung von Hauyn in Sodalith einwenden und 


*) Auf dieses Basischwerden der Silicate hat auch C. Focus hinge- 
wiesen. Siehe Mineral. Mittheil. von Tscuurmax, 1871. pag. 65. 








610 


es sollen hieraber, sobald die Mineralien in hinreichender 
Masse beschafft sind, Versuche angestellt werden. 

4. In- einem Gestein am Kaiserstubl (Breisgau) finden 
sich zwei Mineralien, Verbindungen von Silicaten und Sul- 
phaten: Ittoerit und Skolopsit.*) Der hobe Wassergehalt des 
ersteren weist auf eine starke Veränderung hin, wenn nicht 
das Mineral von Hause aus ein wasserhaltiges ist; nach den 
wenigen vorhandenen Analysen lasst sich uber seine Zusammen- 
setzung nichts bestimmtes sagen. 

Die Constitution des Silicats im Skolopsit ist von der des 
Noseans und Hauyns völlig verschieden und nähert sich am 
meisten der des Granats. -Diese Aebnlichkeit und die That- 
sache, dass der Skolopsit mit Granat (Melanit) zusammen vor- 
kommt, legten den Gedanken nahe, dass hier genetische Be- 
ziehungen obwalten mögen, dass, die plutonische Bildung 
vorausgesetzt, aus demselben Magma bei Gegenwart von ach wefel- 
saurem Natron: Skolopsit, bei Abwesenheit: Granat sich ab- 
schied, und veranlassten folgenden Versuch. In schmelzendes 
schwefelsaures Natron wurde Granatpulver**) eingetragen und 
20 Minuten bei Hellrotbgluht behandelt; der ausgeschiedene 
schwefelsaure Kalk wurde durch viel Wasser ausgezogen, zu- 
letzt trat ein Zeitpunkt ein, wo bei lang andauernder, wieder- 
holter Digestion sebr geringe Spuren schwefelsauren Kalks in 
Lösung gingen, es somit wahrscheinlich war, dass der Rest 
von Kaiksulphat nicht mehr im freien Zustand, sondern mit 
dem Silicat verbunden sich vorfand. Bei dem langen Auslau- 
gungsprocess hat das Silicat aus der Luft Kohlensäure aufge- 
nommen. 


14. 
SiO, 36,69 
Al, O, + Fe,0, 24,90 
CaO 18,80 
Na, O 13,31 ö 
Mg O 1,90 
CO, 2,03 
Na, SO, 3,23 
(SO;) 1,83 
100,86 


Unter den neugebildeten vesuvischen Mineralien findet sich 
auch Granat, und falls die entwickelten Deductionen richtig 
sind, darf man auch Skolopsit als Begleiter desselben erwarten. 


*) Rosensoscu: Mikroskop. Physiographie pag. 181. 
**) Grossular vom Monzoni; die Analyse ist in einer friiheren Arbeit 
mitgetheilt; s. Zeitschr. d. d. geol. Ges, 1872, pag. 250. 





e 611 


5. Unter den bisherigen Analysen des Leucits weisen 
einige einen bedeutenden Natrongebalt auf, so dass man an 
die Existenz zweier isomorpber (Kali- und Natron-) Leueite 
gedacht hat. Die Leichtigkeit, mit welcher die Alkalien im 
Elaeolith sich ersetzen lassen, machte es sehr wahrscheinlich, 
dass auch beim Leucjt eine ähnliche Substitution ausfuhrbar 
ist und die Versuche haben das bestätigt. Es wurde Leucit- 
palver mit schmelzendem NaCl !/, Stunde bei Hellrothgluht 
behandelt, wobei das Silicat schwach frittete (15.); eine andere 
Portion wurde 1 Stunde bei Weissgluht mit NaC] erhitzt und 
es war das Silicat zu einem Emailklumpen geschmolzen (16.). 
Zur Entscheidung der Frage, ob das freiwerdende Chlorkalium 
auf den Process von Einfluss ist, wurde der umgewandelte 
Natronleucit 15. mit KCl bei Hellrothgluht geschmolzen und 
giebt die Aualyse 17. die Zusammensetzung des gebildeten 
Products. 


15. 16. 17. 
SiO, 58,12 58,13 54,45 
ALO, 23,72 24,55 23,50 
K,O 2,13 0,39 20,98 
Na,O 14,75 15,58 0,59 
NaCl 1,59 1,64 

K CI 0,74 
(CI) 0,97 1,00 0,35 


100,31 100,29 100,25 


Wie man sieht, lässt sich der Leucit durch schmelzendes 
NaCI in einen Natronleucit uberfabren, und letzterer durch 
K CI sich wiederum in einen Kalileucit ruckbilden. Man darf 
fast mit Sicherheit behaupten, dass die bekannten Analysen*) 
von AsicH und Bisonor sich auf einen durch NaCl umge- 
wandelten Leucit beziehen; in dem von ABicx untersuchten 
Leueit ist das Sauerstoffverhältniss vou Al, O,:R,O = 2,8:1; 
dieses Basischwerden der Silicate beim Zusammenschmelzen 
mit Alkalisalzen in feuchter Atmosphäre ist eine ganz allge- 
meine Erscheinung, welche auch im Versuch 15. ersichtlich 
ist. Da bis jetzt wenigstens kein reines **) Thonerde- Alkali- 
Silicat neptunischer Entstehung bekannt ist, in dem der Sauer- 


*) Baumerssens: Handbuch der Mineralchemie 1. Aufl. pag. 646. 
*) Bei CaO- und MgOhaltigen Silicaten hydrochemischen Ur- 


sprungs ist der Sauerstoff - Quotient an oft kleiner als 5. 





612 . 


stoff-Quotient RC kleiner als 3 ist (das umgekebrte kommt 


haufig vor), so darf man vielleicht für alle umgewandelte 
Thonerde-Alkali-Silicate mit einem kleineren Sauerstoff - Quo- 
tienten auf stattgehabte pyrochemische Metamorphose 
. schliessen. 

Dass RAMMELSBERG*) fur den Leucit aus demselben Lava- 
strom eine andere Zusammensetzung gefunden hat als BıscHor, 
fallt nicht auf, wenn man annimmt, dass der Bıscuor’sche 
Leucit sich an einer Stelle befunden hat, wo Kochsalzemana- 
tionen besonders stark waren. Diese Deductionen mussen 
durch künftige Untersuchungen des Leucits begründet werden; 
da die kanetlich umgewandelten Leucite 15. bis 17. einen 
Chlorgehalt aufweisen, darf man einen solchen auch in den 
natürlich veränderten erwarten, ebenso ist es wahrscheinlich, 
dass die peripherischen Theile des Leucits, zu dem das NaCl 
leichteren Zutritt hatte, natronreicher sein werden, als die cen- 
tralen. *) Ferner wäre es interessant, einen Leucitkrystall 
einer Atmosphäre von NaCl -Dämpfen auszusetzen, einmal um 
die physikalischen Aenderungen kennen zu lerneu, dann um 
die Zeit zu bestimmen, welche im Minimum zur völligen Um- 
wandlung erforderlich ist. 

Die bekannte Pseudomorphose von Nephelin und Sanidin 
uacb Leucit verdankt möglicherweise einer pyrochemischen 
Einwirkung von Natronsalzen auf Leucit ihre Entstehung: es 
ist wichtig zu erfahren, ob die bei der Eruption von 1872 
neugebildeten Sanidine mit Nephelin oder dessen Aequivalent 
Sodalith (Mikrosommit) verwachsen sind und ob sie Leuciten 
aufsitzen, in welchem Falle man ihnen eine ähnliche Entste- 
hungsweise zuschreiben darf, wie der obigen Pseadomorphose. 


6. Leucitpulver !/, Stunde bei Hellrothglubt mit geschmol- 
zenem Cblorcalcium behandelt, zeigt die Zusammensetzung 18.; 
das theils flockige, theils sandige Pulver ist jedenfalls kein 
chemisches Individuum, auch ist es sehr basisch geworden. 
Dieses Silicat wurde !/, Stunde mit Chlorkalium geschmolzen, 
um eine Rückbildung herbeizuführen, welche auch hier (19.) 
wie bei früheren ähnlichen Versuchen nur zum Theil er- 
folgt ist. 


*) Handbuch der Mineralchemie 1. Aufl, pag. 646. 


**) Dasselbe muss auch bei den, den veränderten Leucit unmittelbar 
berührenden Mineralien stattfinden. 








613 
18. 19 

SiO, 51,38 50,57 
Al,O, 22,99 21,37 
CaO 19,81 12,22 
K, O 1,49 13,41 
K CI 2,43 
Ca Cl 0,75 

CO, 3,58 

(Cl) 0,48 1,16 

100 100 


Aus den Versuchen ersieht man, dass unter Umstanden 
durch ein schmelzendes Gemisch von NaCl und CaCl, der 
Leucit in ein Gemenge von Sanidin und Anorthit resp. Mikro- 
sommit zerlegt werden kann, analog der oben erwähnten Pseu- 
domorphose; er kann aber auch als Ganzes in einen Plagioklas 
(Andesin)*) umgewandelt werden. 

Höchst merkwürdig sind die neugebildeten Leucite, die 
der alten aufsitzen. Da Sublimationen unwahrscheinlich sind 
und die alten Leucite ein stark zerfreasenes Aussehen dar- 
bieten, so lag die Annahme nahe, dass die Corrosion durch 
Lösungsmittel, im vorliegenden Falle geschmolzene Salze, 
herbeigeführt ist, und dass die neugebildeten Leucite aus die- 
sem Lösungsmittel ähnlich dem Natrunmikrosommit 5. in Kry- 
stallen abgeschieden wurden. Leider haben die Versuche, 
Leueit in Krystallen zu erhalten, bis jetzt keinen Erfolg ge- 
habt, was vielleicht nur daran lag, dass die Umstände einer 
Krystallisation nicht gunstig waren: es konnte nur mit kleinen 
Mengen bei verhältnissmässig rascher Abkühlung gearbeitet 
werden. Es wurde Leucitpulver, künstlicher Natron- und 
Kalkleucit jeder für sich mit einem grossen Ueberschuss von 
Chlorkaliam geschmolzen, jedoch ohne Krystalle zu erzielen. 
Der leitende Gedanke bei den zwei letzten Versuchen war der, 
dass die Leucite in den Laven zuerst durch NaCl oder CaCl, 
tbeilweise in leicht schmelzbare Natron- und Kalksilicate über- 
gefubrt werden, welche mit den Flussmitteln meist fortsickern, 
daher die Corrosion, und dass dann binzutretendes KCI die 
Rückbildung in Leucit bewirkt. Da der Leucit, wenn über- 
haupt, nur sehr wenig in schmelzendem K CI löslich ist — es 


*) Brom (Pseudom. d. Mineralreichs, Nachtrag 3. pag. 71.) beschreibt 
eine derartige Pseudomorphose von Oligoklas nach Leucit, doch dürfte 
hier eine neptunische Umwandlung vorliegen; möglicherweise ist auch 
nicht Leucit, sondern Analcim das ursprüngliche Minerel, was in Oligo- 
klas umgewandelt wurde, ähnlich der bekannten Pseudomorphose von 
Orthoklas nach 'Analcim. 


614 


gelang wenigstens nicht sehr kleine Mengen Leucit in viel 
K CI sichtlich aufzulösen — so kann man den Einwand erbeben, 
dass die neugebildeten Leucite schon deshalb nicht aus Aus- 
sigem K CI ausgeschieden sein können, weil die zur Lösung 
erforderlichen KCI-Mengen ungewöhnlich gross sein mussten. 
Vielleicht verdient ein Umstand Berücksichtigung. Frisch ge- 
fällter amorpher kohlensaurer Kalk lost sich leicht in be- 
trächtlicher Menge in Salmiaklösung auf, um bald darauf kry- 
stallinisch herauszufallen; man kann mit einer kleinen Menge 
Salmiaklösung successive grosse Mengen amorpben kohlen- 
sauren Kalke durch Lösen umkrystallisiren. Es liegt kein 
Grund vor, Aebnliches für pyrochemische Processe in Abrede 
zu stellen: nimmt man an, dass die neugebildeten und pra- 
xistirenden Leucite nicht absolut identisch sind, sondern kleine 
Unterschiede in der Dichte, Harte, im optischen Verhalten 
zeigen, so darf man auch annehmen, dass sie eine verschie- 
dene Löslichkeit in schmelzendem KCl besitzen, es konnte 
dann bei derselben Temperatur der praexistirende Leucit ge- 
löst und als physicalisch etwas veranderter niedergeschlagen 
werden, worauf das flüssige KCl im Stande war, sich von 
neuem mit dem präexistirenden Leucit zu sättigen, ganz analog 
dem oben erwähnten Process der Umkrystallisirung des kohlen- 
sauren Kalks. 

Wenn der neugebildete Leucit in der That Abweichungen 
vom präexistirenden aufweist, so kann er auch aus letzterem 
durch blosses langandauerndes Gluhen, ohne Beihilfe von 
Flüssen, entstanden sein, ähnlich wie der Quarz, ohne zu 
schmelzen, durch blosses Glühen in Tridymit*) ubergefabrt 
wird, oder wie lithographischer Kalkstein in Marmor sich um- 
wandelt. Die Corrosionserscheinungen werden natürlich nicht 
durch denselben Process hervorgerufen, aber es ist möglich, 
* dass die Corrosion zuerst durch Salze bewirkt wurde und 
später die Umkrystallisirung durch blosses Glühen eintrat. 

Alle diese Deductionen machen die Neubildung des Leu- 
cits auf dem angegebenen Wege noch nicht wahrscheinlich, da 
sie sich aber auf Thatsachen stützen, wurden sie hier aus- 
einander gesetzt, um Einwendungen, welche den Geologen von 
den mübevollen Experimenten abhalten könnten, zu begegnen. 

7. Die pyrochemische Metamorphose des Orthoklases 
erläutern folgende Versuche. Mit dem Adular von St. Gotthard 
20. wurden nachstehende Experimente angestellt: 21. Adalar- 
pulver '/, Stunde mit schmelzendem Kochsalz bei Hellroth- 
gluht behandelt; 22. 1 Stunde bei Weissgluht behandelt, wobei 


*) G. Ross in den Berichten d. deutsch. chem. Gesellschaft, 1869, 
pag. 388. 


615 


das Silicat zu einem Emailklumpen schmolz; 23. der künst- 
liche Albit 21. durch '/, stündiges Behandeln mit schmelzen- 
dem Chlorkalium in einen Orthoklas zurückgebildet. 


20. 21. 22. 23. 


SiO, 65,83 66,33 66,09 63,52 
Al,O, 19,27 19,89 19,97 18,87 


K,O 11,31 1,90 16,05 
Na,O 3,59 11,36 13,09 0,85 
K Cl 0,71 
NaCl 0,52 0,85 


(Cl) 0,32 0,52 0,34 
100 100 100 100 


Nach den vorliegenden Versuchen darf man erwarten, in 
den Laven aus Sauidin neugebildete Orthoklase und Albite an- 
zutreffen; geriethen granitische (Orthoklas- u, Oligoklas-haltige) 
Gesteine in Fluss bei Gegenwart von Kochsalz, so konnte 
das Magma beim Erstarren statt Orthoklas: zum Theil Sani- 
din, statt Oligoklas: zum Theil Sanidin gemengt mit Nephelin *) 
abscheiden. Aus dem geringen, aber fast beständigen Chlor- 
gehalt der Obsidiane darf nach den vorliegenden Experimenten 
auf die einstige Gegenwart von Chloralkalien beim Schmelzen 
dieser Gesteine geschlossen werden. 


8. BERGEMANN und WACHTMEISTER**) untersuchten Soda- 
lithe, deren Zusammensetzung von den vorher erörterten ab- 
weicht: sie: können als Verbindung von Labradorsubstanz und 
Kochsalz aufgefasst werden; die folgenden Versuche thun die 
Möglichkeit einer derartigen genetischen Beziehung dar. Ge- 
pulverter Labrador von Helsingfors***) wurde bei Hellroth- 
glaht mit schmelzendem NaCl behandelt, da aber die durch 
Wasser ausgelaugten Salze nur wenig Kali und Kalk aufwiesen, 
wurde dasselbe Pulver noch einmal mit reinem NaCl 1 Stunde 
lang bei Hellrotbgluht behandelt; die Zusammensetzung des 
rackstandigen Silicate ist aus 24. ersichtlich. 


*) Die Albitsubstanz im Oligoklas wird in Sanidin, die Anorthit- 
substanz in Nephelin (Sodalith, Kali- und Natron-Mikrosommit) über- 
geführt. 


**) RammecsBerG, Handbuch der Mineralchemie 1. Aufl. pag. 704. 
+) Seine Zusammensetzung siehe auf pag. 523 dc. 


Zeits. d.D. geol. Ges. XXVIII. 3. 40 


a ea a ee a en BE 


616 


24. 
SiO, 54,90 
Al,O, 27,81 


CaO 7,09 
K,O — 
Na, O 8,28 
NaCl 1,92 
(Cl) 1,17 
100 


Durch hinreichend lange fortgesetztes Gluhen wurde der 
Labrador in der That in einen Sodalith von derselben Za- 
sammensetzung, wie sie BERGEMANN fand, umgewandelt werden. 
Bei den Versuchen 7. und 9. wurde angedeutet, dass diese 


Silicate nicht Gemenge, sondern chemische Verbindungen von 


Kalk- und Natronanorthit (Mikrosommit) seien, was daraus 
geschlossen wurde, dass der Kalk sich schwierig gegen Na- 
tron austauscht, nachdem die Halfte schon darch Natron ersetzt 
ist. Nun lehrt der Versuch 24., dass der Kalk im Labrador 
ausserordentlich schwierig, trotz grosser NaCl-Menge und 
langen Glühens, sich durch Natron ersetzen lässt; man darf 
diese Thatsache als Fingerzeig dafur ansehen, dass in den 
Silicaten 7. und 9. der Kalkrest deshalb so hartnäckig wider- 
steht, weil er mit einem Natronsilicat verbunden ist. Zugleich 
bestätigt dieser Versuch das in einem früheren Abschnitt*) 


‘hervorgehobene verschiedene Verhalten des reinen Anorthits 


und der Anorthitsubstanz in den Plagioklasen. 
Labradorpulver, !/, Stunde bei Hellrothgluht mit Chlor- 
kalium behandelt, zeigt folgende Zusammensetzung: 


25. 


SiO, 52,67 
ALO, 27,41 


CaO 6,23 
K,O 10,38 
Na, O 2,77 
KCl 0,54 
(Cl) 0,26 
100 


Unter Umständen könnte der Labrador durch schmelzendes 
Chlorkalium in ein Gemenge von Sanidin, Nephelin, Anorthit 
(Mikrosommit), oder Leucit, Nephelin, Anorthit (Mikrosommit) 
zerlegt werden. 


*) pag. 523. 





617 


9. Unter den neugebildeten vesuvischen Mineralien wer- 
den Augitkrystalle auf Augiten aufsitzend angeführt. Es ist 
zunächst durch die Analyse zu ermitteln, ob die neuen und 
präexistirenden Augite in Bezug auf ihre chemische Zusammen- 
setzung identisch sind oder nicht; im ersteren Falle können 
sie durch blosses Umkrystallisiren bei Gluhhitze, wie Tridymit 
aus Quarz, entstanden sein, im zweiten Falle konnte die Um- 
wandlung nur durch Salze bewirkt sein. Alkaliverbindungen 
konnten nur mittelbar eine Rolle spielen, z. B. als Flussmittel, 
dagegen mnssten die Chloride des Kalks, der Magnesia und 
des Eisens in chemische Wechselwirkang treten mit den Augit- 
bestandtheilen: die neugebildeten Augite mussten entweder 
kalk-, magnesia- oder eisenreicher werden. Die braunrothe 
Farbe der aufsitzenden Augite im Gegensatz zur dunkelgrünen 
ihrer Wirthe*) liess vermuthen, dass die Neubildungen eisen- 
reicher sind, was freilich nicht nothwendig ist, die braune 
Farbe kann auch von einer Oxydation des Eisenoxyduls durch 
atmosphärischen Sauerstoff herruhren. Es wurden schwarze 
Augitkrystalle in einem Glasrobr in einer Atmosphäre von 
trockener Kohlensäure und wasserfreiem Eisenchlorid einige 
Stunden bei Hellrothglubt erbitzt und darauf die Eisenchlorid- 
dämpfe durch einen Strom trockener Kohlensäure verdrängt. **) 
Die so behandelten Augitkrystalle waren von einem sehr dun- 
nen, braunrothen Anflug bedeckt, der nichts krystallinisches 
zeigte; mit Wasser behandelt, erhielt man Spuren von Kalk 
und Magnesia in Lösung. Unter solchen Umständen darf 
nicht mit Sicherheit behauptet werden, dass ein wirklicher 
Ersatz von Kalk und Magnesia durch Eisen stattgefunden hat, 
es ist möglich, dass das Eisenchlorid Spuren von Wasser an- 
gezogen hatte und die beim Gluhen sich entwickelnde Salz- 
saure Kalk und Magnesia aus dem Augit extrahirte. Es wurde 
unterlassen, die voraussichtlich sehr langwierigen und viele 
Vorsichtsmassregeln erfordernden Experimente fortzusetzen, so 
lange nicht durch Analysen der neugebildeten Augite und deren 
Wirthe eine präcisere Fragestellung ermöglicht ist. Aus dem- 
selben Grunde unterblieben auch die viele Cautelen erfordern- 
den Versuche über die Einwirkung von schmelzendem MgCl, 
und CaCl, auf eisenoxydulhaltige Silicate (Augit, Olivin); es 


*) Nach Rosensuscn’s Vorgang bediene ich mich dieses sehr glück- 
lich der zoologischen Terminologie entlehnten Ausdrucks, 


**) Der Versuch darf nur in einer CO,- oder N-Atmosphäre an- 
gestellt werden, um eine Zerlegung von FeCl, und eine Oxydation des 
FeO im Augit zu verhindern ; die Augitkrystalle wurden vor dem Ver- 
such in einem trocknen CO, strom geglüht, um das Wasser zu entfernen, 
anderenfalls würde durch dasselbe FeCl, in Fe,O,; und HCl zerlegt 
werden. 


40* 


618 


ist möglich, dass Olivin durch schmelzendes Ca CI, in Monti- 
cellit umgewandelt wird, 

10. Das Vorkommen neugebildeter Apatitkrystalle in den 
Lavaboblraumen wird am wenigsten auffallen, wenn man er- 
wagt, dass es FORCHHANMER *) gelungen ist, dreibasisch 
pbosphorsauren Kalk durch schmelzendes Kochsalz in Apatit 
überzuführen. Da Apatit in den Laven häufig vorkommt, so 
darf man wohl annehmen, dass er durch schmelzendes Chlor- 
natrium oder Chlorcalcium gelöst, translocirt, und bei sinken- 
der Temperatur in Krystallen abgeschieden wurde; die Ver- 
suche haben das bestätigt: Apatitpulver löst sich in den ge- 
nannten schmelzenden Salzen völlig auf und scheidet sich beim 
Erkalten in Krystallen ab. Aus der Lösung in Chlorcalcium 
wurden nur kleine Krystalle erhalten, auch war nicht die 
ganze Masse des Apatits krystallinisch, wohl aber aus der 
Chlornatriumlösung, wobei man bis zu 1 Cm. lange spiessige 
Säulen erhielt. **) 

Es bandelt sich darum, Kriterien zu finden, dass die in 
den Lavahoblraumen neugebildeten Apatite wirklich aus NaCl 
oder CaCl, sich ausgeschieden haben. Man durfte erwarten, 
dass Fluorapatit in NaCl oder CaCl, aufgelöst, einen Theil 
des Fluors gegen Chlor austauscht, ebenso einen Theil des 
Kalks gegen Natron. Es wurden 2 Proben Apatit aus NaCl 
krystallisirt, die Schmelze anfangs mit heissem Wasser, dann 
mit, durch Essigsäure schwach angesäuertem Wasser, um et- 
waige unlösliche Oxychloride des Kalks***) zu entfernen, aus- 
gelaugt. Folgende Tabelle giebt die Chlormengen 


a. b. 
| v. Baikalsee v. Zillerthal 
im natürlichen Apatit . . . . . 0,09%, Spor 


in demselben aus NaCl amkrystallisirt 2,23 °/, 2,03 


Es haben somit in der That die fast chlorfreien Apatite 
nach dem Umkrystallisiren aus schmelzendem Kochsalz eine 
betrachtliche Menge Chlor aufgenommen. Ob auch Natron ein- 
getreten, konnte wegen Mangel an Substanz nicht entschieden 
werden, es sollen die Versuche mit grösseren Mengen wieder- 
holt werden. Lässt sich nun nachweisen, dass die in der 
Lava präexistirenden Apatite chlorfrei oder -arm sind, die 
neugebildeten dagegen chlorreich und möglicherweise natron- 


*) Poce. Ann. 91. pag. 568. 1854. Daselbst bebt schon Forcs- 
HAMMER die Rolle des schmelzenden NaCl bei der plutonischen Metamor- 
phose hervor. 

**) Es wurden auf 1 Thoil Apatit 8 Theile NaCl genommen, zur 
Weissglubt erhitzt und langsam abgekühlt. 
**%*) Hierbei ging etwas CaO und PO,H, in Lösung. 





619 


haltig, so wird man unbedingt ibnen die obige Entstehungs- 
weise zuschreiben durfen. 

Die bisberigen Apatitanalysen lassen es zweifelhaft er- 
scheinen, ob die bekannte chemische Formel immer genügt, 
möglicherweise enthalten manche Apatite (neben CaCl, und 
CaF,) CaO. Wegen Maugel an Material konnte nicht bestimmt 
werden, ob das eingetretene Chlor durch eine äquivalente 
Fluorabscheidung compensirt ist, oder ob NaCl sich zam 
Apatit addirt hat. Findet ein wirklicher Austausch statt, so 
darf man in der Nahe der neugebildeten Apatite fluorhaltige Mi» 
neralien erwarten: Flussspath (der sich in schmelzendem Ca CI, 
und NaCl vollkommen klar löst, jedoch bis jetzt nicht in 
Krystallen abgeschieden werden konnte), Humit, fluorhaltiger 
Glimmer etc. 

Es mag hier noch eine Bemerkung uber den Apatit Platz 
finden. Es ist auffallend, dass die Apatite, welche unzweifel- 
baft sich aus einer wasserigen Losung niedergeschlagen haben,. 
mögen nun die Bestandtheile sich erst in der Lösung zusam- 
mengefunden haben, oder mag ein fertiger Apatit gelöst und 
wieder abgeschieden worden sein, vorherrschend Fluorapatite 
sind und nur wenig Chlor aufweisen, während die in krystal- 
linischen Gesteinen entbaltenen Apatite im Chlor- und Fluor- 
gehalt einen grossen Wechsel zeigen; diese chlorarmen Apatite 
sind in den fossilen Knochen, Phosphoriten und Muschel- 
schalen*) enthalten. Darf man bieraus schliessen, dass Chlor- 
apatit durch Wasser leicht in ‘CaCl, und Kalkphosphat zerlegt 
wird, woruber Experimente angestellt werden sollen, resp. 
dass CaCl, und Kalkphospbat in wässeriger Lösung viel sel- 
tener sich miteinander verbinden als CaF, und Phosphat, und 
darf man den Schluss erweitern , dass chlorreiche Apatite im 
allgemeinen nicht neptanischen Ursprungs sind? 


11. Beim weiteren Verfolgen der Metamorphose fluor- 
baltiger Mineralien wurde am Kryolith eine interessante 
Beobachtung gemacht, die, wenn auch nicht hierher gehörig, 
mitgetheilt werden mag. Mit dem Kryolith vergesellschaftet 
sind zwei Mineralien: Pachnolitb und Arksutit**) aufgefunden, 
die als wasserhaltiger Kryolith, in dem ein Theil des Natrons 
durch Kalk ersetzt ist, gedeutet werden können. Der nahe 
liegende (sedanke, dass sie einer Einwirkung von Kalksalzen 
auf Kryolith ihre Entstehung verdanken, ist durch das Experi- 
ment bestätigt. Kryolitbpulver, 1 Monat lang mit Cblorcal- 


*) Die untersilurischen Obolenschalen sind nach Kırrrsn fast reiner 
Apatit. Jahresbericht f. Chem. 1870. 1337. 
**) Sırrım,, Am. Journ. (2.) 41, 119. (1866). 


620 


ciumlosung*) bei 100° behandelt, zeigt folgende Zusammen- 
setzung, die mit der des Pachnoliths fast übereinstimmt (26). 
Die Probe wurde über Schwefelsäure getrocknet, die Fluor- 
menge ist berechnet. 


26. 
H, O 9,27 **) 
Al 12,37 
Ca 19,07 
Na 9,41 
F 51,51 
101,63 


Man darf erwarten, noch eine Menge derartiger wasser- 
haltiger Substitutionsproducte des Kryoliths anzutreffen, deren 
Endglied natronfrei ist. 

Aus den pyrochemischen Versuchen ist ersichtlich, dass 
die schmelzenden und gasförmigen Salze der Alkalien, alka- 
lischen Erden und des Eisens iu den glühenden Gesteinen 
einen ähnlichen Stoffwechsel zu Stande bringen, wie das salz- 
haltige Wasser bei gewöhnlicher Temperatur. Sie lösen Mi- 
neralien (Apatit, Natronmikrosommit, Fluorcalcium), sie addiren 
sich zu ihnen (Sodalith etc.), was einer Hydratation ent- 
spricht, sie treten in chemische Wechselwirkung. Durch die 
Neubildungen in der Vesuvlava ist der Geolog in die selten 
günstige Lage versetzt, seine Experimente durch noch heute 
vorsichgehende Processe in der Natur zu controlliren, es 
kann hier eine sichere Basis für eine pyrochemische Geologie 
gewonnen werden, und erst dann ist es an der Zeit zu ent- 
scheiden, einen wie grossen Antheil das Wasser und das 
Feuer an der Bildung sogenannter plutonischer uud krystalli- 
nischer Gesteine gehabt hat. Ich kann daher den Chemikern, 
welche in der Lage sind, über die Gluht eines Porcellan- 
oder Glasofens zu verfügen, eine erneute und erweiterte 
Untersuchung dieses (segenstandes dringend empfehlen; eine 
grosse Zahl misslungener Versuche baben die Ueberzeugung 
erweckt, dass derartige Experimente in chemischen Labora- 
torien meist unausführbar sind. Laug dauernde Hitze, Schmel- 
zen grösserer Massen — Bedingungen zur Krystallbildung — 
lassen sich im Laboratorium nicht erzielen, ebensowenig Con- 


*) Koblensaurer Kalk und Kryolith, beide gepulvert und mit etwas 
Wasser übergossen, hatten nach Stägiger Digestion bei 100° stark auf- 
einander eingewirkt; das Wasser enthielt recht viel Na, CO, gelöst. 

pr der Bestimmung des Glühverlustes entwich mit dem Wasser 
etwas HF, 


621 


stanz der Temperatur, welche bei Untersuchungen uber Massen- 
wirkungen und sonstige Affinitätserscheinungen durchaus er- 
forderlich ist. Die neugebildeten vesuvischen Mineralien sind 
mir leider durch eigene Anschauung nicht bekannt; es ist daher 
möglich, dass manche Deductionen schon jetzt ihre Wider- 
legung finden; es ist zu wünschen, dass künftig neben genauen 
Angaben uber Zusammenvorkommen, Aufsitzen, Verwachsung 
der Neubildungen auch Analysen derselben und ihrer Wirthe, 
sowie der durch Wasser ausziehbaren Salze *) ausgeführt wer- 
den; sie werden dem experimentirenden Geologen durch die Er- 
möglichung, präcise Fragen zu stellen, sehr viel Zeit ersparen. 


*) Nicht nur qualitativ. 


622 


B. Briefliche Mittheilungen. 


l. Herr C. Beurens an Herron W. Dames. 


Lebbin, 17. September 1876. 


Mit den Ihnen bekannten Arbeiten uber die Kreideabla- 
gerungen in Lebbin und Kalkofen beschaftigt, besuchte ich auch 
die 2—3 Stunden östlich von der Stadt Wollin gelegene, zur 
Kreideformation gehörige Umgegend von Parlow und Trebe- 
now und fand an zwei, wohl eine Stunde auseinander liegen- 
den Orten in Steinbrüchen aufgeschlossen ein Material, wel- 
ches von der Lebbiner Kreide wesentlich abweicht. Es sind 
zum grössten Theil feste, harte Kalksteine von meist eckigen 
Formen, welche bei dem geringen Aufschluss das Fallen und 
Streichen der Schichten nicht erkennen liessen. Ich hatte das 
Vergnügen, nach kurzem Suchen mehrere Versteinerungen auf- 
zufinden, deren leidlicher Erbaltungszustand die Bestimmung 
derselben nicht schwer machte. Vor Allem erwahne ich 
ein gut erhaltenes Stuck eines Actinocamar quadratus, sowie 
ein eben solches von einem Scaphiten, dessen nähere Bestim- 
mung ich nach meiner Rückkehr in Berlin zu machen ge- 
denke. Ausserdem fand ich Ostrea vesicularis und Stacheln 
von Cidaris nebst einigen anderen fragmentarisch erhaltenen 
Petrefacten. Ich gehe wohl nicht fehl, wenn ich, beson- 
ders gestützt auf die Anwesenheit der erst genannten Ver- 
steinerung, diese Schichten, welche sich im Umkreis von 
mehreren Stunden erkennen lassen, in den Horizont des .4cii- 
nocamaz quadratus einreihe. Es wurden die Schichten dem- 
nach alter sein als die Rügener Kreide mit Belemnitella mucro- 
nata und jünger als die Kreide zu Lebbin und Kalkofen, in 
welcher ich bisher keinen von den beiden obengenannten Be- 
lemniten gefunden habe. 








623 


2. Herr A. Sretzner an Herron J. Rots. 


Freiberg i. Sachsen, 17. December 1876. 


Vor einiger Zeit wurden mir drei Proben derjenigen Gesteine 
ubergeben, in welchen dic Nickel-haltigen Magnetkieslager- 
statten von Varallo im Sesia-Thale (M. Rosa-Gebiet) aufsetzen. 
Das eine Gestein stammt vom Monte Rosso, nahe bei der 
Cevia- Grube, erscheint makroskopisch als ein ziemlich grob- 
krystallinischer Hornblendefels von braunschwarzer Farbe 
und zeigt auch unter dem Mikroskope fast nur Hornblende. 
Dieselbe besitzt sehr deutlichen Pleochroismus (farblos und 
blassroth), aber keine Absorption, ist jedoch im Uebrigen durch 
Spaltbarkeit und Lage ihrer optischen Hauptschnitte wohl cha- 
rakterisirt. Mit dieser Hornblende gemengt tritt nun noch 
ein grünes isotropes Mineral in vereinzelten, unregelmassig 
umgrenzten Körnern auf; dasselbe erinnert an Chromspinell. 
Das Verhalten dieses ersten Gesteines zur Lagerstätte wurde 
mir nicht angegeben. 

Das zweite Gestein ist das Nebengestein der Cevia-Grube 
und zwar dasjenige, in welchem die Lagerstätte arm sein soll. 
Es ist so feinkornig, dass man makroskopisch nur Plagiuklas 
und kleine rothbraune Glimmerschuppchen deutlich zu erkennen 
vermag. Unter dem Mikroskop lost es sich in ausgezeichnet 
deutlicher Weise in ein rein krystallines Gemenge vou frischem 
Plagioklas, Kornern von Bronzit und von vereinzelten La- 
mellen rothbraunen Glimmers auf, lasse sich also wohl als ein 
feinkörniger Bronzit-Gabbro bezeichnen. Die spärlich in 
demselben eingewachsenen Partikelchen von geschwefelten 
Erzen finden sich zuweilen auf Spalten des einen oder an- 
deren Gemengtheiles, aber besonders gern an der Peripherie 
der Bronzit-Körnchen concentrirt. 

Das dritte untersuchte Gestein, ein feinkörnig grün- 
schwarzes Mineralgemenge, in welchem mit der Loupe nur 
einzelne gelbgrune Körnchen und kleine metallisirende braune 
Spaltflachen zu erkennen sind, stammt aus dem gegen Ost 
getriebenen tiefen Stollen der Grube von Varallo und erwies 
sich dort als der Erzfübrung günstig. Unter dem Mikroskop 
vermisst man zunächst jeglichen Plagioklas, der in dem Gestein 
der erzarmen Region einen wesentlichen Gemengtheil bildete; 
dafur unterscheidet man jetzt sehr deutlich Hornblende, 
Brouzit und Olivin in etwa gleicher Menge. Die Horn- 
blende besitzt, wie diejenige des Monte Rosso-Gesteins, zwar 
deutlichen Pleochroismus, lässt aber wiederum nur Spuren von 











624 


Absorption erkennen; Spaltbarkeit und Lage der optischen 
Hauptschnitte charakterisiren sie trotzdem in unzweideutiger 
Weise. Die rhombische Natur des mehr oder weniger fein- 
faserigen Bronzites lässt sich im Stauromikroskop ebenfalls 
scharf erkennen. Der Olivin tritt in farblosen Körnern auf, 
die vielfach von Sprüngen durchzogen sind und im Dünnschliff 
die bekannte rauhe Oberfläche zeigen. Sie erweisen sich als 
lebhaft chromatisch polarisirend und als durchaus frisch und 
unzersetzt. Da dieses letztere für Olivin ungewöhnlich ist, so 
wurde ein Präparat, nach Herrn GoOMBEL’s Methode, auf Platin- 
blech geglüht; die Olivinkörner farbten sich dadurch intensiv 
rothbraun. Ein anderes Praparat wurde 24 Stunden lang der 
Einwirkung von concentrirter Schwefelsäure ausgesetzt; in ihm 
zeigten sich die Olivine stark angegriffen, mit zahllosen klei- 
nen Aetzgrübchen bedeckt, die anderen beiden Gemengtheile 
aber liessen, gleichwie bei der vorher geschilderten Reaction, 
keine wesentliche Veränderung erkennen. Endlich wurde das 
Pulver des Gesteins noch mit erwärmter Schwefelsäure be- 
handelt und die hierbei gewonnene Lösung zeigte starke Rea- 
ctionen auf Eisen und Magnesia. Nach alledem darf die Olivin- 
natur des dritten Gemengtheils als erwiesen angenommen 
werden. Grüne Körnchen, die inmitten dieses dritten Ge- 
steins vereinzelt auftreten, sind isotrop und können vielleicht 
für Chromspinell gehalten werden; Partikelchen geschwefelter 
Erze, die mehrfach eingesprengt sind, lassen keine besondere 
Erscheinung wahrnehmen; 

"Thre nächsten Verwandten finden die beiden zuletzt be- 
schriebenen Gesteine in dem Enstatitfels der Baste bei Harz- 
burg und in denjenigen Olivingesteinen, welche nach Herrn 
Datue’s neuerlicher Mittheilung als Einlagerungen oder Wechsel- 
lagerungen im sächsischen Granulitgebiete auftreten; anderer- 
seits zeigt aber das zuletzt besprochene Hornblende - Bronzit- 
Olivingestein eine, wie es mir scheinen will, neue und recht 
interessante Analogie mit gewissen Meteoriten. Derartige Ana- 
logien sind ja schon längst bekannt, namentlich hinsichtlich 
Olivin-reicher Mineralgemenge, aber neu ist meines Wissens 
der im Vorstehenden gelieferte Nachweis, dass sich die irdi- 
schen Olivingesteine als Freunde und Trager von Nickel-bal- 
tigem Magnetkies erweisen; es liegt nahe, diesen letzteren als 
den gemeinschaftlichen Reprasentanten des fur die Meteoriten 
so charakteristischen Nickel-haltigen Eisens und des Troilits 
(FeS) anzusehen. 

Eine Mittbeilung darüber, ob das Hornblende-Olivin-Bronzit- 
gestein von Varallo lager- oder gangförmig auftritt, ist mir leider 
nicht gemacht worden. Man köunte sich vielleicht versucht 
fühlen, das Letztere, also eruptive Natur des betreffenden Ge- 





625 


steins anzunehmen, wenn man sich der interessanten Arbeiten 
Herrn DauBrég’s entsinnt, in welchen derselbe die Meteoriten 
und ihre irdischen Analoga behandelt bat und in welchen er, 
gestützt auf ältere geologische Erfahrungen, geradezu als Gesetz 
ausspricht: dass die Olivingesteine, wie überhaupt die den 
Meteoriten analogen Gesteine unserer Erde an die tieferen, 
infragranitischen Regionen der letzteren gebunden und erst 
durch eruptive Processe an den Tag gelangt und der Beob- 
achtung zugänglich geworden seien. 

Indessen ,,dieses Privilegium der Aigsvenkär des Oli- 
vins sowohl in den Gesteinen der Tiefe, als in den Meteoriten“ 
(Ann. d. min. XIII. 1868 pag. 64 und Zeitschr. d. d. geol. 
Ges. XXII. 1870 pag. 451) muss — wenigstens in seiner 
Allgemeinheit — als erloschen bezeichnet werden, seitdem wir, 
Dank der Einführung des Mikroskops bei petrographischen 
Untersuchungen, bankformige Einlagerungen von Enstatit-Olivin- 
gesteinen und Diallag - Olivingesteinen aus dem sächsischen 
Granulitgebiet kennen gelerot haben. Die Frage nach der geo- 
logischen Rolle, welche das Olivingestein von Varallo spielt, 
kann also nicht a priori auf Grund seiner Zusammensetzung, 
sondern lediglich durch Untersuchungen an Ort und Stelle 
entschieden werden. Ich würde mich freuen, wenn diese 
Zeilen die Veranlassung zu einer derartigen Untersuchung wer- 
den sollten. 


626 


C. Verhandlungen der Gesellschaft. 


— 


1. Protokoll der Julı- Sitzung. 


Verhandelt Berlin, den 5. Juli 1876. 
Vorsitzender: Herr WEBSKY. 


Das Protokoll der Juni-Sitzung wurde vorgelesen und 
genehmigt. 


Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 

Herr stud. geo). Gustav AncELBis in Bonn, 
vorgeschlagen durch die Herren ScuLOTEr, 
M. Bauer und W. Dames; 

Herr A. WENDELL JACKSON jun. in Berkeley, Califor- 

nien, U. S., 

vorgeschlagen durch die Herren A. STRLZNER, 
F. ZırkeL und A. WICHMANN. 


Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell- 
schaft eingegangenen Bucher und Karten vor. 


Derselbe legte die von G. vom Rata und A. FreEnzeL be- 
schriebene Verwachsung von Kalkspath mit Quarz vor, ferner 
ein von Herrn v. LasauLx mit dem Namen Pilinit belegtes 
Mineral von Striegau, sodann Zwillinge des Axinit von Striegau. 


Herr Weiss legte eine Reihe von Pflanzenabdrucken aus 
dem Rothliegenden von Wunschendorf bei Lauban in der 
preussischen Oberlausitz vor, welche von den Herren Dr. Psck 
in Lauban und Dr. Peck in Görlitz gesammelt waren und der 
Sammlung der naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz ge- 
hören. Der letztere der beiden, um die mineralogische und 
geologische Kenntniss der Lausitz bemuhten Bruder hat schon 
im 15. Bande der Abhandl. der naturforsch. Ges. in Görlitz 
ein Verzeichniss der von ihm bestimmten Pflanzen gegeben, 
woran sich folgende Bemerkungen anreihen lassen. Nach An- 
sicht der Originale in Görlitz (sowie später solcher in Lauban) 
und der näheren Untersuchung der vorliegenden kleinen Samm- 
lung gelangte der Vortragende zu folgenden Resultaten. Von 
vorwiegendem Interesse sind die Farne, worunter einige vor- 





627 


zugliche Abdrücke von Sphenopteris dichotoma Guts. (nicht ÄLT- 
HAUS), die zusammenfallt mit Sphen. semialata Grin. (jedoch 
nur mit dessen Citat, exclusive der Figur in seinen Leitpflan- 
zen des Rothliegenden, welche nach des Autors späterer Zu- 
stimmung zu Alethopteris conferta gehört, indessen von E. Grinitz 
wieder irrthumlich als Art aufrecht zu erhalten versucht wor- 
den ist) Mehrere Abdrucke erinnern theils an Schizopteris 
Gümbeli Grin. sp. oder trichomanvides Gopr., theils an Sphe- 
nopteris Zwickaviensis GuTB. oder fasciculata Guts., dürften 
jedoch zum Theil eine neue Art reprasentiren. Von anderen 
Farnen finden sich Sphenopieris Naumanni Gots. in einem sehr 
kleinen Fragment, Sphen. Böckingiana Weiss, Odontopteris 
obtusa, Cyathocarpus arboresceus sehr selten und schlecht er- 
halten, daher vielleicht zweifelhaft, Auffallend ist, dass unter 
den dem Vortragenden zu Gesicht gekommenen Stücken Ale- 
thopteris conferta durchaus feblt. Was Gursier als fructifici- 
rende Neuropteris pinnatifida abbildet, ist auch hier vorhanden, 
jedoch seiner Natur nach zweifelhaft. Von Calamarien finden 
sich Calamiten selten, Annularia spicata recht gut, sonst nichts 
Bestimmbares. Walchia piniformis und filiciformis, wohl auch 
flaccida Göpp. sind hinreichend vertreten; ein Cordaites scheint 
ebenfalls vorhanden. Von Früchten oder Fruchtständen sah 
ich: Cardiocarpus sp., Samaropsis nov. sp., Jordania moravica 
HeLmn., Schützia anomala GEIN. — Dies dürfte gegenwärtig 
den Bestand der kleinen rothliegenden Flora ausmachen, so- 
weit sie als bestimmt gelten kann. 

Derselbe zeigte sodann das von R. Lupwie 1861 bekannt 
gemachte Exemplar zu dessen ‚„Calamitenfrüchte‘ etc., Pa- 
laeontogr. X. Bd., welches er der freundlichen leihweisen Zu- 
sendung des Eigenthumers verdankt, vor und bespricht die Orga- 
nisation dieses wichtigen Petrefactes. 

Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 


Vv. Ww. OÖ. 
W EBSKY. WEISS. DAMES. 


2. Protokoll der August - Sıtzung. 


Verhandelt Berlin, den 2. August 1870. 


Vorsitzender: Herr Beykich. 

Das Protokoll der Juli- Sitzung wurde vorgelesen und 
genehmigt. 

Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell- 
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor. 





628 


Herr Wessky sprach uber die Mineralien, welche in dem 
Serpentin von Gleinitz bei Jordansmuhle in Schlesien vor- 
kommen, 

Herr Berricu sprach über die geognostischen Verhalt- 
nisse der Umgegend von Kissingen. Das eine Tiefe von 
2000 Fuss erreichende Bobrloch durchteuft mittleren und un- 
teren Buntsandstein. Die Quelle entspringt dem Zechstein. 
Nach den Untersuchungen des Vortragenden, welche von ihm 
auf einer geognostisch colorirten Karte dargestellt sind, liegen 
die Quellen da, wo eine sich lang hinziehende Bruchlinie des 
Muschelkalks das Thal der fränkischen Saale durchschneidet. 
Es wiederholt sich hier eine Erscheinung, welche in dem gan- 
zen Gebiet des Thuringer Waldes bis zum Ostrand des rhei- 
nischen Schiefergebirges hin wahrgenommen wird. Hier treten 
an zahlreichen Punkten kleine isolirte Partieen von Muschel- 
kalk und Keuper auf, zum Theil von Basalt bedeckt, manch- 
mal in einer Erstreckung von zwei nder mehr Meilen unter 
den mannigfaltigsten Erscheinungen von Unregelmässigkeiten in 
die Straten des Buntsandsteins eingebrochen. In diesen Par- 
tieen liegen die Reste der einst über diese Gegenden verbrei- 
teten Decke vor, deren übrige Massen von der Oberfläche ver- 
schwunden sind. Zur Vergleichung legte der Vortragende 
seine Aufnahmen der Gegend nördlich von Meiningen vor. 
Die Unterlage des Buntsandsteins, des Zechsteins, erscheint 
in ca. 1'/, Meilen langen schmalen Zugen emporgeboben und 
steht jetzt unmittelbar neben dem eingesunkenen Muschelkalk. 
Diesen geognostischen Verhältnissen entsprechen auffallende 
Oberflachenerscbeinungen. Nach der Ansicht des Redners 
wurde das hier betrachtete Gebiet zur Zeit des Empordringens 
der Basalte, also während der Miocän- Zeit, gebrochen. In 
die Bruchlinien sanken die an der Oberfläche befindlichen 
Schichten zum Theil ein. Der Rest wurde durch Abtragungen, 
die bis zum Beginne der Diluvialzeit anhielten, zerstort. 

Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 


Vv. W. O. 
BEYRICH. Werssky. i. V. LIRBISCOH. 





629 


3. Vierundzwanzigste allgemeine Versammlung der 
Deutschen geologischen Gesellschaft zu Jena. 


Protokoll der Sitzung vom 14. August 1876. 


Nachdem der Geschäftsführer Herr Hofrath E. E. Scamp 
die Versammlung eröffnet und begrüsst hatte, wurde Herr 
v. Decuen durch Acclamation zum Vorsitzenden gewählt und 
auf seinen Vorschlag für die beiden nächsten Sitzungen Herr 
v. Hauer und Herr E. E. Scauip einstimmig zu Nachfolgern 
ernannt. | 

Die Herren Francke und Ropocr CREDNER wurden zu 
Schriftführern ernannt. - 

Zur Prüfung des von Herrn Beyrıca vorgelegten Rech- 
nungsabschlusses für das Jahr 1875 wurden auf Antrag des 
Präsidenten die Herren LıeBE aus Gera und OCHSENIUS aus 
Marburg erwahlt, 

Der Antrag auf Erhöhung der Beiträge wurde in der auf 
der vorjährigen Versammlung bestimmten Weise zum Beschluss 
erhoben. 


Danach erhält Paragraph 9. Alinea 1 und 2 der Statuten 
folgende Aenderung: 


Jedes Mitglied zahlt einen jährlichen 
Beitrag von zwanzig Mark, welcher für die 
in Berlin ansässigen Mitglieder auf fünf- 
undzwanzig Mark erhöht wird. 

Es steht jedem ausserdeutschen Mit- 
gliede frei, den zwölffachen Betrag von 
zweihundertvierzig Mark ein für alle Mal zu 
entrichten. 


Herr v. SpEBAcH stellte den Antrag, die Palaontographica 
durch die Gesellschaft unterstützen zu wollen und eine Com- 
mission zu ernennen, welche in Verbindung mit Redacteuren 
und Verleger eine allgemeinere Verbreitung der Zeitschrift er- 
möglichen solle. An der Debatte hierüber betheiligten sich die 
Herren ZırreL, Beyrich, E. E. Scumm und v. Deouen. Auf 
Antrag des letzteren wurde zur vorläufigen Begutachtung des 
v. SekBAcH’schen Antrages eine Commission von fünf Mitglie- 
dern ernannt, bestehend aus den Herren F. Roemer, BEYRICOH, 
NEUMAYR, v. SEEBACH und BENECKE, welche auf der nächst- 
jahrigen allgemeinen Versammlung weitere Vorschläge vor- 
legen wird. 


630 


Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 

Herr Dr. ALESSANDRO Portis aus Turin, 
vorgeschlagen durch die Herren ZırreL, BBY- 
RICH und y. SEEBACH; 

Herr Dr. Forster aus Strassburg i. Els., 
vorgeschlagen durch die Herren Berkics, 
BENECKE und v. SEEBACH; 

Herr Dr. ScuaucH aus Leipzig und 

Herr RorupLetz aus Leipzig, 
beide vorgeschlagen durch die Herren SreLz- 
NER, SIEGERT und Herm. CREDNER ; 

Herr Böun, zur Zeit in Gottingen, 
vorgeschlagen durch die Herren Begyrica, 
v. SEEBACH und ZITTEL; 

Herr PröscouoLn, Realschullehrer aus Meiningen, 
vorgeschlagen durch die Herren EMMERICH, 
Beyrıca und v, DECHEN; 

Herr R. Hircae, Bergwerksdirector aus Düsseldorf, 
vorgeschlagen durch die Herren SCHLÖNBACH, 
Geinitz und v. DECHEN; 

Herr A. DittmarscH-FLocon, Berg- und Hütten - Inge- 

nieur aus Dresden, 
vorgeschlagen durch die Herren SCHLÖNBACH, 
Geinıtz und v. Decken; 

Herr Dr. Bryer aus Possneck und 

Herr Dr. A. Saver aus Halle a. S., 
beide vorgeschlagen durch die Herren E. E. 
SCHMID, v. SEEBACH und v. FRITSCH. 

Herr F. Zinxer theilte einige Ergebnisse der Untersuchun- 
gen mit, die er an dem umfassenden Felsarten - Material an- 
stellte, welches von der „geologischen Erforschung des 40 sten 
Parallels‘‘ in den Staaten und Territorien des nordwestlichen 
Amerikas während mehrerer Jahre gesammelt worden war. 
Er besprach die archäischen Schiefer mit ihren an flüssiger 
Kohlensäure reichen Quarzen, die Granite, welche dreifach ver- 
schiedenes Alter besitzen und ebenso viele besondere petro- 
graphische Typen darstellen, die ausgezeichneten Umwandlungs- 
erscheinangen, welche die Hornblende in den Dioriten erken- 
nen lässt, indem sie unter Erhaltung ihrer Form und einiger 
Reste in ein Aggregat von grünem Viridit, Epidot, Kalkspath 
und Brauneisenstein alterirt wird. Der Redner erläuterte dar- 
auf den in der That existirenden Gegensatz zwischen v. Ricat- 
HOFEN’8 Propylit und dem Andesit, der sich in einer grossen 
Menge von einzelnen charakteristischen Momenten ausspricht, 
und berichtete sodann kurz uber die betreffs der Stractur der 
Rhyolithe von ihm angestellten Studien, die sich auf ein be- 


631 


sonders umfangreiches Material grunden konnten; er lenkte 
namentlich die Aufmerksamkeit auf die verschiedene Aggre- 
gationsweise der Faserbildungen, welche bald wirr-confus, bald 
parallel-buschelig, bald concentrisch-radial (sphärolithisch), bald 
longitudinal-axial ausfällt. Schliesslich wurden dann noch die 
Beziehungen der Augit-Andesite zu den weitverbreiteten Ba- 
salten zur Sprache gebracht, und betreffs der Structur der letz- 
teren hervorgehoben, dass gerade diejenige Structur (die ziem- 
lich krystallinische), welche in Europa die verbreitetste scheint, 
in den nordamerikanischen Territorien die seltenste ist, wo 
namentlich die Basalte mit reichlicher globulitischer Basis 
entschieden vorwalten. Am Mullins Gap erscheint als Breccie 
ein eigenthumlicher Obsidian, der in seiner bräunlich-violetten 
Glasmasse sehr zahlreiche Flussigkeitseinschlusse mit beweg- 
lichen Libellen direct eingelagert enthalt. 

Herr K. ZırreL sprach über seine neuesten Untersuchun- 
gen über fossile Spongien. Nach einer kurzen Uebersicht 
der älteren Anschauungen über die Classification dieser Classe 
zeigte der Vortragende, dass in Folge der Tiefseeforschungen 
und der damit zusammenhangenden spongiologischen For- 
scbangen W. TxHomson’s, O. Scauinpr’s, Carter's, HAECKEL’s, 
BowerBank’s und MarsHaLL's die Kenntniss der sogen. Glas- 
schwamme mit zusammenhangendem Kieselgerust wesentlich 
gofordert wurde. 

Dass sich an die lebenden Hexactinelliden ond Lithistiden 
mehrere fossile Spongien anschliessen, ist von den genannten 
Autoren sicher nachgewiesen worden; für die Mehrzahl der 
fossilen ,,Petrospongien® blieb indess die Bestimmung durch- 
aus unsicher. | 

Diese Unsicherheit wird hauptsächlich veranlasst durch 
den eïgenthümlichen Erhaltungszustand der fossilen Spongien. 
Dass dieselben keine Hornspongien sein können, geht sowohl 
aus chemischen als morphologischen Gründen hervor. Der 
Redner sucht nachzuweisen, dass die Mehrzahl der Petrospon- 
gien nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form in den Erd- 
schichten vorliegen, sondern dass die meisten derselben eine 
allerdings ungewöhnliche Umwandlung erlitten baben. Zahl- 
reiche Versuche, die fossilen Spongienskelette mittelst ver- 
dannter Säure zu maceriren, haben das Resultat geliefert, dass 
an ein und demselben Schwammkörper zuweilen ein Theil 
verkieselt, der andere verkalkt erscheint. Da die aus Kiesel- 
erde bestehenden Partieen bis auf die feinsten Details mit den 
bei lebenden Hexactinelliden beobachteten Verhältnissen über- 
eiustimmen, die verkalkten dagegen aus einem krystallinischen 
Kalkspath ohne alle Spur organischer Structur bestehen, so 
muss hier eine Pseudomorphose von Kalkspath nach Kieselerde 

Zeits. d. D, geol. Ges, XXVIII, 3. 41 











632 


angenommen werden; bei der Zartheit der Kieselfasern und 
bei der Auwesenheit von weiten Axencanalen wird alkalischen 
Lösungen eine so grosse Oberflache dargeboten, dass sich eine 
Auflösung und Fortführung des ursprünglichen Kieselskelettes 
leicht erklaren lässt, Die suf solche Weise entstandenen 
Hoblraume wurden später von Kalkspath ausgefüllt. Ein 
grosser Theil der fossilen Petrospongien gehört zu den Hex- 
actinelliden und Litbistiden; ausser diesen beiden Gruppen 
giebt es jedoch noch eine weitere, bei welcher das Skelett aus 
anastomosireuden Kalkfasern besteht, die sich durch eine sehr 
charakteristische, äusserst feinfaserige Structer auszeichnet, 
welche sich bei lebenden Korallen wiederfindet. 

Der Vortragende weist darauf nach, dass sich die fussilen 
Spongien mit Ausnahme der letztgenannteu Calcispongia fibrosa 
den für die lebenden Spongien aufgestellten Ordnungen ein- 
fügen lassen. Der Vortrog wird durch eine Anzahl mikrosko- 
pischer Praparate und macerirter Kieselskelette, sowie zahl- 
reicher von Herrn C. Scuwacer hergestellter Zeichnungen 
erläutert. 

Herr HaeckeL Knüpft an den Vortrag von Herrn ZiTTEL 
einige Bemerkungen über die Organisation und das System der 
lebenden Spongien und coustatirt die Uebereinstimmung mit 
den fossilen Spongien bezüglich der wichtigsten Verbältnisse, 
insbesondere der ausserordentlichen Unbeständigkeit und Varia- 
bilitat der Form. Während sich die Skelettstructur der Arten 
durch Vererbung sehr beständig erhalt, nimmt die äussere 
Gestalt durch Anpassung an verschiedene Wachsthamsbedia- 
gungen die verschiedensten Formen an. Schliesslich schilderte 
der Vortragende die Organisation der einfachsten schlaach- 
formigen Spongien, der Haliphyaema, welche von allen Thieren 
der Gastrula am nächsten stehen. 

Herr MarsHAaLL knüpfte hieran die Bemerkung, dass man, 
nach seiner Meinung, bei den Hornschwämmen doch sehr scharf 
die Arten mit hohlen Fasern (Verongia, Aplysina, Luffaria, 
Darwinella) voa denen mit soliden Fasern (Euspongia, Caco- 
spongia) trennen müsse. Erstere sieht er für sehr alte, dem 
Olynthus nahe stehende Formen an, während er die letzteren 
für ruckgebildet und aus Hornkieselschwammen, unter Schwand 
der Kieselgebilde, enstanden halt. 

Herr Weiss aus Berlin verlas einen Brief des Herrn Lossen 
aus Berlin über gangförmige Ausläufer des Brockengranit von 
verdichtet porphyrischer und z, Th. sphaerolithischer Ausbildung, 
wobei das Nebeneinandervorkommen von Turmalin und Sphae- 
rolitben besonders auffällig ist (vergl. diesen Band pag. 405). 

Herr vy. DecHen erinnerte, daran ankoopfend, an ähnliche 
Granitgänge in Cornwallis. 

Herr v. SEEBACH sprach über die geologischen Verhältnisse 


633 


bei Tambach. Das Rothliegende beginnt mit den charakte- 
ristischen dunklen, glimmerreichen Sandsteinen und Schiefern 
des sogen. Koblenrotbliegenden. Die mittlere Stufe besteht 
aus Sandsteinen und Schiefern von rother Farbe mit Einlage- 
rungen von bellgrüner Farbe und aus ausgezeichneten Porphyr- 
tuffen. Die obere Abtheilung zeigt zu unterst ein mächtiges 
Conglomerat von grossen Porphyrgeröllen, darüber eine Ein- 
lagerung von braunen Sandsteinen und endlich ein Conglo- 
merat von kleineren Geröllen, unter denen neben dem Porphyr 
auch zahlreich Granit sich findet. Höbere Lagen wurden bisher 
nicht beobachtet. 

Von den Erup:ivgesteinen wurden die Quarzporpbyre 
hervorgehoben, von denen eine ältere Varietät mit grossen 
und zahlreichen Krystallen, besonders von Orthoklas (CREDNER’S 
Var. No. 3) und eine jüngere mit nur spärlichen und kleinen 
ausgeschiedenen Krystallen (Crepngr’s Var. No. 4 u. ?No. 1). 
unterschieden wurde. Die letztere wurde in einigen ibrer chara- 
kteristischen Modificationen wie neben dem Typus als Sphae- 
rolith, als ausgezeichneter Perlit, mit Lithophysen vorgelegt. 
Auf das Vorkommen von Felsitbimstein und Felsitglas wurde 
hingewiesen und die echt vulcanische Entstehungsweise dieses 
Porpbyrvorkommens hieraus gefolgert. 

Crepyer’s Hypersthenfels ist jünger als dieser Porphyr 
und wohl dem Palatinit zu vergleichen. 

Derselbe legte ein Exemplar der Cardiola retrostriata aus 
den sogen. Wissenbacher Schiefern der Schalke bei Claustbal 
vor und besprach die Grunde, die dafür zu sprechen schienen, 
dass diese Schichten in erster Linie das untere Oberdevon 
repräsentiren. 

Herr E. E. Scumip bemerkt, dass die von Herrn v. SEE- 
BACH unterschiedenen Porphyre die gewöhnlichen des Thüringer 
Waldes sind und namentlich in der Gegend von Ilmenau unter 
Umständen auftreten, welche ihre eruptive Natur ausser Zweifel 
stellen. So greifen am Abbang des Gickelhahns lithoidische 
Porphyre und Porpbyrtuffe so ineinander, dass sie als Lava 
und Asche erscheinen; auch zwischen Manebach und Elgers- 
burg sind weit ausgreifende Porpbyrstrome lagerhaft zwischen 
die Tuffe, die nun bier schon deutlich als Rothliegendes er- 
scheinen, eingeschaltet. Die Untersuchung dieser Gesteine ist 
in dem mineralogischen Institut in Jena bereits weit gedieben. 
Sie sind sammtlich Orthoklasgesteine, die grauen jüngeren von 
ausgezeichnet cumulitischer Structur, aus deren weiterer Ent- 
wickelung Spbärolithe hervorgehen. 

An der sich hieran anknupfenden Debatte betheiligten 
sich die Herren Beyrıch, Kosmann, STELZNER, ÜCHSENIUS und 
v. Haver. 


41* 





634 


Herr Mrerzscu sprach über Flotelagerungskarten. In der 
letzten Halfte des vorigen Jahres verwendete ich einen grosse- 
ren Theil meiner Zeit dazu, die Methoden einer Prüfung zu 
unterziehen, nach denen man die Lagerungsverhältnisse unserer 
Koblenflötze . darzustellen pflegt, weil mir es bei den Vor- 
arbeiten für meine Geologie der Koblenlager hatte scheinen 
wollen, als seien in dieser Beziehung mancherlei Mangel noch 
vorbanden, deren Beseitigung möglich sein durfte. Kurze Zeit 
darauf wurde ich mit der Uutersuchung und kartographischen 
Darstellung der Koblenfelder von Zwickau und Oelsnitz-Lugau 
für die geologische Landesuntersuchung in Sachsen betraut 
und erhielt dadarch unerwartet Gelegenheit, die privatim ge- 
sammelten Erfahrungen zu verwertben. Die Untersuchung des 
Zwickauer Reviers ist zum grösseren Theile vollendet. Die 
dabei bearbeitete Karte liegt Ihnen im Entwurfe von !/, 0 
nat. Gr. vor. Gestatten Sie mir, zur Erläuterung derselben 
einige Bemerkungen, weil die für dieselbe gewählte Daratel- 
lungsweise von der in diesem Theile der Kartographie herr- 
schenden abweicht, sich aber enger an die topograpbischen 
Grundlagen far unsere neueren geologischen Karten anschliesat. 

Auf den Karten von Kohlenfeldern, welche geologischen 
Zwecken dienen sollen, müssen einerseits die Verbreitungs- 
gebiete der Flötze durch Angabe der Ausstriche, Bauwürdig- 
keitsgrenzen u. dgl., andererseits die Lageruugsverhaltnisse in 
den inneren Theilen des Feldes hervorgehoben werden. Die 
ersteren sollte man unbedingt in der Karte da eintragen, wo 
sie sich wirklich befinden ; denn wenn dieselben an der Ober- 
flache liegen, so wird durch die Höhenlinien unserer neueren 
Karten ein richtiges Bild von den Lagerungsverhaltnissen an 
den Grenzen entstehen; wenn sie in der Tiefe erschlossen 
worden sind, so kann man durch entsprechende Angaben leicht 
die erforderliche Klarheit herbeiführen. Dem entgegen ist jetzt 
noch immer die ältere Darstellungsweise herrschend geblieben, 
bei welcher man die Begrenzungen nach einer bestimmten 
Ebene einzoreiben pflegte, bis zu welcher man etwa höher 
aufsteigende Flotztheile verkürzte, alle tiefer ausstreichenden 
aber verlängerte. Auf topographischen, noch mehr aber auf 
geologischen Specialkarten, insbesondere solchen mit Hohen- 
linien, entständen dabei ganz wunderbare Verhältnisse, weil 
eben Flôtzausstriche an Orten eingetragen werden müssten, 
wo sie in Wirklichkeit nicht zu finden sein würden. Eine 
derartige abgedeckte Karte mit reellen Formationsgrenzen und 
ideellen Ausstrichen muss ein falsches Bild geben. Der Grund 
für Anwendung dieser Methode, deren Zulässigkeit bei General- 
karten ich nicht bestreiten will, lag, abgesehen von der Mangel- 
haftigkeit der Oberflächenkarten hauptsächlich noch darin, dass 








635 


man die Lagerungsverhaltnisse im Innern der Kohlenfelder 
fast nur durch Profile veranschaulichte und infolge dessen das 
Bedurfniss fehlte, durch derartige Projectionen wenigstens ein 
Bild von denselbeu an den Grenzen zu geben. Bezüglich der 
übrigen Tbeile des Kartengebietes findet man meist nur die 
Angabe der Verwerfungen durch einfache Linien, und zwar 
entweder wieder in der gewählten Schnittebene oder innerbalb 
eines und desselben Flotzes. Nur wenige Karten geben noch 
andere Details, betreffs der Lagerung, durch Zeichen, Zahlen 
u. dergl. Zunächst ist die erwähnte Bezeichnung der Verwer- 
fungen bei Specialkarten mangelhaft, weil beispielsweise schon 
auf einer Karte von !/,:600 der bei jedem bedeutenderen Ver- 
wurfe zwischen den Flötzschnitten entstehende flötzleere Raum 
angegeben werden kann und zugleich dargestellt werden muss, 
um dadurch (abgesehen von dem wechselnden Fallwinkel der- 
artiger Spalten) die Zunahme oder Abnahme der Sprunghöhe 
und das Aufhören einer Verwerfung anzudeuten. Legt man 
die Verwerfungen in die für die Projection gewählte Ebene, 
so entstehen dadurch ähnliche Unrichtigkeiten, wie bei den auf 
diese Weise construirten Grenzen, die bei dem nach jeder 
Richtung stattfindenden Wechsel im Verlaufe der Spalten ala 
ganz willkürlich erscheinen müssen, dann aber ganz unzuver- 
lassig werden, wenn zwischen den als Anhalt dienenden Auf- 
schlüssen und der Ebene für die Projection zwei oder mehr 
Spalten sich kreuzen, weil Niemand anzugeben vermag, ob 
und wie jede derselben jenseit der Kreuzung fortsetzt. — Die 
Eintragung der Spalten nach ihrem Verlaufe in einem und 
demselben Flotze beseitigt in dieser Beziehung manche Febler, 
lasst sich aber nur da mit Genauigkeit durchführen, wo in 
diesem Flötze genugende Aufschlüsse vorhanden sind. Dies 
ist aber nur selten in dem ganzen Gebiete einer Karte der 
Fall. Infolge dessen ereignet es sich sehr leicht, dass die fur 
die Karte benutzten Aufschlusse in einem über 100 Meter 
hober oder tiefer liegenden Flotze gemacht worden sind. — 
Ueber die häufigen Veränderungen des Streichens und Fallens 
der Flötze, die localen Faltungen u. a. m. erhält man nur 
selten durch die Karte ein klares Bild, und dann in der Regel 
wieder ein construirtes. 

Diese Uebelstande, welche einerseits Folgen der ange- 
wendeten idealen Darstellungsweise sind, andererseits in den 
mangelhaften Angaben über die Lagerungsverhältnisse in den 
inneren Feldtheilen liegen, nach Kräften zu beseitigen, schien 
mir bei Bearbeitung der Specialkarten fur unsere Landes- 
untersuchung des Strebens werth zu sein. Es konnte dies 
nur erreicht werden bei möglichster Vermeidung aller Con- 
structionen und Projectionen, sowie unter Beschränkung auf 


636 


die bekannten Verhaltnisse in der Begrenzung und Lagerung; 
also bei Berucksichtigung von Regeln, die bei unserer geolo- 
gischen Kartirung schon lange als allgemein giltig anerkannt 
worden. Dazu schien mir eine Methode der Kartenzeichnung 
besonders geeignet zu sein, welche sich eng an die Art der 
Darstellung des Terrains auf unseren neuen topographischen 
und geologischen Karten anschliesst; es ist diejenige, welche 
alle Tiefenunterschiede dureb Linien gleicher Tiefe, bezogen 
auf eine bestimmte Ebene, veranschaulicht. Seit langer Zeit 
schon hat man derartige Tiefenlinien bei Darstellung der Un- 
ebenheiten des Meeresgrundes angewendet. Für die Karte von 
einem Kobhlenrevier, für dasjenige des Plauen’schen Grandes 
bei Dresden, wurde sie vor ungefähr 25 Jahren von dem da- 
maligen Markscheider Kniss, in Burgk bei Dresden benutzt. 
(In verkleinertem Maassstabe ist diese Karte in Grinitz, „Geo- 
gnostische Darstellung der Steinkohlenformation in Sachsen“ 
1856 erschienen.) Allein selbst im letzteren Falle handelte 
es sich om ein einziges Flötz in einem an Verwerfungen 
armeren Gebiete. Es galt daher zu versuchen, ob und wie 
diese Darstellungsweise sich auf das Zwickauer Kohlenfeld 
anwenden lasse, in welchem 10 Flotze nach ihrer Lagerung 
und Ausdehnung, sowie zahlreiche grössere Verwerfungen 
berücksichtigt werden mussten. Die Karte sollte noch bei 
einem Massstabe von !/,:60 nicht uberladen erscheinen und 
doch ein klares Bild geben, aus dem insbesondere der Paral- 
Jelismus oder die Discordanz der Flötze untereiuander, ferner 
alle Faltungen in den Flötzen, desgleichen alle bedeutenderen 
Verwerfungen nach ihrem Verlaufe in jedem Flotze, mit ge- 
nauer Darstellung der wichtigsten dabei zu beobachtenden Er- 
scheinungen, die Sprunghöhen längs ibres Verlaufes, endlich 
die in vielen der durch Verwerfungen begrenzten Schollen 
wechselnden Streichrichtungen und Fallwinkel direct ersehen 
werden könnten. 

Es zeigte sich bald, dass diesen Anforderungen vollstandig 
genügt werde, wenn man für jedes Flötz eine besondere Farbe 
wähle und nur die Lage eines derselben mit Horizontalen von 
10 zu 10 Meter Unterschied, alle übrigen dagegen in der Re- 
gel mit solchen von 50 Meter bezeichne. Durch Tiefenlinien 
von 10 Meter Unterschied bezeichnete ich gewöhnlich das 
oberste Flötz und wahlte nur da ein tieferes, wo auf jenem 
durch den Abbau noch nicht die zur Zeichnung einer solchen 
grösseren Zahl von Linien nöthigen Punkte von bestimmbarer 
Tiefe geliefert worden waren. Bei ungenugeaden Aufschlüssen 
wurden selbst die Linien von 50 Meter nicht gezeichnet, son- 
dern höchstens die bekannte Tiefe einzelner Punkte einge- 
tragen. Der hierbei mehrfach nöthig werdende Uebergaug von 











der Darstellung mit Horizontalen von 10 Meter zu derjenigen 
mit 50 Meter fand entweder an der Grenze eines höheren 
Flotzes oder einer dazu geeigneten Verwerfung statt, wurde 
aber in der Weise vermittelt, dass ich die aufhorenden spe- 
cielleren Linien etwas in dasjenige Gebiet übergreifen liess, 
in welchem die speciellere Bezeichnung einem anderen Flötze 
zugetheilt wurde, um dadurch noch, ausser durch die fortlau- 
fenden Linien von 50 Meter, die Fortsetzung des betreffenden 
Flötzes anzudeuten. Alle Nullpunkte für die Tiefen legte ich 
fur das Zwickauer Feld in eine 300 Meter uber der Ostsee 
gelegene Ebene, weil einerseits alle Orte, an denen ein Abbau 
von Koblen stattgefunden hat, unter derselben liegen in der 
Karte, also infolge dessen nur positive Zablen für die Tiefe 
vorkommen, andererseits weil dadurch die Berechnung der 
Tiefe fur jeden Ort an der Oberfläche mittels der Höhenlinien 
und Fixpunkte wesentlich vereinfacht wird. 

Die Streichrichtungen und alle Faltungen der Flötze sind 
durch den Verlauf der Tiefenlinien, das Fallen aber wird durch 
die Entfernung je zweier Linien von 10 Meter zunächst fur das 
betreffende leitende Flötz angegeben. Zur Bestimmung der 
bierbei in Betracht kommenden Winkel dient der am Fusse 
der Karte befindliche Maassstab. Bei Beachtung dieser An- 
gaben über das leitende Flötz ist aber auch die Entfernung 
und Lage jedes anderen aus der Karte zu ersehen. Liegt z. B. 
die Horizontale von 250 Meter für ein Flötz, welches nur von 
50 zu 50 Meter Tiefe angegeben worden ist, an einem Punkte 
genau in der Mitte zwischen den Horizontalen 220 und 230 
Meter des leitenden Flötzes, also unter einem 225 Meter tiefen 
Punkte desselben, so sind die Sohlen beider 25 Meter in ver- 
ticaler Richtung von einander entfernt. (seht die Horizontale 
eines tieferen Flötzes nicht parallel mit denen des Haaptflotzes, 
so wechselt die Entfernung beider und die Grösse dieser Ver- 
anderung lässt sich für jeden Ort berechnen. Dadurch lässt 
sich aber die Lage jedes Flötzes zu jedem beliebigen anderen 
aus der Karte ersehen. 

Die Verwerfungen konnten, weil ich die Karte in einem 
später zu reducirenden Maassstabe von '/,,,. entwarf, für jedes 
Flötz direct nach den Grubenrissen gezeichnet werden. Infolge 
dessen ist jede Lageveränderung, jede Zunahme und Abnahme 
der Breite des flötzleeren Theiles aus der Karte ersichtlich 
und das Fallen der Spalte genauer dargestellt, als es nach 
einzelnen Winkelmessungen möglich sein könnte. Die Hori- 
zontalen stossen an der auf jeder Spaltenwand angegebenen 
Schnittlinie eines Flötzes, soweit dies die Aufschlusse ermög- 
lichten, an. Infolge dessen lässt sich der Betrag der senk- 
rechten Niederziebung in jedem Theile der Verwerfung aus 


638 


der Karte ersehen: ein Resultat, welches durch noch so viele 
eingeschriebene Zahlen nicht erreicht werden könnte. Endigt 
z. B. von einem Flötze die Linie von 140 Meter Tiefe gegen- 
über derjenigen von 210 Meter, so beträgt die saigere Sprung- 
höhe offenbar 70 Meter. Die Grösse der Bewegung zweier 
benachbarter Schollen bei einem Verwurf ist nur selten eine 
an allen Orten gleiche gewesen, vielmehr sind hierbei geolo- 
gisch hoch interessante Erscheinungen zu beobachten, welche 
bei der zeither herrschenden Darstellungsweise weder in der 
Karte, noch in den Profilen, noch in den Texten speciell ver- 
anschaulicht werden konnten. Hier treten dieselben ganz von 
selbst zu Tage, so dass ich bei Zusammenstellung der auf den 
einzelnen Gruben gemachten Entwürfe, nicht selten erst nach 
Vollendung der Zeichnung, davon überrascht worden bin. 

Dass die Grenzen der Koblenflötze, mithin die ganze 
Flötzfläche auf diese Weise genau nach ihrer horizontalen und 
verticalen Position angegeben werden, brauche ich nicht erst zu 
beweisen. Wenn in einer Ablagerung, wie in derjenigen des 
Carbon bei Zwickau, vor Auflagerung des Rothliegenden oder 
einer anderen Formation, in der damaligen Oberfläche durch 
Erosion grosse Unebenheiten entstanden sind, infolge deren 
z. B. unter dem gegenwärtigen Melapbyrrucken von Oberhobn- 
dorf ein Berg sich erhebt, dessen Gipfel mehr als 100 Meter 
höher liegt als sein gegen West aufgeschlossener Fuss, und 
welcher zugleich in verschiedenen Höhen durch die an seinen 
Seiten ausstreichenden Flötze geschnitten wird, so sind die 
Formen desselben bei dieser Darstellung leicht zu erkennen 
und in Profilen nach jeder Richtung darzustellen. Denn wäh- 
rend man bei anderen Karten für jedes Profil zahlreiche Daten 
zu sammeln gezwungen ist, ausserdem auch die durch Pro- 
jection entstandenen Verzerrungen kennen und bei älteren Kar- 
ten auf ihre Richtigkeit gegenuber neueren Aufschlussen prafen 
muss, kann nach der Ihnen vorliegenden Karte in ausser- 
ordentlich kurzer Zeit ein Profil nach jeder beliebigen Rich- 
tung gelegt werden. 

Dieselbe Darstellungsweise halte ich auch bei geologischen 
Specialkarten von flötzreicheren Ablagerungen fur durchführbar. 
Selbstverständlich musste man darauf verzichten, jedes Flotz, 
wie es hier geschehen ist, darstellen zu wollen, wenn man 
nicht jeden einzelnen Flotzzug oder noch kleinere Gruppen auf 
je einer Karte darstellen wollte. Man würde dadurch die 
Mängel unserer Flötzkarten grösstentheils beseitigen können, 
welche einerseits Folge der angewendeten Projectionsmethode, 
andererseits der ungenügenden Berücksichtigung der Details 
in den Lagerungsverhältnissen der einzelnen Flötze, innerhalb 
eines Koblenfeldes sind. Dadurch würden an Stelle der 








639 


Revier- und Flötzkarten‘‘ wissenschaftlich ungleich brauch- 
barere „Flötzlagerungskarten‘* treten. 

Herr v. DECHEN glaubte bei vollster Anerkennung der 
Leistungen des ‘Vorredners auf die erheblichen Bedenken auf- 
merksam machen zu sollen, welche die Darstellung verschie- 
dener, übereinander liegender und sich daher deckender Flötze 
(geneigter Ebenen) auf einer und derselben Karte herbeifübrt, 
welche ausserdem ein vollständiges topographisches Bild und 
das Terrain in Aequidistanten gewährt und noch die verschie- 
denen Formationen und ihre Unterabtheilungen in Farben ent- 
halt. Wenn in einer solchen Karte die Flötze in Einer Hori- 
zontalebene, wozu diejenige gewählt wird, worin die meisten 
Aufschlüsse vorhanden sind, verzeichnet werden, so ist dies 
Alles, was sich, ohne das Bild zu verwirren, erreichen lässt. 
Nur durch Modelle wird es möglich sein, eine grössere An- 
schuulichkeit der Verhältnisse zu geben, wobei er auf die vor 
länger als 30 Jahren von Herrn SCHMIDT angefertigten Modelle 
einzelner Theile des Saarbrücker Kohlenreviers verweist, welche 
in der Universitäts - Sammlung zu Bonn aufgestellt und mehr- 
fach copirt worden sind, sowie auf das Modell des Worm- 
Kohlenreviers bei Aachen, welches auf der Wiener Weltausstel- 
lang 1873 aufgestellt war und sich gegenwärtig auf der Aus- 
stellung wissenschaftlicher Apparate im South Kensington- 
Museum zu London befindet. 


Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 


Y. Ww. OÖ. 
vy. Dgonen. Rupozcr Crepyer. H. FRANCKeE. 


Protokell der Sitzung vem 15. August 1876. 


Vorsitzender: Herr v. Haven. 


Nach Erlediguug einiger die an diesem Tage vorzuneb- 
mende Excursion betreffenden geschäftlichen Mittheilungen fand 
der von Herrn v. Hauer gestellte Antrag, Wien als Ort der 
nachstjahrigen allgemeinen Versammlung zu wählen, einstim- 
mige Genehmigung, und wurde Herr v. Haver zum Geschäfts- 
führer ernannt, welcher Herrn NEUMAYR cooptirte. 

Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 

Herr Dr. MARSHALL aus Weimar, 
vorgeschlagen durch die Herren Neumarr, Nies 
und BAUER; 


640 


Herr Dr. Borrner aus Saalfeld, 
vorgeschlagen durch die Herren Geinitz, RICHTER 
nnd E. E. Scum. 

Herr E. E. Scamp aus Jena sprach über die Porphyrite 
von Ilmenau: Bekanntlich besteht der Rücken des Thuringer 
Waldes westnordwestlich der Linie Amt-Gehren — Eisfeld zu 
einem ansehnlichen Theile aus porphyrischen Gesteinen und 
zwar ebensowohl Quarz-führenden als Quarz-freien. Die einen 
lassen sich von den anderen obne grosse Schwierigkeit ab- 
grenzen. Die Quarz-baltigen Porphyre treten theils in Stöcken, 
theils in Gängen auf. ‘Die Quarz-freien in Stocken und Decken. 
Diese letzteren sind besonders in der Gegend von Ilmenau 
entwickelt. Sie sind schon wiederholt in Untersuchung ge- 
zogen worden und bald in mehr, bald in weniger wesentlich 
verschiedenartigen Gruppen untergebracht worden. Zu ihnen 
gehören ebensowohl die Gesteine des Schneidemallers-Kopf- 
chens, zwischen Kammerberg und Stutzerbach, die typischen 
Melaphyre des Thüringer Waldes, als die typischen Glimmer- 
Porphyre von Oehrenstock. Sie bieten eine grosse Mannig- 
faltigkeit grauer, brauner und rothbrauner, rein krystallinischer 
bis tuffartiger, körniger bis aphanitischer, compacter, caver- 
nöser und amygdaloidischer Entwickelungen, deren Lagerungs- 
verhältnisse noch sehr unvollkommen bekannt sind, weil breite 
Anstände wegen der Mächtigkeit und Verbreitung der Schutt- 
halden zu den Seltenheiten gehöreu. Die vorbandenen besse- 
ren Aufschlusspunkte lassen eine bankformige Anordnung der 
Masse des Quarz - freien Porphyrs hier mehr, dort weniger 
deutlich erkennen, so zwar, dass die Bänke vielorts stark ge- 
wunden sind ohne Berstung und Kluftung, und zugleich recht 
verschiedenartige Entwickelungen scharf voneinander absetzen, 
dass mächtige Conglomerate, Schiefer und Sandsteine mit 
Pflanzenresten und Steinkohle untergeordnet sind. Gegen das 
Ilmthal zu stellt sich die Gesammtheit dieser Banke als eine 
Decke dar und zwar von mässiger Mächtigkeit, wenn mau 
hin und wieder auf den Thalsohlen entblösste Grauwacken 
und Gneisse als den Boden, über den der porphyrische Erguss 
sich hinwalzte, ansehen darf. 

Welche Gesteins - Modificationen zu einem Erguss, oder 
allgemeiner, reiner thatsachlich ausgedrückt, zu einer gene- 
tischen Einheit zusammengehören, ist aus den Lagerungs-Ver- 
haltnissen nicht zu ersehen, muss also rein lithalogisch beur- 
theilt werden. 

Zu diesem Zwecke habe ich eine Anzahl recht contrasti- 
render Gesteinsproben auagewählt and 10 davon einer chemisch- 
und mikroskopisch-mineralogischen Untersuchung unterzogen, 





641 


den schon so oft untersuchten Melapbyr des Schneidemüllers- 
Kopfchens vorläufig bei Seite lassend. 

Diese Untersuchung hat zu den folgenden Resultaten 
gefuhrt. 

Als Hauptmasse tritt ein Alkali- Thonerde-Silicat auf, 
zusammengesetzt nach dem Feldspath - Schema zwischen der 
Säuerungsstufe des Orthoklases und Albits einerseits und des 
Oligoklases andererseits. Kali und Natron finden sich stets 
nebeneinander, wenn auch das erste stets etwas betrachtlicher 
als das andere; Kalkerde dagegen tritt daneben sehr spärlich 
auf, mitunter wohl uber 2 pCt., meist unter 1 pCt. Der 
Talkerdegehalt kann vorläufig unbeachtet bleiben. Dieses 
Silicat kann auf einfache Weise erhalten werden, nämlich 
durch Digestion mit Salzsaure und koblensaurem Natron. Die 
Porphyre hinterlassen dann ein fast weisses Pulver, welches 
nur wenig gebundenes Wasser enthalt. 

Wenn das Sauerstoff-Verhältnies auf 4:12 ist, kann eben- 
sowobl von natronhaltigem Ortboklas als von kalihaltigem 
Albit die Rede sein; denn ausgeschiedene Krystalle erweisen 


sich bei sonstiger Uebereinstimmung mit Feldspath unter dem 


Mikroskop hier monoklin, dort triklin. Wenn aber das Sauer- 
stoff-Verhaltniss 4:9 waltet, dann kann entweder von Oligo- 
klas nicht mehr die Rede sein, zu dessen Bildung Kalkerde 
nach dem TscHERMACK’schen Gesetz unentbehrlich ist, oder 
dieses Gesetz muss für die Porphyre fallen gelassen werden. 
Das ist aber doch zu wohl begründet und mikroskopisch zeigt 
eich in einer Probe der vermeintliche Oligoklas, zwar als deat- 
lich blattrig und doppelbrechend, aber von wesentlich abwei- 
chendem Habitus. Vorläufig möchte ich demnach dieses Silicat 
ala Paroligoklas bezeichnen, die Entscheidung uber die wich- 
tige Frage darüber, ob es feldspathfreie Porpbyre, wie feld- 
spathfreie Basalte gebe, der Zukunft uberlassend. 

Dieser silicatische Hauptgemengtheil tritt theils in freien 
Krystallen auf, theile in einem nur mit starker Vergrösserung 
anflosbaren Filz schiefer Prismen, theils als nicht individua- 
lisirte und unkrystallinische Grundmasse. Die Krystalle sind, 
wie gewöhnlich die Feldspathe alter Eruptivgesteine, nicht 
ohne Anzeichen von Zersetzung. 

Ausser diesem Hauptsilicate findet sich sebr haufig Glim- 
mer und zwar Talkerde-reicher, und soweit die Prüfung aus- 
führbar war, optisch - einaxiger. Viele Porphyre sind jedoch 
völlig glimmerfrei. 

Weitere wohlcharakterisirte Silicate vermag ich nicht an- 
zugeben, will jedoch nicht unterlassen anzufubren, dass sich 
Eisenoxydul in allen untersuchten Proben nar spurenhaft findet 








642 


und dass auch diese spurenhafte Nachweisung unsicher ist 
wegen des nie feblenden Gehaltes an Bitumen. 

Freie Kieselsaure fehlt nicht ganz; wo sie aber vorkommt, 
deutet sie sich als secundaren Gemengtheil an, erscheint nicht 
als Quarz, sondern als Chalcedon. 

Reichlich, bis za 15 pCt. und ganz allgemein ist das Vor- 
kommen des Eisenoxydes als wolkige Trübung, feinkornige 
Bestäubung und bröckliche Einstreuung, auch die grauen Por- 
phyre sind reich daran. Diesem Eisenoxyd ist wohl stets 
Mangan beigemischt, aber nie in wesentlicher Menge. 

Titan ist in keiner Probe chemisch nachweisbar. 

Von Phosphaten sind Spuren mitunter unzweifelhaft 
chemisch nachweisbar, aber nicht ebenso mikroskopisch, na- 
mentlich bemerkt man keine Apatitsaulchen. 

Die Minderzahl der Proben erweist sich völlig carbonat- 
frei, die Mehrzahl entwickelt, in verdunnte Salzsäure eingelegt, 
Koblensäure. Diese Entwickelung breitet sich seltener uber 
die ganze Oberfläche aus, als dass sie sich auf einzelne Stellen 
concentrirt und zwar auf die lichteren, die man nach der 
Schärfe ihrer Umrisse für Feldspath - Einsprenglinge halten 
möchte. Eine glattgeschliffene Porphyrflache wird durch das 
Anätzen mit verdanoter Salzsäure rauh, grubig, so jedoch, 
dass in den Gruben ein zartes Kieselskelett übrig bleibt. Miı- 
kroskopisch haben diese Stellen häufiger das Aussehen trüber, 
in Zersetzung begriffener Feldspathe, als eigentlicher Einla- 
gerungen, welche dann ruodlich amgrenzt sind und deutlichen 
Blätterbruch erkennen lassen. Im ersteren Falle sind sie in 
der That Feldspath-Metamorphosen von der eigenen Art, welche 
als Orthoklas-Pseudomorphosen von Meiers-Grund, zwischen 
Manebach und Statzerbach durch die Sammlungen verbreitet 
sind und in einem der haufigst vorkommenden Stadien von 
Crasso untersucht sind. Das Studium der übrigen Stadien ist 
in der hiesigen mineralogischen Anstalt eifrig betrieben wor- 
den, aber im Einzelnen noch nicht abgeschlossen. Der Feld- 
spath zertrummert sich dabei gewöhnlich von Innen heraus, 
und zwischen den etwas kaolinisirten Feldspath - Trümmern 
stellt sich ein Gemenge von Carbonat mit Eisenoxydhydrat 
und etwas freier Kieselsaure ein. Die Feldspath - Trammer 
werden im Fortschreiten des Processes kleiner und mürber 
und das Carbonat mit Eisenoxydhydrat bildet eine lockere 
Ausfallung des ursprünglichen Krystallraumes.  Allmalig 
schwindet auch das Carbonat und ner das Eisenoxydhydrat 
bleibt als stumpfer Kern ubrig. Zuletzt bleibt fast nur ein 
Hoblraum anstait des Krystalls übrig. Im Meiers-Grund ist es 
ein äusserst grobkörniges, auch Quarz führendes Gestein mit 
1!/, Cm. grossen Feldspathen, in welchem sich dieselbe Um- 





643 


setzung der Feldspathmasse vollzieht, wie in vielen der Quarz- 
freien Porphyre bei Ilmenau. Gewiss ist es der Mühe werth 
nachzusehen, ob eine solche Metamorphose, die man füglich 
als Carbonatisirung bezeichnen kann, auch in anderen Porphyr- 
gebieten und in anderen Feldspathgesteinen Platz greift. Jeden- 
falls wird durch ihre Berücksichtigung die Carbonatführung der 
Porpbyre bei Ilmenau als eine secundäre und nicht als eine 
primäre gekennzeichnet. 

Alle hierher gehörigen Gesteine geben anhaltend bei 100° 
getrocknet und nachber gegluht, Wasser aus und zwar stark 
bituminöses bis zu 2 pCt. Dasselbe ist wohl zum Theil auf 
Glimmer und silicatische Verwitterungsproducte und auf Braun- 
eisenerz zu beziehen, zum Theil aber auch auf eingedrungene 
Moderstoffe. 

Nach diesen Untersuchungen, die ich selbst als sehr un- 
zureicbende zu bezeichnen habe, ordnen sich die Quarz-freien 
Porphyre der Gegend von Ilmenau in zwei Hauptreihen an, 
in eine 

Orthoklas - Albit - Reihe 
und eine 
Paroligoklas - Reihe 

Als Repräsentanten der ersten Reibe kann der Glimmer- 
Porphyr gelten. Sein Vorkommen am östlichen Rande des 
Ortes Oehrenstock, welches in den Sammlungen sehr verbreitet 
ist, mag als typisches Beispiel hier noch einen Platz finden. 

Dasselbe bietet folgende Mengung: 


Carbonat mit etwas wasserhaltigem Silicat und Braun- 

eisenerz . 2 . . . . . ew . . 98 pCt. 
Magnesia-Glimmer und Rotheisenerz. . . . 22,5 ,, 
Trisilicatischer Feldspath . . . . . . . 67,7 ,, 


Die zweite Reihe durfte diejenigen Gesteine umfassen, 
die man ihrer dustern Farbe wegen als Melaphyre zu bezeich- 
nen pflegt. Als typischen Repräsentanten führe ich ein zwi- 
schen Silberberg und Ilmsenberg gefundenes Gestein auf. 

Seine Menguug kommt auf die folgenden Zahlen hinaus: 


Carbonat mit etwas wasserhaltigem Silicat und Braun- 

eisenerz . . . . . . . . . . « 14,0 pCt. 
Rotheisenerz . . . . . . . . . . . 11,2 „ 
Paroligoklas. . . . . . . . . . . . 748 = ,, 


Herr Grinirz zeigte einen grünen metamorphischen Schiefer 
mit deutlich erhaltenen Steinkernen und Abdrucken einer Orthis 
vor von Leuchtholz bei Ventzka, in der Nähe von Hirschberg 
zwischen Hirschberg und Hof. Dieses gneissartige Gestein 
besteht nach mikroskopischer Untersuchung von Eugen GEINITZ 





mn 





644 


aus Quarz, Hornblende und Magneteisen-Octaédern, Im Quarze 
kommen Einschlusse von Hornblende und Magnetit vor, ferner 
ragt oft die Hornblende in die Quarzkörner hinein, wodurch 
die gleichzeitige Bildung aller 3 Mineralien erwiesen wird und 
eine Auffassung des Quurzes als klastisches Material nicht zu- 
lässig ist. Das Gestein lasst sich als magnetitreicher, krystal- 
linischer Hornblendeschiefer oder Hornblende-haltiges Maguetit- 
gestein bezeichnen. Die Orthis nähert sich theils der devo- 
nischen O. opercularis M. V. K., theils der primordialen O. Lind- 
strömi LINNARSSON. 

Ferner legte derselbe einige Stucke fast dichten Tbon- 
steins vor aus dem Gebiete eines alten in die Steinkoblenzeit 
fallenden Porpbyrs vom Kohlberg bei Schmiedeberg im sach- 
sischen Erzgebirge, mit Spuren von Pflanzenresten, cfr. Noeg- 
gerathia expansa M. V. K. etc. Das Gestein verhält sich zu 
den sogen. Kohlenporphyren ähnlich wie die Felsittuffe des 
unteren Rotbliegenden zu den jüngeren Quarzporphyren. 

Herr W. Waagen legte vor: Jurassic Fauna of Kutch, 
Vol. I. Cephalopoda. Das Werk, welches ich Ihnen vorzu- 
legen mir hiermit die Ehre gebe, ist nur in seinen letzten 
Partieen in neuerer Zeit entstanden und die erste Lieferung 
davon ist sogar schon vor mehr als 2 Jahren der Oeffentlich- 
keit übergeben worden, doch habe ich erst in einem Schluss- 
capitel die allgemeinen Resultate gezogen, diese aber gerade 
sind es, welche von allgemeinerem Interesse sein dürften. 

Um zunächst einige Febler, welche sich durch meine Er- 
krankung und die dadurch bedingte Unmöglichkeit der persou- 
lichen Ueberwachung der Herstellung der Tafeln eingeschlichen 
haben, zu berichtigen, muss ich Ihnen mittheilen, dass die 
letzte Tafel ganz und gar verfeblt ist und nur die Abbildung 
des Crioceras Australe als brauchbar erscheint. Statt Amm. 
Deshayesi ist das Bruchstuck eines Planulaten aus den MWakro- 
cephalus - Schichten abgebildet unter der Bezeichnung ,,Amm. 
Martini“, und der wahre Martini ist als „Amm. Deshayesi“ ao- 
geführt, jedoch so gezeichnet, dass die Figur zur Erkennung 
der Species völlig werthlos erscheint. Andere Fehler, wie 
z. B., dass eine der Tafeln falsch numerirt ist, lassen sich 
leicht erkennen und sind infolge dessen weniger schädlich. 

Das am meisten in die Augen fallende Resultat, welches 
sich bei Bearbeitung der Cephalopoden von Kutch ergeben hat, 
ist, dass die mit Europa identischen Species dort genau nach 
denselben Horizonten vertheilt sind, welche wir in Europs zu 
unterscheiden gelernt haben, doch verdankt man diese Ent- 
deckung weniger mir, als vielmehr dem verstorbenen Dr. 
STOLICZKA, der, obwobl bei seiner Abreise von Calcgtta nach 





645 


Kutch vollstandig davon uberzeugt, dass es in Indien un- 
möglich sei, die europäischen Horizonte wiederzufinden, den- 
noch nicht umhin konnte, diejenigen Schichtenunterscheidungen 
zu machen, die ich in dem vorliegenden Werke adoptirt habe, 
und die zur Unterscheidung der europäischen Zonen geführt 
haben. 

Ein sehr auffallendes Factum ist es übrigens, dass unter 
den Ammoniten die Gruppe der Makrocephalen in Indien eine 
ganz andere Verbreitung besitzt, als dies in Europa der Fall 
ist, indem dort dieselben noch in zahlreichen Exemplaren in 
einem Niveau angetroffen werden, welches dem der Zone des 
Pelt, transversarium in Europa entspricht. Allerdings sind es 
lauter von den Europaischen abweichende Arten, doch gehören 
sie immerhin der Gruppe der Makrocephalen an. 

Diese beiden Thatsachen wollte ich übrigens nur im 
Vorbeigeben erwähnt haben, etwas ausführlicher dagegen 
möchte ich mich über die geographische Verbreitung der Jura- 
schichten in Indien aussprechen, da von derselben überhaupt 
das Verstandaiss der indischen Geologie bis zu einem gewissen 
Grade abhängt. Es ist bekannt, dass schon seit lange das 
eigenthumliche Verhältniss der indischen Ablagerungen aufge- 
fallen ist, dass nämlich fast sammtliche mesozoische Forma- 
tionen auf der eigentlich indischen Halbinsel durch mächtige 
Sandsteinbildungen (Rajmahal-, Mahadeva-, Jubbulpoor- und 
andere Sandsteine) mit Pflanzenabdrücken und spärlichen 
Wirbelthierresten vertreten sind, während, sobald man den 
nordwestlichen Tbeil des Himalaya erreichte, zahlreiche Reste 
mariner Organismen das Bestimmen der Formationen wesent- 
lich erleichterten. Man unterschied infolge dessen nach Brax- 
Forp’s Vorgang einen ,,Himalayan‘t und ,,Peninsular Type‘ 
und verglich die beiden Areale mit den alpinen und auseeralpinen 
Bildungen Europa’s. Nur das Punjab wollte sich nicht recht 
einreihen lassen, indem dort zwar uberall marine Versteine- 
rungen sich finden, obwohl man die Gegend der Indusmün- 
dungen eigentlicb doch nicht mehr zum Himalaya rechnen 
kann. In der That ist aber hier der Schlüssel zur Lösung der 
ganzen Frage. 

Wenn wir uns von den marinen Schichten in Kutch 
und Rajputana nach Osten bewegen, treffen wir bald auf die 
krystallinische Kette der Aravallies, sudostlich von welcher 
nur mehr die mächtigen petrefactenarmen Sandsteine des 
„Peninsular‘‘-Areales anzutreffen sind. Die Aravallie-Kette 
wurde niemals von den Meereswellen überschritten (bis zur 
Kreidezeit), und wir baben in den Bildungen des Peninsular 
Type Ablagerungen aus Binnengewässern vor uns, welche 
mannigfaltig in der Ausbildung und daber im Einzelnen sehr 


646 


schwer zu parallelisiren, doch im Grossen und Ganzen der 
Trias- und Juraperiode eingereibt werden müssen. 

Verfolgen wir die krystallinischen Gebilde des Aravallies 
weiter nach Norden, so verlieren sie sich unter alluvialen, 
nummulitischen oder jünger tertiären Bildungen, doch entdecken 
wir zu unserer Verwunderung, dass im Himalaya in der Ge- 
gend von Simla die erste krystallinische Kette dieselben Fan- 
ctionen übernimmt, welche die Aravallies im Süden verrich- 
teten, namlich die Scheidung der versteinerungsreichen, marinen 
Thone und Kalke von den petrefactenarmen Sandsteinschichten. 
Der arme MepLicorr ist mit Unrecht so sehr verschrieen 
worden wegen seiner Beschreibung der Umgegend vom Simla. 
Es ist nichts mehr als natürlich, dass man seine ,,Krol- und 
Blini‘‘-Schichten, soweit sie nicht der Nummuliten-Formation 
zugezäblt werden müssen, nicht nördlich von der ersten kry- 
stallinischen Kette wieder finden kann, sondern man hat ihre 
Aeqaivalente vielmehr im Saden, in Central-Indien zu suchen. 

Jedoch nicht für die ganze Länge des Verlaufs des Hi- 
malaya bleibt die erste krystallinische Kette die Scheidungs- 
linie, denn südöstlich, in Sikkim, sind die marinen Schichten 
bereits ganz ausgeschlossen und nur einige Fundorte mit fos- 
silen Pflanzen sind bekannt, doch sind dort die sedimentaren 
: Schichten grösstentheils in krystallinische Schiefer umgewan- 
delt. Die Scheidungslinie muss sich also irgendwo in Nepal 
nach Norden ziehen und Tibet erreichen. j 

So wird also Indien von einer alten Uferlinie darch- 
schnitten, welche bei der Aravallies begiunt, wahrscheinlich 
westlich von Simla den Himalaya erreicht, dann eine Strecke 
lang der ersten krystallinischen Himalayakette folgt und end- 
lich sich in Nepal nach Norden wendet, den ganzen Gebirgs- 
zug des Himalaya quer darchschneidend. Es scheint also die 
Indische Halbinsel abhängig von einem grossen Continent, 
welcher wahrscheinlich China, Hinterindien, den indischen 
Archipel und Australien, vielleicht auch noch einen Theil von 
Oceanien umfasste. Die geographische Configuration war con- 
stant mit geringen Veränderungen während der Trias- und 
Jura - Perioden, erst mit Beginn der Kreide traten bedeatende 
Senkungen ein, welche ein grosses Uebergreifen der Kreide- 
schichten veranlassten. Aber bereits zu mesozoischer Zeit 
bildete Indien eine ähnliche Halbinsel wie hentzutage, wie 
dies aus dem Vorkommen von triassischen Gesteinen in Hinter- 
indien und von marinen jurassischen Ablagerungen nördlich 
von Madras hervorgeht, welche das Vorbandensein eines Meer- 
busens äbnlich dem von Bengalen auch schon zu damaliger 
Zeit andeuten, | 

Das Meer, welches diese Halbinsel umspalte, stand im 








647 


Norden ohne Zweifel mit den europaischen Meeren im Zusam- 
menhange, wie ware es sonst möglich, dass Europa und Indien 
so viele gemeinsarne Species besitzen; im Süden aber debnte 
es sich sowohl nach Westen als nach Osten aus, wie die mit 
dem indischen Jura verwandten Ablagerungen in Süd-Afrika, 
als auch in West-Australien bekunden. 

Höchst auffallend ist, dass der Jura des Himalaya, ob- 
wohl geographisch so nahe gelegen, beinahe weniger Ver- 
wandtschaft zum Jura von Kutch zeigt, als der Jura von West- 
Australien, sondern sich vielmehr an den russischen Jura an- 
zuschliessen scheint. Daraus dürfte hervorgehen, dass der 
Jura von Europa, Kutch und Australien, obwohl in verschie- 
dene Provinzen zerfallend, doch bis zu einem gewissen Grade 
ein gemeinsames Ganze bildete, das mau wohl am besten als 
homozoischen Gürtel bezeichnet, während der Jura von Spiti 
einem ähnlichen Gürtel beizuzahlen sein dürfte, dem noch der 
russische und sibirische Jara als Provinzen eingegliedert wer- 
den müssen. 

Zum Schluss möchte ich noch bemerken, dass ein Theil 
der Original-Exemplare zu vorliegendem Werke beim Umzuge 
in’s neue Museumslocal in Calcutta verraumt oder verloren 
worden zu sein scheint, da mir aus Calcutta geschrieben wird, 
dass viele der Originale nicht aufzufinden seien. 

Herr M. Nzumarr aus Wien legte eine Suite verkiester 
Ammonitiden von Tschulkowo in Russland vor, welche zum 
grösseren Theil mit Formen aus den westeuropaischen Ornaten- 
thonen übereinstimmen. Der Vortragende knüpfte daran eine 
Discussion der Beziehungen der russischen durasniegerduges 
zu denjenigen West-Europa’s und Indiens. 

Herr BeyricH verbreitete sich uber entsprechende Ver- 
steinerungen des Berliner Museums und machte Mittheilung über 
die Aufschlusse des Lias in dem noch unvollendeten fiska- 
lischen Bohrloche bei Cammin in Vergleich mit den kohlen- 
führenden Schichten von Bornholm. 

Herr Kosmann sprach über die Zusammensetzung und 
Verbreitung der Braunkoblenbildung im hohen Flaming, dem 
nördlichsten Theile des Regierungsbezirks Merseburg, dem 
nördlich der Elbe zwischen Wittenberg und Rosslau gelegenen 
und an seinem nördlichen Abfall von der Lübben - Luckenwalder 
Niederung begrenzten Gebirgsrücken. 

In Abweichung von der sonst in der Mark Brandenburg 
bekannten und unter der „Brandenburgischen Formation‘ be- 
zeichneten Braunkohlenlagerung setzt sich die hiesige Lage- 
rung aus 4 Flötzen zusammen, welche unter einer Decke von 
Diluvialsanden, welchen oft Kies und Lehm eingelagert sind, 
mit Glimmersand, Letten und Formsand beginnen, denen das 


Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIII. 3. 42 


648 


erste Flotz folgt; es kommt dann ein Lager Flaschen- oder 
Topferthon, welches meist 30 — 35’ Machtigkeit erreicht, das 
zweite Flötz, darunter brauner Letten, grober Quarzsand und 
Formsand, das dritte Flotz, dann Formsand, das vierte Flotz, 
bis 24° mächtig werdend, ale Liegendstes weisser, Glimmer- 
führender Quarzsand. 

Die gesammte Schichtung findet sich stets in engen, sich 
lang hinziebenden Mulden abgelagert, innerhalb deren die 
Schichten sehr steil einfallen (25—40°); die Breite der Mulde 
wechselt von 90 — 200 M. Die lockere Beschaffenheit der 
obersten Schichten im Haugenden des ersten Flötzes (über dem 
Thon) ist die Veranlassung zur Zerstörung und Fortführung 
desselben an ihrem Ausgehenden, welcher erst das Vorbanden- 
sein des Thonlagers Eiuhalt gebietet, sodass das Ausgehende 
der Braunkohle von der Ausbildung enger, mehr oder weniger 
tiefer, wallgrabenartiger Schluchten begleitet ist. 

Das Streichen dieser Schluchten, wie dasjenige der zwi- 
schen denselben hervorragenden Höhen, und so auch das der 
Braunkohlenschichten ist hor. 5, uberraschenderweise ab- 
weichend von der Erhebungsrichtung des Flamiugs sowohl, 
wie der in der norddeutschen Tiefebene der Erhebungslinie 
des Thüringer Waldes sich anschliessenden Thaler und 
Hohenzuge. 

Viele der bier zusammengestellten Lagerungserscheinungen 
sind an vorliegender wie an anderen Stellen der Mark bereits 
von PLETTNER, GiRARD und GIRBELHAUSEN beobachtet worden. 

Nach den gegenwärtigen Resultaten würde man sehr wohl 
die oberste Partie der Flaminger Braunkohlenlagerung, ge- 
stützt auf das Auftreten des Alaunerdeflôtzes in dem nach- 
weislich zusammenhangenden Tractus der Mulde von Krop- 
stadt, Dobien und Griebau, mit den Schichten von Maskau- 
Gross-Kölzig identificiren können, da an ihrer Basis gleich- 
falls der bläulich - weisse Thon sich vorfindet, welcher das 
Hangende der Flötzbildung von Senftenberg - Spremberg- 
Finsterwalde bildet. Diese letztgenannte, zwischen Thonen 
eingebettete Flötzpartie möchte man demgemäss als das dem 
zweiten Flötz des Flamings — mit seiner Umgebung von 
Flaschentbon im Hangenden und braunen Letten im Liegenden 
— analoge Glied der märkischen bezw. niederlausitzischen 
Formation deuten. 

Es muss dann dahin gestellt bleiben, ob die sogen. han- 
gende Partie der brandenburgischen Formation — drei Flotze 
in Formsand eingelagert — und die liegende Partie, welche 
4 Flötze in braunen Koblensanden eingelagert darbietet, mit 
dem 3. und 4. Flotze des Flamings als entsprechende Glie- 
der in Beziehung gesetzt werden dürfen; jedenfalls sind die 


649 


letztgenannten die altesten Schichten der brandenburger Braun- 
koblenlagerung und nicht zu identificiren mit den Koblen- 
lagerangen von Muskau-Gross-Kolzig, wie es -GIBBELHAUSEN 
gethan, da diese nunmehr als die jüngsten Glieder zu be- 
trachten sein dürften. 

Mit der Formation des Flamings geognostisch zu ver- 
einigen ist der Höhenzug südlich und westlich der Elbe von 
Wittenberg bis Torgau, welcher in seinen Braunkohlenlagern 
bei Uthausen, Rotta, Moschwig, Ogkeln, Splan, Korgau und 
Dommitzsch absolut dieselbe Zusammensetzung erweist wie 
diejenige des hohen Flamings. Jenseits seiner durch die 
Mulde gebildeten Grenze jedoch schneidet diese Formation 
plutzlich ab, da hier die im Saalegebiete verbreitete, schon bei 
Bitterfeld (Greppin) beginnende Formation Platz greift, wie sie 
von Laspeyees bei Petersberg, Grobzig und Zorbig beschrie- 
ben ist. 

Herr A. STELZNER legte, zugleich im Auftrag der Herren Dr. 
E. Kayser und Hofrath Geinitz, die soeben erschienenen bei- 
den ersten Hefte der „Beiträge zur Geologie und Paläontologie 
der Argentinischen Republik‘ vor. Im 1. Heft hat Herr Dr. 
E. Kayser znnachst diejenigen Versteinerungen beschrieben, 
welche durch Herrn Dr. P. Lorentz in den Provinzen Salta 
und Jujuy, z. Th. wie am Nevado de Castillo, in 4 — 5000 
Meter Hobe gesammelt worden sind. Es sind Olenus- und 
Arionellus-Arten, neben denen noch Agnostus und einige Bra- 
chiopoden auftreten, so dass die bezüglichen Sandsteine dem 
jüngeren primordialen Niveau beigezäblt werden müssen. So- 
dann werden gegen 30 Species beschrieben, welche ich 
in der aus Kalksteinen und Dolomiten bestehenden östlichen 
Vorkette der Cordillere innerhalb der Provinz San Juan an 
5 Localitäten, und in schieferigen Gesteinen am Potrero de 
los Angulos in der Provinz la Rioja gesammelt habe. Die meist 
charakteristischen Formen sind Bathyurus - artige Trilobiten, 
Cephalopoden, Maclureen und Brachiopoden, die z. Th. mit 
einzelnen untersilurischen Formen Nordamerika’s und Europa’s 
specifisch übereinstimmen und dadurch, sowie überhaupt durch 
ihre Vergesellschaftung beweisen, dass die betreffenden argen- 
tinischen Schichten dem nordamerikanischen Trentonkalk, den 
Llandeilobildungen Englands und Schottlands, wie den russi- 
schen Vaginatenkalken zu parallelisiren sind. Mit der Silur- 
zone des mittleren und südlichen Europa besitzen sie dagegen 
keinerlei Analogieen. 

Im zweiten Hefte bat Herr Gemımz diejenigen Thier- 
und Pflanzenreste beschrieben, welche von mir in den Pro- 
vinzen la Rioja, San Juan und Mendoza innerhalb einer For- 
mation gesammelt worden sind, die wesentlich aus buntfar- 


42* 





650 


bigen Sandsteinen und Schieferthonen besteht, local aber 
auch Brandschiefer, sowie schwache Koblenflotze führt. Neben 
Schuppen von Semionotus finden sich zahllose Estberien; unter 
den Pflanzen dominiren Farren, und zwar besonders Arteu 
von Thinnfeldia und Taeniopteris, die mit solchen von Fran- 
ken, Schonen u. a. O. theils sehr nahe verwandt, theils spe- 
cifisch identisch sind. Herr Geisitz rechnet in Folge dessen 
die betreffende Schichtengruppe der rhätischen Formation zu. 

Herr GeiniTz bemerkt, dass es sich bei den ihm zur Unter- 
suchung überlassenen Fossilien aus der Argentinischen Repu- 
blik um Estheria Mangaliensis Jones handele, die ihm aus den 
betreffenden Brandschiefern von Mendoza schon seit der Pa- 
riser Ausstellung 1867 bekannt waren. 

Den von BEYRICH ausgesprochenen Bedenken uber die 
Zugehörigkeit der von ihm beschriebenen Reste zum Rhat 
gegenüber hebt er den wesentlichen Charakter dieser Pflanzen- 
welt hervor, welche seiner Ueberzeugung nach gar keinen 
Zweifel über diese geologische Stellung aufkommen lassen. 

Herr E. Stönr hielt folgenden Vortrag über die ober- 
tertiaren Bildungen bei Girgenti in Sicilien: Ich erlaube 
mir ein Profil vorzulegen, das classischen Boden zum 
Gegenstande hat, die Umgegend von Girgenti, und möchte 
dasselbe für sicilianische Geologie von einiger Bedeutung sein. 
Es ist namlich in Sicilien ungemein selten, da so viele Sto- 
rungen, Ilebungen wie Senkungen, vorhanden sind, ein Profil 
zu finden, das in ununterbrochener Reihenfolge eine grössere 


Anzahl Schichten normal abgelagert umfasst. Ein solches 


Profil ist das vorgelegte, das, von den jüngsten Tertiarbildun- 
gen beginnend, bis zur Schwefelformation in ununterbrochener 
concordanter Lagerung hinabreicht. Das Profil beginnt am 
Meere and geht in nördlicher Richtung über die antike Tempel- 
ruine der Concordia, zum Oratorio des Phalaris und zur 
Rupe atenea, dem höchsten Felsgipfel, von dem die Verbrecher 
berabgesturzt wurden, hinab in’s Thal zur neuen Eisenbahn- 
station und reicht bis zum Hugel von 8, Giuseppe, der aus 
löchrigem, Kalke besteht, bezüglich dessen, der Unterlage der 
Schwefelformation, ich auf meinen vorjährigen Vortrag in 
München verweise. 

Die Stadt Girgenti liegt etwas westlich von diesem Profile 
und erreicht die Bergkette, die von Ost nach West streicht 
und auf der sie liegt, in der Rupe atenea ihre grösste Hobe, 
351 M. über dem Meere; Girgenti liegt 330 M. hoch, und ein 
noch westlicher gelegener Berg, der Monserrato, das alte Lager 
Hamilcar’s, ist 316 M. hoch. 

Zuoberst, den Kamm der Berge einnehmend, liegt eine gelbe 
kalkige Muschelbreccie, voller Conchylienreste, meist je- 





651 


doch nur in schlecht erhaltenem Zustande als Steinkerne. Es 
sind aus dieser gelben Breccie die Hauser des heutigen Gir- 
genti erbaut und ebeuso die alten Tempelreste. larunter liegen 
Sande und Thone von blaugrauer Farbe, die ebenfalls 
voller Versteinerungen sind, jedoch nicht in dem Maasse, wie 
die gelbe Breccie. Diese Thone geben ein äusserst gutes 
Topfermaterial ab, und aus ihnen sind schon die alten be- 
rubmten Vasen gefertigt. Diese Bildungen sind von relativ 
unbedeutender Machtigkeit, denn wenn die gelbe Breccie eine 
solche von 150 und mehr Meter erreicht, so darf man die ihre 
nor zu 10—20 M. anschlagen. Unter diesen Thonen und San- 
den folgt eine blaue Muschelbreccie, ähnlich der gelben, 
die aber an vielen Orten nicht entwickelt ist, sonderg fehlt, 
und die eret in neuerer Zeit bekannt wurde, aufgeschlossen 
durch die vielen Eisenbahneinschnitte und Tunnel an der West- 
seite Girgenti’s. Auch bier sind die Conchylien meist Stein- 
kerne. Darunter liegen blaue Thone von bedeutender Mach- 
tigkeit, die nur sehr wenige Versteinerungen enthalten, und 
die manchmal, dort wo die blaue Breccie fehlt, direct von den 
fruher erwähnten oberen blauen Thonen überlagert sind. 

Aus den Schichten der gelben Breccie sind schon früher 
kleine Listen der dort gefundenen Petrefacten veröffentlicht 
worden, und bat bereits PaıLıppiı sowie HOFFMANN eine solche 
kleine Liste gegeben, und später eine ähnliche das Jahrhuch 
der österreichischen Reichsanstalt, nach einer von Dr. Noceri 
in Girgenti zugesandten kleinen Sammlung. 

Der Aufschluss der Eisenbahnen hat mir nun Gelegenheit 
gegeben, bei meinen öfteren Reisen nach Girgenti eine grössere 
Sammlung aus allen den bereits erwähnten Schichten zusam- 
menzubringen, die jedoch keinesfalls als eine vollständige an- 
gesehen werden darf, da ganze Genera noch feblen, deren 
Repräsentanten ein länger an Ort und Stelle sich aufhaltender 
Sammler gewiss noch finden wird. Diese Sammlung habe ich 
im Laufe des letzten Winters bestimmt und in den erwähnten 
Gebilden zusammen gefunden: 1 Nullipore, 46 Foraminiferen, 
5 Corallen, 7 Echinodermen, 131 Mollusken (Gastropoden, 
Pelecypoden, Brachiopoden), 6 Bryozoen, 2 Cirripeden (Ba- 
lanen), 1 Fischzahn. 

Die ganze Liste hier zu geben, wurde zu viel Zeit er- 
fordern, und beschranke ich mich hier darauf, dass von den 
Mollusken im Ganzen 28 Species, also 21 pCt., erloschen sind, 
und 95 im Mittelmeere noch leben, 8 in anderen, arktischen 
wie tropischen Meeren. 

Gehen wir die einzelnen Ablagerungen näher durch, 80 
ergiebt sich, dass in der gelben Breccie sich 79 Species von 
Mollusken finden, von denen nur 10 oder 13 pCt. erloschen 





652 


sind. Das ist somit unzweifelhaft eine dem allerjungsten 
Pliocan, dem obersten Astieu, augehörige Bildung. 

Die zwischenlagernden Thone und Sande haben ganz 
gleiche Fauna mit der unterliegenden blauen Breccie, und 
müssen beide Bildungen zusammengefasst werden. Diese ent- 
halten an 85 Species, von deuen 23, somit 27 pCt. erloschen 
sind. Es gehören somit diese Bildungen ebenfalls zum obersten 
Astien, sind aber etwas alter wie die gelbe Breccie, mit der 
sie jedoch gar manche Versteinerungen gemeinsam haben. In 
der gelben Breccie fehlen jedoch folgende charakteristische 
Formen: Turritella subangulata, Cassis saburon, Pleurotoma cata- 
phracta, Pleurotoma dimidiata, Nucula placentina, Murex spini- 
costa, Murex Hörnesü, Dentalium Juni, Dentalium fossile und 
andere. Ich bin deshalb der Ansicht, diese Thone und dic 
blaue Breccie zu dem mittleren Astien, der Lugagnano-Stufe 
Kart Mayer's zu rechnen. Die gefundenen Foraminiferen, 
die Herr Scuwacer in München so gefällig war zu bestimmen, 
bestätigen diese Ansicht, und gehören 18 Species der gelben 
Breccie an, 40 zusammen den Sanden, Thonen und der blauen 
Breccie. Eigenthümlich ist hierbei, dass einige Foraminiferen- 
Arten ganz arktische Formen sind; ich nenne Polymorphina 
communis, Bulimina aculeata, Cassidulina laevigata, Pullenia 
sphaeroides. Auch unter den Mollusken befinden sich einige 
nordische Formen, Sazicava norwegica, Cyprina islandicoides. 
Sollte bierdurch auch in Sicilien ein Uebergang in die spätere 
Eiszeit vorbereitet sein ? 

In den unteren blauen Tbonen sind die fossilen Reste 
80 selten, dass ich nur Bruchstücke von Spatangus, Asterias und 
einige Austern, namentlich Osirea edulis fand. Es ist dies die 
Creta der Bewohner, und sind in ihr auch die Foraminiferen 
selten, indem wir im Ganzen, allerdings bei beschranktem 
Material, nur 6 Arten fanden, die alle schon in den oberen 
Schichten erscheinen. Es entsprechen diese Tbone dem un- 
tersten Astien der Stufe von Tabiano nach K. Mayer, die in 
Oberitalien an vielen Orten auch sehr arm an Versteinerun- 
gen ist. 

Fassen wir die bisherigen Resultate zusammen, so deuten 
die Mollusken, sowie die Foraminiferen auf littorale Bildungen 
hin, bezüglich der jüngeren Schichten, auf Tiefseebildungen be- 
zuglich der unteren blauen Thone, der Creta, und ergiebt sich 
folgendes: 

Für die gelbe Breccie: Strandbildung und bewegtes Wasser. 

Für zwischenlagernde Thone und Sande: Bildung in Buch- 
ten und rabigerem Wasser. 

Fur die blaue Rreccie: Strandbildung bei ziemlich rubigem 
Wasser. 





653 


For die Creta: Tiefseebildung in ruhigem Wasser, jedoch 
nicht allzugrosser Tiefe. 

Ich habe schon vorher bemerkt, dass die blaue Breccie 
oftmals fehlt, so namentlich an dem zweiten Profile, das west- 
lich von Girgenti uber den Monserrato geht, vom Hafen Porto 
Empedocle ebenfalls in nördlicher Richtung sich erstreckend. 
Dort fehlen auch die zwischenlagernden Sande und Thone, 
und ruht die gelbe Breccie unmittelbar auf der Creta auf. An 
der Stelle dieser blauen Breccie und der blauen Thone hat 
eine Terrassenbildung stattgefunden, d. h. der Meereaboden 
war zu jener Zeit schon über dem Mecresboden dort gehoben, 
so dass die blauen Thone und die dazu gehörige blaue Breccie 
sich nicht absetzen konnte. Wiese ‘Cerrasse liegt an 80 M: 
über dem Spiegel des Meeres, wie aus dem Profile ersichtlich, 
und ist dort oben eine 8—10 M. mächtige Diluvialschicht ab- 
gelagert, auf der von den Fluthen bergebrachte Gerölle liegen. 
In dieser Diluvialschicht finden sich Reste von Elephanten, 
und habe ich Zabne von Elephas antiquus FaLo. und Elephas 
africanus BLumB. gesammelt, sn dass damals also die beiden 
Elephantenarten zusammen gelebt haben müssen. 

Unter den bis jeizt betrachteten Gebilden, welche zusam- 
men dem Astien entsprechen, folgen dann Gebilde ganz an- 
derer Art, beginnend mit weissen oder leicht gelblich ge- 
farbten Kalkmergeln, den sogenannten Trubi, unter denen 
Gypse und die. Schwefelablagerungen folgen, darauf blaugraue 
Thone, oft nach Petroleum riechend, und als unterstes Glied 
die Tripoli, Kieselgubrschichten mit den vielen Fischabdrücken, 
welch» als Unterlage die bereits erwähnten löcherigen Kalke 
haben. Alle diese Gebilde, mit Ausnahme der löcherigen 
Kalke und vielleicht der Tripoli rechne ich zu dem Messinien 
Kari Mayer’s, dem Verbindungsgliede zwischen Pliocan- und 
Miocan-Bildungen. Von diesen Gebilden sind die Trubi ganz 
entschieden marine und zwar Tiefseebildungen, die Gypse und 
Schwefelablagerungen zumeist in Sisswasserseen abgesetzt, 
während die unteren Thone und Tripoli theils marine, theils 
brackische Ablagerungen sind. 

Die Trubi liegen an unserem Profile in ganz concordanter 
Lage mit der uberlagernden Creta, ja beide Bildungen gehen an 
einigen Stellen so ineinander über, dass keine strenge Trennung 
dort möglich ist. Das hat schon Horrmann von Porto Em- 
pedocle angegeben, wie ich denn nicht unterlassen kann, bei 
dieser Gelegenheit zu bemerken, dass von allen Beobachtungen 
in Sicilien die von Horrmann die allergenauesten sind. 

Die Fauna der Trubi ist eine ganz andere als die der 
oberen Ablagerungen. Leider sind auch sie an Versteinerun- 
gen, mit Ausnahme der Foraminiferen, nicht allzureich. Ich 


Nm = mm mere mm rn | a a ne Oe 


654 


selbst konnte nur bei Girgenti finden: Fucoidenreste, Fisch- 
reste, Schuppen, Zabnchen, Wirbelstucke; Bairdia - Arten; 
einen unbestimmbaren Cidaris-Stachel; dann diverse Pectiniten, 
unter denen Pecten cristutus und Pecten vitreus; eine kleine 
unbestimmbare Lima; einige kleine Austerarten, worunter 
Ostrea cochlea; dagegen ziemlich viele Pteropoden: Hyalaea 
tridentata, Hyalaea trispinosa, Cleodora lanceolata, was schon 
for eine Tiefseeablagerung spricht. Das bestatigen die vielen 
Foraminiferen, von denen aus den Trubi allein Herr SCHWAGER 
bereits nicht weniger als 44 Arten bestimmt hat, unter denen 
20 Species, die in den Schichten des Astien nicht erscheinen. 
Darunter Pleurostomellen, die man bis jetzt nur aus der 
Kreide kannte und neuerdings von den Nicobaren, sowie Si- 
phonia fimbriata, bisher nur aus dem Miocan bekannt. Massen- 
haft treten Globigerinen und Orbulinen auf, so dass sie 
manchmal fast das Gebilde zusammensetzen. Es sind somit 
die Tiefseebildungen und zwar in sehr grosser Tiefe con- 
statirt. 

Die Gypse und Bildungen der Schwefelformationen sind 
an unserem Profil wenig entwickelt und müssen an anderen 
Stellen genauer studirt werden. Ebenso die unteren blauen 
Thone und Tripoli. Hier mag es genügen, darauf hinzuweisen, 
dass sich alle diese Bildungen concordant unter sich abgelagert 
in unserem Profil zeigen. 


Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 
v. w. 0. 
v. Haver. Ropotr Crepnen. H. FRAnckE. 


Protokoll der Sitzung vom 16. Augast 1876. 


Vorsitzender: Herr E. E. Scumip. 


Nach Erledigung einiger geschäftlicher Angelegenheiten 
sprach | 

Herr Ocusenıus über die Salzbildung der Egeln’schen 
Mulde: 

Ankoupfend an die von mir Ihnen schon vor einiger Zeit 
(in Wiesbaden) gemachten Mittheilungen über das Vorkommen 
von Glauberit in Westeregeln, habe ich heute die Ehre, Ihnen 
weitere Aufschlusse nambaft zu machen, bitte aber vorher um 
Genehmigung einer Erklärung der Entstehung grosser Salz- 
lager, wie solche z. B. das Liegende jener Mutterlaugensalz- 
bildung constituiren. 





655 


Heut zu Tage glaubt wohl kein Geolog mehr an pluto- 
nischen Ursprung des Steinsalzes; man ist allgemein überzeugt, 
dass es nar aus dem Meere, dem ersten Empfänger des ge- 
sammten Salzgehaltes unserer Erdrinde, abgesetzt worden sein 
kann. Nur über das „Wie‘‘ ist man noch im Unklaren; denn 
grosse Meere lassen heute noch keine Spur von Niederschlag 
in ihren Tiefen erkennen, mit Ausnahme von mechanischen 
Schlammabsätzen. 

Abgetrennte Meerestheile, deren Communication mit dem 
Ocean aufgehoben wird, lassen bei ihrer Verdanstung bis zur 
Trockne allerdings Salzkrusten zurück , aber diese halten kei- 
nen Vergleich aus mit den mächtigen Salzlagern, die fast nur 
aus reinem Steinsalze bestehen. 

Selbst wiederholte Füllungen, von denen jede nur !/,, 
ihres Volumens an Salz ergeben könnte, reichen nicht zur 
Deutung bin; ebensowenig Salzbache, deren Salzmaterial doch 
erst als vorhanden ‚angenommen werden müsste. 

Solcher Salzbecken haben wir viele auf der Erde; unter 
anderen bieten Theile der Sahara sehr charakteristische Bei- 
spiele. In ihnen findet man stets die Quantität der leichtlös- 
lichen Salze der des Chlornatriums im ganzen Inbalt ent- 
sprechend; aber einzelne Localitaten zeigen in dem Verhalt- 
niss diametrale Verschiedenheiten. Der Boden ist überall mit 
schwefelsaurem Calcium in Krystallfragmenten oder amorphen 
Stücken oder in erdiger Form durchdrungen. Seine höher ge- 
legeuen Theile enthalten nur wenig Kochsalz, die mittleren 
schon mehr, und die tiefsten am meisten; und diese Vertiefun- 
gen zeigen auch die leichtlöslichen Bestandtheile des Meer- 
wassers, schwefelsaures Magnesium und Chlormagnesium in 
grosser, wenn auch variabler Menge. Es ist dies eine Folge 
der Wirkung der atmosphärischen Niederschläge, mögen diese 
nun aus Regen oder starkem Thau bestehen, der ja besonders 
in den regenlosen Gebieten in reicblicher Menge auftritt. 
Daher kommt es, dass in der Sahara jene tiefen Stellen im 
Wiuter, d. bh. bei anhaltend feuchter Atmospbäre, unpassirbar 
sind, indem die Salze soviel Wasser anziehen, dass der Boden 
weich und sumpfig wird. Aber sogar im Sommer giebt es 
Stellen in den sogen. Schotts im Suden von Tunis und Algier, 
welche nur an einzelnen Punkten passirbar sind, weil das 
Chlormagnesiam als leichtbestlösliches Salz sich in die Tiefe 
gezogen hat und den nicht von der Sonnenwärme genügend 
erreichten Untergrund schlammig erhalt, so dass die darüber 
befindliche consistente Rinde nicht überall stark genug ist, um 
das Gewicht eines Lastthieres zu tragen. Es ist einleuchtend, 
dass auf solchem Wege wohl einzelne Steinsalzbanke auf pri- 
märem oder secundarem Wege durch Zusammenschlämmung 


. MA Mn a En. A nn ee > 


= - = @_ 4 a 2 _ 


656 


entstehen konnen, aber keine Lager, wie sie uns momentan 
beschaftigen. 

Diese bilden sich nur auf folgendem Wege. 

Ein Meerbusen, der mit dem Ocean nur durch eine an- 
nahernd horizontal verlaufende Barre in Verbindung steht, 
welche nieht mehr Seewasser einströmen lässt, als die Busen- 
oberfläche auf die Dauer zu verdunsten im Stande ist, bildet 
unter nahezu anhydrosischen Verhältnissen und ohne anderwei- 
tige Communication ein Salzlager, dessen Mächtigkeit nur von 
der Busentiefe und der Dauer der obwaltenden Verhältnisse 
abhängt. 

Fassen wir die Vorgänge in einem solchen Meerestheile 
etwas näher in’s Auge, so finden wir Folgendes. 

Die oberen Schichten verlieren Wasser, werden dadurch 
specifisch schwerer und sinken unter bis zum Grunde, wo je 
nach der Tiefe eine Temperatur bis zu 1,5°— 3° C. ‘als Mi- 
nimum herrschen kann; und dieses Minimum halt für Tausende 
von Metern in tiefen Becken an, wie die neuesten Tiefsec- 
untersuchungen gezeigt haben. 

Eine Anreicherung des ganzen Beckeninbaltes ist die un- 
ausbleibliche Folge, und sobald der Salzgehalt eine solche 
Höhe erreicht, dass das specifische Gewicht der Soole (denn 
so müssen wir jetzt die Flüssigkeit nennen) mehr als 1,033 
beträgt, bei dem bekanntlich der Gyps am löslichsten ist, 80 
beginnt dieser letztere ausgeschieden zu werden und bildet nun 
das Liegende des kommenden Salzflotzes, Aber der Nieder- 
schlag ist nicht ein bloss mechanischer, er uberkleidet alle 
Oberflachentheile der unteren Partie des Busens, er inkrustirt 
Wandongen und Boden und macht dieselben wasserdicht; und 
dieser Umstand ist sehr wichtig. 

Im weiteren Verlauf kommt Steinsalz an die Reibe. Nach 
oder vor erfolgter Sättigung des Buseninhaltes krystallisirt die- 
ses in durchsichtigen Massen über dem Gyps aus und bildet 
so ein Flötz von gewisser Mächtigkeit, welche aber bedeutend 
grösser ist, als die, welche dem totalen Niederschlag aus dem 
gesammten nicht concentrirten Seewasser des Busens ent- 
sprechen würde. 

Während dessen bleiben die Mutterlaugensalze gelöst und 
bilden eine angereicherte Schicht oberhalb des Salznieder- 
schlages. Nach und nach vermehrt sich dieser und wächst 
nach oben, und in entsprechender Weise muss auch die Mutter- 
laugenschicht an Höhe zunehmen, und zwar so lange, bis diese 
die Barrenhöhe erreicht. 

Von diesem Moment an tritt aber der Process in eine 
neue Pbase ein. 

Konnte früher ein specifisch schwerer Unterstrom wegen 








657 


der Hohe der Barre dieselbe nicht uberschreiten, wie dies 
z. B. in der Strasse von Gibraltar nach dem Atlantischec Ocean 
und in den Dardanellen nach dem Schwarzen Meere hin der 
Fall ist und einen annähernden Ausgleich im Salzgehalt der 
verbundenen Meerestheile hervorbringt, so ändert sich dieses 
Verhaltniss jetzt an der Barre, sobald die Mutterlauge concen- 
trirt genug ist, um durch ihre grössere specifische Schwere den 
Widerstand des einströmenden Seewassers zu überwinden. Sie 
bahnt sich an den Seiten oder in anderen Theilen der Barre, 
je nach localen Umständen, einen Weg in das offene Meer. 

Zu gleicher Zeit tritt in der Schicht oberbalb des Mutter- 
laugenspiegels ein Kreislauf ein. Die specifisch schwerer ge- 
wordenen Salzwassertheile treffen im Sinken auf den noch 
schwereren Mutterlaugenspiegel and gleiten nun, ohne weiter 
sinken zu können auf ihm nach der Barre hin. Zugleich hat 
sich durch die Vermischung der Mutterlaugen mit dem Ober- 
flächenwasser (durch Wind und Wellenbewegang) die Ver- 
danstungsfahigkeit der Busenoberfläche vermindert, so dass sich 
die Mengen der ausströmenden Mutterlaugen gegen die Quan- 
titäten des uber sie oder neben ibnen hineinstromenden See- 
wassers in’s Gleichwicht setzen. Es wird also nur noch ein 
sehr reducirter Salzniederschlag stattfinden können; was aber 
nicht ausbleiben kann, ist der Niederschlag des im eindringen- 
den Seewasser enthaltenen Calciumsulfates. Dieses gelangt 
mit seinen zwei Atomen Krystallwasser in die Mutterlaugen 
und muss bier, wenigstens eins dieser Atome an die Mutter- 
lauge beim Tiefereinsinken abgeben, ersetzt dieses Halhydrat- 
wasser aber zur Halfte durch schwefelsaure Bittererde, zur 
Hälfte durch schwefelsaures Kalium, welches letzteres durch 
Umsetzung des im Meerwasser vorbandenen Cblorkaliams ent- 
steht — und somit haben wir die Bildung des fast alle Stein- 
salzflütze im Hangenden begleitenden Polyhalites (2 CaSO, . 
MgSO,.K,SO, + 2 H, O). 

In weiterer Folge werden jedoch die Bedingungen für die 
Polyhalitbildung nicht mehr dieselben bleiben; weil eine ge- 
ringere Menge Seewasser eintritt. Das noch immer*nieder- 
fallende Calciumsulfat wird auf dem Wege durch die Matter- 
laugen ganz wasserfrei, und so haben wir die einfachste Er- 
klärung das Anbydrithutes der Salzlager. 

Das Aufwachsen von diesem. Anhydrithut wird den Pro- 
cess in den meisten Fällen beendigen, der Busen bat sich zu- 
letzt soweit verflacht, dass nur noch vermischte Niederschläge 
von wenigem Steinsalz mit Calciumsulfat etc, stattfinden. 

Alle die erwähnten Vorgänge lassen sich allerdings nicht 
im Kleinen berstellen und nachahmen; denn es ist nicht mög- 
lich, den Druck, den eine mehrere tausend Meter hohe Salz- 





658 


wassersaule ausubt, unter naturlichen Umständen wirken zu 
lassen; ebensowenig siad wir im Stande, die Temperaturver- 
schiedenheiten auf die Dauer zu erbalten, welche notbig sind, 
um einen Salzniederschlag so vor sich gehen zu lassen, wie 
er in den tiefen Becken, die die so überaus mächtigen Stein- 
salzlager in ihrem Grunde entstehen liessen, vorkommt. 

Alle die jetzigen (und sicher auch damaligen) tiefen 
Meeresbecken zeichnen sich dadurch aus, dass die Temperatur 
innerbalb derselben sehr schnell ihr Minimum erreicht und 
von da an bis zum Grunde anhält. Im Corallenmeer z. B. 
(im Nordosten des Continents von Australien) liegt es mit 1,°7 
in 2377 M. Tiefe und halt 2134 M. bindurch an. 

Die Beweise für die beschriebene Art der Salzbildung 
sind aber noch in der jetzigen Schöpfung sehr leicht zu beob- 
achten und zu verfolgen. Einer der besten Beweise fur die 
Richtigkeit des aufgestellten Satzes ist die Salzbildung im 
Karabugas- oder richtiger Adschi-Darja-Busen an der Ostküste 
des Caspischen Meeres. Derselbe bildet einen Theil der sal- 
zigsten Partie dieses See’s, ist durch eine Barre fast abge- 
schlossen und erhalt gar keinen Zufluss weder sussen noch 
salzigen Wassers; nur rückt naturlich in dem Maasse, wie 
sein Wasser verdunstet, ein entsprechender Theil vom Meere 
her nach. 

Dabei wird sein Wasser immer salziger, und beträgt der 
Gehalt schon jetzt viel mehr, als der des Oceans. 

Im Karabugas lebt kein Tbier, den Boden bedeckt eine 
Salzschicht von unbekannter Mächtigkeit. Seine Oberflache 
betragt etwa 3000 Qu. - Seemeilen, und es wird nach einer 
(allerdings mindestens sehr oberflächlichen) Berechnung von 
SCHLEIDEN durch die Verdunstung von dieser dem Caspisee 
taglich mehr Salz (8400000 Ctr.) entzogen, als alle dessen 
Zuflüsse ibm zuführen können. Auch Niederschlage von Gyps 
finden sich am Grund des Busens. 

K. E. v. Baer beschreibt in seinen Caspischen Studien 
die dortigen Verhaltnisse ziemlich eingehend. 

Ausser dem Adschi-Darja-Busen besitzt die Ostküste des 
Caspischen Meeres noch mehrere andere salzentziehende Busen, 
welche die Bildung von Barren an ihrer Mündung der Dunen- 
und Bankbildung verdanken, die durch den Wüstensand und 
die Stürme dort hervorgerufen wird. 

Durch das Angeführte ist vollkommen erklärlich, wie unter 
dem Einfluss einer Barre sich der ganze Salzgehalt eines 
grossen Meerestheiles nach und nach in einer verhaltnissmassig 
kleinen Vertiefung in der unmittelbaren Umgebung desselben 
absetzen kann und unter gewissen Umständen absetzen muss. 

Die Barre lässt im Anfang alles Seewasser einpassiren 














659 


und nur reines Wasser in Dunstform durch die Atmospbare 
zurückkebren. 

Nur auf solche Art können sich die immensen reinen 
Salzmassen primitiv aus dem Ocean, dessen Wasser früber 
etwas salzreicher als beute waren, abgesetzt haben. Jede 
andere Entstehungsweise ist ausgeschlossen; denn mehrmalige 
(nicht langsam continuirliche) Fullung absolut abgeschlossener 
Becken hätte mehr Seethiere, als das Steinsalz zeigt, zurück- 
lassen müssen und wurde nie so mächtige VerticalaDimensionen 
des reinen Salzniederschlages erreicht haben. 

Der weitere Verlauf des Abscheidungsprocesses ist nun 
leicht zu verfolgen. 

Die leicht löslichen Salze bleiben in den oberen, wenn 
auch nicht obersten Schichten gelöst und bilden, nachdem die 
Anreicherung und der Niederschlag solche Dimensionen erreicht 
bat, dass auch der obere Theil eine grosse Concentration zeigt, 
eine Mutterlauge, welche neben Chlornatrium die übrigen Kali- 
und Magnesiasalze enthält, 

Die oberste Wasserschicht wird, besonders nach stattge- 
habter Fluth, hauptsächlich von dem eingeströmten, specifisch 
leichteren Seewasser gebildet sein, und sobald die Anreiche- 
rung der Matterlaugenschicht, welche sich auf gleicher Hohe 
mit der Barre befindet, soweit fortgeschritten ist, dass ihr spe- 
cifisches Gewicht die Kraft der Strömung nach innen auf der 
Barre überwinden kann, so wird sie dicht uber der letzteren 
in’s Meer ausfliessen, und der Zugang von gewöhnlichem See- 
wasser wird nur den oberen Theil der die Barre passirenden 
Massen bilden, während der erwähnte Ausfluss von Mutter- 
Jaugen in dem untersten vor sich geht. Mit dem auf diese 
Weise verringerten Zuflusse wird dann auch die verringerte 
Verdunstungsfähigkeit einzelner Theile der obersten Schichten, 
die durch Contact und Mischung mit den Chlormagnesium- 
u. 8. w. haltigen Mutterlaugen eintritt, sich gleichstellen. Es 
muss also ein Austausch von Kali- und Magnesiasalzen gegen 
Chlornatrium (als überwiegenden festen Bestandtheil des ein- 
stromenden Seewassers) stattfinden, und der Niederschlag von 
letzterem, wenigstens in den von der Barre am entferntesten 
liegenden Partien, andauern. Der Austausch muss natürlich, 
wenn lange anhaltend, in seinen Wirkungen erkaunt werden 
können, und dieses ist im Caspisee, welcher keine Verbindung 
mit dem Ocean hat, wirklich der Fall. 

Zur Erläuterung dieses Factums mögen nachstehende Ana- 
lysen dienen, welche die Vorgänge schlagend beweisen. 

Oceanwasser im Durchschnitt aus vielen Analysen enthält 

Wasser 96,53 pCt. und feste Salzmasse 3,47 pCt. 

Caspiseewasser dagegen hat 

Wasser 99,37 pCt. und feste Salzmasse 0,63 pCt. 





660 


Die festen Bestandtheile sind zusammengesetzt aus 


beim Ocean beim Caspisee 


Chlornatrium . . . 76,28 58,25 
Chlormagnesium . 9,08 10,00 
Magnesiumsulfat . 7,27 19,68 
Chlorkalium. .. . 2,28 1,27 
Schwefels. Kalk . 3,70 1,78 


Hieraus ist deutlich ersichtlich , dass das Caspiseewasser 
44 pCt. Chlormagnesium mehr enthält, als dem oceanischen 
Normalverhältniss zum Kochsalz entspricht. 

Der höhere Gehalt an Chlormagnesium wird aber noch 
bei weitem übertroffen durch das Verhältniss des Magnesium- 
sulfates zum Chlornatrium im Caspiseewasser, das fast die 
3'/, fache Menge aufweist. 

Der Vorgang ist also ausserordentlich klar. Der Caspisee 
empfängt Zuflüsse von der Zusammensetzung des Oceanwassers 
in grösster Verdünnung, giebt den Chlornatriumgehalt an die 
Buchten der Ostseite ab, welche ihn wegen ihrer Barren nicht 
in Form von Unterstromung zurückgehen lassen (wie bei 
Gibraltar, den Dardanellen etc.), empfängt aber dafur die 
Mutterlaugensalze zurück. Dass dieses der Fall ist, wird 
ausser durch die Analysen, durch die Worte K. E. v. Baga’s 
hewiesen, der das Wasser im Adschi-Darja als ,,beissend 
salzig‘‘ beschreibt und weiter sagt: „Auch der Kara-See soll 
ein sehr scharfes, bitteres oder bittersalziges Wasser enthalten.* 
Aber auch der breitere Theil des Meeres selbst, von dem der 
Kara-See abgeht, der Mertwyi-Kultuk, mag ein eigenes Wasser 
enthalten, und so erklärt sich die von mehreren Beobachtern 
constatirte Abwesenheit von Fischen. Es ist besonders inter- 
essant, dass unter den verschiedenen Salzen die Quantität voo 
schwefelsaurer Talkerde ete. bei Mangischlak noch mehr zu- 
genommen hat, als die des Kochsalzes oder der Salze uber- 
haupt. Nach dem vorhin Erklarten ist dieses Factam die 
nothwendige Folge der Wirksamkeit des Alexanderbusens. 

Auf das organische Lebenhaben natürlich die Salzanreiche- 
rung des Busens und die später ausströmenden Mutterlaugen 
einen vernichtenden Einfluss. 

Die Thiere verlassen deu Busen gegen Wind, Wellen und 
Strömung über die Barre, die Pflanzen sterben ab und wer- 
den wieder aufgelöst unter Hinterlassung von Kohlenwasser- 
stoffen, oder im Salze begraben, wie das fossile Holz, die 
seltenen Blattabdrucke und die mikroskopischen Kryptogameu- 
ruckstande im Carnallit beweisen. 

Aber nur Treibholz und eingeschwemmte Individuen lie- 


* 661 


fern das spärliche Material; denn der Busen selbst produeirt 
nichts von Organismen. Die angrenzenden Meerestheile sind 
auch laugenartig zusammengesetzt, es nähern sich also auch 
keine Seethiere der Busenmündung, und so deutet sich die 
Abwesenheit von Jod und das spärliche Auftreten von Brom, 
mehr aber noch die Seltenheit von Petrefacten im Steinsalz 
selbst sehr leicht. 

Die neucsten Forschungen von Osoar Grimm im Caspi- 
schen Meere bestätigen das hinsichtlich der Fauna Gesagte in 
vollstem Maasse. Die Ostkuste ist fast frei von Meeresthieren, 
während die Westküste ungemein reich daran ist. Auch sind 
die tieferen Stellen am reichsten und von ganz anderen Thie- 
ren besetzt als diejenigen sind, welche die Tiefe von nur we- 
nigen Faden bewohnen, 

Es scheint demnach die Umwandlung des Caspischen 
Meeres in einen brakischen Bittersee allmalig von Osten nach 
Westen vor sich zu gehen, und haben an einzelnen Stellen die 
Vorgänge durch sandige Barrenbildungen so rasch Platz ge- 
griffen, dass einige Forts bald nachher wegen Fischmangels in 
den angrenzenden Gewässern aufgegeben werden mussten. 

Das Endresultat der Processe in einem Busen von be- 
schriebener Beschaffenheit ist also eine Ausfullung durch Gyps 
als Liegendes, Steinsalz-Flötz mit einigen schwachen Repra- 
sentanten von Kali- und Magnesisalzen in seinen obersten La- 
gen und Anhydrit als Hangendes. Dabei sind sandige und 
tbonige Einlagerungen sehr einfach auf mechanische Sedimente 
des eingespulten Detritus der Ufergesteine oder des über die 
Barre bei Sturmfluthen eingeschwemmten Meeresschlammes 
zurückzuführen. 

Ebenso erklärt sich hieraus die Aneinanderreihung von 
Steinsalzlagern, welche in den tieferen Punkten der unebenen 
Thalsohle einer tiefeingeschnittenen Bucht abgesetzt worden, 
ja selbst die Einlagerung eines Salzflotzes in zwei verschie- 
denen Formationen, indem in diesem letzteren Falle die Salz- 
bildung fortbesteben konnte, wenn die Auflagerung der Schicht- 
gesteine der jüngeren Formation die Bedingungen des Salz- 
niederschlages nicht änderte oder aufhob, während nur ein 
Tbeil der Bucht jene Schichten empfing. 

Ueber die verhältnismässige Leichtigkeit, mit der in kur- 
zester Zeit eine Barre durch Sturm und Wogenschwall gebildet 
und wieder vernichtet werden kann, gebe ich hier hinweg; sie 
wird io der kleinen Arbeit, die ich in der Kurze zu veröffent- 
lichen gedenke, näher betrachtet werden. 

Wird nao die Salzbildung unterbrochen, bevor der Kreis- 
lauf, also der Anfang des Anhydrithutes beginnt, durch voll- 
ständigen Schluss der Barre, so stagniren die Mutterlaugen 


662 ° ; 


und formiren Bitterseen, wie wir sie noch u. a. bei Suez, in 
Palastina etc. finden. 

Solche Bitterseen trockaen ihres Chlormagnesiumgehaltes 
wegen nie aus, selbst wenn sie in regenlosem Gebiete liegen 
sollten. Ihre Gewässer aber bahnen sich über kurz oder lang 
einen Ausweg und werden dann entweder von dem tiefer ge- 
legenen Terrain aufgesogen oder erreichen das Meer, aus 
dem sie entstammen, wieder, falls es. nicht zu weit ent- 
fernt ist. 

Aus ersterem Vorgange ergiebt sich der Zusammenhang 
zwischen Bittersalzsteppen bezw. Bittersalzquellen und benach- 
barten Steinsalzflôtzen ohne Gyps- oder Anhydritdecke; denn 
man kann sicher auf das Fehlen dieses bangenden Gesteins 
schliessen, wenn starke Ablagerungen reiner Bittersalze in 
der Nahe vorhanden sind. Hierzu liefern Cardone, ITletzkaja 
und viele siebenburgische Salzfelsen die besten Belege. Ausser- 
dem kann aber ein hangendes Gypslager auch die Folge einer 
zweiten Meeresbedeckung sein, die durch ein Abspiilen der 
Landzunge und Wiederverwandlung derselben in eine Barre 
ermoglicht wird. 

Dann wird die Mutterlauge unmittelbar wieder vom Meere 
aufgenommen und der Absatz eines Gypslagers ist das erste 
Resultat der zweiten Bedeckung; kurz, es können dabei eine 
Reihenfolge von Wechsellagerungen vorkommen. 

Hier folge nun ein Versuch, das Vorgetragene auf ein 
näheres Salzgebiet, das der norddeutschen Ebene, anzuwenden. 
Dabei ist vorauszuschicken, dass das zu entwerfende Bild, 
basirt auf die heutige Situation, als annabernde Nachbildung 
einer Vorgängerin, die zur Zeit der Sulzbilduag wabrend der 
Zechsteinformation geherrscht haben muss, vorläufig nur in 
vagen Umrissen sich zeichnen lässt; aber so flüchtig, so lucken- 
haft und unbestimmt es auch immer sein mag, wird es doch 
keineswegs unrichtig genannt werden können. 

Als Begrenzung des Busens könnte man heute im Allge- 
meinen etwa folgende ansprechen. 

Teutoburger Wald*), Weserbergland, nordöstlicher Harz- 
rand (mit Vorsprung von Grauwacke, Zechstein u. 8. w. in 
nordwestlicher Richtung als nordöstliche Begrenzung des Magde- 
burger-Halberstädter Beckens), sächsischesBergland, der Sude- 
tische Zug, Sandomirer Erhebung, Polnische Hugelkette aber 
die Narewquellen nach dem frischen Haff (vielleicht als buch- 


*) Die Salzquellen des Münster’schen Beckens, welches sich den 
jetzigen orographischen Verhältnissen nach als eine Bucht des norddeut- 
schen Busens betrachten liesse, entstammen der auf das Steinkoblengebirge 
abgelagerten Kreide. 











663 


tige Fortsetzung der Hebungs- und Senkungsgrenze im nord- 
lichen und nordostlichen Europa, welche uber Jutland, See- 
land und Rügen kommt), Preussischer, Pommerischer und 
Mecklenburger Landracken*) mit der Ostholsteinischen und 
Schleswig’schen Hügelreihe, und hinüber nach Helgoland. 

Diese Umrisse fassen das ganze Terrain Norddeutsch- 
lands ein mit seinen Salzreichthamern von Inowraclaw über 
Sperenberg bis an das linke Weserufer und von Halle über 
Lüneburg bis nach Segeberg. 

Auf der Linie von Helgoland nach Suden bis zur Porta 
Westpbalica wurde dann (ohne auf die Gestaltung des jetzt 
flachen Nordseegrundes Rücksicht zu nehmen) der Verlauf der 
Barre zu suchen und somit der Bereich des nach Nordwesten 
offenen Busens abzuschliessen sein. Wenn die Ausdehnung 
der letzten Linie für die Barre verhältnissmässig bedeutend 
erscheint, 80 ist zu bemerken, dass sich in der Natur gewiss 
selten eine Barre finden wird, welche genau der mathema- 
tischen Definition entspricht. Wohl fast nie wird eine einzige 
ununterbrochene Horizontale die Barre bilden. Das Barrenriff 
oder der unterseeische Höhenzug kann Erhöhungen aufweisen, 
die sogar als Inselkette aus der See hervorragen (z. B. die 
jetzige Fortsetzung der Halbinsel Nordholland bis Wangerow); 
denn so lange die Summe der Oeffoungen zwischen einer 
durch den tiefsten Punkt des Barrenquerschnittes gelegten 
Horizontale und der Meereshôhe nicht mehr Wasser einströ- 
men lässt, als die Busenoberfläche verdunstet, wird die ge- 
stellte Bedingung erfullt, 

Die Salzbildung in der norddeutschen Ebene hat wahr- 
scheinlich bis in den Beginn der Trias hineingeragt. Ein 
Barrenbrach, durch Senkung eines Theiles derselben oder durch 
eine andere Ursache bewirkt, liess die Mutterlaugensalze aus- 
laufen, nachdem sich der Gyps bezw. der Anhydrit schon als 
Decke aufgelagert hatte, sei es ala Resultat des Kreislaufes, 
sei es als das einer zweiten Bedeckung. Der letzte Rückstrom 
des flissigen Buseninhaltes uber die Barre, deren supponirte 
Lage nördlich ein heute noch constant sinkendes Land ein- 
nimmt, muss nicht allein jene durchbrochen, sondern auch die 
Salzmasse in ihren exponirten und blossgelegten Theilen an- 
gegriffen oder der Brandung überliefert haben; Lieth bei Elms- 
horn z. B. zeigt bis 1250 M. Tiefe nur rothe Letten mit Salz- 


— 


®) Die Salinen von Kolberg, Greifswald, Sülz u. 8. w. würden wohl 
die Vermuthung rechtfertigen, dass hier die Grenze weiter nördlich zu 
suchen sei; bei Kammin sind jedoch jurassische Schichten kürzlich bis 
in grosse Tiefen (über 1000 M.) angetroffen worden, ohne dass sich ein 
Salzflötz gefunden hätte. Diese Salinen verdanken ihren Inhalt daher 
nur Auslaugungen von Schichten, die mit Salz imprägnirt sind. 


Zeits. d. D. geol. Ges, XX VIII. 3. 43 





664 


brocken, aber kein Flotz, wie im nahe dabei liegenden Sege- 
berg angetroffen worden ist. 

Mag nun die Lage der Barre diese oder eine andere ge- 
wesen sein, das Hauptfactum erleidet keine Aenderung. 

Der norddeutsche Salzkoloss kann unmöglich anders ge- 
bildet worden sein, als auf dem Grunde eines norddeutschen 
Meeresbusens, gleichviel welche Grenzen dieser gehabt haben 
mag (die südliche ist grosstentheils unverkennbar), der unter 
nahezu anhydrosischen Verhältnissen seinen Barreneinfluss zu 
verdampfen im Stande war; und es bedarf zur Erklärung des 
Ganzen keiner Ergüsse salzigen Wassers aus den Wolken, 
keiner umliegenden Salzgebirge und Bäche, die diese auflösten, 
auch keiner Canale, die das Oceanwasser in die Lagerstatte 
leiteten, keiner Wiederauflösungen etc. Der Ocean selbst bil- 
dete ihn vollständig in aller Ruhe, ohne dass andere als heute 
noch auf der Erde bestehende Verhältnisse in Wirksamkeit zu 
treten brauchten. Und so sind auch sammtliche grossen Salz- 
blöcke und -Flötze entstanden. Die Grösse unseres Salzbettes 
thut wenig zur Sache, sie bleibt noch gering gegen das Becken 
des Korallenmeeres bei Neu - Holland, welches 34000 Qn.- 
Meilen aufweist. 

Bisher ist die Bildung von Salzlagern Gegenstand vieler 
Studien, Annahmen und Schlüsse gewesen, aber keine Erkla- 
rung genügte in Allem. Die meisten der einzelnen Momente 
haben allerdings schon Erwähnung bei Anderen gefunden; aber 
Niemand hat den Verlauf der Processe im Zusammenbange so 
weit erörtert, dass die Bildung eines hangenden Anhydritlagers 
als directes Product nothwendigerweise hervorgeht, und dass 
das Feblen der Mutterlaugensalzablagerung die Regel sein 
muss, wie sie bis jetzt alle bekannten Salzflötze der Erde (mit 
nur zwei Ausnahmen) feststellen. 

Als sudliche Bucht des norddeutschen Salzmeeres ist, wie 
vorhin gesagt, das nach Nordwesten offen gewesene Magde- 
burg-Halberstädter Becken zu betrachten. 

Dasselbe war schon vor dem Absatze des Rothliegenden 
und des Zechsteins vorbanden, da die inneren Ränder dieser 
Gesteinsbildungen die Ablagerungsgrenzen der Salzniederschlage 
bestimmten. 

Nur der nordöstliche Theil des Beckens weist letztere auf. 
Der Schluss von diesem gegen Nordwesten erfolgte später 
durch eine zwar schwächere, aber immerbin sehr wirksame 
Erhöhung ausserhalb der Grenzen der Ewarp’schen Karte. 
Diese Erhebung hielt den flüssigen Beckeninhalt mit seinen 
Mutterlaugenlösungen zurück und überlieferte ibn vorerst der 
Stagnation und peripherischen Gebietsreduction, bis durch 
Temperaturerböhung die Erstarrung der Mutterlaugensalze er- 


665 


folgte, die heute den grossen Reichthum von Stassfurt und 
Westeregeln bilden. 

Die Spuren von diesen Salzen, welche sich überall in der 
Umgegend in den obersten Lagen der Steinsalzflotze finden, 
sind als die in Vertiefungen bei dem Zurückweichen zurück- 
gebliebenen Reste zu betrachten, und F. BıscHor bemerkt in 
seiner bekannten Schrift über Stassfurt mit Recht, dass alle 
Bobrungen ausserhalb der Beckengrenzen nur Steinsalz ohne 
Kalisalze ergeben hätten. . 

Die schützende Decke dieser Salze, welche Wieder- 
auflosungen verbinderte, wurde aus dem Material (Sand, 
Schlamm und Kalk) der Ufer geliefert, welche mindestens 
200 bis 250 Meter über die Oberfläche des Wasserspiegels 
emporragten; die noch finssig gebliebenen Theile der Matter- 
laugen wurden hierdurch theilweise aufgesogen, theilweise ver- 
drängt, und nach einer Oeffnung oder Depression der Ufer- 
partie geleitet, um von da sich wieder in den Ocean, aus dem 
sie stammten, zeruckzubegeben, was bei der grossen Zerfliess- 
lichkeit des in ihnen vorwaltenden Chlormagnesiums durchaus 
nichts Auffallendes ist. 

In den bangenden Salzthonen finden sich deshalb auch 
mehr als 4 pCt. reinen Chlormagnesiums, neben Magnesium- 
sulfat und Chlorkalium. 

Ein Vergleich der Zusammensetzung des Stassfurter La- 
gers mit der des heutigen Oceanwassers bestätigt die obige 
Auffassung vollkommen. 

Jenes besteht nämlich nach Biscnor aus 85,1 Theilen 
Chlornatriom, 2,6 Chlormagnesium, 3,1 Magnesiumsulfat, 
4,0 Calciumsulfat, 1,7 Chlorkalium, 0,2 Kaliumsulfat und 
3,3 gebundenen Wassers. 

Nach Elimination des Wassers ergeben sich die Verhaltniss- 
zahlen für die 5 Hauptbestandtheile 


88.00; 2,69; 3,21; 4,14; 1,75 
Im Meerwasser findet das folgende Verhaltniss statt: 
88,00; 10,47; 8,88; 4,26; 2,63 


Man sieht auf den ersten Blick, dass Steinsalz und Gyps 
in derselben Proportion stehen, und dass der Ausfall an leicht- 
löslichen Salzen der Löslichkeit derselben entspricht. 

Das Nähere hierüber ist von Biscuor schon grösstentheils 
einer eingehenden Betrachtung unterworfen worden, so dass eine 
solche hier nur eine Wiederholung bilden wurde. Jedoch sei 
erwähnt, dass keine Hoffnung vorhanden ist, tiefer auf Jod- 
und Bromsalze zu stossen. Solche können nach dem vorhin 
über Salzbildung Vorgetragenen nicht angetroffen werden. 


43 * 


666 


Bei den sudamerikanischen Stickstoff- und Jodverbindun- 
gen liegen andere Verhältnisse vor, über die ich später viel- 
leicht eingehender berichten werde. 

Die seit einigen Jahren im Centrum erwabnter Mulde be- 
wirkten Aufschlussarbeiten haben ein Resultat geliefert, das 
alle Erwartungen übertroffen hat. 

Musste man auch von vornherein annehmen, bei DouaLas- 
Hall eine sebr mächtige Ablagerung sämmtlicher Salze zu 
finden, so durfte man doch nicht vermuthen, auf eine so be- 
deutende Differenz in der Mächtigkeit zu stossen. 

Die Carnallitregion in Stassfurt zeigt nach BISCHOF eine 
Eutwickelung von 42 M. Stärke; nach Prirze nur 23 M., 
wogegen man dieselbe in Douglashall jetzt schon bis zu 
120 M. Machtigkeit aufgeschlossen und in Erstreckung von 
mehreren hundert Metern durch zwei Schachte verfolgt hat, 
ohne irgendwo ibr Liegendes, die Kieseritregion, angefabren 
zu haben. 

Der erschlossene Reichthum ist erstaunenswerth; aber er 
erstreckt sich nicht auf den ganzen Untergrund der Mulde. 

So scheint z. B. die Gegend von Neu - Stassfurt zwischen 
Douglashall und Stassfurt durchaus nicht so reich bedacht zu 
sein; denn dort ist man nach Durchsinkung eines oberen 
Salzflotzes, das höchstwahrscheinlich ein Aequivalent des 
Schönebecker ist, in 300 M. Teufe erst in die Nahe des 
Anhydrits gelangt, der das Hangende der Stassfurter und 
Douglashaller Schichtenfolge bildet. 

Zudem entspringen aus diesem zerklufteten Anbydrit Kali- 
salz-haltige Sooleu, welche ganz entschieden das Product der 
Lösungen von Carnalliten sind; so dass die Vermuthung nahe 
liegt, dass das Kalisalzlager, welches nach NO stark ansteigt, 
dort von dem Rogensteinsattel Tagewasser erhalten hat und 
wenigstens tbeilweise aufgelöst worden ist. 

Trotz der grossartigen Entwickelung ist der Salzschatz 
von Egeln-Stassfurt aber durchaus kein unbegrenzter, und man 
hat bei einem Werke sogar schon die Dauer desselben auf 
nur noch 25 Jahre bestimmt. 

Vieles wird heutzutage zu der Auftharmung von Rack- 
standsbergen verwandt, das sicherlich viel besser verwandt 
werden könnte. Hierbei haben allerdings transoceanische 
Conjuncturen grossen Einfluss, denen von anderer Seite ent- 
gegengetreten werden müsste, aber abgesehen davon, wäre eine 
bessere Verwerthung jener Schätze im Interesse der National- 
wohlfahrt gewiss sehr wünschenswerth. 

Herr Kosmann erwähnt im Anschluss hieran: Unter den 
Gesteinen der Mulde von Westeregeln hat das Glauberitlager 
im Hangenden der Thonmergel, welche die Oarnallitregion 


667 


bedecken, besondere Aufmerksamkeit erregt, schon durch die 
ausgezeichneten klinorhombischen Krystalle, in welchen die 
wasserfreie Verbindung von Na, SO, + CaSO, auftritt. Die 
störende Eigenschaft dieser Krystalle, durch jede Feuchtigkeit 
mit einer trüben weissen Rinde überzogen zu werden, findet 
durch die Betrachtung unter dem Mikroskop ihre ausgezeich- 
nete Erklärung. Die Doppelverbindung zersetzt sich durch 
die Berührung mit Wasser augenblicklich, die lichtbrechenden 
Eigenschaften der Krystallsplitter verschwinden und die Aussen- 
seite derselben bedeckt sich mit Krystallen von Gyps, z. Th. 
in ausgezeichneten Zwillingsformen. Die Deutung ist nur da- 
hin möglich, dass aus der Verbindung Na, SO, in Lösung über- 
geht, während der wasserfreie CaSO, sich des Wassers be- 
mächtigt und sich in Gypskrystallen ausscheidet. 

Herr Maurer legte ein Exemplar Spirophyton Eifeliense 
Kayser aus der Rheinischen Grauwacke bei Bendorf unter- 
halb Coblenz vor. 

Herr v. SerBach legt im Auftrage des Herrn v. KOENEN 
aus Marburg eine Photographie von Coccosteus Bickensis v. Koz- 
NEN vor und verlas folgenden Brief desselben 

Das Exemplar von Coccosteus aus den Goniatitenkalk von 
Bicken, welches ich als C. Bickensis beschrieben habe, ist 
nur seitlich etwas verdrückt und zeigt sonst fast alle Knochen- 
platten in natürlicher Lage. Die oberen Kopfknochen liessen 
sich leider nicht auf derselben Photographie mit darstellen. 
Von den englischen Arten, C. decipiens etc., unterscheidet sich 
das Stuck sehr bedeutend, schon durch die sehr viel längere 
und dabei viel schmalere, hinten abgerundete Rückenplatte (11). 
Auch der C. hercynicus H. v. Meyer scheint ganz ver- 
schieden zu sein, soweit ein so defectes Exemplar zu einem 
Vergleich geeignet ist. Die Nummern auf den Platten sind die 
von PAnDER angenommenen. 

Wie es scheint, ist Panper’s Reconstruction in etwas zu 
verändern. Es liegen die Infraorbitalbögen (18) beide neben- 
einander (von dem rechten ist nur das hintere Stück auf 
diesem Exemplar, der Rest auf der Gegenplatte zu sehen) 
bedeutend weiter nach hinten, als PAnNDER annimmt. Ausser- 
dem ist aber am unteren Rande ein ?Ruderorgan (ohne Ge- 
lenk oder Nabt in der Mitte) sichtbar, welches nach hinten 
spitz ausläuft und nicht zu verwechseln ist mit der Bauchdecke, 
welche Panper (Plakodermen t. 4. f. 1.) in der Seitenansicht 
abbildet. Der Querschnitt ist dreieckig. Auch andere, ver- 
mathlich zu den Cephalaspiden zu rechnende Stucke habe 
ich bei Bicken gefunden, dieselben sind aber zu unvollkom- 
men, als dass ich eine genauere Bestimmung wagen möchte. 








668 


Sehr erwanscht wäre es mir, zu erfabren, ob auch von 
Anderen derartiges bei Bicken gefunden worden ist. 

Herr BevricH erwähnte entsprechende Versteinerungen 
aus dem Berliner Museum, Herr v. Fritsch aus dem von 
Halle. 

Herr v. Seepaca lenkte nochmals die Aufmerksamkeit 
auf die Cardiola retrostriata von Schalke, worauf Herr Berrich 
die Verhältnisse der sogen. Wissenbacher Schiefer im Harze 
erläuterte, wie sie Ap. RoENMER aufgefasst hatte. 

Herr Fr. Mauagr führte dabei an, dass er Cardiola 
retrostriata auch aus dem Rupbachthale bei Steinsberg unferu 
Laurenburg erhalten habe; eine Thatsache, die weitere Verfol- 
guug verdient, 

Die Herren Lise und Ocusgnivus übergaben den revi- 
dirten und richtig befundenen Rechenschaftsbericht , worauf 
dem Schatzmeister, Herrn Lasarp, Decharge ertheilt und der 
Dank der Gesellschaft votirt wurde. 

Nachdem auch dem Geschäftsführer Herrn E. E. Scum 
durch Erheben von den Sitzen der Dank der Mitglieder der 
Versammlung votirt war, wurde die Sitzung geschlossen. 


Vv. Ww. oO. 
E. E. Scauin. Rupour Crepner. H. France. 


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670 


1875. An Cassa: 
1. Januar. | Bestand siehe Publication des Rechnungs-Ab- 
schlusses pro 1874 in Zeitschrift 637 Thir. 





24 Ser. 7 Pf. . . Be gh Rea 46 

Ts N Einnahme-Belag No. 1. 16 
22. 5» Beiträge der Berliner Mitglieder E -B. No. 2. — 
22. Ochsenius 3 45 
2. Februar. Besser’sche Buchhandlung 4 3 
. ” Einzahlung auswärt. Mitglieder 5. — 
8. ”? ” LU ” 9. 50 
16 „ i von Krause 6. 9 
1. März. Besser’sche Buchhandlung 7 83 
8. April. Beiträge durch Postvorschuss 8 20 
20. Novembr.| Zahlung vom Rath _ 
29.» Dr. Dames = 
30. yy Besser’ sche Buchhandlung 15 
7. Decembr. do. do. — 
74 





Am 1. Januar 1876 Cassa-Vortrag 1479 M. 37 Pf. 


Der uns vorgelegte Rechnungs-Abschluss der deutschen geologischen 
befunden worden. 
Jena, den 16. August 1876. 


Q. Ocasenivs. 





671 





pre 1875. 
Credit. 
1875. Per Cassa: 
7. Januar. | An Besser’sche Buchhandlung 
fiir Porto A.-B. No. 1. 436 | 25 
18. ,, „ Porto Br u} 19 | 50 
18. „ » Carl Frankel 5 wae “as 2 | 50 
22. ,, » oJ. Baumgärtner 5 ju: Cd 100 | 8 
22. ,, » Porto an Weiss ss 0: 6 |10 
22. ,, „ Tischler Arend . » 6. 20 | 25 
11. Februar. | ,, J. F. Starcke 4 eS 729 | — 
30. April. „ C. Laue ms » 8 $1710 | — 
30. ” „ Schneider ” ” 9, 18 | 85 
26. Mai. „ J. F. Starcke » » 10. | 989 | 50 
23. October. » Richter ss wy AL. 5 | 60 
25. Novembr.| ,, Baltzer ” n 12. 99 | — 
29. de » Ebel | „ Ad. 57 | 50 
99. ,, , dto. ar weh 36 | — 
29. “ » Schneider 3 „ 15. 34 | 54 
29. ‘ „ Dr. Dames ” » 10. 15 | 40 
30. 5 » J. F. Starcke : Can v2 76) | — 
7. Decembr.| „ dto. ‘5 „47. 813 | — 
Ta = » Schneider „ » 18. 10 | 30 
31. a » Bestand. . . . 2 . « 2.2.2 « « | 1479 | 37 
7332 | 74 


Gesellschaft pro 1875 ist von uns revidirt und ziffermässig richtig 


Dr. Ta. Ligse. 


Druck von J. F.Staroke in Berlin. 


Zeitschrift 


der 


Deutschen geologischen Gesellschaft, 
4, Heft (October, November und December 1876). 





A. Aufsätze. 


I. Mont-Blanc - Studien. 
IL 
Von Herrn Fr. Prarr in Erlangen. 


Fast auf jedem Schritt und Tritt sieht sich die dynamische 
Geologie genothigt, wenn sie ihrer Aufgabe, die Bewegungs- 
erscbeloungen der Erdrinde zu erklären, nachkommen will, 
das Volumen der Massen, um die es sich handelt, irgendwie 
zu bestimmen, oder darauf zu verzichten, eine befriedigende 
Erklärung zu geben, sofern man unter letzterer nicht nur eine 
allgemeine Bezeichnung der Kraft, wie Schwere, Hebung, Ab- 
tragung durch das Wasser u. dergl. versteht, sondern auch die 
Intensität und das Maass der wirksamen Kraft zu einer sol- 
chen fur erforderlich balt. 

Richten wir unser Augenmerk zunächst auf die Masse des 
uber dem Meeresspiegel sich befindenden Festen, so können 
wir bier das Volumen desselben für die einzelnen Continente 
als mittlere Hobe der Continente berechnen, wie es A. v. Hum- 
BOLDT durchgeführt hat. Dabei ist weiter kein Unterschied 
zwischen dem Volumen der Tiefländer, Plateauländer und der 
eigentlichen Gebirge gemacht. Gerade die letzteren sind aber 
far den Geologen von besonderer Wichtigkeit, und die Oro- 
metrie, wie v. Sonkuar den Theil der geographischen Wissen- 
schaften genannt, welcher sich mit dem Ausmaasse und der 
Darstellung der räumlichen Verhältnisse der Gebirge beschäf- 
tigt, ist für die dynamische Geologie eine der wichtigsten 
Hilfewissenschaften. 

Ein doppeltes ist es, was wir für geologische Fragen oft 
zu wissen nöthig haben: 1) das Volumen einer gewissen Masse, 


Zeits.d. D. geel. Ges. XX VIII. 4. 44 


674 


sei es eines einzelnen Berges oder einer Kette, die Quantitat 
einer noch vorbandenen Gesteinsreihe, aber auch 2) das Vo- 
lumen der zwischen diesen vorbandenen leeren Stellen, der 
Hohlformen des Bodens, wie sie v. SONKLAR mit einem all- 
gemeinen ‚Namen bezeichnete, Thal, Schlucht u. s. f., also die 
Quantität des fehlenden, meist fortgeschafften Materials. 

Für die Frage nach der Thalbildung, der Wirkung des 
fliessenden Wassers, ist es dieser zweite Punkt, welcber von 
besonderer Wichtigkeit ist. Selbst mit einer schr grossen An- 
zahl von Hohenangaben ist es immerhin eine sehr schwierige, 
oder richtiger in ihren Resultaten sehr unsichere Aufgabe, 
durch Rechnung dieses fehlende Material zu bestimmen. Da- 
gegen können wir dieses, wie auch die Bestimmung des Vo- 
lumens der vorhandenen Gesteinsmasse sehr leicht und auch 
ziemlich sicher, wenn wir eine im grösseren Maassstabe aus- 
geführte Reliefkarte, sei es eines ganzen Gebirges oder eines 
Theiles desselben, baben. 

Zu verschiedenen Zwecken war es mir wanschenswerth, 
ein genaues Relief des Mont-Blanc-Massivs zu haben, und 
da mir kein passendes, in grösserem Maassstabe ausgeführter 
irgendwoher zu bezieben möglich war, entschloss ich mich, 
selbst ein solches anzufertigen. Die vortrefflicben Karten, die 
wir über dieses Massiv besitzen, vor Allem die des franzo- 
sischen und schweizerischen Generalstabs, in denen viele 
hunderte von Höhenangaben eingezeichnet sind, machte die 
Darstellung eines solchen nicht sehr schwierig, wenn auch 
etwas zeitkostend. Um es möglichst genau herstellen zu kon- 
nen, wählte ich den Maassstab 1:50,000, also die doppelte 
Grösse, die dieses Terrain auf der Durour’schen Karte hat.*) 

Mit einem solchem Relief lasst sich nun zunächst sehr 
leicht das Volumen des ganzen Gebirgsstockes und daraus die 
mittlere Hohe desselben finden. Als Basis dieses Massivs, 
das vielleicht schärfer als irgend ein anderes in den Alpen 
von der Natur abgegrenzt ist, wurde der von den 4 Thälern 
der Arve und Dora auf der Nord- und Südseite, dem Thale 
von Montjoie und dem Schweizer Val Ferret auf der West- 
und Ostseite scharf umschriebene Theil angenommen, dessen 
Grenze auch da, wo ein Zusammenhang mit anderen Gebirgs- 
theilen noch besteht, durch die 4 tief einschneidenden Passe 
des Col de Balme, du Bonhomme, de la Seigne und Ferret 
genau von der Natur bezeichnet ist, Ist der Flachen-Inhalt dieser 
Basis auf dem Relief resp. auf der demselben eutsprechenden 


*) Herr B. Stürrz in Bonn liefert auf Verlangen geologisch colo- 
rirte Abgüsse desselben mit einer kleinen Uebersichtskarte sar Orien- 
tirung. 














675 


Karte bestimmt, so lässt sich daraus ganz leicht das Volumen 
der auf ihr sich erhebenden Masse bestimmen, indem man bis 
zu einer bestimmten Hohe die Basis mit einer senkrechten 
Wand abgrenst, und nun mit feinem Sand das Relief so lange 
auffallt, bis es vollständig bis zum höchsten Punkte bedeckt 
ist und der Sand eine horizontale Fläche bildet. Kennt man 
in Kubikcentimetern die Menge des dazu nöthigen Sandes, so 
findet man aus der Differenz zwischen dem Kubikinhalte der 
Masse, welche auf der gemessenen Basis bis zu einer bestimm- 
ten Hohe mit senkrechten Wänden sich erheben würde und 
der Menge des aufgeschütteten Sandes das Volumen der wirk- 
lich auf derselben Basis sich erhebenden Masse, Ware z. B. 
die Basis zu 2000 Qu.-Centimetern gefunden, die sie umge- 
bende Wand 10 Cm. hoch genommen, so ist offenbar, dass 
der gesammte Kubikinhalt einer Masse von 2000 Qu. - Cm. 
Basis und 10 Cm. Hohe mit senkrechten Seitenwänden 20,000 
Kubik-Cm. betrüge. Habe ich nun aber nur 6000 Kubik-Cm. 
Sand nötbig, um den ganzen Raum zwischen den senkrechten 
Wänden volletärdig bis zu 10 Cm. Hobe auszufüllen, so ist 
offenbar, dass das uber der Basis sich erhebende Relief ein 
Volumen von 20,000 — 6000, d. i. 14,000 Kubik-Cm. haben 
muss. Die mittlere Höhe desselben betrüge dann 1400), u = 
7 Cm. Ist der Maassstab des Reliefs '/,599,, 80 entspricht 
dies einer mittleren Höhe von 3500 Metern. 

Auf diese Weise wurde nun das Volumen des Mont-Blanc- 
massive bestimmt; es ergab sich daraus die mittlere Hohe 
desselben zu 2891 M. oder 8891 P. F., welche Zahl uns sehr 
deutlich vor Augen führt, welch eine gewaltige Masse in die- 
sem Gebirgsstocke zu einer Höhe sich erhebt, die derjenigen 
der Gipfelhöhe in den östlichen Alpen fast gleichkommt. 

Wenn man das Relief dieses mächtigsten aller Gebirgs- 
stöcke der Alpen näher in’s Auge fasst, so zeigt sich dasselbe 
in höchst eigenthumlicher Weise durchfurcht und eingeschnitten, 
und jeder dieser grösseren Einschnitte oder Mulden ist von 
einem Gletscher angefullt, die theile einzeln, d. h. vereinzelt 
und ungetheilt in ihrem ganzen Verlaufe bleiben oder eich 
weiter unten vereinigen. Auch in dieser Beziehung berühren 
sich hier die Extreme; nur durch einen schmalen Grat ge- 
trennt ist der grosse, eiue weite Rinne darstellende Gletscher 
von Argentiére und das Mer de Glace, welches aus 4 grösse- 
ren Strömen zusammengesetzt ist. 

Von den grossen Furchen, welche den Gipfel des Stockes 
erreichen, ist eine, welche durch die gewaltige Tiefe, mit der 
sie in den Berg eingeschnitten, vor allen anderen ausgezeichnet 
ist. Es ist die auf der Sudwestseite des Gipfels beginnende, 
dem Eisstrome des Misge zum Abflusse dienende Schlucht. 


44 * 


676 


Ziehen wir eine Linie vom Gipfel des Berges, stets der Rich- 
tung des Gletschers folgend und in der Mitte desselben (oben 
in seinem südlichen Arme sich haltend), so bildet sie, vom 
Gipfel nach a gerade gezogen, hier einen Winkel von 110° mit 
dem geradlinig verlaufenden Gletscherstamme. Die wahren 
Neigungaverhaltnisse dieser gebrochenen , in der Zeichnung 
gerade gestreckten Linien, somit der Oberfläche des Gletschers, 
ergiebt die folgende Figur, in welcher die Zahlen nach der 
Karte von Miruzer eingetragen sind, der Maassstab unserer 
Figuren ist 1 : 80000. 


4810 








Figur 1. 


Die Tiefe und Form derselben erhellt am besten aus | 
einem Querschnitt an dem Punkte a, von wo die Breite bis zu 
dem unteren Ende des Gletschers gleichbleibt, welcher folgende 


Form darbietet. 
3000 





Figur 2. 


Ich glaube, es mochte wohl Niemand geneigt sein, zu be- 
zweifeln, daes diese Schlucht, so durfen wir sie trotz ihrer 
Breite von 600 M. an ihrem Grunde wohl nennen, ein Werk 
der Verwitterong und grösstentheils mechanischen Zerstörung 
ist. Das Relief macht es uns möglich, die Gesammtmasse 
des Weggetragenen zu bestimmen. Verschliessen wir wieder 

- mit fest anliegender Pappe den Ausgang der Schlacht bis zur 
Gipfelhöhe der Seitenwände am Modelle und füllen die ganze 
Schlucht wieder mit feinem Sand aus, so erhalten wir aus 


677 


dessen Menge leicht das Volumen der fehlenden Masse. Ich 
habe es auf diesem Wege zu 10300 Millionen Kubikmeter 
gefunden. 

Wir können mit dieser Zahl eine Prüfung des Zeitraums 
vornehmen, welcher zu dieser Sculpturarbeit der Natur wohl 
nöthig gewesen sein dürfte, entweder indem wir von einem 
bestimmten Betrage der Abtragung nach Analogie anderer 
Beispiele, an denen eine Rechnung möglich ist, ausgehen und 
so die Zeit bestimmen, welche die Aushöhlung dieses Thales 
erforderte, oder indem wir auch berechnen, welche Arbeits- 
leistung wir anzunehmen haben, wenn wir eine bestimmte An- 
zahl von Jahren dieselbe dauern lassen. 

Wir haben leider bis jetzt sehr wenig Mittheilungen über 
die Menge des von Gebirgsflassen fortgeführten Materials, aus 
denen wir im Stande waren, den Betrag desselben far ein 
ganzes Jahr zu berechnen. Nur fur wenige Flüsse überhaupt 
liegen derartige Untersuchungen vor, und diese ergeben uns 
nur für den Unterlauf, nahe der Mündung in das Meer nach 
sehr langem Laufe das Volumen des fortgeschwemmten Festen. 
Dass im Oberlaufe, in den Gebirgen, wo die Zerstörung der 
Gesteine eine viel energischere und das Gefälle der fliessenden 
Gewässer ein bedeutend höheres ist, der Betrag der theils 
fortgerollten, theils in Suspension fortgetragenen Massen ein 
ungleich höherer sein muss, bedarf wohl keiner weiteren Aus- 
einandersetzung. Wir dürfen daher das Maximum der im 
Unterlaufe grosser Ströme gefundenen Abtragungsgrösse für 
ein ganzes Jahr im Verhältnisse zu ihrem Quellgebiete zu 
Grunde legen, wenn wir den Effect für alpine Gewässer auf 
ihr Flussgebiet berechnen wollen; d. h. wenn wir aus dem 
Betrage der =. B. von dem Ganges in einem Jahre in’s Meer 
geschafften festen Materialien berechnen, wie viel dadarch sein 
ganzes Quellgebiet im Laufe eines Jahres erniedrigt 
würde unter der Voraussetzung, dass diese Massen überall 
gleichmässig von demselben weggenommen wären, so würden 
wir wobl nicht zu gross die zerstörende Thatigkeit unserer 
alpinen Gewässer in dem Gebirge annehmen, wenn wir bei 
einer Berechnung derselben das zu Grunde legen, dass sie in 
eben demselben Verhältnisse ihr Quellgehiet in ihrem obersten 
Laufe abtragen, als der Ganges sein ganzes. 

Nach den über die Thätigkeit des Ganges vorliegenden 
bekannteu Angaben ist der Effect derselben so gross, dass bei 
gleichmässiger Abtragung sein Flussgebiet in 2000 Jahren um 
1 Fuss erniedrigt würde, 

Das Areal, welches jetzt alles Wasser, sei es flüssig oder 
fest, dem Miage zukommen lässt, betragt nach meiner Messang 
mit einem Planimeter auf der Karte des französischen General- 


678 


stabs (Massstab 1 : 40000) 23,04 Millionen Qu.-Meter. Daraus 
berechnet sich leicht die mittlere Tiefe der Miageschlucht aus 
dem pag. 677 gegebenen Volumen zu 447 Meter oder 
1376 Fuss. 

Legen wir nun die für den Ganges gefundenen Werthe 
der Abtragung zu Grunde, so würde unter der Voraussetzung 
einer gleichen Stärke der Abtragung auf diesem Areale, also 
von !/2000 Fuss im Jahre, ein Zeitraum von 2752000 Jabren 
zur Aushöhblung derselben erforderlich gewesen sein. 

Die Scblucht ist gegenwärtig von einem Gletscher aus- 
gefüllt, welcher, aus derselben herausdringend und sich um- 
biegend, noch in dem Thale der Dora sich etwas mehr als 
2000 M. abwärts bewegt. Die Wassermassen, die dem Glet- 
scher entstromen, führen, wie bekannt, eine ungeheure Menge 
suspendirter Bestandtheile und feinen Sandes mit sich fort. 
Für die Aar, wo sie den Unteraargletscher verlässt, haben wir 
eine genaue Bestimmung der Meuge derselben im Monat August, 
wo sie 284374 Kilogr. in 24 Stunden betrug, d.i. 3,25 Kilogr. 
für eine Secunde. Würde der dem Miage entströmende Bach 
dieselbe Menge das ganze Jabr hindurch liefern, so wurde, da, 
das specifische Gewicht der mechanisch fortgeführten Bestand- 
theile zu 2,7 gerechnet, 3,25 Kilogr. 1,2 Kubikdecimeter ent- 
sprechen, schon in 250770 Jahren die gesammte Masse der 
Schlucht weggefubrt sein. Nehmen wir selbst nur '/,, dieser 
Leistung an, d. h. für die Secunde nur 0,12 Kubikdecimeter, 
so warden wir doch nur 2'/, Millionen Jahre für die Dauer 
einer solchen Arbeit erhalten.*) 

Wir konnen hier die Frage ganz unerortert lassen, ob 
die Gletscherbedeckung den Grund des Thales gegen die Erosion 
schütze, wie ROTIMEYER meint, oder ob die Gletscher geradezu 
den Grund aushobeln, wie Ramsay, TyNDALL u. a. annehmen, 
da ja doch Niemand leugnen kann, dass das Gletscherwasser 
feste Bestandtheile fortfubrt, und es für unsere Frage ziemlich 
gleichgiltig ist, ob dieselben mehr von den Seitenwanden aber 
dem Eise, als unter dem Eise herstammen. Wir können diese 
Frage hier um so eher auf sich beruben lassen, als wir den 
Beginn der Bildung der Schlucht nicht erst in die Zeit seit 
dem Bestehen von Gletschern verlegen dürfen, sondern viel 
früber. Da schon die jurassischen Ablagerungen, welche das 


*) Dabei ist die immerhin nicht unerhebliche Masse der über das 
Gletscherende herabrollenden Blöcke ausser Acht gelassen, deren Betrag 
sehr schwer genau festzustellen sein dürfte. Nehmen wir die Vorwärts 
bewegung des Endes auch nur zu einem Schuh in 24 Stunden an, 80 
kommt schon durch diese das gesammte Steingerölle, das i Fuss breit 
den Gletscher bedeckt, zu der Moräne hinzu und aus der Schlucht fort, 


679 


Massiv des Berges umgeben, auf Conglomeratschichten lagern, 
welche den krystallinischen Gesteinen des Mont-Blanc entnom- 
men sind, da jüngere Gesteine als die des Jara nirgends sich 
in seiner Umgebang finden, so müssen wir auch annehmen, 
dase der Stock dieser Gebirgemasse nach der Ablagerung der 
letzteren Formation schon über dem Meere sich erhalten babe, 
wenn er auch noch nicht die Höhe erreichte, die er jetzt ein- 
nimmt. 

Da die Entstehung von Gletschern die Anwesenheit von 
Vertiefungen oder Mulden (cirque nach Agassiz), die nach ab- 
warts in Thalrinnen übergehen, voraussetzt, so müssen wir 
jedenfalls auch bier schon das Vorhandensein solcher Vertie- 
fangen vor der Zeit, in welcher die Gletscher entstanden, an- 
nehmen, und nach dem eben Gesagten den Beginn der Ent- 
stehang des Thales nicht weiter als in die Zeit nach der Ab- 
lagerung der Juraformation zurückversetzen. Es würde uns 
daher auch von dieser kein grösserer Zeitraum trennen, als 
ihn die oben gefundenen Zahlen ergeben, unter denen zu wab- 
len natürlich Jedem freisteht, ebenso wie man sie auch als 
ganz unsicher vollständig verwerfen mag. Es könnte scheinen, 
ale ob in diesem ohne alle Beschränkung gemachten Zuge- 
ständnisse stillschweigend auch das zugleich eingeschlossen 
sei, dass derartige Berechnungen ohne allen Werth seien und 
daher müssige Spielereien. Dagegen möchte ich jedoch be- 
merken, dase sie nur, wenn auch im Augenblick keinen be- 
sonders praktischen, doch einen tbeoretischen Werth zu haben 
scheinen, namlich den, darauf hinzuweisen, dass man doch 
nicht berechtigt sei, ganz willkürlich über die Zeit in der 
Geologie zu verfügen, und, wie es gewöhnlich geschieht, un- 
endliche Zeitraume für jede Bildungsperiode anzunehmen, son- 
dern dass man entweder von jeder Zeitbezeichnung abstehen 
muss, weil sie unsicher sei, oder sich an die Angaben halten, 
die man eben bei Berechnungen erhalt, sei es an Maximal- 
oder Minimalwerthe. Mogen diese Zablenangaben in den ver- 
schiedenen Fallen noch soweit auseinandergehen, nach und 
nach werden sie uns doch, wenn ihre Zahl grösser wird, einen 
genäherten Mittelwerth geben, und als cin Beitrag dazu hat 
jede solche Rechnung dann auch einen kleinen praktischen 
Werth. Die Differenzen, die sich bis jetzt noch aus verschie- 
denen derartigen Rechnungen selbst für ein und dieselbe Pe- 
riode ergiebt, wie z. B. die aus dem Zurückweichen der Fälle 
des Niagara fur die quaternäre Periode ermittelte längere 
Zeitdauer, fordern, wie mir scheint, wenn sie auch auf der 
einen Seite etwas Entmuthigendes baben, nur umsomehr auf, 
wo es überhaupt angeht, solche Berechnungen anzustellen. 


abel PR LE st 


mer |: see. Et 1: lw 





680 


Doch kehren wir zu unserem speciellen Falle und zu 
unserem Modelle zurück, so fällt uns noch Eines auf, nämlich 
die Thatsache, dass dasselbe nirgends im ganzen Gebiete des 
Mont-Blanc-Stockes einen so tief gehenden Einschnitt erken- 
nen lässt, alle anderen erscheinen als flache Mulden oder Rin- 
nen der Miageschlucht gegenüber. Die Ursache davon möchte 
wohl hauptsächlich in zwei Umständen zu suchen sein, die 
sonst am Mont-Blanc nicht wiederkehren. Wir sehen nämlich, 
es ist diese Schlucht die einzige, welche erstens von dem 
Gipfel nach Südwesten und Suden gerichtet ist und dabei 
zweitens mit Ausnahme eines kaum in Betracht kommenden 
kleinen Stückchens am Gipfel ganz durch Glimmerschiefer 
gebt, also durch ein Gestein, welches vor anderen der mecha- 
nischen Zerstörung unterworfen ist. Wie bedeutend dieselbe 
sei, davon kann ich als Beweis aus der höchst interessanten 
Versuchsreibe uber Verwitterung von meinem Collegen, Herrn 
Professor Hitaga, ein Beispiel anführen, dessen Veroffent- 
lichung bier er mir noch vor Vollendung seiner eigenen Arbeit 
mit zuvorkommender Feundlichkeit gestattete. Ein Stack erz- 
gebirgischen, typischen Glimmerschiefers von 20 Centimeter 
Lange und Breite und 7 Centimeter Dicke, in Form eines 
rechtwinkligen Parallelipipedums zugeschliffen, wurde auf einem 
kleineren Stückchen desselben Gesteins mit der grösseren 
Fläche horizontal in einem grösseren metallenen Gefässe frei 
in einem Garten hier aufgestellt. Nach einem Jahre hatte das 
6850 Gramm schwere Stuck 57 Gramm oder 0,8 pCt. an Ge- 
wicht verloren, und der Verlust war fast ausschliesslich durch 
die mechanische Abtragung bedingt. Nehmen wir an, dass 
dieser Substanzverlust gleichmässig die obere und die 4 senk- 
rechten Seitenflächen betroffen habe, welche zusammen 960 
Qu.-Centimeter enthalten, so warde dieser Verlust von 57 
Gramm, das specifische Gewicht des Gesteine zu 2,7 ange- 
nommen, alle Flachen um 0,21 Mm. erniedrigt haben; und 
wenn wir, wie es der Natur mehr entspricht, der horizontalen 
Oberflache die Halfte des Verlustes zutheilen, so wurde dieses 
einer Abtragung derselben um 0,52 Millim. entsprechen. Ver- 
gleichen wir mit der Regenmenge, die hier im Mittel 70 Centim. 
beträgt, diesen Verlust von 21 Kubik-Centim., so ergiebt sich, 
dass, da auf die Fläche von 400 Qu.-Centim. 28000 Kubik- 
Centim. Niederschläge niedergeben, 0,07 pCt. der Wasser- 
menge dem Volumen nach festes Material vom Glimmerschiefer 
abgetragen wird. Würden wir in unserem Beispiele des Miage 
eine gleich starke Abtragung des Glimmerschiefers annehmen, 
und berechnen wir die Menge des niedergehenden Wassers zu 
1 Meter Höhe, so würden dadurch jährlich nach unseren 


681 


pag. 677 und 678 gegebenen Maassen eine Abtragung von 
16100 Kub.-Met. und demnach eine dem Volumen des der 
Sehlucht fehlenden Materials entsprechende Quantität schon in 
640,000 Jahren erhalten. Wir sehen, auch diese Betrachtungen 
zeigen uns wieder, wie in einzelnen Fällen ganz entschieden 
sehr grosse Zahlen für die Dauer eines bestimmten Processes 
in der Natur anzunehmen, nicht gerechtfertigt ist, und die oben 
pag. 678 gefundenen Werthe nicht wohl zu klein sein dürften. 


2. Das Glimmerschiefergebiet von Zechopan im 
sächsischen Erzgebirge. 


Von Herrn Eanst Karkowsky in Leipzig. 
Hierzu Tafel X. 


Die in der vorliegenden Arbeit niedergelegten Unter- 
suchungen verdanken ihre Entstehung meiner Thatigkeit als 
Sectionsgenlog der sächsischen Landesuntersuchung. Ich habe 
drei Monata, im Sommer 1875 und einige Wochen im Frah- 
ling dieses Jabres mit dem Kartiren des Glimmerschiefer- 
gebietes von Zschopau und einiger angrenzenden Partieen zu- 
gebracht und ubergebe nun die durch eingehendere Forschungen 
begründeten und erweiterten Resultate der Oeffentlichkeit, ohne 
jedoch auf die rein kartographischen Verbältnisse näher ein- 
zugeben, die auf der erst später erfolgenden Veröffentlichung 
der Section Zschopau ihren Ausdruck finden werden. 

Obwohl das Glimmerschiefergebiet von Zschopau nur etwa 
eine Quadratmeile Flacheninhalt besitzt, so bat dennoch die 
genaue Durchforschung mancherlei Verhältnisse erkennen lassen, 
deren Zusammenhang und gegenseitige Abhängigkeit in so 
schöner Uebereinstimmung hervortreten, dass es vielleicht ge- 
rechtfertigt ist, wenn ich eine sehr ausführliche Schilderung 
der geologischen Verhältniese dieses nur kleinen Gebietes zu 
geben versuche. 

Die Literatur über das Zschopauer Glimmerschiefergebiet, 
die meinen Untersuchungen hätte zur Grundlage dienen kön- 
nen, beschränkt sich auf einige Zeilen im zweiten Heft der 
Geognostischen Beschreibung des Königreiches Sachsen, Dres- 
den und Leipzig 1845, pag. 116 und 117 und auf die Nav- 
mann sche Karte von Sachsen. Bei Bearbeitung dieser Gegend 
stützte sich NAUMARN auf eine handschriftliche Arbeit von 
Linpxer und auf die Revisionen des damaligen Berggeschwo- 
renen ScHMIDTHUBER. Er selbst hat wohl damals diese Ge- 
gend nicht persönlich besucht gehabt, denn ausser dem Fan- 
damental - Irrthum, dass der Glimmerschiefer um die Stadt 


683 


Zschopau und bei Scharfenstein für Gneiss gehalten wurde, 
finden sich auf der Karte und in der geognostischen Beschrei- 
bung so auffällige Beobachtangsfehler, wie sie Naumann sich 
nie za Schulden bat kommen lassen. 

Den geehrten Herren und vielen lieben Freunden in 
Zechopau, die mich auf manche Vorkommnisse aufmerksam 
gemacht und meine Fragen stets bereitwilligst beantwortet 
haben, spreche ich hiermit meinen verbindlichsten Dank aus. 
Ebenso kann ich es nicht unterlassen. auch an dieser Stelle : 
meinem hochverehrten Lehrer, Herro Prof. Dr. H. CREpnze, 
meinen ergebensten Dank zu sagen für das dauernde Interesse 
und die vielfachen Besprechangen, durch die er meine Ar- 
beiten gefördert hat. 


I. Topographisches. 


Die Eisenbahn, die von Chemnitz uber Annaberg und den 
Kamm des Erzgebirges nach Böhmen führt, verlässt bei Floha 
das erzgebirgische Bassin, das sich zwischen dem Granulit- 
gebirge und dem eigentlichen Erzgebirge hinzieht. Von Floba 
- aus folgt die Chemnitz - Annaberger Eisenbahn in im Allge- 
meinen südlicher Richtung dem Thale der Zschopau. So lange 
letzteres in den Phyllit eingeschnitten ist, sind seine Gehange 
sehr niedrig und flach; aber schon bei Hennersdorf, von wo 
die Zschopau dem Glimmerschiefergebiet angehört, werden die 
Gehänge immer höber and steiler, und südlich von der Stadt 
Zschopau aus bilden oft senkrecht abstürzende Felswände 
von bis 150 M. Höhe eines der tiefsten und zugleich schönsten 
Thaler des Erzgebirges. Sudlich von Scharfenstein verflachen 
sich die Gehänge wieder auf kurze Zeit; die Zschopau fliesst 
hier im Gneissgebiet. Mitten im Glimmerschiefergebiet liegt 
die Stadt Zschopau*) auf dem linken Ufer des Gebirgsflusses 
gleichen Namens, recht eigentlich in dem Centrum eines aus- 
gesprochenen Gebirgskessels, so dass der Horizont von der 
Stadt aus von Glimmerschieferbergen mit einer durchschnitt- 
lichen Hohe von 530 M. begrenzt wird. Von vielen Punkten 
dieses Hôhengürtels hat man eine schöne Aussicht auf die 
plattenförmigen Basaltberge, den Pöhlberg und Bärenstein and 


*) Die Orthographie dieses Namens verräth seinen slavischen Ur- 
sprung; böhmisch dep, polnisch czop heisst der Zapfen. In früherer Zeit 
führte die Kaiserstrasse von Prag nach Leipzig über Zschopau; Reste 
derselben sind noch in unmittelbarer Nähe der Stadt vorhanden. 


684 


die aus Glimmerschiefer bestehenden höchsten Berge des Erz- 
gebirges, den Fichtelberg und dahinter den Keilberg. An den 
Abhängen des Gebirgskessels hinauf liegen rings um Zschopau 
die Dörfer Porschendorf im Südwesten, Gornau im Nordwesten, 
Witzschdorf im Norden, Waldkirchen im Nordosten, Krumm- 
bermersdorf im Osten und Hohndorf im Sudosten. Sudlich 
von Zschopau befindet sich nur die Eisenbahn - Haltestelle 
Wilischthal in der Nähe einiger Fabriken. Erst noch weiter 
südlich liegt an der Zschopau Schloss und Dorf Scharfenstein 
und von hier aus zieht sich dann um das Centrum Zschopau 
ein zweiter Kranz von Dörfern, die dann auf oder jenseits der 
von Zschopau aus sichtbaren Glimmerschieferhöhen liegen: es 
sind im Sudwesten Griesbach, im Westen Weissbach und 
Dittersdorf, im Nordwesten Dittmannsdorf, im Norden Hen- 
nersdorf, im Osten Bornichen, im Südosten Neanzehohain und 
die Bornwald-Haaser und im Sudeu Gross-Olbersdorf. 

Im Südosten des angedeuteten Gebietes dehnt sicb der 
Glimmerschiefer noch weiter sudwarts aus und erreicht im 
Adlerstein und dem Halm bei Lengefeld eine Höhe von fast 
700 M.; er erhebt sich über das südlich davorliegende Gneiss- 
territorium von Marienberg. 

Die Zuflüsse, welche die Zsehopau auf ihrem Laufe durch 
das Glimmerschiefergebiet erhält, sind sehr unbedeutend bis 
auf die Wilisch, die auf dem linken Ufer bei der Haltestelle 
Wilischthal mündet. 


Il. Die krystallinischen Schiefer des Zschopauer 
Gebietes. 


Die krystallinischen Schiefer, welche sich an dem Aufbau 
des Zschopauer Gebietes, dessen geognostische Grenzen weiter 
unten angegeben werden sollen, betheiligen, gehören alle zu 
der petrographischen Species des Glimmerschiefers; nur 
in einem Gestein tritt Feldspath in einer derartigen Weise auf, 
dass dasselbe durchaus mit dem Namen Gneiss belegt werden 
muss, und zwar ist dieses der bekannte rothe Gneiss des 
Erzgebirges. 

Wenn man von weit voneinander entfernten Orten Profile 
durch die ganze archaische Formation des sächsischen Ers- 
gebirges begeht, so wird man bald erkennen, dass im Grossen 
und Allgemeinen der dunkle Magnesiaglimmer das Cha- 
rakteristicum des Gneissgebietes ist, während die Glim- 
merschieferformation sich durch den hellen Kali- 
glimmer, als ibr vorberrschend eigentbümlich auszeichnet. 


685 


Im Anschluss an die Benennungen grauer und rother Gneiss, 
die durch die Freiberger Geologen fur das Erzgebirge gang 
und gebe geworden sind, und die sich auch ganz vorzüglich 
empfehlen, weil sie, um allen Ansprüchen gerecht za werden, 
an sich möglichst wenig ausdrücken, sollen die durch den 
Kaliglimmer charakterisirten Varietäten von Glimmerschiefer 
mit der Bezeichnung „helle Glimmerschiefer‘‘ belegt 
werden. Die speciellere Bezeichnung erweist sich als notb- 
wendig, weil in bestimmten Gebieten, so in dem von Zschopaa, 
auch Glimmerschiefer auftreten, die neben dem Kaliglimmer 
noch dunklen Magnesiaglimmer enthalten. Diese Glimmer- 
schiefer sollen als „dunkle“ von den „hellen“, die nur den 
einen hellen Kaliglimmer führen, unterschieden werden. Ausser 
dem Glimmer ist fur viele Schiefer ein Gehalt an Feldspath, 
vorwiegend Orthoklas, bezeichnend; es treten ausser echten 
Schiefern auch Gneissglimmerschiefer auf: der rothe 
Gneiss ist schliesslich das Endglied dieser Gesteinsreihe. 


A. Die petrographische Beschaffenheit der Schiefer. 


1. Der helle Glimmerschiefer. 


Im Allgemeinen ist der belle Glimmerschiefer ein 
Aggregat von Quarz und Kaliglimmer.*) Die Glimmer- 
blattchen oder -Lamellen besitzen meist eine ziemliche Grosse 
oder sind untereinander zu Glimmermembranen **) verfilzt. In 
Folge dessen sind die hellen Glimsaerschiefer nicht ebenflachig 
geschiefert; der Glimmer schmiegt und biegt sich hin und her 
om Quarzkörner, ist bald etwas angehäuft, bald nur spärlich 
eingelagert zwischen schwach wellig gekrammten Membranen 
und dünnen Linsen von feinkörnigem Quarz. Der helle 
Glimmerschiefer enthält fast nie accessorische Blättchen 
von dunklem Magnesiaglimmer; dieselben treten jedoch 
in der Nachbarschaft der dunklen Glimmerschiefer regelmässig 
auch in den grossblatterigen hellen auf und steben dann fast 
stets senkrecht gegen die Schieferangsflachen. Es entstehen 
dadurch eigenthumliche gefleckte Varietäten, die jedoch, 


*) Die makroskopische Beschreibung kann bei mehreren Varietäten 
dieser hellen Schiefer nur Verhältnisse berühren, die schon aus der 
„Geognostischen Beschreibung“ von Naumann und dann namentlich durch 
die Arbeiten der Freiberger Gang-Untersuchungs-Commission (H. Miter, 
A Strızuer) bekannt sind. 

**) Es empfiehlt sich sehr, den von Naumann gemachten Unterschied 
zwischen Glimmerlamellen und Glimmermembranen festzuhalten; cfr. 
C. Naumann: Ueber den jüngeren Gneiss bei Frankenberg, N. Jahrb, f. 
Min. 1873. pag. 809. | 


686 


soweit ich sie beobachten konnte, immer nur eine sehr be- 
schrankte Verbreitung besitzen. Bei diesen querstehenden 
Magnesiaglimmerblättchen zeigt sich noch oft die 
eigenthümliche Erscheinung, dass sie in der Richtung einer 
Nebenaxe stark verkürzt sind und 80, ohne irgend welchen 
Parallelismus untereinander zu bewahren, wie Nadeln auf den 
Schichtungsflächen verstreut liegen. Man muss sich hüten, 
dergleichen oft sehr feine schwarze Strichelchen für Tar- 
malinsaulchen zu halten; obwohl der Turmaliu ein mikrosko- 
pischer Gemengtheil aller hellen Glimmerschiefer ist, habe ich 
ibn dennoch nie in solcher Weise makroskopisch auf Schich- 
tungsflächen wahrgenommen. 

Derartige durch querstehende Magnesiaglimmerblattchen 
„dunkelgefleckte Glimmerschiefer‘‘ beschreibt auch GOMBEL aus 
dem bayerischen Wald.*) Auch sie sind raumlich be- 
schränkt. Der Vermutbang GomBEL’s, es möchten diese quer- 
stehenden Magnesiaglimmerblattchen ao die Stelle eines fraher 
eingemengten Minerals getreten sein, kann ich fur diese sach- 
sichen Schiefer nicht beistimmen. Das Auftreten derselben 
“ gerade in den Uebergangszonen zwischen hellem und dunklem 
Schiefer und die mikroskopischen Eigenthumlichkeiten des 
Magnesiaglimmers, wie namentlich seine Verbandverhaltaisse, 
widersprechen einer solchen Annahme. Aus dem Riesen- 
gebirge sind solche Glimmerschiefer mit querstehenden 
Magnesiaglimmerblättchen durch G. Ross beschrieben wor- 
den.**) Ich habe diesen Glimmerschiefer bei Liebwerda und 
bei Alt-Kemnitz beobachtet und auch hier gewahrt die mikro- 
skopische Untersuchung keinen Anbaltspunkt, um den Magne- 
siaglimmer far secundar zu halten. Wenngleich querstehende 
Glimmerblattchen an und fur sich nicht gerade auffallig sind, 
da auch stets in den Kaliglimmer-Membranen einzelne Kali- 
glimmer querstehend gefunden werden, so bleibt doch der Um- 
stand, dass sparliche Magnesiaglimmerblättchen im Glimmer- 
schiefer querstehen, wabrend bei dem reichlicheren Vorbanden- 
sein derselben fast alle Blättchen wieder der Schichtung 
parallel liegen, höchst auffällig. 

Die anderen Mineralien, die makroskopisch als accesso- 
risch auftreten, beeinflussen meistens nicht den Gesammt- 
habitus des hellen Glimmerschiefers; nach ihrem Auftreten und 
nach der wechselnden Meuge des Quarzes kann man nun 
folgende Varietäten unterscheiden: 





ore 


*) Geognostische Beschreibung des Ostbayerischen Grensgebirges, 
Gotha 1868. pag. 387. 


**) Monatsberichte der Berliner Akademie 1844. pag. 15. 





687 


. Quarzreicher heller Glimmerschiefer, 

. Heller Gneissglimmerschiefer, 

Heller Gneissglimmerschiefer mit Granat, 
Heller Glimmerschiefer mit Granat, 
Heller Granatglimmerschiefer. 

Diese fünf mir bekannt gewordenen Varietäten treten auf 
grossen Strecken in constanter Ausbildung auf und sind wohl 
voneinander unterschieden; ich bemerke ausdrücklich, dass man 
zu ibrer Erkennung weder des Mikroskops noch einer Lupe, 
oft nicht einmal eines Hammerschlages bedarf. 

a Der quarzreiche helle Glimmerschiefer 
zeichnet sich vor den anderen Varietäten durch ebene Schie- 
ferung aus; der Quarz ist der vorherrschende Gemengtheil; die 
silberweissen Glimmerblättchen bilden nicht zusammengesetzte 
Membranen, sondern liegen mehr einzeln auf den Schichten- 
flachen und zwischen den Quarzen. Die Grösse der Indivi- 
duen schwankt. An manchen Stellen wird der quarzreiche 
helle Glimmerschiefer bei geringer Grösse der Individuen dünn- 
schiefrig; es entsteht ein Quarzitschiefer, der schliesslich 
in reinen Quarzit übergeht. Dieser Quarzit hat meist ein 
sehr feines Korn und ist stets nur in wenig Meter mächtigen, 
dickschiefrigen Schichten von geringer Ausdehnung vorhanden. 
Der quarzreiche helle Glimmerschiefer enthält accessorisch wie 
alle hellen Glimmerschiefer Eisenglanz, stellenweise aber 
besonders reichlich; durch die Zersetzung desselben zu wasser- 
haltigen Oxyden wird der quarzreiche Schiefer oft stark braun 
oder roth gefarbt. 

An dieser Stelle wurde in der Varietatenreibe der hellen 
Glimmerschiefer ein normaler heller Glimmerschiefer 
folgen; er findet sich indess in dem Zschopauer Gebiete nicht; 
er existirt zwar im Erzgebirge, z. B. südöstlich von Schnee- 
berg, scheint jedoch auch bier nar geringe Verbreitung zu ha- 
ben. Meist tritt zu dem gleichmässigen Gemenge von (Quarz 
und Glimmer noch ein accessorisches Mineral. 

b. Der helle Gneissglimmerschiefer ist ein 
höchst charakteristisches Gestein; er entbalt fast stets so viel 
Feldspath, als man nur immer von einem Gneiss erwarten 
kann, und dennoch hat das Gestein den ausgesprochensten 
Charakter eines Glimmerschiefers.*) Die Ursache davon ist 
die Anordoung der Gemengtheile: der Gneiss ist ein Aggregat 
von Quarz und Feldspath — und Glimmer: dieser Glimmer- 
schiefer ein Aggregat von Quarz und Glimmer — und Feld- 
spath. Der letztere bewahrt sich fast immer den Charakter 


fe op 


= 


*) Auch Sreczngza hebt den eigenthümlichen Habitus dieses Glimmer- 
schiefers hervor; cfr. die Granite von Geyer etc. 1. c. pag. 4. 


688 


eines accessorischen Gmengtheiles: wie in anderen Varietäten 
Granaten im Glimmerscbiefer stecken, so treten hier isolirte 
Feldspäthe gleichsam porpbyrisch in dem eng verbundenen 
Gefüge von Quarz und Glimmer auf. Die Feldspathe, Or- 
thoklase, bilden randliche Korner ohne Krystallflachen, bis- 
weilen haben sie eine linsenformige Gestalt (3—-4 Mm. Langs- 
durchmesser). Es geschieht jedoch auch, dass die Feldspath- 
korner besser in das Gesteinsgefuge eintreten; d. h. also mit 
Quarz verwachsen sind und so von Glimmerblattchen einge- 
hullt werden. Es entsteht dann ein eigentlicher Gneiss- 
glimmerschiefer, der sich jedoch geognostisch nicht von 
dem bellen Glimmerschiefer mit accessorischem Feldspath 
trennen lasst. Auch will es scheinen, dass die Orthoklase 
erst durch eine schwache Einwirkung der Atmosphärilien 
ihren so eminent accessorischen Habitus erlangen; in den 
allerfrischesten Stücken in neuen Aufschlüssen fallen die Feld- 
spathe nicht so in die Augen. Mit Rücksicht auf diese beiden 
letzteren Umstände nenne ich das Gestein einen Gneissglimmer- 
schiefer. Es soll damit aber keineswegs die bathrologische 
Stellung des Schiefers, etwa zwischen Gneiss und typischem 
Glimmerschiefer angedeutet werden; wie wir spater sehen 
werden, ist es unmöglich, eine derartige Beziehung mit dem 
Namen der archäischen Schiefergesteine zu verbinden. 

Wenn dieser helle Gneissglimmerschiefer nuu statt der 
grossen Blätter von Kaliglimmer nur kleinere und in geriu- 
gerer Anzahl führt und damit eine ebenflächigere Structur an- 
nimmt, so entstehen Abänderungen, die sich vom rothen 
Gneiss nur wenig und durch kein specifisches Merkmal unter- 
scheiden; beim rothen Gneiss muss auf dieses Verhaltniss 
zurückgekommen werden. 

c. Der helle Gneissglimmerschiefer mit ac- 
cessorischem Granat zeigt die allgemeinen Eigenschaften 
der vorigen Varietät, nur dass ale ein Vertreter des Feldspaths 
Granat sich einstellt. Letzterer bildet braunrothe Individuen 
von rundlicher Form oder in undeutlichen Rhombendodekaédern 
von verschiedener Grosse (!/, — 2 Mm.); selten sind erbsen- 
grosse Granaten. 

Betreffa der Textur giebt sich zwischen Granaten und 
Feldspäthen ein sehr auffälliger Unterschied zu erkennen; die 
Granaten sind nämlich stets auf den Schichtungs- und Spal- 
tungsflachen sichtbar, die Orthoklase dagegen treten meist nor 
auf dem Querbruche mit ihrem accessorischen Habitus bervor. 

Granat und Feldspath sind in diesem Gestein entweder 
in einem Handstücke gleichmassig vorhanden, oder sie treten 
auch getrennt auf: bald Granat, bald Feldspath allein, bald 
einer von beiden vorherrschend. Nach Handstacken ist daher 


689 


der helle Gneissglimmerschiefer mit Granat nicht immer als 
solcher zu erkennen, resp. überbaupt vorhanden, wohl aber 
ist er ein geognostisch sehr gut charakterisirtes Gestein. 


d. Der helle Glimmerschiefer mit accesso- 
rischem Granat ist von den beiden vorigen Varietäten 
nicht nur durch den gänzlichen Mangel an Feldspath, sondern 
auch darch den grösseren Reichthum an Quarz unterschieden; 
dazu kommt noch, dass die Granaten meist von bedeuten- 
der Grösse (7—10 Mm.) stets in scharfen Rhombendodekaédern 
krystallisirt sind, namentlich wo sie rings von Glimmer um- 
geben sind. Treffeu sie dagegen auf Quarzplatten, so sind 
sie bisweilen in der Richtung normal gegen die Schieferung 
verkürzt, wie ein äbnliches Verhältniss bei den querstehenden 
Magnesiaglimmern erwähnt wurde. Der (Quarz bildet sehr 
feinkörnige Platten und Membranen, die, nie ganz eben, mit 
den Membranen oder einzelnen Blättern von Glimmer ver- 
woben sind. Die Granaten stecken in dem feinkornigen Quarz 
sowobl, als wie auch in Verbindung mit den von wenig oder 
viel Glimmer durchwobenen Quarzen; auf den Schieferungs- 
flächen treten die scharfen, dunklen Sechsecke, meistens 
stellenweise häufiger resp. seltener, so charakteristisch hervor, 
dass mau die Lesestucke desselben auf den Feldern beim 
flüchtigen Hinblick im Geben gleich als zu dieser Varietät 
gehörig erkennt. Als ein Aequivalent fur den Granat treten 
Knauern von Turmalinnadeln durchmischt mit kleinen 
Quarzkörnern auf; nur am Westende von Gornau wurden diese 
Turmalinmassen gefunden. 

e. Heller Granatglimmerschiefer, ein Gemenge 
von vorherrschendem Kaliglimmer mit dunkelrothem Granat 
und fast ohne Quarz, dagegen bisweilen mit accessorischem 
Feldspath tritt im Zschopauer Gebiet nicht auf und wird hier 
nur der Vollständigkeit wegen angeführt, und um darauf hin- 
zuweisen, dass er sehr verschieden ist von der vorigen Va- 
rietät; „man möchte es oft lieber Granatglimmergestein als 
eigentlichen Glimmerschiefer nennen“. (Geogn. Beschreibung 
II. Heft pag. 79.) Er ist bis jetzt nur aus der Gegend von 
Oederan bis Schellenberg bekannt. 


Die mikroskopische Untersuchung lässt noch 
mehrere sehr bemerkenswerthe Verhältnisse erkennen. 

Der Eisenglanz, den man makroskopisch kaum erken- 
nen kann, ist ein sehr constanter accessorischer Gemengtheil 
aller hellen Glimmerschiefer, dabei meistens in nicht unbe- 


Zeits. d.D.geol.Ges. XX VIII. 4. 45 


Anl nn nn LI. 


690 


trachtlicher Menge vorhanden. Er erscheint in langlich run- 
den, opaken Kornchen im Durchschnitt von 0,05 Mm. Darch- 
messer; selten sind hexagonale Umrisse oder stabchenformige 
Körper. Mit rother Farbe durchscheinende Eisenglanzblattchen 
sind selten: auch sie weisen keine regelmässige Begren- 
zung auf, 

Ebenso constant sind kleine Turmalinsäulchen acces- 
sorisch; ihre durchschnittliche Grösse betragt 0,07 Mu. Länge 
und 0,015 Mm. Breite. Sie sind auch alle nach einer Neben- 
axe verkürzt, platt ausgebildet: man erkennt dies an dem 
äusserst schmalen farbigen Saume, den die Säulchen zwischen 
gekreuzten Nicols aufweisen. Sind ja doch auch die grossen 
makroskopischen Turmaline, die in den sibirischen Glimmer- 
tafeln vorkommen, platt ausgebildet. Die Turmaline haben eine 
bräunlich-graue Basisfarbe; sie zeigen dabei einen ungemein 
starken Dichroismus, die Saulenfarbe ist sehr blass, oft kaum 
erkennbar. An den Polenden tritt bald eine gleichmässige 
Zuspitzung auf, bald sind an einem Ende ein Rhomboéder, 
am anderen die Geradendflache ausgebildet, so dass auch hier, 
wie bei den winzigen Turmalinen in klastischen Thonschiefern 
der Enantiomorphismus noch zum Ausdruck gelangt. Nur 
von einem Punkte, südlich von Krummhermersdorf, fand ich die 
Tarmaline verunreinigt und zwar durch winzige Körnchen 
von Eisenglanz; dieselben sind in einer Zone in den Tur- 
malinen angeordnet derart, dass das Centrum und die peri- 
pherischen Theile der Saulchen aus reiner Substanz bestehen; 
die Deutung der opaken Kornchen als Eisenglanz stützt sich 
ausser dem anderweitigen Vorkommen von Eisenglanz in dem 
Schiefer nur auf den metallischen Glanz, den man bei auffal- 
lendem Lichte unter günstigen Bedingungen wahrnehmen kann. 
In grösseren makroskopischen Kryställchen habe ich den Tur- 
malin nie wabrgenomwen, dagegen aggregiren sich diese klei- 
nen Turmaline mit Quarz zu kleinen und grösseren Knollen, 
die ich jedoch nur am Westende von Gornau fand, da wo die 
Strasse nach Dittmannsdorf sich von der Chemnitzer Chaussee 
abzweigt. 

Diese Knollen sind insofern merkwürdig, als durch sie 
die Verbindung mit den Turmalinschiefern hergestellt 
wird, die weiter westlich in der Glimmerschieferformation z. B. 
am Schneckenstein und als isolirte Inseln im Granit auf dem 
Auersberg bei Eibenstock auftreten. Mit Recht vermuthet 
Rosengusch*), dass das von Fıscure beschriebene Gestein 
nicht den Turmalinschiefer vom Auersberge tangire. Derselbe 
ist wie der Schiefer vom Schneckenstein ein körniges Aggre- 


*) Physiographie pag. 202. 


691 


% 


gat von Turmalin und Quarz. Letzterer entbält auch noch 
zahlreiche Körner von Eisenglanz und seine Turmaline 
haben genau die Farbe der oben aus den hellen Glimmer- 
schiefern beschriebenen. Die Turmaline vom Auersberg sind 
dagegen grünlich-braun und nicht selten buschelformig ange- 
ordnet; in beiden Schiefern liegen die Turmaline meist zwi- 
schen den Quarzkörnern, jedoch auch in diesen. Beide Ge- 
mengtheile führen Flüssigkeitseinschlüsse ; die Quarze im Auers- 
berger Schiefer sind ganz ubermassig damit erfüllt. Apatit 
findet sich spärlich in beiden Vorkommnissen. Der Turmalin- 
schiefer vom Schneckenstein*) enthält ausserdem noch acces- 
sorisch Zirkon- und Staurolithkörner. 

Die erzgebirgischen Turmalinschiefer zeichnen sich noch 
durch zwei Eigenschaften ganz besonders aus. Erstens sind 
ibreBruchflächen meist eigenthümlich raub, sandstein- 
artig, wohl in Folge der kornigen Zusammensetzung des 
Gesteins. Dann aber sind sie vielfach von Quarzadern 
durchzogen, so dass die Turmalin-haltigen Partieen oft wie 
Bruchstücke erscheinen. Unter dem Mikroskop aber erweist 
es sich, dass diese Quarzadern stets, wenn auch spärlich, den- 
selben Turmalin enthalten, wie die anderen Massen; sie führen 
ebenso reichlich Flussigkeitseinachlusse, wie die mit viel Tur- 
malin verwachsenen Quarze, und dieselben accessorischen Mi- 
neralien, wie die eigentlichen Schiefermassen. Man muss 
daher die vermeintlichen Quarzadern für turmalinarme 
Stellen des Schiefers halten: die eigenthümliche Form und 
Anordnung müssen sie schon bei der Entstehung erhalten 
haben. 

Genau dieselben Eigenthumlichkeiten zeigen auch die 
Turmalinknollen von Gornau, den sandigen Bruch, die 
scheinbaren Quarzadern, ebenso mit Eisenglanz verunreinigte 
Turmaline sind dieselben accessorischen Mineralien. Nur tritt 
bier je nach der Grosse der Knollen noch mehr oder weniger 
Kaliglimmer ein. Die grössten Knollen sind vom echten Tur- 
malinschiefer nicht zu unterscheiden. Es wird durch diese 
Uebereinstimmung namentlich auch bewiesen, dass die Tur- 
malinschiefer-Inseln im Granit von Eibenstock nicht erst durch 
den Granit metamorphosirte Thonschieferschollen sind. 

Die Turmaline der hellen Glimmerschiefer stehen in 
besonders enger Beziehung zum Kaliglimmer. Ob- 
wobl die Turmaline auch in den accessorischen Feldspathen 
stecken, so sind sie dennoch von dem Kaliglimmer abhängig. 
Dies ergiebt sich namentlich aus zwei Umständen. Der dunkle 


*) Die Topase vom Schneckenstein stecken bekanntlich in einer 
Kaolinmasse, die Bruchstücke von Turmalinschiefer verkittet. 


45 * « 


692 


Glimmerschiefer enthalt in der Regel keinen Turmalin; aber 
da, wo reichlicher Kaliglimmer das Uebergewicht uber den 
Magnesiaglimmer erbält, stellt sich auch Turmalin ein. Ferner 
findet sich Turmalin nie im Chlorit eingelagert, der ein fast 
constanter accessorischer Gemengtheil der hellen Glimmer- 
schiefer ist. Der Chlorit ist bisweilen auch im Handstuck zu 
erkennen ; aber wo er auf Kosten des Kaliglimmers an Menge 
sehr zugenommen hat, da fehlt der Turmalin. Dies tritt sehr 
auffällig hervor gerade bei den hellen Schiefero vom oberen 
Ende von Gornau: hier kommt in unmittelbarer Nachbarschaft 
der Turmalinknollen-führenden Schiefer eine Varietät von hel- 
lem Glimmerschiefer vor, die aus einem feinschuppigen Aggregat 
von Kaliglimmer mit gleichviel Chlorit (ohne allen Quarz) be- 
steht: der Turmalin fehlt daselbst gänzlich. 

Der accessorische Chlorit zeigt sonst weiter keine be- 
sonderen Eigenthümlichkeiten; er ist ein primärer Gemengtheil 
der hellen Glimmerschiefer, tritt jedoch nicht überall in den- 
selben auf. 

Fast alle Granaten und namentlich die grösseren ent- 
halten hell gelbbraune, stark lichtbrechende Saulchen. Diesel- 
ben haben eine solche Aehnlichkeit mit den Zirkouen der 
fichtelgebirgischen Eklogite, dass man auch diese Prismen mit 
allergrösster Wahrscheinlichkeit dem Zirkon zurechnen kann, 
wie dies bereits von ZIRKEL geschehen ist.*) Namentlich ia 
den grössten Granaten sind die Zirkone in grosser Menge vor- 
handen und in Streifen angeordnet, die theils den Conturen 
ihres Wirthes folgen, theils auch sehr sonderbare Wendungen 
machen. Wo nur wenige und zwar nicht sehr kleine Zirkone 
vorbanden sind, liegen sie oft in einem Kreise angeordnet 
mitten zwischen dem Centram und der Peripherie der Gra- 
naten. In dem Gesteinsgewebe der hellen Glimmerschiefer 
habe ich Zirkone nur selten gefunden; andererseits enthalten 
auch die Granaten oft keine Zirkone. 

Ein letzter accessorischer Gemengtheil sind Kornchen, 
deren Deutung als Staurolith auch als höchst wahrschein- 
lich bezeichnet werden kann. Sie sind fast immer ohne Be- 
grenzung durch Krystalllächen und meist sehr platt, so dass 
nur einzelne Körnchen von zwei Schliffflachen getroffen werden. 
Diese lassen erkennen, dass das Mineral stark lichtbrechend 
ist, während die stets vorhandene hell gelbliche Färbung meist 
nur bei Betrachtung im auffallenden Lichte wahrgenommen 
werden kann. Dichroismus dagegen gelang es mir nicht zu 
beobachten, sind doch auch die Körnchen im durchfallenden 
Lichte fast farblos. Die feinen scharfen Linien, die mit ge- 


*) Brief im N. Jahrb. für Min. 1875. pag. 629. 








693 


krummtem Verlaufe auf fast allen Körnchen wahrzunehmen 
sind, deuten eine gute Spaltbarkeit des Minerals parallel den 
grössten Flachen der Körnchen an. Da nun noch in den we- 
nigen für die Beobachtung geeigneten Fällen die optische Bi- 
sectrix mit einer anderen, seltener auftretenden Spaltungs- 
richtung und einer ihr parallelen krystallographischen Kante 
zusammenzufallen scheint, so halte ich diese Körnchen für 
Staurolithe, die mit dem brachydiagonalen Hauptschnitt parallel 
den Schieferungsflächen des Glimmerschiefers liegen. Diese 
Deutung wird noch unterstützt durch den Umstand, dass diese 
Köruchen sehr oft mit Quarz oder anderen Mineralien durch- 
wachsen sind. Im Allgemeinen ähneln sie auch sonst den 
anderswoher bekannten Staurolithen. Nur Zwillinge gelang 
es nicht nachzuweisen, was bei den rechtwinklig miteinander 
verwachsenen mikroskopischen Individuen allerdings besonders 
schwierig ist. 

Ganz sicher ist diese Deutung allerdings nicht, namentlich 
weil auch makroskopische Staurolithe aus dem erzgebirgischen 
Glimmerschiefer bis jetzt nicht bekannt sind. Doch lässt sich 
andererseits auch kein begründeter Einwand gegen die Deutung 
als Staurolith auffinden. 

Das Mikroskop weist den Magnesiaglimmer auch in 
den hellen Glimmerschiefern in vereinzelten Blättchen nach, 
obne dass dieselben quer gegen die Schieferung stehen, und 
ohne dass die untersuchten Proben aus der Nahe der dunklen 
Glimmerschiefer stammen. 

Die Orthoklase der Gneissglimmerschiefer sind voll- 
kommen wasserklar und meist nur erst wenig von Umwand- 
langserscheinungen heimgesucht, die von aussen ber und von 
Spalten den Feldspath angreifen. Fast alle Orthoklase sind 
einfache Krystalle, doch kommen auch Karlsbader Zwillinge 
vor; sie beherbergen stets Mikrolithe von Eisenglanz, Turmalin, 
Kaliglimmer, Zirkon und Staurolith; sehr selten sind dagegen 
Apatitnadeln, ein Mineral, das überhaupt in den hellen 
Glimmerschiefern nur sehr spärlich, man möchte sagen, nur 
ausnahmsweise einmal vorkommt. Die Orthoklase sind von 
Schnüren von winzigen Flüssigkeitseinschlüssen durch- 
zogen, die meist genau bis an die Grenzen der Krystalldurch- 
schnitte gehen. Dabei sind iu je einem Krystall diese Schnure 
einander annähernd parallel; in verschiedenen Krystallen da- 
gegen verlaufen die Schnüre in verschiedenen Richtungen. 
Plagioklase scheinen in den hellen Giimmerschiefern nie 
aufzutreten. 

Die Quarze enthalten auch Flüssigkeitseinschlüsse, 
manche von denselben führen eine langsam bewegliche Libelle, 
Einschlüsse liquider Kohlensäure wurden nicht beobachtet. 


# 


694 


Auch in den Quarzen sind die Flussigkeitseinachlusse oft sehr 
winzig, in Schnüren angeordnet, die, was sehr bemer- 
kenswerth ist, meist durch mehrere krystallographisch ver- 
schieden orientirte Quarzkörner ohne irgend eine Aenderung 
ihrer Richtung oder ihrer Stärke fortsetzen. 


Eine chemische Analyse des Gneissglimmerschiefers 
aus dem Bruche an dem Wege von Gornau nach Weissbach, 
die mein Freund, Herr Dr. G. AırLanp, Chemiker in Stol- 
berg bei Aachen, auszuführen die Güte hatte, ergab folgen- 
des Resultat: 


Glühverlust . . 2,44 


SiO, ..... 70,10 
AO: Swe es 7,72 
Fe, O, 5,99 
FeO ..... 3,05 
Mn 000% Spur 
Pb aus Spur 
CaO ..... 0,62 
MgO ..... 1,25 
K, O 
ae | 9,08 
RO. 22 — 
99,85 


Die Analyse stimmt sebr wohl mit der miueralogischen 
Constitution des Gesteins uberein, wie sie durch das Mikro- 
skop dargelegt wird. Den Glühverlust und den Gehalt an 
Magnesia liefert der ziemlich reichlich vorbandene Chlorit, das 
Eisenoxyd der Eisenglanz, während in die Alkalien und den 
Thonerdegehalt sich Orthoklas und Kaliglimmer theilen. Mit 
dem äusserst spärlich vorhandenen Apatit steht die Nichtnach- 
weisbarkeit der Phosphorsäure in Verbindung. Auffällig, aber 
auch interessant ist der Gehalt an Blei. Baryum, auf das auch 
gepruft wurde, war selbst spectralanalytisch nicht nachzu- 
weisen. Die Titansäuremenge betrug höchstens 0,2 pCt., was 
darauf bindeutet, dass das opake Erz auch nicht einmal zum 
Theil dem Titaneisen. angehört. 





695 


Während der dunkle Glimmerschiefer von den Atmospha- 
rilien stark angegriffen wird, ist der helle Glimmer- 
schiefer eines der unzerstörbarsten Gesteine des 
Erzgebirges. Vermöge seines meist hohen Quarzgebaltes, 
seiner grobkörnigen Textur und der Unzersetzbarkeit des Kali- 
glimmers trotzt er den Angriffen der Atmospbärilien bei wei- 
tem mehr als der dunkle Glimmerschiefer: während dieser 
nirgends auf dem schwachwelligen Plateau aus der Ackererde 
hervorragende nackte Feisen bildet, findet man derartige Riffe 
von bellem Glimmerschiefer gar baufig; ihre Langsausdehnung 
fällt in vielen Fällen mit der Streichungsrichtung des Schiefers 
zusammen. IMDiese grosse Widerstandsfähigkeit ist eine Haupt- 
ursache für den merkwürdigen Verlauf der Grenzlinie zwischen 
Gneiss und Glimmerschiefer, wie sie vom Adlerstein bis 
Scharfenstein uns auf der Naumann’ schen Karte entgegentritt. 
NAUMARN hebt schon hervor, dass die Gipfel des Adlersteins, 
des Hahns, sich über das südlich davorliegende Gneissgebiet 
erheben, aber auch aus schwer zerstörbarem Gestein bestehen. 

Wie schon oben erwähnt wurde, sind die Schieferangs- 
und Schichtungeflachen der hellen Glimmerschiefer meist nicht 
eben, sondern gekrummt, flach wellig. Die flachwellige Structur 
entwickelt sich aber auch bisweilen zu einer weitgehenden Fa) - 
telung, die ich jedoch als eine primäre Structurform, nicht 
als eine Stauchung der Schichten in Folge von Dislocationen 
zu betrachten mich genöthigt sebe. In demselben Sinne erklärt 
GouseL „die Faltelung als Folge des Festwerdens des Bil- 
dungsmaterials.‘**) Südlich von Waldkirchen wurde die am 
weitesten gehende Fältelung beobachtet; sie ist eine dreifache. 

Das erste Stadium stellt sich dar als eine feine Rif- 
felung der Glimmerblattchen, wie sie so häufig bei vielen 
Phylliten ausgezeichnet entwickelt ist: die Hohe der Falten 
beträgt etwa nur einen Millimeter als Maximum, dabei sind 
die Falten dicht nebeneinander und steil. Die nächste Fal- 
tung liefert kleine Wellen von ca. 15 Mm, Lange auf 3-5 Mm. 
Hohe; an derselben nimmt schon das ganze (Gestein, das 
Aggregat von Glimmer und Quarz, Theil. Die dritte Stufe 
der Fältelung erzeugt Wellen, die nach mehreren Decimetern 
in Höhe und Länge messen. Endlich ist bisweilen noch eine 
vierte Faltung vorhanden, jedoch nur beim Anblick einer ent- 
blössten Felswand aus einiger Entfernung wahrzunehmen, 
überdies am schwächsten ausgebildet. 

Far die Ursprünglichkeit der Faltelung, d.h. 
fur die Ansicht, dass die Factoren zur Bildung der Falten 
schon vorhanden waren, als der Glimmerschiefer die Zusammen- 


*) Güuss:, Ostbayerisches Grenzgebirge pag. 819. 


nO Ce ee GENE EEE 





696 


setzung und den Habitus erhielt, welche er uns jetzt darbietet, 
sprechen mehrere Umstände. Erstens stehen gerade hier bei 
Waldkirchen die Falten senkreeht gegen die Schichtung des 
Glimmerschiefers, d.h. wenn man sich die drei Faltensysteme 
gestreckt denkt, so würde dadurch die betreffende Schicht 
nicht länger, sondern mächtiger werden. Zweitens ist die Fal- 
telung eine ganz locale Erscheinung, die sich nach keiner Rich- 
tung weit verfolgen lasst. Schliesslich hätte selbst die grosse 
Faltung, welche der Architektonik des Zschopauer Gebiets zu 
Grunde liegt, nur eine viel geringere Stauchung resp. Verkar- 
zung zu Wege bringen können, als die Ausebenung der Falten- 
systeme hier und anderwarta erzielen würde. 

Es fehlen somit gerade hier bei Waldkirchen alle Factoren, 
deren Zusammentreffen fur die Erklärung der Faltelung als 
secundare Stauchung in Folge von Dislocationen erforderlich 
ware. Auch beim dunklen Glimmerschiefer werden wir Ver- 
haltnisse kennen lernen, die gleichfalls darauf hindeuten, dass 
die Faltung mit der Bildung der Glimmerschiefer überhaupt 
zusammeuhangt. 


2. Der dunkle Glimmerschiefer. 


Der dunkle Glimmerschiefer zeichnet sich vor den 
hellen dadurch aus, dass er beide Glimmer enthalt, sowohl 
dunklen Magnesia- als auch hellen Kaliglimmer. Im 
Grossen und Ganzen scheint der Magnesiaglimmer vor dem 
Kaliglimmer vorzuwalten; doch sind Schiefer, die nur dunklen 
Glimmer führen, höchst selten und dann ganz locale Vor- 
kommnisse. Allein der helle Kaliglimmer, der ja auch das 
eigentliche charakteristische Mineral der Glimmerschieferforma- 
tion des Erzgebirges ist, gewinnt doch bisweilen das Ueber- 
gewicht über den Magnesiaglimmer, namentlich in der Nach- 
barschaft der hellen Glimmerschiefer. Ausser den Glimmern 
wird aber der Habitus des dunklen Glimmerschiefers noch 
hauptsächlich bedingt durch seine Textur. Um überhaupt 
erst nur von der typischen Varietät zu sprechen, 80 ist diese 
ein feinschieferiges Gestein von feinem Korn mit möglichst 
ebenen Schichtungsflachen. Die Blättchen des Glimmers er- 
reichen nur etwa eine Grösse von höchstens 1 Qu.-Mm. Der 
Quarz ist ebenfalls in sehr kleinen Individuen ausgebildet; 
daher findet man nicht, dass sich die Glimmerlamellen und 
Membranen um einzelne Quarzkerne winden, wie dies bei den 
hellen Glimmerschiefern der Fall ist. Bei den dunklen Glim- 
merschiefern durchbrechen vielmehr die Quarzkörnchen die 
Blättchen von Glimmer, namentlich die des Magnesiaglimmer. 
Das Mikroskop zeigt, dass die weissen Glimmerblättchen, wenn 





697 


man sich so ausdrucken darf, eine grössere Krystallisations- 
kraft in den Gradendflachen offenbaren, als die Magnesia- 
glimmer. Letztere sind fast stets und namentlich in den pe- 
ripberischen Theilen von Quarzen durchwachsen, so dass die 
Blattchen sich am Rande gleichsam in die übrige Schiefermasse 
verlieren oder auflösen. Die Kaliglimmerblättchen dagegen 
treten namentlich gerade in dem dunklen Glimmerschiefer mit 
grosser Constanz in einzelnen uuversehrten Individuen z wi- 
schen den Quarzkörnern auf, derart, dass weder die Quarze 
noch der Glimmer mit eigener Krystallform ausgebildet sind. 
In Quarz eingewachsene Glimmerblattchen, sowohl von hellem 
als dunklem Glimmer, kommen wohl vor, sind aber sehr selten; 
ganz vereinzelt und nach vielem Suchen findet man wohl auch 
Blattchen, die mit einem Ende in einem, mit dem anderen in 
einem zweiten Quarzkorn eingebettet liegen. Es giebt sich 
bierin ein grosser Gegensatz zu dem Verhalten der Hornblende 
zu erkennen, die mit grosser Vorliebe gerade mitten in Quar- 
zen vorkommt (in Schiefern aus anderen Gegenden des Erz- 
gebirges, Schwarzenberg etc.). Die Magnesiaglimmerblattchen, 
die auch in dem dunklen Glimmerschiefer oft genug quer ge- 
gen die Schieferung stehen, ohne dass dieselben im Hand- 
stück auffällig hervortreten, sind in den einzelnen Handstücken 
meist von verschiedener Grösse, von kleinen Mikrolithen an bis 
zu Blättchen von 1 Qu.-Mm. Flache. Bisweilen kommen jedoch 
auch Schiefer vor, die durchweg auffällig gleich grosse Magne- 
siaglimmer enthalten. 

Mit dem Zunehmen des Gehalts an Kaliglimmer 
verliert sich die ebenflächige Structur; die Blättchen werden 
zugleich grösser, und während die Kaliglimmer krummflachiger 
werden, sammeln sich bisweilen die Magnesiaglimmer zu ein- _ 
zelnen Flecken an. Ausser den schon erwähnten Gesteinen 
mit querstehenden Magnesiaglimmern, die in petrographischer 
wie in geologischer Beziehung bald zu den hellen, bald zu den 
dunklen Glimmerschiefern zu rechnen sind, habe ich nament- 
lich noch zwei gefleckte Varietäten gefunden. In der 
einen treten viele kleine Blättchen von Magnesiaglimmer zu 
Flatschen zusammen, die ihrer Langsausdehnung nach einander 
parallel angeordnet sind und dadarch dem Gestein auf den 
Schichtungsflächen und im Querbruch ein geflecktes Aussehen 
verleihen. Solche fand ich am rothen Vorwerk und gegenüber 
dem Badeplatz in der Nabe von Zschopau. In der anderen 
Abänderung treten 6—7 Mm. im Durchmesser haltende, fast 
kreisrande und dabei ziemlich dicke, aber von Quarzkörnchen 
vielfach durchbrochene Magnesiaglimmer auf; sie liegen alle 
in der Schieferungsebene und geben den Platten des Gesteins 
ein böchst auffälliges uud dabei recht hubsches Aussehen. Es 





698 


ist dies Gestein ein Analogon der Fleckschiefer, die als Glied 
der Phyllitformation im Schiefermantel der sächsischen Gra- 
nulitformation auftreten. Leider habe ich diesen gefleckten 
Schiefer nur in einem grösseren Lesestuck gefunden, ausser- 
dem liegen in Zschopau einige Trottoirplatten von dieser 
Varietat. 

Wie der Gehalt an Biotit, so schwankt auch die Menge 
des Quarzes; es ist hierbei zu beachten, dass mit der Za- 
nabme desselben der Kaliglimmer spärlicher wird, so lange 
das Gestein dabei noch Glimmerschiefer bleibt. Kommt es 
dagegen zur Eutwickelung eines Quarzlagers im dunklen Glim- 
merschiefer, so ist der Quarzit stets von einer wenn auch nur 
wenig mächtigen Schicht von Quarzitschiefer begleitet, dem 
der Magnesiaglimmer gänzlich fehlt. 

Accessorische Gemengtheile sind in dem dunklen 
Glimmerschiefer fast nur mit dem Mikroskop wahrzunehmen; 
mit Ausnahme des Feldspathes, der dem dunklen Glimmer- 
schiefer kaum je gänzlich fehlt, aber meist in so geringer und 
schwankender Menge vorhanden ist, und dessen feine Korn- 
chen so vertheilt sind, dass man den Feldspathgebalt, nachdem 
man einmal darauf aufmerksam geworden, mit blossem Auge 
nur an dem eigentbumlichen Aeusseren des verwitterten Ge- 
steins erkennt. Dagegen tritt doch der Feldspath, zum Theil 
Orthoklas, seltener Plagioklas, in gewissen Schichten ganz 
constant in grösseren makroskopischen Körnern auf, die meist 
sehr unregelmässig vertheilt, gerade so porphyrisch hervor- 
treten, wie die Orthoklase im hellen Gneissglimmerschiefer. 
Auch in diesem Schiefer, einem dunklen Gneissglimmer- 
schiefer, treten die Feldspäthe im ganz frischen Gestein 
weniger gut hervor, abgesehen von den nicht gerade seltenen 
‘kirschengrossen Feldspäthen, die augenartig in dem Schiefer 
stecken. Die Glimmer sind dabei meist in etwas grösseren 
Blättchen ausgebildet, die Structur nicht so eben schiefrig, wie 
bei dem dunkeln Glimmerschiefer. Mehr Aehnlichkeit als mit 
diesem Gestein hat der dunkle Gneissglimmerschiefer mit dem 
hellen Gneissglimmerschiefer, von dem er sich nur durch den 
beträchtlichen Gehalt an Magnesiaglimmer und den Mangel an 
Cblorit unterscheidet; ebenso fehlt ibm in dem hier zu be- 
schreibenden Gebiete accessorischer Granat. 

Granaten sind überhaupt in den dunklen Glimmer- 
schiefern nur ausnahmsweise mit blossem Auge zu beobachten 
und zwar meist in der Nachbarschaft heller, Granaten-fuhreo- 
der Glimmerschiefer. Mit dem Mikroskop findet man die 
Granaten auch nicht haufig; sie erscheinen in rundlichen Kora- 
chen von etwa 0,2—0,5 Mm. Durchmesser. 





699 


In Folge der feinkornigen Zusammensetzung des dunklen 
Glimmerschiefers und seiner ebenflachigeo Schieferung werden 
durch eine Zerkluftung desselben scharfkantige Bruchstücke 
und Felsen erzeugt, die austehendes Gestein schon von weitem 
als dem dunklen, Glimmerschiefer zugehörig erkennen lassen, 
im Gegensatz zu den hellen Glimmerschiefern, bei denen eine 
Zerklüftung nicht deutlich in’s Auge fällt und deren Bruchstücke 
auf Feldern u. s. w. eine ausgeprägte Schollenform haben. 

In dem dunklen Glimmerschiefer kommen mehrere Mo- 
mente zusammen, welche seiner Verwitterung Vorschub 
leisten. Sokommt es, dass die Terrains, wo derselbe zu Tage 
tritt, einerseits oft mit ziemlich mächtigem Verwitterungslehm 
bedeckt sind, wie namentlich die fruchtbaren Hugel westlich 
von Zschopau nach Gornau zu; andererseits sind aber diese 
Gegenden stets niedriger, als die angrenzenden, aus hellem 
Glimmerschiefer bestehenden Berge. Dieser verschiedenen 
Zersetzbarkeit der beiden Glimmerschiefer verdankt der Zscho- 
pauer Gebirgskessel seine Entstehung, ein Verhaltniss, auf 
welches später genauer eingegangen werden wird. 

Die Verwitterung des dunklen Glimmerschiefers wird vor 
Allem durch den Feldspathgehalt befördert. Durch Zer- 
setzung dieses äusserst fein vertheilten Gemengtheils wird als- 
bald der Zusammenhang des Gesteins gelockert und den circu- 
lirenden Wassern Gelegenheit geboten, auch zwischen die klei- 
nen Quarzkörner einzudringen und daselbst Eisenoxydhydrate 
und dergleichen Substanzen abzusetzen. Dies geschieht um 
so leichter, als, wie oben erwähnt, diese dunklen Schiefer nicht 
so verwobene und um Quarze sich windende Glimmermem- 
branen besitzen, wie die sehr schwer zerstorbaren hellen Glim- 
merschiefer. Ferner ist aber auch der Magnesiaglimmer 
kein schwer angreifbares Mineral. Während die braunen 
Magnesiaglimmerblattchen in Eruptivgesteinen sehr oft noch 
ganz klar und unversehrt sind, auch wenn die feldspäthigen 
Gemengtheile und eine feinkörnige Grundmasse zu einem un- 
erklarbaren Haufwerk von Neubildangsproducten zersetzt sind, 
beginnt in den Magnesiaglimmer - führenden Gesteinen der 
archaischen Formation des Erzgebirges, im grauen Gneiss ganz 
ebenso, wie im dunkeln Glimmerschiefer, die Zersetzung gerade 
mit den Magnesiaglimmerblättchen. Man sieht, wie von Spal- 
ten und Querklüften aus die braunen coder braunschwarzen 
Blattchen ibre Farbe in eine licht graugrüne verändern; diese 
Entfärbung schreitet immer weiter vor nach dem Centrum 
der von Spalten umgebenen Partieen, bis zuletzt das ganze 
Gestein gebleicht ist: in diesem Zustande ist es natürlich 
an Lesestacken sehr schwierig, den entfärbten Magnesiaglim- 
mer von dem schon ursprünglich lichten Kaliglimmer zu 





700 


unterscheiden und nur durch Bekanntschaft mit den Bleichungs- 
erscheinungen gelangt man nach einiger Uebung zur Sicherbeit 
in der Entscheidung, ob ein dunkler, oder nur ein einmal klein- 
blattriger heller Glimmerschiefer vorliegt. 

Diese Bleichungserscheinungen finden sich abri- 
geus bei allen Erzgängen des Freiberger normalen grauen 
Gneisses ; SCHEERER erwähnt diese Bleichung und macht darauf 
aufmerksam, dass dieser so umgewandelte Glimmer mehr oder 
weniger fetiglänzend und talkähnlich ist.*) Eire ähnliche 
Bleichung scheint bei dem Magnesiaglimmer des bunten Gneis- 
ses im bayerischen Walde vorzukommen. GOMBEL sagt: „Die 
feinvertbeilten Glimmerschüppchen besteben zum Theil aus gru- 
nen, zum Theil aus braungefärbten Arten, von welchen die grün- 
gefärbte immer mehr oder weniger durch Zersetzung angegriffen 
erscheint und ein mattes Aussehen wahrnebmen lässt.‘‘ **) 


— 


Die mikroskopische Untersuchung ergiebt auch 
bei den dunklen Glimmerschiefern sehr beachtenswerthe Re- 
sultate, sie gewährt Aufschlusse sowohl uber einzelne weseut- 
licbe wie accessorische Gemengtheile und lässt manche Ver- 
hältoiese erkennen, die anf die Entstebung dieser Schiefer 
Licht zu werfen im Stande sind. 

In Scbliffen, die parallel der Schieferang angefertigt sind, 
findet man dennoch kaum Biotitblättchen, die zwischen ge- 
kreuzten Nicols dunkel sind oder es bei einer Drehung des 
Präparates bleiben. Da nun schon SCHEERER für den Mag- 
nesiaglimmer des Erzgebirges, speriell des grauen Gneisses, 
optische Zweiaxigkeit angiebt***), man andererseits aber 
nie sicher sein kann, dass die Blattchen in den Präparaten 
wirklich genau horizontal liegen, so habe ich von einem der 
oben erwähnten gefleckten Schiefer Spaltungsstuckchen des 
Magnesiaglimmers zu erlangen gesucht und dieselben zwischen 
Deckglas und Objecttrager in eine möglichst horizontale Lage 
gepresst. Diese nur sehr kleinen Blattchen lassen eine sehr 
schwache Absorption erkennen und stören die Interferenzfigur 
des Stauromikroskops. Da aber die von einem Handstuck 
stammenden einzelnen Blättchen eine sehr verschieden starke 
Reaction zwischen gekreuzten Nicols zeigen, so reichen diese 


*) Scheraen: Die Gneisse des sächsischen Erzgebirges, Zeitschr. d. 
d. geol. Ges. Bd. XIV. 1862. pag. 87. 


**) Ostbayerisches Grenzgebirge pag. 215., cfr. auch pag. 239. 
***) Scazener: Die Gneisse 1. c. pag. 57. 





701 


Versuche wohl noch immer nicht aus, um die optische Zwei- 
axigkeit zu constatiren. Es kann diese Frage erst entschieden 
werden, wenn aus Glimmerausscheidungen besseres Material 
zur Verfügung stehen wird. 

Sehr interessant sind die Neubildungen, die mit der 
Bleichung des Magnesiaglimmers Hand in Hand gehen. Beim 
ersten Beginn der Bleichung nämlich erscheinen im Glimmer 
lange starre Nadeln, alle parallel den Geradendflächen ein- 
gelagert. Es sind meistens einige, 3—10 und mehr, Individuen 
aggregirt, die von einem Punkte wie ein Buschel Borsten aus 
einander strahlen und in feine Spitzen auslaufen. Derartige 
Büschel liegen oft in grosser Menge in einem Glimmerblatt 
und kreuzen sich unter den verschiedensten Winkeln, nicht 
etwa unter Winkeln von 60 Grad, wie primäre Mikrolithen im 
Magnesiaglimmer es wohl beständig thun, z. B. nach ZiRKEL 
im Kersanton.*) Den allgemeinen Habitus dieser secundären 
Nadeln und ihre Aggregationsverbaltnisse versucht Fig.5 Taf. X. : 
wiederzugeben. Sie besitzen ein starkes Lichtbrechungsver- 
mögen und eine deutlich wahrnehmbare bräunlich-geibe Farbe. 
Ihre absolute Grösse beträgt im Durchschnitt 0,001 Mm. Dicke 
bei 0,05 — 0,1 Mm. Lange. Wo mikroskopische Spältchen, 
von secundaren Substanzen ausgefüllt, die Präparate von fri- 
schem Gestein durchsetzen, da nimmt man auf das Entschie- 
denste wahr, dass diese Mikrolithen eine Folge der beginnen- 
den Zersetzung sind. Sie finden sich dann nur in den der 
Spalte zunächst gelegenen Glimmerblattchen, meistens in ganz 
entfärbten, doch auch schon in solchen Magnesiaglimmern, die 
noch braune »- Flecke entbalten. Dagegen will es scheinen, 
dass bei fortschreitender Einwirkung der Atmosphärilien diese 
starren Borsten wieder verschwinden; wenigstens sind sie in 
gänzlich gebleichten und sich talkig anfuhlenden Schiefern sel- 
tener, als in noch halbwegs braunen Glimmer führenden. Da- 
gegen treten bei fortschreitender Zersetzung wieder andere 
Neubildungsproducte auf. Es sind dies kleine, auch stark 
lichtbrechende und gelblich gefärbte Schüppchen mit un- 
regelmässigen oder oft auch rhombischen Conturen. Zwei 
Kanten bilden Winkel von 35, 46, 53, 55 oder 80 Grad; die 
optische Bisectrix, deren Lage nicht selten leicht zu bestim- 
men ist, verläuft stets einer dieser Kanten auscheinend parallel. 
Während für die mineralogische Bestimmung der Nadeln gar 
keine Anhaltspunkte vorbanden sind, könnte man diese Schupp- 
chen vielleicht dem Epidot zurechnen; sie erreichen jedoch 
nie eine solche Grösse, dass man sie mit Bestimmtheit als 


*) F. Zırxer: Die Zusammensetzung des Kersantons, Berichte der 
kgl. sichs. Ges. d. Wissensch. 1875. pag. 202. 


102 


dem so wohl charakterisirten Epidot zugehörig bezeichnen 
könnte. 

Die Blattchen des braunen Magnesiaglimmers werden 
meist lamellenweise von der Bleichung heimgesucht; im 
Querschnitt sieht man noch ganz frische braune Lagen mit ge- 
bleichten wechseln. Diese letzteren sind schwach granlich 
gefärbt und ziemlich stark dichroitisch. Sie zeigen nie Aggre- 
gat-Polarisation, sind vielmehr einzelne Individuen, ebenso die 
ganz gebleichten Blättchen. Liegen letztere horizontal oder nur 
annähernd horizontal, so werden sie zwischen gekreuzten Ni- 
cols ganz dunkel und bleiben es auch bei der Drehung des 
Präparates. Dieser Umstand macht es auch möglich, die Lage 
der optischen Bisectrix der neugebildeten Epidot- (?) Schüpp- 
chen zu bestimmen. Dem Talk gehören diese gebleichten 
Blattchen nicht an, dazu besitzen sie im Querschnitt zu gerin- 
ges Lichtbrechungsvermögen; ob man sie andererseits dem 
Chlorit zurechnen darf, lasst sich nicht genauer bestimmen. 

Die Menge des Eisenglanzes, der auch in den dun- 
klen Glimmerschiefern auftritt, ist sehr verschieden in den 
einzelnen Präparaten, aber immer viel geringer als in den 
hellen Glimmerschiefern. Der Eisenglanz ist stets opak, in 
rundlichen Körnern ausgebildet und erscheint selten zu kleinen 
Haufwerken aggregirt. 

Der Apatit ist in den dunklen Glimmerschiefern viel 
häufiger vorhanden, als in den hellen. Er tritt nie in der Form 
langer Nadeln auf, wie dies so oft in den Quarzen der Gra- 
nite u. 8. w. der Fall ist, sondern ist stets in ziemlich grossen 
rundlichen Körnern ausgebildet, die sich immer einzeln ein- 
stellen. Die Bestimmung dieser Körner als Apatit war daher 
ziemlich schwierig; er ist nur an dem schwächeren Licht- 
brechungsvermogen uud der eigenthumlichen Grelligkeit, mit 
der er sich von den benachbarten Quarzen abhebt, wieder zu 
erkennen; überdies wies die Analyse Spuren von Phosphor- 
saure nach. Die Apatite sind oft verunreinigt durch Partikeln 
von Erz, Glimmer, Quarz etc. 

Auch in diesen dunklen Glimmerschiefern finden sich, 
wenn auch spärlicher, die flachen Körnchen, die ich dem 
Staurolith zurechne. Bei der Zersetzung werden diese 
Staurolitbe trab und mehlig. Es will scheinen, ale wenn die 
Menge der Körnchen mit dem Kaliglimmer zunimmt; also das- 
selbe Abhängigkeitsverhaltniss, wie ich es für den Turmalin 
nachzuweisen im Stande war. 

Noch zwei mikroskopische Beobachtungen nehmen ein 
besonderes Interesse für sich in Anspruch; es sind dies die 
Flüssigkeitseinschlüsse und ihre Anordnung und ein Gehalt an 
Graphit oder kohliger Substanz. 


703 


Bei dem ersten Anblick und der oberflachlichsten Ver- 
gleichung der hellen und dunklen Glimmerschiefer fallt es auf, 
dass in letzteren die Flussigkeitseinschlusse nie in 
solchen weit fortgesetzten Reihen und Schnüren 
angeordnet sind, wie in den hellen Glimmerschie- 
fern: in den dunklen Glimmerschiefern sind sowohl in den 
spärlicheren Feldspathen wie auch in allen Quarzen die Flus- 
sigkeitseinschlüsse stets regellos verbreitet. Darf man wohl 
diese so auffallige Erscheinung in dieselbe Kategorie stellen 
mit dem oben erwähnten Verhalten der Glimmer, die in den 
bellen Glimmerschiefern zu Membranen verfilzt sind und sich 
um Quarze schlingen, während in den dunklen Glimmerschie- 
fern die Blattchen von Quarzen durchbrochen und nicht mit 
einander 80 verfilzt sind? — Die Flüssigkeitseinschlusse sind 
meist sehr klein, doch kommen auch grossere vor; ein Ab- 
bangigkeitsverbhaltniss betreffs der Grosse habe ich nicht aufzu- 
finden vermocht. 

Untersucht man die Flussigkeitseinschlusse bei stärkerer 
Vergrösserung, so findet man oft stillstehende oder nur träge 
bewegliche Libellen. Aber plötzlich bringt eine kleine Ver- 
schiebang des Präparates oder ein Drehen der Stellschraube 
einen rundiichen Flussigkeitseinschluss in das Gesichtsfeld, 
dessen Libelle rastlos mit grosser Schnelligkeit ibren Ort ver- 
ändert. Eine schwache Erwärmung des Praparats durch einen 
unter die Oeffnung des Objecttisches gehaltenen gluhenden 
Spahn bewirkt, dass das Bläschen verschwindet. Nach kurzer 
Zeit der Abkühlung erscheint das Bläschen plötzlich wieder 
und wirbelt eilig in der Flussigkeit herum. Es unterliegt kei- 
nem Zweifel, dass dies Einschlusse flüssiger Kohlen- 
säure sind. Ich habe sie in drei Praparaten wahrgenommen, 
einem dunklen Gneissglimmerschiefer und zwei ganz gewöhn- 
lichen dunklen Glimmerschiefern. In dem grauen Gneise 
von Freiberg hat schon VogzLsang Einschlusse liquider Koblen- 
säure nachgewiesen. *) Diese Einschlusse treten in den unter- 
suchten Glimmerschiefern immer nur vereinzelt auf und zwar 
in Gesellschaft von Flussigkeitseinschlassen, deren Libelle 
auch bei starker Erwärmung nicht einmal sichtbar kleiner 
wird. In einem Falle wurden in demselben Quarzkorn be:- 
derlei Einschlusse dicht nebeneinander wahrgenommen. Ein- 
schlüsse dagegen, die eine wässerige Flüssigkeit und liquide 
Kohlensäure zugleich enthielten, konnten nicht aufgefunden 
werden. 

Besonders bemerkenswertb sind diese Einschlüsse von 
flüssiger Kohlensäure noch deshalb, weil die dunklen Glimmer- 


*) Pocc. Ann. Bd. 137. pag. 268. 


704 


schiefer auch Graphit accessorisch entbalten. Der Graphit 
ist unter dem Mikroskop bekanntlich sehr schlecht charakte- 
risirt. Ist er wie hier in kleinen Staubchen und Krümelchen 
vorhanden, so erkennt man ihn an dem Mangel allen Metall- 
glanzes, an nicht rundlichen, sondern, wie bei starker Ver- 
grösserung wahrzunehmen ist, hakigen, zerrissenen Contaren 
und namentlich an seiner eigenthümlichen Vertheiluug: der 
Graphit erscheint stets in Flocken, in kleinen Häufchen; die 
Staubchen drängen sich bald mehr zusammen, bald liegen sie 
verstreuter. Ich konnte so in vier Präparaten den Graphit 
auffinden; am schönsten ist er in dem Gneissglimmerschiefer 
vorhanden, der oben als Einschlusse von flussiger Kohlensäure 
führend erwähnt wurde. Das Gestein bildet eine kleine ganz 
untergeordnete Einlagerung im dunklen Glimmerschiefer an dem 
Wege von der Stadt Zschopau nach Schlösschen Porschendorf; 
es ist dem Bahnhof gerade gegenüber an einer Scheune gut 
aufgeschlossen. In diesem Gneissglimmerschiefer treten ein- 
zelne dunkelgefärbte, schon makroskopisch wahrnehmbare Feld- 
spathe auf, die sich im Dünnschliff durch ihre blaulich-graue 
Farbe auszeichnen und mit flockenweise vertheiltem Graphit- 
staub ganz erfüllt sind. In den anderen Vorkommnissen wurde 
der Graphit namentlich im Quarz gefunden, aber auch im 
Apatit. So treten in diesen Schiefern sehr auffällig Graphit, 
flüssige Kohlensäure und Apatit zusammen auf, 
drei Substanzen, die in den hellen Glimmerschiefern bis auf 
sehr spärliche Apatite nicht nachweisbar sind. 


Eine ebenfalls von Herrn Dr. AurLaxp ausgeführte Ana- 
lyse eines ganz frischen dunklen Glimmerschiefers von der 
Hohe zwischen dem Schiesshause bei Zschopau und dem Trusch- 
bach ergab folgende Zusammensetzung: 


Glühverlust. 0,41 
SiO, .... 73,40 
AlO, ... 2,24 
Fe,O, ... 5,13 
FeO .... 3,81 


Mn..... _— 

Pb ..... Spur 
CaO. . 2,26 
MgO . . 2,31 
K,O . 3,17 
Na, 0. 7,23 
P, O, . Spur 








705 


Die Menge der Titansäure betrug ungefähr 0,5 pCt. Ba- 
ryum war auch spectralanalytisch nicht nachzuweisen. Der 
grössere Gehalt dieses Gesteins an Kalkerde im Vergleich mit 
dem hellen Gneissglimmerschiefer wird durch den Gehalt an 
Plagioklas, Apatit und Magnesiaglimmer bedingt; die geringere 
Menge der Thonerde ist cine Folge des geringeren Gehalts an 
Orthoklas, und der niedrigere Glühverlust steht im Zusammen- 
bang mit der Abwegenheit jeglichen Chlorites. Auch bei die- 
sem Schiefer stimmt die chemische Analyse sehr wohl mit der 
mikroskopischen überein. 


Eine Erscheinung, die mit der Fältelung des hellen 
Glimmerschiefers nahe verwandt ist, zeigt übrigens auch der 
dunkle Glimmerschiefer. Bei der Betrachtung des Querbruches 
desselben, wie sie namentlich gut an natürlichen, ebenen Ab- 
sonderungsflächen anzustellen ist, die durch Sickerwasser be- 
reits etwas angegriffen sind, gewahrt man auch Windungen 
und Versehlingungen der Glimmerschiefermasse. 
Die beigegebene nach der Natur gezeichnete Fig. 4. Taf. X. 
mag das Verhältniss illustriren: die kurzen schwarzen Strichel- 
chen sollen die Blättchen von Magnesiaglimmer darstellen; 
diese sind auf solchen Absonderungsflächen durch schwache 
Risse angedeutet. Man erkennt nun vor Allem, dass die 
Magnesiaglimmerblättchen durchaus einander streng parallel 
angeordnet sind: es spalten diese Partieen des Schiefers auch 
sehr gut mit ebenen Flächen auseinander. Aber dennoch ist 
die Anordnung der Glimmerblattchen derart, dass man sie nicht 
als eine nur zufällige bezeichnen kann, d. bh. als eine, in der 
man keine Gesetzmässigkeit aufzufinden im Stande ist. Hier 
sieht man, abgesehen jetzt von der Stellung der Glimmer- 
blattchen, glimmerarme und glimmerreichere Massen, 
die streifenweise miteinander wechseln und sich hin und her 
winden, oder an manchen Stellen vor nicht derartig streifig 
struirten Massen plötzlich abschneiden, wie in der Mitte der 
Figur. Dabei ist wohl zu beachten, dass die Windungen so- 
wohl nach der einen Seite schräg durch die Schieferung des 
Gesteins hinabgehen, wie nach der entgegengesetzten. Man 
kann daher diese Anordnung der Glimmerblättchen nicht mit 
der Erscheinung der transversalen Schieferung in Verbindung 
bringen. Ebensowenig ist mechanische Zusammenstauchung 
nach Entstehung der Schiefer als Erklärung zulässig; es fehlen 
die dazu nöthigen geologischen Grundlagen und die Structur vieler 
Stellen erhebt dagegen Einspruch. Wie z. B. wollte man eine 
so energische Faltung einer nur wenige Meter langen Linse 


Zeits. d. D.geol. Ges. XXVIII. 4. 46 











706 


von dunklem Glimmerschiefer erklaren, wenn man dieselbe 
allseitig von dünnen Schichten hellen Glimmerschiefers um- 
geben sieht, die kaum eine Spur einer Faltung erkennen 
lassen. Ein derartiges Verhaltniss ist sehr schön aufge- 
schlossen an dem Eisenbahneinschnitt am Cotta-Denkmal zwi- 
schen Zschopau und der Haltestelle Wilischtbal. Es bleibt 
nichts Anderes übrig, als diese Windungen des 
dunklen Glimmerschiefers, gleichwie die Fältelung 
des hellen Glimmerschiefers, in die Zeit ihrer Ver- 
festigung oder des Absatzes ihres Materiales zu- 
rückzuverlegen, oder überhaupt in die Zeit, da 
diese Glimmerschiefer den Habitus annahmen, 
mit dem sie uns jetzt entgegentreten. 


3. Der rothe Gneias. 


Obwobl dieses Gestein schon oft beschrieben ist, so muss 
ich dennoch hier dasselbe nach allen seinen Eigenschaften 
beschreiben, einmal um zu zeigen, dass der rothe Gneise 
des Zschopauer Glimmerschiefergebietes, bis jetzt 
wie es scheint gänzlich unbekannt, wirklich identisch ist mit 
dem rotben Gneiss, welcher für ein eruptives Gestein gehalten 
wurde, dann aber um eine Vergleichung desselben mit dem 
hellen Gneissglimmerschiefer anstellen zu können. 

Der rothe Gneiss ist ein sachiefriges Gemenge von 
röthlichem Orthoklas, Quarz und Kaliglimmer; 
seine hauptsachlichsten charakteristischen Eigenschaften sind 
seine ebene Schichtung und die isolirte Lagerung 
seiner Glimmerschuppen. Handstücke von rothem Gneiss 
sind meist von zwei vollkommen planen und einander paral- 
lelen Spaltungsflachen begrenzt, und man findet auch bisweilen 
in Steinbruchen über Quadratmeter grosse Platten, die nicht 
die geringste Biegung wahrnebmen lassen. Doch sind dies 
Ausnahmeverhältnisse: im Allgemeinen wird man finden, dass 
an irgendwie grösseren Aufschlusspunkten ein Schwanken der 
Streichrichtung um 10— 20 Grad stattfindet. Auf diesen im 
kleinen aber stets ebenen Schichtungsflächen liegen die Blatt- 
chen von Kaliglimmer stets isolirt, nie miteinander verwachsen 
oder gar zu Membranen verfilst. 

Der Kaliglimmer des rotben Gneisses ist von licht 
grünlicher oder grünlich - bräunlicher Farbe, die doch stets eo 
intensiv ist, dass in Dunnschliffen ein sehr deutlicher Dichroi- 
smus wahrgenommen werden kann. Bei dem Kaliglimmer der 
hellen Glimmerschiefer habe ich in keinem Falle nur eine 
Spur von Dichroismus wahrgenommen, obwohl derselbe in 


107 


ganz frischem Zustande nicht so silberweiss ist, wie man ihn 
gewöhnlich zu seben bekommt, sondern etwas graulich. 

Auf der Weiss-Leithe am Wilischtbal tritt ganz ausnabms- 
weise eine sehr grobkörnige Varietät des rothen Gneisses auf. 
Die bis 4 Quadr.-Centim. grossen und mehrere Millimeter 
dicken Glimmer enthalten sehr dünne Blättchen von 
Eisenglanz. Letztere sind oft als Sechsecke mit ziemlich 
gleich langen oder einem Paar längerer Seiten ausgebildet, 
oder auch nor von rundlichen Conturen begrenzt. Manche von 
ihnen sind total opak, andere dagegen lassen in verschiedenem 
Grade graues Licht durch. In krystallinischen Schiefer- 
gesteinen haben dünne Eisenglanzblättchen stets eine Behr reine 
blutrothe Farbe und es dürfte dies der erste beobachtete Fall 
sein, dass Eisenglanzblättchen mit grauen Farbentönen durch- 
scheinend sind. Manche kleine Partieen der allerdünnsten 
Blattchen weisen eine matt bläuliche Farbe auf, die vielleicht 
bereits als eine Wirkung der Interferenz aufzufassen ist. Die 
graue Färbung könnte, weil sie so ganz ungewöhnlich ist, 
einen Zweifel aufkommen lassen, ob diese Blattchen auch wirk- 
lich Eisenglanz sind. Allein in der feinerkörnigen, gewöhn- 
lichen Art des rothen Gneisses stecken bisweilen in den Glim- 
mern ganz unzweifelhafte opake und im Ganzen rundliche 
Korner, die ganz ebenso wie in den hellen Glimmerschiefern 
entschieden Eisenglanz sind. Ferner kann man diese mit 
grauer Farbe pelluciden Blättchen durch Zersetzung in 
gelbe Eisenoxydhydratmassen übergehen sehen; die 
Form, der Raum, welchen die Eisenglanzblattchen einnahmen, 
ist dann noch immer in dem pelluciden Glimmer zu erkennen, 
während riogsherum sich das bydratisirte Eisenoxyd bisweilen 
in sehr zierlichen rechteckigen Blattchen oder vielleicht Saul- 
chen angesiedelt hat. Endlich sind diese Eisenglanzblättchen, 
die pelluciden sowohl wie die ganz schwarzen, von Spalten- 
systemen durchzogen, wie dies Fig. 6. Taf. X. zu veran- 
schaulichen sucht. Die farblosen Spältchen hängen überall 
untereinander zusammen und sind jedenfalls noch feiner, als 
die Zeichnung es wiederzugeben im Stande ist. Die drei sich 
unter 120 resp. 60 Grad schneidenden Spaltensysteme stehen 
je auf einer Seite des Hexagons senkrecht. Es liegen also 
Eisenglanzblättchen vor von der Form OR, 20 P2, zertheilt 
durch Spalten nach dem Rhomboéder. Ausser den sechssei- 
tigen und rundlichen Blattchen finden sich nun auch lange 
Nadeln von Eisenglanz, bald breitere, bald ganz schmale. Da 
nun auch manche von diesen, und zwar gerade die breiteren 
und dabei pelluciden durch Spalten rechtwinklig gegen die 
Längsausdehnung zertheilt sind, so haben auch diese Nadeln 


46” 








708 


die Form OR, co P2 mit übergrosser Ausdebnung eines 
Paares Säulenflächen. 

Ausser dem Eisenglanz, der keinem rothen Gueiss fehlt 
und durch dessen Zersetzung das Gestein oft stark geröthet 
wird, fanden sich in einem Präparate auch noch mehrere zu 
Brauneisenerz zersetzte Würfel, die wohl ursprünglich dem 
Eisenkies angehört haben, einem Mineral, das sonst in den 
hellen sowohl wie in den dunklen Glimmerschiefern nie beob- 
achtet wurde. 

Apatit tritt im rothen Gneiss in ganz ebensolchen Kor- 
nern auf, wie im dunklen Glimmerschiefer und auch hier in 
sehr unregelmässiger Verbreitung. Von den Feldspäthen 
erweist sich ein Theil als Plagioklas; auch dessen Menge 
unterliegt grossen Schwankungen, doch steht er immer hinter 
dem Ortboklas zurück. Turmalin wurde nur einmal in einem 
kleinen Lager bei Drehbach, westlich von Scharfenstein, be- 
obachtet und zwar in einzelnen makroskopischen Individuen; 
mit dem Mikroskop waren keine Turmaline nachweisbar. 
Granat dagegen und Staurolith wurden nirgends gefunden. 
Ebenso feblt Magnesiaglimmer dem rothen Gneiss 
des Zschopauer Glimmerschiefergebietes gänzlich. 
Der rotbe Gneiss demonstrirt sich dadurch als ein 
echtes Glied der Glimmerschieferformation; wo 
er wie bei Wiesenbad zwischen Magnesiaglimmer- 
haltenden Gneissen auftritt, da führt er auch 
Magnesiaglimmer, Man sieht übrigens auch hieraus, wie 
der dunkle Magnesiaglimmer fur das Gneissgebiet ebenso chara- 
kteristisch ist, wie der Kaliglimmer für die Glimmerschiefer- 
formation. 

Obwohl sich der rothe Gneiss durch einen gefärbten 
Kaliglimmer von den hellen Glimmerschiefern unterscheidet, 
so steht er doch in naber petrographischer Beziehung 
namentlich zu dem hellen Ga eissglimmerschiefer. 
Die Beziehung dieser beiden Gesteine ist eine gegenseitige. 
Wenn der rothe Gneiss einen grösseren Gehalt an Glimmer 
besitzt, als wie gewobnlich, so verliert er damit eine eben- 
flachige Stractur, und die Glimmer fangen an, za Membranen 
vereinigt, sich hin und her zu schmiegen. Man findet wohl 
an jedem Aufschlusspunkte Partieen, von denen ein Handstack 
nicht mit Sicherheit als dem rothen Gneiss zugehörig erkannt 
werden könnte, 

Andererseits nimmt nun auch der helle Gneissglimmer- 
schiefer die Structur des rothen Gneisses an; die Glimmer- 
blattchen werden seltener, der Feldspath tritt besser in das 
Gefüge ein nud die Schichtungsflachen werden vollkommen 
eben. Diese gegenseitige Annäherung zweier Schiefer, die im 





709 


Zschopauer Gebiet noch dazu oft miteinander wechsellagern, 
weist darauf hin, dass rother Gneiss und heller Gneissglimmer- 
schiefer zwar in ihrer typischen und herrschenden Ausbildung 
zwei verschiedene Species darstellen, aber doch geognostisch 
auf das Innigste zusammenhängen. Vergleicht man die oben 
mitgetheilte Analyse eines solchen Gneissglimmer- 
schiefers mit den Analysen von rothem Gneiss, 80 
wird man auch hierin die grosse Aehnlichkeit nicht verkennen. 
Dass Sonerren die Analysen des rothen Gneisses auf eine 
chemische Constitutionsformel berechnete, beruht wohl auf 
einem Ideengange, der mit unsern jetzigen Anschauungen un- 
vereinbar ist. SCHEERER wurde vielleicht durch die grosse 
Uebereinstimmung seiner Analysen auf solche Formeln geführt: 
allein die Uebereinstimmung seiner Analysen war nur eine 
Folge der Auswahl des Materials dazu. Wenn man einen be- 
stimmten Habitus als Typus des rothen Gneisses hinstellt, 
alle petrographischen Abänderungen einfach bei Seite schiebt 
und dann noch pfundweise Gestein für eine Analyse verar- 
beitet, so ist eine grosse Uebereinstimmung der Analysen 
weiter nicht auffällig. Wahlte man sich nicht in dieser Weise 
das Material aus, sondern nabme den Stoff zur Analyse irgend 
wo her, wo rother Gneiss ansteht, so würden wohl Analysen 
von Proben aus einem Aufschlusspunkte ein bedeutendes 
Schwanken z. B. des Kieselsäuregehalts ergeben. Wie GuMBEL 
far den bunten Gneiss des bayerischen Waldes ein bedeuten- 
des Schwanken in der chemischen Zusammensetzung consta- 
tirte, so lebrt schon der Anblick des rothen Gneisses im 
Felde, dass auch dieses Gestein nicht nach einer chemischen 
Constitutionsformel zusammengesetzt sein kann. 


Das Mikroskop hat bei so vielen Gesteinen Auf- 
schlüsse über genetische Verhältnisse zu Tage ge- 
fördert, dass man erwarten könnte, durch die Untersuchung 
auch des rothen Gneisses Thatsachen aufzufinden, die der An- 
nahme einer Eraptivitat desselben widersprechen. Leider ist 
dies nicht der Fall. Nur wenige Verhältnisse sind nicht ohne 
Wichtigkeit; sie weisen aber nor auf die Aehnlichkeit des 
rothen Gneisses mit anderen Gneissen und mit den hellen 
Glimmerschiefern des Zschopauer Gebietes hin. Ä 

Es giebt Gneisse, die sich von Graniten mikroskopisch 
fast gar nicht unterscheiden ; bei anderen Gneissen wird man 
dagegen bei einiger Uebung schon aus einem Dünnschliff mit 
Sicherheit erkennen können, ob ein Gneiss vorliegt oder nicht. 


aa aaa Un RP ca dr a be a AS CE EE NP a TI es Me, en, 


a we wai ow ee - r 


710 


Die Structurunterschiede, auf denen die Möglichkeit der 
Unterscheidung von Granit und Gneiss beruht, dürften unge- 
fabr folgende sein; sie sind gewiss leichter wahrzunehmen, als zu 
beschreiben. Während in Granilen doch immer einzelne Gemeng- 
theile, namentlich Feldspäthe von Krystalllächen begrenzt sind, 
ist dies in Gneissen, wie in den meisten krystallinischen Schie- 
fern fast nie der Fall; die Gemengtheile haben sich 
immer gegenseitig in ihrer Formausbildung ge- 
hindert. Während ferner Granite meistens ein sich stets 
gleichbleibendes Gemenge von „langweiliger Einförmigkeit‘‘ 
darstellen, ist dagegen bei vielen Gneissen eine ungleich- 
mässige Vertheilung von Quarz und Feldspath 
nicht zu verkennen. Bald berrscht Quarz, bald Feldspath vor, 
und die Neigung der Gneisse, wie aller anderen Urschiefer, 
Ausscheidungen von Quarz in Linsenform zu führen, 
findet sich oft schon in mikroskopischen Verhältnissen ausge- 
sprochen. Neben dieser ungleichmassigen Vertheilung der 
Gemengtheile ist bei vielen Gneissen eine aufällige Un- 
gleichmässigkeit in der Korngrösse vorhanden. Auch 
in den Graniten kommen neben grösseren Körnern von Quarz 
und Feldspath fast stets kleinere zu Haufwerken aggregirte 
vor; allein bei den Gneissen ist meist der Grossenunterschied 
ein bedeutenderer und die kleinen Körnchen, obne alle Krystall- 
form, sind so eng miteinander verwachsen, dass die Unter- 
scheidung von Quarz und Feldspath oft unmöglich ist. 

Das allerdings seltene Auftreten reichlicher Glimmer- 
mikrolithen, das Auftreten des Apatites in dicken, unform- 
lichen Körnern statt in langen, gegliederten Nadeln, der Reich- 
thum an Eisenglanz und das Vorhandensein sehr winziger 
Flussigkeitseinschlusse in grosser Menge sind schliesslich auch 
noch Punkte, welche bei der Entscheidung, ob ein Präparat 
dem Gneiss oder Granit angehört, in Erwägung zu ziehen sind. 

Nach allen diesen mikroskopischen Verhältnissen ist der 
rothe Gneiss des Zschopauer Gebietes ein echter Gneiss, 
nicht etwa ein schiefriger Granit. Dazu tritt noch, 
dass man oft die Feldspathe in Dünnschliffen in ganz ebenso 
„accessorischem‘‘ Verbande mit den übrigen Gemengtheilen 
auffindet, wie dies für den hellen Gneissglimmerschiefer als 
charakteristisch bezeichnet wurde. In petrographischen Ver- 
haltnissen liegt somit nicht die geringste Veranlassung, den 
rothen Gneiss fur ein Eruptivgeatein zu balten, vielmehr tritt 
seine Verwandtschaft mit dem hellen Gneissglimmerschiefer 
sehr deutlich hervor. Der Verfolg der vorliegenden Arbeit 
wird zeigen, dass auch keine geognostischen Momente vor- 
liegen, um derentwillen man für den rotben Gneiss des Zacho- 





721 


pauer Gebietes eine andere Art der Entstehung anzunehmen 
genothigt ware, als wie für die hellen oder dunklen Glimmer- 
schiefer. 


Der rothe Gneiss liefert in Folge seiner Structar scharf- 
eckige Bruchstucke, ahnlich wie der dunkle Glimmer- 
scbiefer. Durch den Einfluss der Atmospharilien wird 
der rothe Gneiss sehr leicht mürbe und erhält durch fein ver- 
theiltes Eisenoxydhydrat eine hochrothe oder bisweilen laven- 
delblane Färbung. Bei der Zersetzung der Orthoklase tritt, 
wie das so häufig geschieht, Kaliglimmer als Neubildungs- 
product in mikroskopischen Individuen auf; doch sind im frischen 
Gestein die gefärbten Kaliglimmer alle gleichaltrig mit den 
dann ganz wasserklaren Feldspathen. 

Schliesslich muss noch erwahnt werden, dass der rothe 
Gneiss im Contact mit dem Griesbacher Kalklager Kalkspath 
enthalt. Diese leichtbewegliche Substanz findet sich in diesem 
Vorkommnisse jedoch nicht auf Spältchen, nicht als Ausfullung 
von Hohlraumen, nicht als Pseudomorphose; er muss als mit 
dem Feldspath, Quarz und Glimmer zugleich entstandener, 
primärer Gemengtbeil aufgefasst werden (cfr. meine Arbeit: 
Rother Gneiss und Kalkstein im Wilischthal im Erzgebirge, 
Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. XXVIR 1875. pag. 623). 


4. Die Quarzlinsen. 


Als accessorische Bestandmassen treten im dunklen Glim- 
merschiefer sowohl, wie im hellen, und im rothen Gneies, in 
letzterem am spärlichsten, Partieen von Quarz auf. Die- 
selben haben meistens eine wenigstens annahernde Linsen- 
form, oder aber sie treten in weniger regelmässigen Knauern 
auf. Im dunklen Glimmerschiefer erreichen die Quarzlinsen 
oft einen Längendurchmesser von einem Meter und darüber. 
Bei solcher Grösse sind dann nur hin und wieder eine Linse vor- 
handen: dagegen treten kleinere Linsen von circa 10 Centim. 
Durchmesser meist in grösserer Anzahl auf, so dass hier durch 
die Anzahl ein Gleichgewicht geboten wird für die Grösse der 
Linsen im anderen Fall. Im bellen Glimmerschiefer erreichen 
die Quarzlinsen eine noch bedeutendere Grösse, während da- 
gegen eine Zerstackelung zu kleinen Linsen nicht beobachtet 
wurde; bei dem Reichthum dieser Schiefer an Quarz, der, wie 
angeführt, oft in kleinen Platten auftritt, fallen allerdings klei- 
nere accessorische Linsen von Quarz nicht besonders in die 
Augen. Im rothen Gneiss sind namentlich grosse Linsen von 
Quarz sehr selten, aber dennoch auch vorbanden. 








712 


Die Quarzmassen bestehen fast immer, und namentlich 
alle grossen, aus grobkornigem, fettglanzendem 
Quarz; dieses Verhalten ist sehr beachtenswerth, weil an- 
dererseits alle secundaren Quarzausscheidungen, alle Gänge 
von Quarz aus fein- oder zuckerkörnigem Quarz bestehen. 
Die Quarzlinsen müssen für primäre Ansammlungen von Quarz 
angesehen werden; sie müssen mit der übrigen Schiefermasse 
zu gleicher Zeit gebildet worden sein. Die primäre Natur der 
Quarzlinsen der dunklen Glimmerschiefer lässt sich noch ganz 
besonders dadurch beweisen, dass sie nie von gebleichtem 
Magnesiaglimmer begleitet sind. Diese Bleichung ist aber eine 
Erscheinung, die ausnahmlos allen secundaren Bildungen vor- 
ausgeht oder sich mit ihnen zugleich einstell. Die grosse 
Mebrzabl aller Quarzlinsen und Knauern liegt auch concordant 
zwischen den Schichten des Glimmerschiefers; derselbe schmiegt 
sich rings um dieselben herum, wenn auch ein allmäliger Deber- 
gang zu den Quarzmassen meist ganz fehlt. 

Nun findet man aber auch hin und her einzelne Linsen 
und wenigstens Theile von solchen, die quer durch die 
Schichten hindurchsetzen, an denen die Schichten 
scharf abschneiden. Solche Quarzmassen bestehen nun aaf- 
falliger Weise aus demselben grobkörnigen, fettglänzenden 
Quarz, wie die regelmässig eingelagerten ; im dunklen Glimmer- 
schiefer sind auch diese querdurchsetzenden Quarzmassen nicht 
von Bleichungserscheinungen des Magnesinglimmers begleitet. 
Ein sehr auffalliges Beispiel für die durchgreifende Lagerung 
solcher Quarzmassen ist in Fig. 3. Taf. X. wiedergegeben. Es 
liegt im Babnanschnitt nördlich von der Haltestelle Witzsch- 
dorf in einer ungefähr 10 M. mächtigen Schicht von Horu- 
blendeschiefer, einem ganz localen Vorkommnisse, eine etwa 
6 M. lange Quarzlinse. Dieselbe ist in ihrer nördlichen Halfte 
sehr wenig mächtig, verbreitert sich dann nach Suden zu und 
sendet plötzlich einen Ast abwärts quer durch die Schichtung, 
der aber bald wieder-umbiegt und dann in concordanter Lage- 
rung im Hornblendeschiefer sich wieder mit der Hauptmasse 
der Quarzlinse vereinigt. Diese querstehende Quarzmasse ist 
absolut nicht von der regelmässigen Quarzeinlagerung verschie- 
den; irgend eine Grenze zwischen der regelmässigen Linse 
und dem querstehenden Ast ist ebenfalls auch nicht einmal 
angedeutet. Sind nun diese durchsetzenden Massen von grob- 
körnigem, fettglanzendem Quarz secundarer Entstehung? Ge- 
wiss nicht! Sie müssen ebenso wie die Fältelung eigenthum- 
lichen Processen bei der Entstehung der Schiefer ihre abnorme 
Lagerung verdanken. 

Uebrigens giebt es bereits einige Beobachtungen, die sich 
auf ähnliche Erscheinungen beziehen. Bei der Beschrei- 





713 


bang der Turmalinschiefer und -Knollen des Erzgebirges wurde 
bereits oben der scheinbaren Quarztrumer Erwähnung getban, 
die wegen ihres Gehaltes an Turmalin und des Mangels an 
scharfen Grenzen nicht secundarer Entstehung sein können. 
Lossen besprach in einer Sitzung der deutschen geologischen 
Gesellschaft scheinbar durchsetzende Quarz- und Feldspath- 
trümer, die in statu nascendi der Gesteine selbst entstanden 
sein müssten (cfr. Zeitschr. Bd. XXVII. 1875. pag. 255.). 
Genau dieselbe Erscheinung habe ich aus der metamorpho- 
sirten Grauwacke von Metzdorf beschrieben, cfr. Mikrosko- 
pische Untersuchung des Glimmertrapps von Metzdorf, Neues 
Jahrbuch für Min. 1875. pag. 504, wo ich zu dem Resultate 
kam, ‚dass die Ausfüllung der Quarzaderchen während des 
Umwandlungsprocesses vor sich gegangen sein müsse.“ Eine 
äbnliche Erklärung lässt sich für die durchsetzenden Quarz- 
linsen im Glimmerschiefer geben; es wird darauf weiter unten 
noch einmal zuruckgekommen werden. 


B. Die Lagerungsform der Schiefer. 


Die Form, in welcher die krystallinischen Schiefer auf- 
treten, ist die von sedimentären Lagern. Es bestebt 
jedoch ein wichtiger Unterschied von den Lagern der post- 
archäischen Formation darin, dass die Lager der krystalli- 
nischen Schiefer nicht die Ausdehnung und Ebenflächigkeit der 
ersteren erreichen. Schon in der Structur der Glimmerschiefer 
wie der Gneisse im Kleinen lässt sich überall die Linsen- 
form erkennen. Die von Glimmerblattchen umflochtenen 
Quarze, die Feldspätbe im Augengneiss, die accessorischen 
Quarzmassen zeigen alle die Linsenform. Dann kann man an 
geeigneten Aufschlusspunkten die Linsenstructur in schon 
grösserem Maassstabe erkennen. So fallen die Schichten des 
danklen Glimmerschiefers am Nordende des Ziegenrucks, gleich 
südlich von der Stadt Zschopau, in einem grossen Aufschluss 
an der Eisenbahn zuerst nach Südwesten, dann weiter sud- 
warts mit allmaliger Aenderung nach Südosten und bald wie- 
der nach Südwesten. Vom jenseitigen Ufer der Zschopau sieht 
man, dass die Ursache dieser Veränderung der Fallrichtang 
allein auf einer linsenformigen Structur auf einer Strecke von 
ca. 700 M. beruht. 

In dieser Weise haben auch die ganzen Lager der 
Schiefer, die einzelnen Individuen im Aufbau der der archäi- 
schen Formation angehörigen Gebirge eine ausgesprochene 
Linsenform. Dies folgt aus den Grenzen, welche die ein- 
zelnen zu Tage ausgehenden Lager auf der Karte aufweisen, 


714 


Ueberall wo die Grenzlinien, ohne dass eine Störung des Ge- 
birgsbaues vorliegt, auf einem möglichst ebeuen Terrain zur 
Darstellung gelangen, bilden sie ein Bilineum, eine aus 
zwei Bögen zusammengesetzte Figur. Im Kleinen aber unter- 
liegen die Grenzen auch noch vielfachen Unregelmassigkeiten: 
es ist in der archaischen Formation absolat unmöglich, von 
einem guten Aufschlusspuukte aus den Verlauf einer Grenze 
auch nur auf einige hundert Meter za construiren. Allerdings 
ist ein Theil dieser Unmöglichkeit auch auf Schwierigkeiten 
bei der Aufnahme im Streichen und Fallen der Schichten zu- 
ruckzuführen. Bei der überall zum Ausdruck gelangenden 
Linsenstructur wechselt das Streichen und Fallen oft an nahe 
beieinander gelegenen Schichtungsflächen um mehrere Grade. 
Es sind mir einzelne Fälle vorgekommen, wo die Streichrich- 
tung sich an einem Aufschlusspunkte um über 60 Grad an- 
derte. So ereignet es sich sehr haufig, dass die gemessene 
Streichricbtung nicht mit der Langsausdebnang des Lagers 
zusammenfällt, wie sie sich aus dem Verlauf der Grenzen auf 
der Karte ergiebt. Man muss zufrieden sein, wenn Streichen 
und Fallen im Allgemeinen stimmt und im Besonderen mit 
mittleren Werthen arbeiten. 

Der Winkel, welchen die beiden Seiten des Bilineums mit- 
einander bilden, hängt natürlich von dem Einfaliswinkel der 
Schichten ab; er wird um so grösser sein, je flacher die Schich- 
ten fallen. Es verhalten sich jedoch auch verschiedene Schie- 
fer je nach ihrer Textur in dieser Hinsicht, wie überhaupt io 
der Formausbildung der Lager, verschieden, denn es ist nicht 
za verkennen, dass die eben- und dünnschieferigen 
Gesteine, wie rother Gneiss, quarziger heller Glimmer- 
schiefer und dunkler Glimmerschiefer, Jangere und wenig 
mächtigere Lager bilden, als die Varietäten des gross- 
blättrigen hellen Glimmerschiefers. 

Die absolute Grösse der Lager im Allgemeinen ist 
natürlich nicht genau zu bestimmen und fällt namentlich da 
schwer, wo, wie im Zschopauer Gebiet, eine grossartige Sto- 
rung des Gebirgsbaues stattgefunden hat. Jedoch kann man 
angeben, dass die Längsachse der Linsen etwa 2— 10 Km. 
misst; die Machtigkeit der Lager beträgt immer etwa ,, bis 
1/0 der Längsausdehnung. 

Die einzelnen linsenformigen Lager sind nen nicht scharf 
begrenzte Massen, wie man sie sich nach dem Vorliergehenden 
vielleicht vorstellen möchte; es ist vielmehr stets an den Gren- 
zen die Masse des einen mit der des anderen verflösst, eine 
Erseheinung, welche man gewöhnlich als Uebergang zu be- 
zeichnen pflegt. Dieser Uebergang ist doppelter Natur, nämlich 


715 


entweder ein petrographischer durch Gemengtheile, oder 
ein geognostischer durch Wechsellagerung. 

Die erstere Art des Ueberganges ist stets ausge- 
bildet und besteht darin, dass je die fur das eine Lager 
eharakteristischen Gemengtheile in das Gesteinsgefüge des an- 
deren Lagers eintreten. Diese Uebergangszone nimmt jedoch 
nur einen sehr geringen Raum ein; der Uebergang der ver- 
schiedenen Glimmerschieferarten ist ziemlich plötzlich und 
meistens auf eine Strecke von wenigen Metern beschränkt. 
Wohl könnte man an einem grösseren Aufschluss einer Ueber- 
gangsstelle eine Reihe von Handstücken schlagen, bei denen 
ein schrittweiser, allmaliger Uebergang es fast unmöglich 
macht, irgend wo die Grenze zwischen den beiden Endgliedern 
zu bestimmen; aber ein so langsamer Uebergang findet im 
Grossen nicht statt. Wo z. B. im Thal contiouirliche Auf- 
schlusse sich darbieten, da wird man stets auf einer Strecke 
von 50 M. die typischen Endglieder der ineinander ubergehenden 
Schiefer antreffen. Es ist eine in der Natur der Sache be- 
gründete Erscheinung, dass die Uebergangszone um so 
mächtiger ist, je verschiedener die Gesteine sind: 
so ist z. B. der Uebergang von dunklem Glimmerschiefer in bel- 
len etwas langsamer, als der von hellem’ Glimmerschiefer mit 
accessorischem Granat in hellen Gneissglimmerschiefer mit 
Granat. So finden wir ferner, dass der rothe ÖGoneiss 
scheinbar ohne allen Uebergang in den hellen Gneiss- 
glimmerschiefer eingelagert ist, wie z. B. an einer Stelle im 
Wilischthal, wo man die Fläche, mit der diese beiden Gesteine 
zusammenstossen, mit der Schneide eines Messers bezeichnen 
kann, Aber wenn man sich des oben geschilderten petrogra- 
phischen Zusammenhanges dieser beiden krystallinischen Schiefer 
erinnert, nach dem sie sich eigentlich nur in dem Gehalt an 
Glimmer unterscheiden , so verlieren solche scharfe Grenzen, 
solch ein scheinbarer Mangel an petrographischem Uebergang, 
viel von der Auffälligkeit, durch die solche Stellen beim ersten 
Anblick sich auszeichnen. Wo andererseits der rothe Goeiss 
mit einem petrographisch total abweichend zusammengesetzten 
Gestein zusammentrifit, da findet sich auch der Uebergang 
durch gegenseitige Aufnabme der resp. fremden Gemengtheile, 
ein Verhaltniss, wie ich es fur das Kalklager von Griesbach 
bereits ausfubrlich beschrieben habe. *) 

Die zweite Art des Ueberganges ist der geo- 
gnostische; er wird gebildet durch Wechsellagerung. 
Diese besteht darin, dass in der Zone des Uebergaugs durch 
Gemengtheile einzelne Stellen vollkommen zu den typischen 


*) Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. XXVII. 1875. pag. 623. £. 


716 


Gesteinen ausgebildet sind: es bilden die beiden Gesteine je 
in dem anderen kleine Einlagerungen. Diese sind oft nur we- 
nige Meter lang und mächtig und man überblickt oft mehrere 
derselben in einem Aufschlusspunkte. Ausser diesen kleinen 
Einlagerungen treten nun aber auch noch grössere und reinere 
Lager schon weiter von der Grenze entfernt auf; sie sind oft 
50— 100 M. mächtig und entsprechend lang: durch sie wird 
eine noch engere Verknüpfung zwischen zwei Lagern herge- 
stellt. Diese Lager zweiten Ranges sind meist gross 
genug, um auf den Specialkarten zur Darstellung gelangen zu 
können; allein es ist nicht leicht oder geradezu unmöglich, bei 
Abwesenheit von Aufschlüssen nach der blossen Verbreitung 
von Lesestucken die Stelle. oder die Ausdehnung anzugeben, 
in welcher man die Lager einzeichnen sollte. Es verhalten 
sich jedoch auch hier wieder die Schiefer verschieden; bei- 
spielsweise sind kleine Lager von rothem Gneiss recht leicht 
zu erkennen und zu verfolgen. Wie aber sollte man solche 
Lager zweiten Ranges von hellem Gneissglimmerschiefer im 
hellen Gneissglimmerschiefer mit Granaten bloss aus Lese- 
stacken erkennen? Es wird daber die Einzeichnung solcher 
Lager zweiten Ranges am besten ganz unterlassen, ausser da, 
wo sie far die theoretische Erklarung des Gebirgsbaues Wich- 
tigkeit haben. 

Allein bei Betrachtang dieser Lager zweiten Ranges kom- 
men wir zu der Ueberzeugung, dass ein linsenformiges 
Lager, wie es für die architektonischen Verhältnisse als In- 
dividuum hingestellt wurde, nicht durchaus von einem 
Gesteine gebildet wird, sondern dass sich an der Constitu- 
tion desselben alle Gesteine der betreffenden Formation in 
einem quantitativ allerdings immer nur geringeren Maasse be- 
theiligen konnen. Der geognostische Begriff eines 
Gesteins der archäischen Formation, apeciell eines 
Glimmerschiefers, hat einen grösseren Umfang, d. h. weniger 
Merkmale, als der petrographische; manche Varietäten, welche 
der Petrograph nach Gemengtheilen und Structur als sehr wohl 
unterscheidbar bezeichnen möchte, sind, für den Geognosten 
identisch; und auch wirklich verschiedene Gesteine müssen oft 
zusammengefasst werden, wenn man verlangt, dass die Karten 
ein klares Bild der Geologie des Gebirges liefern, und die 
Darstellung der Verhältnisse überhaupt möglichst gleichmässig 
sein sollen. — Während bis jetzt mit den Benennungen heller 
und dunkler Glimmerschiefer u. s. w. die petrograpbischen 
Typen gemeint wurden, soll im weiteren Verlauf der Arbeit, 
in der Darstellung der Gliederung und Architektonik des Ge- 
bietes, stets der geognostische Begriff der Gesteinsart zur An- 
wendung kommen, 


717 


Bei dieser durch eine geringere Anzahl von Merkmalen 
charakterisirten Auffassung der zu kartirenden Gegenstände ist 
es freilich nicht zu vermeiden, dass sich eine gewisse Subjec- 
tivitat in den Karten kundgeben wird; aber diese ist denn 
doch auf ein sehr geringes Maass beschränkt. Denn auch auf 
dem Plateau des Erzgebirges, wo Aufschlusse oft recht spär- 
lich sind, wird man über die Lage der Grenzlinie nur auf 
einem Raume von ullerhöchstens 100 M. im Ungewissen sein. 
Gebt doch auch die Kartirang des Erzgebirges mit einem sol- 
chen Aufwand von Zeit und Arbeit vor sich, dass man täglich 
nur etwa einen Quadratkilometer aufzunebmen hat; jeder Feld- 
weg wird begangen, jeder Lesesteinhaufen untersucht, An 
Stellen, wo der Verwitterungslehm so mächtig ist, dass 
die Lesestucke sebr selten sind, da Lleibt nichts übrig, als 
den Lebm selbst einzuzeichnen; oder falls die Ausdehnung 
desselben zu gering ist, eine darunter weggehende Grenze zu 
construiren, ein Hilfsmittel, zu dem man nur selten seine Zu- 
flucht wird nehmen müssen. Recht schwierig kann aber doch 
auch die Einzeichnung der Grenzen mehrerer Lager werden, 
wenn, wie z. B. auf dem Ziegenrück auf dem rechten Ufer der 
Zschopau, ein ziemlich steiler Abfall ohne anstehendes Gestein, 
dichter Wald und Störung des Gebirgsbaues zusammentreffen. 

Naumann erwähnt an mehreren Stellen in der Geoguost. 
Beschreibung des Königreichs Sachsen eines seitlichen 
Uebergaoges der Schiefer ineinander und deutet solche 
Vorkommnisse auf der Karte bisweilen durch eine Zickzacklinie 
an. Ein derartiger seitlicher Uebergang konnte in dem Glim- 
merschiefergebiet von Zschopau nirgends beobachtet werden. 
Allerdings verlaufen die Grenzlinien bisweilen senkrecht gegen 
die Streichrichtung der betreffenden Gesteine. Allein derartige 
Grenzlinien sind dann entweder zugleich Verwerfungsspalten, 
oder eine Folge der orographischen Verhältnisse. So besteht 
der Fuss des Zschopenholzes zwischen dem Wilischtbal und 
dem Thal der Zschopau aus dunklem Glimmerschiefer, der 
Gipfel aus hellem mit Grauaten. Die auf dem Abhang nach 
dem Wilischtbal verlaufende Grenze steht senkrecht auf der 
Streichrichtung der Schiefer, während man auf dem Abhang 
nach der Zschopau zu die Ueberlagerung deutlichst verfolgen 
kann. Ein ähnliches Verhältniss findet sich bei Wolpert’s 
Buschchen, cfr. Fig. 10. Taf. X. Eine Einwirkung der oro- 
grapbischen Verhältnisse auf den Verlauf der Grenzen kommt 
sonst wegen der wie bereits erwähnt nur unregelmässig linsen- 
förmigen Form der Lager auf den Karten viel seltener und in 
geringerem Maasse zum Ausdruck, als in Gegenden jüngerer 
Formationen. — 


718 


IM. Die Gliederung des Glimmerschiefergebiets 
von Zschopau. 


- Währeud in den postarchäischen Formationen die petro- 
grapbische Beschaffenheit der Gesteine nur einen untergeord- 
neten Einfluss auf die Gliederung eines Schichtensystems resp. 
auf dessen Parallelisirung mit einem anderen bat, ist in den 
Gebieten der Gneisse und anderen krystallinischen Schiefer 
die mineralogische Zusammensetzung derselben 
das einzige Moment, welches für die Eintheilung benutzt 
werden kann und benutzt worden ist. Organische Reste 
sind ja im Goeiss und Glimmerschiefer noch nicht beobachtet 
worden und die chemische Constitution derselben ist zu 
wenig verschieden, um irgendwie sichere Resultate liefern zu 
können. Auch die Lagerungsverhaltnisse allein konnen 
nicht zur Gliederung verwendet werden; es wird im Folgenden 
gezeigt werden, wie dasselbe Gestein in sehr verschiedenen 
Niveau’s aaftreten kann. Hält man daher fest, dass das einzig 
mögliche Eintheilungsprincip die petrographische Beschaffen- 
heit ist, so wird man nach den vorher erörterten Verhältnissen 
sich genöthigt sehen, den geognostischen Begriff eines Ge- 
steins als maassgebend fur die Gliederung anzusehen. Mit 
Hilfe dieser Principien lässt sich nun eine Gliederung des 
Glimmerschiefergebietes vornehmen, stösst aber immer 
noch auf eigenthumliche Schwierigkeiten. 

Im Glimmerschiefergebiet von Zschopau ergiebt es sich, 
dass stets das unterste bekannte Glied der dunkle 
Glimmerschiefer ist; darüber folgt eine Zone von 
verschiedenen Varietäten des hellen Glimmer- 
schiefers, die nach oben zu mit einem Lager ro- 
then Gneisses abschliessen. Der dunkle Glimmer- 
schiefer wird von Qneissen unterteuft, der rothe Gneiss von 
Pbyllit-artigen Schiefern überlagert, Die Gesammtmächtigkeit 
der dem Complex zwischen Gneissgebiet und Phyllit angeho- 
rigen Schichten beträgt etwa 1700 Meter. 

Es ist eine einfache Folge der Gliederung nach petrogra- 
phischen Merkmalen, wenn die aus dunklen und .hellen Glim- 
merschiefern und rothem Gneies bestehende Schichtenreihe als 
Formation zusammengefasst wird. Man theilt zwar bis jetzt 
die archäische Formation meistens noch in eine Gneiss- und 
eine Schiefer-Etage, allein GomBeL hat andererseits auch schon 
die Dreitheilung in Gneise-, Glimmerschiefer- und Phyllit-For- 
mation durchgeführt. Diese Dreitheilung ist auch für daa sach- 
sische Erzgebirge die einzig rationelle. Die Glimmerschiefer- 





719 


formation in diesem Gebirge zeichnet sich durch ihren Reich- 
tham an Feldspath aus; der dunkle Glimmerschiefer führt 
immer etwas Feldspath oder ist sogar als Gneissglimmer- 
schiefer ausgebildet; der helle Glimmerschiefer hat auch seine 
weit verbreiteten Feldspath-fübrenden Varietäten; endlich tritt 
der Feldspath-reiche rothe Gneiss auch in dieser Abtheilung 
auf. Wollte man daher die Glimmerschiefergebiete nicht als 
selbstständige Formation anerkennen, sondern mit dem Phyllit 
zu einer Urschieferformation vereinigen, so würde man in letz- 
terer zwei Abtheilungen zusammenfassen, von denen die un- 
tere eine viel grössere Verwandtschaft mit dem Gneisse hat, 
als mit der oberen Abtheilang, dem Pbyllite. Und dann ist 
auch von dem einzig möglichen Ausgangspunkte für die Glie- 
derung der Phyllit vom Glimmerschiefer noch gar weit ver- 
schieden. Die geringere Mächtigkeit der Glimmerschiefer- 
formation gegenüber der Gneissformation kann kein Grand 
gegen ihre Selbstständigkeit sein. 

Die Mächtigkeit der ganzen Glimmerschiefer- 
formation konnte zu etwa 1700 M. angegeben werden. Die 
Mächtigkeit der einzelnen Glieder aber anzugeben, ist nicht 
möglich, da dieselbe keine irgendwie constante Grösse ist, 
nicht einmal in dem doch nur kleinen Gebiet von Zschopau. 
Aus dem Aufbau des ganzen Systems aus einzelnen linsen- 
formigen Lagern resultirt die ungleiche Mächtigkeit desselben 
Gliedes an verschiedenen Stellen dadurch, dass sich keines- 
wegs etwa immer da, wo zwei sich auskeilende Lager eines 
Gliedes mit ihren Enden zusammenkommen, ein drittes Lager 
auf dieser weniger mächtigen Stelle einfindet, damit so eine 
gleichmässige Ausbildung des Formationsgliedes zu Stande 
kame. So ist z. B. der rothe Gneiss auf der Weiss-Leithe, 
westlich von Zschopau am Ufer der Wilisch, circa 200 M. 
mächtig; geht man in seiner allmalig immer mehr nach Osten 
sich wendenden Streichrichtung weiter, so findet man, dass er 
am Westende von Gornau auf der Rollwiese vollständig fehlt; 
mehrere hundert Meter weiter nordöstlich beginnt dann am 
obersten Ende von Dittmannsdorf wieder ein etwas weniger 
mächtiges Lager, das sich bis über Hennersdorf hinaus ver- 
folgen lässt. Ebenso unbeständig ist die Mächtigkeit der an- 
deren Glieder und es ist nor eine weitere Folge dieser Un- 
bestandigkeit derselben, wenn schliesslich einzelne Glieder 
einer archaischen Formation irgendwo fehlen, ein Verbaltniss, 
das zwar in dem kleinen Zschopauer Gebiet nicht beobachtet 
wurde, sich aber z. B. bei Annaberg durch das Feblen des 
dunklen Glimmerschiefers documentirt: es geht daselbst der 
grobkörnige graue Goeiss sehr schnell in den grossblättrigen 
hellen Glimmerschiefer über. 


720 


Wenn man sich die Verbreitung des Glimmerschiefers im 
sachsischen Erzgebirge vergegenwärtigt, der in einer Zone 
nördlich und westlich das Gneissgebiet umgiebt und hiermit 
die als durchschnittlich angegebene Grösse der einzelnen La- 
ger vergleicht, so kommt man zu der Ueberzeugung, dass die 
Lager des Glimmerschiefergebietes nicht nur aufeinander ge- 
schichtet sind, um dessen Mächtigkeit za constituiren, sondern 
auch nebeneinander liegen, um so die Längsausdehnung 
der Glimmerschieferformation zu Stande zu bringen. Die Ab- 
lagerung der einzelnen linsenformigen Lager nebeneinander 
wird auf jeder Karte deutlich hervortreten, um so deutlicher 
und klarer natürlich, je einfacher der Gebirgsbau ist. Die 
oben beschriebene Zone von rothem Gneiss bietet bereits ein 
Beispiel der Ablagerung nebeneinander dar. So findet man 
ferner, dass im Westen des dunklen Glimmerschiefers um die 
Stadt Zschopau, wenn man von Süden nach Norden geht, 
diesem zuerst heller Glimmerschiefer mit Granaten unmittelbar 
aufliegt, dann heller Gneissglimmerschiefer, endlich quarzreicher 
heller Glimmerschiefer, drei Varietäten, die oben als streng 
getrennt beschrieben worden. Da sich ein allgemeiner Aufbau 
aus Schichten in der archäischen Formation nicht verkennen 
lasst, so müssen die erwähnten Lager von drei verschiedenen 
Gesteinen nebeneinander, d. bh. in demselben relativen Niveaa, 
abgelagert sein. 

Eine Folge dieser Ablagerung nebeneinander ist die Un- 
beständigkeit in der inneren Ausbildung der ein- 
zelnen Glieder der Glimmerschieferformation. Dieselbe 
giebt sich in mehrfacher Beziehung zu erkennen. Zuerst treten 
in einem Gliede die Varietäten nicht stets in demselben Niveau 
auf. Von Scharfenstein bis Gross-Olbersdorf liegt der dunkle 
Gneissglimmerschiefer unter dem dunklen Glimmerschiefer; von 
Gornau bis über die Götzhöhe im Nordwesten von Zachopau 
dagegen über letzterem Schiefer. Ferner: südlich von Gornau 
unterscheidet man in der Zone des hellen Glimmerschiefers 
von unten nach oben zuerst einen quarzreichen hellen Glim- 
merschiefer, dann hellen Gneissglimmerschiefer, dann einen 
bellen Glimmerschiefer mit accessorischem Granat. Bei Gries- 
bach dagegen folgen in derselben Zone von unten nach oben 
aufeinander: heller Glimmerschiefer mit Granat, heller Gneiss- 
glimmerschiefer mit Granat, eudlich heller Gneissglimmer- 
schiefer. Hier tritt also in derselben Zone, in demselben 
Gliede an zwei nur 3500 M. voneinander entfernten Profilen 
der belle Glimmerschiefer mit accessorischem Granat einmal 
als oberste, das andere Mal als unterste Schichten auf. 

Die Unbeständigkeit in der inneren Ausbildung der Glie- 
der tritt ferner hervor durch die Repetition von Lagern 





721 


sweiten Ranges oder auch von sehr machtigen Lagern in 
einzelnen Profilen normal gegen die Streichrichtung der ganzen 
Formation. Vergleicht man die drei auf Tafel X. gegebenen 
Profile miteinander, so erkennt man, dass der rothe Gneiss 
im Westen von Zschopau nur in dem Profil von der Weiss- 
Leithe nach Scharfenstein drei Lager zweiten Ranges bildet, 
ehe er auf der Weiss-Leithe zu machtigerer Entwickelung ge- 
langt. Diese Repetition von durch andere Schiefer getrennten 
Lagern desselben Gesteins übereinander kommt noch zweimal 
im Glimmerschiefergebiet von Zschopau oder dessen unmittel- 
barer Nahe vor au Stellen, auf die weiter unten hingewiesen 
werden wird. Auch aus älteren Karten ist diese eigenthum- 
liche Art der Verbreitung eines archaischen Schiefergesteins 
schon bekannt. So treten zahlreiche Lager von „grünem 
Schiefer‘ quer durch die Phyllitformation von Nieder-Schlema 
bis Hartenstein im sächsischen Erzgebirge auf, während in 
Profilen etwas weiter östlich die grünen Schiefer nur in einem 
bestimmten Niveau vorkommen. So sind ferner wohl jedem, 
der das Blatt Waidhaus der geogn. Karte des Königr. Bayern 
betrachtet hat, die circa 20 übereinander vorkommenden Lager 
von Waldlagergranit im Gneiss zwischen Barnau und Tachau 
in Böhmen aufgefallen. Welch eine Ursache dieser Repetition 
derselben Schiefer übereinander zu Grunde liegt, ist uns frei- 
lich noch gänzlich unbekannt. 

Eine der vorigen sehr ähnliche und verwandte Erschei- 
nung ist das gegenseitige Durchdringen zweier For- 
mationsglieder. Wir baben hierfür sudostlich von Zscho- 
pau ein sehr schönes Beispiel, welches durch das Profil von 
der Dittersdorfer Höhe bis zum Weissen Ofen, Fig. 8. Taf. X., 
und dessen ideale Ergänzung nach oben und unten in Fig. 9. 
erläutert wird. Die in dem idealen Profil gegebene Con- 
struction ist die möglichst einfache und diejenige, welche mit 
den petrograpbischen Verhältnissen am besten übereinstimmt. 
Wir sehen, wie bier in der Gegend von Krummhermersdorf 
sich von dem unteren Gliede, dem dunklen Glimmerschiefer, 
ein Lager abzweigt und in das obere Glied, den hellen Glim- 
merschiefer, hineintritt. Zugleich treten noch zwei ziemlich 
mächtige Lager von je dem anderen Schiefer in den beiden 
Abtheilungen der Formation auf: bei den Bornwaldhäusern ein 
Lager von dunklem Glimmerschiefer im hellen, südöstlich vom 
Zschopenberg ein solches vom hellen Glimmerschiefer im 
dunklen. Auf dem anderen Flügel der Zschopauer Antiklinale 
ist von einer derartigen Durchdringung und Wechsellagerung 
keine Spur wahrzunehmen. 

Dieses Heraustreten eines Lagers oder einer 
Reihe von Lagern aus ihrem eigentlichen Horizont 


Zeits. d.D.geol Ges. XX VIII. 4. 47 


722 


giebt sich auch auf den Karten in der Streichrichtung der 
Formationen zn erkennen. Das Zschopauer Glimmerschiefer- 
gebiet ist zu klein und hat auch einen zu sehr gestörten Ge- 
birgsban, um ein solches Hinaustreten eines Gliedes, eines 
Schichtensystems in ein anderes Niveau zur Darstellung zu 
bringen; betrachtet man noch die anliegenden Gegenden, so 
findet man folgendes Verhaltniss. Im Norden von Zschopau, 
bei Augustusburg, stösst der rothe Gneiss unmittelbar an 
Phyllit, dessen unterste Schichten Feldspath fahren.*) Im 
Zschopauer Gebiet folgt auf den rotben Gneise noch eine ganz 
dünne Schicht von hellem Glimmerschiefer, ehe der Phyllit zur 
Ausbildung gelangt, und noch weiter sudwestlich in der Ge- 
gend von Geyer und Ehrenfriedersdorf liegt der rothe Gueiss 
in einem noch viel tieferen Niveau.**) Ein schönes Beispiel 
far dieses Verhaltniss findet sich noch im bayerischen Grenz- 
gebirge. Dort liegen bei Cham die Pfahlschiefer aber dem 
Quarzit des Pfabls; bei Moosbach und Viechtach zu beiden 
Seiten des Quarzites und bei Patersdorf, noch weiter nach 
Südosten, wird der Quarzit von den Pfahlschiefern unterlagert. 

Diese eigenthümlichen Verbältnisse der Gruppirung der 
einzelnen Lager in der archaischen Formation machen es un- 
möglich, eine Gliederung einer Formation für die ganze Aua- 
dehnung derselben aufzustellen. Es bleibt nur übrig, nach 
dem Vorgange (omBEL's ein Urgebirge in verschiedene, mög- 
lichst geognostisch begrenzte Gebiete zu zertheilen und diese 
einzeln za bebandeln. Für das Glimmerschiefergebiet von 
Zschopau ergiebt sich eine Eintheilung in zwei Glieder: zu 
unterst dankle Glimmerschiefer, darüber helle; die Machtigkeit 
des rothen Gneisses ist zu gering, um ihn von dem hellen 
Glimmerschiefer als besonderes Glied zu trennen; er ist mit 
ihm durch seinen Gehalt an Kaliglimmer und den gänzlichen 
Mangel an Magnesiaglimmer verwandt und bildet im Glimmer- 
schiefergebiet von Zschopau stets die obersten Schichten des 
oberen Gliedes, des hellen Glimmerschiefers. 

Da, wo im Erzgebirge der dunkle Glimmerschiefer fehlt, 
wie bei Annaberg, oder, wie bei Geyer and Ehrenfriedersdorf, 
chloritische Hornblendeschiefer auftreten, oder, wie bei Schwar- 


_ zenberg, die sogen. erzführenden Grünsteine eine bedeutende 


Entwickelung erlangen, — da wird sich eine andere Gliederung 
der Glimmerschieferformation ergeben. — 


*) Nach mir im Manuscript ‘zugänglichen Aufnahmen des Herrn 
Dr. Jentzsch. | 


**) cfr. Steızser: Die Granite von Geyer etc. Freiberg 1865. 





723 


IV. Die Architektonik und specielle Geognosie des 
Glimmerschiefergebiets von Zschopau. 


Die geognostischen Grenzen des Glimmer- 
schiefergebiets von Zschopau sind die folgenden: im 
Nordwesten die Grenze der Glimmerschieferformation gegen 
den Phyllit, die Urthonschieferformation; im Nordosten eine 
Verwerfungsspalte von Dittmannadorf uber Waldkirchen bis in 
die Nahe von Lengefeld; im Sudwesten kann man die Grenze 
da annehmen, wo die regelmassige, durch keine Faltung mehr 
gestörte Aufeinanderfolge der Schichten vorhanden ist, also in 
der Linie von der Weiss-Leithe bei Gelenau bis Scharfenstein; 
im Südosten ist die Grenze am schwierigsten zu bestimmen: 
ich nehme hier eine Linie von Scharfenstein nach Wünschen- 
dorf als Grenze an. Südôstlich von letzterer breitet sich dann 
noch das Glimmerschiefergebiet des Adlersteins 
auf einem beträchtlichen Raume aus, während sich nordöstlich 
von der Verwerfungsepalte Dittmannsdorf-Lengefeld noch ein 
kleineres selbstständiges Glimmerschiefergebiet findet, 
das zwischen der erwähnten Verwerfungsspalte und einer an- 
deren vom Kunnerstein bei Augustusburg bis in die Nähe von 
Lengefeld fortstreichenden keilformig eingeklemmt liegt. 
Obwohl ich diese beiden letzteren Gebiete nicht vollständig 
kartirt habe, da sie auch z. Tb. über die mir zugetheilt ge- 
wesene Section Zschopau hinausgehen, so bin ich doch im 
Stande, über ihren geognostischen Bau und die sonstigen Ver- 
baltnisse Auskunft zu geben, namentlich da diese sehr ein- 
facher Natur sind. 

Die Glimmerschieferformation des eigentlichen, von den 
angegebenen vier Grenzen eingeschlossenen Gebiets von Zscho- 
pau ist zu einer Antiklinale gefaltet, deren beiderseitige 
Flügel jedoch nur ein Einfallen von etwa 20 — 25 Grad auf- 
weisen. In dem Glimmerschiefergebiet des Adlersteins findet 
sich eine kleinere Faltung mit z. Th. borizontalen, z. Th. ganz 
schwach einfallenden Schichten. Auch der Glimmerschieferkeil 
zwischen den beiden Verwerfungsspalten weist eine schwache 
Faltung auf ond zwar eine Faltung in derselben Richtung, wie 
die der beiden anderen Gebiete. Noch gleich im Voraus muss 
erwäbnt werden, dass die Verwerfungespalten nahezu 
senkrecht auf den Falten des Gebirges stehen. Eine gerin- 
gere Verwerfung parallel der Faltung hat kaum Einfluss auf 
die Verhältnisse des Gebirgsbaues im Grossen. 


47* 





724 


1. Die Kunnersteiner Verwerfungsspalte. 


Im zweiten Hefte der geognostischen Beschreibung des 
Königreichs Sachsen pag. 61 ff. berichtet Naumann, dass am 
Kunverstein, südwestlich vom Schloss Augustusburg, Schichten 
von Gneiss und Ürthonschiefer im Streichen aufeinander 
stossen; jedoch fande sich gerade an dieser Stelle ein Gang 
von Felsitporphyr, der weiter sudwarts als mächtiger Quarz- 
und Hornsteingang in den Gneiss hinein fortsetze. Naumann 
weist darauf hin, dass sich diese Stelle durch Annahme einer 
Senkung erklären lasse, ,,einer Senkung, durch welche der 
Thonschiefer in gleiches Niveau mit dem Gneisse gelangte‘‘.*) 
Es besteht in der That an dieser Stelle eine Verwerfang, 
doch ist dieselbe über eine weit grössere Entfernung zu ver- 
folgen, als Naumann nach den ihm vorliegenden Arbeiten und 
Kartenrevisionen abnen konnte. Verlangert man namlich den 
Quarzgang nach Süden, so trifft man auf die Grenze zwischen 
Goeiss und Glimmerschiefer, die sich von Marbach bis Lenge- 
feld in sudaudöstlicher Richtung gerade quer gegen die Streich- 
richtung des Erzgebirges hinzieht. Diese Grenzlinie, die auf 
der Naunans’schen Karte mit grosser Genauigkeit angegeben 
ist, war insofern noch höchst merkwürdig, als lange ihr 
der Glimmerschiefer unter den Gneiss einzufallen 
schien. Sehr leicht aber erklären sich diese sonderbaren 
Verhältnisse, wenn man diese Grenzlinie von Marbach bie 
Lengefeld als Fortsetzung der Kunnersteiner Verwerfangsspalte 
auffasst (cfr. die Profile Fig. 7. u. 10. Taf. X.). 

Die Beweise far diese Anschauung sind sehr schwer bei- 
zubringen, da es auf der ganzen circa 15 Kilometer langen 
Strecke an grösseren Aufschlüssen fehlt Wo man an den 
Strassen kleinere Aufschlüsse findet, da sieht man allerdings 
stets Gneiss und Glimmerschiefer nach Osten einfallen, so 
dass der Glimmerschiefer den Gneiss zu unterteufen scheint. 
Allein bei einer genauen Durchforschung beider Gebiete ge- 
wahrt man bald, dass hier zwei einander vollkommen 
fremde Gebiete aneinander stossen. Im Glimmer- 
achiefergebiet gehören alle Gesteine dem hellen Glimmerschiefer 
an, während das auf der Naumann’ schen Karte als Gneiss an- 
gegebene Terrain wobl eine speciellere Gliederung erfahren 
wird; ausser echten Gneissen wurden daselbst auch dunkle 


*) 1. c. pag. 62. Auf pag. 84 und 85 wird dieser Quarsgang noch- 
mals beschrieben. Jetzt hat Herr Dr. A. Jenrzscu die Umgegend des 
eee kartirt, und auch ich habe diese Localität mehrmals 
besucht. 





725 


Glimmerschiefer aufgefunden, die ja auf der alten Karte stets 
als Gneiss aufgefasst und angegeben sind. Wo immer man 
nun über diese Grenze geht, auf der Lengefelder Chaussee 
nach Wolkenstein, oder am Neubau zwischen Wünschendorf 
und Bornichen, oder an der Schwarzmuhle zwischen Börnichen 
und Stolzenhain, oder auf der Chaussee zwischen Waldkirchen 
and Grünbainichen, da gewahrt man im Glimmerschiefer- 
‚gebiet auch nicht die geringste Audeutung der 
Nähe des Gneisses, weder die Kennzeichen des petrogra- 
phischen, noch die des geognostischen Ueberganges. Kommt 
man dann an die Grenze, die höchst auffällig mit grosser Con- 
stanz durch wenn auch nur ganz unbedeutende Bodeneinsen- 
kungen und Thälchen angedeutet wird, so findet man unter 
den Feld- und Lesestucken, sowie an den nicht zahlreichen 
Aufschlussen auch nicht eine Spur mebr von dem grossblätte- 
rigen hellen Glimmerschiefer: südlich bei Lengefeld und Wan- 
schendorf herrschen echte Gneisse, and in der Nahe von Grün- 
hainichen dunkle Glimmerschiefer. In dem nördlichsten Theile 
ist das Auffinden der Grenze am schwierigsten, einestheils 
wegen des waldbestandenen, wenig geneigten Bodens, anderen- 
theils weil bier zu beiden Seiten der Spalte z. Th. dieselben 
Gesteine vorhanden sind, rother Gneiss und helle Glimmer- 
schiefer. 

Das scheinbare Einfallen des hellen Glimmerschiefers 
unter den Gneiss, der Verlauf der Grenze auf eine grosse 
Strecke quer gegen die Streichrichtung des Gebirges, das Vor- 
handensein einer Verwerfung in der nördlichen Fortsetzung 
dieser Grenze durfte schon an und für sich die Erklärung 
derselben als Verwerfungsspalte wabrscheinlich er- 
scheinen lassen. Es tritt hierzu noch der Mangel an Ueber- 
gangen: sind doch z.B. an der Klatschmühle und am Neubau 
bei Wunschendorf, an der Schwarzmühle bei Börnichen die 
Punkte mit anstebendem Gestein nur 200 bis 400 Meter von- 
einander entfernt. Ware ein Uebergang vorhanden, so müsste 
bei der grossen Verschiedenheit der zusammenstossenden Ge- 
steine nach den Erfahrungen auf anderen Gebieten durchaus 
noch irgendwo ein geognostischer Uebergang durch Wechsel- 
lagerung zu erkennen sein. 

Aber auch noch weiter als vom Kunnerstein bis Lenge- 
feld scheint sich diese Spalte zu erstrecken oder wenigstens 
einen Einfluss auf den Gebirgsbau zu äussern. Die Verlän- 
gerung dieser Spalte nach Süden in das Gneissterrain hinein 
trifft gerade auf den Serpentin von Zoblitz, dessen gestorte 
Lagerung schon von Naumann, |. c. pag. 113., erwähnt wird. 
Der Serpentin von Zöblitz ist ein wohl geschichtetes Gestein. 
Das ganze Vorkommniss besteht aus einem Haufwerk von 





726 


eiformigen Körpern von nur wenigen Metern Durchmesser. 
In jeder einzelnen dieser Massen fallen die Schichten nach 
einer anderen Richtung, während die Zwischenräume zwischen 
ibnen von Stücken Serpentin, talkigen und schuttartigen Mas- 
sen erfüllt sind.*) Jedenfalls ist es auffällig, dass diese Zer- 
stuckelung sich gerade in der Fortsetzung der Kunnersteiner 
Verwerfungsepalte findet; um so auffälliger, als die Verlan- 
gerung derselben vom Kunnerstein nach Norden zu die west- 
liche Grenze des jüngeren Frankenberger Gneisses trifft. 


2. Die Waldkirchener Verwerfungsspalte. 


Wenn der Beweis, dass die Linie vom Kunnerstein bis 
Lengefeld eine Verwerfungsspalte ist, nicht in stricter Form 
geliefert werden konnte, so erfährt diese Anschauung doch 
noch eine bedeutende Unterstützung durch das Vorhandensein 
einer zweiten derartigen, ihr nahezu parallelen 
Spalte, bei der zahlreiche Aufschlüsse und andererseits die 
verschiedene Streichrichtung in den zusammentreffenden Schich- 
tensystemen die Verwerfung als ganz unzweifelhaft 
constatiren lassen. Die zweite Verwerfungsspalte beginnt auch 
an der Grenze der Phyllitformation bei Dittmannsdorf und 
gebt bis in die Nähe von Lengefeld, wo sie auf die Kunner- 
steiner Spalte stösst und sich mit ihr vereinigt. 

Der beste Aufschlusspunkt, an dem man die ganze Ver- 
werfung übersieht, findet sich an einem Eisenbahnanschnitt, 
400 Meter nördlich von der Haltestelle Waldkirchen. Fig. 2. 
Taf. X. giebt eine Abbildung dieses Aufschlusses im gleichen 
Verbaltniss der Hohe und Lange mit Darstellung nur der auf- 
geschlossenen Partieen; die in der Zeichnung weiss gelassenen 
Stellen sind mit Laubholz bestanden oder mit Bruchstücken 
und anderem Schutt bedeckt. Im südlichen Ende des Profils 
steht ein typischer dunkler Glimmerschiefer an; er 
streicht geogr. N 60° O und fallt 30° nach NW ein Kurz 
vor dem nördlichen Ende des Anstehenden gewahrt man eine 
fast senkrecht etehende Kluft im Schiefer, eine jener Klufte, 
die überall im Erzgebirge Erzschürfungen veranlasst haben. 
Dann folgt nach einer 17 M. langen Strecke ohne Aufschluss 
ein circa 10 M. mächtiger Gang, an dessen Saalbandern sich 
schwache Einschnitte das Thalgebänge hinabziehen. Das Ge- 
stein des Ganges besteht aus stark zersetzten Glimmer- 
schiefer-Bruchstucken, die durch eisenschüssigen, dich- 


*) Bei meinem Besuche von Zöblits hat mir Herr Director Winset- 
mann über die Lagerungsverhältnisse bereitwilligst Auskunft ertheilt, wofür 
ich ihm auch hier zu danken Gelegenheit nehme. 


727 


ten Quarz und fleischrothen Baryt verkittet sind. Nach 
einer 15 M. langen Strecke ohne Aufschluss beginnt hel-ler 
Gneissglimmerschiefer mit Grauat und einer einge- 
schalteten quarzreichen Schicht. In diesem Schiefer, der geogr. 
N 62° W streicht und 27° nach NO einfällt, zeigen sich zwei 
Klufte; bei der nördlichsten derselben kann man an einer 
kleinen Stelle eine Aufbiegung der Schichten nach oben wahr- 
nehmen. Die Schieferpartie, die nun an dieser Stelle gar nicht 
aufgeschlossen ist, hat, wie sich aus der Zeichnung ergiebt, 
eine Mächtigkeit von nur etwa 12 M. Nun enthalt aber der 
helle Gneissglimmerschiefer mit accessorischem Granat nicht 
ein einziges Blatt von dunklem Magnesiaglimmer, nicht die 
geringste Einlagerung von dunklem Glimmerschiefer. Der 
dunkle Glimmerschiefer südlich vom Gang euthält seinerseits 
keinen Granat, keine kleine Linsen von hellem Gneissglimmer- 
schiefer. Es fehlt jede Spur von Uebergang zwi- 
schen zwei weit voneinander verschiedenen Ge- 
steinen, trotzdem dass nur eine Schicht von circa 
12 M. Machtigkeit der Beobachtung nicht zugang- 
lich ist. Wir sind somit gezwungen, den Baryt - Breccien- 
Gang als Aasfullung einer Verwerfungsspalte zu betrachten. 

Nordöstlich von diesem Aufschlusspunkte ragt in mäch- 
tigen Felsen auf dem Muhlbusch bei Dittmannsdorf ein Gang 
von einem Quarz-Breccien-Gestein empor. Letzteres 
besteht aus Brocken von Schiefer, die durch feinkörnigen 
Quarz mit meistens drusiger Ausbildung und Rotheisenstein 
verbunden sind. Der Rotheisenstein ist, obwohl er nur 
in centimeterdicken Platten von geringer Ausdehnung vor- 
kommt, Gegenstand bergmännischer Ausbeutung gewesen. Der 
Gang gebt, stets in grotesken Felsen emporragend, den Berg- 
abhang nach Dittmannsdorf hinab und hier steht sudwest- 
lich von ihm rother Gneiss an, nordöstlich von 
ihm dagegen Phyllit. Es findet sich hier somit genau 
dasselbe Verhaltniss wie am Kunnerstein. Das Lager rothen 
Goeisses trifft man nordöstlich vom Gang etwas weiter berg- 
aufwärts nach Witschdorf zu, an der Witschdorf - Dittmanns- 
dorfer Strasse anstehend und zwar mit derselben Machtigkeit, 
wie sie sich fur den rothen Gneiss südwestlich vom Gange 
durch die Aufnahme ergiebt. Das Profil Fig. 1. Taf. X. zeigt 
diese Verwerfung;, es durchschneidet den verwerfenden Gang 
an einem Ostende auf dem Müblbusch unter sehr spitzem 
Winkel. | 

Einen ähnlichen Gang finden wir westlich vom Holzel 
zwischen Waldkirchen und Krummhermersdorf. An seinem 
Ende tritt er genau auf der Grenze zwischen dunklem Glim- 
merschiefer und hellem Gneissglimmerschiefer mit Granat auf; 





C2 ten aw 


728 


er besteht daselbst aus stark zersetzten Bruchstucken von 
dunklem Glimmerschiefer und aus eisenschüssigem, drusigem 
Quarz oder Hornstein; ausserdem findet sich etwas Baryt und 
Flussspath in Würfeln und auch in kleinen selbstständigen 
Octaédern. Weiter nach Westen geht der Gang von der 
Crenze ab und nördlich in den hellen Gneissglimmerschiefer 
hinein; er steht hier nicht an, doch finden sich auf den Fel- 
dern ganze Wagenladungen von licht röthlichem, sehr reinem 
Baryt in bis kopfgrossen Stücken. Erze wurden jedoch nicht 
wabrgenommen, auch scheint der Gang hier quarzärmer zu 
sein. Die Schichten streichen an diesem Gang zu beiden 
Seiten desselben ibm fast parallel. 

Die drei beschriebenen Gänge stehen alle fast senkrecht 
and liegen alle hintereinander auf einer nordwestlich strei- 
chenden Linie, die als die Waldkirchener Verwer- 
fungsepalte bezeichnet werden kann. Die Verwerfung wird 
ausser durch die gegebenen Profile noch durch das plötz- 
liche Abschneiden sehr wohl charakterisirter 
Schichten bewiesen. So endigt auf der Götzhöhe ein am 
unteren Ende von Gornau beginnendes und immer mächtiger 
werdendes Lager von dunklem Gneissglimmerschiefer plötzlich 
an einer Linie, die mit der allgemeinen Streichrichtung des 
Schiefers einen Winkel von circa 40° macht. Ferner wird bei 
Neunzehnhain, unfern Lengefeld, ein Lager von dunklem 
Glimmerschiefer durch diese Linie Dittmannsdorf - Lengefeld 
gerade rechtwinklig gegen die Streichrichtung abgeschnitten. 
Zwischen Morgensteros - Kuppe und den Boruwald - Häusern 
findet sich eine gleich scharfe Grenze zwischen hellem Glim- 
merschiefer mit accessorischem Granat und hellem Gnaeiss- 
glimmerschiefer mit Granat; die zusammenstossenden Schichten 
haben auch hier wie bei Neunzehnbain ein sehr verschiedenes 
Streichen, wie dies in dem Profile Fig. 10. Taf. X. wieder- 
gegeben ist. 

Diese Waldkirchener Verwerfungsspalte besitzt, wie eben 
auch die Kunnersteiner, keineswegs einen genau gerad- 
linigen Verlauf. Nicht nur dass bei beiden schwache 
Krammungen vorhanden sind, es finden sich bei beiden auch 
scharfe einspringende Winkel. So hört an der Klatsch- 
müble bei Wünschendorf die Kunnersteiner Spalte plötzlich 
auf und ist dann jenseits des Lauterbach circa 300 M. weiter 
westlich wieder zu constatiren. Einen ähnlichen Winkel macht 
die Waldkirchener Verwerfungsspalte im Holzel. Diese Un- 
regelmässigkeiten im Verlauf der Spalten geben sich auch 
durch dag Auftreten von Quarz-Breccien-Gängen 
seitwärts von den Verwerfungsspalten, aber doch 
in ihrer Nähe zu erkennen. So wurde ein Gang an der 


729 


Galgenfichte auf der Götzhöbe, gerade nördlich von Zschopau, 
zu Chausseematerial abgebaut. Er besteht aus stark zersetzten 
Brocken des Nebengesteins, dunkler Glimmerschiefer, aus 
drusigem Quarz und Rotheisenerz. 

Noch eine Erscheinung verdient Erwähnung, die mit den 
beiden Verwerfungsspalten in Verbindung zu steben scheint. 
In dem zwischen denselben befindlichen Keil von Glimmer- 
schiefer gewahrt man auf den flachen, beackerten Hügeln, 
südlich und nördlich von Waldkirchen und auch in der Ge- 
gend von Bornichen eine Menge Felsriffe, die alle ein 
nordwestliches Streichen und nach Südwesten einen Steilabfall 
besitzen, während sie nach Nordosten ganz flach verlaufen. 
Da sie alle dasselbe Streichen wie die Verwerfungsspalten 
haben, so wird man nicht irren, wenn man annimmt, dass die 
geologischen Vorgänge, welche die Verwerfungen zur Folge 
batten, auch gleichzeitig in dem Glimmerschiefer die Disposition 
zur Kiffbildung mit einseitigem Steilabfall erzeugten. Man 
wird zu dieser Annabme um so geneigter sein, wenn man in 
Erwägung ziebt, dass auch der Zschopauer Erzgang, bei dem 
sich eine Verwerfung nicht constatiren liess, der Kunnersteiner 
und der Waldkirchener Spalte parallel streicht. 


3. Der Silbererzgang von Zschopau, 


Oestlich von der Stadt Zschopau, auf dem rechten Ufer 
der Zschopau, befindet sich auf der Krammhermersdorfer Flur 
die Heil. Dreifaltigkeit-Fundgrube, die mit dem Karl- 
und Neu - Schacht noch bis jetzt auf silberhaltigen Bleiglanz 
gebaut hat. Doch dürfte jetzt die Grube bald zum gänelichen 
Erliegen kommen, allerdings, wie es scheint, nicht aus Mangel 
an abbanwardigem Material. Der Zschopauer Erzgang streicht 
geogr. N 50° W und fällt sehr steil nach Nordosten ein; er 
gehört zu den barytischen Bleigängen und besteht also 
aus Baryt, sparlichem Flussspath und aus Bleiglanz, der in 
der Mitte des Ganges durch Knollen in dem schneeweissen, 
grobkrystallinischen Baryt steckt. Die Machtigkeit desselben 
beträgt in den Theilen, die ich besuchen konnte, bis über 
2 M.: FREIESLEBEN giebt jedoch die Mächtigkeit selbst zu 80 
bis 320 Zoll an.*) Ausser Bleiglanz findet sich noch etwas 
Arsenkies und auf einem besonderen (sange mit einem anderen 
Streichen Buntkupferkies. Bekannt ist die Heil. Dreifal- 
tigkeit-Fundgrube noch wegen des Vorkommens von Pyro- 


*) Faeıestegen: Die sächsischen Erzgänge, 2. Abtheilung: die Erz- 
gänge im Marienberger Revier; im dritten Extraheft des Magasins für 
die Oryktographie von Sachsen, Freiberg 1845. 


730 


morpbit; die Krystalle erreichen eine Länge von 20 Mm. 
auf 8 Mm. Dicke und sind meist nur wenig tonnenformig ge- 
krummt. Unbeschadigte Krystalle sah ich unter dem noch in 
der Zeche befindlichen geförderten Material nur wenige; sie 
haben die Form oo P, OP; kleinere Kryställchen seigten noch 
ausserdem © P 2 und P. Am Ende ausgebildete Krystalle 
sind schon deshalb seltener, weil die Pyromorphiteaalchen in 
schmalen Spalten vorkommen und meistens mit dem empor- 
wachsenden Ende die andere Spaltenwand oder von dorther 
anschiessende Krystalle berührt haben. Der Pyromorphit findet 
sich sowohl in der Mitte späthiger Barytgange, als auch un- 
mittelbar auf Kluften des stark zersetzten dunklen Glimmer- 
schiefers. 


4. Anderweitige Erzgänge und genetische Verhältnisse. 


Ausser auf der Heil. Dreifaltigkeit-Fundgrube hat in der 
Umgegend von Zschopau noch ein nicht unbedeutender Berg- 
bau auf Silbererze in älteren Zeiten stattgefunden; man 
trifft noch häufig auf Stollenmundlocher und kleine Halden. 
In FREIESLEBEN’S citirter Arbeit findet man eine Menge Gruben 
angeführt mit theilweiser Angabe des Streichens und Fallens und 
der Machtigkeit der Gänge. Die meisten Graben haben sich noch 
in der Nähe der Heil. Dreifaltigkeit-Fundgrube und bei Gries- 
bach, an dem von Drehbach herkommenden Thälchen gefunden. 

Nicht ganz unbedeutend scheint auch der Bergbau auf 
Eisenerz gewesen zu sein; er hat namentlich in der Um- 
gegend von Gornau und Weissbach stattgefunden, wo man 
auch noch auf den Feldern nicht selten Stücke von Rotheisen- 
stein findet. Nach den Angaben FREIBSLEBEN’s haben auch 
diese Gänge, die eben zu derselben Formation gehörten, wie 
die oben erwähnten Gänge der Waldkirchener Verwerfungs- 
spalte, dasselbe nordwestliche Streichen besessen wie diese. 
Noch vor circa 40 Jahren wurde wöchentlich eine Wagen- 
ladung Eisenerz nach Potschappel bei Dresden gefahren, und 
die Chaussee von Gornau nach Waldkirchen fuhrt noch jetzt 
den Namen der Eisenstrasse. 

Ausser Zusammenhang mit diesen Bleiglanz- und Roth- 
eisensteingängen steht ein kleiner Gang, der an der Strasse 
von Weissbach nach dem Griesbacher Kalkwerk im Wilisch- 
thal, unweit des letzteren erschürft worden ist. Das Gang- 
gestein besteht aus Quarz, derbem Granat und lauchgrünem 
Augit; in dieser Masse, die also zu den bei Geyer mit dem 
Namen „Wacke“ belegten Ganggesteinen gehört, finden sich 
kleine Partieen von Zinkblende. Das Vorkommoiss ist nicht 





731 


abbauwurdig und steht im Zschopauer Glimmerschiefergebiet 
ganz vereinzelt da. 

Der Zschopauer barytische Bleigang und auch 
alle anderen edien Bleigänge, soweit nur die Stelle ihrer Ab- 
baue bekannt wurde, setzen im dunklen Glimmerschiefer 
auf; die Rotheisenstein-führenden Quarz-Breccien- 
Gänge befinden sich sämmtlich im hellen Glimmer- 
schiefer und zwar führen die beiden Gänge, der nördlich 
vom Bahnhof Waldkirchen und der südlich von Waldkirchen 
in der Näbe des Hölzel beschriebene, die auf der Grenze von 
hellem und dunklem Glimmerschiefer aufsetzen, ausser Quarz 
und Rotheisenerz auch Baryt und z. Th, Flussspatb, aber kei- 
nen Bleiglanz Man wird durch dieses Verhalten unmittelbar 
an die von Herm. MOLLER nachgewiesene veredelnde Ein- 
wirkung des grauen Gneisses auf die Erzgange im 
Gegensatz zu der verunedelnden des rothen Gneisses erinnert. 
Nun hat SchEERER bereits nachgewiesen, „dass Quarz und 
Feldspath — deren Gesammtmasse im grauen Gneiss 20 pCt. 
weniger beträgt als im rotben — nicht veredelnd wirken kön- 
nen“; dagegen kommt er im Hinblick auf den in der Nähe 
der Erzgänge stets gebleichten Magnesiaglimmer zu dem 
Schlusse, dass „der graue (sneiss durch seinen schwarzen 
Glimmer pracipitirend auf die Erzmassen der Gange gewirkt 
hat*.*) Die Unabhängigkeit des veredelnden Einflusses von 
dem Gehalt an Feldspath tritt auch bei dem Zschopauer Erz- 
gang hervor; der dunkle Glimmerschiefer wirkt 
ebenso veredelnd wie der graue (sneiss. Betreffs 
der Erklärung der veredelnden Wirkung des Magnesiaglimmers 
möchte man jedoch noch einen Schritt weiter gehen. 

In Hera. Crepner’s Arbeit über die Mineralgänge in der 
sächsischen Granulitformation **) ist in uberzeugendster Weise 
nachgewiesen worden, wie die Species und die relative Menge 
der auf Gangen ausgeschiedenen Mineralien stets von dem 
Nebengestein abbangig sind. Die Lateralsecretions-T heo- 
rie hat damit wieder neue Stützen empfangen. So darf man 
vielleicbt auch die Bleigänge und die Rotheisenerzgänge direct 
auf das Nebengestein zurackfabren. Die hellen Glimmer- 
schiefer enthalten stets eine bedeutende Menge von Eisen- 
glanzkörnern, die gerade derjenige Gemengtheil sind, der 
zuerst von den Atmospharilien und Sickerwassern angegriffen 
wird. Beim dunklen Glimmerschiefer ist nun der Magnesia- 
glimmer leicht zersetzbar und er dürfte wohl derjenige 
Gemengtheil sein, der nicht sowohl präcipitirend 


*) Scagenga: Die Gneisse, 1. c. pag. 79. u. 91. 
°°) Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. XXVII. 1875. pag. 104. 


132 


auf die Erzmassen gewirkt, sondern sie aberhanpt 
geliefert hat. Es werden daher genaue Analysen von 
grosseren Mengen Magnesiaglimmer, als mir aus dem Glimmer- 
schiefergebiet zu Gebote standen, auszuführen nothig sein, mit 
besonderer Rücksichtnahme auf schwere Metalle. In den bei- 
den oben mitgetheilten Glimmerschiefer - Analysen konnten 
Spuren von Blei allerdings auch im hellen Glimmerschiefer 
nachgewiesen werden. In den Präparaten von dunklem Glim- 
merschiefer, der auch Spuren von Blei enthalt, konnten an- 
dere Erzpartikel , als solche, die mit grosser Bestimmtheit 
als Eisenglanz zu erkenuen waren, trotz vielen Suchens nicht 
aufgefunden werdeu. Die Theorie, dass der Magnesiaglimmer 
die Ursache des Erzreichthums des sächsischen Erzgebirges 
ist, eutbehrt noch sehr des Beweises; ich glaubte jedoch die- 
jenigen Vermuthungen mittheilen zu dürfen, die sich mir bei 
den kartographischen Aufnahmen und den Untersuchungen zu 
Hause aufgedrängt haben. 


5. Die Faltung des Zschopauer Glimmerschiefergehiets. 

Aus den von LinpNER und SCHMIDHUBER aufgezeichneten 
Beobachtungen zog bereits NAUMANN in der geognostischen 
Beschreibung des Königreichs Sachsen pag. 116. den Schluss, 
dass „der in der Umgegend der Stadt Zschopau unter dem 
Glimmerschiefer hervortretende Gneiss vom Mittelpunkte seiner 
Verbreitung aus fast nach allen Weltgegenden flach einfallt, 
und daher eine, unter dem Schiefer ausgespannte, gauz flache 
Kuppel bildet“. Wie aus einer Bemerkung auf Seite 121 1. c. 
hervorgeht, scheint Naumann in Uebereinatinmung mit seinen 
damaligen Ansichten über die Entstehung der Urschiefer auch 
für die Zschopauer Partie der Meinung gewesen zu sein, dass 
„die Lagerangsverhaltnisse durch die, bei der Ausbildung des 
Gneisses selbst thatig gewesenen Krafte bedingt worden 
seien“. 

Man muss ohne Weiteres zugeben, dass eine derartige 
Auffassung an und für sich wohl zulässig und in den Structur- 
verhältnissen der Urschiefer selbst begründet ist. Es offenbart 
sich ja überall die linsenformige Structur, worauf schon oben 
hingewiesen wurde. Wenn man an manchen grossen Auf- 
schlüssen, wie am Nordende des Ziegenrücks, Linsen von 
mehreren bundert Meter Längendurchmesser mit einem Blicke 
zu übersehen in der Lage ist, so muss man auch zugeben, 
dass sich eine derartige Lagerung auch auf mehrere Kilometer 
ausdehnen kann. In diesem Sinne hat auch wirklich F. Hoca- 
STETTER in seinen Geognostischen Studien aus dem Böhmer- 


133 


wald*) die Granulitvorkommnisse von Krumau, Prachatitz und 
Christiansberg „als grosse ellipsoidische Stöcke mit concen- 
trisch-schaligem Bau, die den krystallinischen Schiefern ein- 
gelagert sind,* gedeutet. 

Allein for das Glimmerschiefergebiet von Zschopau ist 
eine derartige Auffassung unzulässig. Aus den directen Beob- 
achtungen and der Uebereinstimmung aller theoretischen Beob- 
achtungen ergiebt sich, dass hier eine Antiklinale paral- 
lel der Langsaxe des Erzgebirges vorbanden ist, die 
ihre Entstehung nicht Structurverhältnissen des Aufbau-Mate- 
rials, sondern wohl der nachträglichen Erhebung des Erzgebirges 
überhaupt ihre Entstehung verdankt. 

Aus den kartographischen Aufnahmen und Messungen des 
Streichens und Fallens der Schiefer ergiebt sich zuerst, dass 
der Bau des Zschopauer Glimmerschiefergebiets nicht ein 
kuppelformiger mit einem Mittelpunkt ist, sondern dass 
hier ein circa 7 Kilom. langer Sattel vorliegt, eine Antikli- 
nale, deren Scheitellinie von Scharfenstein auf dem rechten 
Ufer der Zschopau über den Ziegenrück, den Zschopenberg, 
dann durch das Thal der Zechopau bis in die Nähe von 
Unter-Waldkirchen verläuft. Die Muldenlinie, welche diese 
Antiklinale von dem südlich davorliegenden Glimmerschiefer- 
gebiet des Adlersteins trennt, ist die oben angegebene süd- 
östliche Grenzlinie des Zschopauer Gebiets, eine Linie unge- 
fäbr von Scharfenstein nach. Nordosten. 


Der erste Beweis, dass die Antiklinale die Folge einer. 


nachträglichen Faltung der Urschiefer ist, ist zwar nur ein 
negativer, aber doch ein sehr gewichtiger. Er besteht namlich 
in dem gänzlichen Fehlen borizontal liegender 
Schichten. Ueberall seitlich von der angegebenen Sattel- 
linie trifft mao entschieden nach Nordwesten oder Südosten 
einfallende Schiefer. Selbst auf der Sattelliuie konnten nur 
an einer Stelle in der Nahe des nördlichen Gipfels des Ziegen- 
racks horizontalliegende Schichten nachgewiesen werden; auf 
dem Zschopenberg z. B. gewahrt man dagegen an einer Reihe 
von Aufschlüssen stets ein Einfallen von circa 20 Grad nach 
einer oder der anderen Seite. Sollte eine Deutung des Zscho- 
pauer Gebiets als grosse Linse zulässig sein, so müssten 
durchaus bei dem überall in der Peripherie nur schwachen 
Einfallen der Schichten in der centralen Langsachse auch ho- 
rizontal liegende Schichten weiter verbreitet sein, wie Hocx- 
STETTER sie fur das Prachatitzer Granulitgebirge zu consta- 
tiren im Stande war**) dessen randliche Partieen ein noch 


*) Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1854., 5. Jahrg., pag. 66. 
) 1. c. pag. 49. 





=. (LTT CD eee es Ret n nd À. 


Ne ant ae © 


7134 


viel steileres Einfallen aufweisen, als die Glimmerschiefer um 
Zschopau. 

Der zweite Grund, warum die Zschopauer Antiklinale 
keine Stracturlinse sein kann, liegt in dem Feblen quer 
gegen die Längsaxe streichender Schichten an 
dem Sudwestende des Gebietes; das Nordostende ist ja durch 
die Wuldkirchener Verwerfungsspalte abgeschnitten. Der Man- 
gel an solchen Schichten ist aber nicht weiter auffallig, sobald 
man den Sattel durch eine Faltung, gewiss mit Aufbrechung 
der Schichten, erklärt. 

Ein directer Beweis für die Faltung liegt ferner in der 
schnellen Umbiegung, die zwei weniger mächtige Lager 
an der Sattellinie erlitten haben. Geht man von der Stadt 
Zschopau über den Zschopeuberg, so trifft man gleich am 
Fuss des Berges hinter dem Gasthaus zum goldnen Stern ein 
wenig mäcbtiges Lager zweiten Ranges von hellem Gneiss- 
glimmerschiefer mit Granaten (cfr. das Profil Fig. 8. Taf. X.). 
Dieses Lager fallt nach Nordwesten. Oben auf der Hohe des 
Zschopenberges steht dann in einem kleinen Bruche diese 
Schicht in noch geringerer Mächtigkeit mit einem Einfallen 
nach Sudosten an. Dass diese beiden Aufschlüsse sich auch 
wirklich auf dieselbe Schicht beziehen, geht daraus hervor, 
dass die beiden Vorkommnisse nach Südwesten verfolgt werden 
können, bis sie sich an der neuen Marienberger Chaussee 
vereinigen: das Lager von hellem Gneissglimmerschiefer mit 
Granat ist bier in seinem Streichen aufgeschlossen. Ueber- 
haupt kann man an dieser Strasse das schnelle Umbiegen der 
Schichten gut an continuirlichen Aufschlüssen beobachten; auf 
einer Strecke von nur einem Kilometer constatirt man eine 
Veränderung der Streichrichtang um circa 150 Grad. Eine 
ebenso schnelle Wendung macht der an Machtigkeit immer 
mehr verlierende Theil eines Lagers von hellem Glimmer- 
schiefer mit Granaten, das sich von den Gaushaosern an der 
alten Marienberger Chaussee bis über den Ziegenrück hinzieht. 
Dasselbe könnte jenseits der Sattellin.e auf der Westflanke des 
Ziegenrücks nicht soweit nach Norden vordringen, wie es der 
Fall ist, wenn dem ganzen Bau des Gebirges die Form einer 
Linse zu Grunde läge. 

An dieser Stelle muss schliesslich noch erwähnt werden, 
dass sich im Thal der Zschopau eine geringe Verwer- 
fung parallel der Sattellinie von Scharfenstein etwa 
bis Zschopau zu erkennen giebt. Das eben zuletzt erwähnte 
Lager von hellem Glimmerschiefer mit Granat tritt am Cotta- 
Denkmal bis an das Niveau der Bahn herab; auf dem jensei- 
tigen Ufer der Zschopau findet man zahlreiche Lesestucke 
dieses Schiefers anf dem bewaldeten Abhange auf eine ziem- 





735 


liche Strecke in einem circa 25 Meter hoheren Niveau. Sud- 
lich von der Haltestelle Wilischthal findet man die Grenze 
zwischen hellem und dunklem Glimmerschiefer auf dem linken 
Ufer circa 250 Meter weiter thalabwarts, als auf dem rechten. 
Aus beiden Beobachtungen ergiebt sich übereinstimmend eine 
Hebung des linken, resp. Senkung des rechten Ufers. Auch 
bei Scharfenstein macht sich die Annahme eirer solchen ge- 
ringen Verwerfung nöthig, jedoch sind die Verhältnisse da- 
selbst durch das coupirte Terrain so schwierig, dass eine Dar- 
stellung ohne Beigabe einer genauen Höhenkarte nicht mög- 
lich ist. 

Auch diese Verwerfung im Zschopaa- Thale spricht zu 
Gunsten einer Störung des Gebirgsbaues im Zschopauer Ge- 
biete durch eine Faltung. Manche andere Verhältnisse, die 
dieser Ansicht zur Stutze dienen, „werden noch in den fol- 
geu Abschnitten zur Sprache kommen. 


6. Die Faltung des Glimmerschietergebiets vom Adlerstein. 


Das im Südosten mit dem Zschopauer Gebiete zusammen- 
hangende Glimmerschiefergebiet vom Adlerstein hat gleichfalls 
eine Faltung erlitten; doch ist dieselbe nur sehr gering. 
Da dieses ganze Gebiet von einem einzigen grossen Walde 
eingenommen wird, so sind Schichtenmessungen nur an den 
nicht sparlichen Felsenriffen auf den Gipfeln der Berge und 
an einigen Stellen im Lauterbach - Thale möglich. Es ergiebt 
sich, dass im nordöstlichen Theile des Gebietes die Schichten 
am Langen Stein horizontal liegen (cfr. das Profil Fig. 8. 
Taf. X.); südwestlich von dort am Weissen Stein und Donner- 
berg nach Nordwesten einfallen. Die Axe des Sattels fallt 
mit dem Lauterbach - Thale zusammen; sudöstlich von dem- 
selben fallen die Schichten am Weissen Ofen, Adlerstein u. s. w. 
(cfr. das Profil Fig. 8. Taf. X.) schwach nach Südosten. Wir 
haben also hier wieder eineu Fall, dass, wie Naumann hervor- 
hebt, der Glimmerschiefer unter den Gneiss einzu- 
fallen scheint. Es erklärt sich dieses Verbaltniss aber 
sehr einfach dadurch, dass nun südöstlich vom Adlerstein sich 
die Schichten wieder muldenförmig aufbiegen, der Glimmer- 
schiefer dagegen, der hier dem Gneisse aufliegen würde, von 
den Atmosphärilien etc. zerstört ist; es wurde schon erwähnt, 
dass der Glimmerschiefer des Adlerstein viel über das südlich 
davorliegende Gneissgebiet emporragt. 


7. Die Faltung des Glimmerschieferkeils zwischen der Kunnersteiner 
und der Waldkirchener Verwerfungsspalie. 


Die Schichten des zwischen zwei Verwerfungsspalten ein- 
geklemmten Keils von Glimmerschiefer lassen sich nur in 











736 


seinem nordwestlichsten Theile mit denen des Glimmerschiefer- 
gebiets von Zschopau identificiren. Das Lager von rothem 
Gneiss bei Dittmaunsdorf findet sich in beiden Gebieten mit 
nahezu derselben Streichungsrichtung; wie an ibm die Ver- 
werfung zu erkennen ist, wurde bereits oben mit Hilfe des 
Profils Fig. 1. Taf. X. erläutert. Die darunter liegenden 
Schichten von hellem Glimmerschiefer wenden sich nun von 
Witzschdorf an uber Waldkirchen immer mehr nach Osten, 
bis ihr Streichen ungefabr in der Gegend von Bornichen, circa 
3 Kilom. südöstlich von der Sattellinie des Zechopauer Ge- 
biets, senkrecht auf derselben steht; von hier aus behalten die 
Schichten des Keila ungefähr dasselbe Streichen, bis er durch 
das Zusammentreten der beiden Verwerfungsspalten sein Ende 
findet. 

Es giebt sich also auch in diesem Glimmerschieferkeile 
eine wenn auch nur ganz schwache Faltung zu erkennen 
und zwar eine Faltung in derselben Richtung im Allgemeinen, 
wie die des Zschopauer Gebiets. Eine Vergleichung mit letz- 
terem im Einzelnen ist leider unmöglich; ausser dem Lager 
des rothen Gneisses findet man nur etwa sudlich von Wald- 
kirchen in der Gegend des Hulzel eine Andeutung, dass sich 
daselbst die tiefsten Schichten der Zone hellen 
Glimmerschiefers befinden, darin, dass sich hier accesso- 
rische Blattchen von Magnesiaglimmer einstellen. 

Es mag gleich an dieser Stelle erwabat werden, dass 
dieser Glimmerschieferkeil mehrere Lager von Kalkstein 
enthalt. An dem Eisenbahneinschnitt mitten zwischen der 
Haltestelle Witzschdorf and dem Bahnhof Waldkirchen sieht 
man eine Linse von Kalkstein von uur 1 M. Lange and !/ M. 
Mächtigkeit dem hellen Gneissglimmerschiefer mit Granaten 
eingelagert. An dem Bergabhang finden sich dann noch einige 
Schurflöcher auf Kalkstein. Ungefähr in demselben Niveau 
treten in demselben Gestein 6'/, Kilom südöstlich von diesem 
Vorkommoiss drei Kalklager auf, an der Klatschmuble bei 
Wünschendorf, an den Kalköfen im Lauterbach-Thal bei Neun- 
zebnhain und am Oestlich am Fusse des Lampersberges. Auf 
allen drei Lagern ist der unterirdische Abbau zum Erliegen 
gekommen. Alle drei Lager bestauden aus reinem koblen- 
sauren Kalk; Erze sind in Verbindang mit denselben nach 
den mir gemachten Mittheilungen nicht vorgekommen, doch 
konnte ich auf der kleinen Halde am Fuss des Lampersberges 
ein Handstuck schlagen, dessen eine Flachseite aus reinem 
Kalkstein, die andere aus mit Calcit und Serpentin durch- 
mengtem Magneteisenstein besteht. In dem Lager an der 
Klatschmühle bei Wunschendorf ist Wollastonit vorgekommen, 
ich konnte jedoch auf der Halde nichts mehr finden. 


737 


8. Die mittlere Partie der Zschopauer Antiklinale. 


Es kann nicht beabsichtigt werden, hier eine langweilige 
Beschreibung des Verlaufes der Grenzen in dem kleinen Zscho- 
pauer Gebiet zu geben. Es soll in den folgenden Zeilen nur 
noch auf einige Verhältnisse aufmerksam gemacht werden, die 
entweder fur die Erklärung dieses Gebietes oder für die Er- 
kenntniss der Eigenthümlichkeiten der archaischen Formation 
überhaupt von Interesse sind. 

Als centrale Partie der Zschopauer Antiklinale 
sind die Schichten von dunklem Glimmerschiefer, also die un- 
tere Abtheilung der Glimmerschieferformation auf beiden Flu- 
geln der Antiklinale, zusammengefasst worden. Sie bilden 
mehr in orographischer als geognostischer Beziehung eine „cen- 
trale“ Partie, Wie oben erwahnt, liegt namlich diese Partie 
tiefer als die ringsum sich erhebenden Berge von durch die 
Atmosphärilien schwer angreifbaren hellen Glimmerschiefern. 

Es gelang nicht, irgend eine Relation zwischen dem Vor- 
kommen der ganz normalen, typischen Varietäten des dunklen 
Glimmerschiefers und dem der an Kaliglimmer reicheren auf- 
zufinden. Dagegen ist das Auftreten des dunklen 
Gneissglimmerschiefers bemerkenswerth, Bei Scharfen- 
stein und Gross - Olbersdorf tritt dieses Gestein unter dem 
dunklen Glimmerschiefer auf. Es bildet, nach einer gütigen 
Mittheilung des Herrn Dr. ScHaLcH, auf eine lange Strecke 
fast des Liegendste der Glimmerschieferformation gegen den 
Gneiss hin. Hier in der centralen Partie findet sich der 
dunkle Gneissglimmerschiefer als hangendstes Lager der Zone 
dunklen Glimmerschiefers, die bei der Besprechung der Glie- 
derung als untere Abtheilung der Glimmerschieferformation 
angegeben wurde. Man sieht hieraus, dass mit dem 
Namen Gneissglimmerschiefer durchaus weiter 
nichts, als ein petrographisches Verhaltniss an- 
gedeutet werden kann. Uebrigens findet sich der dunkle 
Gneissglimmerschiefer nur auf der nordwestlichen Seite der 
centralen Partie, im Südosten fehlt er in demselben Horizont 
ganzlich. 

Ganz ebenso verhalten sich eine Reihe von Quarzit- 
lagern, die ungefähr auf der Grenze zwischen hellem uud 
dunklem Glimmerschiefer vom Wilischthal an über Gornau bis 
Witzschdorf verfolgt werden konnten. Auf der Sudost-Halfte 
der centralen Partie tritt nur nördlich vom Nesselgrunde, un- 
weit Bornichen, ein Quarzitlager auf. 

In dem nordwestlichen Theil der centralen Partie bleiben 
jedoch die Quarzitlager, nur höchstens 2 Meter mächtig, 


Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIII, 4. 48 











738 


keineswegs stets genau in demselben Horizont; 
im Wilischtbal, bei Weissbach und Schlösschen Porschen- 
dorf, liegen sie ziemlich genau auf der Grenze zwischen hellem 
und dunklem Glimmerschiefer ; von Gornau bis uber die Gotz- 
hôbe zwischen dunklem Glimmerschiefer und dem darüber 
liegenden dunklen Gneissglimmerschiefer und schliesslich sud- 
lich von Witzschdorf in dem letzteren Gestein. Hier zeigt 
sich wiederum das schon oben besprochene Herausgehen einer 
Reihe von Lagern aus einem bestimmten Niveau in ein anderes. 


9. Nordwestlicher Flügel der Antiklinale. 


Auf dem nordwestlichen Flugel der Zschopauer Antikli- 
nale folgen auf den dunklen Glimmer- resp. (ineissglimmer- 
schiefer die Schichten des hellen Glimmerschiefers 
und rothen Gneisses, welche die obere Abtheilung der 
Glimmerschieferformation bilden. Die Lager sind mit denen 
der unteren Abtheilung durch petrograpbische und geognostische 
Uebergange verbunden; aber die Lager zweiten Ranges von 
dunklem Glimmerschiefer gehen nirgends weit über das Grenz- 
niveau hinaus und erlangen nirgends eine bedeutendere Mäch- 
tigkeit. In der Verbreitung der einzelnen Abarten des hellen 
Glimmerschiefers und in dem Wechsel derselben gelang es 
mir auch bier nicht, eine Gesetzmässigkeit aufzufinden; ob 
eine solche hervortreten wird, wenn Karten der Glimmer- 
schieferformation weiter nach Südwesten vorliegen werden, 
muss die Zukunft lehren. 

An der südwestlichen Grenze des Zschopauer Gebiets 
treten Lager von reinem Kalkstein auf; ihre Verbreitung ist 
beachtenswerth. Das Griesbacher Lager im Wielischthal und 
das Venusberger treten ungefähr in demselben Nireau, in den 
obersten Schichten des hellen Glimmerschiefers, auf; darauf 
folgt in einem tieferen Niveau im Thälchen, das von Venusberg 
nach Scharfenstein hinunterfubrt, wieder ein Kalklager, und 
in demselben Profil tritt schliesslicb in einem dritten noch 
tieferen Horizont an der Grenze zum dunklen Glimmerschiefer 
noch ein Lager von Kalkstein auf*) in dem Thälchen, das 
von Drebbach nordwärts führt: nordöstlich von diesem 
Profil findet man in der Zone hellen Glimmer- 
schiefers bis zur Waldkirchener Verwerfungs- 
spalte auch nicht eine Spur von Kalkstein. Da 
nicht die geringste Andeutung vorliegt, dass etwa durch Ver- 
werfungen parallel der Streichrichtung derselbe Horizont mebr- 


*) Nach einer freundlichen Mittheilung des Sectionsgeologen Herrn 
Dr. F. ScuaLch. 








739 


mals zur Beobachtung gelangt ist, so liegt in dieser Auf- 
einanderfolge von Kalklagern wieder ein ausgezeichnetes Bei- 
spiel vor fur die Verbreitung eines Gesteins der archaischen 
Formation nicht sowohl in Lagern nebeneinander, als vielmehr 
übereinander. 

Diese Kalksteine bestehen nach einigen vorhandenen 
Analysen aus reinem kohlensauren Kalk; in Ueberein- 
stimmung damit gewahrt man unter dem Mikroskop an fast 
allen Körnern eine polysynthetische Zwillingsstreifung; 
die wenigen Körner, die sie nicht aufweisen, sind nicht etwa 
Dolomitspath, sondern nur Korner von Kalkspath, deren 
Zwillingslamellen der Schlifffache nahezu parallel liegen. Als 
Verunreinigung treten Kornchen von Quarz and Blattchen 
von Glimmer auf; die in dem Griesbacher Kalklager auftre- 
tenden erlangen an der hangenden Grenzflache desselben eine 
bedeutende Grosse: es tritt dann noch rothlicher Orthoklas 
hinzu, um einen vollständigen petrographischen 
Uebergang zu Stande zu bringen in den rothen Gneiss, 
der dem Kalke auflagert. Der rothe Gneiss enthält seinerseits 
Körner von Kalkspath, die derart mit den Gemengtheilen des- 
selben verbunden sind, dass sie nicht als secundär aufgefasst 
werden können. 

Die obersten Schichten der oberen Abtheilung der Glim- 
merschieferformation bestehen auf dem nordwestlichen Flügel 
der Antiklinale aus rothem Gneiss. Derselbe tritt in der 
Nachbarschaft der Kalklager im Sudwesten in mehreren La- 
gern zweiten Ranges auf. Aber alle Lager von rothem 
Gneiss, die grossen wie die kleinen, sind stets 
vollkommen regelmässig zwischen die Schichten 
anderer Schiefer eingelagert; nirgends findet man 
abnorme Verbandverhältnisse, nirgends eine durch- 
greifende Lagerung: überall vielmehr folgt der 
rothe Gneiss nach Streichen und Fallen den ihn 
begrenzenden Schiefern. 


10. Südöstlicher Flügel der Zschopauer Antiklinale und das 
Glimmerschiefergebiet vom Adlerstein, 


Das Profil Fig. 10. Taf. X. zeigt von der Weiss-Leithe 
bis über Scharfenstein hinaus die regelmässige Auf- 
einanderfolge der beiden Abtheilungen der Glimmer- 
schieferformation, da, wo sie an der sudwestlichen Grenze des 
Zschopauer Gebiets noch nicht von der Faltung betroffen ist. 
Dieselbe regelmässige Sonderung der beiden Etagen gewahrt 
man nun auch in dem nordwestlichen Tbeil der beiden durch 
die Antiklinale gehenden Profile Fig. 7. und 8. Taf. X. Da- 


48” 


740 


gegen weisen diese beiden Profile in ihren sudostlichen Theilen 
die Durchdringung der beiden Abtheilungen der 
Glimmerschieferformation auf. Namentlich das Profil Fig. 8. 
zeigt einen mehrfachen Wechsel von Lagern von hellem und 
dunklem Glimmerschiefer. Aber dennoch kann man auch auf 
diese Gegend die einfache Gliederung in unteren dunkeln und 
oberen hellen Glimmerschiefer zur Anwendung bringen, und 
zwar auf Grund folgender Erwägung. 

Es gelangen auf der Karte des Zschopauer Gebietes die 
vollkommen geschlossenen Begrenzungen mehrerer Lager in 
der Horizontale zur Darstellung; da nun diese Lager stets 
nur auf einem Flügel der Antiklinale vorhanden sind, so müs- 
sen sie sich, gleichwie nach beiden Seiten, so auch nach 
oben, nach der Sattellinie zu, auskeilen, und sehr 
wahrscheinlich doch auch nach unten. Von den Lagern, welche 
durch die Sudost-Halfte des Profile Fig. 8. Taf. X. durch- 
schnitten sind, keilt sich nun das erste Lager von bellem 
Glimmerschiefer südöstlich vom Zschopenberge in der ange- 
gebenen Weise aus; wir sind also berechtigt, es als isolirtee 
Lager, eingebettet in dunklen Glimmerschiefer, 
in dem idealen Profil Fig. 9. Taf. X. einzuzeichnen. Dasselbe 
gilt von dem Lager dunkleu Glimmerschiefers, das zu beiden 
Seiten des Langen Steins aufgefunden wurde; die beiden Auf- 
schlüsse lassen sich übrigens zu einem Lager vereinigen, weil 
sie aufeinander zu gerichtetes Fallen aufweisen, und der helle 
Glimmerschiefer des Langen Steins horizontal gelagert ist. 
Wir können also dieses Lager als isolirt im hellen Glim- 
merschiefer eingelagert auffassen. Dann bleiben nur noch 
die zwei Lager bei Krummhermersdorf unterzubringen nbrig. 
Von diesen liegt das Lager von dunklem Glimmerschiefer 
zwischen zwei hellen von gleicher petrographischer Beschaffen- 
heit; es muss sich nothwendiger Weise nach oben zu ausge- 
keilt haben, denn auf dem nordwestlichen Flugel des Zacho- 
pauer Sattels ist es nicht vorhanden. Hat man so weit das 
ideale Profil ausgeführt, so ergiebt sich fast von selbst, dass 
sich das Lager von hellem Glimmerschiefer bei Krummhermers- 
dorf nach unten zu auskeilen muss. Das derartig idealisirte 
Profil Fig. 9. Taf. X. stützt sich somit in allen Punkten auf 
wirkliche Beobachtungen und bietet die einfachste 
Lösung der ganzen Durchdringung der beiden Abtheilungen 
der Glimmerschieferformation dar. Es lassen sich zwar auch 
noch audere Idealisirungen des Profils Fig. 8. Taf. X. aus- 
führen; aber keine stimmt so gut, wie die gegebene auch mit 
der kartograpbischen Darstellung überein. In dem etwas weiter 
nach Nordosten gelegten Profil Fig. 7. Taf. X. fehlt bereits 
das in dem idealen Profil als isolirt dargestellie Lager von 





741 


hellem Glimmerschiefer, während das unter dem Langen Stein 
befindliche isolirte Lager von dunklem Glimmerschiefer in 
diesem Profil an der Waldkirchener Verwerfungsspalte ab- 
schneidet. 

Dieses eben erwähnte Lager, sowie der darüber liegende 
belle Glimmerschiefer mit der nakten Felsenreihe des Langen 
Steins gehören bereits zum Glimmerschiefergebiet des 
Adlersteins und stellen den nordwestlichen Flügel der dor- 
tigen Antiklinale dar; nur liegen hier die Schichten zum Theil 
horizontal: die Faltung am Adlerstein ist auch, wie schon 
nachgewiesen wurde, eine viel schwächere gewesen als im 
Zschopauer Gebiet. 

Sonst ist aus diesem Gebiete nichts Besonderes zu er- 
wähnen, bis auf die Lager von Dolomit, welche am 
Weissen Ofen im Lengefelder Wald und am Hahn bei Lenge- 
feld auftreten. Das durch mehrere Verwerfungen zerstückelte 
Lager am Weissen Ofen (ausgezeichnet noch dadurch, dass 
keine Spur einer Wechsellagerung von Dolomit mit Glimmer- 
schiefer, also eines geognostischen Ueberganges wahrzunehmen 
ist, wie dies bei allen Kalklagern von Griesbach und Venus- 
berg der Fall ist) befindet sich nur etwa 2 Kilom. von den 
drei Kalklagern bei Neunzebnhain und Wanschendorf entfernt. 
Kalk und Dolomit treten hier nahe beieinander und noch dazu 
in petrographisch ein und demselben Gestein, hellem Gneiss- 
glimmerschiefer mit Granaten, auf —- aber zwischen ihnen 
geht die Waldkirchener Verwerfungsspalte durch. Die drei 
Kalklager gehören, wie schon oben erwähnt, dem Glimmer- 
schieferkeil zwischen den beiden Verwerfungsspalten an — die 
Dolomite vom Weissen Ofen und vom Hahn treten zufällig 
in demselben Schiefer, aber wohl in einem anderen geogno- 
stischen Schichtensystem auf. 


-V. Geogenetische Verhältnisse, 


In dem Zschopauer Glimmerschiefergebiet finden sich 
auch Eruptivgesteine; sie sind zwar räumlich sehr unbe- 
deutend, steben jedoch augenscheinlich in gewisser Bezie- 
hung zum Gebirgsbau. Ich habe bereits Gelegenheit ge- 
nommen, in einer besonderen Arbeit”) uber die petrographische 
Zusammensetzung und die Erscheinungsweise derselben Mit- 
theilung zu machen. Die Eruptivgesteine sind Syenit und 
dichter Syenit und Kersantit oder dichter Glimmerdiorit. 


*) Ueber einige Eruptivgesteine des sächsischen Erzgebirges, Neues 
Jahrb. f, Min. 1876. pag. 134. 


742 


Grobkörniger Syenit tritt nur an einer Stelle auf, nördlich von 
Scharfenstein; dagegen findet sich eine grössere Anzahl von 
Vorkommnissen von dichtum Syenit, Letztere Gesteine sind 
zwar nicht immer ganz dicht, doch dürfte es kaum möglich 
sein, in einem derselben obne mikroskopische Untersuchung 
die (semengtheile zu bestimmen; um nicht eine neue Benen- 
nung zu bilden und um nicht die allmalig aussterbende Be- 
zeichnung „aphanitisch* anzuwenden, babe ich sie unter dem 
Namen dichte Syenite zusammengefasst. Die kleinen Gange 
von Kersantit scheinen weniger häufig zu sein; sie unter- 
scheiden sich in der Art ihres Auftretens durchaus nicht von 
den dichten Syeniten, ausser etwa, dass sie durch den Einfluss 
der Atmosphärilien einer Auflösung in concentrisch schalige 
Kugeln unterliegen. 

Nur in den Thälern der Zschopau, der Wilisch und des 
Drehbaches findet man anstehendes Eraptivgestein aufge- 
schlossen; die Gänge, welche sich in ibrer Langsausdehnung 
eine Strecke verfolgen lassen, weisen alle ein Streichen 
ungefähr von NO nach SW auf, also parallel der 
Faltung des Zschopauer Gebietes, parallel der Erhe- 
bungsachse des Erzgebirges und senkrecht gegen die Haupt- 
verwerfungsspalten. Nur die vom Scharfensteiner grobkörnigen 
Syenit sich abzweigende feinkörnige Apophyse hat eine ab- 
weichende Streichrichtung; da dieselbe jedoch eben nicht als 
selbstständiger Gang auftritt, so widerspricht sie wobl nicht 
der allgemeineren Beobachtung vom Parallelismus der Eraptiv- 
gesteinsgange mit der Zschopauer Antiklinale. 

Aber nicht nur die Richtung der Gänge, sondern 
auch ibre Gruppirung in dem Glimmerschiefer- 
gebiet ist auffallig und beachtenswerth: sie treten nämlich 
alle in der Nahe der Sgttellinie auf, die grössere Menge 
auf der Strecke von Venusberg bis Zschopau. Gewiss sind 
dem Umstande, dass die Thaler der Zschopau und Wilisch 
auch gerade dieser (segend angehören, eine Anzahl von Auf- 
schlusspunkten der Eruptivgesteine zn verdanken; die Kersan- 
tite sind ja so leicht verwitterbar, dass sie auf dem Plateau 
des Gebirges nirgends aufgefunden wurden. Anders verhalten 
sich aber die dichten Syenite, durch ihren Kieselsäurereich- 
thum schwerer von den Atmosphärilien zerstörbare Gesteine. 
Ich habe dichten Syenit an 15 verschiedenen Stellen nachge- 
wiesen, an 7 derselben jedoch kein anstehendes Gestein auf- 
finden können: Bruchstücke auf dem Plateau unter den Schiefer- 
stucken der Lesesteinbaufen liessen das Vorhandensein des 
dichten Syenits constatiren. Fänden sich Gänge von dichtem 
Syenit auch weit seitwarts von der Sattellinie der Zechopauer 
Antiklinale, so bin ich überzeugt, dass es auch gelungen 





743 


wäre, sie nachzuweisen. Aber weder auf den Höhen bei 
Weissbach, Gornao, Dittmannsdorf, noch auf dem südlichen 
Flügel bei Gross-Olbersdorf, Krammbermersdorf, Bornichen, 
noch in dem Gebiete des Adlerstein wurde auch nar ein Vor- 
kommniss von Eruptivgesteinen constatirt. Die mir bekannt 
gewordenen 23 Vorkommnisse von Eruptivgestei- 
nen befinden sich alle in der Nahe der Sattellinie 
der Zchopauer Antiklinale. 

Bei den Eroptivgesteinen verdient noch ein Punkt Er- 
wähnung. Es ist bekannt, dass der von den älteren Minera- 
logen gemachte Unterschied zwischen gemeiner und basaltischer 
Hornblende durch die mikroskopischen Untersuchungen voll- 
kommen bestätigt worden ist. Man findet in den jungeruptiven 
Trachyten, Andesiten u. s. w. durchaus nur braungefärbte 
Hornblende, in den Dioriten, Syeniten und anderen älteren 
Eruptivgesteinen mit Ausnahme weniger Syenite stets nur mit 
grüner Farbe durchscheinend werdende Hornblende. Nun 
enthalten auch die Kersantite im Zschopauer Gebiet Horn- 
blende als Vertreter des Magnesiaglimmers, und diese Horn- 
blende ist stets braun, während die der Syenite und der 
dichten Syenite, sofern sie in letzteren wegen vorgeschrittener 
Umwandlung überhaupt noch zu beobachten ist, stets grün ist. 
Eine absolute Genauigkeit in der Entscheidung uber das Alter 
der Eruptivgesteine gewährt nun allerdings die Farbe der Horn- 
blende nicht; ich wollte jedoch nicht versäumen, auf dieses 
hier sehr auffallige Verbältniss aufmerksam zu machen. Es 
ist ja leicht möglich, dass dichte Syenite und Kersantite ver- 
schiedenen geologischen Epochen angehören. Geognostische 
Beobachtungen uber das Alter der Kersantite liessen sich nicht 
anstellen; dieselben wurden nicht einmal im Contact mit den 
dichten Syeniten beobachtet. Doch sind in einem Bruch im 
Basalt von Spechtshausen im Tharandter Wald Bruchstücke 
von Kersantit gefunden worden, die allerdings auch mikrosko- 
pisch mit denen des Zschopauer Gebiets identisch sind. — 


Die Richtung und Gruppirung der Eruptiv- 
gesteinsgänge im Zschopauer Glimmerschiefergebiet stimmt 
vollständig mit der Auffassung von der Entstehung unserer 
Gebirge und von der Abhangigkeit des Auftretens der 
Eruptivgesteine von geotektonischen Linien über- 
ein, wie sie in neuester Zeit z. B. von Sugss in seinem Werke 
„Die Entstehung der Alpen“ ausgesprochen wurde. Wir er- 
kennen aus den oben mitgetheilten architektonischen Verhalt- 





744 


nissen, dass die Zschopauer Antiklinale die Folge 
einer Faltung ist, einer Kraft, die normal gegen die erz- 
gebirgische Gebirgsrichtung wirkte. Ob diese Faltung vielleicht 
gleichzeitig mit der Erhebung des Erzgebirges stattfand, lasst 
sich bis jetzt nicht nachweisen. Bei der Faltung des Ge- 
birges hat nun wahrscheinlich eine Aufberstung der Anti- 
klinale stattgefunden; hierfür sprechen die oben erwähnte 
Verwerfung im Thal der Zschopau, die Anordnung der Eraptiv- 
gesteine und schliesslich namentlich auch geographische Ver- 
haltnisse, auf die in einem besonderen Abschnitt noch naher 
eingegangen werden wird. 

Wie sich im bayerischen Waldgebirge nach GOMBEL neben 
der herrschenden hercynischen Gebirgsrichtung 
auch die erzgebirgische, aber in untergeordneter Weise 
geltend macht, so erkennen wir im Zschopauer Gebiet neben 
der herrschenden erzgebirgiscben Richtung in dem 
Verlauf der Verwerfungsspalten den Einfluss der hercy- 
nischen Gebirgsrichtung. Und zwar will es scheinen, als 
ob die Faltung und die Verwerfungen zu derselben Zeit statt- 
gefunden haben; es zeigt doch auch der Keil von Glinmer- 
schiefer zwischen der Kunnersteiner, und der Waldkirchener 
Verwerfungsspalte eine ahnliche Faltung und zwar eine Fal- 
tung in derselben Richtung, wie die des Zschopauer (rebiets. 
Ferner baben sich auch an den Verwerfungsspalten die ver- 
schiedenen Stücke des Gebirges in bedeutender Weise ver- 
schoben, aber was bemerkenswerth ist, ganz ungleich- 
mässig. Nehmen wir das Zschopauer Gebiet als in seinem 
ursprünglichen Niveau befindlich an, so ergiebt sich, dass der 
Glimmerschieferkeil längs der Waldkirchener 
Spalte eine Senkung erfabren hat. Ebenso liegt auch 
das nordostwarts von der Kunnersteiner Spalte befindliche 
Gebirge in Bezug auf den Keil in einem relativ niedrigeren 
Niveau, aber nur in seinem nördlichen Theil. Denn während 
nämlich am Kunnerstein der rotbe Gneiss des Keiles in dem- 
selben Niveau liegt mit dem Pbyllit des Gebiets von Augustas- 
burg und vom Flöhathal, liegt am Südeude der Spalte um- 
gekehrt der amphitere Gueiss des letzteren Gebiete mit dem 
Glimmerschiefer des Keils in gleichem Niveau: das östlich 
von der Kunnersteiner Spalte liegende Gebirge 
hat somit in seinem nördlichen Theil eine Sen- 
kung, im südlichen dagegen eine Hebung er- 
litten. — 





745 


Der ganzen Darstellung, die ich von der Geognosie des 
.« Zschopauer Glimmerschiefergebiets zu geben versucht habe, 
liegt eine Voraussetzung zu Grunde, eine Voraussetzung, 
mit welcber ich auch an die Kartirung des Gebiets im vorigen 
Jahre gegangen bin. Es ist die, dass die archaische 
Formation überhaupt eine sedimentäre,Formation 
ist, dass sie wie Silur, Jura oder Tertiar durch Absatz von 
Gesteinsmaterial im Wasser entstanden ist. GOMBEL hat den 
ausführlichen Nachweis für das ostbayerische Grenzgebirge 
gebracht, dass daselbst die archäische Formation eine deutlich 
geschichtete ist.*) Genau dieselben Gründe kann man auch 
für die Urschiefer des Erzgebirges geltend machen und es 
wird ja jetzt auch wohl überall die archäische Formation als 
geschichtet anerkannt. Ich würde auch hier nicht erst beson- 
ders auf den sedimentären Charakter der archäischen Forma- 
tion des Erzgebirges hingewiesen haben, wenn derselbe nicht 
von mehreren Forschern geläugnet oder wenigstens bezweifelt 
worden wäre, so namentlich von SCHEEBER und wohl auch 
von Naumann. Nun aber haben gerade diese beiden Geologen 
Norwegen besucht und sind dort von Keı.Hau’s Ansichten 
beeinflusst worden. Dort in Norwegen hatte I). Forsss**) 
darauf hingewiesen, dass viele Gneisse keine wahre Schich- 
tung, sondern nur eine Paralleletructur besassen. Die neuere 
Durchforschang Norwegens unter KJBRULF hat aber zu dem 
Resultate geführt, dass alle Gneisse ohne echte, wahre Schich- 
tung eben keine Gneisse, sondern eruptive Granite a. 8. w. 
sind. „Im Allgemeinen, sagt KJErULF, ist es draussen in der 
Natur mit den Felsmassen selbst vor Augen leicht zu wissen, 
was man vor sich hat — ob Gneiss in Schichten oder Granit 
mit einer eigenthümlichen Structur.****) So fallen auch in 
Norwegen alle Zweifel hinweg, dass echter Gneiss, und Glim- 
merschiefer erst recht, wirklich geschichtet sind. 

Ihren Höbepunkt erreichten diese Zweifel an dem sedi- 
mentären Charakter der archäischen Formation des Erzgebirges 
mit der zuerst von B. v. Corra ausgesprochenen Eruptivität 
des rothen Gneisses. Ich bin hier nicht in der Lage, 
eine Kritik der bisherigen Publicationen uber dieses Thema 
zu geben, wohl aber muss ich besonders darauf hinweisen, 
dass sich der rothe Gneiss des Zschopauer Glim- 
merschiefergebiets als echtes Glied der archai- 
schen Formation zu erkennen giebt, 


em, 


*) 1. c. pag. 194. 
os? Nyt magazin f. naturv. bd. 9. 1857. 

oe) Tu. Kserctr: Om skuringsmerker etc. Universitetsprogram 
psg. 76-79. Kristiania 1871. 


746 


Zuerst ist der rothe Gneiss aus geognostischen 
Grunden kein Eruptivgestein; er tritt nicht, wie nachgewie- 
senermaassen die dichten Syenite and die Kersantite in geo- 
tektonischen Linien, in Beziehung zum Gebirgsbau anf, viel- 
mebr folgt er den anderen Schiefern in regelmassig einge- 
schalteten Lagern. Ferner geht der rothe Gneiss in Kalkstein 
uber; er zeigt dabei eine Abhängigkeit von dem Nebengestein, 
‚wie sie bei eruptiven Felsarten in dem Grade nicht gefunden 
wird. Wo der rothe Gneiss mit hellem Gneissglimmerschiefer 
in Contact steht, wie dies im Zschopauer Gebiete fast überall 
der Fall ist, da finden sich zwar bisweilen scharfe Grenzen 
zwischen den beiden Gesteinen, aber diese beiden Gesteine, 
in den Gemengtheilen nur wenig voneinander verschieden, 
vermögen doch jedes die Structur und den Habitus des anderen 
anzunehmen. 

Schliesslich sind es noch rein petrographische Ver- 
haltnisse, die einer Eruptivität des rothen Gneisses wider- 
sprechen. Der rothe Gneiss führt erstens wie alle anderen 
Urschiefer accessorische Quarzlinsen von bisweilen mehr als 
ein Meter Mächtigkeit; diese Quarzmassen können nach ihrer 
Structur, ihrem Vorkommen, ibrem Quarze nicht secandare 
Ausscheidungen sein. Das Mikroskop endlich zeigt, dass der 
rothe Gneies zahlreiche Punkte der Verwandtschaft betreffs 
der Mikrostructur mit hellem Gneissglimmerschiefer und über- 
baupt mit sedimentären Gneissen hat, nicht aber mit erupti- 
vem Granit. 

Der rothe Gneiss des Zschopauer Glimmer- 
schiefergebiets ist nicht eruptiv: es findet sich 
nichts, wodurch man überhaupt auf den Gedanken 
kommen könnte, der rothe Gneiss sei eruptiv; da- 
gegen giebt es zahlreiche Verhältnisse, die einer 
derartigen Anschauung entschieden widersprechen 
würden. — 


Die mikroskopische Untersuchung der Glimmerschiefer 
lässt mehrere Verhältnisse erkennen, welche uber die uoch 
immer streitige Entstehung der krystallinischen 
Schiefer einigen Aufschluss zu geben im Stande sind. Viel- 
fach werden die krystallinischen Schiefer noch als metamor- 
phische Gesteine bezeichnet; sie sollen entstanden sein durch 
Umwandlung sedimentarer klastischer Gesteine. Die mikro- 
skopische Untersuchung ergiebt keine Verbaltnisse, die dieser 
Theorie zur Stütze gereichen könnten: man gewahrt nämlich 
nie in krystallinischen Schiefern, weder in denen des Zscho- 





747 


pauer Gebiets, noch in allen anderen, die ich zu untersuchen 
Gelegenheit gehabt habe, klastische Elemente, keine abgerun- 
deten Saudkorn-ähnlichen Quarze, keine zerfetzten Glimmer- 
blattchen, keine thonartigen Gemengtheile sind wahrzunehmen, 
Andererseits widerspricht die mikroskopische Unterauchung 
aber auch direct derjenigen Anschauung, welche die krystalli- 
nischen Schiefer durch unmittelbare Ausscheidung der Gemeng- 
theile aus einem irgendwie beschaffenen Urocean entstanden 
wissen will. Vielmehr ergiebt es sich, dass alle Gemeng- 
theile auf einmal, nebeneinander entstanden sein 
müssen. Die bierfür sprechenden Beobachtungen sind kurz 
folgende: fast alle Gemengtheile sind ohne Krystallform 
ausgebildet, der eine hat deu anderen in seiner Formentwicke- 
lung gehindert, und zwar ist dieser Einfluss meist ein gegen- 
seitiger. Aber nicht nur dass die Gemengtheile einander den 
Platz benommen haben, sie liegen auch oft genug ineinander: 
Falle, wo ein Glimmerblattchen oder ein Hornblendesäulchen 
in zwei Quarzkörnern zugleich liegt, lassen sich nur deuten, 
wenn man die ganze Masse als auf einmal plastisch oder we- 
nigstens im Bildungsacte begriffen annimmt. Auf dieselbe 
Vorstellung werden wir schliesslich geleitet durch die Reihen 
von Flussigkeitseinschlussen, die obne Aenderung 
ibrer Richtung, ihrer Stärke u. 8. w. durch mehrere Gemeng- 
theile, mehrere Quarzkörner z. B., hindurchgehen. 

Wie die Eruptivgesteine, so müssen auch die Urschiefer 
in grosseren Massen auf einmal im Bildungsacte 
begriffen gewesen sein. Einer solchen Vorstellung entspricht 
vollkommen die von GomBeL aufgestellte Diagenese*), die 
krystallinische Umbildung klastischen Materials unter Wasser 
während oder gleich nach der Ablagerung unter dem Einfluss 
erhöhter Temperatur und erhöbten Druckes. Diese Tbeorie 
genügt allen Ansprüchen an den sedimentären Charakter der 
archäischen Formation; sie gestattet. wenn dies gewünscht 
wird, die Herleitung des Gehaltes der krystallinischen Schiefer 
an Grapbit, flüssiger Kohlensäure, Apatıt und Kalk von orga- 
nischen Wesen; sie steht im Einklang mit allen bisher beob- 
achteten mikroskopischen Structur- und Aggregatious-Verhalt- 
nissen; sie erklart die scheinbar durchsetzenden accessorischen 
Quarzmassen und giebt Rechenschaft uber die Ursache der 
unleugbaren Aebnlichkeit mancher echten Gneisse mit Gra- 
niten. Schliesslich stimmt die Theorie der Diagenese mit allen 
geologischen Verhältnissen überein und ebenso mit den jetzt 
allgemein geltenden Ansichten von der Entstehung unserer 
Erde. 


*) Ostbayerisches Grenzgebirge pag. 838, 


748 


VI. Die Abhängigkeit der geographischen Verhältnisse 
von geognostischen. 


Die Abhängigkeit der geographischen Verhalt- 
nisse von geognostischen tritt uns sowohl in den rela- 
tiven Höhen der Berge, als in dem Verbalten der 
Flusslaufe entgegen. Es wurde schon mehrfach erwähnt, 
dass die Stadt Zschopau in der Mitte eines ausgesprochenen 
Bergkessels liegt; die sich um dieselbe erhebenden Hügel von 
dunklem Glimmerschiefer erreichen eine Höhe von 458, 463, 
403, 473, 454 Meter, also im Durchschnitt von 450 Meter. 
Im weiteren Umkreis folgen dann Berge, die aus hellem Glim- 
merschiefer bestehen; sie bilden meist von nakten Felseu ge- 
krönte Höhen von 494, 505, 507, 535, 598, 575, 489 Meter, 
also im Durchschnitt von 530 Meter. Dass die einzige Ur- 
sache, weshalb die letzteren Höhen die ersteren um durch- 
schnittlich 80 Meter uberragen, allein in der schwereren 
Verwitterbarkeit der hellen Glimmerschiefer liegt, zeigen 
auch noch andere Beispiele. Von Scharfenstein zieht sich auf 
dem rechten Ufer der Zschopau bis zur Stadt Zschopau ein 
schmaler, steiler Hobenrucken hin, der Ziegenruck. Derselbe 
hat bei der Station Wilischthal eine Einkerbung, durch die er 
in eine nördliche und südliche Halfte getheilt wird. Nun be- 
findet sich gerade in der Einkerbung das Ausgehende eines 
Lagers von dem leichter verwitterbaren dunklen Glimmerschiefer, 
und dieses Gestein nimmt auch an dem Aufbau der nördlichen 
niedrigeren Hälfte des Ziegenrucks Theil, während die höhere 
südliche nur aus hellem Glimmerschiefer besteht. 

Die Zschopau fliesst von Hopfgarten über Scharfenstein 
bis zur Station Wilischthal im Allgemeinen genau von Süden 
nach Norden; wo sie an letzterem Punkte in die centrale 
Partie der Zschopauer Antiklinale eintritt, wird ihr Lauf etwas 
nach Nordosten al,gelenkt, bis sie an der Waldkirchener Ver- 
werfungsspalte wieder ihre rein nördliche Richtung einschlagt. 
Wenn schon hierin ein Einfluss des geognostischen 
Baues der Gegend auf den Lauf der Zschopau nicht zu 
verkennen ist, so lässt es sich jedoch auch ganz ausdrücklich 
nachweisen, dass dieser Gebirgsfluss in einem Spaltentbale 
fliesst. Es wurde bereits mitgetheilt, dass sich in dem Thal 
der Zschopau eine kleine Verwerfung nachweisen lasst, derart, 
dass die Schichten des rechten Ufers gesunken sein müssen. 
Ferner findet man auf beiden Ufern der Zschopau an vielen 
Stellen Flussschotterablagerungen, aber nirgends als etwa 15 
bis 17 Meter über dem jetzigen Spiegel des Flusses. Und 





749 


doch sind die Ufergelande gleich nördlich von Scharfenstein 
beinahe 200 Meter hoch. Der Fluss kann sich nicht sein Bett 
so tief ausgehohlt haben; sonst müsste man in höheren Ni- 
veau’s Spuren seiner Thatigkeit, d. h. Ablagerungen von Sand 
mit Geschieben und Geröllen finden. Man kann nicht zugeben, 
dass die hochgelegenen Schottermassen im Laufe der Zeiten 
berabgeschwemmt seien; eine solche Beweglichkeit derselben 
existirt gar nicht, und dann giebt es genug geschützte Punkte, 
wo wenigstens Reste von Schotterablagerungen erhalten sein 
müssten. 

Da in den böchst gelegenen Partieen von altem Fluss- 
schotter schon Geschiebe von Basalt vorkommen, so kann 
die Zschopau nicht alter sein, als die Basalte des 
Erzgebirges. 

Wie die Zschopau nahe der Sattellinie der Antiklinale des 
Zschopauer Gebietes fliesst, so finden wir auch genau auf der 
Sattellinie der Antiklinale des Gebiets vom Adlerstein einen 
Bach, den Lauterbach, in einem unverhaltnissmässig 
tiefen Thale, ein Verbaltniss, das sich zum dritten Male 
wiederholt hei dem von Hohndorf an der Ostseite des Ziegen- 
rucks parallel der Zschopau herabfliessenden Bache. Schon 
Naumann hat darauf hingewiesen, dass manche Thäler des 
Erzgebirges nicht allein durch die erodirende Thätigkeit der 
darin fliessenden Bäche entstanden sein können. 


=—  —— eo nn m ee 


750 


3. Ueber die Feldspath- und Hornblende - Gesteine der 
französischen Ardennen. *) 


Von den Herren Ca. DE LA VaLLée Poussin und A. Renan 
ın Loewen. 


Hierzu Tafel XI. 


In den cambrischen Schichten der französischen Ardennen 
treten an den Ufern der Maas zwischen Revin und Deville, 
oder in den einmündenden Thälern und in der Umgegend von 
Rimogne vier Hauptarten von Feldspath- und Hornblende- 
gesteinen zu Tage. Dumont®*) rechnete sie zu den Eruptiv- 
gesteinen und unterschied folgende Arten: 

]J. Hyalophyre, ein Gestein wesentlich aus Eurit, 
Orthoklas und Quarz bestehend, vou massiger oder schiefriger 
Structar. 

2. Diorite chloritifére, ein granliches Gestein von 
granitischer Structur. Dumont entdeckte in demselben Horn- 
blende, Körner von Feldspath und Chlorit. 

3. Albite chloritifere, ein zur schiefrigen Structur 
neigendes Gestein, aus Albit***) und Chlorit bestehend. 

4. Albite phylladifere, ein schiefrig-compactes Ge- 
stein, bestehend aus kleinen Albitkrystallchen untermengt mit 
kleinen Blattchen phyllitischen Schiefers. 

Die meisten der fraglichen Gesteinsbänke sind durch diesen 
ausgezeichneten Geologen beschrieben worden. Mit den von uns 
entdeckten, zahlt man 21 an beiden Ufern der Maas, 5 in den 
einmundenden Seitenthalern und 2 im Thale von La Richolle, 
in der Nahe von Rimogne. Die Karte, welche dieser Arbeit 
beigegeben (siehe Taf. XI.), zeigt ihre Lage an den Maas- 
ufern. Von diesen letzteren wollen wir hier eine kurze Be- 
schreibung liefern, denn gerade sie erwecken durch ihre in der 
Geschichte der Geologie hervorragende Rolle und durch gute 


*) Im Auszug durch die Autoren mitgetheilt aus ihrem grösseren 
Werk: Mémoire sur les caractères mineralogiques et stratigraphiques des 
roches dites plutoniennes de la Belgique et de l’Ardenne Française. 
Brüssel. 1870. 

2) Domont, Mémoires sur les terrains ardennais et rhénan pag. 26. 
Tom XX. Mém. de l’Acad. de Belgique 1847. 

**) Das Wort Albit hat immer für Dumont die Bedeutung von 
Plagioklas schlechthin, cfr. Drwatque: Prodrome d’une description 
géologique de la Belgique. 


751 


Aufschlüsse, welche die stratographische Untersuchung erleich- 
tern, unser besonderes Interesse. 

Wir zweifeln nicht, dass die „Hyalopbyre und Diorite“ ein 
ausgedebnteres Vorkommen in den Ardennen haben, als wir bier 
auf der Karte angeben. Dumont nimmt an, dass die meisten 
der ibm bekannten Gesteinsmassen sich in grösserer oder ge- 
ringerer Ausdehnung im Fortstreichen der Schichten verlan- 
gerten und unzweifelhaft zum grössten Theile durch die Vege- 
tation und Gesteinsdetritus der benachbarten Höhen bedeckt 
seien; man wird in der Folge sehen, dass uns noch triftigere 
Gründe wie Dumont zu dieser Ansicht drängen. 

Die petrographischen und stratographischen Analogien 
der verschiedenen Hyalophyre sind derart, dass es genügen 
wird, dieselben an den beiden Hauptstellen, wo sie zu Tage 
treten, etwas eingebender zu studiren; die Schlüsse, zu wel- 
chen das Studium dieser leicht zugänglichen Vorkommnisse 
uns führt, werden für alle anderen Geltung haben. 

Wir werden also hauptsächlich die porpbyroidischen Ge- 
steine von Mairus, in der Arbeit Dumont’s als „erster und 
zweiter filon an der Maas“ aufgeführt, besprechen. Beide Vor- 
kommen treten ziemlich in der Nähe des Flusses, auf seinem 
linken Ufer zwischen Deville und Laifour zu Tage. Das erste 
liegt 200 Meter von dem Thale ab, welches durch die Schlucht 
(Ravin) von Mairus in das Maasthal einmandet, das zweite 
in der Schlucht selbst. 

Diese Felsen sind in der Geologie berubmt geworden. 
Im Jahre 1804 beschrieb CoQUEBERT DE MONTBRET*) dieselben 
als aas Granitblöcken bestehend; v. Raumsr**) hielt sie auch 
für Granite und verbreitete diese Ansicht in Deutschland. 1810 
berichtigt p’Omatios diese Ansicht und zeigt in einer treff- 
lichen Arbeit***), dass das Gestein, welches bei Mairus zu 
Tage steht, kein (Granit sei, sondern „une espèce d’ardoise 
porphyroide“ und dass dasselbe nicht alter sein könne, als das 
umgebende Nebengestein. Gemäss Abbé Hany, welcher Gesteins- 
proben davon untersucht hatte, macht er auf die krystallogra- 
pbischen Verbältnisse der Orthoklaskrystalle und die Abrandung 
einzelner dieser Krystalle aufmerksam. Er erstaunt über die 
auffallende Aebnlichkeit, welche gewisse Bänke mit den Grau- 
wacken einiger älteren Formationen zeigen und kommt zu dem 
Schluss, nicht, dass die Schichten von Mairus klastisch seien, son- 
dern dass einzelne Grauwacken es vielleicht nicht sein möchten. 


*) Journal des mines T. XVI. pag. 303. seq. 
**) Geognostische Versuche 1815. pag. 49. 
**) Journal des mines T. XXIX. pag. 55. seq. und p’Omativus 
Mém. géol. 1828. pag. 118. seq. 


\ 


752 


v. Decuen beschreibt 1823 in einem Briefe an Norcesz- 
RATH*) die Gesteine von Mairus und das Vorkommen bei 
Devant - Laifour. Er behauptet, dass die beiden Vorkomm- 
nisse zu Mairus regelmässig zwischen Ardennenschiefer ein- 
gebettet seien, dass sie selbst eine geschichtete, an Gneiss 
streifende Structur besässen. Er erkennt dort zuerst das Carls- 
bader Zwillingsgesetz an den Feldspathkrystallen. Er neigt 
stark zu der Ansicht, dass dieses Gestein kein wahrer Granit, 
sondern den Gesteinsschichten seiner Umgebung angehorig 
untergeordnet sei. 

In Folge der Entdeckungen Dumoxr’s untersuchte die fran- 
zösische geologische Gesellschaft im Jabre 1836 die geolo- 
gischen Verhaltnisse von Mairus und Laifour.**) Als man 
beim Studium dieses Gesteins in der Schlucht von Mairus die 
gänzlich abgerundete Form einzelner Feldspathe bemerkte, 
entstand eine Meinungsverschiedenheit. Dumoxt und D’OMALIUS 
behaupteten, die ganze Masse habe einen plutonischen Ur- 
sprung, denn 

1. seien viele Feldspathkrystalle recht scharfkantig aus- 
geprägt, 

2. könne man kein Muttergestein finden, woher diese 
Krystalle von mehrere Centimeter Länge herstammen sollten, 

3. werde die südliche Grenze des Gesteine in der Schlacht 
(heute bedeckt) durch ein eisenhaltiges Conglomerat von Schiefer- 
fragmenten gebildet, welches wahrscheinlich von einer ener- 
gischen Reibung der zwischen die Schichtflachen mit Gewalt 
eingedrangenen Masse herrühre. 

Im Gegensatz dazu nahmen Constant Paëévosr, Buck- 
LAND, GRBENOUGH und die meisten der Anwesenden an, dass 
dieses Gestein keineswegs eruptiver Natur sei, sondern einfach 
ein geschichtetes Conglomerat, ursprünglich bestehend aus 
Schlamm , untermengt mit Quarz und Feldspathkrystallen, 
welche von einem Porphyre herrühren, dessen Grundmasse 
zerstört wurde. Die Schärfe der Kanten einzelner Feldspath- 
krystalle sei kein zwingender Gegenbeweis, denn in vielen 
klastischen Gesteinen, wie im Millestone-grit von Lancashire 
kamen weggeschwemmte Feldspathkrystalle vor mit eben so 
scharfen Kanten wie die der Krystalle zu Mairus. 

Die Lehre vom Metamorphismus erlaubte eine Annahe- 
rung dieser beiden Meinungen. In seiner Erläuterung der geo- 
logischen Karte Frankreichs ***) sagt Exiz pe BEAUMORT, dass 
die wichtige Streitfrage über den Ursprung der Gesteine von 








*) Das Gebirge Rheinland - Westfalen. Bonn 1824. Bd. II. 
pag. 192. seq. 
**) Bull. Soc. géol. de France 1. Série, T. VI. pag. 342—344. 
#9) T. I. pag. 258—260. 





753 


Mairus wahrscheinlich erst dann zu Ende geführt werden 
könne, wenn man ein Mittel gefunden habe, die geistreiche 
und biegsame Theorie des Metamorphismus auf sie 
aczuwenden. Diese Worte, welche seitdem so oft wiederholt 
worden sind, wurden von ihrem Urheber bei Betrachtung der 
Gesteine, mit welchen wir uns jetzt beschäftigen, ausgesprochen. 
In ihrem Werke aber die Ardennen*) neigen SAUvAGE und 
Buvigsier zur Ausicht von D’OmaLıus und Dumont. Letzterer 
führt in seiner Beschreibung der französischen Ardennen **), 
wie wir oben erwähnten, diese Gesteine unter der Bezeichnung 
„Hyalopbyre“ auf, er nimmt an, dass der Pyrophyllit die perl- 
mutterglanzenden Blattchen bilde, welche häufig in die Grand- 
masse eingebettet seien. Dumont ist in seinen Schriften der 
Ansicht treu geblieben, welche er im Jahre 1836 ausgesprochen 
hat, nach ihm sind alle Hyalopbyre ohne Unterschied zwischen 
die Schichten eingedrungene Lagergänge von Eruptivgesteinen. 
Immerbin bat unser grosser Geologe diese Gesteine auf seiner 
Karte nicht verzeichnet, woraus man schliessen könnte, er 
babe sie ebenfalls für metamorphisch gebalten. 

Folgender Durchschnitt zeigt das Vorkommen 200 Meter 
südlich von der Giesserei zu Mairus (b. der Karte). 





1 Normaler Phyllit von Revin. 

2 15—25 Cm. eines sehr zarten Phyllit’s, übergehend in ein 
schiefrig-compactcs Gestein, im Aeusseren gewissen Hälleflint - Gesteinen 
ähnelnd. 

3 2M. eines glänzenden grünlichen, ziemlich dickplattigen Schiefers, 
der kleine Körnchen und Kryställchen von Feldspath und Quarz enthält, 
welche nach der Mitte grösser werden. 

4 8—10 M.: Banke eines massigen Gesteins von dunkel-graublauer 
Grundmasse, aus welcher sehr zahlreiche Quarz- und Feldspathkrystalle 
hervortreten. 


Die Schichten 3 und 2 steben auf der nördlichen Seite 
mit denselben mineralogischen Eigenschaften an und sind hier 


*) Statistique minéralog. du département des Ardennes 1842, 


pag. seq. 
**) op. cit. pag. 26. 27. 86. 87. etc. 


Zeits. d. D, geol. Ges. XX VILL. 4. 49 


754 


nur nicht sc mächtig wie auf der Sudseite. Ausser auf diese 
Symmetrie machen wir noch auf die geringere Machtigkeit 
der mittleren Porphyr - Zone nach oben bin aufmerksam, wo 
sie ungefähr 6 M. breit ist, während die Breite der Basis 
10 M. beträgt. 

Die Eigenschaften der sub 2 und 3 aufgeführten Ablage- 
rungen wollen wir nur vorübergehend besprechen. Die Phyl- 
lite 2 sind seideglänzend, von sericitischer Grundmasse, sie 
folgen concordant auf die normalen Phyllite des System Re- 
-vinien; in der Nähe der Schicht 3 bemerkt man, dass das 
schiefrige Gestein compact und feinkörnig wird, gewissen Le- 
ptyniten ähnelnd, aber viel reicher an Qaarz. In den folgenden 
Schichten, welche unsere Lage 3 ausmachen, ist die Textur 
noch weniger blattrig, obengenannten Mineralien gesellt sich 
Chlorit, Biotit und Feldspath zu. Mittelet des Mikroskops 
erkennt man darin noch Kalkspathflachen und Epidotkrystalle. 

Die Feldspatb- und Quarzkrystalle verleiben dem Gestein 
einen mehr oder weniger porpbyrischen Habitus. 

Die centrale, in unserer Abbildung mit 4 bezeichnete 
Abtheilung des Lagers ist viel massiger als die benachbarten 
Schichten und bis jetzt hielt man sie im Allgemeinen für eine 
Art quarzfubrenden Porphyrs. 

Dumont nannte sie, wie wir oben erwähnten, Hyalo- 
phyre massif. Indessen das Studium dieses Gesteins zeigte 
uns, dass dasselbe im Grunde die Structur eines krystalli- 
nischen Schiefers besitzt und als solcher auch zu betrachten 
ist. Seine Grundmasse ist nicht dicht wie eine echte Eurit- 
Grundmasse, wie man geglaubt hat, sondern eine Art Gneiss 
von feinem bis mittlerem Korn, dessen wesentliche Elemente 
Quarz, Feldspath und hauptsächlich Biotit sind. Letzterer 
bildet einen grossen Bruchtheil der ganzen Masse und seine 
Schüppchen haben eine charakteristische Neigung, sich nach 
der Ebene der Schicht aneinander zu reihen. Diese den 
Schichten parallele Anordnung und das welleaformige An- 
schmiegen derselben um grössere Krystalle veranlasst eine hin 
und her gebogene gneissische Structur, die sehr deutlich unter 
dem Mikroskop wahrzunehmen ist. Diese Structur nahert das 
Gestein von Mairus gewissen feinkörnigen Gneissen, deren 
Schichtung nicht immer deutlich ausgeprägt erscheint, wie z. B. 
die der Cornubianite. 

Zudem gewahrt man beim mikroskopischen Studium der 
Dünnschliffe, dass die gneissige Grundmasse wie die angren- 
zenden Porpbyrschiefer kleine langliche, der Schichtungsebene 
parallel geordnete Mikrolithe einschliessen, wie die Mikro- 
graphen solche in den schieferigen Gesteinen der krystalli- 
nischen Schieferformation constatirt baben. 


755 


Aus dieser schiefrigen Masse treten grosse Feldspath- 
krystalle und Quarzkorner hervor. Die meisten derselben sind 
3 oder 4 Mm. bis 1 oder 2 Cm. lang, viele bis 3 oder 4 Cm. 
Nicht selten findet man solche von 8 Cm. Lange und wir 
baben einzelne gefunden, welche über ein 1 Dm. lang waren. 
Ein Theil der Feldspathe des Gesteins, welches wir hier be- 
schreiben, ist polyedrisch, andere sind abgerundet, erstere 
überschreiten kaum eine Länge von 12—15 Mm. und sind fast 
alle Plagioklase. Eio guter Theil derselben zeigt die Form 
p, m, t, gl, at (oP, «’P, oP’, oo Px, 2 P,00) mit be- 
deuteuder Ausdehnung der Flächen p und g! und Verkürzung 
der zu kleinen Dreiecken eingeschrumpften *) Flachen m und t. 
Aof der Fläche P bemerkt man deutlich die Zwillingsstreifung 
der Plagioklase. Diese Krystalle sind oft leicht grüngelb ge- 
färbt und schwach durchscheinend mit fettigem Glasglanz. Wir 
haben mittelst des Goniometers den einspringenden Winkel 
gemessen, welcher durch die beiden aufeinanderfolgenden he- 
mitropen Lamellen gebildet wird. fiese Messungen wurden 
verschiedene Male und an mehreren Krystallen wiederholt und 
ergaben einen mittleren Winkelwerth von 172° 20’ mit nur 
5 —6' Abweichung für die Grenzwerthe. Der Ansicht Du- 
MONT’s entgegen ist also der im Gesteine von Mairus domini- 
rende Feldspath Oligoklas, dasselbe gilt von den meisten por- 
pbyrischen Gesteinen der Ardennen. 

In einem zweiten Feldspathtypus mit geradlinigen Um- 
rissen treten ebenfalls die Flächen p, m, t, g!, a4 auf, aber 
merklich nach der verticalen Axe und den Flächen der corre- 
spondirenden Zone verlängert und in der auf der Spaltungs- 
flacbe g' senkrechten Richtung relativ verkürzt. 

Recht bemerkenswerth ist, dass alle Krystalle dieses 
Typus das Carlebader Zwillingsgesetz zeigten; gleichwohl 
waren sie keineswegs Orthoklas, wie die reichliche Zwilliogs- 
streifung auf der Spaltungsflache p beweist. Einzelne Indi- 
viduen dieses Typus zeigten die Fläche g? (x’P3). 

Die zweite Kategorie umfasst die abgerundeten Krystalle: 
es sind hauptsächlich Ortboklase; man findet unter ihnen ein- 
zelne, welche mit einer dünnen Schicht Plagioklas überzogen 
sind, ein Vorkommen, welches man auch an den Feldspathen in 
einigen Porphyren der Vogesen und in dem Rappakivi Fin- 


*) Schon Havy kannte diese so häufige Form der Krystalle von 
Mairus, er nannte sie quadrihexagonal, eine Bezeichnung, welche 
von den meisten Forschern, welche über die Porphyrgesteine der Arden- 
nen geschrieben haben, angewendet wurde. Aber Ilauv und nach ihm 
Dusont wandten sie mit Unrecht auf den Orthoklas an. Die näheren 
krystallographischen Details fiber diese Feldspathe möge man in unserer 
ausführlichen Arbeit über die Ardennen nachlesen. 

49 * 


756 


land’s beobachtet. Im Gesteinsbruche erscheint der Durch- 
schnitt dieser Krystalle mehr oder weniger rundlich, elliptisch 
und erinnert zuweilen an den transversalen Schnitt eines 
sechsseitigen Prisma’s von Orthoklas, bei welchem die verti- 
calen Flächen bis zum Verschwinden der Kanten abgerundet 
sind. Diese Krystalle haben Glasglanz, eine milchweisse oder 
lachsrotbe Farbe und zwei sehr ausgesprochene Spaltungsrich- 
tungen, welche bei der Messung einen Winkel von beinahe 
90° ergeben. 

Es sind Orthoklase, deren fast stets in entgegengesetz- 
tem Sinne gekreuzte Spaltflachen nach der Basis p (OP) das 
Carlsbader Gesetz zeigen. 

Die Orthoklaskrystalle von Mairus sind von zahlreichen, 
äusserst feinen Quarzadern durchsetzt; dieselben sind unter 
sich parallel und finden sich oft zu mehr wie hundert in eiu- 
zelnen Krystallen von 6 — 7 Cm. Lange. Diese Aederchen 
durchsetzen stets die beiden verwachsenen Krystalle des Karls- 
bader Zwilling. Die Richtung, welche sie verfolgen, lauft 
mit der Hauptspaltungsebene nach der Basis eines der beiden 
Zwillings-Individuen parallel, in diesem Fall durchsetzen sie 
das andere Individuum ohne ihre Richtung zu ändern, also 
quer durch seine Spaltungsebene. Häufig durchsetzt das System 
der Quarzadern den Carlsbader Zwilling schräg zu allen voll- 
kommenen Spaltungerichtungen, dann nabert es sich der Rich- 
tung des Ortbopinakoid’e b’, oder es entspricht den schwach 
angedeuteten Spaltungsrichtungen, welche den verticalen Prisma- 
flächen m (oc P) parallel sind. Diese Quarzadern nehmen 
augenscheinlich die Stelle von Feldspathlamellen ein, deren 
Substanz durch Zersetzung verschwand. Es entstand hierdurch 
eine scheinbar regelmässige Zertheilung der Orthoklaskrystalle; 
häufig sind sogar die Krystallfragmente, wie beistebender Holz- 
schnitt zeigt, gegeneinander ein wenig verschoben, indem sie, 





längs den Zertbeilungsflächen gleitend, den Bewegungen der 
Schichten gefolgt sind, sodass ihre Stellung in Beziehung steht 
zu der Schieferang der Grundmasse; in dieser Lage wurden sie 
dann nachträglich von Quarz, mehr oder weniger mit Schüpp- 
chen von Muskovit untermengt, aneinander gekittet. 

Diese theilweise und lagenweise Zersetzung der grossen 








157 


Ortboklaskrystalle bald nach der einen, bald nach der an- 
deren Richtung, weist auf eine complexe mineralogische Zu- 
sammensetzung und zugleich auf eine Lamellenstructur, welche 
an den Perthit erinnert. Die Herren Streng und vom Rata 
und neuerdings CREDNER zeigten, dass die Perthit - ähnlichen 
Mineralien ganz oder theilweise ihren ursprünglichen Plagio- 
klasfeldspath verlieren und sich in Lamellen spalten können. 
Bei der mikroskopischen Untersuchung einzelner Feldspath- 
krystalle von Mairus haben wir eine den Pegmatolithen von 
Arendal äbnliche Structur entdeckt. Die Lamellen zeigen in 
einem Schliff parallel p (oP) mebr oder weniger zersetzte 
Flächen von Ortboklas, die parallel dem Orthopinakoid durch 
regelmässige transversal gestreifte Zonen voneinander getrennt 
sind. Die Streifen der trennenden Zonen sind parallel der 
Kante mit dem Klinopinakoid und gleichen durchaus der Zwil- 
lingsstreifang der Plagioklase. 

Herr Kreiscuer scheint wirkliche Einordnung von Plagio- 
klas far die von ihm untersuchten Dünnschliffe von Arendal 
nicht angenommen zu haben. In anseren Krystallen von Mai- 
rus kann darüber ein Zweifel nicht obwalten, weil diese Kry- 
stalle sehr oft durchdrungen oder umgeben sind von kleinen 
Oligoklaskrystallen, welche man makroskopisch beobachten 
kann, und deren Zwillingsverwachsungs-Winkel man öfter mit 
dem Goniometer messen kann. In dem Orthoklas von Mairus 
nehmen wir sonach eine mit der des Pertbits analoge Structur 
wahr. Wir sind geneigt anzunehmen, dass in Folge der sehr 
vorgeschrittenen Verwitterung dieser Krystalle Quarz abge- 
schieden worden ist und überdies im Feldspath eine Reihe 
kleiner Spalten sich gebildet hat; ebenso ist dadurch auch die 
Substanz der neugebildeten Plagioklaskrystalle, die man in 
der unmittelbaren Nachbarschaft der Orthoklase findet, geliefert 
worden. Diese Verhältnisse kann mau sehr gut vergleichen 
mit der schönen Beschreibung, die Herr CREDNER von den 
Pegmatolithgängen Sachsens gegeben hat. Und doch giebt es 
hier einen grossen Unterschied in den Erscheinungen, denn zu 
Mairus finden sie nicht in Gängen statt, vielmehr in Schichten 
krystallinischer Schiefer. 

Die Abrundung der Feldspathkrystalle von Mairus ist einer 
näheren Untersuchung werth: Wir haben gesehen, dass diese 
Abrundung und das abgeschliffene Aussehen dieser Feldspäthe 
einer der Hauptgrande war, warum man diese Gesteine als 
Conglomerate bezeichnet hat. Die sapphir - blaulichen Quarz- 
krystalle haben Dihexaéder-Flachen, aber meistentheils sind 
auch sie rund oder ellipsoïdisch. Im Allgemeinen kann man 
diese abgerundete Gestalt fast an allen Krystallen der Por- 
phyroide der französischen Ardennen beobachten. Hier in den 





158 


in Rede stehenden Schichten von Mairus ist sie in besonders 
ausgezeichneter Weise ausgeprägt. Man beobachtet auch solche 
runde oder ellipsoidische Krystalle in den sehr schiefrig-por- 
phyroidischen Schichten vom Ravin de Mairus, welche wir so- 
gleich besprechen werden, ferner in den Hyalophyren von Notre- 
Dame de Meuse und von dem Teich bei Rimogne. Wie wir 
schon erwähnt haben, waren mehrere Geologen und Minera- 
logen — und wir selbst zu Anfang unserer Studien über diese 
Gesteine — geneigt, die abgerundeten Krystalle für Rollsteine 
anzusehen. (Genauere Beobachtungen, welche Herr LossEn 
und daraufhin wir selbst anstellten, leiteten uns jedoch später 
zu der Ansicht, dass alle Feldspäthe in diesen Gesteinen, 
gleichviel von welcher äusseren Form, in situ gebildet worden 
sind. Wir beweisen es: 

1, durch eine regelmässige Umkleidung wohlgerundeter 
Kerne von Orthoklas durch Oligoklas und zwar in der Weise, 
dass gewisse Axen des letzteren mit denen des Orthoklas 
gleichgerichtet sind, eine Thatsache, welche ein und denselben 
Krystallisationsprocess für die ganze Masse fordert. 

2. Durch das Auftreten von kleinen Plagioklas-Lamellen 
an der Peripherie gewisser kugeliger Orthoklaskrystalle in 
solch’ zarter Anordnung (en groupements delicats), dass die 
Hypothese einer Abrundung durch mechanischen Transport 
gänzlich ausgeschlossen erscheint. _ 

3. Durch die Existenz gewisser gerundeter Flächen, 
welche nach den Krystallisationsgesetzen nicht zu deuten sind, 
nnd die sich an Krystallen zeigen, deren Kanten der Mehr- 
zahl nach ausgezeichnet scharf ausgebildet sind. Keine Rei- 
bung während des Transports, kein mechanisches Agens hätte 
diese Formen hervorbringen können; in unserer ausführlichen 
Abhandlung baben wir auf pag. 178 ein solches Exemplar 
abgebildet, welches beweist, dass die Feldspathe zu Mairus 
sich bisweilen spontan mit abgerundeten Flächen ausgebildet 
haben , unter Bewahrung vollkommenster Einheit in ihrem 
Spaltungssystem und ihrer inneren Structur. 

4. Durch die Entdeckung gewisser krystallinischer Concre- 
tionen*) in denselben porphyroidischen Schichten, welche, von 
der umhüllenden Grundmasse befreit, auf den ersten Anblick 
völlig die unregelmässige Form klastischer, abgerollter Fragmente 
darbieten. In Wirklichkeit aber sind es, wie man im Quer- 
bruche aus ihrer äusseren, nicht durch eine glatte Curve, son- 
dern durch zahlreiche gerundete Protuberanzen einzelner Kry- 
ställchen gebildeten Peripherie (vergl. den nebenstehenden 
Holzschnitt) und dgrch ihre innere Structur alsbald erkennt, 


+) cfr. pag. 180. ff. der Originalabhandlung. 





759 


Aggregationen kleiner Plagioklase, welche alle nach demselben 
Gesetze orientirt und innig miteinander verbunden, jedoch nicht 
gleichmässig nach den verschiedenen Richtungen des Raumes 
um das Centrum der ganzen Aggregationsmasse gruppirt sind 
(Lossex entdeckte diese Krystallgruppirungen in einer Gesteins- 
probe von Mairus und lenkte unsere Aufmerksamkeit auf diesen 
Punkt, indem er bewies, dass gewisse abgerundete Krystalle 
von Mairus nicht klastisch seien). 

5. Obschon die Abrundung der Feldspathe eine ganz ge- 
wöhnliche Erscheinung ist in allen Porpbyroidvorkommen 
an den Ufern der Maas, war es uns nicht möglich, in der 
sehr grossen Anzahl von Proben, welche wir theils mikrosko- 
pisch, theils mit der Lupe oder dem blossen Auge untersucht 
baben, auch nur ein einziges Feldspathindividuum zu entdecken, 
welches zuverlässig als ein aus dem ursprünglichen Gesteins- 
verband isolirtes Fragment hätte gelten können: ein ganz un- 
erklärlicher und ungerechtfertigter Umstand, wenn man die 
Hypothese einer mechanischen Abrundang durch den Trans- 
port der Krystalle annimmt. 

Aus allen diesen Gründen ziehen wir den Schluss, dass die 
ovoiden Krystalle gerade wie die anderen in situ gebildet 
sind und dieser Schluss dehnt sich auf alle bekannten Hya- 
lophyre der französischen Ardennen aus. 

Wie wir oben erwähnten, sind die grossen Krystalle durch 
Spalten charakterisirt und erscheinen die einzelnen Stücke des 
gespaltenen Krystalls bisweilen leicht gegeneinander ver- 
schoben, indem sie so den Bewegungen der Schichten gefolgt 
sind (pag. 188 u. 206 der Originalabhandlung). Es ist dies für 
uns ein Beweis, dass die Bildung dieser Krystalle älter ist als 
die Faltung der Formation, und dass die Krystallisation sich 
grösstentheils vor der Umwälzung der Schichten vollzogen hat. 
Dieser Schluss steht im Einklang mit der Erklärung, welche 
G. DEwALQUE uber ebendieselbe Masse von Mairus gegeben 
hat, die er als eine regelmässig den Ardennenschichten ein- 
gelagerte und mit ihnen zugleich gefaltete Schicht betrachtet. 

Wir schliessen uns dieser Ansicht an und glauben, 
dass die verschiedenen Lagen dieses Gesteins als auf sich 
zurückgefaltete Schichten aufzufassen sind. In einer neueren, 
für die Stratigraphie der Ardennengesteine äusserst interessan- 
ten Publication macht DewaLque auf die sich nach oben ver- 


760 


jüngende Gestalt des hier beschriebenen porphyroidischen Ge- 
steins aufmerksam. *) 

Er fügt hinzu, dass man etwas höher an dem Abhange 
des Hügels in einem kleinen Wege, der das Anstehende ent- 
blöst, keine Spur mehr sieht von dem porpbyroidischen Gesteine 
und er schliesst daraus, dass man es nicht mit einem erupti- 
ven Lagergang zu thun habe, sondern mit einer antiklinalen 
Faltung, deren beide einseitig zusammengeschobene Flügel 
gegen S. einfallen. Demnach ware es wahrscheinlich, dass 
die in Rede stehenden Bänke nicht ein nach der Verfestigung 
der Cambrischen Schichten intrusiv eingedrungenes Gestein, 
sondern gleichzeitig mit diesen gebildete Schichten darstellen. 
Wir sehen mehrere Grunde, die zu Gunsten der Interpretation 
des Herrn DEWALQUE streiten. 


1. Die oben beschriebene Zerspaltung einer grossen Zahl 
der runden Feldspathkrystalle ist, wie wir beobachtet haben, 
entschieden älter als die jetzige Schichtenstellung, und die 
Verschiebung langs der Theilflächen steht im Zusammenhang 
mit der Ausbildung der schiefrigen Structur der Schichten. 

2. Man kann die Faltungen der Schichten, welche durch 
gekrummte Fugen in unserem Profile angedeutet sind, be- 
merken, besonders am nördlichen Theile und in der massiven 
Partie. 

3. Die Symmetrie in der mineralogischen Zusammen- 
setzung der in derselben Ordnung folgenden Schichten und 
die Gleichheit der Structur auf beiden Seiten der centralen 
Masse, sind von solcher grossen Uebereinstimmung, dass sie 
sich nicht anders ale durch das Aufeichselbstzurückbeugen ein 
und derselben Masse erklären lassen. 


Wir wenden uns nun zu der summarischen Beschreibung 
der 200 Meter nördlicher (bei c der Karte) gelegenen Masse 
des Ravin de Mairus. Die porphyroidischen Schichten er- 
scheinen neben der Eisenbahn wie nebenstehendes Profil zeigt. 

Diese Porphyroid - Schichten der Schlucht (ravin) von 
Mairus zeigen also nicht die symmetrische Ordnung jener, die 
wir 200 Meter südlicher beobachtet haben. Wie man aus dem 
Profile sieht, gehen sie nach dem Hangenden in eine Reihe 
von Schichten über, die man am Liegenden nicht findet. Es 
treten daselbst im höchsten Grade schiefrige und gneissartige 
Gesteine auf, welche zahlreiche, bald polyedrische, bald elli- 
ptische Krystalle enthalten, die in vielen Beziebungen an jene 
erinnern, welche wir vorstehend beschrieben haben. 


*) Annales de la Soc. géol. de Belgique 1874. t. I. 








761 





1 Normaler Phyllit (Revinien Domovt's). 

2 0,50 Centim. eines seidenglänzenden sericitischen Phyllits, über- 
gehend in ein schiefrig-compactes Gestein von hellgrauer Farbe, vergleich- 
bar der No. 2 des vorigen Profils. 

3 Ungefähr 1 Meter eines Feldspath- und Quarz-haltigen, sehr hell- 
farbigen Phyllits, in etwas dickere Platten abgesondert als der Phyllit No. 1. 

4 5 bis b Meter massigen Hyalophyrs in merklich parallel den 
Schichten abgesonderten Bänken. Einige dieser Hyalophyr-Bänke sind 
1,50 Meter dick. 

9 Schiefrige Bänke von bläulichgrauer oder grünlichgrauer Farbe, 
mit vielen Quarz- und Feldspathkrystallen, wovon einige sehr grosse 
Dimensionen erreichen. Die Mächtigkeit dieser Bänke ist unbekannt, da 
der hangendere Theil nicht mehr sichtbar ist. Früher sah man am Han- 
genden ein eisenschüssiges Conglomerat. *) 

6 Normaler Phyllit. 


Das Phyllit- Mineral in der Grundmasse der massigen 
Schichten (hyalophyre massif) ist hier nicht mehr zusammen- 
gesetzt aus Lamellen von Biotit, wie wir sie in der gneiss- 
artigen Grundmasse der ersten Ablagerung sahen, hier sind 
es vielmehr vorzugsweise Lamellen von Sericit und Chlorit. 

Dieses porphyrartige Gestein besteht aus einer euritischen 
Grundmasse, in welcher zahlreiche Quarz- und Feldspath- 
Krystalle eingebettet sind. Die Grundmasse ist von weiss- 
grauer, in grüngrau spielender Farbe und wird durch Verwit- 
terung gelblich. Das Korn der Masse ist nicht so fein als in 
der Grundmasse echter Porphyre. Mit der Lupe beobachtet 
man gewöhnlich viele fast mikroskopische, weisse, perlmutter- 
glänzende Sericitlamellen. Oft sind diese Lamellen zusammen- 
gepresst und bilden langgestreckte Hautchen oder wellenformig 
undulirte und unterbrochene Flasern, welche die grösseren 
Krystalle umgeben und im Allgemeinen parallel der Richtung 
der Bänke orientirt sind. Dieses Gestein zeigt eine schichtige 
Structar und nähert sich dadurch den schiefrigen und zugleich 
porphyrischen Schichten, zwischen welchen es eingebettet ist. 
Die Feldspäthe sind hier Orthoklas und Oligoklas; bei näherer 
Untersuchung derselben findet man die Quarztrümer, die Zer- 
theilungen uud die theilweisen Verdrehungen wieder, so dass 


*) Bullet, Soc. géol. de France 1, Série, T. VI. pag. 342. 





762 


von neuem sich herausstellt, dass diese Feldspätbe vor den 
Faltungen der Schichten präexistirt baben. 

D'OMALIUS und andere Geologen haben an der hangenden 
Seite der Masse von Ravin de Mairus ein Conglomerat, be- 
stehend aus Schiefer-Bruchstucken, darch Eisenoxyd fest ver- 
kittet, bemerkt, sie betrachteten das Conglomerat als das Sal- 
band eines intrusiven Ganges, als eine Reibungsbreccie des 
gewaltsam zwischen den Schiefer-Schichten eingedrangeuen 
Hyalophyrs. Dumont giebt einige solcber Breccien an unter 
der Annahme, dass sie in Beziehung zu der Eruption der von 
ihın als Eruptivgange gedeuteten Hyalophyre stehen. Aus 
unseren Untersuchungen gebt indessen bervor, dass diese Con- 
glomerate keineswegs in Beziehung zu den Feldspath- oder 
Amphibol-fubrenden krystallinischen Ardennen-Gesteinen stehen. 
Es sind actuelle Bildungen, die sich an gewissen Stellen der 
Oberfläche des Bodens, den Thalboden und die Gehange be- 
deckend. ausdehuen und die aus dem Einsturzen der Gesteine 
an den jahen Abhängen entstehen. Diese Trammer-Halden, durch- 






CHEMIN DE 
FER 


A, B Conglomerate. 
C Die Maas. 
D Anstehendes Porphyroid, 


drungen von eisen- oder vielleicht auch kieselhaltigem Sicker- 
wasser haben sich so zu einem Conglomerate umgebildet und 
bilden sich noch fortwährend an vielen Stellen des Thales der 
Maas, indem sie sich verfestigen und so Trümmergesteine von 
verschiedenem Ansehen erzeugen. 

Gestützt auf die eingehende Untersuchung, welcher wir 
die beiden Hauptvorkommen des Hyalophyr von Mairus unter- 
worfen haben, geben wir die beiden von einander abweichen- 
den Auffassungen, die man bisher von der Natur dieser Ge- 
steine gehegt hat, auf. Wir können nicht die Ansicht von 
BuckLanp und C. Pr£vost theilen, welche dieselben far Con- 
glomerate aus Trommern von heutzutag an der Erdoberfläche 
verschwundenen Eruptivgesteinen angesprochen haben — eine 





763 


Ansicht, die wir selbst vor Jahresfrist in einer vorläufigen 
Publication über diese damals noch nieht mit voller Musse von 
uns studirten krystallinischen Gesteine vertreten haben. Wir 
verwerfen aber auch die Anschauang von DumonT und D’OMALIUS 
p’HaLLoy, welche diese Gesteine als zwischen die aufgerich- 
teten Schichten eingedrungene Lagergänge von Eruptivgestei- 
nen auffasste. Wir nehmen im Gegentheil an, dass diese Ge- 
steine echte, der Cambrischen Formation ganz regelmässig 
eingeschaltete, Schichten krystallinischer Silicatgesteine zusam- 
mensetzen. 

Sie sind krystallinisch, weil die Krystalle in ihnen an 
Ort und Stelle gebildet sind; uberdies aber besitzen sie nicht 
die Merkmale eruptiver Gesteinsgange aus folgenden Gründen: 

1. Weil die Banke und die Abänderungen im Mineral- 
aggregat der porphyrischen Gesteine des Ravin übereinstimmen 
mit den Schichtflachen des Quarzschiefers, auf welchem sie 
aufruhen. 

2. Weil weder das Massiv von Mairus, noch irgend eine 
andere Ablagerung der feldspäthigen oder amphibolischen Ge- 
steine der Ardennen eine Apophyse aufweist, weil von ihnen 
aus keinerlei Ausläufer des krystallinischen Silicatgesteins 
quer durch die sedimentären Schichten hindurchsetzt. 

3. Weil in dem Massiv von Mairus sowohl als auch in 
mehreren anderen derselben Gegend der phanerokrystallinische 
Habitus nicht regelmässig von der Mitte gegen die Begren- 
zungsflächen hinza abnimmt, wie dies beobachtet wird bei 
injicirten Spaltengängen älterer und recenter Eruptivgesteine. 
Zu Mairus ist vielmehr im Gegentheil die phanerokrystalli- 
nische Structur sehr entwickelt in den schiefrigen Schichten 
in der Nähe der Grenze am Hangenden. 

4. Weil, ungeachtet der Aehnlichkeit in der Mineral- 
aggregation, welche hie und da sehr beschränkte Partieen des 
Gesteine von Mairus mit den Quarzporpbyren darbieten, eben- 
dieselben Partieen allmalig nach oben und nach unten, wie 
im Streichen der Schichten, in schiefrig und wellig ge- 
bogene Euritmassen übergehen, zwischen welchen sich Mem- 
branen, Platten oder Blatter von Phyllitmineralien eingeschaltet 
finden, die augenblicklich an Stuckchen seidenglänzender Thon- 
glimmerschiefer (phyllades satines) erinnern und Analogieen 
der Entstehung mit den benachbarten Dachschieferschichten 
darbieten. 

5. Endlich haben wir in den zahlreichen mikroskopischen 
Präparaten dieses Gesteins, die wir untersucht haben, keins 
der charakteristischen Merkmale entdeckt, welchen man bei 
dem mikroskopischen Studium der Eraptivgesteine zu begegnen 
gewohnt ist. 


764 


Das sind die Grunde, warum wir diese Hyalophyre Du- 
mont’s den Porphyroiden im Sinne des Herron Lossen zurechnen, 
d. bh. schichtigen Sedimenten, die eine euritißche oder gneissige, 
durch Einschaltung phyllitischer Mineralien mehr oder weniger 
schiefrige Grundmasse besitzen, aus welcher spärlicher oder 
zablreicher an Ort und Stelle gebildete Feldspath- und Quarz- 
krystalle hervortreten. 

Die Zugehörigkeit der Hyalophyre von Mairus za den 
sedimentären Porphyroiden Lossen’s hat ihre Bestätigung ge- 
funden durch die Untersuchung eines von Dumont nicht ge- 
kannten Vorkommens, welches 350 Meter südlich von dem 
Ravin de Mairus ansteht (Lagerstätte a.). Dieses Gestein ist 
bemerkenswerth durch die schiefrige Structur, welche es in 
einigen seiner Bänke darbietet. Handstucke von diesem Vor- 
kommen und von ähnlichen im Grund des Thales von de la 
Commune gefundenen Blöcken zeigen eine Grundmasse, die 
durch Einschaltung pbyllitischer Lenticularmassen in eine Art 
Phyllade oder Chloritschiefer übergeht, welche mau für Dach- 
schieferstücke ansprechen könnte. Diese Blätter umziehen 
gleichwobl ansehnliche, bald gut auskrystallisirte, bald zu 
Knötcben gerundete Feldspath- und Quarzkrystalle. Bei letztge- 
nannter Ausbildung der Krystalle gewinnt das Gestein das Aus- 
sehen eines metamorphischen Conglomerates (poudingue), ob- 
wohl alle Elemente desselben an Ort und Stelle gebildet sind. 

Die Umgebungen von Laifour bieten an vier oder funf 
verschiedenen und nach dem Generalstreichen der Falten des 
terrain revinien gereihten Stellen, Gesteine dar, analog der zu 
Mairus gefundenen. Wir heben vor allen zwei Ablagerungen 
hervor: erstens, die 300 Meter südlich des Tunnels von Lai- 
four anstehende, zweitens diejenige, welche an der Flanke des 
Berges südöstlich der Eisenquelle von Laifour erscheint. 

Nebenstehendes Profil giebt die Schichtenfolge des Stein- 
bruchs in dem auf dem rechten Ufer der Maas gelegenen Ha- 
gel bei dem Tunnel von Laifour an (Porphyroid d. der Karte). 

Unsere Auffassung des Profils steht sonach in Widerspruch 
mit derjenigen von Dumont, welcher zu Laifour in der hier 
dargestellten Ablagerung einen zwischen die Schichtflachen 
eingedrangenen Hyalophyr, und diesen selbst wieder in seinem 
mittleren Theil von einem anderen Eruptivgestein, das er 
Albite chloritifere oder chloralbite nannte, durchsetzt sah. 

Für uns ist der Hyalophyr des Tunnel’s von Laifour ein 
Porphyroid von euritischer, häufig sehr stark von Sericit- 
Chlorit - Flittern durchwacbsener Grundmasse, welche Feld- 
spath und Quarzkrystalle mittlerer Grosse einschliesst. Dieses 
Porphyroid geht in einen echten Pyrit-führenden, kalkigen 
Chloritschiefer mit geringem Quarz - und sehr geringem Feld- 





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1 Grauer, glänzender, nahezu compacter Phyllit, in vollkommener 
Concordanz auf die normalen dunkelblauen Phyllite von Revin folgend. 

2 5 Meter eines blass - grünlich grauen schiefrigen Porphyroid’s 
(Hyalophyre schistoide Dumont’s). 

3 3 Meter eines grünlichen, kalkigen, pyritführenden, nahezu com- 
pacten Chloritschiefers (albite chloritifère Dumont’s). 

4 Meter eines Porphyroids, analog demjenigen sub 2. 

: 9 ca. 1 Meter eines veränderten euritischen Schiefers, mit Chlorit 
und Sericit vergesellschaftet und nach dem Hangenden in eine Lage 
sericitischen gelblichen, scheitförmig spaltenden Phyllit’s übergehend. *) 


spatbgehalt uber. Entgegen der Meinung Dumont’s, der hier 
einen ,,Chloralbite‘‘ zu erkennen glaubte, bat das Mikroskop die 
Anwesenheit von Feldspath nur ganz ausnahmsweise ergeben. 
Wir betrachten diesen Chloritschiefer als ein sedimentäres 
Gebilde. Wie man aus dem von uns mitgetheilten Profile 
ersieht, wird der Chloritschiefer seinerseits bedeckt von einigen 
Banken eines seiner Unterlage analogen Porphyroids. Auf- 
merksames makro- und mikroskopisches Studium zeigt uns 
unmerkliche Uebergange zwischen dem Cblorit-Schiefer in der 
Mitte und den beiden Porphyroidablagerungen, die ibn ein- 
schliessen und zwar derartig, dass eine andere als unsere 
Interpretatiou unstatthaft erscheint. Ueberdies bat uns kein 
Umstand an Erscheinungen erinnert, wie sie durch das nach- 
trägliche Eindringen einer Masse in die andere hervorgerufen 
werden. 

Am rechten Ufer der Maas nimmt man zunächst Laifour 
das zweite Vorkommen wahr, welches wir das bei der Eisen- 
quelle nennen wollen. Dasselbe ist gebildet durch ein Por- 
pbyroid, das in ausserordentlich Pbyllit- und Chlorit - reiche 
Lagen übergeht und überhaupt das bemerkenswertheste Vor- 


*) Der Theil des Proffls, über welchem die Klammer steht, ist im 
Verhältniss zu breit gezeichnet, seine wirkliche Breite würde nur 1}, des 
Raumes einnehmen. 





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van 


Er + 3 


766 


kommen von Sericit darbietet, welches uns in den Ardennen 
begegnet ist. Wir haben diese Gesteine verglichen mit denen 
von Katzhutte im Thiringerwald und dem Phyllitgueiss des 
Fichtelgebirges und haben die grösste Aebnlichkeit sowohl, 
was die mineralogische Zusammensetzung, ale was die Textur 
betriffi, gefunden. An der Basis dieses Porpbyroids nimmt 
man ein grauliches schiefriges Gestein wahr, das eine inter- 
essante Eigenthumlichkeit darbietet, indem Magnetkies hier die 
Rolle eines wesentlichen Gesteinsgemengtheils spielt, so sehr 
zahlreich sind seine Flitter in dem Gestein. Ganz dasselbe 
Gestein sieht man in Berührung mit dem feinkörnigen Por- 
pbyroid von Revin. 

Auf der französischen Generalstabskarte bemerkt man am 
linken Ufer der Maas, ein wenig nördlich von Laifour, da wo 
der Fluss ein starkes Knie macht, die „de Notre Dame de 
Meuse“ zubenannten Felsen. In diesen Felsen zeigen sich 
vier aufeinanderfolgende Ausstreichen von Porphyroiden oder 
Amphibol-Gesteinen. Die beiden ersten Vorkommen im Suden 
gehören vielleicht ein und derselben Lagerstätte an, die durch 
eine Verwerfung oder Faltung noch einmal zu Tage tritt, und 
lassen sich regelmässig zwischen den Cambrischen Schichten 
bis zu einer namhaften Höhe verfolgen. Die vierte Lager- 
stätte ist sehr bemerkenswerth, indem man hier die unmittel- 
bare Auflagerung eines Porphyroid- oder Hyalopbyr - Lagers 
auf jenen grünen amphibolischen Gesteinen beobachtet, welche 
Dumont Diorit genannt hat. | 

Das folgende Profil giebt die Ordnung der Schichten dieses 
vierten Vorkommens wieder (k in der Karte). 






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ee # FE = * = a sr en A 
TC << =. = = ot 
Pavicaves-— > ea pr 
REVINIENS a “> TALUS DEDEBSRIS —— — 


—— 


1 6 bis 7 Meter eines schiefrigen, wenig körnigen Amphibolits, der 
concordant auf den Phylliten des Systems Revinien lagert. In den han- 
genden Partieen geht das Gestein in schiefrigen Amphibolit über. 

2 0,80 Ctm eines schiefrigen chlorithaltigen Amphibolits, der in 
Chloritschiefer übergeht. 

3 8 Meter eines Orthoklas und Oligoklas führenden Porpbyroid’s, 
überlagert von einigen Centimetern euritisch-sericitischen Phyllit’s und 
unmittelbar über dem letzteren bedeckt von den normalen Phyiliten 
von Revin. 





767 


Dieses grüne Gestein an der Basis des Profils ist weder 
ein Diorit (Dusort), noch ein Oligoklasporphyr mit Epidot 
und Hypersthen (GosseLer). Die mikroskopische Untersuchung, 
welche die Zweifel uber die Natur der sehr feinkornigen con- 
stituirenden Gemengtheile dieser Gesteine zu beseitigen ver- 
hiess, zwingt uns die Bezeichnung, welche das Gestein künftig 
fabren muss, anders zu wablen. Die von uns untersuchten 
Dünnschliffe baben stets die Gegenwart von Hornblende (Am- 
pbibol) gezeigt, und zwar erscheint sie zweifacher Art, einmal 
lamellar - faserig und grünlich, das andere Mal mehr in ge- 
schlossener Form und bräunlich, im Allgemeinen wenig scharf 
begrenzt. Doch erkennt man unter dem Mikroskop Durch- 
schnitte mit den Winkeln der Hornblende, mit den Spaltrich- 
tungen dieses Minerals und mit dem cbarakteristischen op- 
tischen Verbalten. Stets ist dasselbe von einer namhaften 
Menge chloritischer Substanz begleitet, herrahrend von der Zer- 
setzung eines Theiles des Amphibols. Die Grundmasse dieser 
Gesteine, wie der meisten Amphibolschiefer ist Quarz in Form 
von Flasern (filaments), in welchen Epidot, Asbest, Titaneisen, 
Kalkspath, seltener Apatit und Sphen eingewachsen sind. Man 
sieht mit blossem Auge oder mit der Lupe ausser schlecht indivi- 
daalieirtem Ampbibol Fleckchen von Epidot und Magnetkies. 
Wir baben nur sehr selten Feldspath beobachtet und wir 
schlagen vor, mit der Bezeichuung Amphibolit die Ardennen- 
Gesteine von dem so eben beschriebenen Gesteinstypus zu 
benennen. Das Gestein ist im Anstehenden von massiger 
Structur, geht aber in schiefrigen oder cbloritreichen Amphi- 
bolit über und seine Zusammensetzung ist analog derjenigen 
der meisten grünen Gesteine der französischen Ardennen. 
Diese Ampbibolite bilden hier mehr oder weniger regelmässige 
Schichten, wie die Porphyroide. 

Das in Rede stehende Porphyroid, welches den Amphi- 
bolit dieses Vorkommens überlagert, nähert sich demjenigen 
aus dem Ravin de Mairus durch die grosse Menge der Ortho- 
klaskrystalle und des Biotits, wenigstens in einigen Banken; 
andere Bänke schliessen vorzugsweise Oligoklas ein. Gegen 
das Hangende endigt das Gestein, wie aus dem Profil ersicht- 
lich, mit einigen Centimetern Sericit-Phyllit, worauf gewöhn- 
liche ganz unveränderte Phyllite des System Revinien folgen. 
Diese geringe Machtigkeit des sericitischen Phyllite im Han- 
genden des Porphyroids stimmt zu der Ansicht, welche bier 
der Cambrischen Formation regelmässig eingelagerte Schichten 
erkennt, denn, gesetzt es läge der Fall einer eruptiven In- 
trusiv-Masse vor, so würde das sehr mächtige Porphyroid an 
dieser Stelle die Dachschieferschichten langs der Contactflache 
merklicher verändert haben. 


768 


Das Gestein von Revio, welches Dumont Albite phyl- 
Jadifère benannt hat, ist ebenfalls eine Varietat derselben 
schiefrigen Feldspathgesteine. Seine Zusammensetzung lässt 
sich dahin angeben, dass es aus wenig Eurit, aus vielen klei- 
nen Plagioklaskrystallen und aus wellig um diese Krystalle ge- 
schmiegten membranösen Sericitblättchen besteht, welche letz- 
teren die Spaltungsflächen und die schiefrige Textur des Ge- 
steins bedingen. Hier, wie in dem nach der Eisenquelle von 
Laifour benannten Vorkommen ist der Magnetkies in so rei- 
chem Maasse in gewissen Schichten des Feldspath - Gesteins 
von Revin vorhanden, dass man dieses Mineral als ein wesent- 
liches Element betrachten kann. Das Gestein geht in schie- 
ferige Schichten uber, welche jenen gleichen, die man in dem 
grossen Lager von Laifour findet. 

Die Hornblendegesteine von grüner Farbe, die man auf 
beiden Seiten der Maas zwischen Mairus und Laifour im Weiler 
von Devant-Laifour. endlich an der Wendung um den Felsen von 
Notre - Dame de Meuse, südlich von Auchamp trifft, sind 
Amphibolite, mebr oder weniger jenem ähnlich, der sich am 
Liegenden mit dem Porpbyroide von Notre - Dame de Meuse 
vergesellschaftet findet. Ausgenommen diese letzte Stelle, sind 
leider alle alten Steinbruche, in welghen man früher diese 
Gesteine ausbeutete, gänzlich verlassen oder verschüttet, so 
dass sie sich sehr schwer untersuchen lassen. Wir unterschei- 
den eine mehr körnige und eine mehr schieferige Varietät, 
die von einander nur durch mehr oder weniger Parallelstractur 
der Elemente und durch das Vorhandensein einer grösseren 
oder geringeren Menge einer kleine blattrige Zwischenlagen 
bildenden Chlorit - artigen Substanz abweichen. Endlich in 
einem oder zwei Fallen, zum Beispiel bei Rimogne and 
im Tbale von Faux, fanden wir ein Gestein, wo sich 
zugleich Feldspath in bedeutender Quantität einstellt und 
solche Amphibolgesteine nähern sich dann den Dioriten. Alle 
diese Amphibolite sind reich an Kalkepathkörnern , wahr- 
scheinlich entstanden aus Zersetzung der Hornblende, sie ent- 
halten auch faserigen und körnigen Epidot, der in den Spalten 
ausgezeichnet krystallisirt ist. Zuweilen findet man auch darin 
Quarz- und Kalkspathtramer mit Eisenkies, Magnetkies, Kupfer- 
kies, Bleiglanz, Chlorit und Epidot. 

Wir können diese Zeilen nicht schliessen, ohne Herrn 
K. Lossen unsere Erkenntlichkeit auszudrücken für alle die 
vortrefflichen Nachweise, die er uns über die Porpbyroide des 
Taunus und des Harzes mitgetheilt hat, sowie auch far die 
uns zu vergleichendem Studium dienenden Gesteinsproben, die 
er uns zakommen liess. Wir danken gleichfalls den Herren 
vom Rata und von LasauLx und besonders Herrn ZIBKEL 


769 


fur die fortwabrende Hilfe, die sie uns durch ihren guten 
Rath seit Beginn uuserer Forschungen über die Gesteine Bel- 
giens und der Ardennen geleistet haben. 

Scbliesslich wollen wir noch bemerken, dass diese we- 
nigen Seiten nach unserem Urtheil keine vollständige Arbeit 
uber die Porpbyroide und Amphibolite der französischen Ar- 
dennen sind. Wir haben darin nur die bedeutendsten Punkte 
unserer Beobachtungen über diese in geologischer Beziehung 
so wichtige Gegend berührt. Unsere ausfübrliche Arbeit uber 
die sogen. plutonischen Gesteine Belgiens und der französischen 
Ardennen soll zur Ausfullung der Lücken, die sich in dieser 
kurzen Beschreibung befinden, dienen. Diese Mittheilung hat 
besonders zum Zweck, die Aufmerksamkeit der Geologen auf 
diese krystallinischen Gesteine zu lenken. 


Nachschrift während des Druckes. 


Seitdem wir der Redaction dieser Zeitschrift einen Auszug 
unserer Arbeit über die Porpbyroidgesteine der französischen 
Ardennen ubersandt haben, hat Herr RoTHPLETZ uns seinen 
Vortrag ,,Ueber devonische Porphyroide in Sachsen‘‘*) über- 
schickt. Dieser Geologe citirt unsere Arbeit uber die sogen. 
plutonischen Gesteine Belgiens und der französischen Ardennen 
und es scheint, dass er bei der Aufzählung der Ansichten, 
welche aber den Ursprung der porphyroidischen Gesteine 
ausgesprochen wurden, einige darauf bezügliche Punkte un- 
serer historischen Uebersicht, welche die Arbeiten über die 
Gesteine von Mairus bespricht**), entlebnt hat. Doch sind 
wir keineswegs der Ansicht, dass einige der Autoren, welche 
er in verschiedene Kategorien eintheilt und deren Ansicht in 
Bezug auf Bildung eines aussergewöhnlichen Gesteins 
wir anführten, behauptet haben, ibre Meinung müsse auf den 
Ursprung sammtlicher Porpbyroide ausgedehnt werden. 

Nach Herrn RoTHPLETZ wäre p’OmaLius D'HALLOY denje- 
nigen anzureiben, welche den Porphyroiden einen metamor- 
pbischen Ursprung zuerkennen, d. h. diese Gesteine seien nach 
p’OmaLius ursprünglich klastische und spater durch Einwir- 


*) Sitzungsberichte d. naturforschenden Gesellsch. zu Leipzig No. 7. 
8. 9. 1876. pag. 63. seq. 

**) De La Vactke et Renan, Mém. sur les caract. min. et strat. 
des roches dites plutoniennes de la Belgique et de l’Ardenne française, 
Bruxelles 1876. pag. 156. seq. 


Leits. d. D. geol. Ges. SXVIIL. 1. 50 





770 


kung benachbarter Eruptivgesteine krystallinisch gewordene 
Sedimente. In Wahrheit bezeichnet p’Oxaxius jedoch die Por- 
pbyroide von Mairus in seiner 1810 publicirten Arbeit*) als 
eine Art porphyrischen, gleichzeitig mit den benachbarten 
Phylliten gebildeten Schiefers. Er erstaunt aber die grosse 
Analogie, welche diese Schichten von porphyrischer Structur 
mit gewissen Grauwacken der ältesten Formationen zeigen, 
und er schliesst daraus, nicht dass die Schichten von Mairus 
klastisch seien, sondern dass es wohl möglich sei, dass einige 
sogen. Grauwacken keine klastischen Gebilde seien. Seit 
1836 hatte D'OmaLius sich eine bestimmte Ansicht über diese 
porphyroidischen Gesteine gebildet, indem er mit Dumont be- 
bauptet, dass dieselben zwischen die Schichten eingedrungen 
sind (filons couch&s); so bezeichnet er die Porphyroide 
(Hyalophyre von Dumont) im Allgemeinen als Dyke. **) 

In Bezug auf ELie pe Beaumont haben wir dieselben Be- 
merkungen wie bei p’OmaLıus zu machen. Allerdings sprach 
dieser Geologe bei Besprechung der Porphyroidgesteine von 
Mairus diesen beruhmten Satz, welchen wir in unserer Arbeit 
anfübrten, aus.***) Aber wer würde in dieser zweifelhaft 
ausgesprochenen Meinung eine Ansicht finden, die ELIE DB 
Beaumont uber die Entstehung aller Porphyroide ausgedehnt 
wissen wollte. Wir glauben ubrigens nicht, dass in den Ar- 
beiten von ELzre DE BEAUMONT irgend eine Stelle zu finden 
ist, welche im Allgemeinen den Ursprung der Porphyroide 
bespricht. 

Aledann sagt Herr RotnpLerz, dass einige Autoren die 
sedimentäre Natur der Porphyroide annehmen und stellt uns 
in eine Reihe mit diesen. Weisen wir kurz darauf hin, dass 
wir in unserer Abhandlung 2 Arten der Sedimentbildung fur 
die von uns beschriebenen Porphyroide angenommen haben. 


*) nD’OmaLıus o’HarLLov, Journal des mines t. 29. pag. 39. seq. 
pe LA VALLRR et Renanp, loco cit. 


**) Billiger Weise müssen wir jedoch bemerken, dass D’Omauius die 
Theorie des Metamorphismus für einige unserer porphyroidischen Ge- 
steine nicht vollständig verwarf, denn nachdem er die Hyalophyre (Por- 
phyroide) als „Dykes‘ bezeichnet hat, fügt er sehr laconisch hinzu. 
» Dumont citait également des Dykes d’eurite et d’albite, soit simple soit 
chloritifere ou phylladifère; mais nous sommes portés à croire que parmi 
ces masses, celles à “structure schistoïde, il en est qui doivent être con- 
sidirées comme des couches qui ont subi les actions métamorphiques plus 
fortement que les phyllades ordinaires. (n’Omauits D'HazLov, Précis élé- 
mentaire de géologie 1868). Pag 359 op. cit. kommt er noch einmal 
auf den Gedanken zurück, dass die Porphyroide der Ardennen eruptive 
Dykes seien. 


+) Eur ok Beaumont, Explication de la carte géologique de France 
T. 1. pag. 258. 200. 











771 


Die belgischen silurischen Pseudo-Porpbyroide (flaserige Grau- 
wacken) sind grossentheils klastisch - sedimentär, während die 
echten Porphyroide der cambrischen Schichten der Ardennen 
krystallinisch-sedimentär sind; und in diesen beiden Bildungs- 
arten spielt, wie aus manchen Stellen unserer Arbeit hervorgeht, 
noch immer der Metamorphismus eine gewichtige Rolle. 

Schliesslich scheint Herr RoTHPLETZ Constant Privost 
und BuczLanp ebenso allgemein die Ansicht einer rein kla- 
stischen Bildung aller Porphyroide beizulegen. Diese beiden 
Geologen dagegen bezogen diese ihre Anschauungsweise nur 
auf das bestimmte Vorkommen von Mairus, und wer unsere 
Beschreibung dieses Gesteins gelesen hat, muss zugestehen, 
dass man es hier mit einem ganz exceptionellen Gestein zu 
thon hat. Wir glauben nicht, dass Constant Prévost und 
BuokLanp jemals auf andere Vorkommniese von Porphyroiden 
die rein klastische Bildung ausgedehnt haben warden. Sie 
betrachten die Gesteine von Mairus als aussergewöhnliche 
Conglomerate, in denen die grossen Krystalle von Feldspath 
und Quarz auf den ersten Blick wahre abgerundete Rollsteine 
scheinen. 

Ueber die Interpretation, welche Herr RoTHPLETZ von der 
Entstebung der Porphyroide giebt, die er in Sachsen entdeckt 
hat, wollen wir durchaus kein Urtheil fallen. Das möchten 
wir nor bemerken, dass nach Allem was uns uber die Vor- 
kommnisse dieser Gesteine in Belgien und in den französi- 
schen Ardennen bekannt ist, wir nicht geneigt sind, die Porphy- 
roide als Tuffe eines pyroxenischen eruptiven Gesteins zu er- 
klären. Der Viridit, welchen wir in den klastischen flaserigen 
Gesteinen von Pitet, Fauquez etc. gefunden haben, lieferte uns 
keinen Beweis, dass er von zerstörtem Augit herzuleiten sei, 
wie RoTHPLETZ fur den Viridit, den er in den sächsischen 
Gesteinen beobachtet hat, annimmt; und die stratographischen 
wie petrographischen Details scheinen uns zu wenig Anbalt- 
punkte zu liefern, um diese belgischen Gesteine als Grun- 
steintuffe anzusehen. Bis jetzt hat man noch kein einziges 
Gestein vom Typus des Diabas in unserem belgischen Lande 
oder in den französischen Ardennen aufgefunden. 

Noch sei eg gestattet, einen Punkt aus der Darlegung des 
Autors uber die sächsischen „Tuff‘‘-Gesteine besonders hervor- 
zubeben, bei welchem er ausdrücklich bemerkt, er stimme bier 
nicht mit uns überein. Es betrifft dies das Vorkommen des 
Quarz in porphyroidischen Gesteinen, von welchem Herr Rora- 
PLETZ nur klastische, nicht krystallinische in situ gebildete 
Körner in diesen Gesteinen annimmt. Er entdeckt eine sogen. 
Grundmasse, welche häufig buchtenförmig in die Quarztheilchen 


50* 


772 


sich hineindrangt und nimmt, um dieses Eindringen einer 
seiner Ansicht nach durchaus klastischen Grundmasse zu er- 
klären, einen feinen Schlamm an, der in die Poren des 
Quarzes hineingedrungen sei. Nach diesen Erörterungen greift 
er unsere Ansichten uber die Krystallisirung in situ eines 
Theils der Quarzkörner in den Gesteinen vou Pitet und Fauquez 
an. Er bezeichnet unseren Beweis als irrig. Beim Durchlesen 
unserer Arbeit (pag. 113) und bei Betrachtung der Figur t. 4. 
No. 19, wo wir uns bemuht haben, das mikroskopische Bild 
dieser Verhältnisse genau wiederzugeben, wird man indessen 
erkennen, dass das, was ans Herr RoTaPLerz vorhalt, nicht 
dasselbe sei, was wir beschrieben und abgebildet haben und 
was wir als Beweis anfuhren fur die Bildung in sita einiger 
Quarzkorner. Es sind das wohl ganz andere Erscheinungen, 
als diejenige Bildungsweise bedingt, auf welche Herr Rors- 
PLETZ sie zuruckfubren möchte. In dem uns vorliegenden 
Falle verzweigt sich die grüne chloritartige Substanz im Innern 
des Quarzes, oder zeigt eigenthumliche wulstige Anschwel- 
lungen, so dass sieim Innern des umschliessenden Minerals aus- 
gedehnter erscheint, als gegen die Peripherie desselben und 
ist durch mikroskopische Fasern mit derselben grünen Sab- 
stanz verbunden, welche fast alle die porphyrisch hervortre- 
tenden Elemente des klastischen Gesteins von Pitet und 
Fauquez verkittet und die ganz sicher als ein in situ gebil- 
detes Mineral angesehen werden muss. Wie man sieht, so 
besteht ein grosser Unterschied zwischen diesem gegenseitigen 
inneren Durchdringen beider Mineralien, Quarz und Viridit, 
und der Ausfullung der mehr oder weniger oberflächlichen 
Poren klastischer Quarzkörner durch Sand und Schlamm, mit 
welchen RoTHPLETZ jene Erscheinung vergleicht. 

Wir führten noch an, dass diese in situ gebildeten 
Quarzkörner sehr oft rund waren, die klastischen Quarzkörner 
aber gewöhnlich eckig, ROTHPLETZ weist auch das Argument 
zurück, indem er sagt: „Sind doch alle Quarze, wenigstens 
„der von mir beobachteten Sande, mehr oder weniger abge- 
„rundet! Freilich darf bierbei nicht Fluss- oder Bachsand in 
„Betracht gezogen werden, da dieser noch nicht fertig ist; er 
„empfängt ja erst die eckigen Körner und Fragmente, die ab- 
„zurunden die Arbeit langer Zeit erheischt. Was aber aus 
„den eckigen Quarzen werden wird, sehen wir bei den Meeres- 
„sanden älterer Formationen, wo sie fast alle abgerundet sind.“ 
Was diese Behauptung anbelangt, so bemerken wir, dass sie 
nicht übereinstimmt mit den experimentellen Forschungen 
Daupr£e’s, an welche wir pag 113 unserer Arbeit erinnern. 
DauBréE hat ja nachgewiesen, dass die Sandkörner von sehr 
geringer Dimension, welche die fliessenden Wasser mit sich 





773 


fahren, immer eckig bleiben. *) Diese von RoTHPLETZ aufge- 
stellte Behauptung stimmt auch nicht mit den neueren For- 
schungen Sorsy’s. Vor einigen Wochen hat der berühmte 
englische Mikroskopiker die bauptsächlichen Resultate seiner 
Forschungen über Sandsteine der Gesellschaft der Londoner 
Mikroskopiker mitgetheilt und ein Auszug von dieser wich- 
tigen Abhandlung ist im „‚Nature‘‘ erschienen. SoRBY sagt: 
ar... it was shown that the coarser granied British sand- 
„stones have been mainly derived from granite rocks, of a 
„character somewhat intermediate between those of the 
„Scotch Highlands and Scandinavia. Some of these sandstones 
consist of grains which have andergone scarcely any wea- 
„ring, and are as angular as those totally unlike the blown 
„eand of the deserts, wich are worn into perfectly rounded 
grains. — The finer grained sands are not less angular 
„than the coarse, and have not been derived from the wea- 
„ring down of larger fragments, but have resulted from the 
separation of the small from the large grains by the action 
„of currents.‘ **) 

Am Ende seines Berichtes kommt RoTHPLETZ auf die Ar- 
beiten Lossen’s und die unsrigen zurück und bemerkt, dass 
wir in unserer Abhandlung die Frage nicht erschöpfend er- 
örtert, ob die von uns beschriebenen Porphyroide nicht eine 
Entstehung nach Art der Tuffe haben könnten. Wir begnügen 
uns bierauf zu erwidern, dass wir diese Frage aus dem Plane 
unserer Arbeit beseitigt haben, weil wir soviel als möglich nur 
positive Geologie betreiben wollen. Wir haben eben nichts 
entdeckt, was uns fur die klastischen Porphyroide (wohl rich- 
tiger flaserige Grauwacken Belgiens) zur Annahme dieser 
Interpretation bewegen konnte, sie resultirte weder aus un- 
seren stratigraphischen noch mineralogischen Untersuchungen. 
Die Annahme aber, dass die krystallinischen Porphyroide 
der Ardennen Tuffe seien, wäre ebensosehr gerechifertigt, als 
wollte man die Glimmerschiefer, den Gneiss oder die Chlorit- 
schiefer Tuffe nennen. — 

Aus den Worten des Herrn RoTaPLETZ über unsere Ab- 
bandlung: „man muss die zwei Theile, aus welcher ihre Arbeit 
besteht, genau trennen. Im ersten Theile kommen sie zu ganz 
anderen Ergebnissen als im zweiten, welcher über ein Jahr 
jünger als jener ist‘, könnte man entnehmen, es liege ein 
Widerspruch in den Seiten, die wir den klastischen porphyroid- 


*) Dausage, Bull. Soc. géol. de France t. 15. pag. 274, und pg La 
Vatiéte et Renaap, op. cit. pag. 113. 

*) Nature 22 February 1877. Microscopical investigation of sands 
and clays by Sorsy. Abstract by the author pag. 950. 


774 


ähnlichen Gesteinen Belgiens gewidmet haben, und jenen, iu 
welchen wir die krystallinischen Porphyroide der franzo- 
sischen Ardennen beschreiben. Nieser scheinbare Wider- 
spruch rührt allein daher, dass wir ein und dasselbe Wort 
angewandt haben zur Bezeichnung zweier Gesteinstypen, die 
man durch speciellere Bezeichnung auseiuanderhalten muss: 
klastische Porphyroide aus dem belgischen Silur, richtiger 
flaserige Grauwacken einestheils und die echten krystal- 
linisch-sedimentaren Porphyroide aus den französischen 
Ardennen. Wir haben in keiner Weise unsere Ansicht ge- 
wechselt hinsichtlich der Entstehung der Gesteine von Pitet 
und Fauquez und sind mehr als je von ihrer vorwiegend kla- 
stischen Natur überzeugt, ohne uns jedoch daruber auszu- 
sprechen, von welchem Muttergestein die fragmentären Mineral- 
elemente stammen. Wir gestehen indessen, dass die Anwen- 
dung des Wortes Porphyroid ohne Zusatz auf nicht krystalli- 
nische Gesteine geeignet ist, Verwirrung hervorzurufen. 

Wir würden fürchten, die Grenzen dieser Entgegouug zu 
überschreiten, wollten wir jetzt an dieser Stelle untersuchen, 
in wie weit englische Geologen , wie Murcaison und Andere, 
stichhaltige Gründe hatten, das, was sie als „volcanic ashes“ 
und „volcanic grit* bezeichnen, als Tuffbildungen aufzufassen, 
eine Auffassung, auf welche Herr RornrLerz am Schluss 
seines Vortrages zu sprechen kommt. Wir beschranken uns 
hinzuzufügen, dass wir, um uns über diese Auffassung Klarheit 
zu verschaffen, im vergangenen Fruhjabr nach Wales und 
Shropshire gereist sind, um an Ort und Stelle diese sogen. 
vulcanischen Tuffe im Silur und Cambrium zu studiren. Die 
von uns an einigen classischen Aufschlaasen gemachten Beob- 
achtungen und die Untersuchung des von uns gesammelten 
Materials, über dessen Zusammensetzung und Structur dem- 
nächst ein Bericht folgen soll, werden, so hoffen wir we- 
nigstens, zeigen, dass mehrere dieser Massen krystallinisch 
sind und dass die Auffassung dieser Gesteine als Tuffe nicht 
so woblbegründet ist, als man glauben möchte. Es sei noch 
bemerkt, dass diese Ansicht, wonach Muscnison’s Interpre- 
tation höchstens den Werth einer Hypothese bebält, eine 
Stütze findet in der letzterer entgegenstehenden Anschauung 
mehrerer tüchtiger englischer Petrographen, die uns ihre des- 
bezuglichen Zweifel mitgetheilt haben. 





775 


B. Verhandlungen der Gesellschaft. 


1. Protokoll der November - Sıtzung. 


Verhandelt Berlin, den 1. November 1870. 
Vorsitzender: Herr Bryatcu. 


Das Protokoll der August- Sitzung wurde vorgelesen und 
genehmigt. 

Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell- 
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor. 


Derselbe machte Mittheilang von dem Ableben des Herrn 
CREDEER in Halle a. d. S., welcher zu den constituirenden 
Mitgliedern der Gesellschaft gehört hat. 

Sodaun gab der Vorsitzende ein kurzes Referat über die 
Versammlung der deutschen geologischen Gesellschaft in Jena 
und theilte mit, dass für die nächstjahrige Versammlung Wien 
gewählt worden sei, dieselbe aber erst Ende des Septembers 
stattfinden wurde, ferner dass der vorjährige Antrag auf Er- 
bohung der Beiträge zur Abstimmung gekommen und geneh- 
migt worden sei. 

Herr BerenpT sprach uber das Bohrloch von Purmallen, 
3 Meilen nördlich von Memel, mit welchem seit August d. J. 
folgende Schichten durchsunken wurden: Bis 70 M. Dilu- 
vium, dann 6 M. sandige Grünerde, welche als Vertreter der 
samläudischen Bernsteinformation anzuseben ist; darunter 
folgte bis 84,70 M. Oxfordthon, und zwar erst feste Kalk- 
banke, hierunter fette Thonmergel, in welchen zahlreiche 
Bruchstücke von Kalkschalen mit lebhaftem Perlmutterglanz, 
z. B. Astarten, auftreten, während in den nunmehr folgenden 
eandigen Thonmergeln Gryphaea dilatata, Trümmer von Tere- 
bratula etc. vorkommen. Mit 84,70 M. treten dann oolithische, 
Jocherige Kalketeine auf, welche denen von Popillani sehr 
ähnlich sehen. 

Herr HAUVOoHRECoRNE theilte mit, dass in dem Bohrloche 
von Cammin unter dem Thon mit ./mmonites Valdani lose 
Sande gefolgt seien, aus welchen ein artesischer Soolbrunnen 


776 


hervorsprudele, sprach sodann über die Schwierigkeiten, welche 
bei Niederbringen von Bohrlöchern in lockerem Gebirge ob- 
walten, und wies auf ein neueres Verfahren hin, mittelst 
Wasserstrahl die losen Gesteinsmassen auszuspulen, wie sol- 
ches gegenwärtig bei Dobrilugk mit Erfolg angewendet werde, 
indem man vom 4. bis 24. October das betreffende Bohrloch 
135 M. tief niedergebracht habe. 

Herr Kayser referirte über den Inhalt seiner in der Pa- 
laeontographica publicirten Arbeit uber silurische Versteine- 
rungen der Argentinischen Republik. 

Herr Lasarp legte 2 grosse Orthoceratiten aus Geschie- 
ben des Neustettiner Kreises von dem Gute des Herrn vor 
Krause vor. 

Herr Dames legte einige Exemplare von ihm gesammelter 
Stucke von Dictyonema flabelliformis aus den cambrischen 
Schiefern der ehstlandischen Küste bei Baltischport vor und 
machte darauf aufmerksam, dass mit ihnen graptolithenabnliche 
Gebilde vorkommen, welche den freien Enden der Dictyonemen, 
wie sie Redner in dieser Zeitschrift (Bd. XXV. pag. 383) be- 
schrieben hat, vollkommen gleichen. Wenn es auch nicht ge- 
lungen ist, diese Körper in unmittelbarem Zusammenhang mit 
den Dictyonemen an dieser Art zu beobachten, sc spricht 
doch einmal das Zusammenvorkommen und dann die Aehn- 
lichkeit mit den freien Zellen an der J.c. beschriebenen Form 
sehr dafür, dass man es nicht, wie schwedische Geolagen an- 
zunebmen geneigt sind, mit Diplograpsus Hisingeri zu thun hat, 
sondern dass diese Zelleureiben zu Dictyonema flabelliformis 
gehören. Man kann auch beobachten, dass diese Zellenreihen 
anscheinend von einem Punkte ausgeben (Diplograpsus), aber 
nach den Beobachtungen des Redners liegen dann zwei der 
abgebrochenen Enden übereinander, stehen aber nicht wirklich 
in Zusammenhang. 

Zur Berichtigung der erwähnten, im XXV. Bande veroffent- 
lichten Notiz wurde schliesslich hinzugefügt, dass die dort be- 
schriebene Dictyonema nicht obersilur (wie pag. 385 angegeben 
ist), sondern entschieden untersilur ist, wovon sich Redner im 
Revaler Museum durch die petrographische Identität der Ge- 
steine aus der Lyckholmer Schicht (= 2a nach der Eintheilung 
von Fr. Soumipt) mit dem beschriebenen Geschiebe uber- 
zeugt hat. 


Hierauf wurde die Sitzung geschlossen, 


Vv. W. O. 
BRYRICH. WEBSKY. SPEYER. 


777 


2. Protokoll der December - Sitzung. 


Verhandelt Berlin den 6. December 1876. 


Das Protokoll der November - Sitzung wurde vorgelesen 
und genehmigt. 


Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten: 
Herr Bergmeister H. Koca in Kotibus, 
vorgeschlagen durch die Herren BerYrich, Weiss 
und Losses. 


Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell- 
Ichaft eingegangenen Bücher und Karten vor. 


Herr Losszn sprach hierauf über den Rammelsberg bei 
Goslar und zwar gab derselbe zunächst an der Hand der 
Rozxer-Preniegr'schen geoguostischen Karte des Oberharzes 
einen kurzen Ueberblick über die geologischen Verhältnisse 
der Umgebung der dortigen Erzlagerstätte, erwähnte aledaon 
die zuerst von Herrn Wimmer klar entwickelten Verhältnisse 
wesentlicher Concordanz zwischen der Form der Lagerstätte, 
und Schieferung und Schichtung des Nebengesteins und theilte 
seine eigenen an Ort und Stelle hierüber gemachten Beobach- 
tungen mit. Redner kommt zu dem Schlusse, dass das Erz 
nicht zur Zeit der Bildung des umgebenden Schiefers sedi- 
mentirt, vielmehr die der Schieferung und Schichtung con- 
formen linsenformigen Erzräume während der ganz allmäligen 
von SO. gegen NW. erfolgten und bis zur Ueberkippung ge- 
steigerten Zusammenschiebung der Schichten ebenso allmälig 
mit wachsender und bis zur schwachen Zertrümmerung des Han- 
genden gesteigerter Convexität gegen das Hangende durch 
ortliches Auseinanderweichen der Schieferblatter unter dem 
Drucke der mächtigen darüber hingleitenden Spiriferensand- 
steindecke gebildet und zugleich mit der Bildung Lage für Lage 
einseitig vom Liegenden zum Hangenden bei stets schmal 
bleibendem und ganz mit Solution aufsteigender Quellen er- 
fallten Bildungsraume ganz compakt mit Erz ausgefüllt worden 
seien. Eine eingehendere Begründung der dargelegten An- 
schauung wird demnächst an anderer Stelle folgen. 


Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 


Vv. WwW. Oo. 
BEYRIOH. WEBSKY. SPEYER. 


778 


DS 


Fur die Bibliothek sind im Jahre 1876 im Austausch und 
als Geschenke eingegangen: 


A. Zeitschriften: 


Andermatt. 1874/75. Schweiscrische naturforschende Gesell- 
schaft. Jahresbericht, 

Augsburg. 1876. Bericht des naturhistorischen Vereins. 23ter 
Band pro 1875. 

Bamberg. 1875. Bericht des naturforschenden Vereins. 10ter 
Band. 1871—1874. 

Basel. 1875. Verhandlungen der uaturforschenden Gesell- 

schaft. 6. Th. 2. Hft. (1875.) 

Berlin. 1875/76. Monatsberichte der Königlich preuss. Aka- 
demie der Wissenschaften zu Berlin. Juni — December 
1875. Januar — August 1876. 

Berlin. 1875/76. Zeitschrift far das Berg-, Hütten- und Sa- 
linenwesen in dem preussischen Staate. Bd. 23 pro 1875. 
Lfg. 6. und Bd. 24. Lfg. 1—4. 

Berlin. 1875. Verbandlungen des botanischen Vereins der 
Provinz Brandenburg und der angrenzenden Länder. 
17. Jahrg. 1875. 

Bern. 1875. Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft 
in Bern. No. 873—905 pro 1875. 

Bonn. 1875. Verhandlungen des natarhistorischen Vereins 
der preussischen Rheirlande und Westfalens. Bd. 31. 
2. Hälfte und Bd. 32. 1. Halfte. 

Boston. 1872/73. Proceedings of Boston Society of natural 
history. Vol. XVII. part. III. u. IV., und Vol. XVIII. 
part. I. und ZI. Memoirs Vol. II. part. IV. No. 2—4. 

Bremen. 1874. Abhandlungen des naturwissenschaftlichen Ver- 
eins in Bremen. Bd.IV. Heft 4 a. 5 und Bd. 5. Hft. 1. 

Breslau. 1874/75. Schlesischer Verein für vaterlandische 
Kultur. Jahresbericht pro 1874 u. 1875. 

Brunn. 1874. Bericht des naturforschenden Vereins in Brann. 
Bd. 13. (1874.) 

Brüssel. 1875. Bulletins de l’Académie royale des sciences. 
Bd. 38—40. 1875. — Annuaires Bd. 41 u. 42. 1875/76. 

Buffalo. 1876. Bulletin of the Buffalo Society of natural 
sciences. Vol. III. No. 1 und 2. 

Calcutta. 1875. Geological survey of India. Memoirs: Vol. 
VIII. part. 1— 4.; Vol. IX. part. 2. Records À. part. 1. 
Palaeontologica Indica. Ser. X. 2. 3. u. 4. | 





779 


Carleruhe. 1875. Verhandlungen des naturwissenschaftlichen 
Vereins. Heft 7. pro 1876. 

Chemnitz. 1873/74. Bericht der naturwissenschaftlichen Ge- 
sellschaft. No. 5. pro 1873/74. 

Cherbourg. 1874. Société impériale des sciences naturelles. 
Bd. 19. 1874. 

Christiania. 1874/75. Forhandlinger i Videnskabs - Selskabed i 
Christiania. Jahrg. 1874 u. 1875. 

Christiania. 1876. Archiv for Mathematik og Naturvidenskab. 
Bd. 1. Heft 1. u. 2. 

Chur. 1874/75. Jabresbericht der naturforschenden Gesell- 
schaft Graubündens. 19. Jabrg. 1874/75. 

Darmstadt. 1875. Notizblatt des Vereins für Erdkunde ’' etc, 
in Darmstadt. III. Folge, 14. Heft. 

Dorpat. 1875. Archiv für die Naturkunde Liv-, Ehst- und 
Kurlands. II. Ser. Bd. V. 

Dresden. 1875. Sitzungsberichte der naturwissenschaftlichen 
Gesellschaft ,.Isist‘ in Dresden. 1875. Juli — December. 
1876. Januar — Juni. 

Dublin. 1875. Journal of the Royal Society. Vol. VII. 

Dublin. 1875. Transactions of the Royal Irish Academy. Vol. XXV. 
Part. X.— XIV. 

Dublin. 1874/75. Journal of the Royal Geological Society of 
Ireland. Vol. IV. Part. 1. a. 2. 

Emden. 1874/75. Jahresbericht der naturforschenden Ge- 
sellschaft. 1875 u. 1876. 

Erlangen. 1875/76. Sitzungsberichte der physicalisch-medi- 
cinischen Societat. Heft 8. November 1875 bie August 
1876. 

Frankfurt a. M. 1876. Abhandlungen der Senkenbergischen 
naturforechenden Gesellschaft. Bd. 9. Heft 3. u.4; Bd. 10. 
Heft 1—4. — Berichte 1873—1875. 

Freiburg i. B. 1875. Bericht der naturforschenden Gesell- 

| schaft. Bd. VI. Heft 4. 

Giessen. 1876. Bericht der oberhessischen Gesellschaft fur 
Natur- und Heilkunde. 15. Bericht 1876. 

Görlitz. 1875. Neues Lausitzer Magazin der Oberlausitzischen 
Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz. Heft 52., 1. 

Gotha. 1875/76. Mittheilungen aus JUSTUB PERTHES geo- 
grapbischer Anstalt von PETERMANN. 1874. Heft 12, 1875 
Heft 11. u. 12. und Ergänzungshefte No. 44. 1876. Heft 
1—10. und Ergänzungshefte 45—48. 

Haarlem. 1876. Archives du Musée Teyler Vol. III. Fasc. 4., 
Vol. IV. Fasc. 1. 

Haarlem. 1876. Archives Näerlandaises des sciences exactes et 
naturelles. Bd. X. 


780 


Halle. 1874/75. Zeitschrift des naturwissenschaftlichen Vereins 
far Sachsen und Thüringen. Jahrg. 1874, Neue Folge 
Bd. X. (44.), 1875. Bd. XII. (46.) 

Hamburg. 1876. Verhandlungen des Vereins für naturwissen- 
schaftliche Unterhaltung. Bd. II. 

Hannover. 1876. Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur- 
Vereins in Hannover. Bd. XX. Heft 4, Bd. XXI. 
Heft 3. u. 4, Bd. XXII. Heft 1—3. 

Heidelberg. 1876. Verbandlungen des naturhistorisch - medi- 
cinischen Vereins. Neue Folge. I. No. 1—4. 

Hermannstadt. 1876. Verhandlungen und Mittheilungen des 
Siebenbürgischen Vereins f. Naturwissenschaften. 26. Jahrg. 

Ithaca. 1876. Bulletin of the Cornell University. Vol. I. 
No. 1. u. 2. 

Klagenfurt, 1876. Jahrbuch des naturhistorischen Landes- 
museums im Kärntben. Heft 12. 

Königsberg. 1873/75. Schriften der physikalisch - ocono- 
mischen Gesellschaft. 14., 15..u. 16. Jahrg. 

Lausanne. 1876. Bulletin de la société vaudoise des sciences 
naturelles. Vol. XIV. No. 75 u. 76. 

Leipzig. 1874/75. Mittheilangen des Vereins für Erdkunde in 
Leipzig. 1874 u. 1875, nebst Bericht 14. u. 15. 

Lille. 1870/76. Annales de la Société géologique du Nord. 
1870—74. Vol. II. 1871--75. Vol. III. 1875—76. 
London. 1876. The quarterly journal of the geological society. 
Vol. XXXI. part. 3. u. 4. Vol. XXXII. part. 1—3. 
Magdeburg. 1875. Abhandlungen des natarwissenschaftlichen 
Vereins. Heft 5. u. 7. — Jahresbericht No. 4. (1873). 

und No. 6. (1875.). 

Mailand. 1874. Atti della società italiana di scienze naturale. 
Bd. 17. Heft 4.; Bd. 18. Heft 1—4. 

Manchester. 1876. Transactions of the Geological Society. 
Vol. XIV. Part. 1—5. 

Moskau. 1875/76. Bulletin de la société imperiale des natura- 
listes de Moscou. 1875. No. 2—4.; 1876. No. 1. 

Munchen. . 1875/76. Sitzungsberichte der Konig]. Bayerischen 
Akademie der Wissenschaften. 1875. Heft III, 1876. 
Heft I. 

Nancy. 1876. Bulletin de la société des sciences de Nancy. 
Serie II. T. 1. Fase. 1—4. 

Neubrandenburg. 1875. Archiv des Vereins der Freunde der 
Naturgeschichte in Mecklenburg. 29. Jahrg. 

New-Haven. 1875. The American Journal of science and arts. 
Third series. Vol. X. No. 55—61., XJ. No. 62-65. 
New-Haven. 1875. Transactions of the Connecticut Academy of 

Arts and Sciences. Vol. III. part. 1. 


781 


Paris. 1876. Bulletin de la société géologique de France. 
Serie III. Tome II. No. 8., Tome III. No. 8. 9. 10. u. 
11., Tome IV. No. 1—7. 

Paris. 1875/76. Bulletin de la société de l’industrie minérale. 
Série II., Tome IV. Lior. 2—4., Tome V. Livr. 2. u. 3. 

Paris. 1874/75. Annales des mines. Tue série, Tome VIII. 
Lior. 5. u. 6. IX. Lior, 1—3. 

Passau. 1871/75. Jahresbericht des naturhistorischen Vereins. 
10. Bericht pro 1871—75. 

Philadelphia. 1871/73. Proceedings of the American philoso- 
phical society. Vol. XIV. No. 93, 94 u. 95. 

Pisa. 1876. Atti della societa Toscana di Scienze naturale. 
Vol. I. Fasc. 1—3. Vol. II. Fase. 1. 

Regensburg. 1875. Abhandlungen des zoologisch-mineralo- 
gischen Vereins. Jahrg. 29. 

Reichenberg. 1874/76. Mittheilungen des Vereins der Natur- 
kunde. Jahrg. V. u. VI. 

Salem. 1875. Memoire of the Peabody Academy. of science. 
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St. Gallen. 1874/75. Jahresbericht über die Thätigkeit der 
naturwissenschaftl, Gesellschaft. 1874,75. 

Stockholm. 1875. Sveriges geologiska undersökning. Heft 54 
bis 56. 

Stockholm. 1875. Geologiska Foreningens i Stockholm For- 
handlingar. Forsta Bandet. (No. 1—14), Bd. II. No. 8 
bis 14 (No. 22—28). Bd. III. No. 1—5. (29— 33.) 

Stockholm. 1875. Kongliga Svenska Vetenskap Akademiens 
Handlingar. Bd. 9— 11. /iihang Bd. 1. u. 2. Bd. 3. 
Heft 1. Ofversigt. Jahrg. 28 — 32. 

Stuttgart. 1875. Jahresbefte des Vereins für vaterlandische 
Naturkunde in Württemberg. Jahrg. 32. Heft 1—3. 

St. Petersburg. 1875. Bulletin de Vacadémie impériale des 
sciences. Bd. 20. Heft 3. u. 4. Bd. 21. Heft 1 a. 5. u. 
Bd. 22. Heft 1—3. — Mémoires Bd. 22 No. 4 — 10; 
Bd. 23. No. 1. 

Washington. 1874. Annual report of the board of regents of 
the Smithsonian institutions pro 1874. 

Washington. 1874. Bulletin of the United States geological 
and geographical survey of the territories. Second Series. 
Vol. II. No. 1—4. Annual report for 1874 u. 1875. 

Wien. 1875/76. Verbandlungen der k. k. geologischen Reichs- 
anstalt. 1875 No. 15—18, 1876 No. 1—16. — Jabr- 
buch Bd. XXV. No. 4. u. Bd. XXVI. Ne. 1 u. 2. — 
Abhandlungen Bd. 6. Heft 2. 

Wien. 1876. Sitzungsberichte der k. k. Akademie der Wissen- 
schaften. II. Abth. Bd. 70. Heft 2—5.; Bd. 71. Heft 1—5. 


782 


Wien. 1875. Mittheilungen der k. k. geographischen Gesell- 
schaft. Neue Folge. Bd. VIII. 1875. 

Zurich. 1875. Vierteljahresschrift der naturforschenden Ge- 
sellschaft, Jahrg. 19. Heft 1—4. Jahrg. 20. Heft 1—4. 

Zwickau. 1874.75. Jahresbericht des Vereins fur Naturkunde 
pro 1874—1875. 


B. Abhandlungen. 


ADAMS (A. Leitu), On a fossil saurian vertebrata from the aretic 
regions. 8°. Dublin 1875. 

BarBor DE Magny, Die Fortschritte der geologischen Be- 
schreibung Russlands in den Jabren 1873 und 1874. 8°. 
1875. 

Barroıs, Cu., L'âge des couches de Blackdown. Lille 1875. 8°. 

— — Description yéol. de la craie de Vile de Wight. 1876. 8°. 

— — Recherches sur le terrain crétacé super. de U Angleterre 
et de l'Irlande. 4°. Lille 1876. 

— — La dénudation des Wealds et le Pas-de-Calais. 8°. 
Lille 1876. 

Bassani, FR, Annotazioni sui pesci fossili del calcare eocene di 
Mte Bolca. 8°. Padova 1876. 

BLıtt, A., Essay on the immigration of the Norwegian flora. 
8° Christiania 1876. 

Bové, A., Einiges zur palao-geologischen Geograpbie. 8°. 
1875. Separatabdr. 

— — Diverse Separatabdrucke aus den Sitzungsberichten der 
Wiener Akademie. 

Brezina (Arısrınes), Das Wesen der Krystalle. Wien 1873. 8°. 

— — Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage. 
Wien 1875. 8°. Separatabdr. 

Buchner, L. A., Ueber die Beziehungen der Chemie zur 
Rechtspflege. 4° München 1875. 

CREDNER, G. R., Das Grünschiefersystem von Hainichen im 
Königr. Sachsen. 8°. Halle 1876. Separatabdr. 

Datu, W. H., Report on mount Saint Elias. (U. S. Survey). 
4°. 1875. 

— — AHarbort of Maska and the tides and currents in ther 
vicinity. 

— — Report of geographical and hydrographical explorations 
on the coast of Maska. 4°. 1873. 

DRLAIRE, AL., Le fond des mers. 8°. 1876. 

Decxsse et LAPPABENT, Revue de géologie. Tome XII. 8°. 
Paris 1876. 











783 


Dsieavo, J. F. N., Terrenos paleozoicos de Portugal. Sobre 
a existencia do terreno siluriano no Baixo- Alemtejo memoria. 
4°. Lisboa 1876. 

DewaLque, G., Note sur le dépot scaldisien des environs d’He- 
renthals. 8°. Liège 1876. 

— — Sur les roches plutoniennes de la Belgique. 8°. 1876. 

— — Compte rendu de la réunion extraordinaire de 1874. 8°.. 

— — Sur l'étage devonien des psammites du Condroz en Con- 
droz. 8°. 1874. | 

— — Documents relatifs à la publication d'une nouvelle carte 
géologique de la Belgique. 8°. Bruxelles 1875. 

Ditrer, Corn., Die Vulcangruppe der pontinischen Inseln 
(Denkschr. d. Wiener Akad.). Wien 1875. 4°. 

— — Der geologische Bau, die Gesteine u. Mineralfundstätten 
des Monzonigebirges in Tirol. Wien 1875. 8°. 

—- -~ Ueber die mineralogische Zusammensetzung der Mela- 
phyre und Augitporphyre Südtirols. Wien 1875. 8°. 

— — Bestimmung der Mineralien durch das Spectroscop. 
Wien 1876. 8°. 

ERLENMEYER , E., Ueber den Einfluss des Freiberrn J. von 
Lizpiag auf die Entwickelung der reinen Chemie. 4°. 
Munchen 1874. 

Favre, A., Notes sur les terrains glaciaires et postglaciaires 
du revers méridional des Alpes dans le canton du Tessin et 
en Lombardie. 8°. 1875. 

— — Notice sur la conservation des blocs erratiques. 8°. 
Genéve 1876. 

— E., Description des fossiles du terrain jurassique de la mon- 
tagne des Voirons. Paris, Bäle et Genève. 1875. 4°. 
GryLer, Ueber fossile Pflanzen von Borneo. 1875. gr. 4°. 
GILLIÉRON, Les anciers glaciers de la vallée de la Wiese dans 

la Foréi-noire. 8°. 1876. Separatabdr. 

GosseLet, Le calcaire de Givet. 8°. Lille. 1876. 

— Le terrain devonien des environs de Stolberg. 8°. Lille. 
1876. 

Greex, A. H., Geology for students and general readers. Part. I. 
Physical geology. 8°. London 1876. 

GouseL, C. W., Geognostische Mittheilungen aus den Alpen. 
III. Aus der Umgegend von Trient. 8° München 1876. 

— — Geognostische Mittheilungen aus den Alpen. Separat- 
abdruck. 

Guxazuius, O., Om malmlagrens aldersfrélja. 8°. Stockholm. 
1875. 

Hersicn u. NEUmAYR, Beiträge zur Kenntniss fossiler Binnen- 
faunen. VII.: Die Susswasserablagerungen im südöstlichen 
Siebenbürgen. 8° Wien 1875. 





184 


ee J., Zur Kritik des Leucitsystems. 8°. Wien. 

1875. 

Horrmann, H., Zur Speciesfrage. 4°. 1875. Haarlem. 

Hônnes, R., Die Fauna des Schliers von Ottnang. Wien 
1875. 8°. 

Homme, D., Om Sveriges lagrade urberg jemforda med syd- 
vestra Europas. 8°. Stockholm 1875. 

Hurrox-ULriom, Report on the geology and gold fields of Otago. 
8°, Duneden 1875. 

Kazkxowsxy, E., Ueber einige Eruptivgesteine des sächsischen 
Erzgebirges. 8°. 1876. Separatabdr. 

— — Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens. 8°, 1876. 
Separatabdr. 

KARRER u. SıszoLO, Ueber das Auftreten des Foraminiferen- 
Genus Nubecularia im sarmatischen Sande von Kischenew. 

Kinxezin, Fr., Ueber die Eiszeit. 2 Vorträge. Lindau 1876. 8°. 

Kocu, G. A., Geologische Mittheilungen aus der Oetzthaler 
Gruppe. Wien 1875. 8°. Separatabdr. 

— — Neue Beiträge zur Geologie der Frusca Gora in Ost- 
slavonien. Separatabdr. 

Könuer, I. A. E., Deutsche Volkssagen im Lichte der Geo- 
logie. 8°. Leipzig u. London 1876. 

Kramer, F., Phanerogamen - Flora von Chemnitz und Um- 
gegend. 4°. Chemnitz 1875. 

Lause, G. C., Geologie des böhmischen Erzgebirges. Theil I. 
8%, Prag 1876. 

— — Der Standpunkt und die Aufgaben der Geologie und 
Paläontologie in der Gegenwart. 8°. Prag 1876. 

Liege, K. Ta., Die Lindentbaler Hyanenhohle und andere 
diluviale Knochenfunde in Ost-Thüringen. 4°. Gera 1876. 

Lunparen, B., Om inoceramus arterna i kritformationen i Sverige. 
8°. Stockholm 1876. 

MAOPHERSON, J., On the origin of the serpentine of the Ronda 
Mountains. 8°. Madrid 1876. 

— — Sobre las rocas-eruptivas de la provincia de Cadiz. 8°. 
1876. 

Marsx, O. C., Principal characters of the dinocerata (Silliman 
Journal). 1876. 8°. Separatabdr. 

Munror, H. S., The gold fields of Jesso. 8°. Tokio 1875. 

Neminarn, E. F., Ueber die Entstehungsweise der Zellenkalke 
und verwandter Gebilde. 8°, Wien 1875. Separatabdr. 

— — Die Eruptivgesteine der Gegend von Banow in Mabren. 
8° Wien 1876. Separatabdr. 

Neumayer, M. Die Ammoniten der Kreide und die Systematik 
der Ammonitideu. 8°. Wien. 1875. 














785 


Neuson Date, Rhaetic strata of the val di Ledro in the sou- 
thern Tyrol. 8°. Paterson. 1876. 

Ousonı, G., L’esposizione di oggetti preistorizi della provincia di 
Verona. 8°. Venezia 1876. 

Poserny, F., Die Blei- und Galmei-Erzlagerstätten von Raibl 
in Kärnten. Wien 1873. 8°. Separatabdr. 

— — Der Bergbaudistrict von Mies in Böhmen. | Wien 
1874. 8°. 

RAMMELSBERG, C. F., Handbuch der Mineralchemie. 2. Aufl. 
8°, Leipzig 1875. 

Ratu, G. vom, Die Zwillingsverwachsung der triklinen Feld- 
spathe nach dem sogen. Periklin - Gesetz. 8°. Berlin 
1876. Sep.-Abdr. 

- — Das Syenitgebirge von Ditro und das Trachytgebirge 
Hargitta. Einige Beobachtungen in den Golddistrieten im 
siebenbargischen Erzgebirge. 8°. Bonn 1876. Sep.-Abdr. 

— ee Mittheilungen. Forts. 15. 8°. Leipzig 
1876. 

ScHMALHAUSEN, J., Die Pflanzenreste aus der Ursa-Stufe im 
Flussgeschiebe des Ogur in Ost - Sibirien. 8°. Peters- 
burg 1876. 

— — Futterreste eines sibirischeu Rhinoceros. 8°. Peters- 
burg 1876. 

Scauıpt, A., Die Blei- and Zinkerz - Lagerstätten von Sud- 
west-Nassau. 8°. Heidelberg 1876. 

SELIGMANN, G., Beschreibung der auf der Grube Friedrichs- 
segen vorkommenden Mineralien. 8°. 1876. Sep.-Abdr. 

Spgzia, G., Sul berillo del protogino del monte bianco. 8°. 
Torino 1875. 

STELZNER, Beiträge zur Geologie und Palaontologie der Ar- 
gentinischen Republik. II. Palaontologischer Theil 4°. 
Cassel 1876. 

STROVER, G., Studi sui minerali de Lazio. Parte prima. 8°. 
Roma 1876. 

TORNEBOHM, A. E., Geognostisk beskriefning ofver Persbergets 
grufrefalt. 4°. Stockholm 1875. 

TouLa, F., Eine geologische Reise in den westlichen Balkan. 
8°. Wien, 1876. 

Trometin, G. pg, und Lgpesconte, P., Note sur quelques 
fossiles des grès siluriens de Saint-Germain-sur- Tile. 8°. 
Quimper 1875. 

DE LA VaLLEE-Povussin et Renarp, Mémoires sur les caractères 
minéralogiques et siratigraphiques des roches dites pluto- 
niennes de la Belgique et de VArdenne française. 4°. 
Bruxelles 1876. 


Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIII. à. 51 


786 


ViscaniAKorr, N., Notice sur les couches jurassiques de Syzran. 
1874. 8°. 

— — Sur les Aptychus de Corodisché. 8°. 1875. 

WIncHELL, A., Rectification of the geological map of Michigan. 
8°. Salem 1875. 

Worr, TH, Geognostische Mittheilangen aus Ecuador. (Neues 
Jahrbuch.) 8°. 1874 u. 1875. 


C. Karten. 


Carta geologica de Portugal. Carros Rızeipa. J. F. N. Detcapo. 
Geological map of Scotland by A. Grins. 1876. 

Geologische Karte der Provinz Preussen, Sectionen 9 — 17. 
Geologische Karte der Schweiz. Blatt 24. Lugano, Como. 
Sveriges geologiska undersökning. No. 54—56. 


¢ 





50 Z. 3vu 
51 - i7 vu 
420 7 v. 0. 
445 - 11 v. o 
459 - 4v.u. 
465 - 15 v. u. 
466 - 10 v. u. 
470 - 2 v. u. 
471 - Q2v.oa. 
471 - 12v.0 
472 - 16 v.u 
477 - 12 v.u. 
483 - 17 vu 
485 - Sv.u. 
465 - 4 v. u. 
486 - 25 v. o. 
487 - 4 v. o. 
488 - 19 v. u. 
490 - 15 v. o. 
491 - 11 v. o. 
496 - 16 v. u 
496 - 16 vo, 
502 - 19 v. o. 
Gi - 8 v. o. 
512 - 13 v. u. 
628 - 13 v. a. 


787 


Druckfehlerverzeichniss 


far Band XXVIII. 


. lies: „vor‘‘ statt von. 
. sind hinter Gehäuse die beiden Worte „endogastrisch, 


statt‘* einzuschalten. 
u. Z.6 v. u., sowie später, lies: „spicata‘‘ statt 
spirata. 


. lies: „erstere‘‘ statt andere. 


- ,nen“ statt so. 
-  „Grünsandes“ statt Griinsand. 
- „von“ statt ven. 
- Geo. statt geo. 
ist hinter charakteristisch das Wort ,,sind“ einzu- 
schalten. 
lies: „an“ statt in. 


. ist nach s. B. das Wort „bei‘‘ einzuschalten. 


lies: „S6h“ statt 860. 

- yh 3 statt 31. 

„Mergel“ statt MeT gel. 
„Bingelberg‘“ statt Riegelberg. 
„fiederständig“‘ statt fingerständig. 
„Inoceramus' statt Inoceramns. 
„Kreide“ statt Funde. 
» beer statt Beec. 
„-gangene*‘ statt -gegangene, 
„Sudholze“ statt Südholsze. 
„meist“ statt vielleicht. 
„muricatus‘ statt muriealus. 
„auritocostalus" statt auricosialus. 
„Beck' statt Bock. 

„der Zechstein statt des Zechsteins. 


51* 





geen Se ey ee ee, en 


788 


a 


I. Namenregister. 


A. hinter den Titeln bedeutet Aufsatz, B. briefliche Mittheilung, 
P. Protokoll der mündlichen Verhandlungen. 


C. Brunens, Ueber die Auffindung von Kreideschichten mit Actt- 
nocamax pecan st bei Parlow und Trebenow auf der Insel 


Wollin, 
G. Beaunot, Notizen aus dem russischen. Grenzgebiete nördlich des 
Memel. A. . : RER ae ee ee . 


Bohrloch bei Bischofswerder. P. j Be ae, Fr, ee 
Ueber Geschiebe von pyramidaler Gestalt. Be = x 
Ueber das Bohrloch von Purmallen, nördlich von Memel. P. 


sl] 


Beraicu, Ueber polirte und gefurchte Oberflächen an Gesteinen 
aus den afrikanischen Wüsten. P . . 
— Ueber glaukonitische Schichten im norddeutschen Tertiär. P 
— Ueber die Tertiärbildungen der Gegend von Fulda. P. : 
— Ueber die jurassischen Schichten von Schonen und Bornholm. P. 
Ueber die geognostischen Verhältnisse der Umgegend von Kis- 
singen. P. ; 
— Ueber Aufschlüsse des "Lias im Bohrloch bei Cammin. P. i 
— Ueber Coccosteus-Reste aus dem Goniatitenkalk von Bicken. P. 
— Ueber die sogen. Wissenbacher Schiefer im Harz. P. 
W. C. Briccer, Ueber neue Vorkommnisse von Vesnvian and 
Chiastolith in Norwegen. A. . . 
H. Crupnen, Die Küstenfacies des Dilavioms in der " sächsischen 
Lausitz. A, 
F. v. Czurskı, Zur Frage über das Alter der in den Umgebungen 
von Omsk vorkommenden Schichten. 4. : 
W. Dames, Ueber Dictyonema Rabelliformis von Baltischport, P. ‘ 
H. v. Decuen, Ueber Granitgänge in Cornwallis. P. . SE 8 
— Ueber Flôtzlagerungskarten. ‘ 
v. Diicxen, Ueber glaukonitische Schichten von Bischofswerder. P. 


Ueber eine Kalkschieferplatte aus dem Re D bei 

Allendorf. P, . . no de al u 

v. Frirscu, Ueber Coccosteus-Reste von Bicken. P:.: 

Geinitz, Ueber das Vorkommen von Orthis in grünen Schiefern 
des Fichtelgebirges. P. pie ah 

— Ueber Fossilien aus der Argentinischen Republik. P. Di Mn 

A. v. Gsonoecx, Ueber die Lagerungsverhältnisse des Oberharzer 
Diabaszuges und das Auftreten von Posidonomyenschiefern 
des Culm südöstlich von demselben. A. . es ee Vo LUS 

Harcue, Vergleich fossiler Spongien mit lebenden. P. . 8 

A. Hauran, Notiz über ein neues Vorkommen jüngerer Devonpetre- 


Beite 


789 


facten in anscheinend sweifellosem Spiriferen - Sandstein am 
oberen Grumbacher Teiche nördlich von Zellerfeld im hanno- 
verschen Oberharze A. . 

W. Harcueconxe, Ueber die Bohrlöcher bei Cammin und bei Lieth. P. 

— Ueber das Bohrloch bei Cammin. 

C. Hivster, Ueber das Vorkommen von Nickel - und Cobaltersen 
mit gediegenem Wismuth an der Crête d’Omberensa im Can- 
ton Wallis. 

E. Kıızowskv , Das Glimmerschiefergebiet von Zechopan im säch- 
sischen Erzgebirge. A. ce a 

E. Kayser, Ueber Gesteine von Lipari "und Vuleano. P. . 

— Ueber silurische Mclain as aus der Argentinischen Re- 
publik. P. : a en a ee ee 

Tu. Koeruce, Island’s Vuleanlinieo. A. 

A. Kocs, Geologische Beschaffenheit der am rechten Ufer gelegenen 
Hälfte der Donautrachytgruppe (St. nu des nl 
stock) nahe Budapest. A. a 

v Koennn, Ueber Coccosteus Bickensis. "Pp, : aan 

Lasanp, Ueber Geschiebe aus der Tbebaischen Wüste, "P 

— Ueber ein Messer aus den Schweizer Pfahlbauten. P. 

— Orthoceratiten in Geschieben von Neu-Stettin. P. u 

E. Laurer, Die Quarzporphyre der Umgegend von Ilmenau. 4. . 

H. Laspeyres, Ueber die Bildung des Schwarzwaldes und der Vo- 
gesen. B. di Le de Le 0 

J. LruBeng, Ueber Silicatumwandlungen. A. : 

Lersiv's, Erläuterung seiner geologischen Karte des westlichen Süd- 


rol, P. 
— Ueber den Aufsats des Herm Putz: „Die Bildung des ‚Schwars- 
waldes und der Vogesen“. B. Be dan a 2 


K. A. Lossen, Ueber die Granitstöcke des Harzes, Pp. i 

— Ueber das Vorkommen und die mineralogische Zusammen- 
setzung der Granitapophysen (Porphyrfacies des Granite) von 
Hasserode im Harz. B. 

— Ueber die Gesteine von Mairus und Laifour in den fransö- 
sischen Ardennen. P. 

— Ueber die Abhandlung von G. A. Cngoner: „Das Grünschiefer- 
system von Hainichen“. P, . es f Li a 

— Ueber den Rammelsberg bei Goslar. P. 

O, Lüvecxe, Der Glaukophan und die Glaukophan-führenden Ge- 
steine der Insel Syra. A.. , . are 

Marsnatt, Ueber Hornschwämme. P. 

H Mascuxe, Clinoceras n. g., ein silurischer Nantiide ‘mit gelapp- 
ten Scheidewänden. A. . : ns 

Mauner, Ueber Spirophyton Eifeliense. P. one 

— Ueber Cardiola retrositriata aus dem Rupbachthal. I; 

L. Meyn, Der Bernstein der norddeutschen Ebene auf zweiter, dritter, 
vierter, fünfter und sechster Lagerstätte. 4. . 

— Ueber das verkieselte Coniferenholz des norddeutschen Diln- 
viams und dessen Ursprung. A. . - 2 » . . © © *& 

Mierzscn, Ueber Flötzlagerungskarten P. . 

M. Nevmave, Ueber die Beziehungen der russischen Juraablagerangen 
zu denjenigen West-Europa’s und Indien’s. P . , z 

Ocasznıra, Ueber die Salzbildung der er schen Mulde. P. . . 

Fa. Prarr, Mont Blanc-Studien. A. . + + 

- Mont Blanc-Studien II A . , . . 2 . . en . . 


780 


Seite 

Prarz, Ueber die Bildung des Schwarzwaldes und der Vogesen. A. 111 

C. Ramwecssenc, Ueber Aérinit und Ginilsit,. A. . R 254 
— Ueber die NE des Leukophans und des Meli- 

nophans. A. . . 7 


— Ueber die neue Auflage seines Handbuchs der Mineralchemie P. 168 
Remuete, Geschicbe aus der Gegend von Neustadt-Eberswalde. P, . 424 
— Säugethier-Reste aus der Gegend von Neustadt-Eberswalde. ?. 428 
— Ueber die Fauna des Septarienthons von Joachimsthal Pf. . 429 
A. RenaaD siehe CH. pa LA VaLLée. 

vy. Rıcutuoren, Ueber re accel an asiatischen 


Gesteinen. P. . + + «+ £60 
— Ueber die Umgegend von Jarkand in Hochasien. P. er 1bU 
Fur. Rogmen, Notiz über ein Vorkommen von fossilen Käfern (Co- 
leopteren) im Rhät bei Hildesheim. A. . Ji 
— Ueber das Vorkommen von Culmschichten "mit Posidonomya 
Becheri in Portugal. 4. 354 
H. Rosensuscn, Einige Mittheilungen "über "Zusammensetzung und 
Structur granitischer Gesteine A. 369 
J. Rots, Ueber eine neue Berechnung der Quantitäten der Gemerg- 
theile in den Vesuvlaven. A. 439 
O. ScaLüren, Verbreitung der Cephalopoden in der oberen Kreide 
Norddeutechlands. A. . . 357 
J. ScumaLuausen, Ueber die Steinkoblenflora der "unteren. Tun- 
guska. P. . - 416 


E. E. Scam, Die Kaoline des thäringischen "Buntsandsteins. A. 87 
— Ueber die Porphyre des Thüringer Waldes. P.. . . . . . Er 
— Ueber die Porphyrite von Ilmenau. P. 640 
v. Segsacu, Ueber die geologischen Verhältnisse bei Tanbach. P. 632 
— Ueber Cardiola retrostriata von Schalke. P. . . . . . . 668 
O. Sprven, Ueber Mastodonzähne von Fulda. P. . . . .. 417 
K. J. V. Sreexetaup, Ueber das Eisen von Grönland. A. > 225 
A. Sterzuer, Ueber Hornblendefels, Bronzit-Gabbro und ein Horn- 
blende - Bronsit - Olivin- Gestein von Varallo im Sesia - Thale 


(M. Rosa-Gebiet). B.. . 623 
— Ueber „Beiträge zur Geologie und "Paläontologie der Argenti- 
nischen Republik“. P. . 649 
E Srôüue, Ueber die ohertertiéren Bildungen bei Girgenti in Bi- 
cilien. P. . : 650 
C. Struckwann, Notiz über das Vorkommen des Serpulits der oberen 
Purbeckschichten im Vorort Linden bei Hannover. A. . 445 


Cu. pe La Vaiiée Poussin und A. Ranann, Ueber die Feldspath- 
und Hornblende-Gesteine der französischen Ardennen. A. . . 750 
W. Waacen, Ueber die geographische werbretene der Jarsschichten 


in Indien. P. . : 644 
M. Weosxy, Ueber Aérinit und Melanopblogit. ee (= 
-- Ueber einen Capdiamanten. P. 419 
— Ueber Phlogopit und über Granat, alkspath und Apophyli 

von Striegau. P. . 419 
— Ueber Pilinit und Axinit von ‘Striegau. P. . 626 
-- Ueber die Mineralien aus dem Serpentin von "Gleinits. in 

Schlesien. P. . . 625 
E. Wriss, Ueber die Fructificationsweise der Steinkohlen - | Cals- 

marien. P. . | toi 


Ueber concretionäre Gebilde von pyramidaler Gestalt. P. . . 416 
Ueber Calamariengattungen der Steinkohlenformation. P, . . 419 





791 


E. Weıss, Ueber Abdrücke aus den Steinkohlenschichten des Pies- 
berges bei Osnabrück. P. ; 

— Neuere Untersuchungen über die Fructification der Cala- 
marien. P. . 

— Ueber Pflanzenabdrücke aus dem Rothliegenden von Wünschen- 
dorf in Schlesien. P. . . 2 2 2 1 . . . . . . . . 

— Ueber eine Calamostachys. P. 

Tu. Wore. Ueber die geognostische Beschaffenheit der Provinz Loja, 
Ecuador.B . . 

F. Ziaxer, Untersuchungen über die Felsarten der "nordwestlichen 
Staaten und Territorien der Union. P. . 

K A. Zırrei., Ueber einige fossile Radiolarien aus der nord- 
deutschen Kreide. A. . . . . . mn 

— Ueber fossile Spongien, Pe . . . . 2 . 2 2 . . . . 


Seite 


792 


ll. Sachregister. 


Absonderung des Trachytes 


309. 311. 319. 


Antinocamax plenus 

— quadratus 

AGrinit . : ; 

Albite chloritifère i 

— phylladifere . 

Alter der Trachyte von Vise- 
grad 66 ee 

Altons +... : - 

Alluvium . N 

Ammonites varians 

Rotomagensis . ; 

nodosoides . , . . . 

Woollgari 

Margae ‘ 

Coesfeldiensis . 

Wittekindi . 

Valdani . 

Andesit. 

Annularia . 

Antiklinale von Zschopan 


Apatit . . 702. 


Apophyllit von Striegau : 
Architektonik des Glimmer- 
schiefers von Zschopau 
Ausbruchsspalten der islän- 

dischen Vulcane . 
Ausbrüche d. isländ. Vulcane 
Axinit von Striegau . 


Becksia Soekelandi 
Bernstein . . ; 
Beyrichien- -Kalk | ‘ 
Bildung des Schwarzwaldes 


und der Vogesen 111. 394. 


Bleigang von Zschopau . 
Bohrloch bei Cammin 

— bei Lieth 

— bei Purmallen 
Braunkohlen im Flaming 
Brockenmergel 


730. 


ee ey 


Seite 
Bronzit-Gabbro . . 623 
Buntsandstein von Kissingen 628 
Calamarien . 164, 416. 419. 435 
Calamostachys 435. 627 
Cardiola retrostriata . . . 668 
Catopygus carinatus . . 460 
Cephalopoden der oberen 
Kreide . . 2 . . . 457 
— von Kutch. . 641 
Chabasit i. Trachyt d des Caddi- 
berges . 303 
Cingularia i 435 
Cobalterze im Wallis à 238 
Coccostens Bickensis . 667 
Coleopteren im BRhät von 
Hildesheim 350 
Concretionen von pyramida- 
ler Gestalt . . . . 416 
Coniferen . . 417 
Coniferenholz, verkieseltes « 199 
Culm in Portugal . . . . 34 
— im Harz . . . . . 36! 
Cycaden . . . . . . 416 
Cyclas asiatica . : 220 
Cyrena fluminalis . 220 
Cyrenenkalkstein . . . . 427 
Desmin im ieee des 
Csédiberges . . A4 
Devon... i Sh 448 
Diamant vom Cap. er 419 
Dictyonema finbelliformis . 776 
Diorite chloritifère. . . 730 
Dolomit ..... . 741 
Eiderstadt. . ; 184 
Eisen von Grönland : 225 
Eisenglanz in Glimmerschie- 
for. . . . 689. 702. 707 
Eklogit-Glimmerschiefer von 
Syra . PRE . 9373 


Elateropsis infraliassica . 

Emscher . 

Entstehung der krystallini- 
schen Schiefer : 

Epiaster brevis . 

Epidot von Syra 

Equisetites 

Erde, blaue 

Eruptivgesteine, alte, in Loja 

Eruptivgesteins - Gänge bei 
Zschopau eS 

Erzgänge von Zschopau à 

Erzlager des Rammelsberges 


Exogyra laciniata . . 
Faltung 695. ds ven 
Fan6 . 

Farne 


Felsformen d. "Trachytstockes 
von Visegrad . ; 

Flötzlagerungskarten 634. 

Flüssigkeitseinschlüsse. 693. 

Föhr . . 

Fructification der Calamarien 

164. 419. 435 

Fundorte es) des en 

steins 


Gangspalten auf Island . 

Gemengtheile der Vesuvlaven 
Geschiebe v. pyramid. Gestalt 
— von Neust.-Eberswalde . 


— -decksand . . . . 
— -mergel . . . . . . 
Gesteinsformeln . . 

Ginilsit 


Glaucophan von Syra . 

von Zermatt . . 
-Eklogit von Syra 
-Epidotgestein von Syra 
-schiefer von Syra A 
-Zoisit - a 
von Syra . . . 
Gletscher auf Island 
Gliederung der Granite . 
— der Quarzporphyre . 
— des Glimmerschiefers 
Glimmerschiefer von Syra 


— von Zschopau 682. 686. 


Gueiss . A . 
Granat von Striegau ; 
— von Visegrad . 

im Glimmerschiefer 
Granit in den Vogesen 
— in Loja . 


298, 
688. 


793 


Granitapophysen im Hare 405. 
Granit mit Sphaerolithen. 
Granophyr . . . 

i ee a 
Grünsand . . . 
Grünschiefer . 


Haidesand. . . 
Hasserode 

Helgoland . 
Helopides Hililesienses 
Hemiaster Griepenkerli 
Hoteroceras Reussianum 
— polyplocum. . . 
Holaster subglobosus . ‘ 
Hornblendechloritgestein von 


Syra . . Se te 
Hornblendefels 
Hornblende - Bronzit + Olivin- 

gestein . . . . . : 
Hornschwämme . 

Huttonia . . .. I 
Hyalophyro 750. 
Inoceramus labiatus . 

— Brogniarti . : 
— Cuvieri. .... 
— lingaa. ; 

Inseln, ostfriesische 

Island 


Jura von Schonen . Pr 
— von Bornholm, . . 
— von Cammin , 

in Indien 

— in Westeuropa 
Jütland. é 


Kalkspath im Trachyt des 
Csödiberges . ; 
— von Striegau 

Kalkstein . 
Kersantit . . . 


Kreide, obere . 
Laböe 

Labrador von Visegrad 
Lagerung, 


— der Oberharzer Diabase 
und Culmschichten . 

-- der Gesteine im Schwarz- 
wald und in den Vogesen 


111. 394. 


— der krystallin, Schiefer 
von Zschopau 


"476. 
415. 


713 


Lagerung, 
des Buntsandsteins bei 


Kissingen 
Laifour . 
Lepidospongia rugosa . 
Limnaea palustris : 
Lithoglyphus constrictus . 
Loja . ‘ : 


415. 


Macrostachya . . . . . 
Magnesiaglimmer 686. 693. 
Mairus . 

Marsch . 

Mastodon . ; 
Melania amurensis . 
Miocün, 

in Schleswig-Holstein 
in Mecklenburg 

von Omsk . 

Mt. Blanc. 


ex 
— 


Neustadt-Eberswalde 
Nickelerze in Wallis 
Nomenklatur i.d. Petrographie 


Omphacit von Syra : 
-Zoisitgabbro von Syra. 
tapi EE v.Syra 
Omsk . . it @ . 
Oligoklas . | 

Opal aus Trachyt aS os R 
Orthis in grünen Schiefern ; 
Orthoklas . ee 


=a 


Pahlhude 

Paludina tenuisculpta . ; 
Paragonitschiefer von 
Pecten asper. . . 
muricatus 
Phlogopit . 

Phyllit . : 
Pisidium antiquum . 
Pliner . 


457. 


Por phyrfacies d. Granits 380. 


Porphyr mit Turmalin 
Porphyrite von Ilmenau . 
Porphyroide in den franzö- 
sischen Ardennen 
Posidonomya Becheri in Por- 
tugal . ; , 
im Harz. . 
Postpliocän von Omsk . . 
Profil durch Vogesen und 
Schwarswald . ae 


219 


753. 


Propylit . . DIS ce 
Purbeckschichten . o> 
Pseudo-Sphärolithe . 354, 
Pyromorphit von Zschopau . 
Pyroxen, 

— in Granit . . . 

— in Quarzporphyr . 
Quarzitschiefer von Syra. 
Quarzlinsen 

Quarz SK da da des Tharinger 
don von Predazzo 
Rammelsberg. . . . 
Rheinspalte ‘ 
Roms 


Rothliegendes y. Wünschendorf 
bei Tambach . ‘ 


Saugethierreste von Neustadt- 
Eberawalde ; 
Saurichtbys lacertoides 

Salzbildung 
Samland 
Scaphites binodosus 
pulcherimus . 
Schiefer, krystallinisch, von 
Zschopau . 
Schollen, ne im  Dilo- 
vium. . 
Schwarzwald . 414. 394. 
Senon, 
-Unter . . 
-Ober. 
Septarienthon 
Serpentin von Gleinitz 
Serpulit . . . 
Silbererzgang von Zschopau 
Silicatumwandlungen . . 
Smaragdit-Chloritgestein von 
Syra. . . 
Spalten in Lavaströmen auf 
Island | 
der Geysire und Solfa- 


taren auf Island . . 
Sphirolithe -, 8384. 386. 
Spondylus spinosus. : 
Spongien . 

Staurolith in Glimmerschie- 

fer 692. 


Steinkohlenflora der unteren 
Tunguska . . 

des Piesberges bei Osna- 
brick . . . , . ; 


174, 





St. Andrä Visegrad 

Structur granitischer Gesteine 
Succinea , 

Syenit 

Sylt. 


Tertiär von Visegrad . 

von Fulda . 

von Girgenti 
Tetralophodon . . . 
Thonstein . 

Trachyt von Visegrad. 
Trachyttuff von Visegrad 
Trilophodon ai abe 4 
Turmalin in Glimmerschiefer 
— mit Sphaerolithen 


Uebergang der krystallini- 
schen Schiefer ineinander . 


795 


Unio bituberculosus 
proneus . 

— Pallasi 

Urk. .. 


Valvata piscinalis 
Verwerfung . 


Vesuvlaven D Rue “s 
Vogesen . . . 111. 394. 
Vulcanlinien . . . . . . 
Wellsee 

Winschoten 


Wismuth in Wallis. : 


Zschopau : 
Zoisit von Syra. 


724. 


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219 
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440 
397 
203 


177 
176 
238 


682 
258 








ME ne BEE m m 








Zeitschr.a.D Taf. XI. 








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SFRIAT 











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102 92 


NM 


878 


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